Visite am 11. Oktober 2016 im NDR Fernsehen Themen: Adipositas-Chirurgie – Operationen gegen Fettleibigkeit und Diabetes Naturheilkunde – Pflanzenkraft gegen grippale Infekte Physiotherapie – kein Geld für hilfreiche Behandlung Pfeiffersches Drüsenfieber – häufig nicht erkannt Faszien-Fitness – Was ist dran am Trend? Abenteuer Diagnose: Plasmozytom Adipositas-Chirurgie – Operationen gegen Fettleibigkeit und Diabetes Mit Bewegung und Diäten allein gelingt es Menschen mit extremem Übergewicht (Adipositas per magna, BMI > 35) meist nicht mehr, ihr Körpergewicht auf ein gesundes Maß zu reduzieren. Früher oder später führt die Stoffwechselbelastung zudem zu schweren Folgeerkrankungen wie Diabetes mellitus. Chirurgische Eingriffe wie Magenbypass oder Schlauchmagen haben sich für diese Patienten trotz des Operationsrisikos als effektive Behandlungsoption bewährt. Diese sogenannten bariatrischen Operationen schränken das Fassungsvermögen und die Aufnahme von Nährstoffen aus der Nahrung ein. In der Folge verlieren die schwergewichtigen Patienten nicht nur deutlich an Gewicht, sondern profitieren von einer ganzen Reihe gesundheitlicher Effekte: Der Blutdruck sinkt, der Zuckerstoffwechsel normalisiert sich, das Herzinfarkt- und Schlaganfall-Risiko sinkt drastisch. Zwar lässt sich ein bereits bestehender Diabetes mellitus nicht heilen, die Zuckerkrankheit lässt sich aber deutlich besser behandeln. Viele Patienten müssen nach der Operation kein Insulin mehr spritzen. Nach der OP ist der Magen so klein, dass er nur noch winzige Portionen, etwa so groß wie ein Glas Wasser, fassen kann. Die nötigen Nährstoffe nehmen die Patienten für den Rest ihres Lebens über Tabletten auf. Doch das ist für die Betroffenen in der Regel das kleinere Übel, wenn ihnen damit das Insulinspritzen und die gefährlichen Folgeerkrankungen des Diabetes wie Herzinfarkt, Schlaganfall, Augen, Gefäß- und Nierenleiden erspart bleiben. Bei der lebenslangen Nachsorge werden regelmäßig die Blutwerte kontrolliert, hinzu kommt eine Ernährungsberatung, damit der Erfolg auch nachhaltig ist. Schlauchmagen und Magenbypass Die bariatrischen Operationen werden grundsätzlich minimal-invasiv durchgeführt. Bei einem Schlauchmagen werden etwa zwei Drittel des Magens entfernt, so dass nur noch ein Fassungsvermögen von 200 ml übrigbleibt. Bei dieser Technik bleibt der normale Verdauungsmechanismus erhalten. Nach der OP verlieren die Patienten massiv an Gewicht und auch der Diabetes lässt sich damite entscheidend verbessern. Experten vermuten, dass durch die Entfernung des Magens bestimmte Botenstoffe ausgeschaltet werden, was zu einer Normalisierung des Zuckerstoffwechsels führt. Als besonders effektiv und schnell wirksam gilt der sogenannte Magenbypass. Von dieser aufwändigeren Methode profitieren Diabetiker langfristig am meisten. Dabei wird der Magen ebenfalls stark verkleinert. Zusätzlich wird weiter unten der Dünndarm durchtrennt und mit dem Mini-Magen durch eine feste Naht verbunden. Die Nahrung muss nun durch eine Umleitung – also einen Bypass – verwertet werden. So wird die Nahrung nicht mehr durch den Zwölffingerdarm geschleust, was die Hormonaktivität im Magen-Darm-Trakt stark verändert. Nachweisbare Vorteile In einer großen schwedischen Studie nahmen Patienten nach bariatischen Operationen nicht nur deutlich stärker auf Dauer ab, als ihre nicht operierten Leidensgenossen – sie erlitten auch 30 Prozent weniger Herzinfarkte und Schlaganfälle und es kam zu 50 Prozent weniger Todesfällen durch ein solches Ereignis. Auch bei weiteren Faktoren wie Lebensqualität, Krebserkrankungen, Gelenkverschleiß