Worpsweder Spekulationen #2 We need your Car Keys! Horizonte des Horrors Symposium, Workshops, Filme 28-30 Oktober, 2016 mit Anselm Franke, Bracha L. Ettinger, Melanie Bonajo, Laboria Cubonics (Diann Bauer, Helen Hester), Anja Kirschner, Sam Basu und Anke Hennig Künstlerhäuser Worpswede, Deutschland In immer größerem Maße organisieren wir uns rund um globale Notstände herum, die jede Facette unseres Lebens durchdringen und eine unterschwellige Ahnung von Horror verbreiten. Diese Dringlichkeiten erreichen uns vermittelt durch spektakuläre Polarisierungen und schränken unser Verständnis und unsere Fähigkeit eines in der Welt seins ein. Angesichts der wiederauferstehenden Diskurse des ‚Horrors’ nimmt was man sich darunter vorstellt die Gestalt eines Krisen-Strudels an und was man dagegenzuhalten denkt gleicht dem Starren in den Abgrund einer radikal gleichgültigen Welt. Kann Horror aber auch ein emanzipatorisches Werkzeug werden? Dieses Symposium lädt die Teilnehmer_innen ein, auf unterschiedliche Weise zu einem Verständnis des Horrenden beizutragen. Wir bejahen die Erfahrung von Horror im Leben, die Faszination mit Horror in der PopKultur und seine Präsenz in Vorgängen extremer, radikaler Veränderung. Daneben verbinden wir damit die Idee von Horos, dem griechischen Wort für eine Grenzziehung - für etwas, das auf ein Limit und einen Horizont verweist. We Need cour Car Keys! wird die Horizonte untersuchen, die sich uns auftun während wir - den Boden unter unseren Füssen verlierend - durch die horrenden Zustände des 21. Jahrhunderts navigieren. Wie bringen Kunst und Kultur unserer Zeit die Entfremdung zum Ausdruck, die in Perioden tiefgreifender Veränderungen zu Tage tritt und die Themen (historischer) Traumata, neuer Technologien und Geschlechter aufwirft? Wir fragen: was sind die erotischen, poetischen, politischen und kritischen Konsequenzen des Horrenden und wie hat das Horrende Teil an der Entwicklung emanzipatorischer Antriebe für eine komplexe und turbulente Welt? Dieses Symposium schlägt Horror als ein Werkzeug vor, um solche Strategien zu verstehen und in den Vordergrund zu rücken, mit denen sich der Zwiespalt zwischen einem vertrauten Innen und einem entgegenstehenden Außen auflösen lässt. Lässt sich ein monströses Werden in uns und um uns herum bejahen und mehr noch - können wir es positiv nutzbar machen? Bestätigt nicht jedes Sprechen über unseren posthumanen Zustand bereits unsere Entfremdung; werden nicht angewandte Wissenschaft und Vernunft unser humanistisches-Selfie beschämen? Und sollten wir andererseits eine „ungerechte Natur“ nicht einfach verändern, so wie es die xeno-feministischen Laboria Cubonics in ihrem Manifest fordern? Was sagt uns unser Fremdsein über Arten des monströsen Werdens und wie können wir diesen neuen Monsterismus nutzen, neue Gemeinschaften zu formen? Das Symposium versteht „Horror“ als fließfähigen Schlamm der geisteswissenschaftlicher Diskurse - wie Psychoanalyse, Ästhetik, Affekttheorie und Wissenschaften - wie Anthropologie, Biologie und Mathematik etc. durchdringt und disziplinäre und methodische Begrenzungen überwindet. Was für neue Subjektivitäten treten innerhalb und jenseits der Horror-Zustände des 21. Jahrhunderts in Erscheinung– Super-Kommunen, Xenoffeminist_innen, Animist_innen, künstliche- und vernetzte Intelligenzen? Wir unterstellen Horror die Fähigkeit sich in Körpern und Verstand auszubreiten, sie zu durchdringen und dabei ein Bindegewebe zwischen Subjektivität und Materie wachsen zu lassen. Bei der Untersuchung von Horror kommen wir zu der These, dass ein Zusammentreffen mit Affekten und schierer Angst unserer kulturellen und sozialen Formation nicht vorhergeht. Horror schlägt ein Gleichnis zwischen Affekt und psychosomatischem Durcheinander, von transgressiven körperlichen Resonanzen und lepra-kreativen Reaktionen vor. Horror befällt einen Geist, der beim Versuch seine eigenen Überlebensbedingungen zu erfassen, an seine Grenzen stößt. Organisiert wird das Symposium von Anja Kirschner, Anke Hennig, Sam Basu, Tim Voss, die als Gruppe von Kunst-Praktiker_innen, Kurator_innen und Theoretiker_innen ein Interesse am exzessiven Potential von Horror zusammengeführt hat.
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