UKPT SPEZIAL Das Themenheft der Unfallkasse Post und Telekom Medikamente ... ... am Arbeitsplatz. Eine unterschätzte Gefahr [ www.ukpt.de ] Inhalt Inhalt Liebe Leserin, lieber Leser, der Medikamentengebrauch, Thema // Medikamente am Arbeitsplatz aber auch der -missbrauch Info // Schon gewusst ? wird in Zukunft wahrscheinlich ansteigen. Für diese Vermu- 4 Medikamente am Arbeitsplatz 32 Zu Risiken und Nebenwirkungen … tung gibt es mehrere Anhalts- Hinweise und Auffälligkeiten Medikamentenmissbrauch? punkte. Zum einen nehmen die Diagnosen psychischer 8 Medikamentenmissbrauch 33 Funktionieren dank Pille Störungen seit Jahren stetig Nachgefragt zu. Die Therapie dieser Erkrankungen geht meist mit der Einnahme von Psychopharmaka 12 Doping am Arbeitsplatz Viagra fürs Gehirn einher. Zum anderen ist zu beobachten, dass Medikamente Rat und Tat // Checklisten immer häufiger auch von Gesunden konsumiert werden, um leistungsfähiger zu sein oder sich in eine gute Stimmung zu 16 Rechtliche Aspekte Unwissenheit schützt vor Strafe nicht versetzen. Dieses Phänomen ist als Hirndoping bekannt. Unabhängig davon, ob die Medikamente vom Arzt verordnet 20 34 Wie gefährdet bin ich? 36 Checkliste „Medikamenteneinnahme“ Achtung, Medikament! Alle Präparate haben Wirkungen. Diese Haupt-, Neben- und 24 Selbsttest „Medikamentengefährdung“ Medikamente und Arbeitssicherheit Das können Vorgesetzte tun wurden oder ob es sich um eine Selbstmedikation handelt: Wechselwirkungen beeinflussen die Arbeits-, Leistungs- und Interview mit Karsten Sonntag, Betriebsarzt Deutsche Post AG, Tübingen Artikel aus der Neuen Zürcher Zeitung „Ritalin ist großes Kino“ Fahrfähigkeit. Positiv wie negativ. Damit ist das Thema Medi- Was ? Wo ? // Service kamente auch ein Thema für die Arbeitswelt und infolgedessen für den Arbeits- und Gesundheitsschutz. Praxis // Tipps für Sie 37 Hier finden Sie Rat und Hilfe In diesem Spezial-Heft finden Sie Informationen zu Risiken und Nebenwirkungen von Medikamenten, zu Medikamenten- Adressen 27 Alternativen zu Medikamenten Wie Sie Probleme anders lösen missbrauch, zu Doping am Arbeitsplatz sowie zu rechtlichen 39 Service / Impressum Aspekten im Zusammenhang mit einer Medikamenteneinnahme. Es gibt wieder viele hilfreiche Hinweise für Betroffene und 28 Medikamente Einsatz, Wirkung, Nebenwirkung Führungskräfte, Tipps zum „gesunden“ Umgang mit Medikamenten sowie Adressen von Anlaufstellen, falls die Einnahme von Medikamenten zum Problem wird. 31 Medien und Seminare Mehr Informationen Viel Spaß beim Lesen! Dr. Fritzi Wiessmann Arbeits- und Organisationspsychologin der UK PT Hinweis Aus Gründen der einfacheren Lesbarkeit wird auf eine geschlechtsspezifische Differenzierung verzichtet. Die Beiträge richten sich selbstverständlich an Frauen und Männer. UK PT Spezial 3 4 Thema // Medikamente am Arbeitsplatz Thema // Medikamente am Arbeitsplatz Medikamente am Arbeitsplatz Zu Risiken und Nebenwirkungen ... Arzneimittel, die Krankheiten heilen, Beschwerden lindern oder gar Krankheiten vorbeugen, sind heute aus unserem Leben nicht mehr wegzudenken. Das Wissen über Wirkungen und vor allem Nebenwirkungen birgt jedoch noch einiges Potenzial für Verbesserungen. Vor allem bei Medikamenten, welche die Arbeits- und Leistungsfähigkeit oder die Verkehrstüchtigkeit beeinträchtigen können, gibt es Informationsdefizite. D eutschland liegt im Medikamentenverbrauch weltweit auf dem Aber auch zahlreiche andere Erkrankungen können nur mit Medika- 3. Platz, jährlich werden etwa 1.100 Tabletten, Kapseln, Zäpfchen menten behandelt werden: Diabetiker, Epileptiker, Schmerzpatien- pro Kopf verbraucht“, berichtete 2006 die nordrhein-westfälische ten oder Hypertoniker (Menschen mit Bluthochdruck) sind nur dank Landeskoordinierungsstelle Suchtvorbeugung. Heute liegen die Zah- Arzneimitteln in der Lage, ein halbwegs beschwerdefreies Leben zu len vermutlich noch höher, denn die Zahl der Diagnosen psychischer führen oder einer Arbeit nachzugehen. Auch die Medikamente zur Erkrankungen, dies bestätigen alle Krankenkassen, hat in den letzten Linderung dieser Erkrankungen haben oft unerwünschte Nebenwir- Jahren konstant zugenommen. Und die Therapie psychischer Erkran- kungen oder sie gehen Wechselwirkungen mit anderen Arzneimit- kungen geht in der Regel mit der Verschreibung von Psychopharmaka teln ein, die zusätzlich eingenommen werden (müssen). Die Folgen einher. Psychopharmaka sind notwendig für die Linderung von krank- dieser Neben- oder Wechselwirkungen können sich ebenfalls nega- heitsbedingten psychischen Symptomen, wirken sich positiv auf die tiv auf die Leistungsfähigkeit auswirken. Dies ist vielen Menschen Heilung einer psychischen Störung aus und machen manchmal eine gar nicht bewusst. Psychotherapie mit einem Betroffenen überhaupt erst möglich. Unabhängig von der Frage, ob tatsächlich mehr Menschen psychische Störungen haben oder nur die Diagnosen eindeutiger ausfallen, ergibt sich daraus eine brisante Konsequenz: Nahezu alle Psychopharmaka, die erwiesenermaßen wirksam sind, haben zum Teil heftige Nebenwirkungen, wodurch die Arbeits- und Leistungsfähigkeit sowie die Fahrtüchtigkeit eingeschränkt sein kann. „Ich hatte während meiner Depression Phasen, wo ich wie mit Watte im Kopf gefahren bin“, bestätigt der Sachbearbeiter Thomas Rupp (Name geändert). „Ich ahnte, dass das mit meinem Medikament zu tun hatte, konnte und wollte aber auch nicht darauf verzichten, denn meine depressiven Phasen machten mir schwer zu schaffen. Außerdem brauchten mich mein Chef und meine Kollegen.“ UK PT Spezial UK PT Spezial 5 6 Thema // Medikamente am Arbeitsplatz Thema // Medikamente am Arbeitsplatz Darüber hinaus gibt es noch: tel gegen Epilepsie), Antidiabetika (Medikamente gegen Diabetes) Was tun? 4-K-Regel • Psychostimulanzien, die eine anregende Wirkung auf den Organis- und blutdruckregulierende Mittel. Zu bedenken sind immer auch die Eine hilfreiche, leicht zu merkende Regel für einen sinnvollen Umgang Wechselwirkungen mit anderen Arzneimitteln. mit Arzneimitteln, die auf die Psyche wirken, ist die 4-K-Regel. Die vier mus haben. Sie erhöhen kurzfristig die Leistungs- und Konzentra- Ks stehen für: tionsfähigkeit und werden auch von „Gesunden“ eingenommen. Sie werden vor allem eingesetzt bei einer Aufmerksamkeitsdefi- … fragen Sie Ihren Arzt oder Apotheker • Klare Indikation: das Medikament nur einnehmen, zit-Hyperaktivitäts-Störung (ADHS) oder bei Narkolepsie (Schlaf- Generelle Vorsicht ist geboten bei Medikamenten, die wegen ihrer wenn eine medizinische Notwendigkeit dazu besteht. krankheit), helfen aber auch, den Appetit zu reduzieren. Bekannte beruhigenden und sedierenden Wirkung die Wahrnehmung, Auf- • Kleinste notwendige Dosis. antriebssteigernde Wirkstoffe sind Koffein, Nikotin und Rausch- merksamkeit und Konzentration sowie das Reaktionsvermögen • Kurze Anwendung (maximal 14 Tage). mittel wie Kokain oder Ecstasy. Die Mittel enthalten Amphetamine herabsetzen. Müdigkeit, Mattigkeit, verlängerte Reaktionszeiten • Kein abruptes Absetzen des