Magazin Z - Neue Zürcher Zeitung

DIE SUBSTANZ DES STILS
Accessoires 2016
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20
24
28
ZUTAT BAUMNUSS
ZU TISCH PEGGY GUGGENHEIM
STADT-DESTILLAT SA IN T-OUEN (PA RIS)
ROUND TABLE NICH T OHNE MEINE SEL F IES
PRODUKTE F EINE BRIL LEN
MANUFAKTUR M A ISON CAUSSE
IM GESPRÄCH AURÉLIE BIDERM A NN
IM PORTRÄT OLE LY NGG A A RD COPENH AGEN
Begehrte Raritäten
Sportlicher Chic
DIE BRIL L E N, TA SCHE N UND SCHMUC K S T ÜC K E
DE R S A ISON W E R DE N DE Z E N T EINGE SE T Z T,
FA L L E N DE S W EGE N A BE R NICH T W E NIGE R AUF
Seite 3 0
WA S E INS T T E NNIS SPIE L E R N VOR BE H A LT E N
WA R , IS T NUN IN DE R L U X USMODE
A NGE L A NG T: DE R T UR NS CHUH
Seite 4 6
NOVEMBER 2016
52
54
57
61
COCO CRUSH
RINGE IN WEISSGOLD UND GELBGOLD MIT DIAMANTEN
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Z
ZEUG
9
Voll fett
W E R N A C H W E I T E R E N M Ö G L I C H K E I T E N S U C H T, S E IN E R P E R S Ö N L I C H K E I T A U S D R U C K Z U V E R L E IH E N , D E R Ü B T S I C H
I M W U R S T E N . E H R E U N D R E S P E K T G E B Ü H R T A L L E N , DI E S O G A R A B O N N E N T E N F IN D E N F Ü R IH R E K R E AT I O N E N
Tex t O L I V E R S C H M U K I
N OC H
MEHR
WÜRSTE
Sausageplus.ch: «Marokko»
verströmt den Geschmack
von Tandoori, «Thüringen»
den von jungem Lauch.
Metzgerei Keller, Zürich:
Der Betrieb schnetzelt
nach eigener Aussage seit
1934 – seine «Wiedikerli»
sind schon lange Kult.
Curry Queen: Im Buch
findet man die Rezepte,
im Hamburger Edel­Imbiss
die Wurstgerichte selbst.
F o t o J O N A S M A R GU E T
Von vorgestern, wer Gästen nicht Kaffee aus selbst­
gemahlenen Bohnen serviert, bezogen bei der
Rösterei mit der heimischen Postleitzahl. Hinterm
Mond, wer weniger als vier Einweckgläser mit Kim­
chi in verschiedenen Reifestadien in seinem Keller
stehen hat. Und nicht ganz up to speed, wer sich nicht
periodisch mit Freunden zum Wursten verabredet.
Bei der Wahl der Ingredienzen verfahren Sie
wie beim Brauen Ihres hauseigenen Craft­Biers: In
die Schweinskrausen und Schafsaiten (Kunstdärme
sind ein No­Go) kommt, was frisch ist und harmo­
Das Pure
niert. Inspiration findet man bei einem Mahl in der
angesagten «Wurstküche» in Downtown L. A. oder
im Buch «Wurstwerkstatt» von Stefan Wiesner aus
Escholzmatt. Oder aber man abonniert das Wurst­
Abo von «Das Pure» in Wetzikon, wo jeden Monat
eine Wurst kreiert wird. Dieses 160-Gramm­Pracht­
exemplar wurde schlachtwarm verarbeitet und
enthält geräucherten Speck, Stücke des seltenen
Usterapfels, viel Salbei und eine Handvoll Gewürze.
Wurst-Abo (ab 333 Fr. im Jahr), von Das Pure
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Z
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ACCESSOIRES
INHALT
Seite 57, Stadt-Destillat:
Saint-Ouen (Paris).
2 8 — IM P OR T R ÄT
Drei Generationen
Beim Schmuckproduzenten Ole Lynggaard
Copenhagen ist die ganze Familie involviert
Seite 30, Im Bilde: Accessoires
für kalte und warme Tage.
3 0 — IM BIL DE
Moderne Klassiker
Dank speziellen Formen und Materialien
werden Accessoires zu Sammlerobjekten
Seite 30, Im Bilde: Dezent,
aber nicht ohne Effekt.
5 2 — Z U TAT
Baumnuss
Baumnüsse erinnern nicht nur optisch an ein
Gehirn, sie gelten auch als leistungsfördernd
5 4 — Z U T ISCH
Peggy Guggenheim
Die amerikanische Galeristin und Sammlerin
liebte die Kunst ebenso wie die Künstler
ZEITGEIST
12 — NEUE S AUS DER SCH W EIZ
14 — NEUE S AUS DER W ELT
17— PRODUK T E
18 — SCHÖNHEI T
Seite 46, Zenit: Der
Turnschuh als Luxusprodukt.
2 0 — M A NUFA K T UR
ZUGABE
5 7— S TA DT-DE S T IL L AT
6 0 — IMPRE SSUM / BE ZUGSQ UEL L EN
6 1— ROUND TA BL E
6 2 — Z I TAT
Edle Häute
Im südfranzösischen Städtchen Millau
fertigt die Maison Causse seit mehr als hundert
Jahren hochwertige Lederhandschuhe
2 4 — IM GE SP R ÄCH
Aurélie Bidermann
FOTOS: HEIKO DREHER, PATRICIA ENGELHORN, KARIM SADLI, DOUGLAS MANDRY, PD
Die französische Gestalterin über den Pariser
Stil, Männerschmuck und kreative Vorbilder
ZÄSUR
3 1— DA NIEL UND M A RK US F REI TAG
3 2 — DAV ID S T REIF F COR T I / RICH A RD K ÄGI
3 3 — BICE CURIGER / BA RBA R A V INK EN
3 4 — SA R A H IL L ENBERGER
4 6 — Z E NI T
Auf lauten Sohlen
Vom Stadion auf den roten Teppich – Sneakers
sind aus der Mode nicht mehr wegzudenken
Seite 24, Im Gespräch:
Die Schmuckdesignerin
Aurélie Bidermann.
Seite 17, Produkte: Auf die
grossen Nerd-Brillen folgen nun
solche mit feinen Fassungen.
November 2016
12
Z
ZEITGEIST
NEUES AUS DER SCH W EIZ
DESIGN
SHOPPING
Entschlackter Alltag
Männer-Globus
Löwenstrasse 37, Zürich
Dick auftragen, verzieren, überladen
oder stilisieren ist seine Sache nicht.
Fabian Schwaerzler ist bekannt für
geradlinige, reduzierte Entwürfe. Der
Berner Designer mit eigenem Studio
in Zürich schafft es bisweilen sogar,
unsere Sinne zu täuschen, so dünn
sind seine Stuhlbeine und so filigran
Rückenlehnen oder Tischplatten. Für
den «Normal Chair» hat Schwaerzler
mit Dadadum zusammengearbeitet.
Bei der Schweizer Möbelmarke darf es
durchaus auch etwas massiver werden
– was die formale Sprache und Qualität anbelangt, so teilt man jedoch die
Ansichten des Designers. (das.)
Concierge-Service, Schuhbibliothek,
Shirt-Bar, Barber-Shop, ein HemdenKonfigurator, ein maskulines InteriorKonzept – die drei Etagen der HerrenGlobus-Filiale am Zürcher Löwenplatz
präsentieren sich nach dem Umbau
als Tummelplatz schlechthin für den
modernen gepflegten Mann. (ols.)
Altehrwürdiges Haus, modernes
Spa: Hotel Waldhaus, Sils.
herrenglobus.ch
UHR
Déjà-vu
BEAUTY
dadadum.com
Hotel Waldhaus
Via da Fex 3, Sils Maria (GR)
«Normal Chair» (285 Fr.), von
Fabian Schwaerzler für Dadadum.
Armbanduhr «Polo S», Edelstahl
(10 500 Fr.), von Piaget.
Was Charme und Grandezza anbelangt, können wenige Hotels mit dem
«Waldhaus» in Sils Maria mithalten.
Nun hat das Traditionshaus auch in
einem Bereich aufgeholt, in dem der
Begriff altehrwürdig nicht nur positiv
besetzt ist. Im Dezember eröffnet man
im Engadin ein grosszügiges Spa, das
architektonisch ebenso überzeugt wie
punkto Wellness-Angebot. (das.)
Auf Mann getrimmt: Herren-Globus.
HOTEL
waldhaus-sils.ch
Als Piaget die Uhr «Polo S» enthüllte,
kam dies einem doppelten Paukenschlag gleich. Sind die Einstiegspreise
für Uhren der Marke aus La Côteaux-Fées sonst um Tausende Franken
höher, überschreitet man mit dem
Verkaufspreis der «Polo S» nur knapp
die 10 000-Franken-Schallgrenze. Die
Drei-Zeiger-Uhr aus Edelstahl mit
Datum und 42-mm-Durchmesser verfügt über ein Manufakturwerk mit
Selbstaufzug. Schön gemacht ist sie
auch – selbst wenn sie in puncto Form
und Zifferblatt an einen Klassiker von
Patek Philippe erinnert. Verziehen,
wäre doch für das 40 Jahre ältere Vorbild der vierfache Preis fällig. (fzo.)
piaget.com
Anpassungsfähig
La Tureta
Die Wahl des richtigen Sofas ist oft
kein einfaches Unterfangen: schlanke
Silhouette oder grosser Sitzkomfort?
Hübscher Stoff- oder pflegeleichter
Lederbezug? Ausladende oder einladende Dimensionen? Und steht ein
Wohnungswechsel bevor, wird alles
wieder über den Haufen geworfen.
Das junge Berliner Unternehmen
Sitzfeldt begegnet Problemen dieser
Art mit modularen Entwürfen, derzeit
mit der ebenso flexiblen wie formschönen Kollektion «Fila» des Schweizer Designers Jörg Boner. (das.)
MODE
Piazza Grande 43, Giubiasco (TI)
Die Gastgeber Bettina und Renato
Doninelli haben sich mit der Renovation dieses Gebäudes aus dem 17. Jahrhundert einen Traum erfüllt. Ihr «La
Tureta» mit 31 hellen und ruhigen Zimmern liegt am Dorfplatz von Giubiasco,
ist gleichzeitig aber nur wenige Minuten vom Zentrum von Bellinzona entfernt. Gäste, die herkommen, schalten
einen Gang herunter, unternehmen
Bike-Ausflüge – oder verlängern vor
der Heimkehr und vor dem Gotthard
ihre Ferien noch ein klein wenig. Doppelzimmer gibt es ab 180 Franken. (ols.)
Zürcher High End
sitzfeldt.com
Leder-Bustier (520 Fr.), von Yvy.
RESTAURANT
Gustav
Gustav-Gull-Platz 5, Zürich
Stilvolles Tafeln im «Gustav».
Die High-End-Lederkreationen von
Yvy entstehen in einem Atelier nahe
der Zürcher Langstrasse. Hier entwirft
die Designerin Yvonne Reichmuth
Hand- und Halsschmuck, CorsagenGürtel, Bustiers, Harnische und neuerdings auch Handtaschen aus bestem
italienischem Leder. Stars wie Monica
Bellucci, Ciara, Kylie Jenner oder
Gwen Stefani sind bereits Fans. (ban.)
Sofa-Kollektion «Fila», von
Jörg Boner für Sitzfeldt.
yvy.ch
Der Spitzenkoch Antonio Colaianni
sorgt im Restaurant Gustav an der
Europaallee souverän für Highlights,
egal ob mittags mit einem Lunch (zwei
Gänge, 41 Fr.) oder am Abend (drei
Gänge, 85 Fr.). Die Karte des mit
16 Gault-Millau-Punkten bewerteten
Lokals ist spannend, das Weinsortiment europäisch. Nicht verpassen
sollte man die Bouillabaisse. (kep.)
Vier Sterne und ein historisches
Ambiente bietet «La Tureta».
November 2016
gustav-zuerich.ch
FOTOS: PD
latureta.ch
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Z
ZEITGEIST
NEUES AUS DER W ELT
WOHNEN
SHOPPING
Schlüpfende Schildkröten
Mayaro
20, rue Amélie, Paris
«Tramezza»-Schuh (ab 890 Fr.),
von Salvatore Ferragamo.
ACCESSOIRES
Lederkissen für die Füsse
Auf den Namen ihres Labels kamen
Johanna Schulze-Smidt und Catharina Mende, als sie 2014 in Bohicket
Creek, einer Bucht in South Carolina,
schlüpfende Wasserschildkröten beobachteten. Seither stellen die beiden
Berlinerinnen hochwertige Decken
und Accessoires her, die wunderbar
leicht und kuschelig sind. Für die gewobenen oder gestrickten Plaids und
Kissen wird Kid-Mohair von jungen
Ziegen aus Südafrika mit Seide oder
feiner Merinowolle veredelt. (ban.)
Bildband «Fendi Roma»
(etwa 200 Fr.), von Assouline.
BUCH
Ausgerechnet im verschlafenen siebten Arrondissement von Paris liegt der
neue Männer-Concept-Store Mayaro.
Dabei hat Inhaberin Eloïse Gilles den
Standort mit Kalkül gewählt: Ihr Sortiment besteht aus Produkten von Herstellern, die auf traditionelle Machart
setzen. Und solche gibt das Quartier
zur Genüge her, wie die Holzmöbel,
Ledersättel und handgefertigten Stiefel beweisen, die sie anbietet. (ban.)
Tanti auguri, Fendi
mayaro.fr
Die exquisiten Herrenschuhe aus der
«Tramezza»-Linie von Salvatore Ferragamo sind nach ihrer aufwendigen
Machart benannt: Eine massive, flexible Lederschicht wird wie ein Kissen
zwischen Innen- und Aussensohle
eingeklemmt. Die Technik garantiert
Komfort und eine dauerhafte Form.
Neu gibt es für die edlen Modelle auch
einen Customizing-Service. (kid.)
Designer Karl Lagerfeld konzentrierte
sich in seiner Herbstkollektion für
Fendi auf aufwendige Handwerkskunst und verspielte Details, sprich:
auf die Eigenschaften, auf die sich
das italienische Modehaus bereits seit
neunzig Jahren besinnt. Zum runden
Geburtstag präsentiert der AssoulineVerlag einen 272-seitigen Bildband,
der die Firmengeschichte zwischen
Innovation und Tradition zeigt. (ban.)
bohicket.de
ferragamo.com
assouline.com
SCHMUCK
Seventies für die Piste
Die neuen Sonnenbrillen von Moncler
sind inspiriert von den klassischen
Ski- und Gletscherbrillen der siebziger
Jahre. Klar, dass da zwei Modelle –
nämlich die ML0003 und ML0004
(auf dem Bild) – mit abnehmbarem
Schnee- und Windschutz aus Leder
ausgestattet wurden. Was für den perfekten Retro-Look sorgt. Das passt zu
einer Firma, die bereits 1952 im französischen Grenoble gegründet wurde
und heute ihren Firmensitz in Italien
hat. Bekannt geworden ist Moncler
mit seinen hochwertigen, glänzenden
Daunenjacken. (ban.)
Decke «Endless Sight»
(etwa 435 Fr.), von Bohicket.
Minimalistisch
GENUSS
Brasserie Colette Tim Raue
Brotlaube 2a, Konstanz
Schwarze, weisse und braune Diamanten zieren die neuen «Sabbia»-Armreife von Pomellato. Die filigranen
Schmuckstücke aus Roségold stehen
für luxuriöses Handwerk, umgesetzt
in minimalistischen sowie unkonventionellen Formen – ein Markenzeichen
des 1967 in Mailand gegründeten
Juwelierhauses. Die «Sabbia»-Kollektion umfasst neben Armbändern auch
Ringe und Ohrringe. (ban.)
