Kassandrarufe ARWID LANGENPUSCH Heidrun Hegewalds Kunst ist stets Warnung. Sie malt den Schrecken, der von der Gegenwart ausgeht, und stellt sich zugleich deutlich auf die Seite der Unterdrückten. Zum 80. Geburtstag der Malerin und Grafikerin. Von Peter Michel SEITEN 12/13 n junge Welt auf der Buchmesse Frankfurt am Main: Halle 4.1, Stand D 100 GEGRÜNDET 1947 · FREITAG, 21. OKTOBER 2016 · NR. 246 · 1,50 EURO (DE), 1,70 EURO (AT), 2,20 CHF (CH) · PVST A11002 · ENTGELT BEZAHLT WWW.JUNGEWELT.DE Freiheit für Ana Proteststurm Patendämmerung Brecht-Klischees 3 6 7 15 Barack Obama sollte die wegen Spionage für Kuba inhaftierte Ana Belén Montes freilassen In Buenos Aires demonstrierten etwa Brasiliens früherer ParlamentspräZeitgenössisch-Feministisches in Peter 100.000 Menschen gegen Morde sident Eduardo Cunha wurde Weiss’ »Ästhetik des Wideran Frauen. Von Jan Ronahi wegen Korruption festgenommen stands«. Von Sabine Kebir Bomben für den IS Dein Abo Zeit. zur rechten Türkei fliegt schwere Angriffe auf kurdische Milizen – und leistet damit den Dschihadisten Schützenhilfe. Bestellcoupon auf Seite 6 Philippinischer Präsident verkündet Abkehr von USA B ei Angriffen türkischer Kampfflugzeuge auf Stellungen syrisch-kurdischer Milizen und auf Ortschaften, die von diesen gehalten und gegen Angriffe der Terrormiliz »Islamischer Staat« (IS) verteidigt werden, sind in der Nacht zum Donnerstag mindestens 14 Menschen ums Leben gekommen. Ankara richtet seine Angriffe damit offen gegen jene Kräfte, die zu den erbittertsten Gegnern der Dschihadisten zählen. Die staatliche Nachrichtenagentur Anadolu vermeldete am Donnerstag, Ziel der Attacken seien Stellungen der kurdischen Volksverteidigungseinheiten (YPG), der Miliz der syrisch-kurdischen Partei der Demokratischen Union (PYD), im Gebiet von Maarata Umm Husch nördlich der Großstadt Aleppo gewesen. Bei den Angriffen seien bis zu 200 »Terroristen« getötet worden. Die von Großbritannien aus operierende »Syrische Beobachtungsstelle für Menschenrechte«, die den bewaffneten Aufständischen in Syrien nahesteht, zog diese Zahlen in Zweifel. Nach ihren Erkenntnissen seien mindesten elf Kämpfer der Syrischen Demokratischen Kräfte (SDF), einer von den YPG angeführten Militärallianz, ums Leben gekommen. Die der KAYHAN OZER / ANADOLU AGENCY Von Michael Streitberg Der Terrorpate von Ankara: Recep Tayyip Erdogan bei einer Flugschau in der türkischen Hauptstadt am 30. August 2014 kurdischen Bewegung nahestehende Nachrichtenagentur Firat sprach am Donnerstag hingegen von bislang 14 bestätigten Opfern. Unter ihnen seien vier Zivilisten und zehn Kämpfer. Ankara wirft der PYD und den YPG sowie deren Frauenbataillonen YPJ ihre Verbindungen zur verbotenen Kurdischen Arbeiterpartei PKK in der Türkei vor. Die türkische Regierung führt seit der Aufkündigung des Friedensprozesses mit der PKK durch Präsident Recep Tayyip Erdogan im Juli 2015 einen erbarmungslosen Krieg gegen die kurdische Bevölkerung und ihre politischen Organisationen. Ankara befürchtet, militärische Erfolge und Gebietsgewinne der kurdischen Milizen in Syrien könnten auch jenseits der Grenze den Forderungen der Kurden nach Selbstbestimmung und regionaler Autonomie neuen Auftrieb verleihen. Der Verwaltungsrat der autonomen Föderation Nordsyrien-Rojava, die sich aus den von PYD und ihren Verbündeten verwalteten Gebieten in Nordsyrien zusammensetzt, verurteilte die türkischen Angriffe scharf. »Mit seinem Handeln zeigt der türkische Staat der ganzen Welt einmal mehr, dass sein Ziel nicht in der Bekämpfung des IS besteht. Vielmehr zielt er auf jene Kräfte, die gegen den IS kämpfen«, so das Gremium in einer von Firat zitierten Erklärung am Donnerstag. »Wir rufen unser Volk zum Aufstand gegen die Invasion des türkischen Staats auf, die sich gegen die Zukunft unseres Volkes und unseres Landes richtet«, heißt es dort weiter. Mit ihren Angriffen auf die YPG attackiert die Türkei jene Milizen, die den IS in der Region bisher am erbittertsten bekämpft haben – wie selbst die USA bereits zugeben mussten. Ankara behauptet, mit seinem Eingreifen in den syrischen Bürgerkrieg sowohl den IS als auch die »terroristische« YPG zu bekämpfen. Kritiker werfen der Erdogan-Administration jedoch vor, die Dschihadisten in den vergangenen Jahren mit Waffenlieferungen und Finanzhilfen massiv unterstützt zu haben. Auch die türkischen