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Marcus C. Leitschuh, Kassel
hr4-Übrigens
Mittwoch, 26.10.2016
Perfekte Tarnung
Wissen Sie, was ein Bodengucker ist? Nein, das ist nicht das Gegenteil des „Hans Guck-indie-Luft“ aus dem Buch „Struwwelpeter“. Der Bodengucker ist ein Fisch. Genauer gesagt
eine Makrelenart, die durch den Golf von Mexiko schwimmt. Ihre merkwürdige Kopfform hat
auch die Bezeichnung als „Pferdekopffisch“ geprägt. Das Maul liegt ganz unten. Der Kopf ist
nach unten gerichtet, immer Freund und Feind unter sich im Meer im Blick. Daher sein Name
„Bodengucker“. Will man die Makrele allerdings selbst sehen, muss man genau hingucken.
Mit einem genialen Trick, kann sich der Fisch nämlich vor Feinden schützen. Und gleichzeitig
nutzt er ihn, um sich seiner Beute zu nähern und macht sich praktisch für sie unsichtbar. Und
wie genau funktioniert das nun? Seine Körperfarbe ist silbrig. Die Hautzellen des Fisches
besitzen allerdings den Farbstoff Guanin, der das Sonnenlicht so streut, dass sich Wasser
und Fisch optisch zu vermischen scheinen und verschmelzen. Der Fisch schimmert metallisch-bläulich. Imposante Fotos zeigen Schwärme des Bodenguckers fast durchsichtig in der
ähnlich blauen Farbe wie das Wasser. Wenige Zentimeter unter ihnen schwimmen die ahnungslosen Fischschwärme, die gleich zur Beute werden. Wenn das Jagen erst einmal beginnt, haben sie keine Chance mehr zu entkommen. Ich habe manchmal das Gefühl, dass
es solche Bodengucker nicht nur in der Fischwelt gibt. Das Bodengucken, den Kopf zum
Boden senken, ist weit verbreitet. Wenn zum Beispiel im Verein danach gefragt wird, wer
eine Aufgabe übernehmen kann – in solchen Momenten gucken auch viele zum Boden. Ich
habe es als Schüler selber erlebt: Auf die Frage meiner Französischlehrerin, wer denn wohl
seinen Aufsatz vorlesen möchte, habe ich auch regelmäßig den Kopf gesenkt. Dahinter
steckte die Hoffnung, mich irgendwie unsichtbar zu machen. Wenn ich nichts sehe, werde
ich auch nicht gesehen, so die Taktik. Natürlich durchschauen das die Lehrer ebenso wie
Vereinsvorsitzende. Unsere Gesellschaft lebt aber gerade davon, dass Menschen sich engagieren und den Fragen und Nöten dieser Zeit offen ins Gesicht sehen. Die notwendige
Hilfe für Flüchtlinge und das Handeln bei den Angeboten der „Tafeln“. Zum Glück gibt es
viele Hinseher. Menschen, die sich ehrenamtlich engagieren. Hinsehen macht menschlich.
Bodengucken ist etwas für Makrelen im Golf von Mexiko.
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