Handarbeit: Concept-Store Mayaro.
DESIGN
Alles unter Kontrolle
moncler.com
pomellato.com
Boeuf bourguignon: «Colette».
FOTOS: PD
«Control» (119 Fr.), von Muuto.
Als «kulinarischer Berater» hat der
deutsche Koch Tim Raue (2 Sterne,
19 Punkte) ein neues Brasserie-Konzept
namens «Colette» für einen Anbieter
von Luxus-Altersresidenzen entwickelt. Nach Berlin und München wurde
in Konstanz nun der dritte Standort
eröffnet – die Küche ist für alle Altersgruppen leicht verständlich. (ols.)
Sonnenbrillen (je 385 Fr.),
von Moncler.
brasseriecolette.de
Mancher betätigt sich gerne als DJ,
zumindest in Gedanken. Nur wenigen
liegen jedoch die Nachtschichten und
rauchgeschwängerten Arbeitsräume,
die damit einhergehen. Die Leuchte
«Control» von Muuto lässt sich vom
Sofa aus bedienen und den Benutzer
in Disco-Träumen schwelgen. (das.)
«Sabbia»-Armbänder
(je etwa 2950 Fr.), von Pomellato.
November 2016
muuto.com
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Unsere Schmuckstücke sind von der faszinierenden Innenwelt der Edelsteine inspiriert.
Erfahren Sie mehr über den Saphirring «Glowing Jellyfish» auf gubelin.com/deepsea
Ein Schweizer Familienunternehmen seit 1854
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Escale Time Zone.
Z
17
ZEITGEIST
FEIN, ABER OHO!
DI C K R A N DI G E S E H H I L F E N , S O G E N A N N T E « N E R D - B R I L L E N » , G E H Ö R E N D E R V E R G A N G E N H E I T A N . S TAT T D E S S E N
E R L E B E N F E I N E M E TA L L F A S S U N G E N , W I E S I E E I N S T B E I Z A H N Ä R Z T E N B E L I E B T WA R E N , E I N R E V I VA L
Re dak tion K I M DA N G
F o t o s D O U G L A S M A N DR Y
A
Neo-Ikone
Die Entwürfe des
japanischen Brillendesigners Yuichi
Toyama haben
Kultcharakter und
sind dennoch diskret
und tragbar.
Titanfassung
«Walter»
(610 Fr.), von
Ush by Yuichi
Toyama, bei
eyebrands.ch
B
Überflieger
Ein Klassiker unter
den Sonnenbrillen:
die Aviator-Form
mit doppeltem Steg
macht auch als
Korrekturfassung
einen smarten
Eindruck.
Titanbrille
«Damien» (537 Fr.),
von Götti
D
Traditionalist
Das japanische
Unternehmen
Masunaga produziert
seit 1905 hochwertige
Nasengestelle.
Modell «Loewy»,
handgefertigt in
Japan (682 Fr.),
von Masunaga,
bei eyebrands.ch
C
Nostalgiker
Die Marke Retrospecs
aus Los Angeles spürt
rare Brillen aus der
Vergangenheit auf
und restauriert diese.
«Cortland» von
American Optical
(1931), 12 K Gold
(Doublet), limitiert (1800 Fr.),
von Retrospecs
Produkte
ZEITGEIST
18
Z
Süsse Versuchung
An den Fashion Weeks von Paris bis New York begeistern die Modehäuser mit kostspieligen
Outfits. Eine demokratischere Version von Glamour sind die Lippenstifte der Luxuslabels. Das
hübsche Kosmetik-Accessoire schont das Budget, erzielt jedoch nicht weniger Effekt
Tex t U R S U L A B O R E R
1
Klassisch
Knallroter
Lippenstift war
für Coco Chanel
ein Zeichen für
die Emanzipation
der Frau.
«Rouge Allure
Velvet» in
«Rouge Charnel»,
etwa 48 Fr.,
von Chanel
2
Il lus t r a t i on A L I C E T Y E
Romantisch
Rosa gehörte zu
Christian Diors
Lieblingsfarben
– bei seiner Villa
in Granville
wie auch beim
Lippenstift.
«Rouge Dior» in
Nr. 277, «Osée»,
etwa 52 Fr.,
von Dior
Beauty-Quickie für Express-Entspannung von Clarins
Gestresst, übermüdet und ferienreif? Wer eine kurze Auszeit vom
Alltag sucht, gönnt sich einen Beauty­Quickie im neuen «Clarins
Boutique & Skin Spa» in Zürich. Ob die Haut unter Feuchtigkeits­
oder Energiemangel leidet, bei Augenringen und Falten oder bei
Unreinheiten: Auf dem Menu des Open Spa stehen sieben verschie­
dene Gesichtsbehandlungen, die in nur 30 Minuten dank Aroma­
therapie zu Entspannung führen. Ein Zeitfenster, das sich auch
Vielbeschäftigte freischaufeln können – nach einer durchzechten
Nacht, über Mittag, vor einem Date oder wenn man Zeit totschlagen
muss. Dank dem dazugehörigen Flash­Make­up kann man das
Angebot auch spontan nutzen und sieht danach nicht völlig zerzaust
aus. Für Männer gibt es übrigens eine spezielle Behandlung.
Express-Beauty-Behandlung (30 min, 60 Fr.), Clarins
Boutique & Skin Spa, Gerbergasse 6, Zürich; clarins.ch
Schönheit
3
Mediterran
Der sonst eher
monochrome
Giorgio Armani
setzt bei Lippen­
stift auf medi­
terrane Wärme.
«Lip Magnet»
in Nr. 300,
«Tangerine»,
etwa 53 Fr., von
Giorgio Armani
4
Provokant
Inspiriert von
der Pop­Art,
liebte Yves Saint
Laurent Pink
und kombinierte
es mit Orange.
«Rouge Pur
Couture» in Nr.
211, «Decadent
Pink», etwa
48 Fr., von YSL
Wie riecht denn das?
«Wie ein Spaziergang durchs Schilf in einem Chiffonkleid
und mit Gummistiefeln, während man Caramel mit Zitronenaroma nascht.» – «Erinnert mich an Bienenwachs und
Pomelo.» – «Vor meinen Augen sehe ich ein Paar im besten
Alter auf einer Holzliege im Natur-Spa im Unterengadin,
den neusten Krimi von Martin Suter lesend.» – «Wie in
einem Badezimmer eines Luxushotels.» – «Klassisch, fein
– ein schönes Cologne.» – «Macht Appetit aufs Mittelmeer.»
«Basil & Neroli», Cologne (etwa 130 Fr. für 100 ml),
blumig, würzig, grün, Kopfnote: Basilikum, Herznote:
Neroli, Basisnote: Vetiver und weisser Moschus,
von Jo Malone
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MANUFAKTUR
20
TEXT N O R A B A L D E N W E G
Z
FOTOS O L I V I E R S A I L L A N T / M A I S O N C A U S S E
Fingerhäuser aus Millau
Wenn Karl Lagerfeld oder Madonna neue Handschuhe brauchen, bestellen sie diese im Süden
Frankreichs. Hier führt Olivier Causse in vierter Generation eine der letzten Handschuhmanufakturen,
in einer Gemeinde, die einst als Hauptstadt dieser Handwerkskunst galt
UNTEN Es braucht bis
zu sieben Stunden
Handarbeit zur
Fertigstellung eines
Handschuhpaars.
OBEN Im öffentlichen
Showroom können
die Kreationen der
Eigenmarke probiert
und gekauft werden.
Das Mit telmeer liegt zwar ander thalb Fahrstunden
ent fernt, doch in Millau angekommen, wähnt man
sich in einem südländischen Feriendörfchen. Von
der Sonne gebleichte beige-, blassrosa- oder ockerfarbene Häuser und leichtbekleidete Feriengäste, die
durch die engen, verschlafenen Gassen des Städtchens flanieren, um sich auf dem Markt mit frischen
Feigen und Blumen einzudecken, prägen das Or tsbild.
Kaum jemand ahnt, dass Millau im Süden Frankreichs einst als Hauptstadt der Lederhandschuhe
bekannt war, die hier seit dem Mit telalter gefer tigt
werden. Davon zeugt der Boulevard des Gantières
– der Handschuhmacherinnen –, wie er tref fend
heisst, weil zeit weise gut ein Drit tel aller Stadt-
Maison Causse
bewohner in diesem Metier tätig war. Doch wo sich
früher noch alles um Handschuhe drehte und die
Gilde der ansässigen gantiers Weltruf genoss, sind
heute nur wenige Manufak turen übrig geblieben.
Mit ten im centre-ville, am Fusse des Berges Puncho
d’Agast, steht jedoch ein Traditionshaus, das weiterhin produzier t: die Maison Causse, die älteste noch
betriebene Handschuhmanufaktur in Millau.
«Es ist nicht mehr, wie es einmal war», erzählt
Olivier Causse, Urenkel des Gründers, der das Familienunternehmen in vier ter Generation führ t. «Noch
in den fünfziger Jahren arbeiteten 6 0 0 0 Leute aus
dem Or t im Ledergeschäf t und produzier ten pro Jahr
mehrere Millionen Handschuhe. Dann kam der Krieg,
Z
RECHTS Schere, Lineal
und Hände – die
Arbeitsutensilien
sind simpel, die
Herstellungsverfahren
seit 1892 unverändert.
UNTEN Olivier Causse
führt das Familienunternehmen in der
vierten Generation.
GANZ UNTEN Die
Arbeitsstätte der
Maison Causse steht
in Millau am Boulevard
des Gantières.
MANUFAKTUR
21
danach die Autoheizungen. Die Mode hat sich veränder t. Handarbeit wurde zu teuer», sagt Causse. Heute verdanke die Maison
Causse ihre E xistenz der Luxusindustrie – insbesondere den grossen Modehäusern –, die wieder Handschuhe verlange, fügt er hinzu. Mit seinen 4 0 Handwerkern fer tigt er heute in Millau noch gut
16 0 0 0 Handschuhpaare pro Jahr.
Im Eingangsbereich des zweistöckigen Ateliers hängen gerahmte Schwarz-Weiss-Porträts der Mitarbeiter. Sie posieren stolz
mit Lineal, Schere oder Holzhammer. Dahinter, in der Produktionsstät te, sieht man sie konzentriert arbeiten: Alte Singer-Nähmaschinen rat tern, Coupeure ziehen das Leder zum Dehnen über die
Tischkante, markieren mit Kreide Fehler und Unebenheiten auf der
Tierhaut. Handschuhe werden über heisse Metallhände gezogen,
um sie in Form zu bringen. Jeder Schrit t wird von einem Spezialisten ausgeführ t. Die Arbeitsabläufe und Herstellungsverfahren
folgen der Tradition. Die Utensilien sind simpel: Alte Stanzbret ter,
schwere Metallscheren, Holzlineale mit überalterter Zahleneinheit,
kantenlose Messer und Talkstreuer liegen herum. Die Konfektionsgrösse der Handschuhe wird mit einer in weisse Farbe getünchten
Zahnbürste von Hand durch eine Schablone aufgepinselt. «Die
meisten Werkzeuge sind noch von meinem Urgrossvater», erklärt
Causse. «Schliesslich ist die Form unserer Hände ja noch immer
dieselbe. Nur die Mode ändert sich im Laufe der Zeit.»
Olivier Causse hat das Handwerk in den Genen. Seit bald 125
Jahren wird in seiner Familie die Arbeit mit Leder von Generation
zu Generation weitergegeben. 1892 gründeten die Brüder Paul,
Jules und Henri Causse das Unternehmen, heute steht der 45-jährige Vater von bald einjährigen Zwillingen an der Spitze des Traditionshauses. Er ist seit seinem 24. Lebensjahr in der Manufaktur
tätig, hat schon an allen Stationen gearbeitet und kennt jeden
Prozess, aber auch jeden seiner Mitarbeiter. «Ich erkenne, wer
eine Arbeit verrichtet, wer ein Leder gelocht, gestanzt, geschnitten, geleimt oder vernäht hat. Die Finger fer tigkeit von jedem
Mitarbeiter ist einzigar tig.» Als Produktionsdirektor kümmer t sich
Causse um den Einkauf der edlen Häute und arbeitet an Schnit tkonzepten, bis die Propor tionen stimmen. Dazu gehör t viel trial
and error. Durch stundenlanges Ausprobieren hat er das Knowhow seines Vaters weiterent wickelt. Sein Büro im oberen Stock
sieht aus wie das eines Architek ten, überall liegen Pläne. Er
konstruier t «Fingerhäuser» – gewissermassen Architektur für die
Hände –, bis sich jedes einzelne Glied, jede Fingerkuppe darin
fühlt wie in einer zweiten Haut. Dabei verhalte sich jede Tierhaut
anders – seien es weiche, resistenzfähige, glat te oder raue Leder,
Lamm, Pekari, Alligator oder Py thon, was viel Er fahrung und Fach-
Heute verdankt die Maison Causse ihre Existenz
der Luxusindustrie, die wieder Handschuhe verlangt,
besonders den Modehäusern.
Maison Causse
Einst Teil eines blühenden Gewerbes in der französischen Stadt
Millau, ist die 1892 gegründete
Maison Causse heute eine der
letzten Handschuh-Manufakturen
überhaupt. Geführt wird das Familienunternehmen in vierter Generation von Olivier Causse, der mit
40 Handwerkern gut 16 000 Handschuhpaare im Jahr fertigt – überwiegend für Luxusmarken. 2012
kaufte das Modeunternehmen
Chanel die Manufaktur, um deren
Handwerk zu bewahren. (das.)
causse-gantier.fr
Maison Causse
22
wissen voraussetze. «Unser Job benötigt Hand und Kopf, Gefühl
und Er fahrung. Deshalb könnten uns Maschinen auch nie ersetzen. Es ist ein Beruf, in dem man er finderisch, anpassungsfähig
und geistreich sein muss, denn vieles läuf t nicht nach Lehrbuch»,
sagt Causse.
Zur Fer tigstellung eines Handschuhpaars braucht es rund
hunder t Arbeitsschrit te – ein Prozess, der für ein auf wendiges
Modell insgesamt bis zu sieben Stunden dauern kann. Ein ganzer
Tag Arbeit. «Die einzelnen Abläufe sind sehr simpel, aber es gibt
nun einmal ganz viele kleine Arbeitsschrit te, die verrichtet werden müssen, bis so ein Handschuh per fek t sitzt», sagt der Fachmann mit grosser Bescheidenheit. «Bei uns wurde diese Technik
einfach immer weitergegeben. Aber ich mag Herausforderungen
und suche immer nach Verbesserungen, will bessere Qualität zu
besseren Bedingungen. Ich will das Geschäf t vorantreiben. Wir
dür fen nicht stillstehen.»
Stehengeblieben sind sie definitiv nicht. Das sieht man auch
dem zeitgemässen Neubau an, in dem die Manufaktur heute sitzt.
Dieser wurde im Jahr 20 0 3 vom Pariser Architekten Jean-Michel
Wilmot te als geradlinige Konstruk tion mit viel Glas, Edelholz,
Stahl und Beton konzipier t. Ganz im Zeichen des Hauses – zwischen Tradition und Moderne. Dies schätzen auch die Kunden, die
teilweise sehr illuster sind: Sharon Stone, Kylie Minogue, Marion
Cotillard, Madonna, Dita Von Teese, Pharrell Williams, Victoria
Beckham, Christina Aguilera, alle schwören sie auf die Handschuhe von Causse. Sogar Karl Lager feld lässt sich hier seine
fingerkuppenfreien Handschlüpfer fer tigen, die inzwischen zu seinem Markenzeichen geworden sind. Aber davon allein könnte die
Maison heute nicht mehr überleben. Drei Vier tel ihres Geschäf ts
MANUFAKTUR
Z
bauen auf die Abnehmer aus der Haute Couture. Hermès, Louis
Vuit ton und Givenchy sind langjährige Kunden. Eine der engsten
und längsten Beziehungen pflegen sie allerdings mit dem Hause
Chanel. Das französische Modeunternehmen kauf te die hochspezialisier te Manufak tur im Jahr 2012 sogar auf, um das traditionelle Handwerk der gantiers zu bewahren. «Wir arbeiten Hand
in Hand. Es ist eine wunderbare und bereichernde Zusammenarbeit», sagt Causse. Allein für Chanel produzier t man in der Maison
Causse acht Kollektionen im Jahr.
