Die Rente: Gleichheit, Rente nach eingezahlten Beiträge und Gerechtigkeit Hermann Müller Ist unser Rentensystem gerecht? Die zukünftige Rente soll sich nach den eingezahlten Beiträgen richten. Das klingt erst einmal gerecht. Wer mehr eingezahlt hat, bekommt auch eine höhere Rente. Andererseits spricht man von benachteiligen Gruppen, zum Beispiel benachteiligten Jugendlichen. Folgen dieser Benachteiligungen ist ein geringes Einkommen und damit geringere Beiträge. Benachteiligt also das Rentensystem die Benachteiligten noch einmal? Argumentiert wird, dass wir länger arbeiten sollen und geringeren Renten bekommen, weil „wir“ älter werden. Frauen leben im Durchschnitt länger als Männer, Raucher und Fettleibige haben eine geringere Lebenserwartung. Sie bekommen aber keine höheren Renten. Nun kann man argumentieren, dass das Rentensystem die Benachteiligung von Frauen im Beruf ausgleicht. Aber müsste das nicht auch für andere benachteiligen Gruppen gelten? Geringverdiener, kleine Selbstständige ohne private Alterssicherung und ALG-II-Empfänger haben im Alter Anspruch auf Grundsicherung. Sie werden also gleich behandelt. Es wird argumentiert, das sei ungerecht, weil Geringverdiener in die Rentenversicherung eingezahlt haben. Aber der kleine Selbstständige, der statt in die Alterssicherung in den Betrieb investierte, hat Steuern gezahlt und war nicht abhängig von staatlichen Leistungen. Er müßte dann besser gestellt werden, als eine Person, die nie gearbeitet hat. Also lässt sich die Frage, ob unser Rentensystem gerecht ist, nicht so klar beantworten. Prognose über einen längeren Zeitraum sind so etwas wie Wahrsagerei. Niemand kann wissen, wie viele Kinder in Deutschland 2020 geboren werden, wie hoch die Wirtschaftsleistung 2035 ist, wie viel Zuwanderung es bis dahin geben wird, etc. Dennoch kann man sagen, dass Reformen sinnvoll sind. Unser Rentensystem lässt sich nur langfristig verändern. Ansonsten würde man Beitragszahler entschädigungslos enteignen. Es ist interessant, dass Verbände dies fordern, die eine entschädigungslose Enteignung von Kapital ablehnen würden. Eine Rente ab 70 Jahre würde auf heftigen Widerstand stoßen. Männer haben eine durchschnittliche Lebenserwartung von 78 Jahren. Ein Mann, der dieses Jahr Rentner wird, hat eine durchschnittliche Rentenbezugsdauer von knapp 13 Jahren. Spätere Rentner hätten nur noch 8 Jahre. Es gäbe privilegierte und benachteiligte Rentnergenerationen. Gerade die heute jüngeren Menschen würde später die Rente gekürzt. Dass eine Riester-Rente die Alternative ist, glaubt heute keiner mehr. Sie lohnt sich nur für bestimmte Gruppen wie zum Beispiel Nur-Hausfrauen, Single mit höherem Einkommen wegen der Steuerersparnis oder Familie mit mehreren Kindern. Auch hier muss man eine realistische Lebenserwartung einkalkulieren. Ein Mann, der annimmt, dass er 85 Jahre wird, geht eine riskante Wette ein. Wichtig ist auch die Einschätzung des eigene Gesundheitszustandes. Ist der Anstieg der Anstieg der Beiträge die Lösung? Das System würde nicht gerechter. Geringverdiener müssten höhere Beiträge zahlen, bekämen aber später auch nur die Grundsicherung. Eine Möglichkeit wäre ein Drei-Säulen-System: Grundrente + gesetzliche Rente + Betriebsrente. Die Grundrente ist nur an die Bedingung geknüpft, dass man ein Alter von 60 Jahren (bei Arbeitslosigkeit oder Erwerbsminderung) bis 65 Jahren erreicht hat. Sie wird über Steuern finanziert allmählich aufgebaut und erreicht in X Jahren die Höhe der Grundsicherung. Einkommen aus der gesetzlichen Rente und der Betriebsrente wird nicht angerechnet. So wird möglich, dass jede Person, die in die Rentenversicherung wenig eingezahlt hat, wenigsten ein bisschen mehr bekommt, als eine Person, die nichts eingezahlt hat.
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