Unterrichtsmaterial

Materialien
für den Unterricht
www.vgo-schule.de
Kirsten Boie
Es gibt Dinge, die kann
man nicht erzählen
ISBN: 978-3-8415-0441-8
Erarbeitet von
Konzipiert für die
Jahrgangsstufen ab 7
Thematik:
Lebensalltag von Kindern in Swasiland,
frühe Verantwortung, Armut, Aids, Umgang unter Geschwistern
Didaktischer Schwerpunkt:
Erweiterung von Weltwissen, Alteritäts­
erfahrungen, Reflexionen existenzieller
anthropologischer Grundfragen, literar­
ästhetisches Lernen
© Oetinger Taschenbuch GmbH,©
imOetinger
Vertrieb Taschenbuch
bei dtv, Hamburg,
September
2016 bei dtv, Hamburg, Oktober 2016
GmbH,
im Vertrieb
Ulrike Siebauer
M aterialien
für den
U nterricht
Konzipiert für die Jahrgangsstufen ab 7
Kirsten Boie
Es
gibt
D inge ,
die kann man nicht erzählen
Erarbeitet von Ulrike Siebauer
Lebensalltag von Kindern in Swasiland, frühe Verantwortung, Armut, Aids, Umgang unter Geschwistern
D idaktischer Schwerpunkt:
Erweiterung von Weltwissen, Alteritätserfahrungen, Reflexionen existenzieller anthropologischer Grundfragen,
literarästhetisches Lernen
1. Inhalt
In vier kurzen Erzählungen entwirft Kirsten Boie eine
bildintensive Vorstellung vom Leben der Kinder in Swasiland. „Die Menschen in diesem Buch gibt es alle“,1 sagt
sie in ihrem Nachwort. Sie habe sie auf ihren Reisen kennengelernt. Es sind Geschichten von Kindern, die in extremen Situationen aufwachsen müssen. In einem Land, in
dem über 60 % der Menschen unter der Armutsgrenze
leben2, ca. 30 % der Menschen HIV-infiziert sind, die
Lebenserwartung bei 31 Jahren liegt und 43 % der Kinder Waisen sind, übernehmen Kinder die Verantwortung
für jüngere Geschwister, sorgen selbst für ihren Lebensunterhalt, arbeiten, prostituieren sich. „Wenn die Geschichten traurig sind, kann ich es darum nicht ändern“,
sagt Kirsten Boie. „Trauriger als die Wirklichkeit sind sie
nicht.“3
Der Titel des Buches Es gibt Dinge, die kann man nicht
erzählen beschreibt auch einen wesentlichen Aspekt der
Erzählweise Boies. Die Dinge werden nicht beim Namen
genannt. Aids, Vergewaltigung, Prostitution sind Themen, über die sich in Swasiland das Tuch der Tabuisierung breitet. Ein großes Anliegen der Entwicklungsarbeit
ist daher die Enttabuisierung, die es erst ermöglicht, Vorsorge zu betreiben und Hilfe zu suchen. Boie beschreibt
die Dinge, die ihren Protagonisten passieren, aber heraus-
1 Kirsten Boie: Nachwort zu: Es gibt Dinge, die kann man nicht
erzählen. S. 109.
2 Vgl. Swasiland für Profis. Homepage der Möwenweg-Stiftung.
http://www.moewenweg-stiftung.de, aufgerufen am 9.6.2016.
3 Kirsten Boie: Nachwort zu: Es gibt Dinge, die kann man nicht
erzählen. S. 112.
finden, was hinter den Umschreibungen steckt, müssen
die jugendlichen Leser/-innen selbst.
1.1Ich
kenne einen Jungen in
Afrika (S. 7),
beginnt eine Erzählinstanz den 11-jährigen Thulani vorzustellen. Zunächst wird ein beinahe idyllischer Raum
entwickelt: Er lebt, „wo es schöner ist als irgendwo sonst
auf der Welt“ (S. 7). Aber schon bald wird klar: Dieses
Leben ist keine Idylle. Der 11-Jährige ist Waise und lebt
mit der Großmutter und der Schwester in einer Hütte.
Das Grab für seine Mutter hat er selbst ausgehoben. Er ist
der Mann im Haus (vgl. S. 10), holt Holz und Maismehl
und Wasser und sorgt dafür, dass seine kleine Schwester
in die Schule geht. Als Waise braucht sie kein Schulgeld zu
bezahlen. Er selber geht nicht mehr zur Schule. Für den
kostenlosen Besuch der Sekundarschule bräuchte er einen
Totenschein, aber er weiß nicht, wie er an einen solchen
gelangen soll. Deshalb bleibt er im Dorf. Wenn die Pflichten erledigt sind, spielt er mit den anderen Jungen Fußball, immer in der Hoffnung, dass eines Tages Talent­
scouts kommen und ihm zu einem Leben als Fußballprofi
verhelfen.
Als ihm eine Frau von einem Kinderdorf für Waisen erzählt, schaut er sich dies begeistert an, erkennt aber dann,
dass er seine Schwester und die Großmutter nicht alleinlassen kann. Eine Frau, die er beim Dorf trifft, zerstört die
kurz aufgeflammte Hoffnung: „Das Dorf hat ja nur Platz
für hundert Kinder. Und weißt du, wie viele wie dich es
gibt im Land? Da müssten sie ja tausend Dörfer bauen“
(S. 21). Da ergibt sich Thulani fast schon erleichtert in
sein Schicksal, geht zurück zur Großmutter und zur
Schwester an den Ort, „wo es schöner ist als irgendwo
sonst auf der Welt“ (S. 22). Er verdrängt die Angst um die
Zukunft.
Interessant ist das Bild, das die Geschichte von den Weißen zeichnet. Sie haben für Thulani unterschiedliche Bedeutungen. Zum einen erscheinen sie als Heilsbringer, die
als Talentscouts ins Dorf kommen, „mit dem Finger auf“
(S. 16) einen von ihnen zeigen und ihnen dann in den
„Ländern der Weißen“ (S. 16) zu Reichtum verhelfen.
Ferner kommen sie als Touristen: Sie „tragen kleine Käs-
© Oetinger Taschenbuch GmbH, im Vertrieb bei dtv, Hamburg, September 2016
Thematik:
gibt
Dinge,
ten, mit denen klicken sie im Fahren aus dem Fenster,
dann ist man als buntes Bild in den Kästen eingesperrt“
(S. 17). Oder sie helfen in den Krankenstationen.
Doch bleibt diese Hilfe zweifelhaft. Einmal sind die Weißen mit einem Rollstuhl in die Hütte der Großmutter gekommen – so groß, dass er nicht durch die Tür passt,
„aber was sollte er wohl auch draußen vor der Hütte, wo
es steil ist und der Boden so uneben und voller Steine, dass
der Stuhl darauf nicht rollen kann“ (S. 18). So steht er in
der Hütte, wo „nachts kaum mehr Platz ist für die drei
Schlafmatten“ (S. 18).
1.2 Mamas Buch
„Die Geschichte von Sonto, Pholile (wird Políle ausgesprochen) und ihrem Bruder Bheki (wird Béki ausgesprochen) habe ich mir ausgedacht“ (S. 110 f.), schreibt Kirsten Boie in ihrem Nachwort. Sie thematisiert die
„memorybooks“, die in vielen afrikanischen Ländern von
sterbenden Eltern für ihre Kinder geschrieben werden,
damit die Familiengeschichten nicht verloren gehen. Die
Geschichte weist durch die anachronische Zeitgestaltung
eine komplexe Erzählweise auf. Sonto und ihre kleine
Schwester Pholile sind als Waisen auf dem langen Weg
zur Krankenstation. Sonto hat ein Erinnerungsbuch dabei, das ihre an Aids verstorbene Mutter im Angesicht des
baldigen Todes für ihre älteste Tochter geschrieben hat.
Aus diesem Buch liest Sonto auf dem Weg immer wieder
vor. Dadurch und durch Gedanken, die sie sich macht,
erfährt der Leser die ganze Geschichte in verschiedenen
Schichten.
Der früheste Zeitraum, von dem erzählt wird, kreist um
den Auslöser des Schicksals. Die Mutter der Kinder hat
aufgeschrieben, dass sie in ihrer Jugend von ihrem Onkel
vergewaltigt und mit HIV infiziert worden ist. Ihr erster
Sohn war ebenfalls infiziert und ist bereits verstorben,
auch ihren späteren Ehemann, ebenfalls bereits tot, hat sie
infiziert.
Das Erinnerungsbuch erzählt von der Zeit, als die Krankheit noch nicht ausgebrochen war, von der Entstehung
des Buches, das die Mutter in enger Vertrautheit mit der
Tochter geschrieben hat, von dem Plan, für jedes Kind so
ein Buch zu machen, der sich dann nicht mehr erfüllen
ließ, von der Krankheit der Mutter, ihrer zunehmenden
Schwächung und ihrem Tod. Einiges musste Sonto sich
von der Mutter diktieren lassen, als diese nicht mehr
selbst schreiben konnte. Den letzten Teil des Textes fügt
Sonto hinzu in dem Glauben, dass ihre Mutter es so gewollt hätte: „Sonto, ich wünsche mir, dass ihr […] zur
Krankenstation geht, alle meine Kinder. Ich wünsche mir,
dass ihr es wisst, auch wenn die Angst groß ist, […] wenn
die Krankheit doch in euch lauert, verzeiht mir, Kinder!,
werden sie euch helfen […] mit ihren Medikamenten, und
ihr könnt noch viele glückliche Jahre haben.“ (S. 48 f.)
Die beiden Hauptfiguren dieser Geschichte sind sehr eindrücklich beschrieben. Da ist zunächst diese unglaublich
starke Mutter. Nach der Vergewaltigung ist sie schwan-
die kann man nicht erzählen
ger von ihrer Familie fortgegangen und hat für sich und
ihren Sohn den Lebensunterhalt verdient. Jahrelang hat
sie die Geschichte der Vergewaltigung für sich behalten,
erst kurz vor dem Tod hat sie dieses Unsagbare ihrer
Tochter anvertraut. Das Erinnerungsbuch, das sie für ihre
Kinder schreibt, gibt Zeugnis von ihrer Sorge, ihrer Umsicht und ihrer Liebe. Welches Kind würde sich nicht so
eine Botschaft wünschen, wie Sonto sie erhält: „Was ich
mir für dich wünsche. Ich liebe dich sehr, Sonto. Eine
bessere Tochter hat keine Mutter. Ich liebe dich sehr. Für
dein Leben wünsche ich dir, dass du glücklich wirst […].
Für dein Leben wünsche ich mir, dass du zur Schule gehst,
bis zum Schluss […]. Ein Tag ohne Essen im Magen ist
nicht so schlimm wie ein Tag ohne Schule. Du musst lernen, Sonto, dann kannst du vielleicht eine gute Arbeit
finden und ein gutes Leben führen.“ (S. 41 f.)
Sonto als älteste Tochter dieser Kinderfamilie übernimmt
die Verantwortung für die beiden Geschwister, und sie
lebt die liebevolle Verbundenheit mit ihnen. Die Mutter
konnte nur mehr für ein Kind ein Erinnerungsbuch verfassen. Sonto liest es ihren Geschwistern in einer sprachlich veränderten Form vor. Aus „Du“ wird „Ihr“, aus
dem für sie geschriebenen Buch wird in ihrem Vorlesen
ein Erinnerungsbuch für sie alle drei.
1.3 Jabus Schuhe
Dies ist die schwierigste Geschichte der Sammlung, denn
alle Probleme Swasilands scheinen hier zu kumulieren.
Wieder leben zwei Schwestern nach dem Tod der Eltern
und Großeltern alleine in einem abgelegenen Dorf. Die
Große bestellt die Felder, um der Kleineren den Schul­
besuch zu ermöglichen. Für diesen Schulbesuch gilt die
uns angesichts der Armut im Land absurd erscheinende
Regel: Nur mit Schuluniform darf man am Unterricht
teilnehmen. Als der kleinen Schwester die Schuhe gestohlen werden, muss die große Schwester in die Stadt. Erst
versucht sie, Schlafmatten zu verkaufen, die niemand haben will, dann Arbeit zu finden, aber der König hat die
Kinderarbeit verboten. So bleibt letztendlich als einziger
Ausweg die Prostitution. Lastwagenfahrer suchen sich an
einer Tankstelle junge Mädchen für ungeschützten Sex.
Die Angst, sich mit HIV infiziert zu haben, begleitet das
Mädchen von da an. Neben den katastrophalen sozialen
Bedingungen, neben Seuche, Verarmung und Elternlosigkeit scheinen hier die problematischen sozialen Rahmenbedingungen durch: die Schwierigkeiten, eine Schule zu
besuchen, die Gesetze, die ein korrupter, aber ungefragt
allmächtiger König erlässt, das zweischneidige Verbot der
Kinderarbeit, das dieses Mädchen in die Prostitution
treibt.
