Syrer stellen Terrorverdächtigen - Nordamerikanische Wochen-Post

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163rd Year – No. 2358998 • Sunday, October 9 – Saturday, October 15, 2016
Tabu und Trends:
Trauer- und
Bestattungskultur in
Deutschland
Autohersteller
arbeiten an
nächster Generation
von Elektroautos
Seite 6
Seite 5
Seiten
7, 8 &19
NACHRICHTEN - Kompakt
USA bezichtigen Russland wegen
Hackerangriffen
Moskau (dpa) - Scharfe Vorwürfe der US-Regierung an
Moskau wegen Hackerangriffen auf politische Institutionen haben das angespannte Verhältnis der beiden Militärmächte weiter belastet. Russland wies US-Vorwürfe
einer Einflussnahme im US-Präsidentschaftswahlkampf
als haltlos zurück. Die Anschuldigungen der US-Behörden würden nicht durch konkrete Fakten gestützt, teilte
Vizeaußenminister Sergej Rjabkow in Moskau mit. Die
US-Regierung hatte Russland gestern beschuldigt, direkt hinter den Hackerangriffen auf Computersysteme
politischer Organisationen und Institutionen zu stecken.
CSU will nach Chemnitzer Bombenfund
alle Flüchtlinge überprüfen
München (dpa). Nach dem Sprengstofffund in Chemnitz
und der Festnahme eines syrischen Terrorverdächtigen
hat die CSU die Forderung nach einer Überprüfung aller
Flüchtlinge bekräftigt. Auch all diejenigen, die bereits
im Land seien, müssten auch unter Beiziehung der
Nachrichtendienste überprüft werden, sagte CSU-Chef
Horst Seehofer in München. Mit Blick auf die jüngsten
Ereignisse in Chemnitz betonte der bayerische Ministerpräsident, es zeige, wie labil die Gesamtsituation
in Bezug auf Sicherheit sei.
Auto fährt in Fußgängergruppe
Münster (dpa). Ein Auto ist in Hessen ungebremst in
eine Fußgängergruppe gefahren. Dabei wurden drei
Menschen verletzt. Der 66-jährige Fahrer des Wagens
hatte am Abend die Fußgänger zu spät gesehen, als
sie die Straße bei Münster im Kreis Darmstadt-Dieburg
überquerten, wie die Polizei mitteilte. Zwei von ihnen
wurden schwer verletzt, der dritte leicht. Der Autofahrer
trug keine Verletzungen davon. In seinem Atem wurde
eine Alkoholkonzentration von 0,7 Promille festgestellt.
Merkel dankt deutschen Soldaten
für Einsatz in Mali
Bamako (dpa). Kanzlerin Angela Merkel hat den in
Mali stationierten deutschen Soldaten für ihren Einsatz
gedankt und setzt auf eine bessere Ausbildung der
eigenen Streitkräfte des Landes. «Ich glaube, dass
wir hier sehr gebraucht werden», sagte Merkel nach
einem Treffen mit deutschen Soldaten am Flughafen der
Hauptstadt Bamako. Die Bundeswehr leiste auch unter
klimatisch nicht einfachen Bedingungen herausragende
Arbeit, die sehr geschätzt werde. Deutschland beteiligt
sich mit rund 550 Soldaten an der UN-Mission, die den
Norden Malis stabilisieren soll. Dort sind islamistische
Terrorgruppen aktiv.
BKA erhält zunehmend Hinweise auf
Kinderpornografie im Internet
Berlin (dpa) - Das Bundeskriminalamt hat im Vorjahr
Jahr fünf Prozent mehr Hinweise auf Kinderpornografie im Internet erhalten als 2014. Insgesamt gingen
beim BKA mehr als 3000 entsprechende Hinweise
ein, berichtete die «Bild»-Zeitung unter Berufung
auf einen Bericht der Bundesregierung. Der Großteil der betroffenen Internetseiten stammte danach
aus dem Ausland, vor allem aus den USA. Bis zum
endgültigen Löschen der entsprechenden deutschen
Internetseiten sei meist eine Woche vergangen, bei
ausländischen Kinderpornografie-Seiten habe es
länger gedauert.
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Seite 2
Kürbisfest
Ein Schmetterling, dessen Flügel aus kleinen Kürbissen besteht, ist in Berlin auf dem Kürbisfest ausgestellt.
Foto: dpa
Flucht-Ende im Plattenbau Syrer stellen Terrorverdächtigen
Elitepolizisten
ist er entwischt.
Nach zwei Tagen
endet die Flucht
des mutmaßlichen Terroristen
Dschaber al-Bakr
in einem Leipziger
Plattenbau. Diesmal ist er schon
gefesselt, als Beamte ihn abholen.
Von Josephine Heinze
und Simona Block
Leipzig (dpa) - Vom Schirm
der Sicherheitsbehörden
verschwunden, der Polizei
entwischt: Nach zwei Tagen
europaweiter Fahndung
ist Dschaber al-Bakr, ein
syrischer Flüchtling unter
Terrorverdacht, gefasst.
