Predigt 32.So iJK 2016_06112016

Gedanken zum SonntagsEvangelium
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32. Sonntag im Jahreskreis (LJ C)
6. November 2016
Biblische Texte:
2 Makk 7,1-2.7a.9-14 / 2 Thess 2,16-3,5
Lk 20,27-38
Der Tod hat das vorletzte Wort
November. Der Totenmonat. Dunkle Jahreszeit - die roten Laternen
leuchten über den Gräbern auf unseren Friedhöfen. Überall ein
vertrautes Bild. Das Licht soll sagen: Der Tod hat nicht das letzte Wort.
Nur das vorletzte! Doch was kommt danach? Wie dürfen wir uns das
"danach" vorstellen? Werden wir unseren Angehörigen begegnen? Bei
einer Beerdigung erzählte mir der Sohn des Verstorbenen, dass man zu
Lebzeiten immer damit gescherzt habe, man treffe sich später wieder
auf "Wolke 7" - ein Bild dafür, dass dann alle wieder vereint seien.
Aber: Wird das auch wirklich so sein?
Jesus bringt uns im Evangelium dieses Sonntags zum Zweifeln. Gelten
die verwandtschaftlichen Beziehungen noch? Ist man im Himmel noch
verheiratet? Anscheinend war es für die Menschen damals wichtig, das
zu fragen. Doch entscheidender ist die Frage: Glauben wir an einen
Gott der Toten - und Christsein ist Totenkult? Oder glauben wir an
einen Gott des Lebens und feiern wir auch das Leben? Die Festfarbe
des Todes sollte weiß, gelb und gold sein, nicht schwarz oder violett!
Der große Dichter Johann Wolfgang Goethe schrieb einmal: „Es gehört
zu den traurigsten Bedingungen, unter denen wir leiden, uns nicht
allein durch den Tod, sondern auch durch das Leben von denen
getrennt zu sehen, die wir am meisten schätzen und lieben und deren
Mitwirkung uns am besten fördern könnte.“
In der Tat! Wenn es zu spät ist, wenn jemand verstorben ist, dann
spüren wir den Verlust, dann klagen wir und sagen „Hätte ich doch,
wären wir nur, warum haben wir nicht…“ - Doch das ist vergebliche
Liebensmüh!
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Gedanken zum SonntagsEvangelium
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Entscheidend ist doch, dass wir zu Lebzeiten den Menschen, denen wir
verbunden sind, gut und wahrhaftig begegnen, damit wir uns
angesichts des Todes keine Vorwürfe zu machen brauchen!
Wenn daher Jesus betont, dass unser Gott nicht ein Gott der Toten ist,
auch nicht ein Gott der Vergangenheit (dafür stehen Abraham, Isaak
und Jakob), sondern ein Gott des Lebens, dann hat das große
Auswirkungen auf unsere Lebensführung, auf die GEGENWART. Dann
muss unser Ziel sein, dass wir unser Leben jetzt mit Freude am Dasein
gestalten! Was heißt das konkret?
Es bedeutet zum Einen, dass ich mein Leben, so wie es mir geschenkt
ist, bejahe, selbst in Krisen, in Krankheit, in der Enttäuschung. Es
bedeutet aber vor allem, dass ich vom Endpunkt her einmal denke und
mich frage: Wie will ich gelebt haben? Eine gute Übung dazu könnte
sein, eine Art „Überschrift“ über dem eigenen Grabstein zu suchen,
oder den Text für die Parte zu schreiben. Vielleicht klingt es makaber,
aber es geht ja darum, ernsthaft der Frage nachzugehen: Was macht
mein Leben JETZT kostbar, wertvoll? Wozu bin ich da?
Doch von Bedeutung ist letztlich die Frage, wie Gott mich und mein
Leben sieht! Jesus sagt im Evangelium, dass wir den „Engeln gleich“
sein werden und zu „Söhnen Gottes“ - respektive „Töchtern“ - werden.
Für uns als Christen ist das ein entscheidendes Faktum: Bin ich einfach
nur ein materielles Biosystem mit Ablaufdatum oder Geschöpf Gottes
mit der einmaligen Chance über sich und sein Dasein nachdenken zu
dürfen, selbst wenn manche Fragen, die wir stellen, einfach nur an der
Oberfläche unserer Existenz kratzen. Gott sieht dich und mich - uns
Menschen - als sein Ebenbild. Wenn dieser Gott aber kein „toter Gott“
ist, sondern lebendiges Prinzip allen Daseins, dann bleiben auch wir
lebendig, selbst wenn unser Leib verwest. Lebendig - in der Erinnerung
derer, die uns geliebt haben. Lebendig auch in seiner Erinnerung.
Es gilt das gesprochene Wort.
(c) 2016 P. Jeremias Müller
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