und Diabetes waren die operierten Patienten deutlich im Vorteil. Experten fordern deshalb seit langem, dass bariatrische Operationen für stark übergewichtige Patienten zu einer Regelleistung der Krankenkassen werden. Bisher müssen die Betroffenen den Eingriff per Einzelfallentscheidung bewilligen lassen. Willigt die Krankenkasse nicht ein, können die Patienten widersprechen und Klage vor dem Sozialgericht einreichen. Gerade bei stark übergewichtigen Diabetes-Patienten werden die Kosten dann letzten Endes meist doch übernommen. Doch durch diese Bewilligungspraxis werden hierzulande viel weniger Patienten pro Jahr operiert als im europäischen Ausland. Private Krankenversicherungen genehmigen bariatrische Eingriffe oft schneller, da die Operation einschließlich der notwendigen Vor- und Nachbehandlung meist deutlich günstiger ist, als die Behandlungskosten der auf diese Weise vermeidbaren Folgeerkrankungen. Interviewpartnerin im Studio: Dr. Beate Herbig, Chefärztin Adipositas Klinik Schön Klinik Hamburg Eilbek Dehnhaide 120, 22081 Hamburg Tel. (040) 20 92-75 01, Fax (040) 20 92-75 02 Internet: www.schoen-kliniken.de/ptp/kkh/eil/faz/adipositas Interviewpartner im Beitrag: Prof. Dr. Dr. Thomas Carus, Chefarzt Adipositaszentrum Hamburg Asklepios Westklinikum Hamburg Suurheid 20, 22559 Hamburg Tel. (040) 81 91-24 00, Fax (040) 81 91-24 09 Anmeldung Adipositaszentrum: Tel. (040) 81 91-21 01 Internet: www.adipositaszentrum-hamburg.de Dr. Andreas Tepper, Hausarzt Gartenstraße 31, 29525 Uelzen Internet: www.drtepper.de Weitere Informationen: Chirurgische Arbeitsgemeinschaft für Adipositastherapie (CAADIP) der Deutschen Gesellschaft für Allgemein- und Viszeralchirurgie Internet: www.dgav.de/studoq/zertifizierungen/adipositas-und-metabolischechirurgie.html Liste der von der Fachgesellschaft zertifizierten Adipositaszentren in Deutschland Deutsche Adipositas-Gesellschaft e.V. Fraunhoferstraße 5, 82152 Martinsried Tel. (089) 710 48 358, Fax (089) 710 49 464 Internet: www.adipositas-gesellschaft.de Adipositaschirurgie-Selbsthilfe Deutschland e.V.(AcSDeV) Postfach 60 01 44, 60064 Frankfurt am Main Internet: www.acsdev.de Deutscher Diabetiker Bund e.V. Käthe-Niederkirchner-Straße 16, 10407 Berlin Internet: www.diabetikerbund.de Ratgeber: Faris Abu-Naaj: Schlank durch OP – Chancen und Risiken der Übergewichtschirurgie Naturheilkunde – Pflanzenkraft gegen grippale Infekte Der Herbst ist die Zeit der grippalen Infekte, überall schnieft, niest und hustet es. Um die Symptome zu lindern, setzen viele Menschen und auch Ärzte auf pflanzliche Präparate. Tatsächlich sind gegen grippale Infekte viele Kräuter gewachsen, die bei frühzeitigem Einsatz die Erkrankungsdauer verkürzen und die Beschwerden lindern können. Pflanzen enthalten viele antibakterielle und immunfördernde Wirkstoffe, manche sind sogar effektiv gegen Grippeviren. Sie helfen dem Körper, sich selbst zu heilen. Welche Bestandteile der Pflanze die gewünschte Wirkung haben, ist völlig verschieden: Mal sind es die Blüten, mal die Wurzeln, mal die Blätter oder Beeren. Einige Heilkräuter lassen sich sogar selbst anbauen und zubereiten – bei anderen (z.B. Efeu) ist eine pharmazeutische Zubereitung erforderlich, um aus einer Giftpflanze ein Medikament zu machen. Grippale Infekte gleich bei den ersten Symptomen behandeln Damit die Pflanzenkraft optimal wirken kann, sollten sie so früh wie möglich zum Einsatz kommen: In der Anfangsphase des Infektes sind warme Holunderbeeren- oder Sanddornsäfte hilfreich (nicht kochen!). Sie enthalten reichlich Vitamin C, Vitamin A, Eisen, Zink und wertvolle sekundäre