28. SONNTAG IM JAHRESKREIS C, 20. Sonntag nach Trinitatis

Sonntag, 9. Oktober 2016
28. SONNTAG IM JAHRESKREIS C, 20. Sonntag nach
Trinitatis
2 Kön 5, 14-17, 2 Tim 2, 8-13, Lk 17, 11-19
VA 19.00 Sitzendorf, 8.30 Frauendorf, 10.00 Niederschleinz, 18.30 Dornbach
Liebe Schwestern und Brüder,
Kinder lehrt man, „bitte“ und „danke“ zu sagen. Erwachsene verlernen es immer mehr.
Der deutsche Sänger und Komponist Konstantin Wecker, ist durch sein beharrliches
Ringen um eine gerechtere, zärtlichere Welt und seiner lebenslangen Suche nach dem
Göttlichen zur Erkenntnis gelangt, dass Menschen sich wandeln müssen, um sich selber
treu zu sein. Im Laufe seines Lebens hat sich der Liedermacher immer wieder seine
vielen Schattenseiten eingestanden, wofür er auch dankbar ist. Und ebenso hat er für
sich das Menschenrecht beansprucht, ein mehrpoliger, ja widersprüchlicher Mensch
bleiben zu dürfen.1 In seinem Buch „Mönch und Krieger“ schreibt er dazu: „Die
Wahrnehmung des Geistigen ist, wie ich glaube, nur eine Möglichkeit, und ihr geht
immer eine Tat voraus, eine Wandlung, eine Verwandlung des bisherigen Lebens in ein
geistiges. Was für eine Gnade kann Krankheit sein, ein Misserfolg zur rechten Zeit, eine
Trennung von einem geliebten Menschen, und meist kommt der Anstoß für ehrliche
Seelenarbeit durch ein unvorhergesehenes Leid. ... Mir jedenfalls half es immer, die
Verantwortung für mein Leid nicht abzuwälzen oder dem Zufall in die Schuhe zu
schieben, sondern eher dankbar zu sein für die Chance, herausgestoßen zu werden aus
dem alten Trott, dem wieder mal verhärteten Weltbild.“2
Das Thema des heutigen, eben gehörten Evangeliums ist der DANK. Wobei es sich davor
in Acht zu nehmen gilt, einem Gejammer über die Undankbarkeit dieser Welt zu
verfallen, oder die „neun Undankbaren“ moralisch maßregeln zu wollen, weil in dieser
Erzählung nur einer, obendrein noch ein Fremder, zurückgekehrt ist, um JESUS zu
danken. Warum das so ist? Ich weiß es nicht. Selbst JESUS fragt sich, warum denn nur
dieser eine Fremde umgekehrt ist, als er merkte, dass er geheilt worden ist und die neun
1
Vgl. Nachwort von Roland Rottenfusser, in: Konstantin Wecker, Mönch und Krieger. Auf der Suche nach
einer Welt, die es noch nicht gibt, 280ff.
2
Konstantin Wecker, Mönch und Krieger, 112.
