November 2016 DER RING Zeitschrift der v. Bodelschwinghschen Stiftungen Bethel Foto: Schulz Prophetische Rede ist auch heute unentbehrlich Kathrin Sundermeier. Der Monatsspruch für den November lautet: Umso fester haben wir das prophetische Wort, und ihr tut gut daran, dass ihr darauf achtet als auf ein Licht, das da scheint an einem dunklen Ort, bis der Tag anbreche und der Morgenstern aufgehe in euren Herzen. (2. Petr 1,19, Lutherübersetzung) Beim ersten Lesen frage ich mich: Was kennzeichnet denn ein prophetisches Wort? Worin unterscheidet es sich von anderen »Verlautbarungen«? Wenige Verse weiter finde ich eine erste Erklärung: »Denn kein Prophetenwort wurde jemals verkündet, weil ein Mensch es so gewollt hatte. Sondern es erging durch Menschen, die von Gottes Geist ergriffen waren und in seinem Auftrag redeten.« (2. Petr 1,21, BasisBibel) Titelbild: SPD-Generalsekretärin Dr. Katarina Barley (v. l.), der Betheler Chefarzt Prof. Dr. Martin Holtkamp, Stefan Conrad von der Deutschen Epilepsievereinigung und Tanja Salzmann vom Landesverband Epilepsie Berlin-Brandenburg begrüßten rund 130 Teilnehmerinnen und Teilnehmer beim 20. Tag der Epilepsie in Berlin. Mehr dazu ab Seite 6. Foto: Elbracht 2 Im Alten Testament finden sich viele prophetische Worte, ganze Bücher sind nach Propheten benannt. In ihnen wird erzählt, dass Gott sie als Menschen nutzt, um seinen Willen kundzutun und Missstände anzuprangern. Die Alltagswirklichkeit wird dabei immer mit den Geboten und Weisungen Gottes abgeglichen. Der Umgang mit den Schwächsten und die Frage nach der Gerechtigkeit sind dabei ein wesentlicher Maßstab des Urteils. Schnell wird in den Erzählungen deutlich, dass prophetisches Reden alles andere als eine leichte Aufgabe ist. Propheten, wie Jesaja, Jeremia und Micha, machen sich damit ziemlich unbeliebt – bei den Mächtigen, aber auch beim eigenen Volk. Im 2. Petrusbrief werden die Leser und Leserinnen ermahnt, sich an das prophetische Wort zu halten, das die Jünger auf dem heiligen Berg vernommen haben: »Das ist mein lieber Sohn, ihn habe ich lieb.« Es soll ihnen Sicherheit geben wie ein Licht in der Dunkelheit. Soweit also die Texte der Bibel. Und heute im Jahr 2016? Prophetische Rede ist auch heute unentbehrlich! Wir brauchen sie genauso dringend wie die Menschen damals. Auf der Bethel-Fachtagung »Identität und Verständigung«, die Ende September in Dortmund stattfand, referierte Prof. Nagel, dass unsere katholischen Kollegen und Kolleginnen von der Caritas in ihren öffentlichen Stellungnahmen und Leitbildern die prophetische Rede als Auftrag viel deutlicher benennen und umsetzen würden. Protestanten neigten im Gegensatz dazu, in kritischer Loyalität zum Sozialstaat Empfehlungen aus zusprechen, so Nagel. Viele von uns Zuhörenden hat die Erinnerung an die prophetische Rede als Option Gottes angesprochen. Wir sind als Christen und Christinnen aufgefordert, auf sein Wort zu hören und uns öffentlich und forsch für Gerechtigkeit einzusetzen. Und Maßstab sind immer noch diejenigen am Rande unserer Gesellschaft – »... bis der Tag anbreche …«! – Diakonin Kathrin Sundermeier – ( Mentorin der Ev. Bildungsstätte für Diakonie und Gemeinde ) DER RING. Monatszeitschrift der v. Bodelschwinghschen Stiftungen Bethel. 56. Jahrgang. Herausgeber: Pastor Ulrich Pohl, Vorsitzender des Vorstandes, in Zusammenarbeit mit der Gesamtmitarbeitendenvertretung der Stiftung Bethel. Redaktion: Jens U. Garlichs ( verantwortlich ), Petra Wilkening. Satz und Gestaltung: Andrea Chyla. Sekretariat: Bruni Außendorf/Christina Heitkämper. Anschrift: Quellenhofweg 25, 33617 Bielefeld, Telefon: 0521 144-3512, Telefax 0521 144 - 2274. E-Mail: [email protected]. Druck: Gieseking Print- und Verlagsservices GmbH, 33617 Bielefeld. Nachdruck ist mit Genehmigung der Redaktion gestattet. © bei v. Bodelschwinghsche Stiftungen Bethel. DER RING ist Mitglied im Gemeinschaftswerk der Evangelischen Publizistik ( GEP ). Interessierte können die Zeitschrift kostenlos abonnieren. Spendenkonto: IBAN: DE48 4805 0161 0000 0040 77, BIC: SPBIDE3BXXX. Bethel im Internet: www.bethel.de Redaktionsschluss für den Dezember-RING: 11. Novemver 2016 i Inhalt Mitwirken verändert 5 Fremdsein überwinden 11 In Bielefeld-Bethel fand der 13. Dreiländerkongress Pflege in der Psychiatrie statt. 150 Jahre Bethel Ins Gespräch kommen 8 »Identität und Verständigung« war das Thema einer Bethelweiten Fachtagung in Dortmund zur kulturellen und religiösen Vielfalt. Lebenslange Pubertät 10 Jährlich kommen in Deutschland 2.000 Kinder mit dem Fetalen Alkoholsyndrom zur Welt. In der Schwangerschaft ist auch das eine Gläschen Wein am Abend risikoreich für das ungeborene Kind. 20 12 Zum Tag der Patientensicherheit informierten die Betheler Krankenhäuser über Medikamente und ihre Neben- und Wechselwirkungen. Bei einer Tagung im vergan genen Herbst erarbeiteten Menschen mit Behinderungen und Mitarbeitende Ideen für mehr Teilhabe. Jetzt wurde eine Zwischenbilanz gezogen. Tag der Epilepsie 6 Offen mit der Erkrankung umgehen oder nicht? Am 5. Oktober fand zu diesem Thema die zentrale Veranstaltung der Deutschen Epilepsievereinigung in Berlin statt. Nutzen und Schaden Annette Humpe nimmt mit Betheler Sängerinnen und Sängern einen Radiosong zum Jubiläum auf. Richtung Inklusion 22 Gäste aus der französischen Fondation John Bost infor mierten sich in Bethel darüber, wie hier die Teilhabe von Menschen mit Einschränkungen gefördert wird. Bethel inklusiv 24 Zuhause in Gastfamilien 14 Seit 20 Jahren vermittelt Bethel »Betreutes Wohnen in Familien« für Menschen mit Behinderungen oder psychischen Erkrankungen. Bethel in … 16 … Spremberg. Im dortigen Christlichen Seniorenheim gibt es 62 Pflegeplätze und für 10 Senioren Betreutes Wohnen. Brücke ins Berufsleben 18 Das Kerschensteiner Berufs kolleg in Bielefeld-Bethel unterrichtet junge Menschen seit 50 Jahren. Würdevoller Umgang 19 Die Akademie für Ethik in der Medizin richtete ihre Jahrestagung in Bielefeld in Kooperation mit dem Ev. Krankenhaus Bielefeld aus. Beim Radio Antenne Bethel in Bielefeld gehen Menschen mit und ohne Behinderungen gemeinsam auf Sendung. Neues aus der GMAV 26 Die Gesamtmitarbeitendenvertretung der Stiftung Bethel informiert. RING-Magazin 27 Namen 35 Bücher 35 3 Aus Bethel – Für Bethel Auf Reisen wollen wir uns begeben … Strahlender Sonnenschein. 16 Pfarrerinnen und Pfarrer, Diakoninnen und Diakone des Seelsorgedienstes aus Bielefeld-Bethel und Bethel im Norden machen sich in Bullis und Pkws auf den Weg nach Freistatt. »Freistatt, wo liegt das denn?«, werde ich häufig gefragt. Antwort: bei Diepholz. Dort hatte Friedrich von Bodelschwingh der Ältere mitten im Moor eine Kolonie für Wander arbeitslose gegründet. Deren Aufgabe war es damals, gegen Unterkunft, Verpflegung und Gottes Wort das Moor urbar zu machen. Und warum fährt »die Geistlichkeit« dorthin? Es ist Pfarrklausur, das bedeutet: Der Pfarrkonvent der v. Bodelschwinghschen Stiftungen Bethel, der sonst in Bielefeld tagt, macht sich einmal im Jahr auf den Weg, um über den Tellerrand zu schauen, andere Arbeitsfelder kennen zu lernen, Kolleginnen und Kollegen, die sonst immer nach Bielefeld anreisen, in ihrem Arbeitsumfeld zu begegnen und Bethel-Geschichte wie gegenwärtige Entwicklungen mitzu bekommen. Erste Station ist das Haus Moorhort, allen Beteiligten bekannt durch den Film »Freistatt«, der eindrücklich die Schattenseite kirchlicher Heimerziehung darstellt. Begrüßt werden wir im ehemaligen Speisesaal des Hauses. Es ist ein eigentümliches Gefühl, in der (kaum umgebauten) Filmkulisse zu sitzen, Andacht zu halten und schließlich bei Kaffee und Brötchen etwas zur Geschichte des Hauses zu hören. Der Rundgang durch das Haus, das nach dem Filmdreh als Erinnerungsstätte dient, lässt niemanden unberührt. Umso wohltuender und zugleich ein abso lutes Kontrastprogramm ist da unsere zweite Station gegenüber dem Haus Moorhort: das Janusz-Korczak-Internat, das zum Schulverbund Freistatt gehört. Diese Einrichtung der Jugendhilfe verbindet das schulische 4 Angebot der Förderschule mit einer stationären Unterbringung. Kinder im Alter von 6 bis 13 Jahren erfahren hier rund um die Uhr optimale und intensive Unterstützung und Förderung. Das Ziel ist es, die Kinder wieder in ihre Schule und ihr Zuhause zu integrieren. Fragen über Fragen, doch die Zeit drängt. Weiter geht es in das zwölf Kilometer entfernte Sulingen. Dort werden wir im »Taff« herzlich empfangen, zum Mittag aufs Beste bewirtet und engagiert über die vielfältigen Angebote des Hauses informiert. Taff – das ist ein sozialpsychiatrisches Tageszentrum, das ein umfangreiches Unterstützungsangebot für Menschen bietet, die aufgrund ihrer Erkrankung keine Perspektive im Bereich Arbeit, Beschäftigung und Alltagsbewältigung haben. Dass Vernetzung und Sozialraumorientierung gelingen, wenn man sich aus dem Gewohnten herausbegibt, wird im Taff besonders deutlich. Mit Blick auf die Uhr folgt noch ein Abstecher ins Moor: Dort treffen wir Betheler Hirtinnen und Hirten auf die extra zu uns getriebene 600-köpfige Schafherde, die zur Pflege der Moor- und Grünlandflächen beiträgt. Die Pfarrklausur endet schließlich mit der Teilnahme am Erntedank-Empfang in der Freistätter Kirche. Nach allem, was wir an diesem Tag von der Entwicklung Freistatts bzw. von Bethel im Norden gehört haben, scheint uns das genau der richtige Ort für Rückblick, Dank und Ausblick zu sein. Dankbar, beeindruckt und immer noch bei strahlendem Sonnenschein treten wir schließlich den Heimweg an. Ihr Pastor Ulrich Pohl Ein Jahr nach der Fachtagung »Mitwirken verändert« Fotos: Schulz Welche Forderungen wurden umgesetzt? Das Publikum war gespannt, was inzwischen auf den Weg gebracht wurde. Die Forderungen waren klar formuliert: freies Internet für alle, bezahlbarer Wohnraum, Gründung von Interessenvertretungen. Im vergangenen Herbst hatten Menschen mit Behinderungen und Mitarbeitende aus allen Bereichen Bethels gemeinsam Ideen für mehr Mitbestimmung erarbeitet. Was ist inzwischen daraus geworden? Dieser Frage stellten sich Ende September Vertreter des Betheler Vorstands und der Geschäftsführungen in der Neuen Schmiede in Bielefeld-Bethel. »Viele Menschen waren in den vergangenen Monaten mit diesen ›Hausaufgaben‹ beschäftigt«, so Prof. Dr. Günther Wienberg, stellvertretender Vorstandsvorsitzender der v. Bodelschwinghschen Stiftungen Bethel. Die Verantwortlichen haben sich beraten und erste Schritte eingeleitet. Mit Erfolg: Beim Thema »Digitale Teilhabe« konnte Melissa Henne eine positive Rückmeldung geben. »Nach und nach werden in den Häusern Internetzugänge eingerichtet«, berichtete die Leiterin der Stabsstelle Unternehmensentwicklung. Außerdem würden Mitarbeitende geschult, um die Bewohnerinnen und Bewohner beim Surfen, Chatten oder Bloggen zu unterstützen. Der Wunsch nach Interessenvertretungen, um als Experten in eigener Sache mitzuwirken, wird vom Bethel-Vorstand unter- stützt. »Wir wollen Gremien mit Klientenbeteiligung ausprobieren«, sagte Prof. Dr. Günther Wienberg. Und das über die gesetzlichen Vorgaben hinaus. »Manchmal gibt es kein Gesetz für Mitwirkung, zum Beispiel in der Wohnungslosenhilfe, das heißt aber nicht, dass es nicht Interessenvertretungen geben kann.