Pflanzenstoffe, helfen beim Schwitzen und stärken die Abwehrkräfte. Außerdem sollte man in dieser Phase viel trinken und dem Körper Ruhe gönnen. Die Zistrose ist eine uralte Arzneipflanze, aus der sich ein Tee zubereiten lässt, der sogar gegen eine echte Grippe wirkt: getrocknet kaufen, daraus Tee zubereiten und drei Becher davon pro Tag trinken. Ein Fußbad aus Senfkörnermehl oder Thymian unterstützt den Körper im Kampf gegen die Viren: gemahlene Senfkörner/frischen oder getrockneten Thymian in lauwarmes Wasser geben und die Füße für zehn Minuten darin baden – dabei immer wieder heißeres (37-42 °C) Wasser hinzugeben und Thymiantee trinken. Das Fußbad öffnet die Kapillargefäße im ganzen Körper, so dass das Immunsystem besser arbeiten kann. In der Apotheke gibt es natürliche Erste Hilfe-Präparate gegen einen beginnenden grippalen Infekt. Dazu gehören Echinacea-, Pelargonien- und Wasserdost-Präparate. Sie regen das Immunsystem an, aktivieren die Abwehrzellen. Verstopfte Atemwege Zum Inhalieren eignen sich ätherische Öle aus Eukalyptus, Latschenkiefer, Schlüsselblumen, Holunder, Eisenkraut, Kamillenblüten oder Thymian: zwei Mal am Tag mit heißem, nicht kochendem Wasser inhalieren, dabei den ganzen Kopf über der Schüssel halten – nicht nur Nase und Mund. So steigen die ätherischen Öle langsam auf und befreien die Atemwege. Das Inhalieren sollte man allerdings zunächst langsam ausprobieren, denn einige Öle sind manchen Patienten zu scharf und reizen dann zusätzlich. Auch unter die Nasenlöcher geriebene Majoranbutter kann die Atemwege freimachen. Sind die Nasennebenhöhlen mit angegriffen, kann Bockshornklees helfen: Dafür werden die Samenkörner gemahlen, in Wasser aufgekocht, in ein warmfeuchtes Küchentuch eingeschlagen und für zehn Minuten auf die Nase gelegt. Halsschmerzen Gegen Halsschmerzen helfen Salbeisud, -tee, -bonbons oder andere Salbeipräparate, alternativ auch Malvenblüten- oder Süßholzzubereitungen. Husten Die Blätter und Blüten der Kapuzinerkresse und Meerrettich sind effektiv gegen Husten. Die darin enthaltenen Senföle lindern in der richtigen Dosierung Entzündungen und wirken antimikrobiell. Spitzwegerich wird als Salbe oder Wickel auf die Brust aufgetragen, Daneben gibt es in der Apotheke zahlreiche Hustensäfte aus verschiedenen Heilpflanzen. Wichtig: Erst klären, welche Art von Husten man hat und danach die richtige Pflanze auswählen. So wirkt Efeu bei trockenem Husten und dämpft den Reiz, während Spitzwegerich den Schleim lösen soll. Fieber, Kopf- und Gliederschmerzen Mit einem Tee aus Mädesüß-Blüten, Pfefferminze und Weidenrinde behandeln Naturheilkundler sogar Patienten mit chronischen Schmerzen, denn die Weidenrinde enthält eine pflanzliche Vorstufe der Salizylsäure – ähnlich wie das Medikament Azetylsalizylsäure (z.B. Aspirin®). Vorbeugen mit dem Abwehrbrot Mit einem leckeren Gesundheitsbrot lässt sich die immunstärkende Kraft der Pflanzen auch kulinarisch nutzen. Für den Belag aus frischen Kräutern werden Thymian, Kapuzinerkresse, Meerrettich, Salbei und Spitzwegerich gehackt und mit Quark, Salz und Pfeffer gemischt und dick auf das Brot gestrichen. Übersicht über die bei grippalen Infekten angewendeten Pflanzenpräparate Pflanze Anwendungsbereich Wirkung Gegenanzeigen Sonnenhut Vorbeugung von Stärkung der Allergien gegen (Echinacea) Erkältungen Immunabwehr Korbblüter, eingeschränkte Immunabwehr, Autoimmunkrankheite n, Organempfänger KaplandAtemwegsinfekte, Aktivierung des Schwere Leber- oder Pelargonie akute Bronchitis Immunsystems, Nierenkrankheiten, schleimlösend Einnahme blutverdünnender Medikamente Wasserdost Fieber, grippale