Auch in dieser Geschichte ist die Erzählstruktur sehr
komplex. Sie beginnt nach der Nacht, in der sich Lungile
prostituieren musste (S. 55–61). Mehrfach wird angedeutet, dass etwas Schlimmes passiert ist, etwas, das mit
Lastwagen zu tun hat: „… an Lastwagen will Lungile
nicht denken“ (S. 58, 60); „… wenn es die letzte Nacht
© Oetinger Taschenbuch GmbH, im Vertrieb bei dtv, Hamburg, Oktober 2016
K i r s t e n B o i e E s
gibt
Dinge,
nicht gegeben hätte“ (S. 61). Nach dem Erwachen macht
sie sich auf, um Schuhe zu kaufen.
Danach wird in einem Rückblick erzählt, wie Lungile das
erste Mal in der Stadt gewesen ist (S. 61–70). Damals ist
die Großmutter gestorben, und Lungile will Arbeit finden
wie die „Mädchen aus den Hügeln, die in die Stadt verschwanden, nur für wenige Tage oft, und die zurückkamen mit einer Tasche voll Emalangeni. Wie dumm sie war
damals!“ (S. 61).
Sie fragt sich durch und erfährt, dass sie keine Arbeit finden wird, weder in Geschäften noch in den Fabriken, weil
der König Kinderarbeit verboten hat. Eine Frau gibt ihr
schließlich den Tipp, es beim Matsapha Truck Stop zu
versuchen (vgl. S. 67). Dort sieht sie knapp bekleidete
Mädchen, die in die Lastwagen einsteigen. „Sie wusste,
dass sie diese Arbeit nicht tun konnte, auch wenn es die
einzige war, die es für Kinder gab, von denen der König
sich wünschte, dass sie zur Schule gehen sollten.“ (S. 69)
Im Präsens wird nun der Alltag der Kinder nach diesem
Erlebnis erzählt. Lungile geht nicht mehr zur Schule. „Sie
brauchten ja Essen, und sie brauchten etwas anzuziehen“
(S. 70). Lungile bestellt die Felder, während die kleine
Jabu zur Schule geht. Aber eines Tages werden ihr die
Schuhe gestohlen. Lungile nimmt mit einem abgeknickten
Zweig Maß und bricht in die Stadt auf, um Schuhe zu
besorgen. Die selbst geflochtenen Matten kann sie nicht
verkaufen, auch die weißen Touristen, die sich dafür zu
interessieren scheinen und Lungile Hoffnung machen,
entscheiden sich dann doch für etwas anderes. So bleibt
Lungile kein anderer Weg, „wenn Jabu zur Schule gehen
soll. Darum geht sie nach Matsapha Truck Stop“ (S. 80).
Zwar versorgt sie sich mit Kondomen, die es dort im
Waschraum kostenlos gibt, aber die Männer, zu denen sie
einsteigen muss, lehnen dies ab. „Dann ist es nicht so
schlimm, wie Lungile gefürchtet hat, aber schlimm ist es
schon: Und sie weiß ja nicht, wie schlimm es später noch
werden wird.“ (S. 82).
Kirsten Boie verdichtet die gesamte Grausamkeit dieser
Erfahrung, die Ursachen, die Ängste, die Hoffnungen in
einem einzigen Satz: „Dies ist kein guter Tag, aber sie ist
ja nicht die Einzige hier bei Matsapha Truck Stop, und die
Mädchen hier tun es alle, und die Fahrer tun es immerzu
in allen Ländern, und manche verschont die Krankheit,
der Herr ist allmächtig, und Jabu soll zur Schule gehen.“
(S. 82 f.)
Nun hat Lungile das Geld, das sie für die Schuhe braucht,
beinahe beisammen, den Rest lässt ihr der Händler nach,
als er begreift, dass sie die Schuhe für ihre kleine Schwester braucht.
Die Gottergebenheit, mit der Lungile das Geschehene
einzuordnen versucht, lässt uns resigniert und traurig
­zurück. Wie ein Mantra wiederholt der Text: „Und Jabu
wird wieder zur Schule gehen, und es war nicht so
schlimm, wie Lungile geglaubt hat, und manche verschont die Krankheit, der Herr ist allmächtig. Vielleicht
hat der Herr gewollt, dass alles so kommt; vielleicht hat er
die kann man nicht erzählen
nur deshalb Jabus Schuhe genommen. Was auch immer
geschieht, Lungile kann ruhig sein. Sie weiß jetzt, dass es
in Matsapha Arbeit für Kinder gibt.“ (S. 86)
1.4 Die Gugu
brennt
Die letzte Geschichte beginnt mit einem Stoßgebet des
Protagonisten in der Form eines inneren Monologs: „Wer
ist schuld, Herr Jesus vergib mir, wenn ich es bin, auch
wenn ich allein es bin, Herr Jesus vergib mir.“ (S. 89)
Dann wechselt der Erzählmodus zu einer internen Foka­
lisierung: Konsequent erzählt eine Erzählinstanz aus Sicht
der Figur Sipho (wird Síppo ausgesprochen) das Geschehen und seine Gedanken. Wir erfahren zu Beginn das Ergebnis der verhängnisvollen Geschehnisse: Die Groß­
mutter sitzt regungslos vor der Hütte, offenbar mit
Verletzungen an den Beinen. In den kreisenden Gedanken, wer an all dem Schuld trägt, erfahren wir die Geschichte – nicht chronologisch, sondern in Fragmenten,
wie sie Sipho wohl auch durch den Kopf gehen: Sipho hat
ein Ei gefunden, bittet seine Großmutter, es ihm zuzubereiten. Sie aber will das Ei der gerechten Verteilung wegen
der kleinen Schwester geben und schickt ihn, Wasser zu
holen. Da schlürft Sipho lachend das rohe Ei, die Großmutter schlägt nach ihm, und er verzieht sich schmollend
hinter die Hütte. Als er zum Essen kommen will, verweigert ihm die Großmutter das so lange, bis er Wasser geholt habe, und schlägt wieder nach ihm. In dem Gerangel – welchen Anteil Sipho wirklich daran hat, bleibt
unklar – fängt ihr Rock Feuer. Die Großmutter brennt.
Weil kein Wasser da ist, kann man auch nicht löschen.
Nach qualvollen Minuten, in denen sich die Großmutter
schreiend am Boden wälzt und schließlich wimmernd liegen bleibt, holt Sipho Hilfe und rettet letztendlich ihr Leben. Sie hat schlimmste Verbrennungen erlitten, und nach
langer Zeit im Krankenhaus sitzt sie schließlich vor der
Hütte mit „dem guten Bein, dem schlechten Bein; ein
Auge, eine Hand“ (S. 104).
Das zentrale Thema dieser Geschichte ist die Verstrickung
in Schuld. So viele Gründe führt Sipho an, die zu diesem
Unfall geführt haben, so viele Schuldige macht er aus. Da
ist die Schwester, die eigentlich als Mädchen dafür zuständig ist, Wasser zu holen, da ist die Großmutter, die
ihm diese als Mann eigentlich unzumutbare Aufgabe aufträgt und ihm das Ei verweigert, was die Schwester grinsend beobachtet; sogar die Henne hat Schuld, weil sie die
Eier immer so versteckt, dass nur Sipho sie findet. Aber all
diese Gründe empfindet er selbst nur als Ausflüchte. Er
trägt schwer an seiner Schuld und weiß, dass das alles nie
wiedergutzumachen ist. Mit einem Gebet endet der Text:
„Jetzt ist Wasser da, Herr Jesus, ich habe es geholt, bald
ist Nacht. Und wenn ich aufwache am Morgen, du kannst
alles, alles!, lass es vorbei sein, lass es wieder sein wie früher, lass es nie geschehen sein.“ (S. 104)
© Oetinger Taschenbuch GmbH, im Vertrieb bei dtv, Hamburg, Oktober 2016
K i r s t e n B o i e E s
gibt
Dinge,
2. Autorin
die kann man nicht erzählen
Kirsten Boie gehört zu den bekanntesten Autorinnen anspruchsvoller Kinder- und Jugendliteratur. Ihre etwa
hundert Bücher sind in zahlreichen Sprachen erschienen,
viele haben Preise erhalten. Dabei widmet sich Kirsten
Boie beinahe allen Genres der Kinder- und Jugendliteratur: stark am Alltagsleben der Kinder orientierte Geschichten (Juli), Bandenromane (Wir Kinder aus dem
Möwenweg), historische Romane (Alhambra), problemorientierte Literatur (Nicht Chicago, nicht hier) sowie
fantastische Romane (Der kleine Ritter Trenk).
„Neben Kinder- und Jugendbüchern schreibt Kirsten Boie
auch Vorträge und Aufsätze zu verschiedenen Aspekten
der Kinder- und Jugendliteratur und der Leseförderung.
In den letzten Jahren unternimmt sie zunehmend Reisen
ins europäische und nicht europäische Ausland im Auftrag des Goethe-Institutes. 2007 wurde sie für ihr Gesamtwerk mit dem Sonderpreis des Deutschen Jugend­
literaturpreises, 2008 mit dem Großen Preis der Deutschen
Akademie für Kinder- und Jugendliteratur ausgezeichnet.
2011 erhielt sie für ihren Roman Ringel, Rangel, Rosen
den Gustav-Heinemann-Friedenspreis.“4
Seit Jahren engagiert sie sich mit der Möwenweg-Stiftung
für Kinder in Swasiland.
es ist sinnvoll, Kinder nicht damit allein zu lassen, sondern ins Gespräch zu kommen und notwendige, Zusammenhang stiftende Sachinformationen zu geben.
Darüber hinaus kann der Text durch vereinzelt gestreute
Informationen dazu anregen, den Umgang der westlichen
Länder mit Entwicklungsländern zu reflektieren. Im Text
suchen Talentscouts nach schwarzen Fußballtalenten
(vgl. S. 15 f.), Weiße liefern der Großmutter einen unnützen Rollstuhl, der in der Hütte Platz wegnimmt (vgl.
S. 18 f.), sie betreiben Läden, in denen „gibt es tausend
von allem: tausend von tausend Dingen. In unendlich
langen Reihen steht, wovon Lungile nicht weiß, was es ist
und wozu man es brauchen kann“ (S. 64). Und „freundliche Menschen in den reichen Ländern“ haben alte Kleider
verschenkt, „damit die Händler auf Manzini Market sie
verkaufen können“ (S. 58). Dass im Land produzierte
traditionelle Kleider zu teuer sind, wird angedeutet (vgl.
S. 58 f.). Touristen scheinen mit den Hoffnungen der
schwarzen Menschen zu spielen (vgl. S. 77 ff.).
Somit bietet das Buch nicht nur unendliche Möglichkeiten
der interkulturellen Erziehung, es ermöglicht auch einzutauchen in die globalen Zusammenhänge, in Ursachen,
Wirkungen und Verantwortungen, deren wir uns bewusst
werden sollten.
3. Themen
4. Didaktische Überlegungen
Das Buch bietet eine ganze Reihe von thematischen Aspekten, die auch für Kinder in Deutschland lebensweltlichen Bezug haben. In den Geschichten geht es um den
Umgang von Geschwistern untereinander, um Rivalitäten
wie bei Sipho und seiner Schwester, um zugewandte Fürsorge, Verantwortungsübernahme und Solidarität. Auch
der Umgang mit Schuld – wenn auch meist zum Glück
nicht mit so gravierenden Folgen – spielt durchaus schon
im Leben von Kindern eine Rolle, ebenso wie die Frage,
was im Leben wichtig ist.
Die meisten im Buch angesprochenen Themen sind aber
sicherlich nicht das, was man Kindern zumuten möchte,
und erfordern beim Lesen ein gehöriges Maß an Fähigkeit, fremde Perspektiven einzunehmen. Die Leser und
Leserinnen dieses Buches tauchen in eine ihnen völlig
fremde Welt ein mit Problemen, die sie sich oft nicht einmal vorstellen können. Da leben Kinder ohne Eltern,
völlig auf sich gestellt, ohne jegliche Unterstützung anderer Erwachsener oder des Staates. Sie übernehmen Verantwortung für jüngere Geschwister und sorgen mit
Weitblick und Aufopferungsbereitschaft für deren Schulbesuch. Es ist eine Welt, die von Aids geprägt ist, in der
auch Kindern durch Vergewaltigung oder Prostitution die
Infektion mit HIV droht. Manch einer möchte die Kinder
hier vor solchen Themen sicherlich schützen. Doch in
einer globalisierten Welt ist es nicht fair und wohl auch
auf Dauer nicht möglich, diese Themen auszusparen, und
4 http://www.kirsten-boie.de/kirsten-boie-biografie.php, aufgerufen am 10.6.2016.