Medikaments. (umgangssprachlich auch „Weckamine“ genannt). aufgrund der Einnahme eines Medikaments verlangsamen Ar- • Antidementiva, die bei Demenz (Alzheimer) eingesetzt werden. beitsvorgänge. Das Führen von Fahrzeugen (auch Fahrräder) und Für diverse Medikamente gelten die vier Ks nur eingeschränkt. Denn: • Sonstige Psychopharmaka, die als Entzugs- und Entwöhnungs das Bedienen von Maschinen sind unter diesen eingeschränkten Manche Medikamente müssen länger oder ein Leben lang eingenom- Voraussetzungen kritisch zu prüfen. Koordinationsstörungen, Dop- men werden. mittel, vor allem bei Alkoholmissbrauch, Verwendung finden. pelwahrnehmungen, Drehschwindel und eine Einschränkung des Wichtig zu wissen: Weder Antidepressiva noch Phasenprophylaktika Sichtfelds behindern unter anderem Arbeiten auf höher gelegenen Ob Sie schon Auffälligkeiten oder Abhängigkeiten im Umgang mit noch Antipsychotika machen – auch nach längerer Einnahme – ab- Arbeitsplätzen. Medikamenten aufweisen, können Sie mit dem Selbsttest Medikamentengefährdung auf Seite 34 feststellen. \ hängig. Bei Antidepressiva können sich Absetzsymptome zeigen. Deshalb ist eine kontrollierte Dosisverringerung wichtig. Bei Anxio- Darüber hinaus können Nebenwirkungen von Medikamenten zu ei- lytika / Hypnotika hingegen besteht eine hohe körperliche und psy- ner Beeinträchtigung der Grob- und Feinmotorik, der motorischen chische Abhängigkeit. Koordination sowie der Informationsaufnahme und -verarbeitung führen. All dies erschwert korrekte und sichere Arbeitsausführun- Medikamente, bei denen man vorsichtig sein sollte gen. Wenn Umweltreize nicht adäquat interpretiert, Gefahrensitua- Psychopharmaka In der roten Liste, dem Arzneimittelverzeichnis für Deutschland, sind tionen unrealistisch eingeschätzt oder das eigene Leistungsvermö- Psychopharmaka gehören mittlerweile zu den am häufigsten ver- 23.848 Medikamente mit 6.482 Präparateeinträgen (= Wirkstoffen) gen überschätzt werden, dann hat dies ebenfalls Konsequenzen für ordneten Medikamenten. Die vier wichtigsten Gruppen von Psycho- und 7.887 Darreichungsformen verzeichnet (Stand 2013). Das macht die Ausübung der Fahr- und Arbeitstätigkeit. pharmaka sind: es selbst für Ärzte und Apotheker schwierig, den Überblick zu be- • Antidepressiva halten und Wirkweisen von Arzneimitteln (Hauptwirkungen und Unruhe, Angst- oder Erregungszustände erschweren für Betroffene Sie werden vorrangig bei der Behandlung von Depressionen gege- Nebenwirkungen) genau zu kennen. Hinzu kommen individuelle Be- Kontakte mit Kollegen und Kunden, und umgekehrt können diese ben, werden aber auch bei Angsterkrankungen und Zwangsstörun- findlichkeiten und Reaktionen der Patienten, so dass Aussagen über manche Verhaltensweisen ihres Gegenübers nicht verstehen. Me- gen verordnet. die Wirkung von Arzneien immer nur einen gewissen Wahrschein- dikamentös bedingtes aggressives Verhalten ist ebenfalls schwer lichkeitscharakter haben. einzuordnen und kann zu Konflikten für beide Seiten führen. • Phasenprophylaktika (Stimmungsstabilisierer) Diese Präparate werden insbesondere bei bipolaren Störungen, auch als manisch-depressive Erkrankung bezeichnet, verordnet. Gesichert ist jedoch, dass Psychopharmaka und Psychostimulan- • Antipsychotika (Neuroleptika) zien Auswirkungen auf das Arbeits- und Fahrverhalten haben. Aber Mit Antipsychotika werden hauptsächlich Psychosen mit Wahnvor- auch andere Arzneimittel werden in ihren Wirkungen und Neben- stellungen und Halluzinationen (z. B. Schizophrenien), Manien (ext- wirkungen oft unterschätzt – selbst bei rezeptfreien Präparaten ist rem gesteigerter Antrieb) und schizoaffektive Störungen behandelt. Vorsicht geboten. So können Mittel gegen Heuschnupfen, Husten- Bei schizoaffektiven Störungen treten Symptome einer Schizophre- saft, Augentropfen oder gar Appetitzügler die Fahrtüchtigkeit und nie gleichzeitig oder abwechselnd mit manischen oder depressiven das Bedienen von Maschinen stark beeinträchtigen. Diese Mittel Symptomen auf. machen müde und benommen, beeinträchtigen die Reaktionsfä- • Anxiolytika / Hypnotika (Beruhigungs- und Schlafmittel) higkeit oder führen zu Sehstörungen. Das gilt auch für Schlaf- und Diese wirken angst- und spannungslösend sowie beruhigend. Hyp- Beruhigungsmittel, Antiallergika (Mittel gegen Allergien), Analgeti- notika (Schlafmittel) sind Medikamente, die schlaffördernd wirken. ka (Schmerzmittel), Präparate gegen Erkältung, Antiepileptika (Mit- UK PT Spezial „Ich hatte mit einigen Nebenwirkungen zu kämpfen“, erzählt Susanne Kohl (Name geändert). „Die Pillen haben mir so zugesetzt, dass ich sie immer wieder eigenmächtig abgesetzt habe, aber dann setzten bald auch schon wieder Symptome ein.“ Inzwischen hat sie nach Absprache mit dem Facharzt die Medikation gewechselt. „Jetzt komme ich mit den Pillen klar – und auch mit meiner Krankheit.“ UK PT Spezial 7 8 Thema // Medikamente am Arbeitsplatz Thema // Medikamente am Arbeitsplatz Medikamentenmissbrauch Funktionieren dank Pille Sowohl selbstverordnete als auch vom Arzt verschriebene Medikamente kann man ge-, aber auch missbrauchen. Vom Missbrauch ist es nur ein kleiner Schritt bis zur Abhängigkeit. D er Umgang mit Medikamenten ist zwiespältig zu sehen: Auf der einen Seite erhalten und fördern sie die Gesundheit, auf der anderen Seite setzt man durch die Einnahme von Medikamenten genau diese aufs Spiel. Der Unterschied ist: Medikamente werden entweder bestimmungsgemäß oder missbräuchlich verwendet. Bestimmungsgemäßer Arzneimittelgebrauch ist … … wenn ein Medikament in Absprache mit dem Arzt oder Apotheker in der korrekten Dosierung oder wie in der Packungsbeilage vorgeschrieben eingenommen wird. Das Medikament wird abgesetzt, wenn die Krankheitssymptomatik auskuriert ist. Schädlicher Gebrauch von Arzneimitteln ist … So kann es gehen … … wenn Arzneimittel vorsätzlich und gezielt immer weiter und / oder Frau Ilse Martin (Name geändert), Sachbearbeiterin einer Versiche- in unnötiger Menge konsumiert werden. Man spricht bei einem rung, kam mit den steigenden Anforderungen, die ihre Arbeitstätig- schädlichen Gebrauch von Arzneimitteln landläufig auch von Medi- keit mit sich brachte, nicht mehr klar: „Die Arbeit wurde immer mehr, kamentenmissbrauch. Kollegen immer weniger, neue Arbeitsabläufe behinderten eher, als dass sie eine Verbesserung brachten, und zu allem Überfluss stand UK PT Spezial Arzneimittelabhängigkeit ist … die Zusammenlegung mit der Nachbarabteilung bevor. Es war ein- … wenn man für die Bewältigung des Lebens nicht mehr auf die Un- fach alles zu viel. Da ich auf den Job angewiesen war, musste ich terstützung der Wirkstoffe verzichten möchte, obwohl keine medizi- mich den veränderten Arbeitsbedingungen stellen und vor allem nische Indikation gegeben ist. leistungsfähig sein.