Infekte Efeuextrakt (Hustensaft oder Tee) Husten, Bronchitis und Keuchhusten (nur unterstützend) Kapuzinerkresse Husten, Bronchitis, Hals- und Rachenentzündung Halsschmerzen, Rachenentzündung, Mandelentzündung, Parodontitis, Reizmagen Husten, Entzündungen der Atemwege Salbei Thymian Majoran(butter) Schnupfen Weidenrinden(te e) Fieberhafte Infekte, Kopfschmerzen, rheumatische Beschwerden Mädesüß Erkältungskrankheite n, Fieber, Entzündungen Zistrose Erkältungskrankheite n, Grippe, Mund- und Stärkung der Immunabwehr, Entzündungshemmun g löst festsitzenden Schleim aus den Bronchien, entspannt die Bronchialmuskulatur und lindert so Husten Schleimlösend, antibiotisch, Stärkung der Immunabwehr Entzündungshemmen d, keimtötend, schmerzlindernd, Förderung des Speichelflusses Antiviral, antibakteriell, schleimlösend, entkrampfend Immunschwäche, Autoimmunkrankheite n, Leberkrankheiten, Organempfänger Efeu ist eine Giftpflanze, eignet sich nicht für eine eigene Zubereitung MagenDarmgeschwüre, Nierenerkrankungen Einnahme von Barbituraten oder Benzodiazepinen Thymianöl darf nicht bei Säuglingen und Kleinkindern angewendet werden (Gefahr eines Atemstillstandes) Antimikrobiell, Die traditionelle desinfizierend, Anwendung als schleimlösend, Schnupfensalbe für durchblutungsfördern Säuglinge wird nicht d mehr empfohlen, da Studien keine Wirksamkeit bewiesen, aber Inhaltsstoffe im Tierversuch eine krebsfördernde Wirkung zeigten Fiebersenkend, Asthma, Magen-Darmschmerzlindernd Geschwüren, Nieren(natürliche Vorstufe oder von „Aspirin®“ & Co.) Lebererkrankungen, Überempfindlichkeit gegen Salizylate, Schwangerschaft, Kindern unter 12 Fiebersenkend, Schwangerschaft und schmerzlindernd Stillzeit, Überempfindlichkeit gegen Salizylate Antibakteriell, antiviral Keine bekannt Bockshornklee Spitzwegerich Rachenentzündung Nasennebenhöhlenentzündung Atemwegsinfekte, Halsschmerzen, Reizhusten Entzündungshemmen d entzündungshemmen d, wundheilungsfördern d, reizlindernd, zusammenziehend, antibakteriell, antioxidativ Keine bekannt Keine bekannt Interviewpartnerin im Studio: Dr. Claudia Müller, Fachärztin für Innere Medizin, Akupunktur, TCM, Sportmedizin Komm. Leiterin der Klinik für Naturheilverfahren und Allgemeine Innere Medizin Krankenhaus St. Joseph-Stift Schwachhauser Heerstraße 54, 28209 Bremen Tel. (0421) 347-17 63, Fax (0421) 347-17 64 Internet: www.sjs-bremen.de Interviewpartner im Beitrag: Dr. Michael Geers Facharzt für Innere Medizin, Naturheilverfahren, Homöopathie, Akupunktur Gemeinschaftspraxis Dr. Spatz & Partner Hemmstraße 345, 28215 Bremen Tel. (0421) 35 35 35, Fax (0421) 35 78 04 Internet: www.praxis-findorff.de Gabriele Schuldt, Heilpraktikerin Westerstraße 3-5, 28199 Bremen Internet: www.heilpraktikerin-schuldt.de Weitere Informationen: DocJones.de Internet: www.docjones.de Naturheilkunde-Informationsportal mit Hintergründen und Studien Ratgeber: Irene Hager, Alice Hönigschmid, Astrid Schönweger: Die Kraft der Kräuter nutzen 456 S.; Löwenzahn (2016); € 29,90 Dr. Andrea Flemmer: Erkältungen natürlich behandeln 128 S.; Michaels (2015); € 18,80 Physiotherapie – kein Geld für hilfreiche Behandlung Physiotherapie – kein Geld für hilfreiche Behandlung Bewegung hilft: bei Rückenschmerzen und Rheuma, Osteoporose und chronischem Lungenleiden – es gibt kaum eine Erkrankung, die nicht durch die richtige Bewegung gelindert werden kann. Allerdings brauchen viele Patienten zumindest vorübergehend Unterstützung, um sich richtig zu bewegen und die richtigen Muskeln aufzubauen. Mit Krankengymnastik lassen sich Operationen verhindern und chronische Schmerzen lindern. Das