September/Oktober 2016 RaumPlanung © Stadt Bamberg/Amt für Strategische Entwicklung und Konversionsmanagement, scheuvens + wachten Fachzeitschrift für räumliche Planung und Forschung Multilaterale Kommunikation in Prozessen der Stadtentwicklung skreis für Ra um p 40 J a h re I e.V. K 5158 tion un g 187 / 5-2016 a rm lan nf o Weitere Themen: Entwicklungspotenzial von Stadtfesten 1975 – 2015 Multilaterale Kommunikation in Prozessen der Stadtentwicklung Schwerpunkt 6 Sarah Ginski, Klaus Selle: Multilaterale Kommunikation in Prozessen der Stadtentwicklung 8 Klaus Selle: Stadtentwicklung als Verständigungsaufgabe 14 Bernadette Spinnen: „Gutes Morgen Münster“ 18 Fee Thissen: Zürich West: von der Blockade zur Bewegung 26 Agnes Förster, Theresa Ramisch: Die vielen Autoren der Stadtentwicklung 34 Moritz Maikämper: Akteursmodelle in multilateralen Prozessen der Stadtentwicklung 42 Lena Greinke: Bürgerbeteiligung ohne Dialog? 48 Jeannette Behringer Zur Wahrnehmung von Partizipation 4 RaumPlanung 187 / 5-2016 Weitere Themen 54 Michaela Ehbrecht, Annette Spellerberg: Entwicklungspotenzial von Stadtfesten Rubriken 3 Editorial 61 Notizen 65 Campus Entkommen, Unterkommen – Willkommen? Diskussionsbeiträge aus der Raumplanung und den Angewandten Sozialwissenschaften 67 Rezensionen 69 IfR Intern 71 Kalender 72 Impressum 8 18 48 Hinweis: Aus Gründen der Lesegewohnheit und der sprachlichen Vereinfachung wird bei Personen die männliche Substantivform verwendet, wenn keine geschlechtsneutrale Formulierung möglich ist. Gemeint sind immer beide Geschlechter. RaumPlanung 187 / 5-2016 5 Multilaterale Kommunikation in Prozessen der Stadtentwicklung W enn heute das Wortpaar „Stadtentwicklung” und „Kommunikation” aufgerufen wird, dann dürfte für die meisten klar sein, worum es geht – um den (schwierigen) Umgang mit der Öffentlichkeit. Da scheinen sich zwei Seiten gegenüber zu stehen: Hier die, die planen und dort jene, die man „mitnehmen” oder „beteiligen” will. Diese Vorstellung einer „bilateralen” Kommunikation hat anscheinend eine große Prägekraft und wird insbesondere von den Medien immer wieder gern nachgezeichnet. Allerdings trifft es die Wirklichkeit nicht, denn Stadtentwicklung ist Ergebnis des Handelns vieler Akteure. Und wer in und mit dieser Vielfalt Gestaltungskraft erlangen will, muss mit Vielen kommunizieren. Erst ein solcher Blick auf „multilaterale” Kommunikation hilft, Verlauf und Ergebnisse von Planungsprozessen zu verstehen. Und wenn in der Programmatik der „integrierten Stadtentwicklung” von ressort- und akteursübergreifendem Planen und Handeln die Rede ist, dann vermag erst eine entsprechend „vielseitig” angelegte Kommunikationsstrategie, diesem ambitionierten Ziel etwas näher zu kommen. Wenn heute Quartiers- oder Stadtentwicklungspläne aufgestellt oder bedeutsame Projekte vorbereitet werden, dann finden daher in der Regel umfassende Erörterungen mit vielen Beteiligten statt – z. B. mit verschiedensten Ämtern und Dezernaten der Verwaltung sowie den Eigenbetrieben der Kommunen, mit Behörden auf verschiedenen Ebenen, mit Gremien der lokalen Politik, mit Nachbarkommunen, mit Institutionen, Unternehmen, Verbänden, mit verschiedenen Fachöffentlichkeiten, mit Initiativen und Arbeitskreisen sowie mit der allgemeinen Stadtöffentlichkeit. Die Kommunikation mit und zwischen diesen verschiedenen Akteuren wird zudem vielfach differenziert nach Zielgruppen, Veranstaltungsformaten und Medien. Diese Vielfalt ist gemeint, wenn von „multilateraler Kommunikation” die Rede ist. Und über diese Vielfalt und den Umgang mit ihr wird in diesem Schwerpunkt der RaumPlanung berichtet: 6 RaumPlanung 187 / 5-2016 Alte Einfalt, neue Vielfalt? So lautet die Überschrift des ersten Beitrages von Klaus Selle, in dem die mühsame Öffnung des Blicks der Planungsfachleute auf die Vielfalt der Akteure nachgezeichnet wird. Am Ende dieses Prozesses steht die Erkenntnis, dass die Wahrnehmung der Akteursvielfalt und ihrer Bezüge untereinander mit dem heutigen Verständnis von „Governance” auf’s engste verbunden ist. Und: dass Stadtentwicklung von der Kommunikation über sie nicht zu trennen ist. Es folgt ein großer Sprung mitten hinein in die Praxis. Allerdings in eine, die sich vom Gängigen deutlich unterscheidet und zugleich neue Perspektiven eröffnet. Gemeinhin sind wir es gewohnt, Stadtentwicklung als Aufgabe öffentlicher Akteure zu betrachten. Mit „Gutes Morgen Münster” wird jedoch die Stadtgesellschaft selbst zum Zukunftsakteur. Hier wurde nicht gefragt: „Was habt Ihr für Wünsche und Visionen?”, sondern: „Was tragt Ihr selbst schon heute zur Zukunft der Stadt bei?”