Abstract

Abstract
Eingliederung statt Ausgliederung –
Evaluation des betrieblichen
Eingliederungsmanagements im Krankenhaus
Schlüsselwörter: Wiedereingliederung, BEM, Gesundheitsmanagement, Arbeitsunfähigkeit,
Keywords: Return-to-work, reintegration management, health management, incapacity for work
Hintergrund/ Fragestellung: Eine gute Arbeitsfähigkeit ist für die Unternehmenszukunft entscheidend.
Die demografische Entwicklung erhöht die Relevanz von Maßnahmen zur Beschäftigungssicherung. Das
betriebliche Eingliederungsmanagement (BEM) nach § 84 SGB IX trägt als wichtiges Instrument dazu
bei, Arbeitsfähigkeit zu erhalten, wiederherzustellen und mit Einschränkungen von Beschäftigten umzugehen. Da die Erfahrungswerte begrenzt sind, ist es Ziel, neue Wege für ein optimales BEM aufzuzeigen.
Die Forschungsfragen, die dafür beantwortet wurden, lauten: Wie beurteilen Mitarbeiter im Krankenhaus das BEM? Wie wirken sich Erkrankungen, aus der Sichtweise von Betroffen auf die Rückkehr in die
Erwerbstätigkeit aus?
Methodik: Via Lohnabrechnung wurden in einer Klinik standardisierte Fragebögen verteilt (N=1.443).
Die Befragung schloss dabei nur aktive, nicht aus dem Betrieb ausgeschiedene, Mitarbeiter ein. Ein dreiteiliger Fragebogen erfragte die Wahrnehmung, Erfahrung und das Wissen zum BEM mittels einer 5stufigen Likertskala von 1 ‚trifft-gar-nicht-zu‘ bis 2 ‚trifft-völlig-zu‘. In den insgesamt 49 Fragen waren
auch Gesundheits- und Demografieangaben enthalten. Die Rücklaufquote betrug 21,97% (n=317). Zur
Ergänzung der quantitativen Befragung wurden neun qualitative, leifadengestütze Interviews geführt.
Bei deren Teilnehmerrekrutierung wurde gezielt auf eine ausgeglichene Verteilung nach Berufsgruppe,
Alter, Diagnose und Krankheitsdauer geachtet.
Ergebnisse: Das BEM ist erwünscht, positiv und hilfreich bei der Arbeitsplatzrückkehr. Der Arbeitgeberkontakt bewirkt kaum Angst. Das BEM wird unabhängig vom Beruf und der Inanspruchnahme als sehr
wichtig eingeschätzt (40,76%). Auch unterhalb der Teilnahmevoraussetzung, einer Arbeitsunfähigkeit
von sechs Wochen, besteht bei 16,7% der Wunsch zur Teilnahme am BEM. Es fallen jedoch Informationsdefizite auf. Über 43% der Befragten, darunter auch 12% Führungskräfte, ist das BEM unzureichend
oder gar nicht bekannt. Im BEM selbst erhalten die Interessensvertretungen eine bedeutende Rolle. Primär der Betriebsarzt sowie nachfolgend die Schwerbehindertenvertretung und der Betriebsrat werden
als vertrauenswürdige Berater und Anlaufstelle wahrgenommen. Die Kollegen und Vorgesetzten sind in
diesem Punkt eher bei der Maßnahmenumsetzung relevant. Das Verständnis für Erkrankte ist dabei
nicht unbegrenzt und variiert je nach Ausfallzeit. Obwohl Krankheit zu Auswirkungen, wie Versagensund Existenzängsten, Unsicherheit, Schuldgefühlen und Enttäuschungen führt, weißt das BEM in beiden
Methodiken einen positiven Effekt auf. In den Interviews wird ferner deutlich, dass sich Erkrankungen
neben Emotionen, Funktionsbeeinträchtigen, Schmerzen und ständige Erschöpfung auch finanziell auf
die Rückkehr in die Erwerbstätigkeit auswirken. Vier von neun Interviewten gaben an, auch wegen der
Erkrankung Schulden zu haben. Der Einkommensverlust durch das Krankengeld führt in Verbindung mit
bestehenden Immobilienkrediten zu einer belastenden Schuldenspirale, die Beschäftigte überfordert.
Diskussion: Als Querschnittstudie für Krankenhäuser ist die Repräsentativität diskutabel. Übereinstimmung mit der Studienlage von Niehaus et al. (2008), Gebauer et al. (2007) sowie Vater und Niehaus
(2013) besteht vor allem zum positiven Nutzen des BEM. Der Forschungsstand konnte dadurch erweitert werden, dass dem Betriebsarzt eine höhere Bedeutung als in den Studien zukommt und die finanziellen Einbußen durch Erkrankungen ein belastendes Problem darstellen. Für die Praxis kann abgeleitet
werden, dass neben frühzeitigen Betroffenengesprächen auch Maßnahmen, wie Sozialarbeit, Schuldnerberatung und Gesundheitscoaching an Bedeutung gewinnen. Zum BEM ist weitere Forschung über
die Mitarbeiter-, Arbeitgeber- und Kostenträgerperspektive wünschenswert.
Domenic Sommer
Gesundheitsmanager (B. Sc.)
Student der Gesundheitswissenschaften (M. Sc.)
[email protected]
Westsächsische
Hochschule Zwickau
University of Applied Sciences