Ob er noch immer an die grosse Rückkehr der Handschuhe
abseits vom Laufsteg glaubt? «Ich weiss nicht, ob ich an Handschuhe glaube, aber ich mag sie einfach», sagt Causse, ohne
lange zu überlegen. Er streicht über einen but terzar ten Protot yp
für die nächste Chanel-Show und sagt: «Schauen Sie sich einmal
diese schöne Wölbung an, wie die Naht den Daumen elegant
umschliesst. Deshalb tun wir, was wir tun.»
Zur Fertigstellung
eines Hand­
schuhpaars
braucht es rund
hundert Arbeits­
schritte.
OBEN Ausstellungsmodelle im Showroom.
LINKS Ein Handschuh
von Causse – in seinen
Einzelteilen.
UNTEN Bild aus der
aktuellen Herbst/
Winter-Kampagne,
fotografiert von
Jean-Pacôme Dedieu.
Maison Causse
I Q O S E R H I T Z T D E N TA B A K , S TA T T I H N Z U V E R B R E N N E N –
F Ü R E C H T E N TA B A K G E N U S S U N D W E N I G E R G E R U C H .
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Diese seite ist ausschliesslich für erwachsene Konsumenten mit
wohnsitz in Der schweiz bestimmt.
Dieses Tabakerzeugnis kann Ihre Gesundheit schädigen und macht abhängig.
Ce produit du tabac peut nuire à votre santé et crée une dépendance.
Questo prodotto del tabacco può nuocere alla tua salute e provoca dipendenza.
24
Z
IM GESPRÄCH
Aurélie Bidermann
Die Kunsthistorikerin und Gemmologin entwarf 2003 ihre ersten Schmuckstücke.
Inzwischen beschäftigt die Französin 45 Mitarbeiter und führt drei Boutiquen in Paris und New York
INTERVIEW K I M D A N G
FOTO K A R I M S A D L I
Ihr persönlicher Stil?
Maskulin-feminin.
Ihre Marke in drei Worten?
und keck.
Symbolisch,
«solaire»
Wie definieren Sie, als typische Pariserin, den Pariser Stil?
Nonchalant, mühelos und viel natürliche Eleganz.
Woran erkennen Sie ein
gutes Schmuckstück?
An der Machart und
den Steinen.
Wie sahen Ihre
ersten Entwürfe aus?
Die erste Kollektion wurde in Indien produziert. Ein Teil davon war
aus 22 Karat Gold mit bunten Briolett-Steinen, kombiniert mit
dekorativen Gravuren. Der Rest bestand aus Lucky Charms aus Perlmutt
mit Tier-Sujets, etwa Schildkröten oder Libellen.
Wie halten Sie es mit Gold?
Ich verwende ein 18-karätiges
Gold, das ich «or solaire» nenne.
Es ist ein strahlendes Gold und
kommt der Farbe des Sonnenlichts
so nah wie möglich.
Was darf
in Ihren
Kollektionen
nie fehlen? Glücksbringer
wie Skarabäen oder
Elefanten, aber
auch Spitze
und immer etwas
Freches.
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IM GESPRÄCH
26
Z
Kreative Vorbilder?
Led Zeppelin, Francis Bacon und Comme-des-Garçons-Designerin
Rei Kawakubo. Ich habe sie vor einigen Jahren kennengelernt, als
sie in meinen Showroom kam, um meine Kollektion anzusehen.
Das war unglaublich! Diese Frau hat mich so beeindruckt. Sie redet
nicht viel, aber ihr Gesicht ist sehr expressiv.
Armband «Do Brasil»,
vergoldet, mit Baumwollgarn und Büroklammer-Verschluss.
Wann haben Sie zum ersten Mal das
Bedürfnis verspürt, Schmuck zu kreieren?
Schmuck habe ich schon immer geliebt. Da ich
aus einer Familie von Kunstsammlern stamme,
lag es jedoch auf der Hand, Kunstgeschichte
zu studieren. Danach arbeitete ich bei Sotheby’s, war
aber sehr frustriert, weil ich selber etwas kreieren wollte.
Die wichtigste Lektion, die Sie in Ihrer bisherigen
Karriere gelernt haben? Es tut gut, sich immer wieder einmal infrage zu stellen. Ein Rat, den ich von einem mir wichtigen
Familienmitglied bekommen habe. Eine weitere Lektion: Teamwork ist etwas Essenzielles.
Was halten Sie von
Männerschmuck?
Ich finde es toll, wenn Männer Schmuck tragen.
Und es sind immer mehr, die es tun. Ich habe
schon länger Lust, etwas für Männer zu kreieren.
Das wird irgendwann einmal kommen.
Beschenken Sie Stars mit Ihren Kreationen?
Trägt auch Beyoncé:
Ohrhänger «Big
Apple», 18 Karat
Gold mit Rubinen.
Nein. Ich hatte bisher Glück, dass Berühmtheiten wie etwa Sofia Coppola
oder Beyoncé meinen Schmuck aus eigenem Antrieb tragen. Im Moment
läuft es gut, es gibt also keinen Grund für «Celebrity Gifting».
Was war Ihr
Die inspirierendsten
Personen in Ihrem Leben?
Das klingt banal, aber es sind
meine Mutter, meine Grossmutter
und eine Tante. Ungewöhnliche,
starke und kreative Frauen mit
viel Charisma ziehen mich an.
Traumberuf als Kind?
Ich wollte Auktionatorin werden. Ich war als Kind schon sehr
kreativ und hatte meinen Kopf immer in den Wolken.
Ihre waghalsigsten Ideen?
In Ihrem Kühlschrank hat es immer . . . . . . Cornichons, Konfitüre und Käse!
Aurélie Bidermann
FOTOS: PD
Das kann ich Ihnen nicht verraten.
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IM PORTRÄT
28
Z
Ole Lynggaard Copenhagen
S E IN E E IGE N E F IR M A GR Ü N DE T E DE R DÄ NIS C H E GO L D S C HMIE D O L E LY N GG A A R D V O R ÜB E R F Ü N F Z I G
J A H R E N . H E U T E W IR D D A S V ON S E IN E N K IN DE R N GE F Ü H R T E U N T E R N E H M E N , D A S A U C H DE N
KÖNIG S HO F B E L IE F E R T, A L S F ÜHR E N DE L U X U S - S C H M U C K M A R K E S K A N DIN AV IE N S GE H A N DE LT
Tex t K I M DA N G
O L E LY N GG A A R D C O P E N H AGE N – DA S U N T E R N E H M E N
Gr ün der
Haup t si t z
O L E LY N GG A A R D (* 19 3 6)
HEL L ERUP (KOP ENH AGEN)
Verkauf ss tellen
F lagship S tores
Gr ündungs jahr
M i t ar bei t er
19 6 3
13 5
RUND 2 5 0 (IN 2 5 L Ä NDERN)
KOPENHAGEN, FLUGHA FEN KOPENHAGEN,
S TOCKHOL M, SYDNE Y
Geschä f t s f el d
LUXUSSCHMUCK
1963
Seit 2008 ist Ole Lynggaard Copenhagen
«Königlicher Hoflieferant». Prunkstück
des Unternehmens ist ein Kopfschmuck:
Die Tiara «Midnight» entstand 2009 als
Sonderanfertigung für eine Ausstellung im
Schloss Amalienborg, der Kopenhagener
Königsresidenz.
CHARLOTTE LYNGGAARD
Zusammen mit ihrem Vater bildet die Kreativchefin
das zweiköpfige Designteam, das für sämtliche
Schmucklinien, Ladeneinrichtungen und Werbekampagnen von Ole Lynggaard Copenhagen verantwortlich zeichnet. Hauptinspiration der 50-jährigen Mutter von drei Kindern ist die Natur – von
ihren täglichen Spaziergängen bringt sie Fundstücke mit ins Atelier, das sich im Dachstock über
der Schmuckwerkstatt befindet.
Die Eltern führten in Kopenhagen
ein Juweliergeschäft, Ole Lynggaard
aber wollte seine eigene Firma mit
selbstentworfenem Schmuck aufbauen. Nach der Ausbildung zum Goldschmied bereiste er fünf Jahre lang
die Welt; 1963 entwarf der damals
27-Jährige seine erste Kollektion.
Fuhr Ole Lynggaard früher für seinen
Einmannbetrieb noch mit seinem Fiat
500 zu Kunden und Schmuckmessen,
so steht der Name seiner Firma mittlerweile stellvertretend für die führende Luxus-Schmuckmarke Skandinaviens. Im Hauptsitz arbeiten heute
45 Goldschmiede. Lynggaards Kinder, schon früher auf Dienstreisen
dabei, leiten inzwischen die Geschicke des Unternehmens: Tochter
Charlotte absolviert 1987 die Goldschmiedelehre im Familienbetrieb,
1994 entwirft sie für diesen die erste
Kollektion – heute amtet sie als
Kreativchefin. 1994 steigt ihr Bruder
Sören als Produktmanager im väterlichen Betrieb ein und wird 2003 zum
CEO ernannt; sein Schwager Michel
wird im gleichen Jahr Verkaufschef.
Sören lernt bei Ole Lynggaard Copenhagen seine zukünftige Frau Hanna
kennen, die heute für alle Flagship-Stores verantwortlich ist. Der
80-jährige Gründer geht weiterhin
täglich zur Arbeit. Schmuck trägt er
übrigens von jeher keinen – mit Ausnahme eines Lederarmbands mit
Schlangen-Anhänger.
Amethyst
Aquamarin
Bernstein
Koralle
Mondstein
Onyx
Peridot
Rauchquarz
Rosenquarz
Rutil
Serpentin
Turmalin
GOLD: Ver w ende t w er den alle Var ian -
Diamant
t en von 18 - k ar ä t igem Go l d : R o ségo l d ,
Gelbgo l d , Weis s go l d , r hodin ier t e s Go l d .
Jede s S t ück is t ein U nik a t und w ir d
von einem Hand w er ker ge f er t ig t – von
der Gr av ur bis zur F as sung .
Credo
«Junge Frauen in jedem
Alter schöner machen.»
November 2016
«Midnight»-Tiara
R und 4 0 0 S t unden benö t ig t en
die Gol dschm iede von O le
Ly nggaar d C openhagen f ür
dieses P r unk s t ück . E s is t
ver z ier t m i t Blä t t er n aus
R o ségo l d , Weis s go l d und
sch w ar z ox idier t em S i lber,
3 1 M onds t ein - K no spen s o w ie
r und 13 0 0 Pavé - Diaman t en .
Anhänger aus der
«Leaves»-Kollektion.
Die dänische K r onpr in zes si n
Mar y ha t den K op f schmuck
schon an di ver sen A nläs sen
ge t r agen , e t w a i m Jahr e 2 0 10 ,
z um 7 5 . Gebur t s t ag von P r in z
Henr ik . A us der P ièce de
R é si s t ance sind die beiden
S chmuck linien « L eaves » und
«Bl oom ing» her vor gegangen .
Ring aus der Linie
«Blooming».
FOTOS: MOST WANTED PICTURES / DUKAS, FOTOLIA, PD
FAMILIENBANDE
Materialien
IM BILDE
30
Sammlerstücke
FOTOS H E I K O D R E H E R
REDAKTION UND STYLING C H R I S T IN E B I E R H A L S
HAARE UND MAKE-UP U T E HI L D E N B E U T E L
MODEL L E R A A B O VA @ 2 P M M O D E L S
FOTO-ASSISTENZ W O L F G A N G G R U B E R
STYLING-ASSISTENZ N E E S H A M E U S C H
Accessoires
Z
ZÄSUR
Tun, Text und Textil
Tex t und Illus t r a t i o n DA N I E L U N D M A R K U S F R E I TA G
Der Freitag-Beitrag zur Wochenendbeilage: Ein Manifest, das um
die Beine flattert. Oder wie Text tatsächlich zu Gewebe wird
Dann das Uner war tete: Wie die kleinen Vögelchen in
«Aschenput tel» trennten die zehn Punk te die Spreu
vom Weizen. Sie halfen uns, alte Zöpfe abzuschneiden
und neue zu flechten. Sprichwör tlich: So hat dieses
Manifest dazu beigetragen, dass wir uns mit eigenen
Geweben in neue Bereiche vor wagten. Tun wurde zu
Tex t und dann zu Tex til.
Nun wissen wir, dass sich die Welt mit rezyklier ten
LK W­Planen, französischem Flachs und abbaubarer
Zellulose nicht ret ten lässt. Aber: Wie war das noch
mal mit dem «Wandel im Kleinen»?
Die grossen Geister ausgenommen, kann man als
Mensch doch of t nur die Ober fläche berühren und
möglicher weise verändern. Für uns ist das okay. So
besagt die «Broken Window Theor y», dass, wenn in
einem Stadt teil kaput te Fenster konsequent reparier t
und Schwarzfahrer in der U­Bahn gebüsst werden,
auch die Mordrate sinkt.
Oder es gibt den berühmten «Flügelschlag eines
Schmet terlings in China», der ganz woanders auf
der Welt einen Sturm auslöst. Und wir meinen: Der
Schmet terling kann doch genauso gut in Oerlikon mit
den Flügeln schlagen.
Lange genug sassen wir in unserer tollen, selbst­
gegrabenen Grube. Aus der einfachen Idee, aus alten
Last wagenplanen neue Taschen zu schneidern, war ein
KMU entstanden und in einigen Städten um den Globus
sogar eine Ar t Philosophie. Aber das ganz Neue konn­
ten wir trotz tausend guten Ratschlägen und Protot y­
pen nie richtig greifen. Es gab ja auch so genug zu tun.
Manchmal braucht es die Not und einen Medien­
wechsel, um reflektieren zu können. So haben wir – der
gelernte Dekorationsgestalter und der Grafiker – uns
darangemacht, das, was wir tun, mit Wor ten zu be­
schreiben. Es entstand (unsere Mitarbeiter und Peter
Fischli werden die Augen ver­ und David Weiss sich
hof fentlich nicht im Grab umdrehen) ein Manifest.
Jetzt kann man sich natürlich getrost fragen, ob
eine Tasche, die aus Last wagenplanen rezyklier t wird,
oder eine Jeans, die bis zur letzten Naht kompostier­
bar ist, angesichts der Probleme der Welt nicht et was
ober flächlich ist. Und ein Manifest darüber nicht
et was eitel.
Aber uns war es immer wichtig, zu wissen, warum
wir et was tun. Also eigentlich, es zu spüren. Denn
wirklich bewusst wurde es uns erst, als es schwarz
auf weiss vor uns stand. Aus dem Gefühl, sich im Kreis
zu drehen, wurde ein Prinzip (Punk t 1). Die Frustration,
wie von Schwerkraf t getrieben immer wieder auf die­
selben Ideen zurückzufallen, ver wandelte sich in eine
Tugend (2). Aus Erkenntnissen, Intuitionen und Eigen­
tümlichkeiten wurde plötzlich ein Programm (3 –10).