“ Problematisch ist neben dem schleichenden Übergang vom bestim- Aber genau das war für sie ein Problem. Die steigende Arbeitsmenge, mungsgemäßen Gebrauch zur Abhängigkeit, dass Betroffene bei der ständige Leistungsdruck, die Angst um den Arbeitsplatz mach- einem schädlichen Gebrauch von Medikamenten meist relativ un- ten ihr zu schaffen. „Ich war irgendwann nur noch müde, konnte kritisch sind. Sie glauben, das Richtige zu tun: Sie wollen schließlich aber abends trotzdem nicht einschlafen. Wenn ich trotzdem einge- wieder gesund werden und etwas leisten können. Vor allem, wenn nickt bin, schreckte ich kurz darauf wieder hoch, weil mich Alpträu- das Medikament vom Arzt verordnet wurde, sieht man sich auf der me quälten.“ Ihr Hausarzt, den sie deswegen aufsuchte, verschrieb sicheren Seite. ihr ein Beruhigungsmittel, das half. Sie wurde ausgeglichener, UK PT Spezial 9 10 Thema // Medikamente am Arbeitsplatz Thema // Medikamente am Arbeitsplatz Niedrig-Dosis-Abhängigkeit Auch die niedrig dosierte Einnahme eines Medikamentes kann zu einer Abhängigkeit führen, auch dann, wenn man über Jahrzehnte Ältere und Medikamente hinweg eine gleichbleibende niedrige Dosis eines Medikamentes Auch viele ältere Menschen greifen gerne zu Schlaf- und Be- nimmt. Das gilt vor allem für die Einnahme von Schlaf- oder Beruhi- ruhigungsmitteln. Generell kann man sagen, dass die Menge gungsmitteln. Werden diese Medikamente abgesetzt, treten genau der Einnahme von Arzneimitteln proportional mit dem Alter die Symptome wieder auf, derentwegen man das Mittel ursprünglich wächst. Dies lässt sich zum einen durch eine erhöhte Erkran- einmal eingenommen hatte, nämlich um Ängsten, depressiven Ver- kungswahrscheinlichkeit mit zunehmenden Alter erklären stimmungen oder Schlafstörungen vorzubeugen. Der erneute Griff und zum anderen damit, dass dadurch oft verschiedene zum Medikament ist vorprogrammiert. Dieses Phänomen nennt man Fachärzte aufgesucht werden, die sich nicht immer unterein- Niedrig-Dosis-Abhängigkeit. ander hinsichtlich der Medikamentengabe abstimmen. Relativ neu ist der Griff zur „selbstverordneten“ Pille, um die Arbeits- Die „Priscus-Liste“ (von lat. priscus = altehrwürdig) führt 83 leistung aufrechtzuerhalten oder sie zu erhöhen. Die Steigerung der Medikamente bzw. Wirkstoffe auf, die für ältere Menschen Leistungsfähigkeit und emotionalen Belastbarkeit wird „Hirndo- ungeeignet sind, da sie größere Risiken für Menschen im ping“ oder „Neuro-Enhancement“ genannt. Mehr dazu finden Sie im höheren Alter haben. Ein älterer Organismus reagiert anders Beitrag „Viagra fürs Gehirn“. \ auf Medikamente als ein junger, so dass sich Haupt-, Nebenund Wechselwirkungen verändern. Bei der Einnahme potenziell inadäquater Medikation (PIM) erhöht sich die Gefahr für Stürze und damit auch für Brüche, für psychiatrische Reak- entspannter, konnte ein- und auch durchschlafen, hatte weniger „Man“ ist insofern nicht korrekt, da vor allem Frauen von Medika- Mühe mit der Erledigung ihrer Aufgaben. Der Effekt war so ange- mentenabhängigkeit betroffen sind. Von den 1,4 bis 1,5 Millionen Abhängigkeit von Arzneimitteln enthält aber nicht nur eine Negativ-, sondern auch eine Posi- nehm, dass sie nicht mehr auf das Beruhigungsmittel verzichten Medikamentenabhängigen in Deutschland sind zwei Drittel Frau- • In Deutschland sind etwa 1,4 – 1,5 Millionen Menschen von tivliste. Die vollständige Liste kann abgerufen werden unter wollte. Sie nahm das Medikament weiter, obwohl ihr Hausarzt sie en. Erklärungen dafür sind: Erstens gehen Frauen häufiger zum ärztlich verschriebenen Medikamenten abhängig. Andere auf die Gefahr der Abhängigkeit hinwies. Da wechselte sie den Arzt – Arzt als Männer und erhalten entsprechend mehr Medikamente. mehrfach. Der Medikamentenmissbrauch erfolgte über ein halbes Zweitens sind berufstätige Frauen nach wie vor eher einer Dop- Jahr, bis sie auf eine engagierte Ärztin traf, die nicht einfach mehr pelbelastung im Alltag ausgesetzt als Männer und drittens sind verschrieb, sondern nachfragte. Der Entzug dauerte mehrere Wo- Frauen eher nicht in Kneipen anzutreffen, so dass die Gefahr des chen. Heute sagt Frau Martin: „Es waren harte Zeiten, die ich erlebt Alkoholmissbrauchs weniger gegeben ist. Theoretisch können habe: einmal die Zeit, die mich zu meinem Hilfsmittel greifen ließ, alle Medikamente missbräuchlich verwendet werden. Besonders und dann die Zeit, um wieder davon loszukommen. Heute geht es häufig jedoch werden Schlafmittel (Hypnotika), Beruhigungsmittel mir gut und das soll auch so bleiben – auch ohne Medikamente.“ (Tranquilizer), Schmerzmittel (Analgetika) und anregende Mittel (Stimulanzien, Weckamine) eingenommen, die zudem ein hohes Die „stille Sucht“ Suchtpotenzial haben. Vor allem die Schlaf-, Schmerz- und Beruhi- Medikamentenmissbrauch oder -abhängigkeit wird auch als die gungsmittel, also die Wirkstoffgruppe der Benzodiazepine, können „stille Sucht“ bezeichnet, da der Missbrauch leise und für die Um- abhängig machen. welt unauffällig erfolgt. Es kann viele Gründe für einen missbräuchli- tionen und geistige Beeinträchtigungen. Die Priscus-Liste Schätzungen rechnen mit 1,9 Millionen Menschen. • Weitere 1,7 Millionen Menschen müssen als mittel- bis hoch- gradig gefährdet eingestuft werden. • Etwa jeder zwanzigste erwachsene Bürger ist akut von einer Medikamentenproblematik betroffen. • Rezeptfreie Arzneimittel, die ggf. missbräuchlich genutzt werden, sind der Kontrolle entzogen. • 4 – 5 Prozent aller verordneten Arzneimittel besitzen ein eigenes Missbrauchs- und Abhängigkeitspotenzial. • Der Erwerb von Arzneimitteln über das Internet stellt sich als zunehmendes Problem dar. • In der Gesetzlichen Krankenversicherung wurden im Jahr 2011 für 625 Millionen verordnete Arzneimittel 26,3 Milliar- kamenten geben. Man möchte: Zwei Gesichter der Abhängigkeit Hoch-Dosis-Abhängigkeit • einen euphorischen oder beruhigenden Zustand erreichen, Die Hoch-Dosis-Abhängigkeit gleicht dem bekannten Phänomen • für den Arbeitsalltag besser gewappnet sein, der Dosissteigerung bei einer Alkoholproblematik. Medikamenten- Quelle: Deutsche Hauptstelle für Suchtfragen e. V.: • gesundheitliche Beschwerden unterdrücken oder abhängige haben das dringende Verlangen nach immer mehr und / Substanzbezogene Störungen am Arbeitsplatz (2013) • sich seinen Problemen nicht anders stellen. oder nach stärker wirkenden Medikamenten. chen oder gesundheitlich selbstschädigenden Gebrauch von Medi- UK PT Spezial www.priscus.net. \ den Euro ausgegeben. \ UK PT Spezial 11 12 Thema // Medikamente am Arbeitsplatz Thema // Medikamente am Arbeitsplatz Doping am Arbeitsplatz Viagra fürs Gehirn „Kurzfristig zu mehr Leistung – aber langfristig in die Abhängigkeit“: So beschreibt der Arzt Götz Mundle einen neueren Trend zur optimalen Teilhabe am beruflichen Leben. Geistig fit und wach nach wenig Schlaf, aufmerksam und leistungsfähig, hochkonzentriert und gut drauf. Mit anderen Worten: bereit für Höchstleistungen, die heute oft am Arbeitsplatz oder im Studium den Mitarbeitern und Studenten abverlangt werden. U m diesen Ansprüchen zu genügen, bedienen sich gesunde Menschen mitunter Substanzen, die nicht unkritisch betrachtet und vor allem nicht arglos konsumiert werden sollten. Oft handelt es sich um