Zu verdanken ist das dem
mehrsprachigen Aufruf der
Polizei bei Facebook und
Twitter und drei beherzten
Landsleuten. «Der Tatverdächtige ist uns in gefesseltem Zustand übergeben
worden», sagt der Präsident
des sächsischen Landeskriminalamtes (LKA), Jörg
Michaelis, am Montag in
Dresden. Wenige Stunden
zuvor haben Polizisten
den 22-Jährigen, der ein
Sprengstoffattentat vorbereitet haben soll, in einer
Wohnung im Plattenbauviertel Leipzig-Paunsdorf
abgeholt. Was war geschehen?
Kurz vor Mitternacht
kommt ein Syrer in das
Polizeirevier Südwest am
anderen Ende der Stadt.
Er zeigt ein Handyfoto
von einem Mann in seiner
Wohnung, den er und zwei
andere Syrer als Dschaber
al-Bakr erkannt haben. Die
Beamten könnten ihn abholen, erklärt er. Polizisten
fahren in das fast 20 Kilometer entfernte Haus in der
Hartriegelstraße 14 und
nehmen den Gesuchten in
der vierten Etage fest - noch
bevor das SEK eintrifft. Der
Terrorverdächtige, dessen
Festnahme zwei Tage zuvor
in Chemnitz missglückte,
leistet keinen Widerstand.
Dschaber al-Bakr wird in
die Polizeidirektion Leipzig
gebracht. Die Ermittler
sind sicher: Er ist es. Wo
sich der Syrer seit Freitag
aufgehalten hat, können sie
bisher nicht sagen. Auch
zu den Umständen seiner
Flucht aus dem Chemnitzer
DDR-Neubaugebiet geben
die Behörden keine Auskunft. Bis Freitag soll er
sich dort noch in einer Wohnung aufgehalten haben.
Als Spezialeinsatzkräfte
sie am Samstag stürmen,
ist sie leer. Die Ermittler
sind nicht sicher, ob er der
Mann war, der zuvor aus
dem Haus gekommen und
nach einem Warnschuss
geflüchtet war.
Al-Bakr war im Februar
2015 über München nach
Deutschland gekommen.
Am Sonntag spricht er nach
dpa-Informationen am
Hauptbahnhof in Leipzig
einen Landsmann an und
fragt, ob er bei ihm übernachten könne. Der Syrer
nimmt den 22-Jährigen
mit. Er weiß, wen er vor
sich hat. Die Polizei hatte
den Fahndungsaufruf am
Samstag auch auf Englisch
und Arabisch im Internet
verbreitet. Nach Angaben
von Nachbarn machen die
Syrer aus der Wohnung in
Nummer 14 einen Sprachkurs. Einer von ihnen
wurde losgeschickt, um die
Polizei von ihrem «Fang» zu
informieren.
«Solche wie er müssen
aus dem Verkehr gezogen
werden», sagt ein Nachbar
aus dem Erdgeschoss am
Morgen danach. Der Mann,
selbst Syrer, kannte die
Bewohner aus der obersten
Etage vom Sehen. Der
Einsatz in der Nacht hat
die Menschen im Plattenbauviertel aufgeschreckt,
obwohl Polizei dort häufiger
präsent ist. Der kreisende
Helikopter um Mitternacht
hat nicht nur einer älteren
Dame den Schlaf geraubt.
Sie wohnt im Block gegenüber. «Es ist eigentlich eine
ruhige Wohngegend hier,
Probleme gibt es meist nur
mit Betrunkenen», erzählt
sie.
Auch die Kinder des Syrers aus dem Erdgeschoss
sind von dem Lärm aufgewacht. «Ich hab nachgeschaut, was los ist, und
viel Polizei gesehen», berichtet der Asylbewerber.
Es sei schlimm, wenn ein
Flüchtling für die Terrormiliz «Islamischer Staat»
Anschläge in Deutschland
verüben wolle. Solche
Leute seien verrückt. «Ich
bin froh, dass wir hier sein
dürfen, in Sicherheit»,
schiebt der Mittvierziger
noch in gebrochenem
Deutsch hinterher.
«Wir sind froh, dass
nicht alle Ausländer gleich
sind», sagt ein älteres
Ehepaar im Vorbeigehen.
Diese Syrer wären ein
Gewinn für Deutschland,
finden sie. Wie sie schauen
Anwohner, die mit dem
Hund unterwegs sind oder
Müll entsorgen, über das
rot-weiße Absperrband
der Polizei. Zwei Männer im Nachbareingang
beobachten vom Fenster
aus, wie Ermittler einund ausgehen. An einem
Fenster unter dem Dach
von Hauseingang 14 hängt
eine deutsche Fahne.
«Wir sind geschafft, aber
überglücklich», feiert die
Polizei eine Stunde nach
Mitternacht die Festnahme
des als gefährlich eingestuften al-Bakr. Ministerpräsident Stanislaw Tillich
(CDU) lobt den «mutigen
und verantwortungsbewussten syrischen Mitbürger», sein Innenminister
Markus Ulbig (CDU) ist
zurückhaltender. Die drei
Syrer, die Dschaber al-Bakr
den Ermittlern übergaben,
gelten derzeit als Zeugen.
Wie sie in Kontakt zu dem
22-Jährigen kamen, wird
laut LKA noch untersucht.
Unklar ist auch, wie sie
zueinander stehen.