F R E I TA G is t nich t nur der Name von Daniel und Mar k us ,
s onder n auch der de s U n t er neh mens , das die beiden Br üder
19 9 3 gr ünde t en un d an de s sen A n f ang eine Tasche aus
al t en L K W­ P lanen s t and . Die Illus t r a t ion dieser K olum ne
haben sie m i t F r ank und Pa t r ik R ik lin en t w ickel t , der Tex t
is t in Z us am menar bei t m i t Johanne s E isenhu t en t s t anden .
31
ZÄSUR
WAHRGENOMMEN
Ohne Schweissgeruch
Tex t DAV I D S T R E I F F C O R T I
ILLUSTRATION: NAOMI ELLIOTT
Begeisterung löst plötzlich aus, was lange
als handgestrick t belächelt wurde. «Hand­
craf ted» müssen heute nicht mehr nur
mundgeblasene Vasen und getöpfer te
Schalen sein – mit beinahe religiösem Eifer
wird nach geschnitzten Tellern, schmied­
eisernen Tischgestellen oder gewobenen
Tagesdecken geschrien. Ja, selbst Putz­
utensilien (einmal abgesehen vom Staub­
sauger) sollen nicht mehr aus der Fabrik
kommen oder zumindest nicht nach grosser
Industrie aussehen. Dahinter steck t neben
einer guten Por tion Nostalgie und einem
erhöhten Bewusstsein für eine nachhaltige
Lebensführung eine Sehnsucht nach nach­
vollziehbaren, analogen Arbeitsprozessen
– nicht zuletzt aber auch der Wunsch nach
einer Ästhetik, die sich von derjenigen
standardisier ter, optimier ter und seelen­
loser Industrieprodukte abhebt.
Dies sind durchaus hehre Absichten
und schöne Gedanken. Die Menschen, die
Kulinarisches Dilemma
über den Wolken
Morgens in die Schule ohne Pausenbrot?
Undenkbar. Ich schlang meines hinunter,
bevor ich dor t ankam. Wen wunder t ’s bei
zwei Kilometern Fussmarsch. Dann die
Schulreisen. Wie freuten wir uns auf pro­
fane Würste, an Stecken über heissen Koh­
len grillier t! Später reiste ich öf ter über
den Got thard, per Velo. Nicht ohne vorher
von Locarno nach Tenero zu schwimmen.
Trans­Swiss­Triathlon nannte sich das,
eine elende Schinderei! Ob man überhaupt
am Rheinfall ankam, hing vom Kampf gegen
den Hunger ab. Also band ich mir allerlei
Energiespender an den Velorahmen: Bana­
nen, zu Kugeln geformten Klebreis und auch
einmal eine Bündner Nusstor te. Mein Ge­
fähr t sah aus wie ein Take­away auf Rädern
in Vietnam. Schon damals wollte ich selbst
unter widrigsten Umständen gut essen.
Energieriegel? Nein danke.
Irgendwann flog ich immer öf ter lange
Strecken, meistens für meine Arbeit. Und
lernte dabei die Welt des Essens über den
Wolken kennen oder eher fürchten. Ver­
pflegung an Bord ist nie eine valable Option
für mich geworden. Umso mehr wundere
ich mich über die Begeisterung, die das
aufgewärmte Zeug bei vielen Reisenden
her vorruf t, sogar in der Holzklasse. Wird
hier mit tels Magenfüllen kompensier t, dass
Fliegen per se kein Vergnügen ist? Oder
werden gar auf Teufel komm raus alle Leis­
tungen in Anspruch genommen, die man ja
schliesslich bezahlt hat? Eine schäbige
Überlegung. Wer nun glaubt, in den oberen
Klassen sei es viel besser, der irr t. Es ist
D AV ID S T R E I F F C O R T I is t R edak t or s o w ie
P r odu zen t bei m Magaz i n « Z » und se t z t s ich
si t zend , l iegend , sch w ebend , lesen d und
schr eiben d m i t M öbel ­ und P r oduk t design
auseinander.
Tex t R I C H A R D K Ä G I
Gegen den Hunger auf Reisen kämpfte der Autor
schon in frühester Jugend erfolgreich an. Im
Flugzeug führen dabei Verzicht oder Vorrat zum Ziel
bloss weniger desaströs und wird schicker
angerichtet. Mit tels Stof fser viet ten und
Metallbesteck suggerieren die Himmels­
Caterer Qualität, die nicht stat tfindet.
Auch wenn mit tler weile Sterneköche für
die Menus geradestehen. Brauchen die
einen besseren Herd, einen Mercedes oder
haben sie eine neue Frau? Anders lässt sich
für mich ihre Kumpanei mit den Airlines
nicht erklären. Weiss doch jeder Koch­
lehrling, dass einmal gekocht, gekühlt,
dann wer­weiss­wie­lange aufbewahr t und
herumgekarr t, später renaturier t und auf­
gedampf t nie schmeckt wie direkt aus der
P fanne auf den Tisch. Also ein denkbar
ungeeignetes Werbefenster für einen ehr­
geizigen Koch.
Warum beschränken sich die fliegenden
Menu­Tüftler nicht auf Ragouts, Eintöpfe
oder ähnlich lang Geschmor tes? Gerichte,
die an Geschmacksfülle sogar zulegen kön­
nen, werden sie sachgemäss aufgewärmt.
Aber nein, sie versuchen sich an Fisch und
Hühnerbrust, selbst vor Pasta und Pizza
schrecken sie nicht zurück. Weiter vorne
dar f es dann auch ein Rindsfilet sein. Doch
bestehen Sie das nächste Mal auf medium
rare, die Gesichter des Personals möchte
ich sehen! Oder das Frühstück. Eierspeisen
und Speck, vorgekocht und Tage später am
Himmel aufgewärmt? Schändlich.
Kommt dazu, dass Langstreckenflüge
of t spätabends star ten. Trotzdem wird
noch das volle Programm aufgefahren.
Daheim kommt niemand auf die Idee, um
Mit ternacht einen Viergänger herzurichten
32
mit rotem Kopf und brennenden Lungen am
tausend Grad heissen Schmelzofen stehen
und einer flüssigen Glasmasse eine Form
abzuringen versuchen, finden in der Vor­
stellungswelt vieler Handwerks­Roman ­
tiker hingegen ebenso wenig Platz wie der
Schweissgeruch und die schmerzenden
Gelenke, die in der Werkstat t gang und
gäbe sind. Doch genau dies müsste man
sich stets vor Augen führen. Mitnichten,
um for tan auf handwerklich hergestellte
Produkte zu verzichten. Aber damit «hand­
craf ted» nicht einfach die leere Floskel für
einen bestimmten Look bleibt, sondern zu
einem Gütesiegel wird für all die erstaun­
lichen Dinge, zu denen Menschen mit ihren
blossen Händen fähig sind.
ILLUSTRATION: BRUNO MUFF
und diesen mit möglichst viel Wein hinun­
terzuspülen. Umso weniger, da guter Schlaf
in einem engen Sitz beinahe unmöglich ist
und der Körper dabei alles andere braucht
als Kalorien. Of t löse ich mein kulinarisches
Dilemma über den Wolken ganz einfach.
Kurz vor Abflug eine Sushi/Sashimi­Box
kaufen und in einer Kühltasche an Bord
bringen. Das entlockt den Stewardessen
ein verschwörerisches Lächeln und führ t
dazu, dass ich rasch und unkomplizier t
bedient werde. Das macht mich sat t und
zufrieden, wenn die anderen Passagiere
noch mit der Weinauswahl beschäf tigt sind.
Ich mache mich dann ohne Eile schlaf fer tig.
In meinen Pyjama zu steigen, das lasse ich
mir auch über den Wolken nicht nehmen.
R I C H A R D K Ä GI is t F ood ­ S cou t bei Globus . A u f
der S uche nach dem w ahr ha f t Gu t en r eis t er um
die gan ze Wel t . Dr ei A u f w är m ­ R e zep t e f inden
S ie au f gl obus .ch /de /delica t e s s a / f oodscou t
ZÄSUR
WELTORDNUNG
Funkelnder Glanz
Tex t B A R B A R A V I N K E N
Il l us t r a t i on J E A N - M I C H E L T I X I E R
Sieht man sich auf der Strasse und in den Schaufenstern um,
wird man überall angeblitzt. Es glänzt – und das lange vor
Weihnachten. Schon den ganzen Sommer über funkelte es
vieleror ts. Trainingsanzüge schimmern golden, Espadrilles
und Einkaufskörbe sind über und über mit goldenen oder
silbernen Paillet ten besetzt, allenthalben blitzt Lurex. Es ist,
als habe sich die Welt den Traum des Volkslieds er füllt: «Gold
und Silber lieb ich sehr, kann’s auch gut gebrauchen.» Hat te
nicht Aschenput tel zuerst ein silbern und dann ein golden
strahlendes Kleid an? Zum Herbst ver wandeln wir uns also
alle in Eisprinzessinnen und Märchenköniginnen.
Weniger ist nicht mehr mehr. «Mehr Glamour» scheint
das Mot to der kommenden Saisons zu sein. Gold und Silber
begegnen einem, wohin der Blick auch fällt. Ursprünglich
waren das seltene Edelmetalle, dem Erdinnern entrissen
und kostbar verarbeitet. Ein besonderer Schmuck waren die
sündhaf t teuren, gold- und silberdurchwirk ten Kleider von
Herrschern und Priestern. Gold und Silber gehör ten in die
oberen Klassen: Kleidervorschrif ten verboten es den Leuten
des «drit ten Standes» noch im 18. Jahrhunder t, ihre Hüte wie
die ersten Stände – die Aristokraten und der Klerus – mit
Gold- und Silberschnüren zu verzieren.
Heute ist der glänzende Auf trit t keine Frage des Geldes
mehr. Glänzend gehen wir auch keinem Distink tions-Furor
mehr nach, sondern vielleicht eher einem kindlichen Gefallen
am funkelnden Glanz, den Charles Baudelaire so hübsch
beschrieben hat: Die Kinder und die Wilden lieben alles
leuchtende Geflirre, alles, was glänzt und bunt schwirr t. Der
Wandel zum für jedermann erschwinglichen Zierrat hängt
an der Technik: Das günstige Glänzen der längst nicht mehr
mit Edelmetallen durchwirkten Stof fe verdank t sich einem
Zufall. Lurex, der verlockende Stof f, der nicht nur kleine
Mädchen in seinen Bann zieht, trägt die Ver führung schon
im Namen: to lure – verlocken, ver führen. Lurex ist ein mit
Polyester überzogenes Aluminium, das, so vor Oxidation
geschützt, seinen Glamour behält. Es wurde in Cleveland
vor mehr als fünfzig Jahren für den Verschluss von Lebensmit tel-Zellophan-Verpackungen fast aus Versehen er funden
und fand seinen Weg schnell in schimmernde Kleider.
Die wirkliche Revolution, die Oben und Unten, Reich und
Arm durcheinander wirbelte, wird Coco Chanel zugeschrieben. Sie hat als Erste Modeschmuck mit echtem Schmuck
gemischt , Echtes mit Nachgemachtem. Geschmück t sollten
Frauen nicht reich, sondern schön aussehen. Seitdem haben die billigen Industriemetalle umgekehr t Einzug in die
Kunst des Goldschmiedens erhalten. Im Ersten Weltkrieg
liessen die Frauen ihren echten Schmuck aus patriotischen
Gründen einschmelzen und trugen stat tdessen Eisenschmuck . Heute mischen Juweliere und Goldschmiede
selbst Hohes mit Niedrigem, et wa Aluminium mit Diamanten. Das «Niedrige» wird
dabei so kunst voll veredelt ,
dass es den Glanz des Echten
in den Schat ten stellt . Nicht
mehr der Materialwer t , sondern Er findungsgabe und
kunst volle Verarbeitung machen Kostbares – manchmal
sogar aus Zufall, wie beim
Glamour faden Lurex . «Ich
will ein Glanz sein», sagte
das kunstseidene Mädchen
bei Irmgard Keun. Je düsterer die Zeiten, desto strahlender wollen und können
jet z t alle glänzen.
AUS DEM AUGENWINK EL
Goût, haut-goût, dégoût
Tex t und F o t o gr a f ie BI C E C U R I G E R
BI C E C U R I GE R is t k üns t ler ische Dir ek t or in der F on da t ion V incen t van Gogh
A r les und C he f r edak t or in der K uns t pub lik a t ion «Par ke t t » .
Z u vor w ar sie w ähr end 2 0 Jahr en K ur a t or in am K uns t haus Z ür ich .
B A R B A R A V IN K E N is t P r o f e s s or in f ür A llgemeine L i t er a t urw is senscha f t und R omanische P hil ol ogie an der L M U M ünchen .
E i n br ei t e s P ub l ik um er r eich t e s ie m i t ihr en Über legungen
zur deu t schen F am i l ienp o l i t ik und zur M ode .
33
ZÄSUR
Rock’n’Roll-Schuh
Tex t un d Il l u s t r a t ion S A R A H I L L E N BE R G E R
Der Herbst bereitet nicht nur dem Sommer ein Ende. Er bringt auch
Kastanien und bewusstseinserweiternde Songs mit sich
Kastanien sind die ersten Botschaf ter des
Herbstes. Sobald die braunen Nüsse aus
ihrem stacheligen Fruchtbecher platzen,
weiss man: Der Sommer ist jetzt wirklich
vorbei. Nun ist es an der Zeit, die Mäntel
und die dicken Schuhe aus dem Schrank
zu holen, während man die Sommerkleider
getrost einwintern dar f. Und so schwingt
in diesen schönen Momenten immer auch
Wehmut mit. Vorbei ist es mit der unbe­
kümmer ten Leichtigkeit des Sommers, jetzt
beginnt der Rückzug in die warmen Räume
und die Besinnung auf die kreativen Dinge
des Lebens.
Ich dachte immer, dass der Song «Golden
Brown» von den Stranglers eine Ode an
diese Zeit des Jahres ist. Aber wie bei
«Brown Sugar» von den Rolling Stones geht
es bei «Golden Brown» um bewusstseins­
er weiternde Substanzen. Für mich wird der
Song trotzdem immer der Soundtrack zur
Kastanienzeit bleiben.
S A R A H I L L E N B E R GE R be w eg t s ich i n ihr en
Wer ken z w ischen K uns t und Design . O f t se t z t sie
A ll t agsgegens t ände i n einen über r aschen den
K on t ex t . Im Magaz i n « Z » gib t die gebür t ige
M ünchner in und Wahlber liner in E inb l ick i n ihr e
Bil der­ und Gedanken w el t .
