Geierschluchten und Orchideenwiesen Eine naturkundliche Reise in eine der malerischsten und ornithologisch-botanisch interessantesten Gebiete Europas! 06. – 14.Juni 2015 Reiseleitung: Chris und Andrea Engelhardt (birdingtours) Stefan Rathgeber (Cevennen-Kenner und lokaler Exkursionsführer) Teilnehmerzahl: 6 Unterkunft in einem landestypischen Hotel direkt in der Jonte-Schlucht Die Cevennen sind eine teils malerische, teils schroffe Gebirgsregion im Süden Frankreichs, die in Teilen von der UNESCO zum Biosphären-Reservat und sogar Welterbe der Menschheit erklärt wurde. Hier finden sich Bergmassive und trockene Hochplateaus, die in senkrecht abfallenden Schluchten durch wild anmutende Flüsse durchschnitten werden. Die Landschaft dort ist nicht nur aus touristischer Sicht atemberaubend schön, hier ist auch eine der besten Stellen in Europa, um wildlebende Geier zu beobachten. Daneben wartet die Region mit einer Vielzahl weiterer ornithologischer und natürlicher Schätze auf, von speziellen Vogelarten, Reptilien und Schmetterlingen bis hin zu zahlreichen Orchideen! Bereits vor 70.000 Jahren haben in den steilen Wänden der Cevennen Geier gelebt - aus Sicht der Geier ein optimaler Lebensraum. Bis mehrere hundert Meter senkrecht aufsteigende Felswände in den Schluchten der Flüsse Tarn und Jonte führen schon bei leichter Sonneneinstrahlung zu tragfähigen Aufwinden, in denen die Vögel bei fast jedem Wetter segeln können. In den unzugänglichen Felsnischen finden sie Unterschlupf und geschützte Nistplätze für ihre Jungenaufzucht. Nachdem Mitte des letzten Jahrhunderts alle Geier der Region ausgerottet waren, wurden seit 1981 in einem aufwändigen und langwierigen Wiederansiedlungsprogramm Gänsegeier und Mönchsgeier wieder in ihrem ursprünglichen Lebensraum ausgewildert, danach auch einige Bartgeier. Als letztes kehrte vor einigen Jahren auch der Schmutzgeier zurück, so dass wir heute dort drei oder mit Glück sogar vier Geier-Arten miteinander beobachten können. Zum Reiseverlauf: Der Ankunftsabend dient dem Kennenlernen der Gruppe und der Vorstellung des vorgesehenen Reiseprogramms. Mit uns zu reisen soll das Gefühl vermitteln, "Urlaub mit Freunden" zu machen. Und so wird es auch. Wir erleben wunderbare Tage in entspannter Atmosphäre, mit vielen spannenden Natur-Beobachtungen und grandiosen Landschaftserlebnissen. Am ersten Tag wollen wir - nach der langen Anreise - nicht so weit fahren und wandern direkt vom Hotel los, den Wanderweg aus der Jonte-Schlucht bei Les Douzes hinauf auf die Causse Mejean. Unser Ziel ist eine Fromagerie in dem kleinen Ort Hyelzas, wo man Käse und andere regionale Erzeugnisse kaufen und verzehren kann. Auf der mehrstündigen Wanderung halten wir immer wieder an, es gibt so vieles zu entdecken: wir lauschen den Stimmen von Berglaubsänger (Phylloscopus bonelli) und Zaunammer (Emberiza cirlus), Dutzende Orchideen und anderer Blütenpflanzen säumen unseren Weg, es fliegen zahlreiche Schmetterlinge, darunter so attraktive Arten wie das Weißbindige Wiesenvögelchen (Coenonympha arcania) und der Rundaugen-Mohrenfalter (Erebia medusa). Alle Beobachtungen dieser Wanderung finden Sie unter diesem Link. So wird es uns von jetzt an bei jeder Exkursion ergehen - die Causses und die Landschaft der Cevennen haben eine reichhaltige und vielfältige Natur zu bieten! Am nächsten Tag wollen wir weniger weit wandern. Viele Stunden verbringen wir in der Umgebung eines Wasserloches auf der Causse Noir, wo zahlreiche Libellen fliegen: Gemeine Becherjungfern (Enallagma cyathigerum), Vierfleck (Libellula quadrimaculata), Große Königslibelle (Anax imperator), Gemeine Heidelibelle (Sympetrum vulgatum) und Feuerlibelle (Crocothemis erythraea) zählen zu den Arten, die wir bestimmen können. Es singen Orpheus- und Dorngrasmücke, wir bestaunen einen Libellen-Schmetterlingshaft (Libelloides coccajus), auf den Wiesen stehen verschiedene Knabenkräuter und wunderschön gezeichnete Bienen- (Ophrys apifera) und Schnepfen-Ragwurze (Ophrys scolopax), deren Bestimmung nicht immer einfach ist. Ein auf dem Schuh des Reiseleiters landender Falter stellt sich später als der nur hier über 900 Meter Höhe vorkommende Walliser Waldportier (Hipparchia genava) heraus. Auch diese Beobachtungen finden Sie auf naturgucker.de unter diesem Link. Dann zieht das Wetter sich zu. Wir fahren zum Abschluß noch auf den höchsten Berg der Region, den Mount Aigual, wo wir einkehren und den weiten Blick über die Landschaft genießen. Nach dem Abendessen fährt ein Teil der Gruppe noch mit den Reiseleitern zu einer kleinen Nachtexkursion hinauf auf die Causse Mejean, wo Füchse die Straße queren und der Steinkauz ruft. An einem Wasserloch finden wir reichhaltiges Amphibienleben mit zahlreichen Westlichen Schlammtauchern (Pelodytes punctatus), die teilweise noch ihre Schwänze tragen, und auch einige Fadenmolche (Lissotriton helveticus) lassen sich im Licht der Taschenlampe bestens beobachten. Am dritten Tag unternehmen wir eine ganztägige Wanderung. Der Rundweg von Cassagne entlang der Jonte- und Tarn-Schlucht zählt zum Schönsten und Atemberaubendsten, was die Causses zu bieten haben. Unglaubliche Ausblicke auf die steilen Kalksteinwände mit den Geierbrutplätzen wechseln mit schattigen Abschnitten durch lichte Wälder, in denen Rote Waldvögelein (Cephalanthera rubra) und Prächtige Glockenblumen (Campanula speciosa) blühen. Es fliegen auffällig farbenfrohe Falter wie Schwalbenschwanz (Papilio machaon) und Mittelmeer-Zitronenfalter (Gonepteryx cleopatra), am Wegesrand entdecken wir mehrere Westliche Smaragdeidechsen (Lacerta bilineata). Und an fast jedem Aussichtspunkt sehen wir die mächtigen Gänsegeier, deren teilweise dichter Vorbeiflug uns immer wieder in Begeisterung versetzt. Was für ein Tag! Das "Bergfest" unserer Reise bildet ein "buntes" Programm. Nach einem Kurzbesuch im Geier-Informationszentrum gehen wir in Le Rozier, einem kleinen Ort am Zusammenfluß von Jonte und Tarn, ein Stück entlang des Jonte - aber es dauert eine Weile, bis wir alle die erhoffte Wasseramsel wirklich gut gesehen haben. Nach einer kleinen Einkehr folgt ein weiterer Höhepunkt der Reise: wir dürfen eine Geier-Fütterung beobachten. Von überallher kommen am Himmel die Geier angeflogen, erst Dutzende, dann Hunderte, um sich nach dem Abladen einiger Kadaver am bekannten Fütterungsplatz in den Bergen sofort "wie die Geier" auf das Aas zu stürzen. Was folgt ist ein unüberschaubares Gedränge, Gemenge und Geschubse, bei dem sich zwischen den Dutzenden von Gänsegeiern auch zwei der stärkeren Mönchsgeier ihren Platz behaupten. - Zum Abschluß des Exkursionstages unternehmen wir noch einen kleinen Gang am Wasserloch von Drigas, wo wir als weiteres Highlight ausgiebig zwei Triele beobachten können. Die Hochebene der Causse Mejean besteht zum guten Teil aus einer weiten, fast baumlosen, steinigen Steppenlandschaft, die auf den ersten Blick zwar eindrucksvoll weit, aber auch leer erscheint. Wir müssen uns erst einige Minuten "eingucken", bevor wir Vögel entdecken. Dann aber können wir nacheinander so interessante Arten wie Neuntöter, Wendehals und Brachpieper entdecken. - Die Wanderung durch die labyrinthische Steinlandschaft von Nimes-le-View erbringt mehrere Sichtungen des erhofften Steinrötels, der hier seit Jahren feste Sommerreviere hat. Zum Hit des Tages wird aber ein überraschender Bartgeier - von