4.1 Weltwissen
aufbauen
Bildung heißt, Wissen über die Welt erwerben, dieses
Wissen in Zusammenhänge zu bringen, über diese Zusammenhänge differenziert sprechen zu können.5 Dazu
bietet das Buch eine ganze Reihe von Möglichkeiten. Leserinnen und Leser lernen eine ihnen völlig fremde Welt
kennen. Sie setzen sich mit den Lebenszusammenhängen
und den unterschiedlichen Erklärungsmustern fremder
Kulturen auseinander. Sie nehmen Handlungen aus der
Perspektive der handelnden Figuren wahr und lernen deren Handlungsmotive zu verstehen und zu würdigen und
bahnen so Fremdverstehen an. Sie reflektieren den Umgang der westlichen Welt mit anderen Kulturen an aus­
gewählten Aspekten und können eine solidarische und
reflektierte Grundhaltung aufbauen. Gerade diese Texte
können dazu beitragen, fremde Welten zu verstehen, über
existenzielle anthropologische Grundfragen nachzudenken, ethische Werte zu diskutieren und so über Reflexion
und Selbstreflexion einen Schritt zur Individuation der
Schülerinnen und Schüler leisten.
4.2 Literarästhetisches Lernen
Neben der ganz wesentlichen Auseinandersetzung mit
den Themen des Buches geht es beim literarästhetischen
Lernen in der Schule aber auch darum, dass Schülerinnen
5 Vgl. Robert Spaemann (2012): Was ist ein gebildeter Mensch?,
in: Heiner Hastedt (Hg.): Was ist Bildung? Eine Textanthologie.
Stuttgart: Reclam. S. 223–227.
© Oetinger Taschenbuch GmbH, im Vertrieb bei dtv, Hamburg, Oktober 2016
K i r s t e n B o i e E s
gibt
Dinge,
und Schüler Kompetenzen aufbauen, die es ihnen ermöglichen, mit komplexen Erzählstrukturen zurechtzukommen und eigenständig auch andere Texte zu lesen. Sie
müssen eigene Vorstellungen zum Gelesenen entwickeln
und diese mit anderen austauschen. Sie müssen die Handlungslogik einer Geschichte rekonstruieren, auch wenn
der Text diese nicht in chronologischer Reihenfolge präsentiert. Sie müssen Figuren des Textes differenziert wahrnehmen und die Beziehungen der Figuren zueinander erkennen und einen Text auch hinsichtlich seiner
erzähltechnischen Gestaltungsmittel wie der Zeitstruktur,
der Erzählperspektive oder seiner sprachlichen Gestaltung genauer analysieren.
Dabei soll die Auseinandersetzung mit Texten in der Sekundarstufe I nicht auf rein analytischem Weg erfolgen.
Den verschiedenen Begabungstypen wird man eher gerecht, wenn verschiedene, auch handlungs- und produk­
tionsorientierte Verfahren angeboten werden und erfahrungsorientiertes Lernen unterstützen.
Handlungslogik
verstehen
Die sehr komplexe Erzählweise erschwert es Schülerinnen
und Schülern, die Handlungslogik zu erschließen. Daher
ist es bei einigen Geschichten sinnvoll, diese zu rekonstruieren und mit dem vorgeschlagenen Umsortieren der
Handlungselemente auch eine Methode kennenzulernen,
die kompetenzorientiert Zugang zu ähnlichen Texten ermöglicht.
Erzählweisen
verstehen
Alle Geschichten des Buches sind erzähltechnisch hochambitioniert und interessant. Sie ermöglichen Schülerinnen und Schülern, Einblicke in anachronologisches Er­
zählen zu gewinnen, teilweise bestehen sie fast nur aus
Rückblenden, in die Gedanken der jeweiligen Figur eingewoben sind. Die Erzählperspektive ist überwiegend die
der internen Fokalisierung: Der Erzähler gibt nur wieder,
was in den Gedanken und Wahrnehmungen der jewei­
ligen Figur gesehen werden kann. Der Erzähler enthält
sich aller Kommentare zum Geschehen und fordert gerade dadurch die eigenständige Reflexion des Lesers/der
Leserin heraus.
Interessante Fragestellungen ergeben sich, wenn man die
Wirkung spezieller literarischer Gestaltungsmittel untersucht wie die Erzählklammer in Ich kenne einen Jungen in
Afrika oder die refrainartigen Wiederholungen Lungiles
in Jabus Schuhe.
F iguren
und
Figurenkonstellationen
erfassen
Die Figuren sind Kindern hier in Deutschland von ihrer
Erlebnis- und Denkwelt her völlig fremd. Es ist daher eine
große Herausforderung, die Perspektiven dieser literarischen Figuren rein textimmanent nachzuvollziehen, ihre
Handlungsmotive, ihre Rechtfertigungen, ihre Denkmuster ohne jegliche westliche Arroganz zu sehen.
die kann man nicht erzählen
Literarische Räume
Die Texte bieten unterschiedliche Möglichkeiten, die Semantisierungen von Räumen zu erkennen. So verändert
sich in Jabus Schuhe beispielsweise der zunächst neutrale
semantische Raum des Lastwagens für Lungile sehr deutlich zu einem bedrohlichen Raum. Die Hütte in Ich kenne
einen Jungen in Afrika bleibt für Thulani von Anfang bis
Ende der Geschichte der schönste Ort der Welt, obwohl
die objektiven Gegebenheiten den Raum völlig anders semantisieren würden.
Mit Fiktionalität
umgehen
(Nachwort )
Die Arbeit mit dem Nachwort ermöglicht eine grundsätzliche Auseinandersetzung mit der Frage der Fiktionalität
der Literatur. Kirsten Boie erhebt einerseits einen Wahrheitsanspruch, weil sie alle diese Menschen auf ihren
Reisen kennengelernt habe. Gleichzeitig gibt sie an, sich
eine Geschichte nur ausgedacht zu haben. Die Erkenntnis,
dass Literatur immer fiktional ist, aber jeweils einen anderen Grad der Referentialität an die Wirklichkeit besitzt,
ist grundlegend für das Verständnis von Literatur.
5. Konkrete Unterrichtüberlegungen/
-anregungen
Grundsätzlich bietet das Buch die Möglichkeit zu vielfältigen Differenzierungen. Der Text kann entweder als
Ganzes in der Klasse gelesen werden, es können aber auch
verschiedene Arbeitsgruppen jeweils eine Geschichte vertieft lesen und anschließend mit den anderen Gruppen ins
Gespräch bringen. Aber auch das Lesen einer einzelnen
Geschichte ist möglich.
Für alle Varianten aber gilt, dass Vorinformationen das
Verstehen und Eintauchen in die Texte erleichtern oder
erst ermöglichen. Vorab sollten also durch die entsprechenden Arbeitsblätter (AB 1–4)oder Internetrecherchen
die unterschiedliche Lebenswirklichkeit von Kindern in
Deutschland und in Swasiland und das zentrale, die Geschichten bestimmende Thema Aids behandelt werden.
© Oetinger Taschenbuch GmbH, im Vertrieb bei dtv, Hamburg, Oktober 2016
K i r s t e n B o i e E s
K i r s t e n B o i e E s
gibt
Dinge,
die kann man nicht erzählen
Name: ______________________________
Datum: _________
Arbeitsblatt 1
V orabinformation : L ebenswirklichkeit
Ihr wollt einem Kind aus einem anderen Land erklären, wie das Leben eines typischen 12-jährigen Jugendlichen in Deutschland aussieht.
Entwickelt gemeinsam eine Mindmap. Die unten vorgeschlagenen Themen könnt ihr auch
verändern und andere Themen hinzufügen.
Familie / Wer wohnt alles mit mir zusammen? / Wie sieht eine typische Wohnung aus? / Kinderzimmer / Schule / Hobby / Freunde / Dorf/Stadt / Essen / Kleidung / Lebensunterhalt / Freizeit
Versucht nun, eine Mindmap für das Leben eines 12-Jährigen in Afrika zu entwickeln. Schreibt
in Blau, was ihr sicher wisst, und in Grün, was ihr vermutet.
© Oetinger Taschenbuch GmbH, im Vertrieb bei dtv, Hamburg, Oktober 2016
Meine Lebenswelt
K i r s t e n B o i e E s
gibt
Dinge,
die kann man nicht erzählen
Name: ______________________________
Datum: _________
Arbeitsblatt 2
V orabinformation : S wasiland
Alle Geschichten des Buches spielen in Swasiland. Informiert euch über dieses kleine Land in
Afrika:
Das Land ohne Eltern
In Swasiland sind Zehntausende Kinder Waisen. Wie lebt man ohne Mama und Papa? Wer kocht?
Wer schickt einen zur Schule? Und wer passt auf die ganz Kleinen auf?
Ich will von einem Land erzählen, in dem fast die Hälfte aller Kinder keine Eltern mehr hat. In Swasi­
land ganz im Süden von Afrika haben 45 Prozent aller Kinder ihre Eltern verloren (das bedeutet,
von 100 Kindern immer 45). Das kommt, weil dort die Krankheit Aids so weit verbreitet ist wie sonst
nirgends auf der Welt. Aids ist bisher nicht heilbar. Deshalb sterben so viele Menschen in Swasiland.
Es gibt nur wenige Erwachsene, die alt werden. Und wer soll sich nun um all diese elternlosen Kin­
der kümmern? So viele Waisenhäuser kann man ja gar nicht bauen!
Wenn die Kinder Glück haben, gibt es vielleicht noch eine Oma oder eine Tante. Viele Kinder leben
aber auch ganz allein. Da passen dann eben die großen Geschwister auf die kleinen auf, so gut
es geht. Sie leben auch nicht in gemütlichen Wohnungen mit elektrischem Strom und fließendem
Wasser und schönen Möbeln. In vielen Teilen des Landes, vor allem in den Hügeln von Shiselweni im
Südwesten, leben sie in einfachen Rundhütten aus Lehm, die mit Gras gedeckt sind. Nachts
rollen sie auf dem Boden geflochtene Matten zum Schlafen aus. Das sind ihre einzigen Möbel. Und
wenn bei einem Gewitter oder in der Regenzeit der Lehm von den Wänden gespült wird und wenn
der Sturm das Gras vom Dach fegt: Ja, dann müssen die Kinder eben gucken, wie sie das alleine re­
parieren. Weil sie das oft nicht hinkriegen, sind die Hütten nicht mehr regen- oder sturmdicht. Das
ist besonders schlimm, weil es im Winter in den Bergen ziemlich kalt werden kann.
Wasser zum Waschen, Trinken und Kochen holen die Kinder meistens in Kanistern aus den Flüssen,
sie vielleicht nur fünf Minuten dorthin gehen. Aber viele brauchen auch eine halbe Stunde oder
länger.
Dass es für diese Kinder in ihren Hütten kein Fernsehen und keine Computer gibt, ja und nicht ein­
mal Licht, wenn es abends dunkel wird, das ist jetzt sicher schon klar. Und Spielzeug gibt es auch
nicht. Die Jungs knoten sich gerne aus alten Plastiktüten einen Fußball, weil sie keinen richtigen
Ball haben. Überall im Land sieht man Jungs – und manchmal auch Mädchen! – mit solchen verkno­
teten Plastiktüten kicken. Wie sie da spielen und rennen und lachen, das ist dann wieder gar nicht
so anders als bei uns.
Die älteren Kinder gehen in die Schule. Oft ist ihr Schulweg sehr, sehr weit, fünf oder zehn Kilome­
ter. Und natürlich werden sie nicht von einem Schulbus abgeholt. Da gehen sie eben zu Fuß, mor­
gens hin, nachmittags zurück, manchmal einfach querfeldein über die Hügel. Am Nachmittag sieht
man an allen Straßen und Wegen Gruppen von Kindern ohne Schuhe, aber mit Schuluniformen.
Die brauchen sie nämlich, ohne diese Kleider dürfen sie nicht in die Schule. Ohne Schulschuhe geht
es übrigens auch nicht. Warum dann trotzdem so viele Kinder in Schuluniform, aber ohne Schuhe
unterwegs sind? Weil sie ihre Schulschuhe schonen, natürlich! Die ziehen sie nur in der Schule an.
© Oetinger Taschenbuch GmbH, im Vertrieb bei dtv, Hamburg, Oktober 2016
in denen auch das Vieh getränkt und die Wäsche gewaschen wird. Wenn sie Glück haben, müssen
K i r s t e n B o i e E s
gibt
Dinge,
die kann man nicht erzählen
Name: ______________________________
Datum: _________
Auf dem Schulweg laufen viele darum barfuß. In die Schule gehen fast alle Kinder gerne. Da sind
ihre Lehrer und ihre Freunde, da können sie spielen und Sport machen. Und mittags gibt es meis­
tens eine Mahlzeit.
Aber wer kümmert sich denn um die kleinen Geschwister, wenn die Großen in der Schule sind? Da
haben die Menschen in Swasiland eine gute Idee gehabt. Jeden Tag kommen Frauen an einen Ort
in ihrem Dorf, den man Neighbourhood Care Point nennt, abgekürzt NCP (auf Deutsch könnte man
Nachbarschaftsbetreuungspunkt sagen). Dort kochen die Frauen für die Kinder und kümmern sich
um die Kleinen, damit sie in ihren Hütten nicht alleine sein müssen. Die Frauen machen das einfach
so, weil sie möchten, dass jemand für die Kinder da ist. Tag für Tag tun sie das, oft viele Jahre lang.