34
Z
35
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GIVENCHY BY RICCARDO TISCI, Longsleeve ( preis auf anfrage) BOT TEGA VENETA
UN T EN Clutch, Samt und Kunstleder ( etwa 1200 fr.) STELL A MCCARTNE Y
bei NE T-A-PORTER.COM, Mantel ( etwa 3500 fr.) CÉLINE
L INK E SEIT E «Whitney»-Bag, Kalbsleder ( etwa 1550 fr.) MA X MAR A ,
Ohrring, Weissgold ( etwa 3200 fr.) KIM MEE HYE, Kleid (1500 fr.) ARTHUR ARBESSER
36
IM BILDE
OBEN «Cahier»-Bag, Kalbs- und Saffianleder mit Metallapplikationen (1960 fr.) PR ADA ,
Bicolor-Tischleuchte, Messing und Chrom ( etwa 980 fr.) ROMEO REGA (1970) bei GALERIE SCHLICHT
RECH T E SEIT E Plateau-Stiefeletten, Jacke,
Kleid und Lederhose (1180 fr., 3650 fr., 4100 fr. und preis auf anfrage) LOUIS VUIT TON,
Ohrring (160 fr.) MULBERRY
Accessoires
Z
Z
IM BILDE
OBEN Kette ( etwa 1200 fr.) DRIES VAN NOTEN, Geigen-Skulptur ( etwa 32 000 fr.) ARMAN (ARMAND PIERRE FERNANDEZ)
bei GALERIE CHRISTINA HAUBS
L INK E SEIT E Armreife ( etwa 750 fr. und 530 fr.) GIVENCHY BY RICCARDO TISCI, Mantel ( etwa 6215 fr.) MA X MAR A
Accessoires
39
40
IM BILDE
OBEN Ohrringe, vergoldet (365 fr.) SALVATORE FERR AGAMO,
Schatulle, Messing mit Pyrit-Kristallen ( etwa 700 fr.) GABRIELL A CRESPI (1970)
bei GALERIE SCHLICHT
RECH TS Lederpumps, Holz- und Metallelemente ( preis auf anfrage) MARNI,
Beistelltische, Messinggestell mit Rauchglasscheibe ( etwa 2900 fr.) MAISON CHARLES
bei GALERIE CHRISTINA HAUBS
Accessoires
Z
Z
IM BILDE
RECH TS Halsband, Samt mit Perlennadel ( etwa 300 fr.) DRIES VAN NOTEN,
Lederhandschuhe (1150 fr.) CHANEL , Schnürstiefel, Kalbsleder mit Gummikappe (1350 fr.) PR ADA ,
Mantel, Top und Hose ( etwa 3500 fr., 2000 fr. und 700 fr.) CÉLINE
UN T EN Uhr «Big Bang Black Magic» (14 900 fr.) HUBLOT, Ohrring, 18 Karat Gold, mit
Diamanten besetzt ( etwa 400 fr.) INA BEISSNER, Lederkurzmantel (15 630 fr.) CHANEL
41
42
IM BILDE
OBEN Ohrring, Harz und bemaltes Messing ( ETWA 500 FR.) CÉLINE, Beschichtete Caban-Jacke und
Angora-Pullover ( ETWA 3800 FR. UND 2400 FR.) CHRISTIAN DIOR
COV ER Sonnenbrille (315 FR.) GIVENCHY, Kleid (2795 FR.) SALVATORE FERR AGAMO
INHA LT (SEIT E 11) L INK ES BIL D Shopper, Kalbsleder (2000 FR.) CÉLINE, Armreif, Silber, vergoldet ( PREIS AUF ANFRAGE)
INA BEISSNER, Mantel ( ETWA 1965 FR.) SPORTMA X
RECH T ES BIL D Ear-Cuff und Ohrringe ( SET 650 FR.) und zwei Ringe ( JE ETWA 650 FR.), Metall, Gold, schwarzes Glas und Kristalle CHRISTIAN DIOR,
Kapuzenlederjacke (13 860 FR.) CHANEL , Bomberjacke ( ETWA 750 FR.) STELL A MCCARTNE Y bei NE T-A-PORTER.COM
Ein Making-of-Video zum Shooting finden
Sie online auf: bellevue.nzz.ch
Accessoires
Z
Mehr Privatsphäre
geht nicht.
Und trotzdem kennt
man mich persönlich.
SWISS First
swiss.com/first
Made of Switzerland.
First of all
you.
Das Leben, so sagt man, ist kein
Wunschkonzert. Was aber, wenn doch?
Dann sind Sie mit Sicherheit Gast in
SWISS First.
swiss.com/first
Willkommen am Ort, wo alles so läuft,
wie Sie sich das wünschen. In SWISS First
begrüsst Sie die Flight Attendant mit
Ihrem Namen und liest Ihnen alle Wünsche
von den Lippen ab. Sie möchten einfach
nur Ihre Ruhe haben? Schon geschehen.
Sie haben Lust auf etwas Feines zum Essen?
Dann können Sie sich Ihr Menü gleich selbst
zusammenstellen.
Zur Auswahl stehen mehrere Vorspeisen,
Hauptgänge, edle Weine, Champagner
und Desserts. Darunter auch zahlreiche
Schweizer Spezialitäten aus regionalen
Produkten, die von Spitzenköchen zubereitet wurden. Wie auch immer Sie sich
Ihren Flug vorstellen, in SWISS First dreht
sich alles nur um Sie.
Die neueste SWISS First:
Boeing 777-300ER.
Seit Mitte 2016 ist die neue Boeing
Bestandteil der Langstreckenflotte von
SWISS. Bestückt mit einer exklusiv für
SWISS gestalteten First Class. Und diese
setzt neue Massstäbe im Bereich Komfort.
Ihr First-Class-Fauteuil ist Ihre Oase der
Ruhe und lässt sich auf Knopfdruck in
ein Zwei-Meter-Flachbett verwandeln.
Passend zum bequemen Bett wartet
bereits ein für SWISS entworfenes
Zimmerli of Switzerland Pyjama in Ihrer
Grösse auf Sie. Und wenn Sie keine Lust
zum Schlafen haben, geniessen Sie
beste Bordunterhaltung auf dem grossen
81-cm-Bildschirm.
Gästen der SWISS
First steht an Bord
eine grosse Auswahl
an erlesenen Speisen
zur Verfügung: von
7-gängigen Gourmetmenüs bis zu traditionellen Schweizer
Gerichten.
Auch die Zeit kann fliegen:
SWISS First Lounge.
Zugegeben, der Flughafen ist in der Regel
nicht der Ort, wo man zu viel Zeit verbringen
möchte. Aber die SWISS First Lounge im
Dock E ist die berühmte Ausnahme der Regel.
Auf einer Fläche von 750 Quadratmetern
eröffnet sich hier eine kleine Luxuswelt im
edlen Schweizer Design. Mit grosszügigen
Lounges, Gourmet-Restaurants, Bistros,
modernen Arbeitsplätzen, Konferenzräumen,
Entspannungsbereichen und Hotelzimmern
mit Duschen. Und da wäre noch dieser
Weinhumidor mit über 1000 Flaschen
Wein aus aller Welt ... Zum Glück geht der
Topservice in der SWISS First nahtlos auch
im Flugzeug weiter.
Made of Switzerland.
46
Z
Ein Schuh gibt Gummi
Nicht nur Jugendliche, auch Modedesigner, Berühmtheiten und Anzugträger lieben Sneakers.
Wie sich ein bequemer Freizeitschuh zum Luxusprodukt mauserte
TEXT S I LV I A IH R IN G
ILLUSTRATION GI A C O M O B A GN A R A
Es passiert in einer Szene zu Beginn des Films «Working Girl» von 1988.
Melanie Griffith spielt eine ehrgeizige, wenn auch (noch) nicht sonderlich
erfolgreiche junge Frau aus Staten Island, die jeden Morgen mit der Fähre
nach Manhattan fährt, wo ihr Leben und ihre Karriere endlich Fahrt aufnehmen sollen. Sie eilt in ihr Büro, wo sie als Sekretärin arbeitet, gekleidet
Turnschuhe
in ein seriöses Kostüm, mit schwarzen Nylons, das Haar aufgetürmt. Am
Arbeitsplatz angelangt, streift sie sich die schmuddeligen Turnschuhe von
den Füssen – und tauscht sie gegen Pumps.
Für viele arbeitende Frauen in Metropolen wie New York oder London
war dieses Ritual jahrzehntelang üblich. Sie warfen sich morgens in ihre
ZENIT
Z
LINKS Sneakers-Look
von Chanel, ResortKollektion 2015.
RECHTS Dieser Sneaker mit verstecktem
Keilabsatz von
Isabel Marant wurde
bekannt unter dem
Namen «Bekett».
Business-Uniform, zogen für den Weg ins Büro
Turnschuhe an und nahmen die schicken Highheels in Einkaufstüten mit, um später am Schreibtisch in sie hineinzuschlüpfen. Heute haben das
viele working girls, die in kreativen Berufen tätig
sind, im Mediengeschäft oder in Startups, nicht
mehr nötig. Sie behalten ihre Turnschuhe von
vorneherein an – aber was für welche: Slip-ons
von Céline oder Roger Vivier, weisse Leder-HighTops von Saint Laurent, quietschbunte Modelle
mit Nerzbesatz von Fendi . . . Ähnlich geht es den
Männern. Sie kombinieren mit Bienen und Blitzen
bestickte Gucci-«Ace»-Sneakers zu Stoffhose und
Sakko, tragen das neueste Kooperations-Design
von Adidas und Raf Simons zum Meeting oder das
schlichte Veloursmodell mit Lackkappe von Lanvin.
Praktisch jedes Luxusmodeunternehmen, von
Hermès über Tom Ford bis zu Rick Owens, führt
heute eine eigene Turnschuhlinie. Und es ist gar
nicht mehr so unwahrscheinlich, dass der Sneaker
das teuerste Stück am Outfit vieler stilbewusster
Grossstädter ist: Ein Paar aus Kalbsleder von
Berluti kostet knapp über 1300 Franken, eines
aus Seidensatin von Roger Vivier über 1000. Bei
Mrporter.com, einem Online-Shop für DesignerHerrenmode, kann man durch fast 200 Modelle
scrollen. Als Tom Ford im Januar 2015 seine Turnschuhe bei einer Londoner Kollektionspräsentation
der Presse vorstellte, erklärte er, sie verkauften sich
«wieverrückt».Sneakers,einstDistinktionsmerkmal
FOTOS: PD
UNTEN Gucci-Laufsteg-Look mit
«Ace»-Turnschuh
(etwa 700 Fr.).
Turnschuhe
47
ZENIT
FOTOS: RON WOOD / BATA SHOE MUSEUM, PD
48
GANZ OBEN Für einige
Modelle des «Yeezy»Sneakers von Kanye
West für Adidas
werden online über
2000 Fr. verlangt.
OBEN MITTE Der
«Sneaky Viv Ruffled
High Top» von Roger
Vivier kostet rund
1250 US-Dollar.
OBEN Neuer Sneaker
aus der «London»Kollektion des nordirischen Designers
J. W. Anderson.
von Jugendkulturen, funktionales Schuhwerk für
Sportler und bequeme Treter für die Freizeit, haben
sich zu Statussymbolen entwickelt, zu Luxusprodukten. Und zu einer extrem einträglichen Produktkategorie für noble Modefirmen, die noch bis
vor ein paar Jahren nicht im Traum daran gedacht
hätten, Turnschuhe in ihr Sortiment aufzunehmen.
Doch ihr Erfolg hat sie alle umgestimmt. Auf
etwa 55 Milliarden Dollar schätzt die amerikanische Unternehmensberatung und Marktforschungsfirma Sports One Source den Wert des
globalen Turnschuhmarktes – ein Zuwachs von
40 Prozent seit 2004. Die Boutique Roma, ein
High-Fashion-Geschäft mit Dépendancen in Zürich
und St. Gallen, hat im Frühjahr 2016 in ihren zwei
Schuhgeschäften eigene Sneakers-Corner eingerichtet. Die Boutique führt Mode von Haider Ackermann, Dries Van Noten oder Vetements sowie Sneakers aus der Kooperations-Kollektion von Rihanna
und Puma oder solche von Rick Owens, die schon
einmal 800 Franken kosten. «Im Grunde werden
alle Turnschuhmodelle bei uns sehr gut gekauft»,
sagt Geschäftsführer Tiziano Torzuoli. Zuerst habe
man nur reine Designer-Sneakers eingekauft oder
solche aus Kooperationen von Marken wie Adidas
mit grossen Designern wie Raf Simons. Inzwischen
führe man aber auch reine Adidas-Modelle, jedoch
nur besondere Editionen oder limitierte Entwürfe,
die preislich um die 200 Franken liegen. «Diese
werden nur sehr selektiv vertrieben und kommen
in geringen Stückzahlen bei uns an. Es kommt deshalb sehr oft vor, dass Kunden bereits Tage vorher
bei uns anrufen und fragen, ob wir ein bestimmtes
Modell führen», sagt Torzuoli. Meist seien solche
Schuhe bereits am ersten Verkaufstag ausverkauft.
Der Zürcher Verkäufer weiss, warum Sneakers
ein solch lukratives Produkt für Luxusmarken sind:
«Ein Turnschuh ist wie ein Parfum. Er spricht alle
Altersgruppen an, den älteren wohlhabenden Herrn
Turnschuhe
Z
ebenso wie den jungen Teenager. Wer über ein
grosses Budget verfügt, schlägt sofort zu. Wer nicht
so viel Geld besitzt, kann sich 300 Franken recht
schnell zusammensparen.» Mit einem Sneaker
könnten sich auch aufstrebende Luxuskunden
zu einem überschaubaren Preis ein Designerstück
leisten, das erst noch tragbar und vielseitig sei. «Ein
Sneaker ist ein Statement-Piece, das wiedererkannt
wird. Ich kann dazu eine zerrissene Jeans tragen,
der Schuh wertet das Outfit sofort auf.»
Doch wie konnte der Turnschuh zu einem modischen und kostspieligen Lieblingsteil aufsteigen,
das von Sekundarschülern ebenso getragen wird
wie von erfolgreichen Unternehmern und russischen Oligarchen-Gattinnen? Vor gut 13 Jahren,
erinnert sich Tiziano Torzuoli, habe Adidas gemeinsam mit dem japanischen Modedesigner Yohji
Yamamoto die «Y-3»-Linie ins Leben gerufen. Es
war eine der ersten Kooperationen zwischen einem
Sportswear-Unternehmen und einer Prêt-à-porterMarke, so etwas wie der Ursprung der heute gängigen Verschmelzung von Designermode und Sport.
Es ist allerdings nicht so, dass Designer selbst nicht
Z
ZENIT
Sneakers, einst Distinktionsmerkmal
von Jugendkulturen, funktionales
Schuhwerk für Sportler und bequeme
Treter für die Freizeit, haben sich zu
Statussymbolen entwickelt.
LINKS Kooperation aus
den achtziger Jahren:
Den «RS Computer
Shoe» mit eingebautem
Pedimeter und Commodore-64-Schnittstelle
lancierte Puma 1985.
schon früher mit sportlichen Schuhen experimentiert hätten.
Prada begeisterte seine Kunden in den neunziger Jahren mit
dem Modell «PS 0906», das ein wenig wie ein Hybrid aus
Schnürer und Sneaker daherkam. Und Gucci ergänzte 1984
die prätentiöse Yuppie-Garderobe um weisse Tennisschuhe,
mit denen der Besitzer zeigen konnte, dass er oder sie es
endgültig an die Spitze geschafft hatte.
Bis der Sneaker ein fashion piece des 21. Jahrhunderts
wurde, ein Schuh, mit dem sich Chefredaktorinnen von
wichtigen Magazinen bei den Modenschauen in der ersten
Reihe zeigten, dauerte es aber noch Jahre. Heute trägt der
Kreativdirektor von Bally, Pablo Coppola, Sneakers zur alljährlichen Gala im New Yorker Metropolitan Museum, dem
49
wichtigsten Mode-Event des Jahres. Sogar Victoria Beckham,
einst dafür kritisiert, selbst während ihrer Schwangerschaft
nicht auf Highheels verzichten zu wollen, nahm im vergangenen Februar den Applaus für ihre Schau in «Stan Smith»Sneakers von Adidas entgegen. Beckhams Auftritt erinnerte
damals viele Modeleute an die wahre Pionierin, die Sneakers
als angemessene Highheels-Alternative für Frauen etabliert
hatte: Phoebe Philo, Kreativdirektorin von Céline. Philo gilt
als Stilvorbild mit einem sechsten Sinn für die modischen
Bedürfnisse von Frauen. Ihre Fans, sogenannte Philophites,
vergöttern sie. Als die Britin bereits 2011 ein Paar «Stan
Smith» trug, löste sie ein Comeback des legendären AdidasSchuhs aus, der in den achtziger Jahren ursprünglich für den
Tennissport gedacht war. Philo hat selbst zahlreiche Sneakers für Céline entworfen, ihre Slip-ons mit dicker Gummisohle in verschiedenen Farben, Mustern und Materialien
gehören heute zu den Klassikern des Labels.