ist unbestritten – und doch klagen Patienten immer wieder, dass ihr Arzt ihnen die dringend benötigte Physiotherapie nicht verschreibt. So ist es häufig einfacher, eine Einweisung zur OP zu bekommen als ein drittes Rezept für die Krankengymnastik. Physiotherapeuten erleben es häufig, dass sie einen Patienten so weit therapieren, dass sich erste Erfolge zeigen, dann ist das Rezept zu Ende und damit endet auch die Behandlung viel zu früh. Genügen die verordneten sechs oder zwölf Sitzungen nicht, um den Patienten soweit zu stabilisieren und zu mobilisieren, dass er selbständig weiterarbeiten kann, sind die erreichten Erfolge ganz schnell wieder dahin und das Krankheitsbild verschlimmert sich wieder. Doch auch die Ärzte haben ein Problem: Viele würden gern mehr Krankengymnastik verschreiben, doch die würde ihr vorgegebenes Budget überschreiten. In diesem Fall droht ihnen eine Regressforderung der Kassenärztlichen Vereinigung, die das Geld der Krankenkassen an die Ärzte verteilt. Die Ärzte müssten dann die Physiotherapie der Patienten aus ihrer privaten Tasche bezahlen. Zudem ist in der Verordnung für Heil und Hilfsmittel sehr genau festgelegt, unter welchen Bedingungen überhaupt und wie viel Krankengymnastik verschrieben werden darf. Unterläuft dem Arzt hier ein Fehler, droht ihm auch Regress. Auch das führt dazu, dass viele Ärzte das Risiko vermeiden, indem sie sicherheitshalber keine Krankengymnastik verordnen. Die Leidtragenden sind dann die Patienten, die stattdessen mit Schmerzmitteln behandelt werden, die aber am eigentlichen Problem nichts ändern. Die Krankenkassen verweisen darauf, dass gesetzlich Versicherte einen Anspruch auf medizinisch notwendige und ausreichende Maßnahmen haben. Dieser Anspruch werde aber durch das Wirtschaftlichkeitsgebot begrenzt. Interviewpartner im Beitrag: Dr. Hans-Wolfram Körner, Facharzt für Chirurgie, Sportmedizin und Rettungsmedizin Elbe Kliniken in Buxtehude Am Krankenhaus 1, 21614 Buxtehude Tel. (04161) 703-40 05, Fax (04161) 703-40 45 Internet: www.elbekliniken.de/de/buxtehude-klinik-orthopaedie-unfallchirurgie Dr. Jens Lohmann, Oberarzt Schön Klinik Rückeninstitut Dehnhaide 120, 22081 Hamburg Tel. (040) 20 92-70 90, Fax (040) 20 92-70 02 Internet: www.schoen-kliniken.de/ptp/kkh/ruecken-klinik/institute/hamburg Dr. Georg P. Dahmen, Orthopäde Tangstedter Landstraße 77, 22415 Hamburg Tel. (040) 533 00 630, Fax (040) 53 05 18 21 Internet: www.eswt.de Dr. Kai Höfken, Orthopäde Orthopädie Mühlenkamp Mühlenkamp 33a, 22303 Hamburg Tel. (040) 27 83 99-0, Fax (040) 27 83 99-50 Internet: www.orthopaediemuehlenkamp.de Sabine Konow, Krankengymnastin Apostelweg 12, 22143 Hamburg Tel. (040) 677 79 08 Pfeiffersches Drüsenfieber – häufig nicht erkannt Wenn von der Kuss-Krankheit die Rede ist, dann geht es um das Pfeiffersche Drüsenfieber. Es tritt besonders unter jungen Leuten auf und wird durch das sogenannte Epstein-BarrVirus (EBV) verursacht. Fast 90 Prozent der Bevölkerung sind Träger dieses Virus, der vor allem beim Küssen übertrage wird. Meist verläuft die Infektion völlig harmlos, doch manche Erkrankte trifft das Drüsenfieber so hart, dass sogar ein Klinikaufenthalt nötig werden kann: Sie leiden unter hohem Fieber, starken Halsschmerzen, geschwollenen Lymphknoten und Mandeln, die sie kaum noch schlucken lassen, Leber- und Milzschwellungen. Anfangs denken die Erkrankten meist an einen grippalen Infekt, doch dann geht es ihnen immer schlechter, sie fühlen sich nur noch schlapp und können vor Halsschmerzen kaum noch schlucken, essen oder trinken. Auch Schmerzmittel können dagegen nichts mehr ausrichten. Typisch