Und natürlich bekommen sie dafür kein Geld. Sie finden einfach, dass es nötig ist, den Kindern zu
helfen, und darum tun sie es.
Ob das bei uns genauso gut funktionieren würde, wenn die Hälfte aller Kinder keine Eltern mehr
hätte? Die NCPs, übrigens, sind längst nicht immer in einem Haus. Dafür ist oft einfach kein Geld
da. Dann treffen sich die Kinder und die Frauen eben jeden Tag unter einem großen Baum. Gekocht
wird sowieso in dreibeinigen Töpfen, die einfach über ein offenes Feuer gestellt werden. Das Holz
dafür müssen die Kinder auf ihrem Weg sammeln, trockene Äste und Zweige. Denn natürlich gibt
es auch für Feuerholz kein Geld. Manchmal fehlt sogar das Maismehl für den Maisbrei. Maisbrei
ist so ungefähr das Einzige, was es zu essen gibt. Viele Kinder bekommen regelmäßig so wenig zu
essen, dass sie sich nicht gesund entwickeln können. Viele bleiben ihr Leben lang zu klein.
Zusammenhalten
In Swasiland helfen sich die Menschen untereinander. Wenn ein Kind seine Eltern verliert,
kümmern sich alle gemeinsam um dieses Kind. Deshalb gibt es auf siSwati, der Sprache des
Landes, bis heute kein Wort für »Waise«.
Wenn man als Fremder nach Swasiland reist und die Kinder kennenlernt, merkt man ihnen oft gar
nicht an, dass sie Waisen sind. Bestimmt weinen sie zu Hause in ihren Hütten. Aber wenn man mit
uns. Vielleicht hilft es ihnen ja, dass sie nicht alleine sind. Dass es vielen ihrer Freunde genauso geht
wie ihnen. Dass keine Eltern zu haben und zu wenig zu essen nichts Besonderes ist. Das ist vielleicht
das Allertraurigste: dass so ein Leben für die Kinder ganz normal ist.
Vielleicht sollten wir sie darum nicht nur bemitleiden, sondern vor allem dafür bewundern, wie
tapfer sie mit einem Leben klarkommen, das wir uns noch nicht einmal vorstellen können.
Text: Kirsten Boie, ZEIT LEO 6/2013, S. 24–27
© Oetinger Taschenbuch GmbH, im Vertrieb bei dtv, Hamburg, Oktober 2016
ihnen spricht oder spielt, sind die meisten genauso vergnügt und albern und frech wie Kinder bei
K i r s t e n B o i e E s
gibt
Dinge,
die kann man nicht erzählen
Name: ______________________________
Datum: _________
Arbeitsblatt 3
V orabinformation : S wasiland
Erstellt einen Ländersteckbrief für Swasiland mit allem, was euch wichtig ist, z. B.:
Größe
Einwohner
Hauptstadt
Regierung
Sprache
Währung
König
Was sonst noch wichtig ist:
Informiert euch darüber auf einer der folgenden Internetseiten:
www.moewenweg-stiftung.de
http://www.kirsten-boie.de
interviews.php?kategorie=Interviews&id=11&sprache=de
http://www.afrika-junior.de/de/kinder/wissen.html
www.swasiland.de
© Oetinger Taschenbuch GmbH, im Vertrieb bei dtv, Hamburg, Oktober 2016
Bevölkerung
K i r s t e n B o i e E s
gibt
Dinge,
die kann man nicht erzählen
Name: ______________________________
Datum: _________
Arbeitsblatt 4
V orabinformation : A ids
1. In der Geschichte ist immer wieder von der „schrecklichen Krankheit“ die Rede. Nirgendwo
steht in den Geschichten konkret, dass es sich dabei um Aids handelt, eine sehr schwere
und sehr komplizierte Krankheit.
Ruft die Kindersuchmaschine www.blindekuh.de auf und gebt als Suchbegriff „Aids“ ein.
Sucht euch selber zwei bis drei Artikel aus, die ihr lesen wollt.
Oder:
Informiert euch auf einer der folgenden Internetseiten:
www.tivi.de/fernsehen/logo/artikel/28640/index.html
www.younicef.de/aids.html
© Oetinger Taschenbuch GmbH, im Vertrieb bei dtv, Hamburg, Oktober 2016
2.Setzt euch zu 4er-Gruppen zusammen und macht gemeinsam ein Placemat:
Jeder schreibt zunächst in ein Außenfeld, was er aus den Artikeln alles zu Aids weiß.
Sprecht dann darüber. Sammelt anschließend die wichtigsten Informationen in der Mitte
eures Placemats.
K i r s t e n B o i e E s
gibt
Dinge,
die kann man nicht erzählen
Name: ______________________________
Datum: _________
Arbeitsblatt 4 Fortsetzung
A ids
© Oetinger Taschenbuch GmbH, im Vertrieb bei dtv, Hamburg, Oktober 2016
In dieses Placemat könnt ihr eure Ergebnisse eintragen.
K i r s t e n B o i e E s
gibt
Dinge,
die kann man nicht erzählen
Name: ______________________________
Datum: _________
Arbeitsblatt 5
I ch kenne einen J ungen in A frika : B edeutung von
R äumen , P erspektiven einer F igur übernehmen
© Oetinger Taschenbuch GmbH, im Vertrieb bei dtv, Hamburg, Oktober 2016
Am Anfang und am Ende der Geschichte betont Thulani, dass es dort, wo er wohnt, schöner
sei „als irgendwo sonst auf der Welt“ (S. 7).
Das kann man auch anders sehen. Lies S. 7–14 und schreibe auf, warum das ein Ort ist, wo
man vielleicht nicht unbedingt leben möchte:
K i r s t e n B o i e E s
gibt
Dinge,
die kann man nicht erzählen
Name: ______________________________
Datum: _________
Arbeitsblatt 6
I ch kenne einen J ungen
P erspektivenübernahme
in
A frika :
Thulani ist sich sicher, dass er am schönsten Ort der Welt wohnt. So beginnt die Geschichte
und so endet sie auch wieder. Versetze dich in die Figur des Jungen und schreibe aus seiner
Sicht einen Brief an die europäischen Kinder, die nicht sehen können, was wirklich schön ist.
Beginne vielleicht so:
Hallo ihr Lieben, die ihr so weit weg wohnt von Afrika,
© Oetinger Taschenbuch GmbH, im Vertrieb bei dtv, Hamburg, Oktober 2016
doch, auch wenn ihr es nicht glauben wollt, hier, wo meine
­Hütte steht, ist der schönste Ort auf der Welt. Ich lebe schon
­lange hier, ich muss es wissen. Es hat viele Gründe …
K i r s t e n B o i e E s
gibt
Dinge,
die kann man nicht erzählen
Name: ______________________________
Datum: _________
Arbeitsblatt 7
I ch kenne einen J ungen
P erspektivenübernahme
in
A frika :
Thulani hat von einer Frau von einem Kinderdorf erfahren, in dem Kinder leben, deren Eltern
an Aids gestorben sind. Beschreibe, welche Gedanken Thulani in Bezug auf das Kinderdorf
hat:
Eine Frau hat es ihm erzählt, die er gar nicht kannte; sie hat ihn gefragt, warum denn er das Waser
holt, wo das doch Frauenarbeit ist … (S. 19)
Da hat Thulani sich auf den Weg gemacht und sein
Herz hat gehämmert. (S. 19)
Und die Frau hat die Wahrheit erzählt. Thulanis
Herz ist voller Freude gewesen, als er die Häuser
gesehen hat, große Steinhäuser mit Glas in den
Fenstern und Steinplatten auf den Wegen und dazwischen überall frisches Gras. (S. 20)
© Oetinger Taschenbuch GmbH, im Vertrieb bei dtv, Hamburg, Oktober 2016
Von einem Dorf hat sie erzählt, einem ganzen Dorf,
das die Weißen gebaut haben für Kinder wie ihn;
und es gibt Steinhäuser, hat die Frau gesagt, und
dreimal Essen jeden Tag und Schuhe … (S. 19)
K i r s t e n B o i e E s
gibt
Dinge,
die kann man nicht erzählen
Name: ______________________________
Datum: _________
Arbeitsblatt 7 Fortsetzung
in
A frika :
Und überall waren Kinder, kleine und große, die haben gelacht und hatten Schuhe an den Füßen, man
hätte glauben können, sie wären alle Kinder Seiner
Majestät. (S. 20)
Aber näher heran hat Thulani sich nicht getraut.
(S. 20)
Und plötzlich musste er an die Hütte denken und
an die Gugu auf dem Boden und an Nomphilo, die
nie Wasser holen will. (S. 20)
Thulani hat auf den Zaun gesehen, der so hoch war,
wie er noch keinen gesehen hatte, und auf all den
Stacheldraht, und plötzlich wusste er, dass es ganz
unmöglich war. (S. 21)
© Oetinger Taschenbuch GmbH, im Vertrieb bei dtv, Hamburg, Oktober 2016
I ch kenne einen J ungen
P erspektivenübernahme
K i r s t e n B o i e E s
gibt
Dinge,
die kann man nicht erzählen
Name: ______________________________
Datum: _________
Arbeitsblatt 8
I ch kenne einen J ungen
F igurenhaltung
in
A frika : E inschätzung
der
„Alles ist gut, wie es ist“, denkt Thulani am Ende der Geschichte. Suche dir zwei Partner und
diskutiert darüber. Berücksichtigt dabei unter anderem folgende Fragen:
Ist wirklich alles gut, wie es ist?
Was ist gut?
Was ist nicht so gut?
Was rätst du Thulani?
Was würdest du an seiner Stelle tun?
© Oetinger Taschenbuch GmbH, im Vertrieb bei dtv, Hamburg, Oktober 2016
•
•
•
•
•
K i r s t e n B o i e E s
gibt
Dinge,
die kann man nicht erzählen
Name: ______________________________
Datum: _________
Arbeitsblatt 9
I ch kenne einen J ungen
W eltwissen erweitern
in
A frika :
Thulani erzählt immer wieder voller Respekt und Bewunderung von den Weißen. Sucht euch
eine Stelle heraus, die euch interessiert, und schaut euch das genauer an. Um zu entscheiden,
wie gut ein Verhalten wirklich ist, muss man oft mehr darüber wissen.
Das steht im Text
auf S. 15–16.
Das findet
Thulani gut:
Das finde ich gut:
Das finde ich
nicht so gut:
Das würde ich
gern noch wissen:
Das finde ich
nicht so gut:
Das würde ich
gern noch wissen:
Weiße als Helfer in Krankenstationen
Das steht im Text
auf S. 16–17.
Das findet
Thulani gut:
Das finde ich gut:
© Oetinger Taschenbuch GmbH, im Vertrieb bei dtv, Hamburg, Oktober 2016
Weiße als Fußballtrainer
K i r s t e n B o i e E s
gibt
Dinge,
die kann man nicht erzählen
Name: ______________________________
Datum: _________
Arbeitsblatt 9 Fortsetzung
I ch kenne einen J ungen
W eltwissen erweitern
in
A frika :
Weiße als Spender von Rollstühlen
Das steht im Text
auf S. 18–19.
Das findet
Thulani gut:
Das finde ich gut:
Das finde ich
nicht so gut:
Das würde ich
gern noch wissen:
Das finde ich gut:
Das finde ich
nicht so gut:
Das würde ich
gern noch wissen:
Das steht im Text
auf S. 17.
Das findet
Thulani gut:
© Oetinger Taschenbuch GmbH, im Vertrieb bei dtv, Hamburg, Oktober 2016
Weiße als Touristen
K i r s t e n B o i e E s
gibt
Dinge,
die kann man nicht erzählen
Name: ______________________________
Datum: _________
Arbeitsblatt 10
M amas B uch : A ufbau
der
E rzählung
Der Erzähler dieser Geschichte beginnt nicht einfach am Anfang und erzählt bis zum Ende.
Es scheint so, als ginge hier einiges durcheinander. Versucht, euch den Aufbau der Geschichte
Mamas Buch klarzumachen.
1.Schreibe dazu beim Lesen jeden Handlungsschritt auf einen gesonderten Post-it-Zettel, der
so aussieht:
1
Das passiert:
S. XY
2.Wenn du alle Schritte notiert hast, versuche alles entlang der Zeitleiste in der Reihen­folge
zu ordnen, wie es eigentlich passiert ist.
1
S. XY
3.Versuche dir klarzumachen, wie der Erzähler die Geschichte konstruiert hat. Da jeder Postit-Zettel so nummeriert ist, wie es die Reihenfolge im Buch vorgibt, du die Zettel aber in
der chronologischen Reihenfolge sortiert hast, kannst du dir das nun erschließen.
4.Formuliere deine Beobachtung in einem Satz:
© Oetinger Taschenbuch GmbH, im Vertrieb bei dtv, Hamburg, Oktober 2016
Das passiert: Sonto
ist mit Pholile auf
dem Weg.
