Am Ende wird es Geld vom Himmel regnen

Notenbankpolitik
Am Ende wird es Geld vom Himmel regnen
Obwohl die EZB bislang mehr als eine Billion Euro in den Geldkreislauf gepumpt hat, sind bezüglich der
Preisentwicklung Erfolge dieser expansiven Geldpolitik nicht zu erkennen. Ob damit die Zeit des
vielbeschworenen Helikoptergeldes gekommen ist, erklärt Michael Reuss von der Vermögensverwaltung
Huber, Reuss & Kollegen.
Die Europäische Zentralbank (EZB) ließ am 8. September 2016 die Schlüsselzinsen im Rahmen ihrer
turnusmäßigen Sitzung unangetastet bei null Prozent. Hintergrund dieser Entscheidung war, dass die
EZB weiterhin davon ausgeht, dass die Inflationsrate im Euroraum dieses Jahr nur bei 0,2 Prozent
liegen wird.
Gleichzeitig nahm sie die Prognose für das kommende Jahr marginal von 1,3 Prozent auf 1,2 Prozent
zurück. Für 2018 rechnen die Währungshüter mit Preissteigerungen in Höhe von 1,6 Prozent. Die
5-jährigen Inflationserwartungen der Eurozone befinden sich auf einem Allzeittief.
Erfolglose Geldpolitik
Diese Daten zeigen: Obwohl die EZB durch ihr Anleihekaufprogramm bislang mehr als eine Billion Euro
in den Geldkreislauf gepumpt hat, sind bezüglich der Preisentwicklung - die EZB strebt eine jährliche
Inflationsrate von 2,0 Prozent an – Erfolge dieser expansiven Geldpolitik nicht mal im Ansatz zu
erkennen. Der Geldmarkt in Europa steckt nachweislich in einer Liquiditätsfalle.
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Die Entscheidungen der EZB lösten an den Aktienmärkten zunächst eine deutliche Enttäuschung aus.
Die meisten Investoren waren davon ausgegangen, dass das Anleihenkaufprogramm (QE) über die bis
März 2017 festgelegte Frist hinaus verlängert würde.
Zudem wurde im Vorfeld spekuliert, dass die Notenbank auch Aktien in ihr Kaufprogramm aufnehmen
könnte – so, wie es die Bank of Japan womöglich ebenfalls vorhat.
Hintertürchen weiter offen
In ihren Aussagen hat sich die EZB allerdings ein Hintertürchen offengehalten, so dass weitere
geldpolitische Maßnahmen zu einem späteren Zeitpunkt durchaus denkbar sind. Spätestens bei der
letzten Sitzung in diesem Jahr wird sie unseres Erachtens erkennen, dass sich ihre
Konjunkturprognosen als zu optimistisch erwiesen.
Was aber tun, wenn sich die bisherigen Kaufprogramme als Irrweg erweisen, um die Inflation in Gang
zu bringen? Die Währungshüter könnten dann gezwungen sein, auch Staatsanleihen zu kaufen, deren
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Renditen unter der kritischen Marke von minus 0,4 Prozent liegen.
Bislang ist das nicht erlaubt. Da der Markt von Anleihen, die für das QE-Programm überhaupt infrage
kommen, sehr dünn ist könnte sie darüber hinaus Aktien erwerben, die ein großes Handelsvolumen
aufweisen und somit über eine ausreichende Marktliquidität verfügen.
Am Ende dürfte sich bei der EZB die Erkenntnis durchsetzen, dass eine expansive Geldpolitik zwar in
Krisenzeiten helfen kann, aber kontraproduktiv wirkt, wenn sie extrem exzessiv betrieben wird. Immer
mehr Anleger zweifeln am Nutzen der EZB-Maßnahmen, da hinsichtlich Inflation, Wirtschaftswachstum,
Strukturreformen und Kreditvergabe kaum Erfolge zu sehen sind.