« Grundsätzlich hält Prof. Wienberg Interessenvertretungen in allen Bereichen und auf allen Ebenen für möglich. Das müsse aber vor Ort in den Einrichtungen mit Unterstützung der leitenden Mitarbeiterinnen und Mitarbeiter passieren. Mehr Wohnungen Auch beim Thema »Wohnraum« hatte Bethel.regionalGeschäftsführer Michael Conty gute Nachrichten: Bethel sei dabei, den Bestand an Woh- Melissa Henne berichtete über Fortschritte der digitalen Teilhabe. nungen aufzustocken. »Es sind viele Projekte in der Pipeline«, kündigte er an. Über 200 neue Wohnungen seien geplant, aber erst in ein bis vier Jahren beziehbar. Außerdem habe man die vergangenen Monate intensiv genutzt, um auch Politiker noch einmal auf das Problem der Wohnungsknappheit aufmerksam zu machen. »Es geht weiter, aber es ist zäh«, so Michael Conty. Über 120 Menschen mit Behinderungen und Mitarbeitende aus allen Betheler Arbeitsfeldern und Regionen waren in die Neue Schmiede gekommen, um sich zu informieren, was schon auf den Weg gebracht wurde. Nach den Vorträgen fanden Arbeitsgruppen mit Vertretern aus Vorstand und Geschäftsführungen zu verschiedenen Themenschwerpunkten statt. In kleinen Gruppen tauschten sich die Teilnehmenden darüber aus, was gut oder schlecht läuft, und was jeder persönlich zur Weiterentwicklung beitragen kann. – Christina Heitkämper – 5 20 Jahre Tag der Epilepsie Fotos: Elbracht »Jetzt lerne ich vielleicht Fallschirmspringen« SPD-Generalsekretärin Dr. Katarina Barley war die Schirmherrin des Tages der Epilepsie. Prof. Dr. Martin Holtkamp kritisierte das 2011 in Kraft getretene Arzneimittel-Neuordnungsgesetz. »Ich bin meistens gut damit gefahren, offen mit meiner Epilepsie umzugehen, privat wie beruflich.« Für die 27-jährige Berlinerin Franziska Wendling ist es kein Thema, ihre Erkrankung aus Angst vor möglicher Stigmatisierung zu verschweigen. Ihre Epilepsie nicht zu verheimlichen habe ihr auch geholfen, mit den Folgen der Erkrankung umzugehen, berichtete sie beim 20. Tag der Epilepsie am 5. Oktober im Rathaus Charlottenburg in Berlin. Franziska Wendling arbeitet als Grafikdesignerin. Sie hat ihre Erkrankung auch bei ihren be ruflichen Bewerbungen nie tabuisiert. Nachteile seien ihr dadurch nie entstanden, erzählte sie. Die Patientin des EpilepsieZentrums Berlin-Brandenburg arbeitete unter anderem bereits für eine Nachrichtenredaktion der Deutschen Welle. Mit elf Jahren erkrankte Franziska Wendling an Epilepsie. Seit einem epilepsiechirurgischen Eingriff an der Berliner Charité vor rund vier Monaten ist sie anfallsfrei. Darum macht sie mittlerweile neue, mutigere Zukunftspläne: »Vor allem werde ich endlich meinen Führerschein machen. 6 Und vielleicht lerne ich jetzt auch Fallschirmspringen. Das finde ich aufregend«, freut sie sich. »Epilepsie braucht Offenheit« war das Thema des Tages der Epilepsie, den die Deutsche Epilepsievereinigung e. V. gemeinsam mit dem Landesverband Epilepsie Berlin-Brandenburg und dem Betheler Epilepsie-Zentrum Berlin-Brandenburg durchführte. Die Anwesenden waren sich überwiegend einig, dass die Erkrankung grundsätzlich einen offenen Umgang erfordere, um die Akzeptanz der Erkrankung in der Gesellschaft zu verbessern. Noch immer habe ein Großteil der Bevölkerung ein falsches Bild von Epilepsien. Die rund 130 Teilnehmerinnen und Teilnehmer der Jubiläumsveranstaltung diskutierten zudem lebhaft darüber, wann es möglicherweise gerechtfertigt sei, die Erkrankung für sich zu behalten. Dabei gingen die Meinungen besonders unter den betroffenen Menschen im Publikum weit auseinander – vor allem wenn es um die Planung des Berufslebens und die Chancen auf dem Arbeitsmarkt geht. Einige haben sehr schlechte Erfahrungen mit einem offenen Umgang gemacht. Sie berichteten von unzähligen erfolglosen Bewerbungen und Vorurteilen bei Vorstellungsgesprächen. Viele Menschen hätten völlig falsche Vorstellungen von den Folgen der Erkrankung, insbesondere von der Arbeitstauglichkeit betroffener Personen, bemängelten sie. Einige Betroffene verheimlichen darum ihre Epilepsie, um überhaupt eine Chance auf dem Ausbildungs- und Arbeits- »Jetzt lerne ich … auch wenn Betroffene längere Zeit keine Anfälle hätten. Die Bundestagsabgeordnete betonte daher die Bedeutung des Tages der Epilepsie. »Wir brauchen Ihre Aufklärungsarbeit, denn das ist die Voraussetzung für mehr Akzeptanz in der Gesellschaft«, bekräftigte sie. Die Erkrankung sei zu wenig im Fokus der Politik. Dabei seien auch immer mehr ältere Menschen betroffen. Die Versorgung müsse entsprechend angepasst werden, forderte Dr. Katarina Barley. Zu wenig Antiepileptika Epilepsiepatientin Franziska Wendling geht aus Überzeugung offen mit ihrer Erkrankung um. markt zu haben. Bei bestimmten Berufen, wie Dachdecker oder Fernkraftfahrer, sei es aber sehr bedenklich und grob fahrlässig, die Erkrankung zu verschweigen, warnten Experten. Eine Epilepsie sei für viele Menschen in Deutschland schwer zu begreifen, sagte die SPD-Generalsekretärin Dr. Katarina Barley, Schirmherrin der Veranstaltung. Die Erkrankung beeinflusse nahezu jeden Teil des Lebens, Die steigende Zahl älterer Menschen mit Epilepsie erklärte der Chefarzt des Epilepsie-Zentrums Berlin-Brandenburg, Prof. Dr. Martin Holtkamp. Ab etwa dem 60. Lebensjahr steige das Risiko, eine Epilepsie zu entwickeln, noch einmal an. Altersbedingte Epilepsien seien insgesamt aber leichter behandelbar, so seine Erfahrung. Der Vorsitzende der Deutschen Epilepsievereinigung, Stefan Conrad, sowie Prof. Dr. Martin Holtkamp nutzten die Anwesenheit der SPD-Generalsekretärin, Rund 130 Teilnehmer besuchten die Jubiläumsveranstaltung im Rathaus Charlottenburg. um auf ein anderes Problem hinzuweisen: die geringe Zahl dringend benötigter und neuer wirkungsvoller Antiepileptika. Das 2011 in Kraft getretene Arzneimittel-Neuordnungsgesetz (AMNOG) habe dazu geführt, dass die letzten drei in Europa zugelassenen Antiepileptika nicht mehr durch die Krankenkassen adäquat finanziert würden, kritisierte Prof. Dr. Martin Holtkamp. »Hätten die heute angewandten Regeln schon 1990 gegolten, wäre keines dieser Antepileptika, wie Levetiracetam und Zonisamid, in Deutschland marktfähig gewesen«, führte Prof. Holtkamp vor Augen. Durch das Engagement der Selbsthilfe, unter anderem in Form von Petitionen beim Deutschen Bundestag sowie unzähligen Gesprächen mit gesundheitspolitischen Vertretern, sei zumindest ein Problembewusstsein dafür entstanden, dass beim AMNOG dringender Reformbedarf bestehe. – Gunnar Kreutner – Für einen offenen Umgang mit Epilepsie warben (v. r.) Prof. Dr. Martin Holtkamp, Dr. Axel Panzer, DRK-Klinikum Westend in Berlin, Prof. Dr. Bernhard Steinhoff, Epilepsiezentrum Kork, und Dr. Frank Bösebeck, Epilepsiezentrum in Rotenburg / Wümme. 7 Fachtagung in Dortmund Fotos: Elbracht Verständigung über Vielfalt und Identität Prof. Dr. Alexander-Kenneth Nagel von der Georg-August-Universität Göttingen untersuchte die Öffentlichkeitsarbeit von Wohlfahrtsverbänden. Aus allen Stiftungsbereichen trafen sich Fachleute in Dortmund. »Man muss Identität haben, um sich verständigen zu können. Anders herum, muss man sich aber auch verständigen, um die Identität weiterzuentwickeln«, sagte Religionswissenschaftler Prof. Dr. Alexander-Kenneth Nagel bei einer Fachtagung zur kulturellen und religiösen Vielfalt im September in Dortmund. Rund 90 Mitarbeiterinnen und Mitarbeiter aller Stiftungsbereiche waren der Einladung des Bethel-Vorstands gefolgt, sich mit dem Thema Identität und Verständigung zu beschäftigen. Vorstand fest, dass er Vielfalt im Sinne der Betheler Vision »Gemeinschaft verwirklichen« als Bereicherung versteht. Diese Bereicherung erfordere Offenheit. Vielfalt könne aber auch Konfliktpotenzial enthalten und verlange einen deutlichen Standpunkt, das heißt eine klare und verständliche Benennung der eigenen christlich-evangelischen Orientierung. »Mit dem Positionspapier wollen wir anregen, unsere Vielfalt wahrzunehmen und darüber ins Gespräch zu kommen«, so der Vorstand. »Und wir wollen für künftige Aufgaben sensibilisieren!« Sie alle bewegte die Frage: Wie verhält sich Bethel zur reli giös und kulturell immer vielfältiger werdenden Gesellschaft? Klarheit und Orientierung bietet das Positionspapier »Kulturelle und religiöse Vielfalt in den v. Bodelschwinghschen Stiftungen Bethel«, das der Vorstand Ende 2014 veröffentlicht hat. Pastorin Dr. Johanna Will-Armstrong und Prof. Dr. Günther Wienberg vom Bethel-Vorstand eröffneten die Veranstaltung mit einem Einführungsimpuls zu dem Papier. In dem Positionspapier hält der Projekte besucht Rund 90 Mitarbeiterinnen und Mitarbeiter nahmen an der Tagung teil. 8 Um den Prozess der Sensibilisierung zu unterstützen und Anregungen zu liefern, besuchten die Teilnehmerinnen und Teilnehmer in Kleingruppen zehn Projekte, die einen besonderen Beitrag zur kulturellen und religiösen Vielfalt im Ruhrgebiet bieten. Darunter waren die Beratungs stelle für extremistischen Salafismus »Wegweiser«, das Fan-Projekt Dortmund e. V., die Zuwanderungsberatung Hagen sowie Verständigung über … Christine Rieffel-Braune (v. l.) und Pastorin Dr. Johanna Will-Armstrong vom Bethel-Vorstand diskutierten mit Religionswissen schaftler Prof. Dr. Alexander-Kenneth Nagel und Pfarrer Ulf Schlüter. die Ev. Gesamtschule Gelsenkirchen-Bismarck als Modellschule mit einem gelungenen StadtteilProjekt. In kleinen Arbeitsgruppen gab es Gelegenheit zu diskutieren, Erfahrungen auszutauschen und gemeinsam Anregungen zu erarbeiten. Die kulturelle und religiöse Vielfalt dürfe bei der Verständigung über die eigene Identität nicht außer Acht gelassen werden, gab Prof. Dr. Nagel von der Georg-August-Universität Göttingen zu bedenken. Dass religiöse Pluralisierung aber nicht zum Thema öffentlicher Stellungnahmen der Wohlfahrtsverbände gemacht wird, hat er in einer Studie festgestellt. »Religion und Pluralisierung spielen in der Kommunikation der Wohlfahrtsverbände keine Rolle. Öffentliche Stellungnahmen konzentrieren sich auf Sozialpolitik und angrenzende Felder.« »Ich sehe, dass es im Kreis der Mitarbeitenden großen Bedarf gibt, über das Thema Identität und Vielfalt zu sprechen«, resümierte Bethel-Vorstand Christine Rieffel-Braune in einer Podiums- In Arbeitsgruppen wurden Erfahrungen ausgetauscht. diskussion, die den Abschluss der Veranstaltung bildete. »Wir müssen diesen Gesprächen einen strukturierten Rahmen geben, um unsere diakonische Identität zu schärfen«, sagte sie weiter. Auch Pastorin Dr. Johanna WillArmstrong sprach sich dafür aus, Formen der Begegnung zu entwickeln, um diakonische Identität und religiöse Vielfalt in Einklang zu bringen. Die Mut machenden Beispiele in Dortmund nehme man als Anregung mit nach Bethel. – Elena Kleine – Die Teilnehmer beteiligten sich angeregt an der Diskussion. 9 Fachtagung im Stiftungsbereich Bethel.regional Fetales Alkoholsyndrom – Lebenslang in der Pubertät Gerade weil der menschliche Körper erst mit drei oder vier Jahren lernt, Alkohol abzubauen, ist dieser für das ungeborene Kind so gefährlich. In seinem Vortrag zeigte Dr. Feldmann auf, wo und wie Alkohol wirkt: Zunächst einmal behindert er die Zellteilung und stört somit die Entwicklung des Kindes. Vor allem das schnell wachsende Gehirn ist betroffen. Aber auch das zweite große Organ, das Herz, wird geschädigt. Deshalb seien alkoholgeschädigte Kinder nicht nur kleiner als ihre Altersgenossen, sondern sehen oft auch anders aus. In der Summe kann der Konsum Ursache sein für angeborene Fehlbildungen, geistige Behinderungen, Entwicklungs- und Wachstumsstörungen sowie für starke Verhaltensauffälligkeiten. Die Folgen begleiten die Kinder ein Leben lang, denn FAS ist nicht heilbar. Jedes Jahr, betonte Dr. Reinhold Feldmann in der Neuen Schmiede in Bielefeld-Bethel, würden in Deutschland mehr als 2.000 Kinder geboren, die ein Fetales Alkoholsyndrom aufwiesen. Den immer noch weit verbreiteten Glauben, geringe Alkoholmengen seien in der Schwangerschaft unbedenklich, verwies der Mediziner ins Reich der Märchen. Zwar seien große Trinkereignisse besonders risikoreich, doch gebe es keine »Schwellendosis« bei der Alkoholmenge. Deshalb dürfe auch das gerne verharm loste »eine Glas Wein am Abend« nicht unterschätzt werden. Irritiertes Umfeld Trotz gravierender Defizite irritieren FAS-Kinder ihr Umfeld häufig, weil ihre Behinderung nicht immer augenscheinlich ist: »Er ist so pfiffig! Warum macht er nie, was er soll?