K i r s t e n B o i e E s
gibt
Dinge,
die kann man nicht erzählen
Name: ______________________________
Datum: _________
Arbeitsblatt 11
M amas B uch : D as E rinnerungsbuch
Für Sonto und für viele andere Kinder, die ihre Eltern durch Aids verloren haben, ist das Erinnerungsbuch (memorybook) ein unbezahlbarer Schatz. In Workshops lernen Mütter in Afrika,
wie sie so ein Buch machen können.
Darüber könnt ihr in folgendem Text mehr erfahren:
Uganda Erinnerungsbücher für die Waisen
© Oetinger Taschenbuch GmbH, im Vertrieb bei dtv, Hamburg, Oktober 2016
http://www.faz.net/aktuell/gesellschaft/uganda-erinnerungsbuecher-fuer-die-waisen-1193851.
html
K i r s t e n B o i e E s
gibt
Dinge,
die kann man nicht erzählen
Name: ______________________________
Datum: _________
Arbeitsblatt 12
M amas B uch : E rinnerungsbücher
In Sontos Erinnerungsbuch stehen sehr unterschiedliche Texte. Manchmal treffen sich Mütter
in Workshops und basteln gemeinsam an ihren Büchern. Die Hilfsorganisation UNICEF veranstaltet diese Workshops, damit Mütter Ideen bekommen, was sie ihren Kindern schreiben
können. Was könnte den Kindern wichtig sein?
Die Mütter sollen schreiben über
Die Mütter sollen darüber schreiben,
dass
Sie sollen sie erinnern an …
Die Mütter sollen ihren Kindern
etwas mit auf den Weg geben
© Oetinger Taschenbuch GmbH, im Vertrieb bei dtv, Hamburg, Oktober 2016
Sie sollen schreiben, wie …
K i r s t e n B o i e E s
gibt
Dinge,
die kann man nicht erzählen
Name: ______________________________
Datum: _________
Arbeitsblatt 13
M amas B uch : W as
im
L eben
wichtig ist
ch
erungsbu
n
Mein Erin
Bastle ein Leporello und schreib über jede Seite eine Überschrift. Eine Bastelanleitung für das
Leporello findest du auf:
https://www.talu.de/leporello-basteln/#so_falten_sie_ein_leporello
Wenn du magst, kannst du einzelne Seiten auch richtig gestalten (Texte, Bilder, Fotos, Interviews).
Wenn dir ein Leporello nicht ausreicht, kannst du noch eines machen und sie zusammenkleben.
© Oetinger Taschenbuch GmbH, im Vertrieb bei dtv, Hamburg, Oktober 2016
Ein Erinnerungsbuch ist nicht nur wichtig, wenn die Eltern sterben, es ist immer eine gute Idee,
sich zu überlegen, was einem wirklich wichtig ist im Leben.
Was wäre dir in deinem Erinnerungsbuch wichtig?
K i r s t e n B o i e E s
gibt
Dinge,
die kann man nicht erzählen
Name: ______________________________
Datum: _________
Arbeitsblatt 14
M amas B uch : F iguren /F igurenkonstellation
Suche dir einen oder zwei Partner.
Wählt anschließend aus einer Kiste mit Spielfiguren (Playmobilfiguren, Legofiguren etc.) für
jede Person in der Geschichte eine passende aus oder verändert sie so, dass sie passend werden.
Vergesst auch die Nebenpersonen nicht.
Stellt nun die Figuren so auf, dass die Beziehungen, die die Personen im Text zueinander haben, deutlich werden. Manche stehen näher zusammen, vielleicht in einer Gruppe, andere sind
weit weg voneinander, manche mögen sich vielleicht nicht oder sind gar verfeindet. Versucht
das über die Stellung der Figuren deutlich zu machen.
Wenn ihr zufrieden seid, macht ein Foto, druckt es aus und beschriftet es so, dass man versteht,
warum ihr die Figuren so aufgestellt habt.
© Oetinger Taschenbuch GmbH, im Vertrieb bei dtv, Hamburg, Oktober 2016
Tauscht euch mit einer anderen Gruppe aus.
K i r s t e n B o i e E s
gibt
Dinge,
die kann man nicht erzählen
Name: ______________________________
Datum: _________
Arbeitsblatt 15
M amas B uch : H andlungsmotive
verstehen
1.Sonto hat das Erinnerungsbuch, das ihre Mutter für sie geschrieben hat, verändert.
• Sie hat die Namen ihrer Geschwister eingefügt.
• Sie liest es Pholile so vor, als habe die Mutter das Buch für sie geschrieben.
• Sie hat es ergänzt. Als ihre Mama tot war, hat sie geschrieben: „Sonto, ich wünsche
mir, dass ihr nach Mhlosheni zur Krankenstation geht, alle meine Kinder. Ich wünsche
mir, dass ihr es wisst, auch wenn die Angst groß ist …“
Sonto hat dafür viele Gründe. Schreibe sie auf:
2. Aber darf man das? Darf man das Erinnerungsbuch verändern, wenn die Mutter schon tot
ist und nicht mehr protestieren kann?
Schreibe Sonto einen kurzen Brief:
Liebe Sonto,
oder
Liebe Sonto,
es tut mir sehr leid, was du alles erleben musstest! Ich kann aber nicht
verstehen …
© Oetinger Taschenbuch GmbH, im Vertrieb bei dtv, Hamburg, Oktober 2016
es tut mir sehr leid, was du alles erleben musstest! Ich kann gut
ver­stehen …
K i r s t e n B o i e E s
gibt
Dinge,
die kann man nicht erzählen
Name: ______________________________
Datum: _________
Arbeitsblatt 16
M amas B uch : H andlungsmotivation
verstehen
Im Erinnerungsbuch steht eine Geschichte, die Mama eigentlich für ihren ältesten Sohn schreiben wollte, für Phefeni, der schon tot ist. „Es ist eine traurige Geschichte“, sagt sie (S. 35).
• Diese Geschichte hat Mama noch nie jemandem erzählt.
• Diese Geschichte ist nicht für Bheki und Pholile, weil sie zu klein sind.
• Diese Geschichte liest Sonto ihren Geschwistern nie vor.
• Und Mama erzählt eigentlich auch nicht, was passiert ist, weil man so etwas „nicht
schreiben kann“ (S. 36).
© Oetinger Taschenbuch GmbH, im Vertrieb bei dtv, Hamburg, Oktober 2016
Suche dir zwei Lernpartner, mit denen du gut reden kannst.
Klärt folgende Fragen:
• Was ist eigentlich wirklich passiert?
• Woran ist der Onkel der Mutter schuld? Macht eine Liste.
• Könnt ihr verstehen, warum Sontos Mutter niemandem etwas gesagt hat?
• Hätte sie dann nicht jetzt auch schweigen sollen, anstatt ihre Tochter mit so einer
Geschichte zu belasten?
• Soll Sonto die Geschichte weiter verheimlichen?
K i r s t e n B o i e E s
gibt
Dinge,
die kann man nicht erzählen
Name: ______________________________
Datum: _________
Arbeitsblatt 17
M amas B uch : F iktionalität
„Die Menschen in diesem Buch gibt es alle. […] All diese Menschen habe ich auf Reisen durch
Swasiland kennengelernt“, schreibt Kirsten Boie in ihrem Nachwort. Aber „Die Geschichte
von Sonto, Pholile und ihrem Bruder Bheki“ hat sie sich „ausgedacht“ (S. 109 f.).
Was stimmt jetzt? Ist die Geschichte nun wahr oder ausgedacht? Und wie ist das mit den anderen Geschichten?
Lest das ganze Nachwort (S. 109–112) und unterstreicht in drei verschiedenen Farben:
© Oetinger Taschenbuch GmbH, im Vertrieb bei dtv, Hamburg, Oktober 2016
Rot: Das ist wahr.
Blau: Das ist ausgedacht.
Grün: Das ist ausgedacht, aber trotzdem wahr.
K i r s t e n B o i e E s
gibt
Dinge,
die kann man nicht erzählen
Name: ______________________________
Datum: _________
Arbeitsblatt 18
M amas B uch : H andlungsmotive
verstehen
Sonto und Pholile haben noch einen Bruder: Bheki. Bheki verhält sich anders als seine Schwestern. Als Sontos Mutter im Sterben lag, hat sie „nach Pholile gerufen und nach Bheki. Aber
Bheki ist nicht gekommen“ (47 f.). Auch zur Krankenstation geht er nicht mit.
Was könnte mit ihm los sein? Diskutiert die Möglichkeiten, die unten aufgeführt sind. Wie
wahrscheinlich sind sie? Gibt es in der Geschichte Hinweise darauf, dass eine These wahr sein
könnte?
Bheki hat sich mit seinen Schwestern
gestritten.
Bheki ist nach dem Tod seiner Mutter wie gelähmt.
Bheki ist eifersüchtig, weil seine Schwester ein Buch bekommen hat
und er nicht.
Bheki steckt noch in seiner Trauer um seine Mutter fest.
Bheki hat einfach keine Lust, so früh aufzustehen und so weit zu gehen.
Bheki ist voller Angst, die Krankheit auch zu bekommen.
Was er erlebt hat, macht Bheki so Angst, dass er alles
verdrängt, was mit Tod und Krankheit zu tun hat.
© Oetinger Taschenbuch GmbH, im Vertrieb bei dtv, Hamburg, Oktober 2016
Bheki möchte nur leben und sich nicht um die Krankheit kümmern.
K i r s t e n B o i e E s
gibt
Dinge,
die kann man nicht erzählen
Name: ______________________________
Datum: _________
Arbeitsblatt 19
J abus S chuhe : V or
der
L ektüre
zu bearbeiten
Wenn du nachher die Geschichte Jabus Schuhe liest, wirst du merken, dass man zunächst
überhaupt nicht versteht, worum es geht. Der Text legt aber viele Spuren. Lies den Anfang
der Geschichte (S. 55–56) und überlege dir, was nachher in der Geschichte passieren könnte.
Notiere Ideen oder Fragen, die dir bei den unterstrichenen Stellen in den Sinn kommen.
Lungile. Er hat geschwitzt, er hat so furchtbar geschwitzt, er war nicht mehr jung. Bestimmt hat er
eine Familie, eine Frau, bestimmt hat er auch Kinder in Mosamik, irgendwo in der Nähe von Mapoto; er kam irgendwo aus der Nähe von Mapoto
hinter der Grenze, so viel hat Lungile verstanden.
Sein Englisch, ihr Englisch. Aber er war freundlich. Auch seine Frage war freundlich gemeint.
Lungile ist ausgestiegen, sie hat sich hinter der
Tankstelle zum Schlafen gelegt; aber manchmal
kommt die Polizei, um zu kontrollieren, das hat
der Mann Lungile noch gesagt, darum war ihr
Schlaf nicht tief. Als im Osten die Sonne gerade
erst zu ahnen war, ist sie aufgebrochen.
Manzini Market ist nicht weit, Lungile hat keine
Angst vor dem Weg, aber die Straßen sind hart
unter ihren durchgelaufenen Flip-Flops. Wenn sie
schnell die richtigen Schuhe findet, kann sie heute
Abend zu Hause sein. Wenn ein Autofahrer anhält und sie mitnimmt, nach Hause zurück. […]
Eine zweite Nacht soll Jabu nicht mehr allein bleiben müssen.
Lungile schließt die Finger um den kleinen Zweig.
Die ganze Nacht hat sie ihn nicht losgelassen,
auch gestern nicht. Wenn sie ihn verliert, war die
Reise umsonst. Sie müsste noch einmal zurück,
um einen neuen zu holen.
© Oetinger Taschenbuch GmbH, im Vertrieb bei dtv, Hamburg, Oktober 2016
Der Mann hat Lungile gefragt, ob er sie am
Morgen irgendwohin mitnehmen soll, der zweite Mann. Es war freundlich gemeint, das weiß
K i r s t e n B o i e E s
gibt
Dinge,
die kann man nicht erzählen
Name: ______________________________
Datum: _________
Arbeitsblatt 20
J abus S chuhe : E rzählstruktur
Auch hier erzählt der Erzähler die Geschichte nicht der Reihe nach. Es beginnt eigentlich fast
am Ende bei Lungiles zweitem Besuch in der Stadt: Sie steigt aus einem Lastwagen und macht
sich auf die Suche nach Schuhen.
Lest nun die Geschichte ganz und schreibt wieder jeden Handlungsschritt auf einen Post-itZettel. Sortiert die Zettel am Ende entlang der Zeitleiste
1
S. XY
© Oetinger Taschenbuch GmbH, im Vertrieb bei dtv, Hamburg, Oktober 2016
Das passiert: Lungile steigt aus dem
Wagen und macht
sich auf die Suche
nach den Schuhen.