Ungefähr zur selben Zeit wie Philo begeisterte eine
Französin Frauen weltweit mit einem Turnschuh, den manche Kritiker zunächst als klobiges Ungetüm verurteilten:
Isabel Marant. Ihr «Bekett» war ein kurioses Konstrukt aus
Wildleder, mit vielen Klettverschlüssen und einem verborgenen Keilabsatz. Jahrelang pilgerten Frauen verzweifelt von
Geschäft zu Geschäft auf der Suche nach dem permanent
ausverkauften Schuh, der schnell von Billiganbietern, aber
auch von direkten Konkurrenten schamlos kopiert wurde.
Sneakerhead: Josh Luber besitzt rund 300 Paar Turnschuhe.
TurnschuhBörse
Der Amerikaner Josh Luber ist ein
«Sneakerhead» – ein leidenschaftlicher Sammler seltener Turnschuhe
von Marken wie Nike und Adidas. Er
schätzt die Grösse seiner Sammlung
auf rund 300 Paar, einige Modelle
stammen noch aus seiner Schulzeit.
Ein kurioser Spleen? Nein, weiss
Luber heute: ein Investment. Denn
der Wiederverkaufsmarkt für Turn-
schuhe boomt. Auf knapp über
1 Milliarde Dollar allein in den USA
wird der Gesamtwert des Business
mit Sneakers geschätzt, die im klassischen Einzelhandel nicht mehr zu
bekommen sind und auf Plattformen
wie Ebay weiterverkauft werden.
Luber ist Mitbegründer und
Geschäftsführer von Stockx.com,
einer Website, die wie ein Börsenmarkt für Sneakers funktioniert. Sie
analysiert Daten von zahlreichen
Online-Marktplätzen und Handelsplattformen und bestimmt, darauf
basierend, den Wert von bestimmten
Schuhen. Sneakerheads können auf
Stockx.com herausfinden, für wie viel
das gewünschte Modell auf dem
Wiederverkaufsmarkt gehandelt wird,
sie können kaufen und verkaufen,
und sie können den Gesamtwert ihrer
eigenen Sammlung bestimmen – der
Schuhschrank als Aktienportfolio.
Luber arbeitete früher als Strategieberater für IBM. «Im Rahmen
dieses Jobs sammelte und analysierte
ich ständig Daten», sagt er. «Sneakers
liebte ich sowieso, und so kam ich auf
die Idee, nur zum Spass Daten über
die Schuhe zu sammeln.» Dahinter
steckte der Gedanke, eine Preisliste
für Sneakers anzufertigen, damit Fans
einsehen konnten, was bestimmte
Modelle eigentlich wert sind, erzählt
Turnschuhe
Luber weiter. So entstanden zunächst Campless, eine Datenfirma,
und das Blog. Doch Luber brütete
darüber, was man mit den Daten
alles anstellen könnte. «Ich dachte,
wenn man den Wert eines Paars
Schuhe kennt, kann man auch den
Wert einer ganzen Sammlung
bestimmen: Wie er sich entwickelt,
was ihn beeinflusst», sagt er. «Eine
Sneakers-Sammlung könnte wie
ein Aktienportfolio funktionieren.»
Lubers Schlussfolgerung war, dass
man Sneakers kauft wie Aktien, als
Wertanlage – und somit auch einen
geeigneten Markt benötigt. Doch
ihm fehlte weiterhin der richtige
Partner. Just in diesem Moment
meldeten sich plötzlich Mitarbeiter
des Risikoanlegers Dan Gilbert bei
ihm. Es stellte sich heraus, dass
Gilbert dabei war, ein sehr ähnliches
Unternehmen aufzuziehen. «Also
taten wir uns zusammen, und seit
Februar ist Stockx.com nun online.»
Den Kult um ihre Schuhe befeuern Firmen wie Nike oder Adidas
selbst, indem sie das Angebot bestimmter Modelle limitieren. «So
entsteht der Hype, und so schafft
man eine Aura aus Prestige und
Besonderheit um das Produkt
herum», sagt Luber. Zwei Beispiele
dafür sind der «Air Jordan» von
Nike und der «Yeezy», ein Schuh,
der vom Rapper Kanye West in
Zusammenarbeit mit Adidas entworfen wurde. Vor dem Verkaufsstart
eines neuen «Yeezy» campieren Fans
und professionelle Wiederverkäufer
tagelang vor den Sneaker-Stores wie
beim Launch eines Apple-Produkts.
Der Unterschied: Das neue iPhone
kann sich später jeder kaufen. Den
«Yeezy» aber bekommt man nur
noch im Netz – für einen mitunter
zehnmal so hohen Preis.
Silvia Ihring
ZENIT
50
Elizabeth Semmelhack
Elizabeth Semmelhack ist Schuh-Historikerin und Kuratorin am Bata Shoe Museum
in Toronto. 2015 organisierte sie die Wanderausstellung «Out of the Box: The Rise of
Sneaker Culture». Das dazugehörige Buch ist bei Rizzoli erschienen.
Z
Die Geldelite braucht keine
Anzüge, rahmengenähten
Massschuhe oder spitzen Pumps
mehr, um ihren Reichtum
zu unterstreichen.
Elizabeth Semmelhack
Warum haben Sie angefangen, sich
speziell für Sneakers zu interessieren und
zu dem Thema zu forschen?
Elizabeth Semmelhack Ich bin Schuh-Historikerin, wie könnte ich da die Sneakers
ignorieren? Mich faszinierte die Tatsache, dass der Konsum von Schuhen
als geschlechterspezifische Angelegenheit betrachtet wurde. Es hiess ständig:
«Frauen lieben Schuhe», als ob dies eine
biologische Tatsache sei. Mein Fokus
lag daher auf der Verbindung zwischen
Turnschuhen und Maskulinität.
Was also repräsentieren Sneakers
für Männer?
ES Sneakers stehen für eine Produktekategorie, in der Männer die für sie
grössten modischen Risiken eingehen
können. Mit Turnschuhen können sie
ihrer Individualität Ausdruck verleihen und gleichzeitig eine Verbindung
zur hypermaskulinen Welt des Sports
herstellen. Viele Modelle, besonders
solche im Retro-Stil, haben auch einen
nostalgischen Wert, weil sie den Träger
an die Vergangenheit erinnern.
Jahrzehntelang dienten Turnschuhe
als Identifikationsmittel für verschiedene
Subkulturen. Dann etablierten sie
sich als beliebtes Schuhwerk für den
Mainstream. Welche Entwicklungen
haben dazu geführt?
ES Schon in der Mitte des 19. Jahrhunderts
galten Turnschuhe als Statussymbole. Die
Erfindung der vulkanisierten Gummisohle hatte ihre Herstellung erst möglich
gemacht. Mit solchen Schuhen zeigte man
der Gesellschaft, dass man sich Freizeit
leisten konnte. Doch nach dem Zweiten
Weltkrieg hatten sie jeglichen Reiz verloren, sie wurden nur noch von Kindern
getragen. In den siebziger Jahren änderte
sich das. Die sogenannte Me Generation,
die stark mit sich selbst und Konsum im
Allgemeinen beschäftigt war, entdeckte
den Sneaker und den Fitness-Look für
sich als modisch. Diese Entwicklung
setzte sich in den achtziger und neunziger
Jahren fort und wurde durch den wachsenden Einfluss der Hip-Hop-Szene auf
den Mainstream zusätzlich befeuert. Als
immer mehr Unternehmen in den neunziger Jahren den Casual Friday einführten,
einen Tag, an dem man in Freizeitkleidung ins Büro gehen durfte, gewann der
Sneaker noch mehr an Bedeutung.
Viele Damenschuhe aus den siebziger
und achtziger Jahren sehen heute altmodisch und überholt aus. Warum bleiben dagegen Sneakers aus jener Zeit wie
der «Stan Smith» von Adidas oder der
«Chuck» von Converse zeitgemäss und
gefallen den Kunden heute wie damals?
ES Männermode zeichnet sich generell durch eine lange Haltbarkeit aus,
könnte man sagen. Man denke nur an
den Business-Brogue, der sich im Laufe
der Jahrzehnte kaum verändert hat. Die
Schuhe, die Sie gerade genannt haben,
fallen in genau diese Kategorie: Sie sind
Klassiker.
Interview: Silvia Ihring
Turnschuhe
OBEN Das 25-JahrJubiläum des Songs
«My Adidas» von
Run DMC feierte die
Marke 2011 mit einer
limitierten Variante
des «Superstar».
GANZ OBEN Ausstellung «Out of the
Box: The Rise of
Sneaker Culture»
im Bata Shoe Museum
in Toronto.
Z
51
ZENIT
162%
Zahlen und Fakten im Überblick
18
Jahresumsätze
der Adidas-Gruppe
im Bereich Schuhe
(in Mrd. Euro)
Teuerster je von
Stockx.com
registrierter
Sneaker-Verkauf
(in $)
8,5
7,5
«Air Jordan 3 Retro Black Cement» (2011)
30 000
6,5
5,5
4,5
2010
MODELL: «EMINEM ×
CARHARTT × AIR JORDAN IV»
2015
2011
2012
2013
2014
2015
WERTENTWICKLUNG EINES SNEAKERS
FOTOS: RON WOOD / BATA SHOE MUSEUM
Der Basketballer Michael Jordan trug den «Air Jordan 3 Black Cement» 1988 anlässlich eines AllStar-Spiels. Der ursprüngliche Ladenpreis dieser Neuauflage aus dem Jahr 2011 betrug 160 Dollar.
Für die Modebranche und für Frauen im
Allgemeinen markierte der «Bekett» den Anfang
einer neuen Kleiderordnung. Philo und Marant sind
Designerinnen, die einen bequemen, praktischen
und lebensnahen Look propagieren. In ihren Klei­
dern sollen sich Frauen ungehindert bewegen kön­
muzo.co
nen, sich attraktiv fühlen und für viele verschiedene
Gelegenheiten gut angezogen sein. Schuhe spielen
in dem Zusammenhang eine entscheidende Rolle.
Jahrzehntelang unterstrich und belegte nur der
hohe Absatz die Weiblichkeit und die Eleganz einer
Frau. Marants und Philos Botschaft dagegen lautete:
«Ja, du kannst einen coolen Sneaker zu einem Spit­
zenkleid von Valentino tragen und toll darin aus­
sehen. Ja, du kannst am Abend auch in neonfarbenen
Nikes ausgehen.» Als Christian Dior und Chanel
2014 Haute­Couture­Sneakers vorstellten, von Hand
in stundenlanger Arbeit mit Perlen, Pailletten und
Schmucksteinen bestickt, schien es, als könne nichts
mehr den Turnschuh vom Mode­Thron schubsen.
All diese Designer hatten erkannt, was Sneakers
letztlich für moderne, vielbeschäftigte Frauen und
Männer so begehrenswert macht: der Komfort. Diese
Eigenschaft hat für viele Menschen so viel Bedeu­
tung gewonnen, dass sie den globalen Modemarkt
seit Jahren bestimmt. «Athleisure» heisst der Trend
zu phantasievoller Sportmode, die so schön ist,
dass sie wie normale Alltagskleidung getragen wird.
Yoga­Pants, Lauf­Shorts oder atmungsaktive Nylon­
jacken haben das Fitnessstudio verlassen und kom­
men auch in der Stadt, im Coffee­Shop oder auf Rei­
sen zum Einsatz. «Athleisure und die damit verbun­
dene Tatsache, dass Komfort eine grosse Rolle bei
der Kaufentscheidung vieler Kunden spielt, beein­
flussen den Schuhmarkt extrem», sagt Bernadette
Kissane, Analystin beim Marktforschungsunter­
nehmen Euromonitor. «Performance­Produkte sind
fashion statements, völlig egal, ob sie für den Zweck
genutzt werden, für den sie ursprünglich gedacht
waren. Bei Laufschuhen wird das besonders deut­
lich. Deren Designs werden immer raffinierter.»
Diese neuen Bedürfnisse hegen inzwischen
auch Kunden, die Flugzeuge wie Busse nehmen und
auch einmal drei Kontinente in zwei Wochen berei­
sen. Die Geldelite sitzt heute nicht nur in den Vor­
standsbüros grosser Banken und Konzerne – son­
dern in aufstrebenden Technologieunternehmen,
deren junge Gründer den althergebrachten Dress­
codes keine Bedeutung mehr beimessen. Sie brau­
chen keine Anzüge, rahmengenähten Massschuhe
oder spitzen Pumps mehr, um ihren Reichtum zu
unterstreichen. Und sie sind aufgewachsen mit
einer Pop­Kultur, deren Protagonisten die Grenze
zwischen Luxus und Strasse niedergerissen haben.
«Meiner Meinung nach hat die Hip­Hop­Szene einen
grossen Beitrag dazu geleistet, dass Sneakers so
gefeiert werden», sagt Tiziano Torzuoli. «Stars wie
Kanye West, Pharrell Williams und Rihanna sind
extrem modeaffin, sie interessieren sich für teure
Designerkleidung und mixen diese selbst mit Street­
wear­Elementen.» Rap­Stars, so Torzuoli, seien
Idole, denen Millionen Menschen in den sozialen
Netzwerken folgten. Und so hat eine neue Genera­
tion von working girls den spielerischen Mix aus
Strassenkleidung und nobler Designermode für sich
adaptiert. Die Pumps bleiben zu Hause.
QUELLE: STOCKX.COM
Weltweiter Umsatz
von Nike 2015
im Bereich Schuhe
(in Mrd. $)
52
ZUTAT
Z
Baumnuss
( J U G L A N S R E GI A )
H A R T E S C H A L E , G E S U N D E R K E R N – B A U M N Ü S S E S E T Z E N K U L IN A R I S C H E A K Z E N T E U N D W I R K E N S I C H P O S I T I V A U F DI E G E S U N D H E I T A U S
Tex t C H R I S T I N A H U B BE L I N G
F o t o N I C O L E B AC H M A N N
S t y l i ng A L E L I L E A L F Ü R S T U DI O L A R D O
Il l us t r a t i o n P E T E R J A M E S F I E L D
«Nussen» bedeutet auf Schweizerdeutsch nichts anderes, als im Herbst
die heruntergefallenen Nüsse unter
den Bäumen aufzulesen. Hinterher
macht sich vielleicht der Rücken bemerkbar, und die Hände sind für eine
Weile hartnäckig grünbraun gefärbt.
Doch die Arbeit lohnt sich – nähren
uns die Baumnüsse, auch Walnüsse
genannt, doch den ganzen Winter. Die
reifen Nüsse werden zunächst an der
Luft getrocknet, dann vor dem Verzehr mithilfe des Nussknackers ihrer
harten Schale entledigt. Was zum Vorschein kommt, erinnert optisch an ein
Gehirn. Die äussere Anmutung will
uns vielleicht etwas mitteilen, denn
der Verzehr von Baumnüssen soll sich
dank den enthaltenen gesunden Fett-
säuren gut auf Gedächtnis (und Herz)
auswirken. Auch verfügen Baumnüsse
über Antioxidantien. Daher empfehlen
Forscher der amerikanischen University of Scranton, täglich sieben Baumnüsse zu konsumieren. Ob gemahlen
oder gehackt im Kuchen, als Zutat im
Pastagericht oder als Pesto zum Bestreichen (gerösteter) Brotscheiben:
Baumnüsse lassen sich in der Küche
sehr vielseitig einsetzen. Auch das aus
ihnen gewonnene Öl schmeckt aromatisch und eignet sich ideal für die kalte
Küche – nur erhitzt werden sollte es
nicht. Für die Tessiner Spezialität
Ratafia (Nusslikör) muss man sich
aber gedulden, denn dafür dürfen die
Nüsse nur am 24. Juni, am Johannistag, gesammelt werden.