verschreibungspflichtige Medikamente zur Behandlung psychischer Erkrankungen, die von Gesunden ohne krankheitsinduzierte Notwendigkeit eingenommen werden. Die Einnahme leistungs- und stimmungssteigernder Mittel wird als Neuro-Enhancement (Enhancement = Steigerung, Verbesserung) oder medienwirksamer als Hirndoping bezeichnet. Dabei „… besteht die Gefahr, dass Menschen in dieselbe Dopingfalle tappen wie Sportler, die sich für einen Wettkampf fit machen“, so Herbert Rebscher, Vorstand der Deutschen Angestellten Krankenkasse (DAK Gesundheit). Das Phänomen verbreitet sich (in Deutschland) immer mehr – im Jahr 2008 haben laut DAK-Gesundheitsreport 4,7 Prozent der befragten Berufstätigen angegeben, wenigstens einmal im Leben verschreibungspflichtige Medikamente als Dopingmittel für ihre Arbeit benutzt zu haben, im Jahr 2014 waren es bereits 6,7 Prozent. Die Zahl derjenigen, die häufig bis regelmäßig (zweimal pro Monat und öfter) eine höhere Belastbarkeit in beruflichen und privaten Stresssitua- dopen, stieg von 2,2 auf 2,4 Prozent. Die Zahlen beruhen auf „ehrli- tionen. Dazu gehören die Steigerung der geistigen Leistungsfähig- chen“ Auskünften befragter Beschäftigter, die Dunkelziffer wird auf keit, des Konzentrations- und Reaktionsvermögens und der Auf- 12 Prozent geschätzt, was fünf Millionen Beschäftigten entspräche. merksamkeit. Müdigkeit soll reduziert, Vigilanz (= Wachheit) und Kreativität gesteigert werden. Man erhofft sich eine Stabilisierung UK PT Spezial Psychoaktive Substanzen oder Verbesserung der emotionalen Stimmung, einen Abbau sozi- Bekannt und beliebt sind Alltagsdrogen wie Koffein, Nikotin und Al- aler Ängste und eine Steigerung des Selbstvertrauens. Das Problem kohol: Kaffee macht munter, Nikotin und Alkohol reduzieren Stress ist, dass verschreibungspflichtige Medikamente bei Kranken Wir- empfinden. Neu hingegen ist jedoch, dass zunehmend verschrei- kung zeigen und man die Nebenwirkungen der Psychostimulanzien bungspflichtige oder illegale Substanzen eingenommen werden, in Kauf nimmt. Bei Gesunden haben die Medikamente aber mehr um das erwünschte Ziel zu erreichen. Herbeigeführt werden soll Nebenwirkungen, als dass sie Wirkung zeigen. Die Bandbreite UK PT Spezial 13 14 Thema // Medikamente am Arbeitsplatz Thema // Medikamente am Arbeitsplatz der Nebenwirkungen reicht von leichten Beschwerden wie Kopf- chen oder ähnlichen Wirkstoffen (Amphetamin oder Amphetamin- schmerzen, Schwindel, Übelkeit, Schlaflosigkeit, Appetitlosigkeit Derivaten) bestehen. Weitere „legitime“ leistungs- und stimmungs- bis hin zu schwerwiegenden Beeinträchtigungen wie Herzrhythmus- steigernde Mittel sind neben den bereits erwähnten Stimulanzien und Leberfunktionsstörungen, Magengeschwüren und psychoti- Kaffee und Nikotin, Power-Riegel, Energydrinks, Vitaminpräparate, schen Zuständen. Ginkgo biloba (pflanzliches Extrakt aus dem Ginkgobaum zur Stressreduzierung) und andere homöopathische Mittel. Effekte In Studien wurde festgestellt, dass sich durch die Einnahme von Wer konsumiert? psychoaktiven Substanzen die Leistungsfähigkeit bei gesunden Anfällig für Hirndoping sind Personen, die hoch leistungsmotiviert Menschen kaum oder gar nicht steigern lässt. Manche Mittel redu- sind, viel und lange arbeiten, einen unregelmäßigen Arbeitsablauf zieren kurzfristig zwar tatsächlich die Müdigkeit und steigern das und häufig wechselnde Arbeitsumgebungen haben sowie ein for- Reaktions- und Konzentrationsvermögen, langfristig zeigen sich derndes Arbeitsumfeld. Aber auch belastende Arbeitsbedingungen aber keine Effekte. Zum Teil wurden sogar Verschlechterungen der wie Tätigkeiten mit geringem Handlungs- und Entscheidungsspiel- Hirndoping vorbeugen Gedächtnisleistungen und der Reaktionszeiten festgestellt. raum, dauernder Zeit-, Termin, Leistungs- und Konkurrenzdruck oder Um dem Gebrauch von leistungssteigernden Mitteln vorzubeugen, Einen selbstbewussten Umgang mit Konflikten, Misserfolgen, Ent- ein schlechtes Betriebsklima führen dazu, dass Mitarbeiter im Büro sollten Mitarbeiter und deren Vorgesetzte über die Ursachen und täuschungen und Niederlagen kann man erlernen. Eine trotz aller Was wird konsumiert? zu Doping-Mitteln zur Bewältigung ihrer Arbeit greifen. Ein weiterer Folgen von Hirndoping aufgeklärt werden, um ein Bewusstsein für Fehlschläge optimistische Haltung, das Bewusstsein, selbst etwas Eingenommen werden vor allem Psychostimulanzien mit den Arznei- Risikofaktor ist Schichtarbeit, die gesundheitlich sehr strapaziös ist. gesundheitsschädigendes Verhalten zu schaffen. Die iga-Broschüre: bewirken und bewegen zu können und nicht Opfer zu sein, sind eine mittelstoffen Methylphenidat (Handelsname Ritalin) und Modafinil, Gemeinsamer Faktor all dieser Risikopersonengruppen – von hoch- „Hirndoping am Arbeitsplatz – Einflussmöglichkeiten und Präventi- Grundhaltung, die man sich teilweise antrainieren kann. Mit jedem darüber hinaus werden gerne Antidementiva, Antidepressiva und qualifizierten Angestellten und Selbstständigen über Angestellte onsmöglichkeiten für Unternehmen“ bietet Aufklärung und argu- Erfolg – und der wird nicht ausbleiben – wird die seelische Wider- Betablocker verwendet. Illegale Drogen wie Crystal Meth, Speed, mit einfachen Tätigkeiten bis hin zu Arbeitern – ist, dass sie durch mentative Unterstützung. Ideal wäre es natürlich, wenn Arbeits- und standskraft (= Resilienz) gestärkt. Gepaart mit einem erweiterten Glass und Ecstasy erfüllen den gleichen Zweck, da sie aus den glei- die Arbeit an die Grenzen ihrer Leistungsfähigkeit geraten. Rahmenbedingungen so gestaltet wären, dass „Aufputschmittel“ Repertoire an Bewältigungsstrategien (Selbstmanagement, Zeit- zur Bewältigung der Arbeit nicht notwendig sind. Gute Arbeitsbedin- und Konfliktmanagement) lassen sich Krisen auch ohne chemische gungen sind gegeben, Hilfsmittel bewältigen. Weitere Tipps finden Sie unter der Rubrik • wenn Mitarbeiter Handlungs- und Entscheidungsspielräume haben, „Tipps für Sie. Wie Sie Probleme anders lösen“ auf Seite 27. um ihre Arbeit so zu gestalten, wie es für sie am zweckmäßigsten ist, • wenn sie entsprechend qualifiziert sind, um Über- oder Unterfor- derung zu vermeiden, Zukunft? Der Wunsch, leistungsfähig und emotional ausgeglichen zu sein • wenn die mengenmäßige Arbeitszuteilung stimmt, und zu bleiben, ist durchaus legitim und manchmal auch pure Not- • wenn Informationen rechtzeitig und in adäquatem Umfang zur wendigkeit, wenn weniger belastbare die gleichen Chancen haben Verfügung stehen, • wenn das Arbeitsklima ein gesundheitsförderliches Arbeiten zulässt. wollen wie stressresistentere Menschen. Vielleicht gibt es eines Tages entsprechende Substanzen, mit denen man die erwünschten Zustände ohne Gesundheitsrisiken erreichen kann. Bis dahin sollte Darüber hinaus: Nach psychomental fordernden Arbeitssituationen, man aber bei altbewährten Mitteln bleiben, um Laune und Leistung die auch emotional belastende Kundenkontakte beinhalten, sollten zu verbessern: Ein vernünftiges Zeitmanagement, Pausen, Sport, Mitarbeiter