für ein Pfeiffersches Drüsenfieber ist ein weißlicher Schorf im geröteten Rachen und auf den geschwollenen Mandeln. Anhusten, Niesen oder Küssen genügen, um die Viren zu übertragen. Sie gelangen durch den Mund ins Körperinnere, sammeln sich in der Speichelflüssigkeit und docken schließlich an den Schleimhautzellen im Rachen an. Das sind die einzigen Zellen im Körper, in die EBV eindringen und in denen sie sich vermehren können. Nach einer Inkubationszeit von zwei bis sechs Wochen werden sie im Körper aktiv. In dieser Phase verwechseln Ärzte das Pfeiffersche Drüsenfieber oft mit einer normalen Mandelentzündung oder einer Angina, da die Beläge auf den Mandeln sehr ähnlich aussehen können. Doch die Epstein-Barr-Viren beschränken sich nicht auf die Mandeln sondern verbreiten sich im ganzen Körper, befallen Leber und Milz – eine gefährliche Komplikation. Im schlimmsten Fall schwellen Leber und Milz so stark an, dass sie ihre Funktion einstellen und schließlich sogar platzen, was zu einer schweren Blutung im Bauchraum führen kann. Behandelt wird das Pfeiffersche Drüsenfieber meistens nur mit schmerzstillenden Medikamenten und viel Flüssigkeit. Bei durch Bakterien verursachten Sekundärinfektionen werden Antibiotika-Infusionen gegeben. Sobald die Symptome abgeklungen sind, sollten Erkrankte vier bis sechs Wochen engen Kontakt mit anderen Menschen meiden, um die Viren nicht weiterzugeben. Außerdem müssen sie vier Monate auf Alkohol verzichten und jede Anstrengung vermeiden, um Leber und Milz zu schonen. Interviewpartner im Beitrag: Prof. Dr. Robert Mlynski, Klinikdirektor Klinik und Poliklinik für Hals-, Nasen-, Ohrenheilkunde, Kopf- und Halschirurgie „Otto Körner“ der Universitätsmedizin Rostock Doberaner Straße 137-139, 18057 Rostock Internet: www.hno.med.uni-rostock.de Weitere Informationen: Infoportal zu Pfeifferschem Drüsenfieber und chronischen EBV-Infektionen Internet: www.epstein-barr-virus24.de Ratgeber: Sigrid Nesterenko: Das unterschätzte Epstein-Barr-Virus – Was tun bei einer chronischen EBV-Infektion? 185 S.; ersa (2016); € 19,70 Sabine Wiesel: Pfeifersches Drüsenfieber und EBV. 146 S.; ersa (2011); € 19,70 Faszien-Fitness – was ist dran am Trend? Bis vor ein paar Jahren gehörten sie ganz einfach zum „Bindegewebe“ – neuerdings spricht jeder von „Faszien“ und wir sind ganz fasziniert von dem Füllmaterial unter unserer Haut. Mit Faszien-Training, Faszien-Yoga oder Faszien-Therapie wollen wir das Bindegewebe weich und elastisch halten. Denn Faszien halten alles in Form und stützen jeden einzelnen Muskel wie ein Korsett. Die Faszien sind miteinander verbunden, zu regelrechten FaszienStraßen. Sind die Faszien gesund, liegen sie in geordneten, entspannten Strukturen und leiten zum Beispiel die Kraft unserer Muskeln weiter – ohne sie wäre Bewegung nicht möglich. Faszien enthalten Lymphflüssigkeit, haben Nerven und Rezeptoren – und können so Schmerzen weiterleiten. Sind Faszien verhärtet oder verklebt, verursachen sie auch Schmerzen: So können Rückenschmerzen ihre Ursache in einem verkürzten Muskel haben, es kann aber auch an der dazugehörenden Faszie liegen. Auch bei geschädigten Gelenken können verklebte Faszien Auslöser für den Schmerz sein. Streicht und schiebt der Physiotherapeut die Faszien in die natürliche Ordnung zurück, kann das sehr schmerzhaft sein. Um die Faszien elastisch zu halten, sollte man zuhause mit einer Kunststoffrolle oder einem Ball trainieren. Übungen finden sich zum Beispiel auch im Internet. Anfänger sollten sich aber ein passendes Trainingsprogramm von einem Trainer oder Physiotherapeuten zeigen lassen, sonst haben