Luftangriffe würden sich in allererster Linie gegen die Kurden richten. Die internationale Empörung hält sich unterdessen in Grenzen: Während USA und EU die syrischen Streitkräfte und ihre russischen Verbündeten wegen ihrer Angriffe auf die von Aufständischen gehaltenen Teile von Aleppo anklagen, wird über Ankaras schmutzigen Krieg meist vornehm geschwiegen. Siehe Seite 8 SEK-Beamter nach Schießerei gestorben »Reichsbürger« muss sich wegen Mordes verantworten. Hinweise auf extrem rechte Gesinnung D er »Reichsbürger« aus Georgensmünd war vor seinen tödlichen Schüssen auf Polizisten am Mittwoch in seiner mittelfränkischen Gemeinde als nicht gefährlich eingestuft worden. Er sei wegen seiner Ansichten zwar »aufgefallen«. »Anlass zur Besorgnis gab es aber nicht«, sagte Bürgermeister Ben Schwarz (SPD) am Donnerstag. Ein Beamter erlag gestern morgen seinen Verletzungen. Der 49jährige Schütze hatte den Polizisten eines Spezialeinsatzkommandos bei einer Razzia am Mittwoch trotz einer Schussweste töd- lich getroffen. Die Kugel schlug knapp neben der Weste in der Schulter des Mannes ein. Ein weiterer Polizist wurde bei dem Einsatz schwer, zwei Beamte wurden leicht verletzt. Die Polizei wollte dem »Reichsbürger« seine 31 Waffen abnehmen, weil er bei den Behörden als nicht mehr zuverlässig galt. Die Staatsanwaltschaft ermittelt nun gegen den Mann wegen Mordes und versuchten Mordes, am Donnerstag wurde Haftbefehl erlassen. Bei »Reichsbürgern« handle sich nicht um einzelne Spinner, sagte Markus Rinderspacher, SPD-Fraktionschef im bayerischen Landtag, am Donnerstag in München. Er warf der Staatsregierung vor, die Bewegung jahrelang unterschätzt zu haben. Nach Ansicht der Nürnberger Sozialwissenschaftlerin Birgit Mair war der Mann ein »extrem Rechter«. Seine Kontakte im Internet mit einem Anhänger der rassistischen Pegida-Bewegung in Nürnberg sowie seine Äußerungen im Netz zeigten eine antisemitische und rechte Gesinnung. Dirk Wilking vom Brandenburgischen Institut für Gemeinwesenberatung warnte vor einer zunehmenden Gewaltbereitschaft der Gruppierung. »Wenn in dieser Szene wie in Bayern Jäger oder auch Sportschützen sind, die über Waffen verfügen, dann wird es richtig gefährlich«, sagte Wilking. Auch das Brandenburger Innenministerium sieht bei den »Reichsbürgern« eine »hohe Affinität zu Waffen«. Sprecher Wolfgang Brandt verwies auf Vorfälle mit »Reichsbürgern« in Sachsen-Anhalt und Baden-Württemberg, welche Waffen eingesetzt hatten beziehungsweise bei denen solche gefunden wurden. (dpa/jW) Siehe Seiten 2 und 8 Peking. Bei einem viertägigen Staatsbesuch in China hat der philippinische Präsident Rodrigo Duterte die Abkehr seines Landes von den USA erklärt und zugleich seine außenpolitische Neuausrichtung auf Peking unterstrichen. »Ich verkünde meine Trennung von den USA«, sagte Duterte am Donnerstag bei einem Wirtschaftsforum in Peking. Zuvor war er vom chinesischen Präsidenten Xi Jinping in der Großen Halle des Volkes und mit militärischen Ehren empfangen worden. Duterte nahm zudem gemeinsam mit Xi an der Unterzeichnung von 13 bilateralen Verträgen über eine Kooperation in den Bereichen Wirtschaft, Infrastruktur und Landwirtschaft teil, wie das chinesische Außenministerium mitteilte. (AFP/jW) Schadenersatzanspruch bei fehlendem Kitaplatz Karlsruhe. Eltern, die zum Wunschtermin keinen Betreuungsplatz für ihr Kleinkind bekommen und deshalb erst später arbeiten gehen können, haben grundsätzlich Anspruch auf Schadenersatz. Das hat der Bundesgerichts7of (BGH) in Karlsruhe am Donnerstag entschieden. Die verantwortliche Kommune muss dem Urteil zufolge zahlen, wenn sie den Mangel mitverschuldet hat. Geklagt haben drei Frauen aus Leipzig. Sie hatten jeweils kurz nach der Geburt ihrer Kinder bei der Stadt Bedarf an einem Kitaplatz nach einem Jahr Elternzeit angemeldet. Trotzdem gingen sie zunächst leer aus und konnten erst Monate später zurück in den Job. Ihrer Ansicht nach muss die Stadt dafür geradestehen und ihnen den entgangenen Verdienst ausgleichen – knapp 2.200 bzw. rund 4.500 bzw. etwa 7.300 Euro. Grundsätzlich eröffnet die BGHEntscheidung auch anderen Eltern die Möglichkeit einer Schadenersatzklage. (Aktenzeichen III ZR 278/15 u. a.) (dpa/jW) wird herausgegeben von 1.881 Genossinnen und Genossen (Stand 14.10.2016) n www.jungewelt.de/lpg
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