Baumnuss-Koriander-Pesto
Baumnusskuchen
Zutaten für 2 Einmachgläser à 165 ml
65 g Korianderblätter, 35 g Petersilienblätter, 130 g Baumnüsse, grob gehackt,
130 ml Baumnussöl sowie etwas mehr zum
Auffüllen der Gläser, 1 EL Zitronensaft,
1 TL Koriandersamen, zerstossen,
1 Prise Zitronenschale, Salz, Pfeffer
Zutaten für 1 Tarte-Form (24 cm)
220 g Baumnusskerne, 100 g Butter, 1 EL
Honig, 30 g Mehl, 150 g Zucker, 1 Prise Zimt,
6 Eiweiss, 1 Prise Salz, Puderzucker
Zubereitung:
Baumnüsse im Cutter zermahlen, es sollte
keine Paste geben! Butter schmelzen, Honig
unterrühren. Baumnüsse, Mehl, Zucker und
Zimt mischen. Eiweiss mit Salz steif schlagen,
unterheben, Honigbutter unterrühren. TarteForm mit Backpapier auskleiden, Masse in
die Form geben. 20 bis 25 Minuten im auf
200 Grad vorgeheizten Ofen backen. Vor dem
Servieren mit Puderzucker bestäuben.
Zubereitung
Alle Zutaten im Cutter mixen, salzen, pfeffern.
In Gläser abfüllen, etwas Öl darübergiessen
und verschliessen.
Rezept aus: Nikolaus Tomsich, «Selbstgemacht
im Glas, zum Einkochen, Mitnehmen und Verschenken», Brandstätter-Verlag, 2016.
Buchweizen-Pasta mit «Jersey Blue»-Sauce
Zutaten für 4 Personen: 50 g Baumnusskerne, 2 dl Vollrahm, 150 g «Jersey Blue»-Blauschimmelkäse aus der Städtlichäsi von Willi Schmid in Lichtensteig
(Toggenburg), Salz, Pfeffer aus der Mühle und Muskatnuss, frisch gerieben, 500 g Buchweizennudeln, ½ Bund Petersilie
1. Baumnusskerne auf einem grossen
Holzbrett grob hacken, dann in
einer beschichteten Pfanne bei
mittlerer Hitze einige Minuten
rösten. Beiseite stellen.
2. Rahm in einem kleinen Kochtopf
erwärmen. «Jersey Blue»-Käse in
Stücke brechen, im Rahm schmelzen.
Mit Salz, Pfeffer und Muskatnuss
abschmecken.
3. Buchweizennudeln im Salzwasser
al dente garen. Das Kochwasser
abgiessen, Nudeln in den Topf
zurückgeben. Sauce über die Nudeln
giessen und sorgfältig vermengen.
Weitere Rezepte finden Sie online auf:
bellevue.nzz.ch
4. Petersilie waschen, trocken
schütteln und hacken. Die Buchweizennudeln auf vier Teller
verteilen. Petersilie und geröstete Baumnüsse darüberstreuen.
54
Z
ZU TISCH
Aperitivo mit
Peggy Guggenheim
A
E
C
B
D
A
C
B
Peggy wurde 1898
in eine der
reichsten Familien
Amerikas hineingeboren – ihr
Onkel war der
Industrielle und
Kunstsammler
Solomon
R. Guggenheim.
Schale (850 Fr.),
von Gaetano Pesce,
bei Nord3
1912 starb ihr
Vater beim
Untergang der
«Titanic».
Skulptur «Flore»
(310 Fr.), von
Lalique, bei
Aux arts du feu
D
«Ich war schon
eine emanzipierte
Frau – lange bevor
es einen Namen
dafür gab.»
Kerzenhalter
«C20» (238 Fr.),
von Casarialto
Murano, bei
Two Rooms
E
Mit gerade einmal
23 Jahren zog
Peggy Guggenheim nach Paris,
wo sie viele
Künstler kennenund lieben lernte.
Dessert-Teller
«Marbre» (80 Fr.),
von Astier
de Villatte, bei
Limited Stock
Nach dem Zweiten
Weltkrieg erstand
sie den Palazzo
Venier dei Leoni
in Venedig und
machte ihn zu
Wohnhaus und
Museum zugleich.
Ballon-Glas mit
Malerei (165 Fr.),
von Ted Muehling
für Lobmeyr,
bei Limited Stock
ZU TISCH
Z
55
Tex t DAV I D S T R E I F F C O R T I
F o t o s N I C O L E B AC H M A N N S t y l i ng A L E L I L E A L F Ü R S T U DI O L A R D O
Die Mäzenin, Galeristin und Sammlerin Marguerite «Peggy» Guggenheim nahm sich
Freiheiten, die einer Frau ihrer Zeit nicht zustanden. Ob Nasenoperation, Affären (etwa mit Samuel Beckett)
oder wilde Partys, Konventionen kümmerten sie wenig – dafür die Kunst umso mehr
I
H
F
G
F
G
«Die Hälfte der
Leute, die herkommen, wollen meine
Sammlung sehen,
die andern, um
jemanden zu
treffen, den sie
als Berühmtheit
erachten.»
Vase aus den
sechziger Jahren
(280 Fr.), bei
Two Rooms
H
Peggy Guggenheim hatte zwei
Kinder – Sindbad
und Pegeen.
Kristallglas-Platte
«Falsterbo», Amber
II Limited Edition
18/25 (4000 Fr.),
von Matz Borgström, Orrefors
Gallery 90, bei Aux
arts du feu
I
Auf die Frage,
wie viele Ehemänner sie in ihrem
Leben gehabt
habe, entgegnete
sie: «Meine
eigenen oder jene
anderer Leute?»
1979 wurde Peggy
Guggenheim
im Garten ihres
Museums in
Venedig begraben
– direkt neben
ihren geliebten
Hunden.
Vase «Moss»
(je 55 Fr.), von
PCM Design,
bei Limited Stock
Glasvase (990 Fr.),
von Kai Franck für
Nuutajärvi (1968),
bei Nord3
Peggy Guggenheim
Design & Wohnen
Kochen & Geniessen
Uhren & Schmuck
Reisen & Entdecken
Auto & Gadgets
Foto: Fotolia
Mode & Beauty
Schöne Ausblicke wecken Fernweh
bellevue.nzz.ch/reisen-entdecken
Wer reist, lebt intensiver. Und noch nie war Reisen so einfach und vielseitig wie heute.
Umso entscheidender ist es, die sehenswerten Hot Spots in Weltstädten zu kennen,
neue Wanderrouten zu beschreiten und Wellness-Angebote zu geniessen, die halten,
was sie versprechen. Lassen Sie sich von unseren Experten inspirieren – nur packen
müssen Sie noch selbst.
ZUGABE
T
57
- D E S TI
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UEN (
Die Flöhe leben
D E R B E R Ü H M T E PA R I S E R M A R C H É A U X P U C E S F E I E R T E I N F U R I O S E S C O M E B A C K : N E U E
V I N TA G E - L Ä D E N , C O N C E P T- S T O R E S U N D C O O L E L O K A L E H A B E N D A S A N G E S TA U B T E I M A G E
W E G G E P U S T E T U N D D E N F L O H M A R K T A L S S C HI C K E S H O P P IN G - D E S T I N AT I O N E TA B L I E R T
Tex t u n d F o t o s PAT R I C I A E N G E L HO R N , P D
War es Woody Allen, der 2011 mit seinem Film «Midnight in Paris»
den Flohmarkt in Saint-Ouen wieder salonfähig machte? Zur
Erinnerung: Seine Heroin Inez wandert zwischen den Ständen des
Marché Serpette umher. Oder war es Philippe Starck, der 2012 das
Restaurant «Ma cocotte» an der Rue des Rosiers eingerichtet hat?
Jedenfalls ist der Flohmarkt, nachdem er Anfang des Jahrtausends in einer tiefen Krise steckte, mit vielen leeren Ständen und
einem schlechten Ruf zu kämpfen hatte, jetzt so beliebt wie nie
zuvor. Dies hat auch damit zu tun, dass eine neue Händlergeneration
angetreten ist, die nicht missmutig in ihren Stühlen hängt, sondern gelernt hat, freundlich auf Kunden zuzugehen. «Wir haben
uns um ein Empfangszentrum gekümmert und geschaut, dass
Taxis für Besucher bereitstehen. Man kann sogar einen ShoppingBegleiter buchen», erklärt Marion Dufranc, Leiterin des Marché
Paul Bert-Serpette, der als glamourösester der zwölf Märkte gilt.
Hier hat auch die grösste Veränderung stattgefunden: Fast ein
Jahrzehnt lang gehörte Paul Bert-Serpette dem kürzlich verstorbenen Gerald Cavendish Grosvenor, Herzog von Westminster. Im
Frühjahr 2014 verkaufte er das 12 000-Quadratmeter-Terrain für
25 Millionen Euro an den Franzosen Jean-Cyrille Boutmy. Seither
wurden 30 Prozent der rund 350 Verkaufsstände im malerischen,
mit Glyzinien bewachsenen Areal renoviert und zum Teil von
jungen Händlern bezogen, die anstelle von Louis-XVI-Kommoden
Objekte aus dem 20. Jahrhundert anbieten.
Der Hype um «Les Puces» hatte allerdings schon vorher
begonnen. Kurz nach «Ma cocotte» eröffnete das DesignermöbelImperium Habitat einen Laden in einer ehemaligen Lagerhalle, im
Hof davor richteten sich der Burger-Joint «La buvette» und die
angesagte Bier-Bar «Sonnenkönig» ein. Die Rue des Rosiers 77
wurde zum Epizentrum des neuen Puces-Trends. Wer die von
Industrie-Chic und Pariser Bobos geprägte Atmosphäre noch geniessen möchte, muss sich beeilen. Anfang nächsten Jahres sollen
die baufälligen Hallen und Häuschen abgerissen werden. An ihrer
Stelle entsteht ein gigantisches Immobilienprojekt mit Wohnungen, Büros und Verkaufsflächen, das Saint-Ouen ein neues Image
und dem Flohmarkt noch mehr Besucher bescheren wird.
Saint-Ouen (Paris)
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06
06 – La cave Garibaldi
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ILLUSTRATION: GIULIO MIGLIETTA
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AVENUE MICHELET
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DA
01 Hotel fürs Quartier
02 Hideaway
MOB
Ende Dezember eröffnet das schicke Hotel
in einem ehemaligen
Bürohaus, das für eine
junge, umweltbewusste
Klientel gedacht ist.
Die Bibliothek, das
Open-Air-Kino sowie
der Obst- und Gemüsemarkt im Innenhof
sollen allerdings auch
Anwohner anlocken.
DZ ab 79 Euro.
Hôtel de la Villa Biron
Das von Violaine
Georges gestaltete und
geführte Bed & Breakfast bietet sieben
gemütliche Zimmer in
einem Gebäude, das gut
verborgen zwischen
den vielen Marktständen steht. Im Vorderhaus befindet sich die
unter puciers sehr beliebte Brasserie Biron.
DZ ab 79 Euro.
mobhotel.com
hotelvillabironparis.com
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05
BD PÉRIPHÉRIQUE
04
09
07
ESSEN
03 Industrie-Chic
04 Unter Einheimischen
05 Versteckspiel
Ma cocotte
Philippe Starck sieht
das von ihm gestaltete
Lokal als Wohn-Kantine für jede Tageszeit.
Man sitzt in einer
Industrie-Halle zwischen vollen Bücherregalen und viel Kunst.
Aus der offenen Küche
kommen einfache
Gerichte wie Rindssteak, Fish and Chips
oder Ile flottante.
Café Le Paul Bert
Holzvertäfelungen und
alte Plakate prägen das
1985 eröffnete Bistro,
als Highlight gilt allerdings die grosse Terrasse. Stammgäste werden
vom Patron per Handschlag begrüsst, zu den
kulinarischen Highlights zählen Klassiker
wie Œufs mayonnaise,
Tartare de bœuf und
hausgemachte Fritten.
La petite salle
à manger
Das winzige Restaurant
ist im Labyrinth der
Serpette-Markthalle
versteckt. Auf einer
Theke liegen kalte
Speisen wie Taboulé,
dazu gibt es Tartes und
wechselnde warme
«plats du jour».
macocotte-lespuces.com
lepaulbert.fr
UNGEZIEFER
«Les Puces de Paris Saint-Ouen» ist der älteste und grösste Flohmarkt der Welt. Er entstand
1870, als die Pariser Lumpensammler aus Hygienegründen aus der Hauptstadt verbannt
wurden und sich am Rande des damals entstehenden Dorfes Saint-Ouen niederliessen.
Die Legende besagt, dass auch der Begriff «Flohmarkt» aus Paris stammt, weil zusammen
mit den gebrauchten und meist ungewaschenen Textilien der eine oder andere
Floh (puce) den Besitzer wechselte.
08 – Ausstellung in der Galerie Until then
Marché Serpette, allée 2,
110, rue des Rosiers
SHOPPING
04 – Café Le Paul Bert
WAS? WIE? WO?
Der Marché aux Puces befindet sich im
Norden von Paris jenseits des
Boulevard périphérique und gehört zur
Gemeinde Saint-Ouen. Man erreicht ihn
mit der Metrolinie 4, Haltestelle Porte
de Clignancourt, oder mit der Linie 13,
Station Garibaldi.
Die offiziellen Öffnungszeiten sind
Samstag und Sonntag von 10 bis 17.30,
Montag von 11 bis 17 Uhr.
10 Mode
Chez Sarah
Tagelang könnte man das
Angebot an Schuhen, Hüten,
Taschen und Textilien durchforsten, das in diesem 70 Meter
langen Verkaufsschlauch liegt
und hängt. Sarah Rozenbaum
führt den auf Mode aus dem
19. und 20. Jahrhundert
spezialisierten Laden in dritter
Generation.
12 – Arts de la table
05 – La petite salle à manger
chezsarah.net
10 –Chez Sarah
11 Eklektisch
12 Historisch
Quintessence Playground
Ludovic Messager wagt in
seiner zweistöckigen Halle ein
so extravagantes wie amüsantes
Experiment: einen ConceptStore ohne ersichtliches Konzept. Angeboten werden unter
anderem antike Steinbüsten,
vergoldete Schweinchen, Industriemobiliar und ein Motorrad
aus den fünfziger Jahren.
Arts de la table
Nachdem Jérôme Chedmail
lange bei einem Silberwarenhändler gearbeitet hatte, zog
es ihn auf den Flohmarkt. In
seinen Vitrinen liegt Tafelsilber
aus dem 19. und 20. Jahrhundert im Empire-, Napoleon-IIIoder Art-déco-Stil, darunter
viele Stücke von Christofle.
3, rue Paul Bert
Saint-Ouen (Paris)
03 – Ma cocotte
Marché Serpette, allée 3,
110, rue des Rosiers
TRINKEN
59
06 Feuchtfröhlich
07 Musikalisch
La cave Garibaldi
«Enfin!», jubelten viele, als vor fünf
Jahren die Weinhandlung eröffnete.
Grund zur Freude war vor allem die
dazugehörige Bar, wo viele der 200
angebotenen Weine auch glasweise
ausgeschenkt werden. So trifft man
sich direkt am Ausgang der Metrostation Garibaldi auf ein Glas Chablis
und ein paar Austern.