die Übungen womöglich keinen Erfolg – und schlimmstenfalls drohen Verletzungen. Rückenübungen mit der Rolle haben das Ziel, das ganze Faszien-Gewebe auszuquetschen, damit es sich anschließend wieder mit Flüssigkeit vollsaugen kann. Das sorgt für Entspannung und macht die Faszien wieder geschmeidiger. Auch Oberschenkel können so „ausgerollt“ werden. Einen Tennisball kann man gut an den Waden einsetzen: Dazu den Ball in der Kniekehle platzieren, dann langsam zurücksetzen und rollen, bis der Schmerz abnimmt. Den gesamten Körper einmal durchzurollen, bis alle Faszien optimal durchsaftet sind, würde fast zwei Stunden dauern. Fitnesstrainer raten deshalb dazu, sich an einem Oberkörper und Rücken und am nächsten Tag die Beine vorzunehmen. Interviewpartner im Beitrag: Dr. Hans-Wolfram Körner, Facharzt für Chirurgie, Sportmedizin und Rettungsmedizin Michaela Pahl von Husen, Leitende Physiotherapeutin Elbe Kliniken in Buxtehude Am Krankenhaus 1, 21614 Buxtehude Tel. (04161) 703-40 05, Fax (04161) 703-40 45 Internet: www.elbekliniken.de/de/buxtehude-klinik-orthopaedie-unfallchirurgie Internet: www.elbekliniken.de/de/buxtehude-physiotherapie Maria Jäger, Trainerin SPORTALIVE® – Personal Training & Betriebliche Gesundheitsförderung Wendenstraße 130, 20537 Hamburg Internet: www.sportalive.de Weitere Informationen: Fascial Fitness Association GmbH Bleigäßchen 2, 86150 Augsburg Tel. (0821) 54 37 15 41 Internet: www.de.fascial-fitness.com Therapeutennetzwerk mit vielen Informationen und Adressen Ratgeber: Kristin Adler, Arndt Fengler: Gesunde Faszien. Ihr Trainingsprogramm: Weniger Schmerzen – mehr Beweglichkeit. (mit DVD) 184 S.; Trias (2016); € 19,99 Siegbert Tempelhof u.a.: Faszientraining: Mehr Beweglichkeit, Gesundheit und Dynamik. 128 S.; Gräfe & Unzer (2015); € 12,99 Robert Schleip, Johanna Bayer: Faszien-Fitness – Vital, elastisch, dynamisch in Alltag und Sport. 224 S.; riva (2014); € 19,99 Abenteuer Diagnose: Plasmozytom Vor 20 Jahren erlitt Radladerfahrer Heino B. eine plötzliche Fieberattacke mit stechendem Schmerz in der Wirbelsäule, dann Atemnot, Schüttelfrost und hohes Fieber über 41 °C. Zunächst denkt er an eine Grippe – doch dann passiert das Ganze noch drei Mal. Weil Heino B. unter Asthma leidet, glauben die Ärzte, dass etwas mit der Lunge nicht in Ordnung sei. Eine Infektion ist es nicht, wie zahlreiche Blutuntersuchungen belegen. Der einzige Anhaltspunkt sind Schatten auf der Lunge. Die Ärzte vermuten eine seltene Hämosiderose, bei der es immer wieder zu Einblutungen in die Lunge kommt, die als Schatten im Röntgenbild auftauchen. Heino B. bekommt Kortison und fühlt sich zunächst besser. Doch dann kehren Schmerzen und hohes Fieber zurück. Weil Heino B. im Hafen arbeitet, wird er auf Tropenkrankheiten untersucht – aber alle Tests sind negativ. Sein Hausarzt entdeckt, dass bei den Fieberattacken die Anzahl der weißen Blutkörperchen stark erhöht ist und überweist Heino B. mit Verdacht auf Leukämie ins Krankenhaus. Aber auch das ist es nicht. Der Onkologe denkt an eine seltene Gefäßentzündung (Vaskulitis), die Fieber und Lungenprobleme verursachen kann. Doch entsprechende Antikörper finden sich nicht in Heino B.s Blut. Nun glaubt der Mediziner, dass es eine unbekannte Autoimmunerkrankung sein könnte, bei der sich der Körper selbst bekämpft. Doch helfen kann er seinem Patienten nicht. Jahrelang lebt Heino B. mit den gefährlichen Fieberschüben, die stark an ihm zehren. 