. Die Resonanz auf diese Aktion, über die Bernadette Spinnen berichtet, war äußerst eindrucksvoll: Ein breites und buntes Spektrum von Aktivitäten machte deutlich, wie groß das Potenzial von Akteuren in Wirtschaft, Wissenschaft und Zivilgesellschaft ist und wie wichtig es sein wird, sie nicht nur als „Beteiligte“, sondern als Partner im Zukunftsprozess zu verstehen. Dass Grundeigentümer wichtige „Player” in der Stadtentwicklung sind, ist keine neue Erkenntnis. Und dass über die Entfaltungsmöglichkeiten, die man ihnen einräumen soll, heftig gestritten werden kann, ebenso wenig. Wenn aber private Interessen und unterschiedliche Positionen öffentlicher Akteure einander im Wege stehen, kann es zu nachhaltigen Blockaden kommen. Von einer solchen Situation berichtet Fee Thissen. In Zürich-West trug ein Stadtforum, in dem Vertreter aller Akteursgruppen die Möglichkeiten einer kooperativen Entwicklung erörterten, wesentlich dazu bei, dass aus der Blockade wieder Bewegung wurde. Ein Großteil der nachfolgenden Kommunikation wurde dann jedoch wieder Facheditorial Jede Stadt, jeder Stadtteil hat seine eigene „Akteurslandschaft”, heißt es im folgenden Beitrag zu den vielen Akteuren der Stadtentwicklung. Hier machen sich Agnes Förster und Theresa Ramisch auf die Spur der Netzwerke, Räume und Themen der Münchner Akteurslandschaft und entdecken Vielfalt und Verschiedenheit, aber auch Verkrustung und Veränderungsbedarf. Zugleich wird mit diesem Beitrag auf die methodischen Herausforderungen verwiesen, die mit der Untersuchung von Kommunikation in komplexen Akteurskonstellationen verbunden sind. Über Akteursmodelle in multilateralen Prozessen der Stadtentwicklung wird vielerorts gesprochen. Aber wovon ist jeweils wirklich die Rede, was genau ist der Gegenstand, welche Modelle und Konzepte vom Planen und Entwickeln finden Verwendung etc.? Der Beantwortung dieser Fragen hat sich Moritz Maikämper als Zuhörer genähert. Nach dem Besuch von drei Tagungen resümiert er seine Erkenntnisse – und macht so auch deutlich, wie wichtig es ist, wissenschaftliche Diskurse aufeinander zu beziehen, wenn es gelingen soll, in der theoretischen wie empirischen Arbeit an diesem vielschichtigen Thema weiter zu kommen. In den letzten beiden Beiträgen geht es vor allem um Öffentlichkeitsbeteiligung, auch hier aber in einem multilateralen Sinne. Denn in beiden Texten wird herausgearbeitet, wie wichtig es ist, auch diese Ausschnitte der Kommunikation über Stadtentwicklung differenziert zu betrachten: Lena Greinke beschreibt die Vielfalt der Kommunikation am Beispiel des ungemein ambitionierten und breit angelegten Prozesses „Mein Hannover 2030”. Jeannette Behringer fragt, wie es denn um die Wahrnehmung von Partizipation aus der Perspektive verschiedener Akteursgruppen steht. Die Beiträge werden begleitet von Bildseiten, auf denen wir versucht haben, die Vielfalt der Akteure und ihrer Kommunikation zu illustrieren. Das ist nicht ganz einfach, denn zumeist liegen fotografische Dokumente nur zu den Aktivitäten vor, die öffentlich dargestellt werden sollen. Auf eine dieser Seiten sei besonders hingewiesen: Dort finden sich stills aus dem Film „Göttliche Lage”. In diesem mehrfach (u. a. mit dem Grimmepreis) ausgezeichneten Film dokumentieren Ulrike Franke und Michael Loeken die Entwicklung des Standortes Phönix-Ost in Dortmund. Es gelingt ihnen nicht nur, fünf Jahre dieses Prozesses in 100 Minuten zusammenzufassen (und dabei auch erhellende Einblicke in Interna zu eröffnen), sondern man fühlt sich auch noch bestens unterhalten – und hat viel gelernt. Denn hier geht es auf sehr anschauliche Weise um Stadtentwicklung, viele Akteure und die Kommunikation zwischen ihnen. Selbstverständlich ist das Thema multilaterale Kommunikation mit den Beiträgen zu diesem Themenheft nicht erschöpfend behandelt. Sie stellen eher einen Auftakt dar. Eine erste Fortsetzung ist in der zeitgleich erschienenen Ausgabe II|2016 von pnd|online (www.planung-neu-denken.de) erschienen. Weitere werden folgen. Sarah Ginski, 1984, Dipl.-Ing. Stadtplanerin, wissenschaftliche Mitarbeiterin am Lehrstuhl für Planungstheorie und Stadtentwicklung der RWTH Aachen University Klaus Selle, 1949, Prof. Dr.-Ing., Lehrstuhl für Planungstheorie und Stadtentwicklung der RWTH Aachen University © Lehrstuhl für Planungstheorie und Stadtentwicklung, RWTH Aachen in interne Verhandlungen verlagert, womit auch deutlich wird, dass Kommunikation in Stadtentwicklungsprozessen vielfach nicht öffentlich sichtbar verläuft. Abb. 1: Kommunikation im Rahmen des Masterplan Aachen*2030 RaumPlanung 187 / 5-2016 7
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