anderen es nicht einmal der Rede und der Mühe wert finden, dankbar zu sein und Gott
die Ehre zu erweisen? Nicht weil GOTT es braucht, sondern weil wir es brauchen, weil es
zu einem lebendigen Miteinander gehört, dass der Beschenkte sich wenigstens meldet.3
Dankbar zu sein, ist einfach und zugleich doch schwer. In diese Lebensgrundhaltung gilt
es sich einzuüben, und sein Leben dankbar anzunehmen, anstatt immer nur herum zu
jammern.4 Es geht aber nicht darum, dass die Dankbarkeit dem anderen ewig
nachschleichen muss oder dass ständig danke gesagt werden müsste, sondern es ist eine
innere Grundhaltung, die weiß, dass jede und jeder von uns mit dem Leben beschenkt
worden ist, selbst dann, wenn wir Leiden erfahren, Schmerzen haben, auch dann, wenn
wir sterben müssen.5 Die Erzählung von der Heilung der zehn Aussätzigen lädt uns
einerseits dazu ein, über diese Haltung der Dankbarkeit nachzudenken, denn wer dankt,
weiß, dass GOTT der ist, von dem alles abhängt6 und auch darüber, dass es letztlich der
Glaube ist, der den Menschen rettet.7
Der Wunsch der am Aussatz Leidenden, geheilt zu werden, ist nur allzu verständlich und
in ihrer Not wenden sie sich deshalb an diesen JESUS, der gerade auf dem Weg nach
Jerusalem unterwegs ist. Und sie werden geheilt. Befreit aus der radikalen Absonderung,
aus dem Ausschluss aus der Gemeinschaft und vor allem auch aus der Vorstellung von
Gott gestraft worden zu sein und der Brandmarkung, als ein lebendig Toter sein Dasein
fristen zu müssen. Wären wir in solch einem Fall, wenn wir (schwer) krank sind und
leiden müssen oder von Menschen, aus welchem Grund auch immer, verachtet oder an
den Rand gedrängt oder rufgemordet werden, nicht auch unendlich dankbar, wenn uns
Heil widerfährt? Wenn uns EINER sagt: „Dein Glaube hat dir geholfen!“8 Oder nehmen
wir es als allzu selbstverständlich, als vorausgesetzt hin, gesund und heil zu sein und
dazuzugehören, in gutem Ansehen zu stehen? Lebend aus der arroganten Geisteshaltung
„Des steht ma zua!“?
Dass sich nur einer dessen bewusst geworden ist, dass es gilt, GOTT gegenüber dankbar
zu sein, der sich deshalb auf den Weg zurück macht, ist bedenklich, aber wohl auch ein
Bild dafür, dass manche Menschen es anscheinend nicht für notwendig halten, dankbar
zu sein. Und GOTT gegenüber schon gar nicht. Gejammert wird heutzutage auf hohem
Niveau. Unzufriedenheit scheint zu einer salonfähigen Haltung geworden zu sein, die
Menschen immer mehr befällt und die letztlich Kälte und Berechnung ins Leben spielt.
3
Vgl. Klaus Berger, Meditationen zu den Sonntagsevangelien, Lesejahr C, 273.
4
Vgl. Johannes Pausch, Nimm deine Zeit an die Hand, 113.
5
Vgl. Johannes Pausch, Weniger ist mehr, Die Lebensschule der Mönche, 78.
6
Vgl. Klaus Berger, Meditationen zu den Sonntagsevangelien, 272.
7
Vgl. Benedikt XVI., Meditationen zur Bibel, 265.
8
Lk 17,19.
Die Haltung der Dankbarkeit, das Wissen, dass ich mich einem ANDEREN, einem
Größeren, zu verdanken habe, bricht meinen Stolz und entfesselt mich einer
egoistischen rechthaberischen Denkweise. Denn wer dankt, denkt nach. Hält inne. Kehrt
um. Und geht auf dem von JESUS gewiesenen Weg frohen und dankbaren Herzens
weiter. Es ist letztlich der Glaube an diesen JESUS, den CHRISTUS, der Menschen
verändert und heil macht. Und nicht die Herkunft oder das Hineingeborensein in eine
christliche Kultur oder fromme Familie und Gemeinde.9 Niemand ist Christ nur weil es
andere so wollen, sondern es geht immer um die persönliche Entscheidung, diesen
JESUS zu leben. Wem dieses Geschenk und die Entschiedenheit dafür eigen sind,10 der
wird für diesen Weg, so schwer er auch manchmal ist, dankbar sein können. Und
vergessen wir nie: Als dankbarer Mensch lebt es sich einfach besser!11
9
Vgl. Rainer Dillmann/ Cesar Mora Paz, Das Lukasevangelium, Ein Kommentar für die Praxis, 302.
10
Vgl. TEDEUM, Das Stundengebet im Alltag, Oktober 2016, 98.
11
Vgl. Klaus Berger, Meditationen zu den Sonntagsevangelien, 274.