«, hört Anne Kordbarlag vom heilpädagogischen Pflegekinderdienst oft von Pflegeeltern. Mangelnde Kooperation werde schnell als Verwei- Anne Kordbarlag richtete den Fachtag gemeinsam mit den Regionalleitern Detlef Vincke (l.) und Michael Walde in der Neuen Schmiede aus. 10 Fotos: Elbracht »Wenn eine werdende Mutter getrunken hat, nüchtert sie langsam wieder aus. Aber das Baby in ihrem Bauch bleibt betrunken«, warnte Dr. Reinhold Feldmann von der Tages- klinik Walstedde bei einem Betheler Fachtag Ende September. Die interne Veranstaltung des Stiftungsbereichs Bethel.regional, Region Junge Menschen Bielefeld, befasste sich mit dem »Fetalen Alkoholsyndrom«, kurz FAS. FAS-Experte Dr. Reinhold Feldmann. gerung oder Provokation wahrgenommen, so die Organisatorin des Fachtags. Dabei seien viele aggressive, demotivierte oder uneinsichtige Verhaltensweisen meist die Reaktion auf die Anforderungen im Alltag, denen die Kinder nicht gewachsen seien. Anschaulich berichtete Gerlinde Fortmann, die ihre FAS-Diagnose mit sieben Jahren erhielt, von ihrem Leben mit der Behinderung. Ihr tat es gut, die Ursache für ihr Verhalten beim Namen nennen zu können. »Ich war erleichtert, darüber sprechen zu können. Auch für mein Gegenüber ist es so leichter, sich auf mich einzustellen.« Als Kind hatte sie Probleme in der Schule, galt als launisch und sehr emotional. Heute kann sie besser mit Belastungen umgehen. »Ich musste zunächst lernen, dass ich anders als die anderen bin«, sagte sie in einem Interview mit Anne Kordbarlag. Die FAS-Auswirkungen, so die junge Frau, fühlten sich an »wie eine lebenslange Pubertät«. – Robert Burg – 13. Dreiländerkongress Pflege in der Psychiatrie Foto: Bünemann Umgang mit Fremdsein beeinflusst Behandlungserfolg Der Kongress fand im Assapheum statt: (v. l.) Günter Meyer, DFPP-Vizepräsident Uwe Genge, Prof. Dr. Michael Schulz, Prof. Dr. Hilke Bertelsmann (beide FHdD), Christoph Schmidt und Jenny Mika. Das Gefühl von Fremdsein wirkt sich auf unterschiedlichste Lebensbereiche aus: sogar auf die körperliche Gesundheit. Inspiriert durch die Flüchtlingssituation gingen beim 13. Drei länderkongress Pflege in der Psychiatrie im September in Bielefeld-Bethel mehr als 500 Teilnehmer dem Phänomen auf den Grund. Denn durch ihren Umgang mit dem Fremdsein beeinflussen die Professionen, die an der psychiatrischen Versorgung beteiligt sind, die Chancen auf den Erfolg einer Behandlung. »Die Angst vor dem Fremden ist oft in der eigenen Biografie verwurzelt. Dem lohnt es sich auf die Spur zu kommen«, begrüßte und ermutigte Christoph Schmidt, Pflegedirektor im Ev. Krankenhaus Bielefeld ( EvKB ), die Teilnehmerinnen und Teilnehmer des zweitägigen Kongresses. Dieser wurde in Kooperation des EvKB, der Fachhochschule der Diakonie (FHdD) und der Deutschen Fachgesellschaft Psychiatrische Pflege (DFPP) abgehalten. »Zu selten wird das Fremde heute als Bereicherung empfunden, sondern vielmehr als Bedrohung«, mahnte Kulturhistoriker und Pfleger Günter Meyer. »In der Geschichte wurde der Begriff mit Barbarei gleichgesetzt und damit Fremden ihre Kultur, Ethik und Moral abgesprochen.« Die Gefahr dabei: Die Heimischen empfinden bewusst oder unbewusst die eigene Kultur als höherwertig als die fremde. Auf eine Behandlung übertragen bedeutet das, so die Kritik von Günter Meyer: »Ein Gespräch zwischen einem Patienten und seinem Arzt oder Therapeuten findet dann nicht auf Augenhöhe statt.« Und das wirkt sich auf den Therapieerfolg aus. Eine Strafe Gottes Jenny Mika ist Flüchtlingen begegnet, die ihre Krankheitsanzeichen in einer Strafe Gottes begründet sahen, an Zauberei glaubten oder an spirituelle Heilungschancen. »Viele stellen ihre Symptome nicht in den Zusammenhang einer psychischen Erkrankung. Es ist wichtig, die subjektiven Krankheitskonzepte eines jeden Patienten bei der Therapie zu berücksichtigen«, forderte die Psychologin vom Beratungs- und Behandlungszentrum für Flüchtlinge und Folteropfer Refugio in München. Subjektive Krankheitskonzepte – vereinfacht gesagt seien das gedankliche Konstrukte, in denen ein Mensch sein individuelles Wissen über Erkrankungen bün- dele und die großen Einfluss darauf hätten, wie Betroffene ihre Erkrankung verarbeiteten. Persönliche Erfahrungen sowie kulturelle und gesellschaftliche Einflüsse flössen mit ein, deshalb unterschieden sich subjektive Krankheitskonzepte sehr stark, insbesondere dann, wenn ihre Träger aus unterschiedlichen Teilen der Welt kämen. Jenny Mika plädierte daher dafür, dass Behandler sich für Offenheit sensibilisierten. Würden nämlich die individuellen subjektiven Krankheitskonzepte bei der Therapie berücksichtigt, könne das positive Auswirkungen auf den Behandlungserfolg in der Traumatherapie haben. Der Dreiländerkongress Pflege in der Psychiatrie wird jährlich abwechselnd in Deutschland, der Schweiz und Österreich ab gehalten. 2004 wurde er zum ersten Mal von der Klinik für Psychiatrie und Psychotherapie Bethel in Bielefeld ausgerichtet. – Manuel Bünemann – Der Kongressband kann auf der Internetseite www.pflegein-der-psychiatrie.eu heruntergeladen werden. 11 Bethel-Song-Projekt mit Annette Humpe Über das Ohr direkt ins Herz »Nils, das hast du spitzen mäßig gesungen! Gleich noch einmal!« Stolz blickt der 22jährige Nils Frevert über das Mikrofon zu seinen Zuhörern auf der anderen Seite der Glasscheibe. Denn das Lob kommt nicht von irgendwem, sondern von Annette Humpe. Die bekannte Sängerin und Musikproduzentin sitzt lächelnd hinter einem großen Mischpult und hebt anerkennend den Daumen. Nils Frevert ist stolz darauf, bei dem Projekt dabei zu sein. Heute werden im »Watt-mattersStudio« in Bielefeld die Sänger aufgenommen und ihre Stimmen auf die so genannte RoughVersion eingespielt, die vergleichbar mit einem instrumentalen Playback-Song ist. Das Ganze geschieht unter der Leitung von Annette Humpe. Die 66-jährige Komponistin war in den 1980erJahren mit ihrer Band »Ideal« Wegbereiterin der Neuen Deutschen Welle. Sie verhalf vielen anderen Künstlern, wie Udo Lindenberg, den Prinzen, Nena und Max Raabe, zum Erfolg. Als Sän- Fotos: Kreutner (5) Nils Frevert leiht seine Stimme einem Bethel-Song, der im Frühjahr 2017 aus den Radios klingen soll und bis dahin ge- heim bleibt. Auch die anderen sechs Sänger kommen heute noch zum Einsatz, einzeln und schließlich als ganze Gruppe. Die jungen Erwachsenen sind ehemalige Schülerinnen und Schüler der Mamre-PatmosSchule, leben in Bethel-Einrichtungen oder wurden lange von Bethel betreut. Annette Humpe nutzte die Pausen für Feinabstimmungen mit (v. l.) Oliver Damaschek-Hahn, Nils Frevert und Patrick Clausmeier. 12 gerin stürmte sie in den 2000erJahren mit Adel Tamil als »Ich + Ich« die Charts. Bereits im Oktober 2015 unternahm Annette Humpe eine dreitägige »musikalische Reise« durch Bethel, um Anregungen für den Musikalisch begleitet von Oliver Damaschek-Hahn (r.) gaben die Sängerinnen und Sänger ihr Bestes. Über das Ohr … Bethel-Song zu bekommen. Dabei besuchte sie alles, was in der Arbeit Bethels »tonangebend« ist: von der Frühchenbesingung im Ev. Krankenhaus Bielefeld bis zur Musiktherapie für schwer mehrfachbehinderte Menschen, von den Chören der Zionsgemeinde bis zu verschiedenen inklusiven Bandprojekten. In einem beengten Keller inmitten der Ortschaft wurde sie schließlich fündig. Dort probte eine kleine Band ehemaliger Mamre-Patmos-Schüler, musikalisch begleitet von Oliver Damaschek-Hahn und Philipp PlaßWrobel. Als die jungen Frauen und Männer einen Song spielten, war Annette Humpe begeistert: »Besser kann ich es nicht machen!«, lobte sie spontan. Die Melodie habe das Zeug zu einem Ohrwurm. Damit tatsächlich ein radiotauglicher Song entsteht, nahm sich Annette Humpe des Stücks an. Im Juni dieses Jahres ging es in ein Studio im Berliner Stadtteil Prenzlauer Berg. Aus der Grundstruktur der Akkorde wurde ein perfekter Song herausgefeilt. Die Instrumente wurden arrangiert, die »Baseline« komponiert Foto: Schulz Feinschliff in Berlin Jim Rakete drehte an unterschiedlichen Orten in Bielefeld das Musikvideo für den Song. und die Textzeilen harmonisiert. Und das schwierigste dabei: »Ein perfekter Radiosong sollte nicht viel länger als drei Minuten sein«, erklärt Annette Humpe. Also hieß es kürzen, kürzen, kürzen. Das Resultat war die RoughVersion, die heute in Bielefeld von den sieben Sängern mit »Leben« gefüllt wird. Abschließend geht die überarbeitete Fassung für den Feinschliff noch einmal zurück nach Berlin. Mit dem Bethel-Song bekommt das Betheler Jubiläumsjahr, wie alle großen Ereignisse, eine Art »Hymne« und kann dann Tontechniker Henning Strandt hatte Spaß an der professionellen Zusammenarbeit mit Annette Humpe. musikalisch lange nachwirken. Annette Humpe ist vom Erfolg überzeugt, denn sie glaubt vor allem an die Sänger – auch wenn sie keine Profis sind. »Bei Musik geht es um Emotionen und nicht darum, immer exakt den Ton zu treffen. Und Gefühl haben alle Beteiligten.« Zu einem ambitionierten Song gehört natürlich auch ein Musikvideo. Dafür war die Gruppe einen Tag lang in Bielefeld mit Starfotograf Jim Rakete unterwegs, der einen Film drehte. – Gunnar Kreutner/Johann Vollmer – Im Watt-matters-Studio in Bielefeld-Oerlinghausen wurden die Stimmen der Sänger auf die Rough-Version eingespielt. 13 Auftakt zur bundesweiten Fachtagung in Bethel 20 Jahre Betreutes Wohnen in Familien Foto: Schulz Normalität, sondern nur ein ›Als-ob-Modus‹«, so Prof. Lenz. Wie gut eine Gastfamilie mit den an sie gestellten Herausforderungen und Belastungen umgehen könne, hänge von ihrer Widerstandskraft und ihren Ressourcen ab. »Auf der Suche nach passenden Gastfamilien reicht es nicht aus, nur die Wohnverhältnisse zu beurteilen. Die Mitarbeitenden des Betreuten Wohnens in Familien müssen auch das Potenzial der Familie im Blick haben«, unterstrich Prof. Lenz in seinem Vortrag. Melissa und ihrer Mutter Maria Andres geht es gut bei Barbara Fischbach (r.). Sabine Melichar (l.) freut sich für die beiden. Seit zwanzig Jahren vermittelt die Familienpflege Bethel Menschen mit psychischen Erkrankungen, einer Suchtproblematik oder mit Behinderungen in Gastfamilien. Das Jubiläum, das Ende September in der Neuen Schmiede in Bielefeld-Bethel gefeiert wurde, war zugleich der Auftakt eines zweitägigen Kongresses zum »Betreuten Wohnen in Familien« mit 175 Teilnehmenden aus dem gesamten Bundesgebiet. Der Fachtag stand unter dem Motto »Von gelingenden Ge schichten und glücklichen Mo menten«. Damit machten die Veranstalter klar, dass das Leben in einer Gastfamilie erstaunliche Entwicklungen und positive Überraschungen hervorbringen kann. Sogar von einer Erfolgsgeschichte spricht in diesem Zusammenhang Prof. Dr. Günther Wienberg, stellvertretender Vorstandsvorsitzender der v. Bodelschwinghschen Stiftungen Bethel. Die Betreuungsform sei höchst individuell und inklusiv. Und die zu betreuenden Menschen erlebten die Wohltat einer Familie, so Prof. Wienberg beim Fachtag, der nach 1989 und 2001 zum dritten Mal in Bethel stattfand. 14 Familien zu finden, die fremde beeinträchtigte Menschen bei sich aufnehmen und ihnen eine Stütze sein wollen, ist schwierig. Denn die Anforderungen, die an sie gestellt werden, sind hoch. »Durch die Aufnahme eines Klienten oder einer behinderten Mutter mit ihrem Kind wird die Kernfamilie zu einer öffentlichen Familie«, gab Prof. Dr. Albert Lenz von der Katholischen Hochschule Paderborn zu bedenken. Betreuungsteams, unter Umständen auch Mitarbeitende des Jugendamts und die Ursprungsfamilie der Klientinnen und Klienten gäben sich die Klinke in die Hand. »Gastfamilien müssen um Normalität in den Beziehungen ringen. Aber es ist keine Hervorragende Wohnverhältnisse und ein großes persönliches Potenzial bietet Barbara Fischbach in Gütersloh. Die 45-Jährige ist eine kontaktfreudige Frau, die nichts so schnell aus der Ruhe bringen kann. Mit Herzenswärme und klaren Regeln sorgt sie dafür, dass Maria Andres und ihre Tochter Melissa ein stabiles, sicheres Familienleben kennen lernen. Ohne sie wäre Melissa wahrscheinlich zu Pflegeeltern gekommen. Ihre Mutter hat eine Lernbehinderung und kann nicht gut für das Kind sorgen. Zwar wurden die beiden schon von einem Fachdienst unterstützt, aber die Hilfe reichte nicht. »Wenn die Betreuer beobachten, Prof. Dr. Günther Wienberg hofft auf eine größere Verbreitung des Betreuten Wohnens in Familien in Deutschland. dass ein Kind in der Entwicklung immer weiter zurückfällt, wird es brenzlig«, betont Sabine Melichar, Leiterin des »Betreuten Wohnens in Familien« in BielefeldBethel. Denn das Kindeswohl stehe an erster Stelle. Melissa kam aber nicht zu Pflegeeltern. Denn es gab eine bessere Lösung. Das Mädchen und seine Mutter wurden in das Bethel-Programm »Betreutes Wohnen in Familien für Mütter mit Behinderungen und ihre Kinder« aufgenommen. Vor drei Jahren zogen sie dann nach Gütersloh zur Gastmutter Barbara Fischbach. »Ich bin sehr glücklich, dass ich Barbara getroffen habe. Ich habe um mein Kind gekämpft. Jetzt können wir zusammenbleiben. Und Barbara hilft mir, dass es so bleibt«, freut sich die 31-jährige Maria Andres, die in Gütersloh in einer Werkstatt für Menschen mit Behinderungen arbeitet. Sehr gut aufgeholt Als die beiden bei Barbara Fischbach einzogen, war Melissa viereinhalb Jahre alt, aber sie hatte den Entwicklungsstand einer Zweijährigen. »Sie hat sehr gut aufgeholt«, betont die Gastmutter. Beispielsweise habe sich Melissas soziales Verhalten stark Fotos (4): Elbracht 20 Jahre … Regionalleiter Rüdiger Klein (v. l.) und das Team vom Betreuten Wohnen in Familien mit Sabine Melichar, Markus Heinrichsdorf, Margret Steinkamp, Klaus Kiene, Petra Hamelau-Stoll und Martin Friedrich. verbessert. »Sie hat gelernt, mit Worten zu kommunizieren. Statt sich schreiend hinzuwerfen, diskutiert sie jetzt«, freut sich Barbara Fischbach. Zu Maria habe sie ein herzliches Verhältnis. »Sie ist so dankbar. Die beiden bringen so viel Lebensfreude ins Haus. Zusammen mit meiner Tochter, die noch zuhause wohnt, und meinem Lebensge fährten sind wir eine große glückliche Familie.