Aus unserer Sicht bewegt sich die westliche Welt in Richtung gigantischer fiskalpolitischer Programme,
ohne Rücksicht auf die jetzt schon sehr angespannte Verschuldungssituation. Daher ist die
Wahrscheinlichkeit groß, dass die Zentralbanken einen maßgeblichen Anteil zur Finanzierung beitragen
werden. Ein derartiges Vorgehen nennt man dann wohl Helikoptergeld.
Angespannte Verschuldungssituation
Ben Bernanke, der ehemalige Chef der US-Notenbank FED, ist einer der bekanntesten Verfechter
dieser Idee. Angewendet wurde sie aber noch nie, auch nicht zu der Zeit, als Bernanke in
geldpolitischer Verantwortung war.
EZB-Chef Mario Draghi hatte die Debatte neu angefacht, als er bei einer Pressekonferenz am 10. März
2016 das Konzept des „Helikoptergelds“ als „sehr interessant“ bezeichnete. Zwar wiegelte er das
Thema in der Folge wieder ab, aber der Boden für Spekulationen und Interpretationen war bereitet.
Doch was ist „Helikoptergeld“ und wie könnte es eingesetzt werden? Grundsätzlich wird Helikoptergeld
als ein geldpolitisches Konzept bezeichnet, bei dem Zentralbankgeld direkt an Staaten oder Bürger
ausgezahlt wird.
Lösung Helikoptergeld?
Die Öffentliche Hand könnten dann beispielsweise große Infrastrukturprojekte finanzieren wie den
Ausbau von Autobahnen, die Sanierung öffentlicher Einrichtungen wie Schulen oder Krankenhäuser
und dergleichen mehr. Böse Zungen behaupten, es würde vielleicht sogar eine 17. Brücke über das
Rheintal gebaut, unabhängig davon, ob sie gebraucht wird oder nicht.
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In der Ära von George Bush hatten die Vereinigten Staaten bereits den Versuch unternommen, mit
massiven Geldgeschenken an alle Bürger in Form von Steuerschecks den Konsum anzukurbeln.
Grotesk, aber durchaus vorstellbar, ist auch die Idee, dass Notenbanken den Schuldendienst von
Staaten übernehmen: Sie würden die Zinsen zahlen und Investoren von Staatsanleihen auszahlen,
wenn diese auslaufen. Dabei müssten nicht mal neue Staatsanleihen zur Finanzierung der
Rückzahlung ausgegeben werden.
Effekt verpufft
Der absolute Schuldenstand des Staates würde sich somit verringern, die Bilanz der Notenbank jedoch
gewaltig aufgebläht. Nach den Vorstellungen der Befürworter sollen die Programme laufen, bis die
gewünschte Inflationsrate von zwei Prozent erreicht ist. Entscheidend wäre, dass die Staaten das Geld
nicht zurückzahlen müssen.
Ziel ist, dass das Geld direkt in die Realwirtschaft umgeleitet und diese dadurch angekurbelt wird. Das
Problem: Sollten die Konsumenten das zusätzlich verfügbare Einkommen dazu nutzen, um Schulden
abzubauen oder zu sparen würde der gewünschte Effekt in großen Teilen verpuffen.
Geldpolitik ist kein Allheilmittel. Sie kann notwendige Reformen in einzelnen Staaten nicht ersetzen und
löst auch keine Wachstumsprobleme aufgrund mangelnder Wettbewerbsfähigkeit. Wer das von ihr
verlangt, überfordert sie und wird am Ende bitter enttäuscht werden.
Über den Autor:
Michael Reuss ist Gründer und Geschäftsführender Gesellschafter der Huber, Reuss & Kollegen
Vermögensverwaltung. Seine Karriere begann er bei der Bayerischen Hypotheken und Wechselbank
1986. Reuss hat langjährige Erfahrung im Asset Management sowie in der Betreuung institutioneller
und vermögender Privatkunden.
Dieser Artikel erschien am 20.10.2016 unter folgendem Link:
https://www.private-banking-magazin.de/notenbankpolitik-am-ende-wird-es-geld-vom-himmel-regnen-1476894910/
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