Presseunterlage Biomasse Biogas

Presse und Internet
11. November 2016
Landwirtschaftskammer OÖ fordert Nachfolgeregelung für
Ökostromanlagen
Mit der Einführung des Ökostromgesetzes 2002 wurden erstmals österreichweit
einheitliche Bedingungen für die Förderung von Ökostromanlagen geschaffen.
Zahlreiche Biomasse- und Biogaskraftwerke wurden gebaut und produzierten
Ökostrom und Wärme. Die Verträge zur Ökostromeinspeisung beginnen nun
auszulaufen, ohne Nachfolgeregelung müssten die Anlagen stillgelegt werden.
„Die Landwirtschaftskammer Oberösterreich fordert eine rasche Nachfolgeregelung für
Biomassekraftwerke und Biogasanlagen, um den Betrieb weiterhin garantieren zu können.
Biomassekraftwerke sind ein wesentlicher Marktpartner für Energieholzsortimente und
spielen eine zentrale Rolle in der heimischen Energieversorgung. Hunderte
landwirtschaftliche Betriebe können mit einer Weiterführung der Biogasanlagen abgesichert
werden, sowohl die Betreiberfamilien, als auch Lieferanten. Zur Verlängerung der Laufzeit
müssen ausreichend finanzielle Mittel zur Verfügung gestellt werden, um die bereits lang
andauernde Unsicherheit endlich zu beseitigen“, fordert Landwirtschaftskammer-Präsident
ÖR Ing. Franz Reisecker.
Die Folgen des Klimawandels sind bereits jetzt deutlich spürbar und werden sich zukünftig
noch deutlicher bemerkbar machen. Zur Begrenzung der globalen Erwärmung muss rasch
gehandelt werden. „Vor kurzem wurde das Klimaabkommen von Paris beschlossen, in dem
man sich darauf einigte, dass die globale Erwärmung auf unter zwei Grad Celsius gedrosselt
werden soll. Dieses Abkommen wurde mittlerweile von vielen Staaten – neben Österreich
beispielsweise auch von China und den USA – ratifiziert. Dass nun in Österreich
funktionierende Biomassekraftwerke nach nur 13 Jahren Laufzeit stillgelegt werden könnten,
steht in starkem Widerspruch zu den Zielen des Klimaabkommens“, betont Reisecker.
Biomasse ist zentraler Bestandteil der oberösterreichischen Energiezukunft
Nach der Einführung des Ökostromgesetzes im Jahr 2002 wurden österreichweit 129
Biomassekraftwerke gebaut, die gleichmäßig Ökostrom in die heimischen Stromnetze
einspeisen. Durch einen gestützten Einspeisetarif konnte Strom aus heimischer Biomasse
für etwa 500.000 Haushalte produziert werden, zusätzlich wird Wärme, meist für
Fernwärmenetze, erzeugt.
Während es in Oberösterreich rund 300 Biomasseheizkraftwerke gibt, die von den
momentan bestehenden tariflichen Unsicherheiten nicht betroffen sind, produzieren derzeit
elf Biomasse-Kraft-Wärme-Kopplungs-Anlagen (KWK-Anlagen) auf Basis von Hackgut
Wärme und Strom. Diese verfügen über einen Abnahmevertrag zum Ökostromtarif. Die
meisten KWK-Anlagen wurden in den Jahren 2005 bis 2007 gebaut, darunter auch die
beiden großen Anlagen der Energie AG in Timelkam und der Linz AG in Linz.
Die Verträge für diese Kraftwerke wurden auf 13 Jahre abgeschlossen und beginnen nun
auszulaufen. Ohne Nachfolgeregelung müssen diese Kraftwerke den Betrieb einstellen,
obwohl sie noch in einem guten technischen Zustand sind. Es besteht zwar grundsätzlich die
Möglichkeit eines Nachfolgetarifes für weitere sieben Jahre, allerdings stehen nur Mittel für
wenige Anlagen zur Verfügung.