« Rund 50 Klientinnen und Klienten profitieren in Westfalen zurzeit vom Leben in einer Gastfamilie. Diese Betreuungsform sei eine Alternative zu den stationären und ambulanten Angeboten und ein Gewinn sowohl für die Gastfamilien als auch für die Klienten, hob Michael Weders hoven in seinem Grußwort hervor. Der Referatsleiter der Behindertenhilfe des Landschaftsverbandes Westfalen-Lippe dankte den Gastfamilien, die ihr Haus für fremde Menschen öffnen. »Das, was Sie tun, tun Sie nicht nur für die Betroffenen oder für sich selbst, sondern auch für die Gesellschaft«, so Michael Wedershoven. – Silja Harrsen – Prof. Dr. Albert Lenz hat das Betreute Wohnen für Mutter und Kind im Blick. Michael Wedershoven lobte die Gastfamilien für ihr Engagement. Informationen zum Betreuten Wohnen in Familien gibt es bei Sabine Melichar, Tel. 0521 144-2522, E-Mail: sabine. [email protected]. 15 Bethel in der Niederlausitz Das christliche Seniorenheim Spremberg Fotos: Elbracht Zwischen Spree und Kohlekraftwerk Kathrin Behla hat ihre Hündin Stella zu Heinz-Dieter Braun mitgenommen. Russische Eier mit Remoulade und Bratkartoffeln – das hat sich Irene Werther zum Mittagessen bestellt. Dass die Mahlzeiten im Christlichen Seniorenheim Spremberg bei den Be wohnern gut ankommen, ist auch ihr Verdienst. Die ehemalige Säuglingsschwester engagiert sich in der Küchenkommission. Seit 2004 lebt die 74-Jährige in der Einrichtung, die zu der Hoffnungstaler Stiftung Lobetal gehört. Sie sei durch ärztliche Behandlungsfehler zum Pflegefall geworden, so Irene Werther. »Ich konnte gar nichts mehr, nur noch liegen«, sagt sie. Dass sie jetzt im Rollstuhl sitzen könne, sei auch der guten Pflege in dem BethelHaus zu verdanken. Das Seniorenheim im brandenburgischen Spremberg liegt mitten in der Stadt und doch im Grünen. Zu dem Haus gehört ein herrlicher Park, der an einen Nebenarm der Spree grenzt. Dort trainieren die Kanuten des Erfolgsvereins SG Einheit Spremberg für internationale Wettkämpfe, und Angler werfen ihre Ruten aus. »Unser Park ist so schön, und auf oder an der Spree ist immer Betrieb. Aber unsere Bewohner möchten nahe beim Haus sitzen und auf die Straße gucken«, wundert sich Sylvia Schutzka, die das Seniorenheim leitet. 16 Heute ist nicht viel los in der Gärtnerstraße. Nur Dieter Schubert setzt sich den Helm auf und fährt mit seinem Elektromobil davon. Der 77-Jährige wohnt im Christlichen Seniorenheim. Aber Mit seinem Elektromobil macht sich Dieter Schubert auf den Weg zu seinem Bungalow. er besitzt noch einen Bungalow und schaut dort regelmäßig nach dem Rechten. »Vor vier Jahren ist meine Frau gestorben. Zur selben Zeit habe ich die Diagnose Parkinson erhalten. Ich kann nicht alleine in dem Haus leben«, so Dieter Schubert. Im Seniorenheim hat er sich ins Betreute Wohnen eingemietet. »Für die Einraumwohnung zahle ich Miete und eine geringe Betreuungspau schale für kleinere Handreichungen. Der Pflegedienst kommt von extern«, so der ehemalige Leiter der Instandhaltung im Kraftwerk Trattendorf. Wegzug aus der Region Spremberg und Umgebung waren ein wichtiges Zentrum der Energiegewinnung in der DDR. Die Landschaft ist bis heute ge prägt vom Braunkohle-Tageab bau und dem Anblick hoher Kühltürme. Das Großkraftwerk Trattendorf, in dem Dieter Schubert einst gearbeitet hat, war ein bedeutender Stromerzeuger in der Republik. »Das war das Aushängeschild der DDR«, betont Dieter Schubert stolz. Mehrere tausend Mitarbeiter waren dort beschäftigt. Doch mit der Wende 1989 war Schluss. Viele Kraftwerke – auch Trattendorf – wurden aus wirtschaft lichen und umweltpolitischen Gründen stillgelegt. Die Menschen verloren ihre Arbeit und verließen die Region Niederlausitz in Brandenburg. »Wir hatten plötzlich 25 Prozent Arbeitslosig keit. Die Jugend ist weggezogen. Die haben wir für immer verloren«, beklagt Dieter Schubert. Bethel in … Sylvia Schutzka unterhält sich mit Lisbeth Sobioch. Die Seniorin ist 102 Jahre alt. Die Jugend in Spremberg war bis 1975 der Lebensmittelpunkt von Liesbeth Anton. 25 Jahre leitete sie das Kinder- und Jugendheim der Stadt. »Wir hatten 35 Plätze. Die waren immer ausgelastet. Aus allen Kindern sind tüchtige Menschen und gute Facharbeiter geworden«, hebt die 102-Jährige stolz hervor. Die Seniorin ist nach einem Sturz in ihrer Mobilität etwas eingeschränkt. Dafür ist sie geistig voll auf der Höhe. »Ich weiß nicht, wie ich das geschafft habe, im Kopf so lange fit zu bleiben. Ich habe mir jeden Tag einen frischen Brennnesseltee aus den kleinen hellgrünen Blättchen gekocht. Vielleicht ist das der Grund«, mutmaßt Liesbeth Anton. Andreas Brauner spielt auf der mechanischen Harmonika ein Ständchen für Ruth Jurk. starb, blieb sie in der Wohnung. »Es ist ein gutes Gefühl zu wissen, dass Tag und Nacht jemand im Haus ist, den man ansprechen kann«, sagt sie. Mit 80 Jahren wolle sie nicht mehr umziehen. Im Seniorenheim sei immer etwas los, so Hildegard Kommol, ob in den Wohngruppen, im Wintergarten oder im Veranstaltungsraum. Heute wird zum Beispiel ein Geburtstag gefeiert. Der Pflegedienstleiter Andreas Brauner spielt für die Jubilarin auf dem Akkordeon. Begeistert summen die Bewohnerinnen, die sich Sicher rund um die Uhr Im Seniorenheim Spremberg gibt es 62 Pflegeplätze, verteilt auf zwei Wohngruppen. In der Einrichtung leben noch zehn Miete rinnen und Mieter im Betreuten Wohnen. Für sie stehen vier Zweiraumwohnungen und sechs Einzelapartments zur Verfügung. In einer Wohnung lebt Hildegard Kommol. 2008 zog sie mit ihrem pflegebedürftigen Mann von Finsterwalde in die Spremberger Einrichtung. Als er vier Jahre später Liesbeth Anton leitete bis 1975 ein Kinderheim. im Gemeinschaftsraum versammelt haben, mit. »Das haben Sie aber schön gespielt«, wird Andreas Brauner gelobt. Der kann sich ein spitzbübisches Lächeln kaum verkneifen. Das Instrument sei ein selbstspielendes, erklärt er seinem überraschten Publikum. »Die Lieder sind auf einer Speicherkarte und werden in dem Tempo abgespielt, wie ich den Balg bewege«, so der 39-Jährige. Feste feiern ist den Menschen im Christlichen Seniorenheim wichtig. Besonders beliebt sind die Andachten, die auch in der Tagespflege, ein paar Straßen entfernt, jeden Morgen angeboten werden. »Biblische Geschichten hö ren und Kirchenlieder singen, das mögen unsere Klienten«, bestätigt Kathrin Behla, die Leiterin der Tagespflege. Auch die Feste des Kirchenjahrs werden in alter Tradition gefeiert. »Darüber hinaus finden sie Karneval gut, weil sie sich dann verkleiden können«, verrät Kathrin Behla. »Aber womit wir ihnen nicht zu kommen brauchen, ist Halloween. Das kennen sie nicht von früher und finden es ehrlich gesagt auch ziemlich dumm.« – Silja Harrsen – 17 50 Jahre Kerschensteiner Berufskolleg Eine Brücke ins Berufsleben für junge Menschen »Jung, frisch, innovativ« sei das Kerschensteiner Berufskolleg, sagte Kay Stampa, seit drei Jahren Leiter der »Bündelschule«. Das Kolleg vereint ein Förder- und ein allgemeines Berufskolleg. Hier werde jungen Menschen mit und ohne Förderbedarf eine Brücke ins Berufsleben gebaut, so der Schulleiter. Nach einem musikalischen Empfang für die Gäste konnten diese die Stände der Schülerinnen und Schüler besuchen und sich dort über Themen informieren, die die Schüler im Unterricht behandelt hatten. Ehemalige Schülerinnen, die im Rahmen eines Bühnenprogramms nach ihren Erinnerungen an ihre Schulzeit und nach ihrem beruflichen Werdegang gefragt wurden, hatten über ihre frühere Schule nur Positives zu berichten. Sie denken gerne an ihre Zeit am Kerschensteiner Berufskolleg zurück und gaben Anekdoten aus ihrem Arbeitsalltag zum Besten. Jessica Ebker, die gern noch eine zusätzliche Ausbildung an der Betheler Bündelschule machen möchte, meinte: »Am liebsten würde ich zurückkommen.« 18 Foto: Schulz Im Kerschensteiner Berufs kolleg (KBK) in BielefeldBethel wurde im September das 50-jährige Jubiläum begangen. Gratulanten, Mitarbeitende, Schüler und Schülerinnen hatten sich im Festzelt vor der Schule versammelt, um zusammen mit Schulleiter Kay Stampa und seinem Stellvertreter Martin Koch das langjährige Bestehen der Schule zu feiern. Unter den Gästen waren Rita Lackmann, leitende Regierungsschuldirektorin, und Susanne Blasberg-Bense, Leiterin der Schulabteilung der Bezirksregierung Arnsberg. Das Jubiläum feierten mit vielen Gästen (v. l.) Bethel-Vorstand Pastorin Dr. Johanna Will-Armstrong, Kay Stampa, Rita Lackmann, Barbara Manschmidt, Geschäftsführerin des Stiftungsbereichs Schulen, Christof Hoffmann vom Berufsbildungswerk Volmarstein und Susanne Blasberg-Bense. Das Kerschensteiner Berufskolleg ist ein Ersatzberufskolleg in freier Trägerschaft der v. Bodelschwinghschen Stiftungen Bethel. Menschen mit und ohne Förderbedarf werden hier mit Angeboten, die ihren individuellen Bedürfnissen angepasst sind, auf das Berufsleben vorbereitet. Georg Kerschensteiner 1966 wurde die Schule als Heimsonderberufsschule gegründet. Der Unterricht startete mit knapp 30 männlichen Schülern und zwei Lehrkräften. 1975 benannte man die Schule in Kerschensteiner Schule um. Der Name erinnert an den Reformpädagogen Georg Kerschensteiner (1854 –1932). Er gilt als einer der Gründerväter der modernen Berufsschule und förderte die Einführung von mehr praktischem Unterricht in den Schulen. Bis heute wirken seine Ideen zur Arbeitsschule, zur Selbstständigkeit von Schülerinnen und Schülern und zu ihrer staatsbürgerlichen Erziehung nach. Seit 1982 gibt es eine enge Kooperation mit dem Berufsbildungswerk Bethel. Und auch mit Betrieben der Region besteht eine gut funktionierende Zusammenarbeit. Insgesamt sind es 180 Kooperationsbetriebe, in denen die Schülerinnen und Schüler des KBK den praktischen Teil ihrer Ausbildung absolvieren. 2013 wurde das Kerschensteiner Berufskolleg zu einer Bündelschule für Menschen mit sonder pädagogischem Förderbedarf und ohne diesen. Die Förderschwerpunkte sind die körper liche und motorische Entwicklung, Lernen und die emotionale sowie soziale Entwicklung. Derzeit werden 661 Schülerinnen und Schüler von 23 Lehrkräften betreut. 