dieser vierten Geier-Art sind zwar seit Jahren einzelne Vögel in den Cevennen ausgewildert worden, die aber wiet umherstreifen. Aktuell wurde gerade einer aus der Nähe von Lüneburg in Norddeutschland gemeldet. Daß jetzt hier ein Bartgeier umherstreift - ein, wie sich später herausstellt, aus Spanien stammender und vor zwei Jahren ausgewilderter Jungvogel - das läßt hoffen, daß auch der Bartgeier in Zukunft hier wieder heimisch werden kann. Unsere Nachtexkursion auf die Causse Noir bringt uns neben nächtlichem Amphibienleben eine ausdauernd rufende Zwergohreule. Auf der Heimfahrt, kurz nach Mitternacht, zeigt sich uns ein Tier, das keiner von uns jemals zu sehen gehofft hätte: die scheue, extrem selten zu sehende Ginsterkatze sitzt auf der Straße, zeigt ihr geflecktes Fell und den geringelten Schwanz, dann hebt sie kurz ihren Kopf, läuft zum Straßenrand und beobachtet noch einige Augenblicke unser zum Halten gekommenes Auto, bevor sie im Gestrüpp verschwindet. Was für ein Paukenschlag zum Tagesanfang! Alle Arten dieser Exkursionen finden Sie auf naturgucker.de zum Beispiel hier. Für den vorletzten Tag unserer Reise ist heftiger Regen angekündigt - eine gute Gelegenheit, einmal ausgiebig das Geiermuseum zu besuchen und die dortige Vorführung zu erleben. Dann reißt der Himmel kurzzeitig auf, wir fahren nach Millau zu einer uns bekannten Wiese mit Bienenfresserkolonie - aber es dauert lange, bis wir überhaupt einen der bunten Vögel gefunden haben. Vielleicht sind die Vögel umgezogen? Entlang der eindrucksvollen Tarn-Schlucht fahren wir dann noch einmal hinauf auf die Causse Mejean. Daß es für den Rest des Tages regnet, ist völlig unerheblich für den Besuch der Fromagerie und der Tropfsteinhöhle. Am Abend gibt es wie gewohnt ein 6-Gänge-Menü, dem unser Gast Constant vom Geiermuseum mit seinem Akkordeon einen musikalischen Ausklang beschert. Am letzten Tag fahren wir noch einmal durch besonders beeindruckende Landschaften und Orte, von denen besonders das malerische La Roque Sainte Marguerite genannt sei. Während des Mittagsimbiß sehen wir Felsenschwalben und Schlangenadler, an den alten Mauern von Burg und Kirche wachsen so interessante und typische Pflanzen wie das Hängende Nabelkraut (Umbilicus rupestris) oder der Braunstielige Streifenfarn (Asplenium trichomanes). In der Dourbie-Schlucht beobachten wir einen frisch aussehenden Hummelschwärmer (Hemaris fuciformis) an einer Spornblume und einige ruhende Spanische Eichen-Zipfelfalter (Laeosopis roboris). Die anschließende Fahrt über die Causse Larzac beschert uns unter anderem noch eine jagende Wiesenweihe und einen Wespenbussard. So geht eine beeindruckende Reise zu Ende. Alles hier ist außergewöhnlich gewesen: angefangen von den spektakulären Landschaften über die besonderen Vögel, attraktiven Schmetterlinge, zahlreichen Orchideen und anderen Blütenpflanzen bis hin zu den abendlichen 6-Gänge-Menüs in unserem Hotel in der Jonte-Schlucht. Insgesamt haben wir über 100 Arten Pflanzen, mehr als 80 Arten Vögel, mehr als 60 Arten Schmetterlinge und anderer Insekten notiert und dabei – auch voneinander - viel Neues gelernt. Nicht zuletzt die Gemeinschaft der Teilnehmer untereinander war erfrischend, die Atmosphäre stimmig. So macht Reisen Spaß! Unsere Artenliste (generiert aus www.naturgucker.de/birdingtours): Da diese Reise so viele ornithologische, botanische und entomologische Besonderheiten enthält, hoffen wir, sie künftig als naturgucker-Reise weiterführen zu können. Stefan Rathgeber, Chris und Andrea Engelhardt (Alle Fotos: Chris Engelhardt; weitere Fotos auf naturgucker.de in den entsprechenden Gebieten!)
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