2007 sucht er wegen seines Asthmas eine neue Lungenärztin auf – und bekommt dabei eine Fieberattacke. Die Ärztin konzentriert sich zunächst auf die Atemnot: Da er nachts plötzlich keine Luft bekommt und sein Asthmaspray nicht hilft, könnte Heino B. unter Schlafapnoe leiden. Dabei setzt nachts die Atmung aus, bei schweren Asthmatikern ein häufiges Problem. Im Schlaflabor ist Heino B.s Atemkurve auffällig – aber ganz anders als erwartet: Es ist keine Schlafapnoe, sondern eine „vocal cord dysfunction“, eine Verkrampfung der Stimmlippen im Kehlkopf. Dagegen hilft ein Entspannungstraining. Heino B. benötigt kein Asthmaspray mehr und kann auch das Kortison absetzen. Doch auch wenn die Luftnotattacken nun vorbei sind, bleiben noch die Schmerzen und die Fieberschübe. Dann fühlt sich Heino B. plötzlich abgeschlagen und müde. Die extreme Kraftlosigkeit ist neu und passt nicht zu den bisherigen Befunden. Die Lungenärztin befragt ihren Patienten noch einmal ausführlich: Er berichtet von einem Schiffsunglück, bei dem sich an Bord eines Frachters die Chemikalie Epichlorhydrin mit Quarzsand zu einer riesigen Giftwolke vermischte. Heino B. gehört zu den Arbeitern, die die giftige Ladung aus dem Schiff bergen mussten. Nach mehreren Stunden bekam er einen fürchterlich sauren, brennenden Geschmack im Mund. Die Flüssigkeit hatte auf die Schleimhäute eine sehr reizende, ätzende Wirkung und Epichlorhydrin gilt als krebserregend. Die Lungenärztin sieht einen Zusammenhang zwischen dem Schiffsunfall und den merkwürdigen Beschwerden ihres Patienten. Sie lässt sein Blut auf Krebs untersuchen. Und wirklich: Das Blut enthält große Mengen krankhafter Eiweiße, die auf etwas Bösartiges im Knochenmark hinweisen. Im CT zeigt sich eine Verringerung der Knochensubstanz. Die Knochenmarkuntersuchung liefert schließlich die Diagnose: Es ist ein Plasmozytom. Dabei entarten Immunzellen im Knochenmark, die Plasmazellen. Sie vermehren sich und schütten krankhafte Eiweiße aus. Mit der Zeit frisst der Tumor den Knochen auf, so entstehen schmerzhafte „Löcher“ – bei Heino B. im neunten Brustwirbelkörper. Das Einatmen der giftigen Dämpfe bei dem Schiffsunfall hatte für ihn fatale Folgen. Die Ärzte vermuten, dass die Chemikalie seine Atemwege verätzt und eine Fehlreaktion des Immunsystems hervorgerufen hat. Abwehrzellen greifen nun immer wieder seine Bronchien an, was regelmäßig aufflammende Entzündungen mit hohem Fieber zur Folge hat. Diese schwelende Autoimmunkrankheit hat wahrscheinlich das Plasmozytom gefördert. Eine Knochenmarkstransplantation soll den Krebs besiegen. Zur Vorbereitung bekommt Heino B. eine hochdosierte Chemotherapie, um das kranke Immunsystem zu zerstören. Er verträgt die Behandlung überraschend gut und blüht auf. Kurz darauf bekommt er das neue Knochenmark von einem Spender. Mit dem Krebs verschwinden merkwürdigerweise auch die Fieberschübe – nach mehr als 20 Jahren! Nun kämpft Heino B. für eine Entschädigung – bislang noch ohne Erfolg. Interviewpartner im Beitrag: Dr. Frank Ballasejus WZM-Werksarztzentrum Mittelholstein GmbH & Co KG Berliner Platz 2, 24534 Neumünster Dr. Christoph zur Verth, Facharzt für Innere Medizin, Hämatologie und Onkologie Oberarzt Medizinische Klinik Klinikum Itzehoe Robert-Koch-Straße 2, 25524 Itzehoe Tel. (04821) 772-23 01, Fax (04821) 772-23 09 Internet: www.klinikum-itzehoe.de Julia Benteler, Fachärztin für Innere Medizin, Pneumologie Kirchenstraße 18, 25524 Itzehoe Tel. (04821) 52 51, Fax (04821) 57 51 Internet: www.lungenaerzte-steinburg.de (Die Redaktion erhebt keinen Anspruch auf Vollständigkeit der angegebenen Adressen und Buchhinweise.) Impressum: NDR Fernsehen Redaktion Medizin Hugh-Greene-Weg 1 22529 Hamburg Tel. (040) 4156-0 Fax (040) 4156-7459
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