170 davon sind in berufs vorbereitenden Bildungsgängen eingetragen, 491 in Berufsausbildungen, die aus Unterricht an einer Berufsschule und praktischer Arbeit im Betrieb bestehen. – Marlene Flöttmann – Jahrestagung der Akademie für Ethik in der Medizin Würdevoller Umgang – schwieriger als MRT-Auswertung Die Frage der Menschenwürde sei eine sehr praktische Herausforderung im Klinikalltag, betonte auch Bethel-Vorstand Dr. Rainer Norden bei der dreitägigen Veranstaltung, die die AEM in Kooperation mit dem Ev. Krankenhaus Bielefeld (EvKB) und der Abteilung Philosophie der Universität Bielefeld ausrichtete. Achtsam kommunizieren Bei einer speziellen Plenums diskussion nahmen die Experten das Thema für den PsychiatrieBereich unter die Lupe. Einen würdevollen Umgang mit den Patienten umzusetzen sei häufig eine größere Herausforderung als die Umsetzung diagnostischer oder therapeutischer Strategien, sagte Dr. Steffi Koch-Stoecker. »In der Praxis ist das oft viel schwieriger, als zum Beispiel die Symptome einer Depression zu erkennen oder ein MRT auszuwerten«, so die Leiterin der Psychiatrischen Institutsambulanz des EvKB. Dafür müsse man sich vor allem permanent kritisch selbst reflektieren. Sie empfahl, die Patienten ernst zu nehmen, zu versuchen, sich in sie hineinzuversetzen, und achtsam mit ihnen zu kommunizieren. Dass die Kommunikation ein entscheidender Faktor für einen Umgang auf Augenhöhe ist, fin- Foto: Schulz Zu einem menschenwürdigen Umgang mit den Patienten gehöre eine Kommunikation auf Augenhöhe. Da waren sich die Experten bei der Jahrestagung der Akademie für Ethik in der Medizin (AEM ) einig. Rund 300 Wissenschaftler und Wissenschaftlerinnen, Praktiker und Praktikerinnen diskutierten Ende September in der Universität Bielefeld über die Bedeutung der Menschenwürde in der Medizin. Als Experten zum Thema »Menschenwürde in der Psychiatrie« begrüßte Philosophieprofessor Ralf Stoecker (r.) den Klinischen Ethiker im EvKB Dr. Klaus Kobert (v. l.), Dr. Elke Prestin, Dr. Rainer Burdinski, Dr. Steffi Koch-Stoecker und Prof. Dr. Martin Driessen, Chefarzt der Klinik für Psychiatrie und Psychotherapie im EvKB. det auch die Bielefelder Sprachwissenschaftlerin Dr. Elke Prestin. Sie ist selbst psychiatrieerfahren. »Darum weiß ich, wie wichtig es ist, miteinander zu reden. Allein schon, damit unterschiedliche Vorstellungen von Menschenwürde ausgetauscht werden«, sagte sie. Die Würde sei bei PsychiatriePatienten besonders gefährdet, warnte Elke Prestin. Unter anderem wegen der Stigmatisierung auf gesellschaftlicher Ebene, die de facto da sei. Sie kritisierte zudem, dass in der Psychiatrie bei der Diagnose und Behandlung die Patienten stark defizit orientiert betrachtet würden. Beispielhaft zitierte sie aus einer Behandlungs-Dokumentation über einen Patienten, der darin als »enthemmt, verängstigt und wahnhaft« beschrieben wurde. »Aber dieser Mensch hat vermutlich noch mehr persönliche Charakteristika, die ihn ausmachen.« Solche Reduzierungen würden nicht zu einem würdevollen Umgang beitragen. Eine wirkungsvolle Strategie für den Erhalt der Patientenwürde stellte Dr. Rainer Burdinski, Leiter der »Allgemeinen Psychiatrie I« der Klinik für Psychiatrie und Psychotherapie im EvKB, vor. Seine Abteilung habe 20 Jahre Erfahrung mit der Anwendung der so genannten »Bielefelder Behandlungsvereinbarung«, die gemeinsam mit dem Verein Psychiatrie-Erfahrener Bielefeld entwickelt wurde. Bei dieser Vereinbarung treffen Patient und Klinik Absprachen für zukünf tige Behandlungen – für den Fall, dass die Entscheidungsfähigkeit des Patienten eingeschränkt ist und er seine Wünsche nicht mehr äußern kann. »Das schafft auf beiden Seiten Vertrauen und ein erweitertes Wissen«, sagte Dr. Burdinski. Die »Bielefelder Behandlungsvereinbarung« sei juristisch eine Patientenverfügung. Ihre Anwendung reduziere nachweislich die Zahl an Zwangsunterbringungen und Zwangsmedikationen. »Außerdem führt sie zu einem erhöhten Maß an freiwilliger Behandlung und zu einer größeren Bereitschaft, sich bei einer akuten Krise frühzeitig in stationäre Behandlung zu begeben.« – Gunnar Kreutner – 19 Tag der Patientensicherheit in den Betheler Krankenhäusern So viele Pillen wie nötig und so wenig wie möglich Foto: Schulz ordneten Arzneimitteln kommen noch die, die sich der Patient in der Apotheke selbst besorgt. Auch die sollen in den Medikationsplan eingetragen werden. In der Regel wird der Hausarzt den Plan ausstellen. Er kann von jedem Facharzt oder in der Apotheke aktualisiert werden. Je mehr Tabletten, umso höher das Risiko für Nebenwirkungen und Einnahmefehler. Pillen schlucken ist ganz einfach – oder etwa doch nicht? Immerhin: Jede hundertste Krankenhaus-Einweisung geht auf einen Medikationsfehler zurück. Denn je mehr Tabletten jemand einnimmt, desto höher ist das Risiko für Nebenwirkungen und Verwechslungen. »Wir wissen, dass Medikamente neben ihrem großen Nutzen auch großen Schaden anrichten können«, betont Prof. Dr. Heiner Berthold, Chefarzt im Ev. Krankenhaus Bielefeld. Der internationale Tag der Patienten sicherheit im September stand in diesem Jahr unter dem Motto »Arzneimittelsicherheit«. Keine Frage – Medikamente erhöhen die Lebenserwartung und die Lebensqualität, und sie lindern Schmerzen und Beschwerden. »Je älter die Menschen, desto mehr Medikamente nehmen sie ein. Das können, wenn chronische Erkrankungen vorliegen, durchaus über zehn verschiedene Präparate sein«, informierte Prof. Berthold in seinem Vortrag im Ev. Krankenhaus Bielefeld (EvKB) am Standort Johannesstift. Der Chefarzt der Klinik für Innere Medizin und Geriatrie kennt sich als Klinischer Pharmakologe mit Medikamenten aus. Tabletten, so sagt er, könnten sich gegenseitig in ihrer Wirkung beeinflussen. Und es gebe noch ein Problem speziell für Senioren. »Einige Medikamente sind für ältere Menschen ungeeignet, 20 weil Wirkung und Nebenwirkung altersabhängig sind. Erst seit Kurzem gibt es eine Liste der problematischen Wirkstoffe«, so Prof. Berthold. Medikationsplan Wer drei und mehr verschiedene Arzneimittel einnimmt, hat seit Oktober einen gesetzlichen Anspruch auf einen Medikations plan. »Wir sprechen von 7,5 Millionen Menschen in Deutschland, die über fünf Arzneimittel gleichzeitig einnehmen. Oft weiß der Hausarzt nicht, was der Facharzt verordnet hat und umgekehrt«, so Dr. Stefan Schwenzer, Referent der Kassenärztlichen Bundesvereinigung Berlin und einer der »Architekten« des Medikationsplans. Zusätzlich zu den ver- Annika Hilgers, Apothekerin im EvKB, hat auf ihrem Computer ein Muster des neuen Bundesmedikationsplans gespeichert. Bei der Veranstaltung zum Tag der Patientensicherheit nutzten viele Besucherinnen und Besucher die Gelegenheit, sich den Plan von ihr ausfüllen zu lassen. Auf den ersten Blick erkennt die Fachfrau, welche Medikamente Wechselwirkungen haben und deshalb mit dem Hausarzt oder der Hausärztin besprochen werden müssen. Doch nicht nur Arzneimittel beeinflussen sich gegenseitig. Auch Lebensmittel und Getränke könnten die Wirkung verändern, so die Apothekerin. »Deshalb gilt: Tabletten nur mit Leitungswasser einnehmen, Grapefruitsaft, Milch, Tee und sogar Mineralwasser stören bestimmte Medikamente.« Auch das Ev. Krankenhaus Königin Elisabeth Herzberge (KEH) in Berlin widmete den Tag der Patientensicherheit dem Thema Arzneimittelsicherheit. Prof. Dr. Albert Diefenbacher, Chefarzt der Psychiatrie, und Dagmar Hemker, Leiterin der KEH-Apotheke, hatten einen Informationsstand aufgebaut und stellten sich den Fragen der Besucherinnen und Besucher. »Patienten kamen vorbei, aber auch viele ärztliche Kolleginnen und Kollegen nutzten die Gelegenheit, um ins Gespräch zu kommen«, sagt Dagmar Hemker. Viele Fragen hätten sich auf das Thema »Arzneimittelsicherheit in der Psychiatrie (AMSP)« bezogen. Seit zirka 20 Jahren macht das KEH beim Arzneimittelsicherheitin-der-Psychiatrie-Projekt mit. Beteiligt sind über 80 psychiatrische Kliniken in Deutschland, Österreich und der Schweiz. Sie dokumentieren alle unerwünschten Wirkungen, die durch die Gabe von Psychopharmaka her vorgerufen werden. »Unser Fokus liegt auf den Nebenwirkungen, die gar nicht bekannt sind. So haben wir zum Beispiel einen Glaukom-Anfall, also eine plötzliche Erhöhung des Augen innendrucks, unter Antidepressiva beschrieben«, so Prof. Diefenbacher. 2008 erhielt das KEH als erste Klinik in Deutschland das AMSP-Zertifikat. Erhöhtes Fehler-Risiko Stefan Schwenzer (l.), Annika Hilgers und Prof. Dr. Heiner Berthold klärten über Nutzen und Risiken von Tabletten auf. bereits 550 Patienten in der Zentralen Aufnahme befragt. Menschen, die mehrere Tabletten zu unterschiedlichen Tageszeiten einnehmen müssen, tragen ein erhöhtes Risiko, Fehler zu machen. Am häufigsten, so die Statistik, bleibt die Pille zur Mittagszeit liegen. Deshalb werden die psychiatrischen Patienten und Patientinnen im KEH so eingestellt, dass sie ihre Arznei nur morgens und abends einnehmen müssen. Und einen Tipp, um sie nicht zu vergessen, bekommen sie auch an die Hand: die Tablette neben den Zahnputzbecher legen. »Das setzt natürlich voraus, dass sie sich morgens und abends die Zähne putzen«, fügt Prof. Albert Diefenbacher augenzwinkernd hinzu. – Silja Harrsen – Foto: Lehmann Arzneimittelsicherheit wird im KEH großgeschrieben. Schon in der Zentralen Aufnahme der Klinik, bevor die Patienten auf die Station kommen, befragt ein Apotheker sie nach ihrer Medikation. »Wenn sie und ihre Angehörigen sich nicht sicher sind, recherchieren wir in den Arztpraxen«, so Dagmar Hemker. Im ersten Halbjahr 2016 wurden Foto: Bünemann So viele Pillen … Prof. Dr. Albert Diefenbacher erklärt Medizinstudenten das Prinzip der Arzneimittelsicherheit in der Psychiatrie. 21 Fondation John Bost besuchte Bethel Engagierte Schritte Richtung Inklusion Hildegard Waterböhr (v. r.) und proWerk-Bereichsleiterin Marianne Füllenberg informierten die französischen Gäste in der Buchbinderei am Haller Weg in Bielefeld, Mitarbeiterin Annette Meier übersetzte. Die Aufträge kommen von außerhalb? Und es gibt Fristen für ihre Erledigung, die eingehalten werden müssen? Die Gäste aus Frankreich stellen detaillierte Fragen in der Betheler Papierrestaurierung in Bielefeld. Und erstaunt hören sie, wie hochprofessionell alte Bücher in der Werkstatt für behinderte Menschen restauriert werden. Aus der Fondation John Bost mit Sitz in La Force war Ende September eine 19-köpfige Gruppe zu Besuch in Bethel. Ein umfangreiches zweitägiges Informationsprogramm erwartete die Gäste. Die Werkstatt am Haller Weg war nur eine von vielen Stationen. Inklusion hatten die Besucher als Wunschthema genannt. In der Fondation John Bost, der größten protestantischen Sozial einrichtung in Frankreich, bereitet man sich auf die Umsetzung der UN-Konvention über die Rechte von Menschen mit Behinderungen vor. Noch ist man am Anfang, und deswegen sind 22 rund 90 Mitarbeiterinnen und Mitarbeiter in verschiedenen Gruppen auf Studienreisen in Europa und Kanada unterwegs und schauen anderen Einrichtungen »über die Schulter«. Dass Arbeits- und Beschäftigungsmöglichkeiten für Menschen mit Behinderungen immer wieder an deren Fähigkeiten neu ausgerichtet werden und nicht umgekehrt die Klienten mit dem vorhandenen Angebot klarkommen müssen, war neu für die Besucher. Hildegard Waterböhr, Leiterin der Buchbinderei am Haller Weg, wies darauf hin, dass es sogar einen Vorrichtungsbau gibt, der Arbeitsplätze einzelnen Beschäftigten und ihren Einschränkungen anpasst. Auch die Ergotherapeuten seien hier sehr kreativ. So können auch Menschen mit Behinderungen hochkomplexe Aufträge erledigen. In der ländlich gelegenen Fondation John Bost gibt es bisher keine Werkstätten, die für externe Auftraggeber arbeiten. Den betreuten Menschen wird Beschäftigung angeboten, zum Beispiel in Form von Gartenarbeit oder in therapeutischen Werkstätten. Dabei gilt: Die Arbeit ist da, der Klient richtet sich nach dem Angebot. Starre Arbeitszeiten In Kleingruppen waren die französischen Gäste im Stiftungsbereich proWerk unterwegs und besuchten auch das Bildungszentrum Schopf, die Werkstatt Eicheneck und die Ausgelagerten Arbeitsplätze bei der Firma Loewe Logistics & Care. Weitere Themenschwerpunkte waren die Schulen mit der Mamre-PatmosFörderschule und dem Kerschensteiner Berufskolleg sowie der Bereich der technischen Assistenzsysteme. Über diese informierten sich die Besucher im Seniorenzentrum Breipohls Hof, im PIKSL Labor und in der Universität Bielefeld, mit der Bethel in Forschungsprojekten kooperiert. Auf großes Interesse stießen auch die fünf Betheler Begegnungszentren