die Möglichkeit haben, sich räumlich und persönlich ausreichend Schlaf, gesunde, vitaminreiche Ernährung haben sich zurückziehen zu können, um das Erlebte zu verarbeiten. Nachbe- bewährt. Lieber eine gute Tasse Kaffee trinken und ein Stück Scho- sprechungen im Team oder professionelle Unterstützung bei Nicht- kolade essen als die Chemiekeule schwingen. \ Verarbeitung des Erfahrenen helfen meist mehr als die „einsame“ Verarbeitung mit Hilfe von Medikamenten. Diese Appelle richten sich an die Arbeitgeber beziehungsweise Vorgesetzten, die dazu beitragen können, dass Doping am Arbeitsplatz nicht notwendig ist. Aber auch Betroffene oder Gefährdete können etwas dafür tun, dass entspanntes Arbeiten auch ohne Medikamentendoping möglich ist. UK PT Spezial Hinweis Die iga-Broschüre: Hirndoping am Arbeitsplatz – Einflussfaktoren und Präventionsmöglichkeiten für Unternehmen (2014) können Sie über die Unfallkasse Post und Telekom bestellen (MatNr 670-094-610) oder in kleiner Stückzahl kostenlos über [email protected] beziehen. UK PT Spezial 15 16 Thema // Medikamente am Arbeitsplatz Thema // Medikamente am Arbeitsplatz Rechtliche Aspekte Unwissenheit schützt vor Strafe nicht Medikamente sind für viele Erkrankte unentbehrliche Helfer, um den Alltag zu meistern. Für einige sind sie lebensnotwendig. Erst durch sie können erkrankte Menschen am Leben teilhaben. Dies entbindet jedoch niemanden von der Pflicht, die Wirkweise der eingenommenen Arzneimittel zu kontrollieren. Eine missbräuchliche Medikamenteneinnahme kann rechtliche Konsequenzen haben. Mitarbeiter tragen ihren Teil der Verantwortung für die Teilnahme am Straßenverkehr und die Erfüllung ihrer arbeitsvertraglichen Verpflichtungen. D ie Auswirkungen von Medikamenten sind vor allem im Zusam- sicher zu führen, und dadurch Leib oder Leben eines anderen Men- menhang mit Einschränkungen der Fahrtüchtigkeit untersucht schen oder fremde Sachen von bedeutendem Wert gefährdet, wird mit worden. In den „Begutachtungsleitlinien zur Kraftfahreignung“ steht Freiheitsstrafe bis zu fünf Jahren oder mit Geldstrafe bestraft.“ geschrieben, dass während einer akuten Krankheitsepisode kein Fahrzeug geführt werden darf, außer der Patient ist medikamentös Über beeinträchtigende Nebenwirkungen informieren Beipackzettel, gut eingestellt und tut dies in Absprache mit seinem Arzt. Mediziner Arzt oder Apotheker. Übrigens reicht der Verweis des Arztes auf den sehen Beeinträchtigungen bei Medikamenten insbesondere in der Beipackzettel nicht aus, er muss den Patienten mündlich und persön- Einstellungsphase, wenn sich der Körper erst auf die entsprechende lich über die wichtigsten Wirkungen und Nebenwirkungen aufklären. Dosis einstellen muss. Ist diese Phase abgeschlossen und stellt der Konsument selbst keine Beeinträchtigungen fest, die das Wahrneh- Medikamente und Arbeitssicherheit mungs- und Reaktionsvermögen mindern, dann ist der Sorgfalts- Die unerwünschten Wirkungen und Nebenwirkungen von Arzneimit- pflicht Genüge getan. Das heißt: Es gibt kein generelles Fahrverbot teln gibt man natürlich nicht an der Betriebspforte ab. Vielen ist gar nach Einnahme von Medikamenten. Aber: Wenn jemand unter Medi- nicht bewusst, dass ihre Medikamente auch ihre Leistungsfähig- kamenteneinfluss einen Unfall verursacht oder an einem Unfall be- keit im Zusammenhang mit ihrer Arbeit beeinträchtigen. Müdigkeit, teiligt war, muss er mit rechtlichen Konsequenzen rechnen. Einige Benommenheit, Schwindel, ein Nachlassen der Konzentration und Medikamente (vor allem Antidepressiva) sind im Blut nachweisbar. der Aufmerksamkeit, eine Einschränkung der Grob- und Feinmotorik, eine höhere Risikobereitschaft sowie verlangsamte Reaktionen UK PT Spezial Hat er grob fahrlässig gehandelt – und das passiert, wenn jemand Me- können die Arbeitsausführung massiv behindern oder gar unmög- dikamente nimmt und sich nicht über Wirkungen und Nebenwirkungen lich machen. Die Sicherheit am Arbeitsplatz ist nicht mehr gegeben, informiert –, dann drohen Führerscheinentzug, Verlust des Versiche- weswegen nicht nur Führungskräfte im Rahmen ihrer Fürsorgepflicht rungsschutzes, Geldstrafen oder sogar Haft, wenn jemand getötet oder und ihrer Organisationsverantwortung dafür Sorge tragen müssen, schwer verletzt wurde. In § 315c des Strafgesetzbuches steht dazu: „Wer dass die Arbeitstätigkeit ohne Gefahr für den Mitarbeiter ausgeführt im Straßenverkehr ein Fahrzeug führt, obwohl er infolge des Genusses werden kann. Aber auch die Mitarbeiter sind mitverantwortlich für alkoholischer Getränke oder anderer berauschender Mittel oder infolge ihre eigene Sicherheit und die ihrer Kollegen. Die gesetzlichen Un- geistiger oder körperlicher Mängel nicht in der Lage ist, das Fahrzeug fallversicherungsträger haben eine Unfallverhütungsvorschrift UK PT Spezial 17 18 Thema // Medikamente am Arbeitsplatz Thema // Medikamente am Arbeitsplatz herausgegeben, in der u. a. auch die Einnahme von Medikamenten im Zusammenhang mit der Arbeitsfähigkeit geregelt ist. Darin steht Fallbeispiel Medikamentenabhängigkeit unter § 15 Allgemeine Unterstützungspflichten und Verhalten: „(1) Die Versicherten sind verpflichtet, nach ihren Möglichkeiten sowie gemäß der Unterweisung und Weisung des Unternehmers für ihre Sicherheit und Gesundheit bei der Arbeit sowie für Sicherheit und Gesundheitsschutz derjenigen zu sorgen, die von ihren Handlungen oder Unterlassungen betroffen sind. Die Versicherten haben die Maßnahmen zur Verhütung von Arbeitsunfällen, Berufskrankheiten und arbeitsbedingten Gesundheitsgefahren sowie für eine wirksame Erste Hilfe zu unterstützen […]“ „(2) Versicherte dürfen sich durch den Konsum von Alkohol, Drogen oder anderen berauschenden Mitteln nicht in einen Zustand versetzen, durch den sie sich selbst oder andere gefährden können.“ „(3) Absatz 2 gilt auch für die Einnahme von Medikamenten.“ Quelle: DGUV Vorschrift 1 „Grundsätze der Prävention“ Die Arbeit stresste mich wahnsinnig. Es wurde immer mehr und Irgendwann fing mein Körper an zu rebellieren, den ständigen mehr und ich kam nicht mehr nach. Abends und am Wochenende Wechsel zwischen Aufputschen tagsüber und Runterkommen nahm ich Akten mit nach Hause, weil ich die Arbeit sonst über- nachts machte er nicht mehr mit. Ich ging nun selbst zu unserem haupt nicht gepackt hätte. Nachts wälzte ich mich schlaflos im Hausarzt, der einen Rundumcheck machte. Dabei wurde festge- Bett herum, mit dem Ergebnis, dass ich morgens natürlich müde stellt, dass meine Blutwerte nicht in Ordnung waren: Sowohl die und nicht leistungsfähig war. Ein Teufelskreis und der Einstieg Nieren- als auch die Leberwerte waren erhöht. Der Arzt sprach in meine Suchtkarriere. Ich beschloss, Schlafmittel gegen die mich auf meine regelmäßigen Rezeptausstellungen an, redete Schlaflosigkeit zu nehmen, meine Frau besorgte mir das Rezept mir ins Gewissen und teilte mir mit, dass es nun keine weiteren und die Tabletten. Seit gefühlt ewigen Zeiten konnte ich nun ein- Rezepte mehr von ihm gäbe. und vor allem durchschlafen. Ich