K i r s t e n B o i e E s
gibt
Dinge,
die kann man nicht erzählen
Name: ______________________________
Datum: _________
Arbeitsblatt 21
J abus S chuhe : E rzählspuren
erkennen
Auf dem Weg zum Schuhkauf beobachtet Lungile das Marktgeschehen. Und immer wieder
wird uns Lesern angedeutet, dass in der Nacht etwas Schlimmes passiert ist. Lies S. 57–61 und
notiere die Hinweise:
Wenn nur die Müdigkeit nicht wäre;
und wenn es die letzte Nacht nicht ge­
geben hätte. (S. 61)
© Oetinger Taschenbuch GmbH, im Vertrieb bei dtv, Hamburg, Oktober 2016
Nach dieser Nacht kann ihr vielleicht
nichts mehr Angst machen. (S. 57)
K i r s t e n B o i e E s
gibt
Dinge,
die kann man nicht erzählen
Name: ______________________________
Datum: _________
Arbeitsblatt 22
J abus S chuhe : H andlungslogik
erkennen ,
R äume
klären
Nach dem Tod der Großmutter möchte Lungile in die Stadt wie die „Mädchen aus den Hügeln, die in die Stadt verschwanden, nur für wenige Tage oft, und die zurückkamen mit einer
Tasche voller Emalangeni“ (S. 61). Auf S. 63–69 erfahren wir, wie es Lungile beim ersten Mal
in der Stadt bei ihrer Suche nach Arbeit ergangen ist.
© Oetinger Taschenbuch GmbH, im Vertrieb bei dtv, Hamburg, Oktober 2016
Zeichne die Stationen in den Stadtplan auf der folgenden Seite ein und erkläre, warum es jeweils nicht geklappt hat.
Ngwane Street
Snacks Zwiebeln Kleider
Obst Töpfe General
Store
Schlafmatten
Besen
Löffel
Schuhe
Kauf­
häuser
Name: ______________________________
Manzáni Market
Hütte
Shoe repair
and haircut
hohe
Häuser
Dinge,
y
© Oetinger Taschenbuch GmbH, im Vertrieb bei dtv, Hamburg, Oktober 2016
Matsapha
Fabriken
wa
Matsapha
Truck Stop
gibt
Hig
h
K i r s t e n B o i e E s
die kann man nicht erzählen
Datum: _________
K i r s t e n B o i e E s
gibt
Dinge,
die kann man nicht erzählen
Name: ______________________________
Datum: _________
Arbeitsblatt 23
J abus S chuhe : W eltwissen
erweitern –
K inderarbeit
Lungile kann in der Stadt keine Arbeit finden. „Kinder dürfen nicht arbeiten im Land, der
König will nicht, dass Kinder arbeiten in seinem Land.“ (S. 65)
Kinder sollen zur Schule gehen, lernen, eine Ausbildung machen. Darum ist Kinderarbeit verboten. Wir achten darauf, dass wir Produkte kaufen, die ohne Kinderarbeit hergestellt sind.
Das ist ja eigentlich gut …
Für Lungile aber bedeutet es, dass ihr nur ein Weg bleibt, um Geld zu bekommen: Sie muss zu
den Männern in die Lastwagen steigen.
Auch andere Kinder brauchen das Geld aus ihrer Arbeit, um sich oder ihre Familien zu ernähren. In Bolivien in Südamerika hat sich sogar eine Kindergewerkschaft gegründet, die für das
Recht auf Arbeit streitet.
Auf diese Frage lässt sich also nicht so einfach eine Antwort finden.
© Oetinger Taschenbuch GmbH, im Vertrieb bei dtv, Hamburg, Oktober 2016
Suche dir einen Partner. Informiert euch und lest die beiden folgenden Artikel (jeder einen).
Notiert euch, was für, was gegen Kinderarbeit spricht. Trefft euch dann mit einem anderen
Zweierteam und diskutiert darüber, ob Kinderarbeit weltweit verboten werden muss oder ob
ihr andere Lösungen seht.
K i r s t e n B o i e E s
gibt
Dinge,
die kann man nicht erzählen
Name: ______________________________
Datum: _________
­Text 1 UNICEF (https://www.unicef.de/informieren/blog/2015/kinderarbeit/78828)
KINDERARBEIT: DIE SIEBEN WICHTIGSTEN FRAGEN UND ANTWORTEN ­(gekürzt)
9. Juni 2016 von Ninja Charbonneau
[…]
Was ist Kinderarbeit?
Denn man muss unterscheiden zwischen normalen Aufgaben zum Beispiel im Haushalt, zwischen
legaler Beschäftigung von Jugendlichen und zwischen Ausbeutung von Kindern. Für legale Beschäftigung haben die meisten Staaten per Gesetz ein Mindestalter zwischen 14 und 16 Jahren festgelegt.
In Deutschland ist das Mindestalter 15 Jahre mit einigen Ausnahmen für leichte Tätigkeiten – Zeitungsaustragen ist zum Beispiel auch für jüngere Jugendliche erlaubt. Die Einzelheiten werden durch
Wie viele Kinderarbeiter gibt es und was tun sie?
168 Millionen Kinder und Jugendliche zwischen fünf und 17 Jahren – elf Prozent – sind nach Schätzung von UNICEF, der Internationalen Arbeitsorganisation (ILO) und der Weltbank Kinderarbeiter –
das heißt, sie müssen unter Bedingungen arbeiten, die sie ihrer elementaren Rechte und Chancen
berauben. 120 Millionen von ihnen sind jünger als 15 Jahre. Insgesamt arbeiten mehr Jungen als
Mädchen. Mehr als die Hälfte der Kinderarbeiter – 85 Millionen – leiden unter Arbeitsbedingungen,
die gefährlich oder ausbeuterisch sind – zum Beispiel in Goldminen in Burkina Faso, als Textil­arbeiter
in Bangladesch, auf Kakaoplantagen in der Elfenbeinküste oder auf Farmen in Lateinamerika.
Die meisten Kinder arbeiten in der Landwirtschaft (98 Millionen) und als Hilfskräfte im Dienstleistungsbereich (54 Millionen). Im produzierenden Gewerbe arbeiten schätzungsweise zwölf Millionen
Kinder und Jugendliche – meist im so genannten informellen Sektor.
Weitgehend im Verborgenen arbeiten geschätzte 15 Millionen Kinder und Jugendliche in pri-
© Oetinger Taschenbuch GmbH, im Vertrieb bei dtv, Hamburg, Oktober 2016
das Jugendarbeitsschutzgesetz geregelt.
Kinderarbeit sind laut Definition Formen der Arbeit, für die Kinder zu jung sind – weil sie gefährlich
oder ausbeuterisch sind, die körperliche oder seelische Entwicklung schädigen oder die Kinder vom
Schulbesuch abhalten. Sie beraubt die Mädchen und Jungen ihrer Kindheit und ihrer Entwicklungsmöglichkeiten und verstößt gegen die weltweit gültigen Kinderrechte.
Zu den „schlimmsten Formen der Kinderarbeit“ zählen die Vereinten Nationen (ILO-Konvention
Nr. 182 von 1999): Sklaverei und sklavenähnliche Abhängigkeiten, Zwangsarbeit einschließlich des
Einsatzes von Kindersoldaten, Kinderprostitution und Kinderpornographie, kriminelle Tätigkeiten
wie den Missbrauch von Kindern als Drogenkuriere sowie andere Formen der Arbeit, die die Sicherheit und Gesundheit der Kinder gefährden können. Fast alle Staaten der Welt haben sich dazu
verpflichtet, jegliche Form der Kinderarbeit, angefangen mit der gerade beschriebenen schlimmsten
Form, bis zum Jahr 2025 vollständig abzuschaffen.
K i r s t e n B o i e E s
gibt
Dinge,
die kann man nicht erzählen
Name: ______________________________
Datum: _________
vaten Haushalten – der Großteil von ihnen Mädchen. Viele von ihnen haben überlange Arbeitszeiten. Sie sind stark von ihren Arbeitgebern abhängig und kaum geschützt vor Gewalt
oder sexuellen Übergriffen. […]
Damit sind wir bei den Ursachen für Kinderarbeit. Nummer eins: Armut, meist in Kombination
mit anderen Faktoren. Konflikte und Naturkatastrophen verschärfen die wirtschaftliche Not,
weil der Haupternährer tot oder von der Familie getrennt ist, weil Felder nicht bestellt werden
können oder andere Einnahmequellen wegfallen. Auch Mädchen und Jungen, die durch HIV/
Aids oder Ebola zu Waisen oder Halbwaisen gemacht wurden, sind besonders häufig von Kinderarbeit betroffen. Im östlichen und südlichen Afrika haben Wetterextreme wie Dürren im
Wechsel mit schweren Regenfällen dazu geführt, dass Kinder die Schule abbrechen, um zum
Lebensunterhalt der Familie beizutragen.
Aus verschiedenen Gründen wollen oder müssen Kinder und Jugendliche also Geld verdienen
oder ohne Bezahlung mithelfen, und häufig sehen ihre Familien auch nichts Falsches darin.
Zunächst einmal: Es muss auch nicht generell schlecht sein, wenn Mädchen und Jungen zum
Beispiel bei der Ernte oder im Familienbetrieb mit anpacken und Erfahrungen sammeln – solange es sich in Grenzen hält und sie trotzdem zur Schule gehen können. Aber in Sudan zum
Beispiel müssen einer aktuellen UNICEF-Studie zufolge zwölf Prozent aller Kinder arbeiten,
und diese Mädchen und Jungen werden nur halb so oft eingeschult wie Gleichaltrige.
Insgesamt gehen fast 58 Millionen Kinder im Grundschulalter und 63 Millionen Jugendliche
bis 15 Jahre nicht zur Schule. Außerdem müssen schätzungsweise 600 Millionen Schulkinder
parallel arbeiten. Jedes vierte Kind bricht deshalb die Schule vorzeitig ab. Heranwachsende
ohne Bildung und Schulabschluss wiederum haben schlechtere Chancen, jemals eine gut bezahlte Arbeit zu finden.
Anders sind die Fälle, in denen Kinder zur Arbeit gezwungen werden, zum Beispiel durch
Schuld-Knechtschaften, als Opfer von Entführungen und Menschenhandel. Das sind ganz klar
Verbrechen gegen Kinder. […]
Sollte man Kinderarbeit generell verbieten?
Im Sommer 2014 sorgte ein neues Gesetz zu Kinderarbeit in Bolivien für weltweite Schlagzeilen und Diskussionen. Das Gesetz erlaubt in Ausnahmefällen schon Zehnjährigen zu arbeiten – und wurde unter anderem von arbeitenden Kindern selbst gefordert. Ein Skandal?
Grundsätzlich müssen wir feststellen, dass Kinderarbeit in vielen Ländern mit geringem und
mittlerem Einkommen eine Realität ist. In Bolivien haben viele Mädchen und Jungen gesagt,
dass sie ihren Arbeitslohn zum Überleben brauchen. Befürworter des Gesetzes sind der Meinung, dass die Kinder sonst illegal arbeiten und dann viel mehr in Gefahr sind, ausgebeutet
© Oetinger Taschenbuch GmbH, im Vertrieb bei dtv, Hamburg, Oktober 2016
Warum arbeiten Kinder – und warum lassen ihre Eltern das zu?
K i r s t e n B o i e E s
gibt
Dinge,
die kann man nicht erzählen
Name: ______________________________
Datum: _________
zu werden. Kritiker befürchten hingegen, dass der Kinderschutz durch das neue Gesetz aufgeweicht wird.
Das Beispiel zeigt, dass es wie so häufig keine einfache Antwort gibt. Ich würde in drei Abstufungen antworten:
1.Nicht alle Arbeit, die Kinder leisten, ist verwerflich. Sie kann unter Umständen sogar
gut sein, um Erfahrungen zu sammeln und den Zusammenhalt in der Familie und
Gemeinschaft zu stärken.
2.Arbeit von Kindern darf nicht – so steht es in der UN-Kinderrechtskonvention –
ausbeuterisch oder gefährlich sein, das Kind vom Schulbesuch abhalten oder die
„physische, mentale, geistige, moralische oder soziale Entwicklung“ beeinträchtigen.
Ausbeuterische Kinderarbeit muss beendet werden und dafür müssen Regierungen,
gesellschaftliche Akteure, Organisationen und Partner mehr tun. Auch wenn es bis
dahin noch ein weiter Weg ist.
3.Kinderarbeit in der oben erwähnten „schlimmsten Form“ (also Sklaverei, Prostitution,
der Einsatz von Kindersoldaten, gefährliche Arbeit in Steinbrüchen oder Minen) ist
völlig unakzeptabel. Sie gehört abgeschafft. Sofort.
Erfahrungen aus mehreren Ländern zeigen, dass es keine einfachen Lösungen gibt. Gesetze
zum Schutz von Kindern sind wichtig, aber sie müssen auch konsequent umgesetzt und von
Maßnahmen begleitet werden, die die tiefer liegenden Ursachen von Kinderarbeit bekämpfen.
Kinderarbeit lässt sich nicht einfach verbieten – genauso wenig, wie man Armut verbieten
kann. Sie lässt sich aber überwinden.