Viele dieser Anlagen müssen daher aufgrund der fehlenden Wirtschaftlichkeit ohne
Einspeisetarif den Betrieb voraussichtlich einstellen beziehungsweise die Laufzeiten stark
reduzieren. In Oberösterreich werden derzeit in diesen Anlagen ca. 490.000 Festmeter
Biomasse verbraucht, österreichweit sind es über 4,5 Millionen Festmeter Biomasse.
Biomassekraftwerke: wichtig für die Verwertung minderer Holzqualitäten
Für tausende Landwirte sind die Biomasse-Kraftwerke ein wichtiger Abnehmer für
Waldhackgut. Schadereignisse wie Borkenkäferbefall oder Eschensterben bringen große
Holzmengen auf den Markt, Biomassekraftwerke als Großabnehmer sind eine wichtiges
Ventil dafür, Druck vom Markt zu nehmen. „Werden die Laufzeiten für die BiomasseKraftwerke nicht verlängert, ist davon auszugehen, dass in Oberösterreich etwa 265.000
Festmeter Waldhackgut in Zukunft nicht mehr verbraucht werden und somit zusätzlich auf
den Markt kommen“, erläutert Reisecker.
Wie viel Biomasse österreichweit insgesamt aufgrund der gegebenen Entwicklungen auf den
Markt kommt, kann schwer abgeschätzt werden, könnte sich aber in Richtung zwei Millionen
Festmeter bewegen. Dieses zusätzliche Angebot wird deutlich auf die Biomassepreise und
die Preise für Schleif- und Faserholz drücken. Schlechte Hackgutqualitäten werden am Markt
nur mehr schwer unterzubringen sein. Ein gewisser Teil der besseren Biomassequalitäten
wird von der Papier- und Plattenindustrie aufgenommen werden, dennoch ist ein deutliches
Überangebot zu erwarten.
2/5
„Im schlechtesten Fall könnte die Situation dazu führen, dass ein großer Teil der KWKAnlagen den Betrieb einstellen wird. Eine Regelung im Zuge einer Überarbeitung bzw.
Neugestaltung des Ökostromgesetzes ist wichtig, um effiziente Anlagen länger in Betrieb
halten und somit die Situation am Biomassemarkt etwas entschärfen zu können“, fordert
Reisecker.
Die Stilllegung von Biogasanlagen bedroht viele Betriebe in der Landwirtschaft
Das Auslaufen des Ökostromgesetzes bedroht auch den Betrieb von Biogasanlagen. Die
Anlagenzahl und die installierte Leistung bei Biogasanlagen wuchsen zwischen Anfang 2003
und Ende 2007 stark an. Über 200 Biogasanlagen, davon 42 in Oberösterreich, wurden in
diesem Zeitraum in Betrieb genommen. Nun steht die im Ökostromgesetz festgeschriebene
Tariflaufzeit wie bei den Biomassekraftwerken ebenso vor dem Auslaufen. Ein weiterer
Betrieb dieser Anlagen ist ohne Nachfolgetarife nicht möglich.
Die meisten Anlagen haben noch viel Fremdkapital offen, eine Verlängerung der Laufzeit ist
erforderlich, um die Substanz der betroffenen ca. 100 oberösterreichischen
landwirtschaftlichen Eigentümer nicht zu gefährden. „Fast alle Biogasanlagen-Betreiber
mussten die Kredite zur Anlagenerrichtung mit ihren Höfen besichern und würden bei der
Beendigung der Laufzeit vor einem enormen Schuldenberg stehen“, so Reisecker.
„Für die Einspeisung von Ökostrom aus Biomassekraftwerken und Biogasanlagen braucht es rasch neue Tarif-Regelungen,
um diese Anlagen weiterführen zu können“, fordert Landwirtschaftskammer-Präsident Präsident Franz Reisecker.
Bildnachweis: Biomasseverband OÖ/Herbert Köppl, Abdruck honorarfrei
3/5
Mag. (FH) Gerhard Uttenthaller, Berater Bioenergie in der Landwirtschaftskammer OÖ
Wirtschaftlich prekäre Situation bei den Biogasanlagen
Auch die Biogasanlagen sind mit auslaufenden Verträgen konfrontiert, dadurch würden
Ökostromanlagen auf Basis von Biogas keine zusätzlichen Finanzierungsmittel mehr
erhalten und eine Vielzahl der Anlagenbetreiber steht vor dem Aus. Nur die Umsetzung des
Regierungsabkommens zur Schaffung entsprechender Nachfolgetarife gemäß § 17
Ökostromgesetz 2012 sowie – alternativ dazu – eine Technologieabfindung kann eine
Lösung bringen.