war begeistert und fühlte mich gesundheitlichen Einschränkungen hinweisen. Vor der Offenbarung wie neugeboren. Die Tabletten nahm ich nun jeden Abend. der Untersuchungsergebnisse gegenüber dem Arbeitgeber muss der Auf der Rückfahrt vom Arzt war ich völlig durch den Wind und übersah den rechts von mir kommenden Pkw. Beim Zusam- Arzt sorgfältig die Interessen des Beschäftigten und möglicherweise Im Büro wurde der Stress immer mehr. Es gelang mir zwar nun menstoß wurde mein Bein eingeklemmt und ich brach mir das gefährdeter Dritter abwägen. Er darf die Schweigepflicht nur brechen, besser, die Arbeit zu bewältigen, doch es reichte trotzdem Sprunggelenk. Bis heute habe ich Schmerzen im Fuß. wenn er zu dem Ergebnis kommt, dass eine erhebliche Gefahr für Dritte nicht. Nachdem ich so gute Erfahrung mit „meinem“ Schlafmit- oder wesentliche Sachgüter ausgeht. In solchen Ausnahmefällen wird tel gemacht hatte, dachte ich: warum nicht ein Aufputschmittel Doch der Unfall brachte eine Wende in meinem Leben. Ich war der Arzt unter Berücksichtigung aller Umstände eine Rechtsgüterab- für den Tag? Wieder bat ich meine Frau, bei unserem Hausarzt zum ersten Mal ehrlich zu mir selbst und machte mir klar, dass wägung vornehmen: Gefährdung Dritter / Sachgüter von erheblichem vorbeizuschauen und mir was zu besorgen. Und ohne groß da- ich abhängig war von bunten Pillen, mit denen ich mein Leben Wert oder Recht auf informationelle Selbstbestimmung. rüber nachzudenken, nahm ich morgens erst eine, dann zwei, organisierte. Oder schonungsloser: ohne die mein Leben nicht später drei, irgendwann fünf Tabletten – und es ging mir richtig, lief, ohne die gar nichts lief. Ich hatte noch einen Pillenvorrat für verantwortungsvollen Umgang mit Alkohol, Drogen und Medikamen- Bei einer Eigengefährdung unterliegt der Betriebsarzt der Schweige- richtig gut damit. Die Arbeit lief super, ich konnte dreimal so viel eineinhalb Wochen. Ich las alles, was ich zu Medikamentenab- ten. Muss ein Betroffener Medikamente einnehmen, ist es ratsam, den pflicht und es liegt in der Verantwortung des Mitarbeiters, die Arbeit schaffen und wurde nicht müde. Blöd war nur, dass ich abends hängigkeit fand, und wies mich selber in eine Entzugsklinik ein. Betriebsarzt zu fragen, ob er mit diesem Medikament „seine Arbeit“ aufzunehmen oder weiterzuführen (DGUV Grundsätze für arbeits natürlich immer noch aufgedreht war, aber schlafen musste. Im Büro sagte ich, ich ginge in Kur. Der Entzug war hart, sehr hart. ausführen kann. Dieser muss den Beschäftigten auf die Folgen seiner medizinische Untersuchungen). \ Also nahm ich die Tabletten zum Einschlafen. Morgens dann die Heute, ein Jahr später, bin ich immer noch clean, aber geheilt bin Tabletten zum Wachwerden – im ständigen Wechsel. Ließ die ich nicht: Mein Suchtgedächtnis bleibt. \ Das bedeutet: Die Sorgfaltspflicht eines Mitarbeiters umfasst auch den euphorisierende Wirkung tagsüber nach, wurde sofort Abhilfe mit einer neuen Pille geschaffen. Zahlen, Daten, Fakten • Jeder zehnte Unfalltote hatte Psychopharmaka eingenommen. • Jeder fünfte Verkehrsunfall wird unter Medikamenteneinfluss • 15 – 20 Prozent aller in Deutschland zugelassenen Arzneimittel (mit-)verursacht, vor allem nach Einnahme von Benzodiazepinen (Schlaf- und Beruhigungsmitteln, Antiepileptika). • Wer mit Benzodiazepinen im Blut fährt, ist – unabhängig von der eingenommenen Dosis – mindestens so beeinträchtigt wie mit 0,5 Promille Alkohol. • Bei lang wirkenden Benzodiazepinen können auch noch nach über 16 Stunden fahr- und leistungsbeeinträchtigende Effekte beeinträchtigen das Reaktionsvermögen. • 40 Prozent aller Medikamente werden in der Apotheke erworben, ohne Verordnung vom Arzt. • Jeder Deutsche schluckt im Schnitt täglich drei verschiedene Arzneien. Je älter, desto mehr. Das ging drei Jahre lang so. Mir war zwar klar, dass ohne meine kleinen Helfer das Leben beschwerlicher wäre, aber der Gedanke an Abhängigkeit kam mir nie. Ich doch nicht. Und solange meine Frau mir die Dinger besorgte. Sie waren einfach immer da und so selbstverständlich, wie das morgendliche und abendliche Zähneputzen. • Ein Drittel aller Patienten informiert sich nicht über Nebenwir- kungen. \ Meine Frau sprach mich zwar auf meinen Tablettenkonsum an nachgewiesen werden. Insbesondere bei älteren Menschen ist Quellen: Arzneimittelbrief, Bundesanstalt für Straßenwesen und auch der Arzt fragte ein paarmal nach, aber letztlich lief es die Halbwertzeit von Medikamenten (Zeitspanne, in welcher die (BASt), ADAC, Forsa-Studie für die Bundesvereinigung Deutscher weiter. Ein Anruf in der Praxis und das Rezept wurde ausgestellt. Konzentration im Körper auf ihren halben Wert absinkt) länger. Apothekerverbände UK PT Spezial UK PT Spezial 19 20 Thema // Medikamente am Arbeitsplatz Thema // Medikamente am Arbeitsplatz Medikamente und Arbeitssicherheit Das können Vorgesetzte tun Der Arbeitgeber, und in Vertretung die Führungskraft, muss im Rahmen der Fürsorgepflicht bei allen Mitarbeitern, die verhaltensauffällig werden, eingreifen. Neben der Fürsorgepflicht hat er auch eine Organisationsverantwortung, wenn ein Mitarbeiter durch sein Verhalten seine arbeitsvertraglichen Pflichten verletzt oder den betrieblichen Ablauf stört. „(1) Bei der Übertragung von Aufgaben auf Versicherte hat der Unternehmer je nach Art der Tätigkeiten zu berücksichtigen, ob die Versicherten befähigt sind, die für die Sicherheit und den Gesundheitsschutz bei der Aufgabenerfüllung zu beachtenden Bestimmungen und Maßnahmen einzuhalten […]“ (z. B. Einnahme von Erkältungsmitteln). Ein Hinweis auf eine wahrscheinliche Medikamenteneinnahme kann die Dauer der Erkrankung sein. Kehrt ein Beschäftigter nach längerer Erkrankungsdauer wieder zurück in den Betrieb, liegt die Vermutung nahe, dass es sich um eine ernsthaftere Erkrankung gehandelt hat oder handelt und weiterhin Medikamente eingenommen werden (müssen). Auch wenn der Grund der Erkrankung dem Vorgesetzten nicht mitgeteilt werden „(2) Der Unternehmer darf Versicherte, die erkennbar nicht in der Lage sind, eine Arbeit ohne Gefahr für sich oder andere auszuführen, mit dieser Arbeit nicht beschäftigen.