Um Kinderarbeit zu beenden, sind in erster Linie die jeweiligen Regierungen in der Pflicht. Dabei brauchen sie Unterstützung durch Bildungsinstitutionen, Gewerkschaften, Massenmedien,
Hilfsorganisationen, Spender, und natürlich müssen auch Unternehmen ihren Teil dazu beitragen. Wirksame Gesetze gegen Kinderarbeit sind wichtig, reichen aber allein nicht aus. Auch
die Ursachen wie Armut und fehlende Ausbildungs- und Jobmöglichkeiten müssen bekämpft
werden. Der beste Schutz vor Kinderarbeit sind Investitionen in Bildung und der Zugang zu
kostenfreien, kinderfreundlichen Schulen mit guter Unterrichtsqualität.
Unternehmen tragen eine große gesellschaftliche Verantwortung. Zusammen mit Save the
Children und Global Compact hat UNICEF Grundsätze erarbeitet, wie Unternehmen Kinderrechte schützen und fördern können – unter anderem, indem sie dafür sorgen, dass in der
gesamten Produktionskette keine Kinderarbeit in Anspruch genommen wird. Wir als Verbraucher können und sollten kritisch hinterfragen, unter welchen Bedingungen die Produkte, die
wir kaufen, hergestellt wurden.
© Oetinger Taschenbuch GmbH, im Vertrieb bei dtv, Hamburg, Oktober 2016
Welche Ansätze wirken gegen Kinderarbeit?
K i r s t e n B o i e E s
gibt
Dinge,
die kann man nicht erzählen
Name: ______________________________
Datum: _________
© Oetinger Taschenbuch GmbH, im Vertrieb bei dtv, Hamburg, Oktober 2016
UNICEF macht weltweit auf die negativen Folgen von Kinderarbeit aufmerksam und unterstützt wirksame Strategien und Programme, zum Beispiel Lernzentren für arbeitende Kinder,
alternative Verdienstmöglichkeiten für Familien oder auch finanzielle Unterstützung von armen Familien, damit sie ihre Kinder in die Schule schicken können. Einige Beispiele: In Nepal
konnten über 9.000 weit weg von zu Hause arbeitende Kinder wieder mit ihren Familien vereint werden und zur Schule gehen oder eine Ausbildung erhalten. In Burkina Faso hat UNICEF
seit 2009 zusammen mit der Regierung und Partnern über 21.000 Kinder aus den Goldminen
herausgeholt und durch Bildungsprogramme unterstützt. In Brasilien unterstützt UNICEF das
Nationale Forum zur Prävention und Abschaffung von Kinderarbeit, das unter anderem Debatten im Parlament und auf lokaler und regionaler Ebene organisiert.
K i r s t e n B o i e E s
gibt
Dinge,
die kann man nicht erzählen
Name: ______________________________
Datum: _________
Text 2: Terre des hommes (http://www.tdh.de/was-wir-tun/projekte/suedamerika/bolivien/diekleinsten-gewerkschafter-der-welt.html)
Die kleinsten Gewerkschafter der Welt
Die Kinder Boliviens brechen mit der Moral der Erwachsenenwelt. Sie wollen nach ihren eigenen Regeln spielen und nach ihren eigenen Regeln arbeiten.
von Elisabeth Weydt
Auf dem Friedhof in der Silberminenstadt Potosí läuft Cristina zwischen einer Allee betender Blinder zur Eingangstür.
Für 50 Cent schicken die gute Wünsche ins Jenseits. Sie selbst
Sieben Bolivianos, knapp 70 Cent, kostet diese Rundumgrabpflege. Am Ende von guten Tagen hat Cristina knapp fünf
Euro verdient. Aber heute wird kein guter Tag. Das gerade war ihre erste Kundin und es ist
schon fast Mittag. Gleich muss sie in die Schule. Cristina ist gerade mal 15 Jahre alt, kann aber
schon auf viele Jahre Arbeitserfahrung zurückblicken. Sie ist eine von
knapp einer Million Kinderarbeitern
in Bolivien. »Wir arbeiten, weil wir
müssen«, erzählt sie auf dem Weg
ins Gymnasium. »Manche haben
keine Eltern mehr, andere brauchen
das Geld für die Schule, weil sie aus
armen Familien kommen.« Ein Drittel aller Bolivianer lebt von zwei
Dollar am Tag, da ist der Verdienst
der Kinder oft überlebenswichtiges
Arbeit oder Ausbeutung? Wer keine gültigen Papiere hat, kann
Zubrot für die Familien.
seine Rechte oft nicht wahrnehmen.
© Oetinger Taschenbuch GmbH, im Vertrieb bei dtv, Hamburg, Oktober 2016
Grabpflege: Für ein paar Münzen
polieren die Kinder Inschriften und
zupfen Blumen.
hat gerade für eine Kundin ein Grab gepflegt: vertrocknete
Blumen gezupft, die Inschrift poliert. Jetzt wischt sie sich mit
dem Handrücken die pechschwarzen, langen Haare aus dem
Gesicht und setzt sich zu ihrer Freundin und Kollegin Jovana
auf die Bank. Von neuem bietet sie ihre Dienste an: »Grab
sauber machen, Blumen pflegen, Blumen gießen.« Gebetsmühlenartig wirft sie den Spruch den hereinkommenden
Friedhofsbesuchern entgegen. Hin und wieder blitzt eine kleine Lücke in ihrem sonst ebenmäßigen, indianisch anmutenden Gesicht auf. Cristina fehlt der rechte Schneidezahn.
K i r s t e n B o i e E s
gibt
Dinge,
die kann man nicht erzählen
Name: ______________________________
Datum: _________
Cristina gibt ihr Geld für Schule, Miete und Lebensmittel aus. Vor ein paar Jahren starb ihre
Mutter. Jetzt arbeiten sie und ihre ältere Schwester für sich und den kleinen Bruder. »Unser
Vater unterstützt uns kaum, er hat eine neue Frau.« Cristina zieht die Schultern hoch. Das tut
weh, aber sie ist stolz auf ihr selbst verdientes Geld, arbeitet vormittags und am Wochenende,
nachmittags geht sie in die Schule. Lehrerin möchte sie später einmal werden, oder Ingenieurin.
In Bolivien geht es vielen Kindern und Jugendlichen wie ihr:
30 Prozent arbeiten. Doch viele werden ausgenutzt und hintergangen. Denn wer illegal oder schwach ist, der hat auch
keine Rechte. Und damit sich das ändert, geht Cristina jeden
Samstagabend zur Versammlung der Kindergewerkschaft.
Die Union der Kinder- und Jugendarbeiter Boliviens,
­UNATSBO, hat in allen größeren Städten eine Regionalgrup-
Seit mehr als 20 Jahren für die
Rechte arbeitender Kinder: Die
­Gewerkschaft wurde von Minen­
kindern gegründet.
Die Kindergewerkschaft kämpft für ein Kinderrecht auf Arbeit, für schulkompatible Arbeitszeiten, faire Arbeitsbedingungen und eine Krankenversicherung. Auf nationaler Ebene
haben die kleinen Gewerkschaftler schon viel erreicht: Als die
Verfassung 2009 unter Evo Morales an verschiedenen Punkten geändert wurde, strich Bolivien als erstes Land der Welt
das Verbot von Kinderarbeit. Stattdessen heißt es nun »Ausbeutung von Kindern ist verboten«.
Guillermo, der oberste Kindergewerkschafter Boliviens,
ist 17 und arbeitet seit zehn Jahren in verschiedenen Jobs.
Schmächtig ist er und wirkt auf den ersten Blick nicht gerade
wie eine Führungspersönlichkeit. Seine gegelten Haare und
das Schweißarmband mit dem Totenkopf scheint er zu tragen,
um sich selbst ein wenig Mut zu machen. In seinen Vorstellungen aber ist er klar und fordernd: »Einige Kinderarbeiter
schämen sich dafür, dass sie arbeiten. Aber das ist die Schuld
der Gesellschaft. Denn die diskriminiert die Kinder­arbeiter
und denkt, sie hätten einen schlechten Charakter, würden
klauen und trinken. Aber das stimmt nicht. Wir brauchen
Vereint ist man stärker: Die Gewerk­
würdige Arbeit.«
schaft vertritt auch die Interessen
der Schuhputzer.
© Oetinger Taschenbuch GmbH, im Vertrieb bei dtv, Hamburg, Oktober 2016
pe. Die Gruppe in Potosí heißt CONATSOP und ist die erste
und stärkste Kindergewerkschaft Boliviens. Eine Handvoll
Minenkinder gründete sie schon 1992. Mittlerweile vertritt
die CONATSOP circa 850 der gut 6.000 Kinderarbeiter von
Potosí: kleine Schuhputzer, Marktverkäuferinnen, Mechaniker, Minenarbeiter und eben Friedhofsgärtner.
K i r s t e n B o i e E s
gibt
Dinge,
die kann man nicht erzählen
Name: ______________________________
Datum: _________
Mit Hilfe eines Anwalts arbeiteten sie einen Gesetzentwurf
aus, der Kinderarbeit erlauben und Ausbeutung verhindern
soll. Als die Regierung über das neue Arbeitsgesetz Boliviens
entschied, redeten die Kinder mit.
In einem stillgelegten Bergwerk in Llallagua wäscht ein Mädchen Erze aus.
© Oetinger Taschenbuch GmbH, im Vertrieb bei dtv, Hamburg, Oktober 2016
Die Kindergewerkschafter werden von verschiedenen Nichtregierungsorganisationen unterstützt: mit Geld, Ratschlägen
oder Kontakten. Terre des hommes finanziert beispielsweise
die Stelle von Luz Rivera. Die mollige, kleine Frau arbeitet
seit zehn Jahren mit den Kindergewerkschaftern von Potosí.
Sie ist für sie Ersatzmutter, Nachhilfelehrerin und Ansporn in
einem und hält nichts von fürsorglichen Wohlfahrtsprojekten.
Stattdessen will sie, dass man den Kindern die Möglichkeit
gibt, ihr Leben selbst in die Hand zu nehmen.
Würdige Arbeitsbedingungen für Kinder zu schaffen statt
Würdige Arbeitsbedingungen ­
statt Kinderarbeit abschaffen: eine
Kinderarbeit abzuschaffen, das kratzt an der Moral vieler ErMarktverkäuferin in der Stadt Sucre
wachsener. Doch die kleinen Gewerkschafter wollen sie alle
überzeugen.
K i r s t e n B o i e E s
gibt
Dinge,
die kann man nicht erzählen
Name: ______________________________
Datum: _________
Arbeitsblatt 24
J abus S chuhe : W eltwissen
erweitern –
A ltkleider
Neben der Kinderarbeit kommt in der Geschichte „Jabus Schuhe“ noch ein weiteres Problem
zur Sprache, das sich nicht so einfach lösen lässt: Welchen Weg nehmen die Altkleider, die
„freundliche Menschen in den reichen Ländern“ verschenken (S. 58)?
1.Lies auf S. 58 f. in der Geschichte nach. Lies dann den Sachtext unten aus der SZ für Kinder
oder informiere dich auf folgender Internetseite:
http://www.geo.de/GEO/natur/oekologie/altkleidersammlungen-das-geschaeft-mit-demstoff-68907.html?p=2
© Oetinger Taschenbuch GmbH, im Vertrieb bei dtv, Hamburg, Oktober 2016
2.Was hältst du davon, dass Altkleider nach Afrika kommen? Wo siehst du Chancen, wo
Probleme? Tausche dich mit deinem Lernpartner aus.
K i r s t e n B o i e E s
gibt
Dinge,
die kann man nicht erzählen
Name: ______________________________
Datum: _________
Arbeitsblatt 25
J abus S chuhe : S ich
eine
M einung
bilden
Das ganze Elend beginnt damit, dass Jabu die Schuhe gestohlen werden und der Lehrer sie
nach Hause schickt. Die Schuhe braucht sie nicht, um in die Schule zu gehen, sondern um in
der Schule zu sitzen.
Macht euch dazu Gedanken mithilfe der unten stehenden Tabelle und diskutiert darüber.
Man darf ohne Schuhe nicht in die Schule
Pluspunkt/e
Minuspunkt/e
Was ist der Grund für diese Anordnung?
Warum ist diese Anordnung ein Problem?
© Oetinger Taschenbuch GmbH, im Vertrieb bei dtv, Hamburg, Oktober 2016
Interessante Fragen/Lösungsmöglichkeiten
K i r s t e n B o i e E s
gibt
Dinge,
die kann man nicht erzählen
Name: ______________________________
Datum: _________
Arbeitsblatt 26
J abus S chuhe : K omplexe V erstrickungen
erkennen
© Oetinger Taschenbuch GmbH, im Vertrieb bei dtv, Hamburg, Oktober 2016
Man könnte einfach sagen: Jabu ist schuld, dass das alles passiert. Sie hat keine Schuhe mehr.
Aber wieder einmal ist alles nicht so einfach. Versuche zusammen mit einem Lernpartner, das
große Geflecht an Schuld aufzuzeichnen. Ein paar Aspekte sind auf der folgenden Seite schon
aufgezeigt.
Die Eltern sind
an Aids gestorben.
Name: ______________________________
Lungile prostituiert sich.
Ein anderes Kind
hat sie geklaut.