in Bielefeld und das mit ihnen verbundene Unter- stützte Wohnen. Dieses ermöglicht Menschen mit Behinderungen, in einer eigenen Wohnung mitten im Stadtteil zu leben. Die Fondation John Bost bietet bisher kein Wohnen außerhalb der eigenen Einrichtungen an. Eine große Hürde seien die gesetzlich geregelten starren Arbeitszeiten, erläuterte Direktor Olivier Suft. Dass sich Mitarbeitende in der Organisation ihrer Arbeit den Bedürfnissen ihrer Klienten anpassen, überraschte die Gäste. Diese Flexibilität gebe es in Frank reich noch nicht. Man sei in Ver zug, was die UN-Konvention und die Inklusion betreffe, bestätigte Olivier Suft. Darum arbeite man zurzeit an Strategien für die Zu kunft. Bethel biete hierfür viele Anregungen. Die Fondation John Bost wurde 1848 auf Initiative des Pastors Jean Antoine ( John) Bost in La Force in der Dordogne gegründet. Sie nahm Menschen in sozialer Not und kranke und behinderte Kinder auf. Heute unterhält sie 34 Einrichtungen in 4 Regionen für Menschen mit psychischen Erkrankungen, geistigen oder körperlichen Behinde- Fotos: Schulz Engagierte Schritte … Im Kerschensteiner Berufskolleg nahmen die Gäste am Unterricht teil. Die Schüler Anika Tenge und Hendrik Reinert ließen sich dadurch nicht vom Lernen abhalten. rungen und für alte Menschen. Die Stiftung umfasst 1.500 Plätze und beschäftigt rund 2.000 professionelle Mitarbeiterinnen und Mitarbeiter. Lange Freundschaft Bethel und die Fondation John Bost verbindet eine lange Freundschaft. Bevor der Rheinisch-westfälische Provinzialausschuss für Innere Mission 1867 Bethel gründete, informierte er sich bei Jean Antoine Bost. Der Pastor hatte bereits in La Force verwirklicht, was in Deutschland entstehen sollte. »Daß doch ein ›Eben-Ezer‹, ein ›Bethel‹, sich öffnete in Ihrem reichen Deutschland«, schrieb er in seiner Antwort und gab damit den Anstoß zur Gründung der »Anstalt für Epileptische«, dem späteren Bethel. Der Kontakt zwischen den beiden diakonischen Einrichtungen wurde über all die Jahre gehalten. Gemeinsame Wurzeln, eine große Übereinstimmung der Ziele und die gleichen Visionen zur gleichen Zeit nannte Gilles Camincher, der den Besuch auf französischer Seite organisiert hatte, als verbindende Elemente zwischen beiden Institutionen. Bethels stellvertretender Vorstandsvorsitzender Prof. Dr. Günther Wienberg versicherte die Gäste auch der Solidarität und Freundschaft angesichts des Terrors, unter dem Frankreich in den vergangenen Monaten und Jahren zu leiden hatte. Er wolle Gesellschaften zerstören, die auf den Menschenrechten basierten. Gerade auch die gleichberechtigte Teilhabe von Menschen mit Behinderungen sei ein solches Menschenrecht. – Petra Wilkening – Im Unterstützten Wohnen Windelsbleiche empfing Tim Neumann (l.) eine Gruppe mit Gilles Camincher (2. v. l.) und Olivier Suft in seiner Wohnung. 23 Fotos: Schulz Konzentriert sind die Technikerin Jana Hofmann und das Moderatoren-Team Kolja Fach (M.) und Thorsten Michler live auf Sendung. Antenne Bethel Radio Vielfalt auf 94,3 Megahertz Arne Wegner spricht nicht viel und wenn, dann nur in kurzen Sätzen. Trotzdem ist er ein Radiomoderator. Das geht, weil es den inklusiven Sender Antenne Bethel gibt. Mit ein paar technischen Tricks und der passenden redaktionellen Unterstützung hört er sich wie eine Plaudertasche an. Dafür sorgt ein Team von Ehrenamtlichen und zwei Betheljahr-Teilnehmenden. Von Montag bis Freitag gehen Menschen mit und ohne Behinderungen um 18 Uhr in Bielefeld eine Stunde lang gemeinsam auf Sendung. »Bravo!« Thorsten Michler ist begeistert. »Das war eine Punktlandung!« Soeben hat sein Co-Moderator Kolja Fach seinen letzten Satz sekundengenau mit der Sendung beendet. Das war zwar ein Nervenkitzel, aber Radiomacher lieben das. Jana Hofmann zieht die Regler in der Technik herunter. Das Rotlicht erlischt, und die Blätter mit den Moderationstexten landen im Papierkorb. Die Drei schauen sich zufrieden an. Die Sendung war informativ und vielfältig. Fehler in der Technik oder der Modera24 tion hat es nicht gegeben. Alles lief wie am Schnürchen. Die beiden Betheljahr-Teilnehmenden Jana Hofmann und Kolja Fach waren bereits mittags mit Mikrofon und Aufnahmegerät unterwegs. Sie führten Interviews in der Mamre-PatmosSchule, weil dort der Mitmachzirkus Oskani zu Gast war. Zurück im Studio wählten sie die besten Antworten aus und kürzten sie am Computer. Ihre eigenen Fragen schnitten sie heraus, formulierten sie neu und schrieben sie auf. Die liest Thorsten Michler während der Sendung live vor. Und Jana Hofmann spielt die aufgezeichneten Antworten ein. Für die Hörer entsteht so ein typisches Antenne-Bethel-Interview. Seit rund zwölf Monaten ist Thorsten Michler beim inklusiven Radio als Ehrenamtlicher tätig. »Als ich vor zwei Jahren nach Bethel kam, fragte mich meine Betreuerin, was mir Spaß machen würde. Ich habe geantwortet, dass ich mich fürs Radio interessiere. Daraufhin hat sie bei Antenne Bethel angerufen, und seitdem mache ich regelmäßig mit«, erzählt der 40-Jährige, der immer routinierter moderiert. »Magst Du den nächsten Titel ansagen, Thorsten?«, fragt ihn Kolja Fach. Thorsten Michler schaut sich die Namen der Band und des Musikstücks an und nickt. »Und jetzt folgt die Gruppe Rufus and Chaka Khan mit Ain‘t Nobody«, spricht er locker ins Mikrofon. Abfahrbereit – Tanja Krüger und Dennis Arendt beladen den Reportage-Wagen von Antenne Bethel. Jeder kann mitmachen beim inklusiven Radio in Bethel. Selbst Menschen, die Angst vor dem Mikrofon haben. Denn es gibt neben der Königsdisziplin Moderation noch viele weitere interessante Aufgaben, beispielsweise die Technik zu bedienen, den Wetterbericht zu schreiben oder Beiträge mit dem AudioSchnittprogramm zu bearbeiten. »Ich habe allen von Anfang an klar gemacht, dass ich mir die Moderation nicht zutraue. Ich mache nur Technik«, erinnert sich Dennis Arendt an seine ersten Schritte im Radio. Vor zwölf Jahren kam er zu Antenne Bethel. Irgendwann reizte es ihn aber doch, sich im Studio ans Mikrofon zu setzen. »Nach einer gelungenen Sendung gehe ich sehr erfüllt nachhause«, so der 36-Jährige. Auf Irrwegen kam Tanja Krüger zum Radio. Die Schauspielerin und Theaterpädagogin wurde von einem Kollegen überredet, mit ins Antenne-Bethel-Studio am Quellenhofweg zu kommen. »Ich gestehe, ich war mäßig beeindruckt. Da redet jemand in einen leeren Raum hinein und kann die Hörer nicht sehen. Im Theater gibt es ja wenigstens Publikum und Reaktionen«, sagt sie. Letztendlich ließ sie sich zu einer Moderation überreden und war begeistert. Mittlerweile engagiert sie sich auch im Vor- stand von Antenne Bethel. »Das Tolle bei diesem Sender ist, dass auf die Neigungen und Wünsche der Menschen ganz stark eingegangen wird.« Wer beispielsweise wie Arne Wegner nur wenige kurze Sätze sprechen kann, be kommt eben nur wenige kurze Sätze zu lesen. Die werden vor der Sendung aufgezeichnet, zusammengeschnitten und von den Hörern als gelungener Wortbeitrag wahrgenommen. Immer noch Lampenfieber Antenne Bethel ist der Nachfolger des Krankenhausfunks Bielefeld, der 1968 in Bethel an den Start ging. »In den ersten Jahren gab es nur zwei Menschen mit Behinderungen, die beim Krankenhausfunk mitmachten. Eine davon war ich«, sagt Angelika Schneider, die noch heute mit Leidenschaft dabei ist. Ganz langsam und schonend habe sie sich damals in die Arbeit des Bethel-Radios eingearbeitet. Heute geht die 57-Jährige selbstbewusst mit dem Aufnahmegerät zu den Terminen und führt die Interviews alleine. Ihre Stimme ist regelmäßig bei Antenne zu hören. Ein bisschen Lampenfieber bei der Live-Übertragung habe sie aber immer noch, gesteht das Radio-Urgestein. Antenne Bethel ist ein inklusives Angebot. Dennis Arendt findet den Ausdruck »inklusiv« für sein Radio allerdings nicht passend. Dieses Etikett, so meint er, ver rate, dass Menschen mit Behinderungen dabei sind. »Dann wird genauer hingeguckt, wer ist denn der Behinderte, der oder die«, kritisiert er. Er selbst möchte nicht gefragt werden, zu welcher Gruppe er gehört. Tanja Krüger kann ihn verstehen. »Unser Blick ist ein anderer. Wir sind ein Sender der Vielfalt, bei dem sich jeder ausprobieren kann.« Und im Vordergrund steht die Freude daran, etwas gemeinsam auf die Beine zu stellen, oder wie Dennis Arendt sagt: »Radio machen ist einfach geil!« – Silja Harrsen – In Bethel ist Angelika Schneider eine Radio-Legende. 25 GMAV der Stiftung Bethel informiert Zwei von drei Beschäftigten in Bethel haben sich an der dritten Mitarbeitendenbefragung in den v. Bodelschwinghschen Stiftungen Bethel beteiligt. Das ist ein gutes Ergebnis. 69 % der Beschäftigten, die sich beteiligt haben, sind Frauen. Hier die Bewertung der Ergebnisse durch die »GMAV i. D. Stiftung Bethel«. Arbeitsbelastungen Die Antworten belegen belastende Arbeitsbedingungen und Abläufe. Insbesondere in der Arbeit im direkten Klientenbezug (Pflege, Betreuung, Erziehung) werden Arbeitsbelastungen und Arbeitsverdichtung offenbar sehr negativ empfunden und dementsprechend bewertet. Hier bilden sich auch jahrelanger Personalabbau und Veränderungen der Arbeitsinhalte und -organisation ab. Die Rückmeldung gibt Anlass zur Sorge: Inzwischen fühlt sich die Mehrzahl der Mitarbeiterinnen und Mitarbeiter erschöpft, ausgelaugt und insbesondere psychisch in ihrer Gesundheit belastet! Gleichzeitig haben prekäre Beschäftigungsbedingungen zugenommen, wie z. B. der Anteil befristet Beschäftigter in Bethel. Er hat seit 2004 um 67 % auf inzwischen etwa 18 % zugenommen, in einzelnen Bereichen ist der Anteil noch größer. Das Niveau der empfundenen Arbeitsbelastung ist insgesamt kritisch. Vier der fünf Fragen mit der schlechtesten Bewertung entstammen den Themenfeldern Arbeitsbelastung und Betriebliches Gesundheitsmanagement. Etwa die Hälfte der Befragten fühlt sich körperlich und/oder psychisch gesundheitlich beeinträchtigt. Eine bedenklich hohe Zahl von Mitarbeitenden beschäftigt sich häufig nach Feierabend mit Problemen am Arbeitsplatz. In allen Bereichen wird die Frage »Durch meine 26 Arbeit fühle ich mich oftmals ausgelaugt und erschöpft« sehr schlecht bewertet. Nur 29 % der Befragten antworten in Bethel, dass sie sich nicht ausgelaugt und erschöpft fühlen. Belastet fühlten sich die Befragten z. B. durch Zeitdruck oder die ständigen Arbeitsunterbrechungen. Nur 32 % der Belegschaft gibt in diesem Zusammenhang an, keine betrieblichen Angebote und Maßnahmen zur Gesundheits förderung zu benötigen. Bethel und die Tarife Auf den ersten Blick scheinen viele Mitarbeitende immer noch relativ zufrieden – vielleicht eher »bescheiden« – bezüglich ihrer Einkommenssituation zu sein. Die Haupterkenntnis ist jedoch, dass fast 60% nicht zufrieden mit ihrer Einkommenssituation sind. Dabei gibt es sehr große Unterschiede zwischen den einzelnen Stiftungsbereichen, die auch durch die unterschiedliche Arbeitsplatzsicherheit gekennzeichnet sind. Die inzwischen fast als Regelfall praktizierte befristete Beschäftigung mit unsicheren beruflichen und persönlichen Aussichten und die tarifliche Ungleichbehandlung in ein und derselben Arbeit wird sicherlich auch das Antwortverhalten (wohl nicht nur bei den jüngeren MA) geprägt haben. Und hier ergibt sich auch ein Brückenschlag zu den Fragen, welche strategischen wichtigen Themen Bethel bearbeiten sollte: Nach der Erwartung, das Unternehmen soll für neue Mitarbeitende attraktiver Arbeitgeber werden (57 %) und für sichere Arbeitsplätze sorgen (54 %), kommt an dritter Stelle (über 43 %) die Erwartung zum Ausdruck, das Unternehmen solle für das Prinzip »gleicher Lohn für gleiche Arbeit« stehen! Und damit ist nicht gemeint – für einen gleich niedrigeren Lohn. Das Thema Entwicklungsmöglichkeiten sowie die Information über und Teilnahmemöglichkeit an Fortbildungen werden ebenfalls kritisch bewertet. Die Befragung zeigt aber auch Gutes? Die Arbeit im originären Beruf und im Arbeitsfeld sowie die Zusammenarbeit im Team werden überwiegend gut bewertet. Viele Kolleginnen und Kollegen erleben darin eine Stärkung und Zusammenhalt. Auch die direkten Vorgesetzten – im