“ muss, ist die Frage des Vorgesetzten nach der Einnahme von Medi- Quelle: § 7 Befähigung für Tätigkeiten, DGUV Vorschrift 1 „Grundsätze der Prävention“ gilt: Je früher die Ansprache erfolgt, desto eher können Verhaltens kamenten, welche die Arbeitsfähigkeit beeinflussen, gerechtfertigt (sie muss aber vom Mitarbeiter nicht beantwortet werden). Generell auffälligkeiten im Leistungs- und Sozialverhalten korrigiert werden. Die wichtigsten Wirkungen und Nebenwirkungen von Medikamenten, Auch verringert sich die Gefahr einer Verfestigung des Verhaltens. die einen negativen Einfluss auf die Arbeits-, Leistungs- und Fahrfähigkeit haben, sind in der Tabelle auf Seite 34 f. zusammengefasst. Fürsorge- oder Klärungsgespräche Die Führungskraft sollte in einem ersten Fürsorge- oder Klärungsge- Wie können Vorgesetzte auffällige Mitarbeiter ansprechen? W spräch mit dem Mitarbeiter über aufgefallene Verhaltensänderun- ie bei allen Missbrauchsproblematiken sind solche Gespräche gen reden. In einem offenen und vertrauensvollen Gespräch können nicht sonderlich beliebt bei Vorgesetzten – erst recht nicht bei die Ursachen für das auffällige Verhalten besprochen werden. Dabei Mitarbeitern. Dennoch sind sie unumgänglich und im Falle eines Me- kann sich auch herausstellen, dass es andere Gründe als den ver- dikamentenmissbrauchs oft auch weniger unangenehm als Gesprä- muteten Medikamentenfehlgebrauch gibt, die zu den Verhaltens che mit Mitarbeitern wegen Alkoholkonsums oder dem Gebrauch auffälligkeiten führten. Gemeinsam kann nach Lösungen gesucht illegaler Drogen. Mitunter ist Betroffenen ihre Verhaltensänderung werden. Sind es berufliche Belastungen, die den Griff zur Pille not- gar nicht aufgefallen, so dass hier der Vorgesetzte eine Rückmeldung wendig machen, kann über Maßnahmen nachgedacht werden, wie geben kann. Natürlich gibt es auch Betroffene, die uneinsichtig sind die Arbeitsbelastungen reduziert werden können. und nicht verstehen wollen, dass ihre Medikamenteneinnahme in UK PT Spezial Zusammenhang mit einer Beeinträchtigung ihrer Arbeitsfähigkeit ste- Hat der Vorgesetzte begründete Zweifel an der Eignung, kann er hen könnte. Dies gilt insbesondere dann, wenn das Medikament ärzt- sich Unterstützung durch einen Arzt, idealerweise durch den Be- lich verordnet wurde oder der Wiederherstellung der Gesundheit dient triebsarzt, suchen. Durch eine Eignungsuntersuchung kann UK PT Spezial 21 22 Thema // Medikamente am Arbeitsplatz Thema // Medikamente am Arbeitsplatz die Frage geklärt werden, ob der Beschäftigte die körperliche und Es sollten in diesen Gesprächen aber immer auch inner- und au- geistige Befähigung besitzt, eine bestimmte Tätigkeit auszuüben. ßerbetriebliche Hilfsangebote gemacht und der Mitarbeiter in die Mit einem Eignungsnachweis, dass die Tätigkeit weiter ausgeübt Selbstverantwortung genommen werden. Ein vertrauensvolles Ge- werden kann, ist der Vorgesetzte auf der rechtssicheren Seite. Lehnt spräch mit dem Betriebsarzt oder der Sozialberatung oder das Auf- der Beschäftigte die Untersuchung durch einen Arzt ab, liegt es im suchen einer externen Suchtberatungsstelle sind dabei Unterstüt- Ermessen der Führungskraft, zu entscheiden, ob dieser die Arbeit zungsmöglichkeiten. Verändert der Mitarbeiter sein Verhalten, dann verrichten darf oder nicht. Der Arzt darf nur bei akuter Gefahr oder kann dies in einem abschließenden Gespräch gewürdigt werden. Gefährdung von erheblicher Tragweite sein Urteil weitergeben. Das Ändert sich das Verhalten nicht, dann greifen disziplinarische Maß- Interesse von Dritten wiegt dann – und nur dann – höher als das Per- nahmen, die bis zur Kündigung reichen können. sönlichkeitsrecht des Beschäftigten: informationelle Selbstbestimmung (DGUV Grundsätze für arbeitsmedizinische Untersuchungen). Weitere Maßnahmen Betriebliches Eingliederungsmanagement Darüber hinaus kann der Vorgesetzte den Mitarbeiter auffordern, Ist die Leistungseinschränkung dauerhaft, dann kann mittel- und sich mit seinem behandelnden Arzt in Verbindung zu setzen und langfristig im Rahmen des „Betrieblichen Eingliederungsmanage- die Medikation und deren Auswirkungen auf die Arbeitsfähigkeit ments“ (BEM) eine andere Beschäftigung für den leistungsgemin- Mitarbeiter auf einen verantwortungsvollen Umgang mit Medika- und die Arbeitssicherheit zu besprechen. derten Mitarbeiter gefunden werden. menten hingewiesen werden. Ein Fürsorge- oder Klärungsgespräch mit einem Mitarbeiter zu füh- Gefährdungsbeurteilung Ausblick ren, ist nicht nur eine lästige Pflichterfüllung, sondern Ausdruck Mit einer Gefährdungsbeurteilung, die nach dem Arbeitsschutzge- Aus zwei Gründen ist zu erwarten, dass das Thema „Medikamen- eines „guten“ Führungsverhaltens. Nicht nur zum Wohle des Be- setz sowieso gesetzlich vorgeschrieben ist (§ 5 ArbSchG), können tenmissbrauch“ in Zukunft eine ebensolche Relevanz und Brisanz troffenen und des Betriebes, sondern auch im Hinblick auf das arbeitsbedingte Gefahren und Gefährdungen ermittelt werden. haben wird wie Alkoholmissbrauch. Zum einen steigen wahrschein- Wohlergehen des ganzen Teams, welches von sicherheitsrelevan- Seit September 2013 müssen auch die psychischen Gesundheits- lich die Diagnosen der psychischen Erkrankungen weiter und damit ten Auswirkungen natürlich ebenfalls betroffen ist. Auch medika- gefahren explizit festgestellt werden. Ist die Erkrankungsquote im auch die vermehrte Verschreibung von Psychopharmaka. Das Thema mentenbedingte andere Verhaltensauffälligkeiten wie aggressives Betrieb oder in einzelnen Abteilungen hoch, lässt sich schlussfol- „Psychopharmaka“ und Auswirkungen auf die Arbeitsfähigkeit ist in Auftreten können zu Irritationen bei den Kollegen führen. gern, dass die Arbeitsbedingungen nicht „beanspruchungsoptimal“ der praktischen Relevanz zurzeit noch ein neues Thema für Unter- gestaltet und Mitarbeiter psychisch belastet sind. Eine Folge davon nehmer und Vorgesetzte. Zum anderen weist die demografische Ent- Stufengespräche kann ein Medikamentenfehlgebrauch sein (vgl. Artikel „Viagra fürs wicklung darauf hin, dass zukünftig mehr Medikamente konsumiert Sowohl Fürsorge- als auch Klärungsgespräche (an Fürsorgegesprä- Gehirn“ auf Seite 12). Die Ergebnisse der Gefährdungsbeurteilung werden, denn die Menge der Einnahme von Arzneimitteln wächst chen muss der Mitarbeiter nicht teilnehmen) haben noch keinen liefern Anhaltspunkte über die Belastungsfaktoren der Mitarbeiter proportional mit dem Alter. disziplinarischen Charakter. Diesen bekommen sie aber, wenn und erlauben die Ableitung von Maßnahmen, um diese abzustellen. sich das Verhalten nicht ändert. Bekannt im Zusammenhang mit Selbstverständlich kann jederzeit bei Auffälligkeiten eine bedarfs- Eines können Unternehmer aber jetzt schon tun: die Arbeitsbe- Suchtmittelmissbrauch und in vielen Betriebsvereinbarungen nie- orientierte Analyse der psychischen Belastungen der Mitarbeiter dingungen so gestalten, dass es möglichst nicht zu einer Krank- dergeschrieben sind Stufengespräche, bei denen in jedem weiteren auch unabhängig von der Gefährdungsbeurteilung erfolgen. heit kommt. Eine Überforderung am Arbeitsplatz führt zwar nicht zwangsläufig zu einer (psychischen) Erkrankung, erhöht aber die Gespräch (Anzahl vier bis fünf) der Druck auf den Mitarbeiter erhöht wird. Es wird auf arbeitsrechtliche Konsequenzen hingewiesen und Unterweisung und Sicherheitsgespräche Wahrscheinlichkeit, krank zu werden. Deshalb ist es im Sinne aller diese werden auch vollzogen, wenn sich das Verhalten nicht ändert. Präventiv kann man in Unterweisungen und Sicherheitsgesprächen Beteiligten – Gesellschaft, Unternehmer, Vorgesetzte, Team, Kolle- Diese Gespräche führt der Vorgesetzte mit dem Mitarbeiter nicht auf die Auswirkungen von Arzneimittelfehlgebrauch hinweisen. Be- gen, Individuum –, die Rahmenbedingungen der Arbeit so zu arran- mehr allein: Die Personalvertretung sowie gegebenenfalls