La chope des Puces
Wenn am Nachmittag die Band
aufspielt, wird es eng in diesem
Kult-Café. Angeblich hat schon
Django Reinhardt hier gespielt,
und die Jazz-Tradition ist bis heute
lebendig geblieben. Zwischen den
Touristen sitzen auch viele Einheimische, in der ersten Etage hat der
Besitzer eine Musikschule eröffnet.
cave-garibaldi.fr
lachopedespuces.fr
Auf dem Marché aux Puces
E IN TAG IM L EBE N VON HUGU E S
C OR NIÈ R E , PUCIER UND P R Ä SIDE N T DE S
M A RCHÉ AU X P UC E S (M A P)
«Ich war Sammler, bevor ich zum Händler
wurde. Jahrzehntelang suchte und kaufte ich
alte Hi-Fi-Anlagen, meine Garage war überfüllt
und meine Frau genervt. 2006 war ich dann
der Erste, der auf dem Flohmarkt mit alten
Hi-Fi-Anlagen handelte. Inzwischen bin ich
Präsident des MAP, aber meinen Laden
‹Sounds Good› (Marché Dauphine, Stand 28)
habe ich immer noch. Ich bin jedes Wochenende hier. Am Freitagvormittag handeln wir
Händler untereinander. Samstag, Sonntag und
Montag kümmere ich mich um den Verkauf.
Trotzdem nehme ich mir Zeit für einen Kaffee
mit Kollegen im ‹Paul Bert› oder in ‹Le Voltaire›
(93, rue des Rosiers). Wir kennen uns alle, und
es herrscht natürlich Konkurrenz, aber wir sind
auch befreundet. Am Abend treffen wir uns
gerne auf ein Glas im ‹Piccolo› (58, rue JulesVallès), einem alten Puces-Café. Wir gehen
auch oft in die Brasserie Biron, in die sich
selten Touristen verirren. Am Sonntag spielen
dort manchmal Blues- oder Rock-Bands.»
09 – Skulptur in der Galerie Sebban
02 – Hôtel de la Villa Biron
KULTUR
08 Selektiv
09 Pioniere
Until then
Das Trio hinter der vor zwei
Jahren gegründeten Galerie
möchte «Les Puces» in SaintOuen zu einem neuen Hub der
Pariser Kunstszene entwickeln.
Mit seiner 500 Quadratmeter
grossen Ausstellungshalle,
gewagten Performances und
wenigen, ausgesuchten Ausstellungen sorgt es jedenfalls für
stetig wachsendes Interesse.
Galerie Sebban
Yoana und Michael Sebban
waren die Ersten, die sich
trauten, eine Galerie für zeitgenössische Kunst zwischen
den vielen Ständen der Antiquitätenhändler zu eröffnen.
Ob Malerei, Skulptur oder
Mixed Media – die hier gezeigten Werke sind meist farbenprächtig, manchmal respektlos
und immer bezahlbar.
untilthen.fr
galeriesebban.com
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Alle von NetJets® Europe angebotenen Flugzeuge werden von NetJets Transportes Aéreos S.A., einer EU-Luftfahrtgesellschaft, betrieben.
11 – Quintessence Playground
DIMENSIONEN
Die weltweit grösste Verkaufsfläche für Trödel und
Antiquitäten erstreckt sich über sieben Hektaren, das ist
ungefähr so gross wie zehn Fussballfelder. Auf dem
Areal befinden sich zwölf unterschiedliche Märkte mit
insgesamt gut tausend Händlern. Im Schnitt kommen
jährlich zwischen zwei und drei Millionen Besucher, die
dem Flohmarkt einen geschätzten Jahresumsatz von 400
Millionen Euro sowie einen Platz unter den fünf meistbesuchten Sehenswürdigkeiten Frankreichs bescheren.
Hugues Cornière
Destillate weiterer
Städte finden Sie online auf:
bellevue.nzz.ch
ZUGABE
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Z
ZU GEWINNEN
Ver führerische Momente
1
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3
GE W INNEN SIE EINES VON 2 0 DUF T-UND-PFL EGE-SE T S «DIV INE DECADENCE »
VON MA RC JACOBS IM W ER T VON JE 24 0 FR A NKEN
1
SHO W E R - GE L « DI V I N E DEC A DE N C E », 15 0 M L
2
BODY- L O T I O N « DI V I N E DEC A DE N C E », 15 0 M L
3
E A U DE PA R F U M « DI V I N E DEC A DE NC E », 10 0 M L
Teilnahme schlus s
13 . N O V E M BE R 2 0 16
Am Wettbewerb teilnehmen
können Sie online auf:
bellevue.nzz.ch
Um dem Alltagstrott ein wenig
zu entfliehen und die kalten
Tage etwas prickelnder zu gestalten, lässt man sich auf das
Spiel mit der Verführung ein.
Bereits ein paar Spritzer eines
sinnlichen Dufts schenken
augenblicklich ein Gefühl von
Glamour. Nach dem grossen
Erfolg des Parfums «Decadence» mit seinen orientalischblumigen Duftnoten haben der
Modedesigner Marc Jacobs
und die Parfümeurin Ann
Gottlieb nun eine Neuinterpretation kreiert: «Divine
Decadence» verströmt einen
Hauch von Spritzigkeit durch
die sprudelnden Kopfnoten aus
Champagner, Orangenblüten
und Bergamotte. Die Herznote
berauscht mit weissen Blüten:
ein sinnlicher Mix aus Gardenien, Hortensien, Iris und
Geissblatt. Für eine exotische
Note und viel Wärme sorgen
Safran, Vanille sowie flüssiger
Bernstein in der Basisnote. Wer
das Parfum zu intensiv findet,
wählt die Kombination von
Shower-Gel und Body-Lotion.
Schöner Nebeneffekt, gerade
im Winter, ist eine streichelzarte
Haut, und der Flakon entzückt
mit seiner Handtaschenform.
Wir verlosen 20 Duft-Sets im
Wert von je 240 Franken. Am
Wettbewerb teilnehmen können Sie online auf bellevue.
nzz.ch. Viel Glück!
Mi tarbei tende der N Z Z-Mediengruppe sind zur
Teilnahme am Wet tbewerb nicht berecht igt .
Aus den richtigen Einsendungen werden eine
Woche nach Erscheinen des Magazins in der
Redak tion die 2 0 L ose gezogen. Die Gewinner
werden schrif tlich benachrichtigt . Mit der
Teilnahme am Wet tbewerb erklären Sie sich
dami t einvers tanden, dass die Neue Zürcher
Zei tung AG alle für die Durchführung und
A bwicklung des Wet tbewerbs er forderlichen
Daten erhebt und diese für den Zei traum des
Wet tbewerbs speicher t . Ausserdem erklären
Sie sich dami t einvers tanden, dass Ihre Daten
für Marketingz wecke, zur Kundenpflege
und für personalisier te Werbung ver wendet
werden dür fen. Die Daten können zu diesen
Zwecken auch innerhalb der NZ Z-Mediengruppe
wei tergegeben und ver wendet werden.
Die Gewinnerlis ten werden nicht öf fentlich
publizier t . Der Recht sweg is t ausgeschlossen,
Mehr fachteilnahmen werden gelöscht .
Teilnahmeschluss für den Wet tbewerb is t
der 13 . 11. 2 016 .
IMPRESSUM
Z – Die Substanz des Stils
is t ein Magazin der N Z Z
Chefredak tion
F elix E . Müller (fem.)
Nicole A l thaus (na.)
Redak tionelle Leitung
Malena Ruder (rud.)
Redak tion
K im Dang (kid.)
Chris tina Hubbeling (chu.)
A nna Kaminsk y (aky.)
Peter Keller (kep.)
Oliver Schmuki (ols.)
David S treif f Cor ti (das.)
Roberto Zimmermann (roz.)
F lorian Zobl (fzo.)
Autoren
Nora Baldenweg, Ursula Borer,
A ndrea Bornhauser, Bice Curiger,
Patricia Engelhorn, Daniel und
Markus Frei tag, Silvia Ihring,
Sarah Illenberger, Richard Kägi,
Manfred Paps t , Barbara V inken
Ar t-Direction
Claudio Gmür (clg.)
L ayout
A lexandra Kojic (akc.)
Jürg S tur zenegger
Produk tionsleitung
Daniela Salm
Bildredak tion
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Korrek torat
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Barbara S tuppia
Adresse Redak tion
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E-Mail: z @ nz z.ch
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A lle A r tikel wurden exklusiv
für « Z – Die Subs tanz des S t ils»
geschrieben. A lle Rechte vorbehal ten. Jede Ver wendung der
redak tionellen Tex te (insbesondere
deren Ver vielfäl tigung, Verbreitung,
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Zus timmung der Geschäf t slei tung
einzuholen.
Unternehmensleitung
Vei t Dengler (CEO)
Projek t verant wor tung
S teven Neubauer
Projek tleitung
L arissa Bieler
ISSN 16 6 2 –15 7 3
© 2 016 Neue Zürcher Zei tung AG
November 2016
Ar thur Arbesser
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Astier de Villat te
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Aurélie Bidermann
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Aux ar ts du feu
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Mulberr y
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Nord3
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Ole Lynggaard Copenhagen
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Stella McCar tney
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Two Rooms
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Ush by Yuichi Toyama
www.usholic.tumblr.com
Z
61
ZUGABE
ROUND TABL E
R edak t io n A N N A K A M I N S K Y
EIN TAG OHNE SELFIE IST EIN VERLORENER TAG
M EL A N I E H A N I M A N N
Leitung Marketing und Kommunikation bei Modissa
«Nein, natürlich nicht! Das wären zu viele verlorene
Tage in meinem und in vielen anderen Leben. Für die
Menschheit sind tägliche Selfies nicht wichtig – ausser
natürlich jene von Kim Kardashian und ihrem Po. Ich
betrachte das Selfie als eine moderne Form des Selbstporträts, eine wunderbare Art der Eigenreflexion. Dies
wusste übrigens schon Vincent van Gogh. Es schadet
nicht, sich ab und zu genau anzuschauen und bei sich
selber richtig hinzuschauen. Zu erkennen, wie man sich
selber präsentieren will. Porträts widerspiegeln demnach einen persönlichen Zustand, einen Moment, eine
Zeit, eine Epoche. Es wären verlorene Tage, hätte sich
van Gogh die Mühe nicht gemacht, und somit darf man
Kim keinen Vorwurf machen. Sie widerspiegelt nur
unsere Zeit.»
SU N I TA M A LDONA DO
Projektmanagerin bei der Crowdfunding-Plat t form Wemakeit
«Das Bild mit der richtigen Pose und mit dem richtigen Filter wird erst
dann zum Selfie, wenn es gepostet, gesehen und gelikt wird. Was die Frage
aufwirft, was mit all den Bildern passiert, die es niemals so weit schaffen.
Gibt es einen Selfie-Friedhof? Und machen Ausserirdische auch Selfies?»
M A RT I N ROH R
Inhaber von SchmauderRohr und Ausstellungsmacher der «Media World» im Verkehrshaus
der Schweiz
«Am Tempel des Apoll in Delphi war in der Antike ein kurzer und markanter Spruch zu lesen:
‹Gnothi seautón›, erkenne dich selbst. Selbsterkenntnis, als tägliche Übung, sollte der Anfang sein, die Basis für jedes sinnvolle Denken
über die Götter und die Welt. Am Eingang zur
‹Media World›, der neuen Ausstellung im Verkehrshaus der Schweiz, ist Folgendes zu lesen:
‹Das perfekte Selfie, aufgenommen von 36
synchronisierten Kameras. Schiesse ein dreidimensionales Selbstporträt, das dich in Action
zeigt.› Das Selfie als tägliche Ausübung einer
uralten Aufgabe und Hingabe des Menschen:
der Selbst-Bestimmtheit und der Selbst-Darstellung – und schliesslich der Bewusstmachung
seiner selbst. Wann sonst im Leben ist man
Regisseur, Kameramann und Protagonist
zugleich? Und für alle, die noch zweifeln:
Foto, ergo sum.»
F L OR I A N ZOBL
CH R ISTOPH M I LER
Redaktionsleiter des «Stil»-Magazins
der «NZ Z am Sonntag»
Grafikdesigner, arbeitet an der Hochschule der Künste Bern und
unter dem Label Offshore Press an freien Buchprojekten
«Solange ich keine eigene SamstagabendTV-Show habe, halte ich die Kamera eben
auf mich selbst gerichtet. Auch unbewegliche
Bilder entfalten, einmal gepostet, eine grosse
Aussenwirkung. Zumal Social Media und
andere digitale Kanäle das klassische Fernsehen allmählich ablösen. Ja, der Griff zum
Smartphone und das Fingertippen auf den
Selbstauslöser gehen mir schnell von der
Hand. Nein, es geht mir nicht bloss um EgoShooting. Auch Bekannte und Freunde, hier
ein Tier, dort ein Auto erhalten oft Platz auf
meinen Selfies. Früher schrieb man Tagebücher, heute greift man zum Handy. Mit
dem Unterschied, dass ich all jene an den
fotografischen Momenten teilhaben lasse,
die ich mir aussuche. Reine Selbstdarstellung? Ein Lehrer sagte einmal zu meiner
Mutter: ‹Ihr Sohn verträgt viel, nur nicht zu
viel Bestätigung.› Er hat sich ja so getäuscht!»
«Erstaunlich, aber wahr: 2002 kreiert ein australischer Jugendlicher
den Begriff Selfie, als er sich im besoffenen Zustand zuerst mehrere
Zähne ausschlägt und das gleich darauf entstandene Selbstporträt
online beschreibt. Vierzehn Jahre später haben sich Selfies als Mittel
zur Selbstdarstellung etabliert – auf Facebook, Twitter und Instagram
werden sie millionenfach gepostet, shared und gepinnt. Dabei ist der
Kampf um Aufmerksamkeit und soziale Bestätigung allgegenwärtig.
Auf der Suche nach Likes inszenieren wir die richtigen Körperteile im
richtigen Licht, suchen die besten Ausschnitte und passendsten Filter.
Was entsteht, ist eine Flut ästhetisierter Bilder für den Voyeur in uns,
eine unterhaltsame Nabelschau voller ausgeschlagener Zähne, in der
die Welt jedoch ziemlich klein werden kann.»
November 2016
62
Z
ZUGABE
ZITAT
A us ge such t un d ko m men t ier t v o n M A N F R E D PA P S T
«Deutsch
ist schon desha lb
EINE
gute Sprache,
W
i
n
i
h
E
r
I
L
Mensch und Mann
NICHT
DAS
GLEICHE
SIND.»
Wolfgang Hildesheimer (1916 – 1991),
deutscher Schriftsteller
Wir lieben englische Verse wie «The Child is father of the Man» von William
Wordswor th. Sie verbinden Klang mit Tiefsinn. Und dennoch fehlt da et was:
das weibliche Geschlecht. In der «Menschheit» ist es spürbarer enthalten
als in «Mankind», auch wenn die feministische Sprachkritik natürlich monie­
ren kann, dass die Menschen, wenn sie zum Singular schrumpfen, nur noch
den männlichen Ar tikel vor sich her tragen. Aber wir sollten Traditionen
und Konventionen nicht überbewer ten. Freuen wir uns lieber daran, dass
Menschlichkeit et was anderes ist als Männlichkeit – und auch daran, dass
der Mensch, das unmögliche Wesen, überhaupt erst im geschlechtsneu­
tralen Plural «die Menschen» einen Reim auf sich machen kann, nämlich in
Versen, und zwar den Bennschen.
GIACOMETTI
MATERIAL
UND VISION
KUNSTHAUS
ZÜRICH
Die Meisterwerke in
Gips, Stein, Ton und Bronze
Alberto Giacometti, Werke 1949 – 1965, Kunsthaus Zürich, Alberto Giacometti-Stiftung, Foto: Dominic Büttner, © Succession Alberto Giacometti / 2016 ProLitteris, Zürich
28.10.2016 — 15.01.2017
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