Teamzusammenhang – werden positiv bewertet. Dabei darf jedoch nicht übersehen werden, dass sogenannte »weiche« Faktoren nicht so gut abschneiden: Mein/e Vorgesetzte/r informiert über Entwicklungen im Stiftungsbereich (61 % Zustimmung), er ist bereit, sich mit Kritik auseinanderzusetzen (62 %), oder er erkennt gute Leistungen lobend an (66 % Zustimmung) sind Beispiele dafür. Nach wie vor würden auch viele Mitarbeitende Bethel wieder als ihren Arbeitgeber auswählen. Die Frage »Ich kann mir gut vorstellen, dass ich auch in fünf bis zehn Jahren gesundheitlich in der Lage bin, meine derzeitige Arbeit auszuüben« wird trotz aller Belastungen von gut 63 % positiv beantwortet. Und vor allem: Die Idee und die Ziele Bethels finden nach wie vor hohen Zuspruch und bieten Identifikationsmöglichkeiten. Insbesondere die Antworten auf die Frage »Ich leiste mit meiner Arbeit einen wichtigen Beitrag für eine soziale und menschliche Gesellschaft« sind mit 85 % Zustimmung sehr hoch. Diese Zustimmungswerte sollten Auftrag für Vorstand und Geschäftsführungen sein, sich gesellschafts- und sozialpolitisch hörbarer einzumischen. RING-Magazin Trauer um Claudia Franke Claudia Franke starb am 3. Oktober im Alter von 53 Jahren. Sie arbeitete in Bethel seit 1991 und war zuletzt im Pflegeund Betreuungsdienst des Hauses Arche in BielefeldBethel tätig. Trauer um Detlef Abker Foto: Schulz Detlef Abker starb am 27. September im Alter von 51 Jahren. Der gelernte Krankenpfleger war seit 1987 im Ev. Krankenhaus Bielefeld tätig. In den letzten Wochen arbeitete er in der Belegungssteuerung. Trauer um Torsten Clarenbach Torsten Clarenbach starb am 20. September im Alter von 44 Jahren. Er arbeitete seit 2015 im Ev. Krankenhaus Bielefeld als Gesundheits- und Krankenpfleger im Anästhesie-Funktions bereich »OP-Abteilung«. Zum Angehörigentag 2016 im Stiftungsbereich Bethel.regional für die Region Bielefeld konnte Rolf Winkelmann (r.), Sprecher der Arbeitsgemeinschaft der Angehörigenvertretungen, auch Michael Conty begrüßen. Der Geschäftsführer von Bethel.regional informierte rund 140 Angehörige in der Neuen Schmiede über die anstehenden Veränderungen in Bielefeld in den nächsten Jahren. Anschließend gab es über die Perspektiven bis 2025 weitere Informationen in Arbeitsgruppen mit den vier Bielefelder Regionalleitungen. Trauer um Ursula Müller-Mischo Trauer um Karin Andrea Id Ursula Müller-Mischo starb am 19. September nach langer Krankheit im Alter von 59 Jahren. Sie war seit 1989 im Ev. Krankenhaus Bielefeld am Standort Johannesstift als Medizinisch-Technische Radiologieassistentin tätig. Karin Andrea Id starb nach schwerer Krankheit am 15. September im Alter von 58 Jahren. Sie war seit 2012 Hebamme im Ev. Krankenhaus Bielefeld, zunächst am Standort Johannesstift und ab 2015 in Gilead I. Gospelkonzert Zu einem Konzert des Unity Gospelchors aus Berlin-Pankow lädt der Freundeskreis des Diakonie-Hospizes Lichtenberg am 24. November ab 19 Uhr ein. Die Veranstaltung findet im Festsaal des Ev. Kranken hauses Königin Elisabeth Herzberge in der Herzbergstraße 79 in Berlin statt. 27 RING-Magazin Neue Schmiede Epilepsie-Kolloquium In der Filmreihe »Irrsinnig menschlich« zur seelischen Ge sundheit ist am 16. November im Kino CineMotion in Berlin der Dokumentarfilm »Plan B« aus dem Jahr 2015 zu sehen. Er stellt drei Frauen vor, die sich mit ihren psychischen Problemen auseinandersetzen, daran wachsen und anderen Mut geben, sich nicht unterkriegen zu lassen. Die Veranstaltung mit anschließendem Podiumsgespräch be ginnt um 17.30 Uhr in der Wartenberger Straße 174. Mitveranstalter ist das Ev. Krankenhaus Königin Elisabeth Herzberge. • Michael Fitz: »Liedermaching«, 4. November, 20 Uhr • Figurentheater Winter: Das Geheimnis der Orgel, 6. November, 16 Uhr (Kinderprogramm, Karten nur Neue Schmiede) • die feisten: Nussschüsselblues, 11. November, 20 Uhr • Frieda Braun: Sprechpause (Kultkabarett aus dem Sauerland), 25. November, 20 Uhr • Weihnachtliches Kaffeekonzert mit dem Shanty-Chor »Die Binnenschiffer«, 29. November, 14 Uhr (Anmeldung: Tel. 0521 144-3003) »Antiepileptogenese nach erworbener Hirnläsion« ist das Thema von Prof. Dr. Wolfgang Löscher im nächsten Epilepsie-Kolloquium in Berlin. Der Leiter des Instituts für Pharmakologie, Toxikologie und Pharmazie der Stiftung Tierärztliche Hochschule Hannover referiert am 23. November ab 17.30 Uhr in der Heinrich-BöllStiftung in der Schumannstraße 8. Das 90-minütige Kolloquium, ein Forum zur Diskussion neuer wissenschaftlicher Erkenntnisse, wird vom Epilepsie-Zentrum Berlin-Brandenburg mitveranstaltet. Foto: Semper Irrsinnig menschlich Beim »Empfang zum Erntedank« von Bethel im Norden Ende September in der Freistätter Kirche konnten die Geschäftsführer (v. r.) Pastor Christian Sundermann und Luise Turowski viele Gäste aus Politik, Wirtschaft und befreundeten Einrichtungen begrüßen, darunter auch (v. l.) Bethel-Vorstand Pastorin Dr. Johanna Will-Armstrong, Ulf Schmidt, stellvertretender Landrat des Landkreises Diepholz, Bethels Vorstandsvorsitzender Pastor Ulrich Pohl und Dr. Peter Szynka. Der Geschäftsführer des Evangelischen Fachverbandes Wohnung und Existenzsicherung e. V. der Diakonie in Niedersachsen hielt die Festrede zum Thema »Luther und die Bettler – Inspiration für das 21. Jahrhundert«. 28 RING-Magazin Fotos: Schulz Manege frei für die Schülerinnen und Schüler der Mamre-Patmos-Schule: Der Mitmachzirkus »Oskani« war zu Gast in BielefeldBethel und ermöglichte 130 Schülerinnen und Schülern den großen Auftritt. Drei Tage lang probten Kinder und Jugendliche mit und ohne Behinderungen Kunststücke aller Art. Bei zwei Vorstellungen im September zeigten die jungen Nachwuchsartisten dann dem begeisterten Publikum ihr Können: jonglieren mit Bällen und Tüchern, Feuer spucken, wie Tiger durch einen Reifen springen, auf dem Drahtseil balancieren, mutige Sprünge auf dem Trampolin wagen und Späße machen wie die Clowns. Nach der wochenlangen Vorfreude und Vorbereitung im Unterricht wurde der Besuch der Familie Oskani für die Mädchen und Jungen zu einem unvergesslichen Erlebnis. 29 Handgemachtes aus dem Koffer verkauften im Oktober 15 Ausstellerinnen und Aussteller im Betheler Seniorenzentrum Breipohls Hof in Bielefeld. Auf drei Etagen konnten die Besucherinnen und Besucher aus Tüchern und Schals, Kissen, Taschen für Rollatoren, Schmuck, Holzarbeiten oder auch Marmeladen auswählen. Ausstellerin Helga Dreher (M.) kam aus dem Seniorenzentrum selbst. Dort ist sie in der Kreativgruppe aktiv. Der Inhalt ihres Koffers gefiel auch Einrichtungsleiterin Birgit Michels-Rieß (r.) und Betreuungsassistentin Antje Pietsch. Foto: Reimann Foto: Elbracht RING-Magazin Das Lazarus-Haus in Bad Kösen mit Pflegeeinrichtung und Seniorenwohnanlage gibt es seit 20 Jahren. Den runden »Geburtstag« feierten Bewohnerinnen und Bewohner sowie Mitarbeitende im September mit vielen Gästen. Einrichtungsleiter Peter Ehrlich (2. v. r.) konnte zu dem festlichen Anlass unter anderen (v. l.) Pastorin Christin Ostritz von der Ev. Kirchengemeinde Bad Kösen, den Landrat im Burgenlandkreis Götz Ulrich, Lazarus-Diakonisse Schwester Christa Hübner, Ortsbürgermeister Holger Fritzsche, Bethels Vorstandsvorsitzenden Pastor Ulrich Pohl, die Landtagsabgeordnete Eva Feußner, Martin Wulff, Geschäftsführer der Hoffnungstaler Stiftung Lobetal, und Jens Fischer, Vorsitzender des Lazarus-Kuratoriums, begrüßen. Seit zehn Jahren gibt es im Lazarus-Haus auch einen Wohnbereich für demenzkranke Menschen. Für das kommende Jahr ist der Bau eines stationären Hospizes geplant. 30 RING-Magazin Kirchenmusik Foto: Elbracht Im November finden in der Zionskirche in Bielefeld-Bethel wieder besondere Veranstal tungen statt: Walter Kraus aus dem Haus Ebenezer in Bielefeld-Bethel feierte am 7. Oktober seinen 90. Geburtstag. Im Alter von drei Jahren kam er im August 1930 nach Bethel. Zunächst lebte er im Haus Patmos für Kinder mit sehr schweren Behinderungen und zog dann 1943 in das Haus Ebenezer, damals Neu-Ebenezer, um. Seinen großen Festtag feierte Walter Kraus nicht nur mit den 20 Bewohnerinnen und Bewohnern seiner Gruppe, auch ehemalige Mitarbeitende, die ihn noch kennen, waren eingeladen sowie frühere Bewohner aus dem Haus Patmos. Für den Musikliebhaber, der gerne noch selbst trommelt, war es auch eine gelungene Überraschung, dass der Posaunenchor für ihn spielte. • Kammermusik in Zion mit dem Trio Kontraste, 6. November, 17 Uhr • Kammermusik in Zion mit Musik von Hildegard von Bingen, Sofia Gubaidulina und Rebecca Clarke, 13. November, 17 Uhr • Gottesdienst am Buß- und Bettag mit dem Vokalen- semble der Kantorei Bethel, 16. November, 18 Uhr • Einführungsvortrag »Luther in Worms« zu dem Orato- rium von Ludwig Meinardus, 17. November, 19 Uhr • Tanz & Musik zum Ende des Kirchenjahres mit Musik von Johann Sebastian Bach, Philip Glass und Olivier Messiaen, 20. November, 16 und 18.30 Uhr (jeweils maximal 50 Personen, Eintritt frei, nur mit Reservierung unter [email protected]) • Lichterkirche – Einstimmung auf den Advent mit Chören der Zionsgemeinde, 26. November, 16 Uhr Foto: Schulz Palliativversorgung Der Geschäftsführer der Bereiche proWerk und Betriebe Bethel Erhard Kunert (r.) wurde Ende September in der Neuen Schmiede in Bielefeld-Bethel von Bethel-Vorstand Dr. Rainer Norden in den Ruhestand verabschiedet. Im Beisein der 120 Gäste dankte Dr. Norden dem 63-Jährigen für seinen langjährigen Einsatz in Bethel. Erhard Kunert hat im Bereich der Werkstätten für behinderte Menschen fast 30 Jahre gearbeitet, zunächst als Gruppenleiter und ab 2008 als Geschäftsführer. »Genetische Beratung – wann ist sie sinnvoll und kann weiter helfen?« Darüber informiert die Bielefelder Fachärztin für Humangenetik Priv.-Doz. Dr. Carmela Beger am 24. November im Kinder- und Jugendhospiz Bethel. Die Veranstaltung von 17 bis 19 Uhr im Remterweg 55 in Bielefeld-Bethel findet in der Ringvorlesung »Pädiatrische Palliativversorgung OWL« statt. 31 RING-Magazin LAN-Party Hospiz-Forum Lazarus Baubeginn in Herne Im Betheler PIKSL-Labor in Bielefeld in der Gadderbaumer Straße 29 findet am 11. November ab 16 Uhr eine LAN- und X-Box-Party statt. Für Essen und Getränke sowie einen Fahrdienst bei Bedarf ist gesorgt. Die Kostenbeteiligung beträgt 10 Euro. Für das Angebot zum gemeinsamen Computerspielen kooperiert die Neue Schmiede mit dem PIKSLLabor. Die Anmeldung ist unter Tel. 0521 144-5657 möglich. Über den »Digitalen Nachlass«, seine rechtliche Einordnung und Möglichkeiten der Vorsorge, informiert Notar-Assessor Dominik Hüren von der Bundesnotarkammer am 14. November ab 18 Uhr im Forum des LazarusHospizes in Berlin. Die 90-minütige Veranstaltung findet in der Bernauer Straße 115 –118 statt. Bethel baut in Herne eine Einrichtung für 24 Menschen mit seelischen Beeinträchtigungen. Mitte Oktober wurde auf dem Gelände der evangelischen Matthäus-Gemeinde in der Zeppelinstraße 1– 3 der Grundstein gelegt. Das Haus soll im Herbst 2017 bezugsfertig sein. Neben den 24 Plätzen wird es auch zwei Krisenplätze geben. Ein Tagungsraum und ein öffentlicher Bereich unterstützen die Einbindung in das Quartier. Das neue Gebäude wird direkt an das ehemalige denkmalgeschützte Pfarrhaus angebaut, das in die neue Einrichtung einbezogen wird. Für Bethel ist das Haus Zeppelinstraße das erste Projekt in Herne. Der Deutschlandfunk überträgt am 20. November von 10.05 bis 11 Uhr einen Radiogottesdienst aus dem Kinder- und Jugendhospiz Bethel in Bielefeld. Die Predigt hält die Betheler Pastorin Angela Kessler-Weinrich, Seelsorgerin im Ev. Krankenhaus Bielefeld. Foto: Schulz Das PIKSL Labor Bielefeld ist ein offener Treffpunkt für Menschen mit und ohne Behinderungen. Hier können die Besucherinnen und Besucher aktuelle Kommunikationsmedien kennen lernen, ausprobieren und nutzen. Gottesdienst aus Bethel In das Amt der Diakonin bzw. des Diakons wurden Ende September in der Zionskirche in BielefeldBethel 27 Schwestern und Brüder der Diakonischen Gemeinschaft Nazareth eingesegnet: Anne-Sophie Arndt, Tanja Austmeyer, Michael Biesewinkel, Franziska Buff, Hannah Darkow, Claudia Domke, Christian Götz, Nora Heilke, Matthias Knippenberg, Julia Kriens, Carolin Langer, Lena McDonald, Mirja Möhlmann, Judith Plum, Sebastian Radusch, Denise Reilmann, Lena Schäfer, Ann-Katrin Scheiding, Gesine Scheuer, Jonas Schmeißner, Katharina Schmidt, Magdalena Schröder, Waldemar Schröder, Katja Schwenker, Katrin Stojic, Vera Roxana Wienecke und Sofia Wittkowski. Die Einsegnung übernahmen im Auftrag der Ev. Kirche von Westfalen Landeskirchenrat Pastor Dr. Dieter Beese (l.), Bethel-Vorstand Pastorin Dr. Johanna Will-Armstrong (r.) und Diakon Wolfgang Roos-Pfeiffer (hintere Reihe, 6. v. r.), Ältester der Diakonischen Gemeinschaft Nazareth. 