Zum Zeitpunkt der Errichtung der Biogasanlagen waren die Preise für Mais und Getreide im
Keller und die Marktpreise von Strom bei etwa acht Cent pro Kilowattstunde. Man ging
damals von steigenden Strompreisen bei steigendem Stromverbrauch aus – der Marktpreis
sollte innerhalb der 13-jährigen Tariflaufzeit höher als die damals festgelegten
Einspeisetarife werden. Momentan sind die Strompreise allerdings niedrig und die
Einspeisung von Ökostrom aus Biogasanlagen rechnet sich zum Marktpreis nicht.
Die derzeit diskutierten finanziellen Mittel für eine Nachfolgeregelung reichen bei weitem
nicht für einen gesicherten Weiterbetrieb der Anlagen aus. „Es bedürfte einer Summe von
ca. 55 Millionen Euro aufgeteilt auf fünf Jahre, Diskutiert wird nicht einmal die Hälfte. Es ist
mit einer langen Warteliste zu rechnen“, erläutert Mag. (FH) Gerhard Uttenthaller, Bioenergie
Referent in der Landwirtschaftskammer OÖ.
Für viele Anlagen ergibt sich eine teilweise jahrelange Wartezeit, in der diese praktisch
abgestellt werden müssen. In dieser Wartezeit müssen die Anlagen betriebsbereit gehalten
werden und schließlich wieder hochfahren. Es fallen hohe Fixkosten an (Bedienung von
Fremdkapital), es wird aber nichts erwirtschaftet. Darüber hinaus sind viele Anlagen
vertraglich verpflichtet, ihre Wärmekunden zu bedienen. Eine Situation, die wirtschaftlich
praktisch nicht zu überleben ist.
Die Biogasanlagen in anderen Bundesländern
sind aufgrund einfacherer
Genehmigungsverfahren früher in Betrieb gegangen. Da der Nachfolgetarif maximal ein Jahr
vor Auslaufen des Vertrages beantragt werden kann, ist zu erwarten, dass das gesamte
Volumen durch Anlagen aus anderen Bundesländern ausgeschöpft wird. Oberösterreich fällt
daher weitgehend „durch den Rost“.
Nicht nur die die zu geringen finanziellen Mittel bringen ein großes Problem mit sich. Auch
die seit langem bestehende Unsicherheit ist für die ca. 100 Anlagenbetreiber der 42 Anlagen
4/5
und die rund 250 Rohstoff-Lieferanten untragbar. Bei vielen Biogasanlagen stehen dringende
Ersatzinvestitionen, beispielsweise in das Blockheizkraftwerk, an. Hunderte Landwirte
produzieren auf ihren Flächen Substrate für die Biogasanlagen. Ohne Gewissheit, ob die
Anlagen weiterbetrieben werden können, ist eine Fruchtfolgeplanung kaum möglich. Im
kommenden Jahr könnten manche Biogasanlagen viel zu wenig Rohstoff zur Verfügung
haben, wenn Lieferanten ob der Situation Marktfrüchte anstatt Biogassubstrat produzieren.
„Es ist nicht sinnvoll, funktionierende Ökostrom-Anlagen stillzulegen“, ist Präsident ÖR Ing. Franz Reisecker (r.)
überzeugt, hier am Bild mit Bioenergie-Berater Mag. Gerhard Uttenthaller.
Bildnachweis: LK OÖ, Abdruck honorarfrei
Kontakt für Rückfragen: Mag. (FH) Gerhard Uttenthaller, Bioenergie-Referent LK OÖ,
Tel +43 50 6902-1233, [email protected]
Kontakt Öffentlichkeitsarbeit: Mag. Elisabeth Frei-Ollmann,
Tel +43 50 6902-1591, [email protected]
5/5