Dinge,
Jabu hat keine Schuhe mehr.
Sie hat die Schuhe
in der Schule gelassen.
Sie schont die Schuhe.
Das andere Kind ist aus den
eigenen Schuhen herausgewachsen.
gibt
© Oetinger Taschenbuch GmbH, im Vertrieb bei dtv, Hamburg, Oktober 2016
Der Lehrer schickt sie
nach Hause.
Der König hat Schul­
uniformen angeordnet.
Geld für
neue Schuhe fehlt.
K i r s t e n B o i e E s
die kann man nicht erzählen
Datum: _________
K i r s t e n B o i e E s
gibt
Dinge,
die kann man nicht erzählen
Name: ______________________________
Datum: _________
Arbeitsblatt 27
J abus S chuhe : P erspektivenübernahme
Nachdem sich Lungile an die Männer in den Lastwagen verkaufen musste, hat sie große Angst.
Sie weiß ja nicht, ob sie sich mit HIV infiziert hat und wie schlimm es noch werden wird. Obwohl das zum Schlimmsten gehört, was einem Kind passieren kann, wiederholt Lungile immer
wieder, wie um sich zu beruhigen:
„Dies ist kein guter Tag, aber sie ist ja nicht die Einzige hier bei Matsapha Truck Stop, und
die Mädchen hier tun es alle, und die Fahrer tun es immerzu in allen Ländern, und manche
verschont die Krankheit, der Herr ist allmächtig, und Jabu soll zur Schule gehen.“ (S. 82 f.)
„Und Jabu wird wieder zur Schule gehen, und es war nicht so schlimm, wie Lungile geglaubt
hat, und manche verschont die Krankheit, der Herr ist allmächtig. Vielleicht hat der Herr gewollt, dass alles so kommt; vielleicht hat er nur deshalb Jabus Schuhe genommen. Was auch
immer geschieht, Lungile kann ruhig sein. Sie weiß jetzt, dass es in Matsapha Arbeit für Kinder
gibt.“ (S. 86)
© Oetinger Taschenbuch GmbH, im Vertrieb bei dtv, Hamburg, Oktober 2016
Schreibe auf, was dich am meisten ärgert:
K i r s t e n B o i e E s
gibt
Dinge,
die kann man nicht erzählen
Name: ______________________________
Datum: _________
Arbeitsblatt 28
D ie G ugu
brennt :
V or
dem
L esen
zu bearbeiten
Wenn du nachher die Geschichte liest, wirst du den Eindruck haben, dass vieles durcheinandererzählt wird. Wenn man den Erzählanfang genau liest, kann man jedoch Vermutungen
anstellen, um was es gehen wird.
Ein seltsamer Anfang einer Geschichte; worauf
könnte das hindeuten?
Wer ist schuld, Herr Jesus, vergib mir, wenn ich es
bin, Herr Jesus, vergib mir.
„Ich geh Wasser holen, Gugu, ist das gut? Soll ich
Wie wirkt das, dass er ständig „Gugu“ sagt?
noch etwas anderes tun, Gugu, oder soll ich jetzt
gehen?“
Die Gugu sitzt vor der Hütte mit ausgestreckten
Was ist da wohl passiert?
Beinen, dem guten Bein, dem schlechten Bein. Die
Gugu rührt sich nicht.
Ist auch in ihrem Kopf etwas geschehen?
„Ich laufe, so schnell ich kann, Gugu, ich bin bald
wieder zurück!“
Das kann ein kleines Nicken gewesen sein. Sipho
will glauben, dass es ein Nicken war. „So schnell
ich kann!“
Sipho hebt den Kanister nicht auf den Kopf, jetzt
Welche Bedeutung hat das Wasserholen? Warum
wird so betont, dass er das jetzt immer tun will?
auf dem Hinweg ist er leicht. Jeden Tag will Sipho
jetzt Wasser holen, immer, kaum ist er bei der
Hütte angelangt, schon möchte er wieder zurück
zum Fluss.
© Oetinger Taschenbuch GmbH, im Vertrieb bei dtv, Hamburg, Oktober 2016
Wie wirkt die Gugu auf dich?
K i r s t e n B o i e E s
gibt
Dinge,
die kann man nicht erzählen
Name: ______________________________
Datum: _________
Arbeitsblatt 29
D ie G ugu
brennt :
S chuldfrage
reflektieren
Am Anfang der Geschichte ist sich Sipho sicher, dass er schuld ist („Er ist schuld, Herr Jesus
vergib mir!“ [S. 90]), dann versucht er immer wieder, die Schuld auch bei anderen zu suchen.
Notiere mit, während du weiterliest.
Nomsa ist schuld, weil …
Gugu ist schuld, weil …
Das finde ich auch/nicht.
Das finde ich auch/nicht.
Die Henne ist schuld,
weil …
Sipho ist schuld, weil …
… ist schuld, weil …
Das finde ich auch/nicht.
Das finde ich auch/nicht.
© Oetinger Taschenbuch GmbH, im Vertrieb bei dtv, Hamburg, Oktober 2016
Das finde ich auch/nicht.
K i r s t e n B o i e E s
gibt
Dinge,
die kann man nicht erzählen
Name: ______________________________
Datum: _________
Arbeitsblatt 30
D ie G ugu
brennt :
H andlungslogik
verstehen
Der Unfall ist eine ganz unglückliche Verkettung von vielen Ereignissen. Mache dir diese Verkettung klar, indem du Aufgabe 1 oder Aufgabe 2 löst.
1.Erstelle ein Flussdiagramm. Dies zeigt, welches Ereignis auf das andere folgt.
Sipho hat ein Ei gefunden
und will es für sich.
Sipho will kein Wasser
holen, weil das Frauenarbeit ist.
Gugu will das Ei der
Schwester geben und
schickt ihn, um Wasser
zu holen.
Gugus Rock fängt Feuer.
© Oetinger Taschenbuch GmbH, im Vertrieb bei dtv, Hamburg, Oktober 2016
Gugu ärgert sich, schlägt
nach ihm und schickt ihn
trotzdem.
K i r s t e n B o i e E s
gibt
Dinge,
die kann man nicht erzählen
Name: ______________________________
Datum: _________
Arbeitsblatt 30 Fortsetzung
D ie G ugu
brennt :
H andlungslogik
verstehen
2. Erstelle ein Radialdiagramm. In der Mitte steht das Ereignis, um das es geht. Zu den Pfeilen
schreibst du alles, was zu diesem Ereignis geführt hat. Du kannst auch noch mehr Pfeile
einfügen.
!
!
!
© Oetinger Taschenbuch GmbH, im Vertrieb bei dtv, Hamburg, Oktober 2016
!
Gugus Unfall
K i r s t e n B o i e E s
gibt
Dinge,
die kann man nicht erzählen
Name: ______________________________
Datum: _________
Arbeitsblatt 31
D ie G ugu
brennt :
F igurencharakteristik
Der Unfall der Großmutter hat Sipho verändert. Versuche, seinen Charakter zu beschreiben –
vor dem Unfall und nachher. Verbinde dazu die passenden Eigenschaften mit „vorher“ und
„nachher“.
unbeschwert
lustig
stark
stur
demütig
vorher
ängstlich
freundlich
bestimmend
aggressiv
fürsorglich
besorgt
beschützend
nachher
bedrückt
gläubig
schuldig
gewitzt
schlau
lebenslustig
verantwortungsvoll
verantwortungslos
gierig
egoistisch
© Oetinger Taschenbuch GmbH, im Vertrieb bei dtv, Hamburg, Oktober 2016
traurig
K i r s t e n B o i e E s
gibt
Dinge,
die kann man nicht erzählen
Name: ______________________________
Datum: _________
Arbeitsblatt 32
D ie G ugu
brennt :
M ännerarbeit /F rauenarbeit
Am Anfang des Textes weigert sich Sipho, Wasser zu holen: „… es sind die Frauen, die das
Wasser holen“ (S. 96). Das scheint in Swasiland von allen akzeptiert zu sein.
Wie ist das eigentlich mit Männerarbeit und Frauenarbeit? Gibt es bei uns heute Arbeiten, die
nur Frauen oder nur Männer machen? Schreibt das unten in die Liste!
Und wie war das früher bei uns? Fragt eure Großeltern oder andere ältere Menschen danach.
Bereitet euch auf die Gespräche vor. Fragt gezielt nach bestimmten Berufen, nach öffentlichen
Ämtern und danach, wie die Arbeit im Haushalt verteilt war. Schreibt auch das auf.
Besprecht eure Ergebnisse zu dritt und vergleicht sie mit dem, was ihr über die Aufgabenverteilung in Swasiland wisst.
Aufgabenverteilungen heute in Deutschland
Aufgabe
Männer
Frauen
Kochen
Kinder wickeln
Aufgabenverteilungen zur Zeit der Großeltern in Deutschland
Aufgabe
Kochen
Kinder wickeln
Geld verdienen …
Männer
Frauen
© Oetinger Taschenbuch GmbH, im Vertrieb bei dtv, Hamburg, Oktober 2016
Geld verdienen …
K i r s t e n B o i e E s
gibt
Dinge,
die kann man nicht erzählen
Name: ______________________________
Datum: _________
Arbeitsblatt 33
D ie G ugu
brennt :
P erspektivenübernahme
Sipho wünscht sich so, dass seine Gugu wieder reagiert, wieder mit ihm spricht, aber ihn anzusehen und mit ihm zu sprechen, fällt ihr noch schwer. Doch sie weiß auch, dass sie Sipho helfen
muss, sonst wird er an seiner Schuld zerbrechen. Deshalb will sie ihm einen Brief schreiben.
Versuche das in ihrem Namen. Du kannst so beginnen:
Mein Sipho,
© Oetinger Taschenbuch GmbH, im Vertrieb bei dtv, Hamburg, Oktober 2016
ja, das bist du immer noch, auch nach allem, was passiert ist.
Eigentlich gibt es keine Worte für das, was geschehen ist. Aber
dennoch muss man sie suchen.
K i r s t e n B o i e E s
gibt
Dinge,
die kann man nicht erzählen
Arbeitsblatt 5 – LÖSUNGEN
Mögliche Antworten:
– Die Eltern sind gestorben.
– Sie hatten Aids.
– Er musste das Grab für die Mutter ausheben.
– Die kleine Schwester ist zu schwach.
– Er muss Holz holen und Maismehl.
– Er muss Wasser holen, obwohl das eigentlich Frauenarbeit ist.
– Er kann nicht mehr zur Schule gehen.
Arbeitsblatt 10 – LÖSUNGEN
© Oetinger Taschenbuch GmbH, im Vertrieb bei dtv, Hamburg, Oktober 2016
Mögliche Antwort Aufgabe 4: Der Erzähler erzählt die Geschichte nicht einfach in der Reihen­
folge, wie die Dinge passieren. Der Weg, den Sonto und Pholile zurücklegen, ist die Rahmen­
handlung, die immer wieder unterbrochen wird. Dann erfahren wir über die Erinnerungen,
die im Buch aufgeschrieben sind, oder über Gespräche zwischen den Schwestern, was vorher
passiert ist.
K i r s t e n B o i e E s
gibt
Dinge,
die kann man nicht erzählen
Arbeitsblatt 30 – LÖSUNGEN
Aufgabe 1: Folgendermaßen könnte die Lösung aussehen:
Sipho hat ein Ei gefunden
und will es für sich.
Sipho will kein Wasser
holen, weil das Frauenarbeit ist.
Sipho sitzt zornig hinter der
Hütte.
Gugu will das Ei der
Schwester geben und
schickt ihn, um Wasser
zu holen.
Gugu ärgert sich, schlägt
nach ihm und schickt ihn
trotzdem.
Sipho will essen.
Was hat Sipho getan?
Gugus Rock fängt Feuer.
Sie schlägt nach ihm.
© Oetinger Taschenbuch GmbH, im Vertrieb bei dtv, Hamburg, Oktober 2016
ugu besteht darauf, dass
G
er Wasser holt.
K i r s t e n B o i e E s
gibt
Dinge,
die kann man nicht erzählen
© Oetinger Taschenbuch GmbH, Hamburg, Juli 2016
Alle Rechte dieser Ausgabe vorbehalten
Materialien für den Unterricht
Erarbeitet von Ulrike Siebauer nach dem Buch
Es gibt Dinge, die kann man nicht erzählen von Kirsten Boie
© Originalausgabe: Verlag Friedrich Oetinger, Hamburg 2013
Einband und Bilder von Regina Kehn
Gestaltung und Satz der Handreichung: FELSBERG Satz & Layout, Göttingen
www.oetinger-taschenbuch.de
© Oetinger Taschenbuch GmbH, im Vertrieb bei dtv, Hamburg, Oktober 2016
Ulrike Siebauer ist Gymnasiallehrerin für die Fächer Deutsch, Religion und Biologie. Seit vielen
Jahren bildet sie an der Universität Regensburg Lehrer und Lehrerinnen aller Schularten in der
Fachdidaktik Deutsch aus. Sie lebt mit ihrer Familie in Regensburg.