32 Foto: Reimann RING-Magazin Foto: Elbracht Ein farbenfroher Umzug war der Höhepunkt des Erntedankfestes Ende September in Lobetal. Vom Seniorenwohnpark Am Kirschberg ging es durch die ganze Ortschaft, wo sich zahlreiche Schaulustige ein gefunden hatten. Anschließend herrschte auf dem Dorfplatz Volksfestatmosphäre mit vielen Angeboten der Lobetaler Arbeitsbereiche sowie der Kirchengemeinde. Begonnen hatte das Fest mit einem Gottesdienst in der Kirche, wo zahlreiche Erntegaben den Altarraum füllten. Traditionell besuchten Kinder der Gemeinde am Vormittag alte Menschen in den Wohnstätten mit Gabenkörbchen und bereiteten ihnen mit Blumen und Gesang eine Freude. Der Erlös des Festes kommt Hilfsprojekten der Ukrainehilfe Lobetal zugute. Der Morgan-Club Deutschland veranstaltete sein jährliches Herbsttreffen in diesem Jahr in Bielefeld. Auf dem dreitägigen Programm für die Autoliebhaber stand auch ein Besuch in Bethel. Öffentlichkeits referent Tobias Borth (r.) stellte den Besitzern der englischen Sportflitzer Anfang Oktober die Arbeit Bethels in den verschiedenen Hilfefeldern vor. Die Organisatoren des Herbsttreffens bedankten sich mit einer Spende für das Betheler Hospiz »Haus Zuversicht«. 33 Mitarbeiterinnen und Mitarbeiter Geburtstag 97 Jahre: Diakon Herbert Kroll, Minden, am 7.11. – 94 Jahre: Diakon Hans Höner, Bielefeld, am 23.11. – 93 Jahre: Diakonisse Hanna Seehase, Haus Abendfrieden, am 27.11. – 90 Jahre: Diakon Jörg Scholz, Lobetal, 18.11. – 80 Jahre: Elfriede Euen, Bielefeld, am 3.11. – Diakonisse Anneliese Koninski, Haus Zeder, am 15.11. – Diakon Ernst Lohmann, Erwitte, am 16.11. – Gisela Schmidt, Lobetal, am 17.11. – Diakonische Schwester Irmgard Axt, Lippstadt, am 29.11. – 70 Jahre: Diakon Hans-Günter Iben, Bielefeld, am 12.11. Arbeitsplatzund Gemeinschaftsjubiläum 45 Jahre: Brigitte Vieth, EvKB, am 1.12. – 35 Jahre: Heinz Bolduan, proJob, am 1.12. – Heike Bories, SB Altenhilfe, am 1.12. – Sabine Prybylski, proWerk, am 2.12. – Bettina Mueller, Bethel.regional, am 15.12. – Wolfgang Hundert, proWerk, am 16.12. – Dirk Baum, Bethel.regional, am 19.12. – Frank Schimichowski, EvKB, am 31.12. – Hans-Gerald Schumacher, Diakonie Freistatt, am 31.12. 30 Jahre: Oliver Koch, EvKB, am 1.12. – Sabine Kugis, Bethel.regional, am 1.12. – Barbara Kütemeier, Bethel.regional, am 1.12. – Thomas Meyer, Zentraler Bereich, am 1.12. – Albrecht Stangier, Bethel.regional/ Zentraler Bereich, am 1.12. – Anette Sautter, EvKB, am 2.12. – Gesa Renziehausen, Birkenhof Altenhilfe, am 14.12. – Brigitte Hering, Bethel.regional, am 15.12. – Margarete Lemme, Mara, am 15.12. – Birgit Seifert, Bethel.regional, am 15.12. – Ruth Wilgotzki, Birkenhof Altenhilfe, am 22.12. – 25 Jahre: Kathy Brinkmann, EvKB, am 1.12. – Holger Goertzen, EvKB, am 1.12. – Martina Hart, Bethel.regional, am 1.12. – Miroslawa Kasprzak, EvKB, am 1.12. – Veronika Kuhmann, Bethel.regional, am 1.12. – Lutz Reimann, Verwaltung Lobetal, am 1.12. – Sabine Retz, Birkenhof Altenhilfe, am 1.12. – Kornelia Sommer, Diakonie Freistatt, am 1.12. – Andrea Wacker, Verwaltung Lobetal, am 1.12. – Dr. Beate Westerwelle, EvKB, am 1.12. – Simone Winkelmann, Bethel.regional, am 1.12. – Irmgard Quiering, Mara, am 3.12. – Martina Kramer, Birkenhof Jugendhilfe, am 4.12. – Anke Behnsen, Bethel.regional, am 11.12. – Klaus Aumann, Bethel. regional, am 15.12. – Petra Thöne, Bethel.regional, am 15.12. – Ingrid Sinning, Bethel.regional, am 16.12. – Jutta Fruend, proWerk, am 17.12. – Barbara GüntherSjongers, Bethel.regional, am 17.12. – Friedrich-Wilhelm Werneke, Bethel. regional, am 31.12. – 20 Jahre: Alexandra Blome, EvKB, am 1.12. – Cornelia Bode, EvKB, am 1.12. – Elisabeth Breitzke, Altenhilfe Eberswalde, am 1.12. – Anita Junker, SB Altenhilfe, am 1.12. – Marcell Lehnert, Bethel.regional, am 1.12. – Ulrich Meise, Bethel.regional, am 1.12. – Georg Schwamm, Bethel.regional, am 1.12. – Alfred Schramm, Schulen, am 5.12. – Diakonische Schwester Petra Winkler, Iserlohn, am 7.12. – Diakonische Schwester Sigrid Wittke-Ohlemeyer, Bielefeld, am 7.12. – Liljana Tileva, SB Altenhilfe, am 9.12. – Thomas Müller, Bethel.regional, am 18.12. Ruhestand Joachim Zipfel, Bethel.regional, zum 1.10. – Diakonisse Edith Strunk, Sarepta, zum 31.10. – Veronika Bayer, EvKB, zum 1.11. – Dragica Czimbal, Bethel.regional, zum 1.11. – Sabine Heckert, Bethel.regional, zum 1.12. – Petra Fuchs, Bethel.regional, zum 1.12. – Klaus Gottspenn, EvKB, zum 1.12. – Gerd Koppitsch, Bethel.regional, zum 1.12. – Josef Stoll, Bethel. regional, zum 1.12. – Christel Tönniges, EvKB, zum 1.12. Gestorben Karin Andrea Id, Bielefeld, 58 Jahre, am 15.9. – Ursula Müller-Mischo, Bielefeld, 59 Jahre, am 19.9. – Torsten Clarenbach, Bielefeld, 44 Jahre, am 20.9. – Diakonisse Lisa Lahmann, Bethel, 90 Jahre, am 22.9. – Detlef Abker, Bielefeld, 51 Jahre, am 27.9. – Claudia Franke, Bielefeld, 53 Jahre, am 3.10. – Barbara Steinmann, Bielefeld, 66 Jahre, am 4.10. – Diakonisse Ilse Poganaz, Bethel, 89 Jahre, am 17.10. 34 Namen Prof. Dr. Christian G. Bien, Chefarzt des Epilepsie-Zent rums Bethel, hat zusammen mit dem Fachbereich Psychologie II der Universität Bielefeld eine Förderung der Deutschen Forschungsgemeinschaft in Höhe von 340.000 Euro für drei Jahre erhalten. Erforscht werden die Auswirkungen von Schläfenlappen-Operationen auf die Emotionsverarbeitung bei EpilepsiePatienten. Diakonin Regine Buschmann aus dem Dankort Bethel hat den Vorsitz des Rates der Vereinten Evangelischen Mission (VEM) abgegeben. Seit 2008 war sie als »Moderatorin« Vorsitzende des Rates. Ihr Nachfolger ist der indonesische Theologe Willem T. P. Simarmata. Bethel ist eines von 37 Mitgliedern der VEM. Kolja Fach, Betheljahr-Teilnehmer bei Radio Antenne Bethel, hat im September erfolgreich an der Quiz-Show »Wer wird Millionär« von Günther Jauch teilgenommen und 4.000 Euro gewonnen. Die Einweihung der Kinderkrippe »Karlsson« der Betheler Birkenhof Jugendhilfe in Langenhagen feierten die Leiterin Sandra Struß und ihr neunköpfiges Team mit vielen Gästen im Oktober. Mit der bereits seit 2009 bestehenden Krippe Tomte gibt es jetzt am Reuterdamm 24 Plätze für Kinder im Alter von zwei Monaten bis zu drei Jahren. Rüdiger Scholz, Bereichsleiter der Kinder-, Jugend- und Familienhilfe in Bethel im Norden, ist als Experte zum Workshop »Erinnerungskultur« der Heimerziehung in West- und Ostdeutschland eingeladen worden. Im Auftrag des Bundesfamilienministeriums soll ein Abschlussbericht zu dem Themenfeld erarbeitet werden. Bücher Übrigens Reformation – die Idee wirkt Nicht weniger, sondern mehr Von Amsterdam über Bethel, Herrnhut, Riga und andere bis nach Uppsala oder Wittenberg und Zürich führt die interessante Reise auf den Spuren der Reformation, die jetzt als Buch von dem Journalisten und DiakonieFachmann Thomas Greif erschienen ist. »Die Reformation in Europa. Wo die protestantische Idee bis heute fortwirkt. 25 Ortstermine« lautet der komplette Titel. Der Autor hat dazu eine Reportageserie für evangelische Kirchzeitungen zu einem Buch erweitert, das mit Reportagen an historisch wichtige und bis heute bedeutsame Orte führt. Zu den 25 Artikeln gehört auch ein längerer Einblick in die Ortschaft Bethel in Bielefeld, die als der europäische Zentralort diakonischen Wirkens bezeichnet wird. Briefmarken, natürlich Bodelschwingh, Euthanasie und Widerstand, Werkstattarbeit und Bemännchen sind nur einige Stichworte, die vorkommen. Und es fehlt auch nicht die Legende von den Flachdächern auf vielen Bethel-Häusern, die am jüngsten Tag den Weg in den Himmel erleichtern sollen … oder die Geschichte des Torfbetts, das die Pflege vereinfachte. Und schließlich gibt es Stellungnahmen zur Frage, was protestantisch ist? »Allein aus Glauben, allein aus Gnade, allein Christus, allein die Heilige Schrift – das ist evangelisch«, antwortet zum Beispiel Michael Conty, Geschäftsführer des Stiftungsbereiches Bethel. regional. Geht das zusammen: Diakonische Identität stiften, in Pflege und Betreuung sowie Unterstützung »kultursensibel« sein, die eigene christliche Orientierung klar benennen, religiöse Vielfalt in der Mitarbeiterschaft, Kommunikation im interkulturellen Zusammenhang? Da sind Offenheit, Toleranz und noch besser Interesse am Anderen gefragt. – JUG – Thomas Greif: Die Reforma tion in Europa. 25 Ortstermine. Claudius Verlag. München 2016. 349 Seiten. 22 Euro. In Bethel gibt es zu diesem Themenkreis viel Interesse und ein deutliches Bewusstsein. Das drückt sich aktuell unter anderem in verschiedenen Veranstaltungen aus. Man versucht, sich schlau zu machen und Perspektiven zu entwickeln, aufeinander zuzugehen. Im Umgang zwischen Klienten, Nutzern, Patienten und Mitarbeitenden ist das nicht neu und nicht erst seit der Unterstützung von Flüchtlingen entstanden. Aber auch im Umgang der Mitarbeiterinnen und Mitarbeiter ist das eigentlich nicht neu. Bereits in den Sechziger- und Siebzigerjahren gab es viele koreanische Kolleginnen im westdeutschen Krankenhaus; genauso gehörten in Ostdeutschland schon früher viele Menschen, die aus Vietnam stammten, dazu. Trotzdem gilt es heute mehr denn je eine positive Haltung gegenüber der Vielfalt zu stärken. Dazu dient in Bethel nicht nur das Vorstandspapier »Kulturelle und religiöse Vielfalt« von 2014, sondern zum Beispiel auch der »Fachtag: Vielfalt willkommen«, der Anfang Oktober in der Neuen Schmiede für hauptund ehrenamtliche Mitarbeitende stattfand. Am Ende steht mehr für alle, nicht weniger, meint … – Götz Pförtner – 35 Foto: Kreutner NRW-Gesundheitsministerin Barbara Steffens besuchte Mitte Oktober das Pontanus-Carré im Paderborner Riemekeviertel. Dort interessierte sie sich besonders für ein stationäres Betheler Wohnangebot für 24 Menschen mit Behinderungen. Im Gespräch mit Bewohnern, wie dem 32-jährigen Tim Gildemeister, und den Mitarbeitenden machte sie sich ein Bild von der Arbeit und dem Leben in dem inklusiven Carré. Das Angebot erlaubt ein möglichst normales Leben in einem gewachsenen Stadtteil. Das Land NordrheinWestfalen fördert das Quartier Riemekeviertel im Rahmen des Projekts »Entwicklung altengerechter Quartiere in NRW«. In dem Viertel leben viele ältere Menschen, aber auch Kinder und Jugendliche und Menschen mit Beeinträchtigungen. Veranstaltungen bis 14.01. Galerie aNdereRSeitS im Lobetal-Eck, Bernau, Brauerstraße 9: Ausstellung »Von Superhelden und Monstern – Comic-Helden treffen auf Fabelwesen in Zeichnung, Malerei und Objekt« (freitags 14 –18 Uhr, samstags 11–17 Uhr) 01.11. Haus Salem, Bielefeld-Bethel, Bodelschwinghstraße 181: 18 Uhr, Gottesdienst zum Gedenken an Verstorbene in der Waldkapelle mit Pfarrerin Ute Weinmann 05. / 06.11 Hotel Lindenhof, Bielefeld-Bethel, Quellenhofweg 125: ab 12 Uhr, Martinsmarkt mit herbstlichen und vorweihnachtlichen Verkaufsständen (5.11. bis 19 Uhr, 6.11. bis 18 Uhr) 06.11. Moorkirche Freistatt: 16 Uhr, Konzert für zwei Clavichorde mit Eberhard Brünger und Lothar Düsterhus (Musik von Bach und Söhnen) 12.11. Künstlerhaus Lydda, Bielefeld-Bethel, Maraweg 15: 19 Uhr, Vernissage der Ausstellung »Gezeiten – Skulptur, Bild und Zeichnung« (bis 21.12. mittwochs bis freitags 15 – 18 Uhr, samstags 10 –13 Uhr) 02.– 04.12. Weihnachtsmarkt, Bielefeld-Eckardtsheim, Paracelsusweg: am 2.12. ab 16 Uhr, sonst ab 14 Uhr für die Ortschaften Bethel und Eckardtsheim Mo – Fr 13 – 14, 18 – 19 Uhr, Sa 16 Uhr, So 10 Uhr
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