der Be- schäftigte werden für den Umgang mit sicherheitsrelevanten Medika- gieren, dass Beschäftigte ihre Arbeit bewältigen können. Geringe triebsarzt und Mitarbeiter aus der Personalabteilung sind ebenfalls menten sensibilisiert und auf ihre Eigenverantwortung hingewiesen. Handlungsspielräume, hoher Zeit-, Leistungs- und Termindruck, keine oder nur geringe Unterstützung von Vorgesetzten und Kollegen anwesend. Die Gespräche werden protokolliert. Hinweis: Stufengespräche bedürfen einer Betriebsvereinbarung und damit der Zustimmung der Personalvertretung. UK PT Spezial Information und Aufklärung führen auf Dauer zu Befindlichkeitsstörungen, welche die Gefahr der Mit Broschüren (vgl. dazu auch die Literaturhinweise auf Seite 31) Entwicklung einer psychischen Störung sowie die Einnahme von Me- und durch Vorträge (gegebenenfalls durch den Betriebsarzt) können dikamenten zur Stressbewältigung begünstigen. \ UK PT Spezial 23 24 Thema // Medikamente am Arbeitsplatz Thema // Medikamente am Arbeitsplatz Neue Zürcher Zeitung „Ritalin ist großes Kino“ Verkäufe von Stimulanzien wie Ritalin haben sich in den letzten zehn Jahren versiebenfacht. Aufgezeichnet von Carole Koch, 5.12.2010. A m Morgen Ritalin, am Abend Temesta. Immer mehr Menschen ner, der Kopf wacher, der Verstand schärfer. Ich fühle mich wie an steuern ihre Launen und Stimmungen mit Medikamenten. Ein meinen besten Tagen: parat, wach, selbstbewusst, gut drauf, eine Do-it-yourself-Mediziner packt aus. Er nennt sich „Der kleine Apo- Einheit mit mir und meinen Reservebatterien. So geht das Plaudern theker“ und hat viele kleine Helferlein. Sie heißen Ritalin, Temesta mit Frauen ebenso leicht und locker wie das Abtanzen im Club. Dann oder Viagra, sind weiß oder blau, rund oder stäbchenförmig. Und mit denk ich, hey, das bin ich, so wie ich sein will. Und zwar die gan- ihnen kann der Marketingmanager jeden Tag in einen Wohlfühltag ze Nacht. Allerdings: Die Wirkung lässt nach zwei bis drei Stunden verwandeln. Sein Ich ausgleichen, es entspannen oder fit machen. nach, insbesondere, weil ich dazu gern Rotwein trinke oder Gin To- Wie genau er Körper und Geist „tunt“, erzählt er ganz nüchtern in nic. Dieses Runterkommen aber ist alles andere als sanft, plötzlich einem Zürcher Restaurant. ist die Realität zurück, ganz ohne Vorwarnung. Dann stellt sich unweigerlich die Frage nach der zweiten Pille. „Meine Lieblingspille ist Ritalin. Wow, da hat sich die Pharmaindustrie wirklich selbst übertroffen. Ritalin ist großes Kino, wie Ferrari Wenn ich dann morgens um vier aufgepimpt in der Wohnung herum- fahren, wenn man einen popligen VW-Käfer gewohnt ist. Das nehme tigere, denke ich schon mal: Hoppla, jetzt habe ich ein bisschen viel ich, wenn ich morgens nicht aus dem Bett komme oder abends Par- erwischt. Und da ist sie dann, die Welt, die ich nicht will. Die Stim- ty machen will, ohne am nächsten Tag einen hämmernden Alkohol- mung kippt, im Bauch macht sich Nervosität breit. Manchmal auch schädel zu haben oder eine verstopfte Nase vom Kokain. Letzteres eine Wut, dass ich mit 40 immer noch solche Fehler mache. Und je ist ja sowieso suboptimal für Körper und Seele. Ritalin aber wirkt zerstörender die Selbstkritik, desto größer ist der Wunsch, die Denk- ähnlich und wird einem erst noch bezahlt, darum nenne ich es Kran- maschine da oben auf ‚Off‘ zu schalten. Und dafür gibt es wieder kenkassen-Koks. Wenn ich losziehe, habe ich zwei bis drei Tabletten andere Helferlein. Stilnox zum Beispiel. Mit der Schlaftablette darf in der Hosentasche. Nach Tartare und Steak gibt es halt keine süße man den richtigen Time-Slot aber nicht verpassen. Bleibt der Körper Schokoladenmousse, sondern eine bittere Pille. Appetit hat man auf Stilnox zu lange wach, will er gar nicht mehr schlafen. Lege ich danach sowieso keinen mehr. Ich schlucke sie am Tisch, wie ein As- mich hingegen gleich hin, dauert es nicht lange und, peng, drückt pirin. Je nachdem, mit was für Leuten ich unterwegs bin, zerdrücke es mich ins Kissen und ich bin weg. Am nächsten Morgen fühle ich ich die Folie bis zur Unkenntlichkeit. In meinem Bekanntenkreis, der mich dann schon mal wie von einem Laster überfahren. Je später ich von Studenten über Werber bis zu Bankern alles umfasst, ist es zwar die Tablette nehme, desto weiter frisst sie sich in den Tag. Und das schon verbreitet, vor allem bei den Männern. Aber nicht alle sehen kann ich mir in meinem Job nicht leisten. das gleich locker. Verständlich, es ist ja auch ein Betäubungsmittel. Darum ist auch in schlaflosen Momenten ‚the winner‘ doch eher UK PT Spezial Hey, das bin ich Temesta. Und auch sonst: Das Beruhigungsmittel ist meine Wun- Ein halbe Stunde später ist sie da, die Wirkung, kein Flash, sondern derwaffe für zwischendurch. Lasse ich eine Filmtablette auf der ein sanfter Push. Der Puls ist schneller, der Körper energiegelade- Zunge zergehen, dauert es nicht lange, bis Wellen der Ruhe UK PT Spezial 25 26 Thema // Medikamente am Arbeitsplatz Praxis // Tipps für Sie 1. Alternativen zu Medikamenten Wie Sie Probleme anders lösen F olgende Vorschläge können eine Alternative zu Medikamenten Abstand gewinnen sein, die das gleiche Wohlbefinden oder die gleiche Leistung Anstatt eine Tablette zu nehmen, empfiehlt sich ein Kino-, Theater- verschaffen. oder Kaffeehausbesuch. Auch ein Einkaufsbummel kann einen auf andere Gedanken bringen. Machen Sie doch mal etwas ganz Ver- Bewegung an der frischen Luft rücktes wie Fallschirmspringen, Tangotanzen oder Finnischlernen. Gehen Sie bei Stress oder Druck spazieren. In der Mittagspause Es geht darum, loszulassen. kann das auch mal ein Spaziergang um den Block sein. Nein-Sagen Stress wegreden Wenn Ihnen alles zu viel wird, dann sagen Sie ganz selbstbewusst Stress wegreden, das hilft nahezu immer. Vertrauen Sie sich Ihrem nein. Das können Sie – höflich verpackt – auch Ihrem Chef oder Partner, einer Freundin, einer Kollegin an. Man bekommt neue Ge- dem Kollegen gegenüber tun. Haushalten Sie mit Ihren Kräften so danken, mit denen man sich auseinandersetzen kann und sollte. gut, dass Sie nicht auf synthetische Unterstützer angewiesen sind. Sport machen Zeitmanagement Laufen, Radfahren, Tennis spielen – Anspannung abbauen und Ener- Ein gutes Zeitmanagement hilft, Prioritäten zu setzen, die Arbeit gie tanken. Man kommt auf andere Gedanken oder kann sich mit den gut zu organisieren und notwendige Pausen wahrzunehmen. Tipps eigenen Themen in einem anderen Modus auseinandersetzen. dazu erhält man in Seminaren oder findet sie in der entsprechenden Literatur. Entspannungsübungen Entspannungstechniken wie Muskelentspannung, Yoga, Tai-Chi Unterstützung suchen und Harmonie durch mich strömen. Und ich innerlich so ruhig werde Fasziniert hat mich schon immer, was man alles aus seinem Körper sind der ideale Tablettenersatz. Sie vermitteln Ruhe, Kraft, Ausge- Nicht nur Führungskräfte brauchen manchmal einen Coach. Holen wie die See nach einem tobenden Sturm. Sorgen und Selbstvorwürfe herausholen kann, sei es mit Sport oder eben chemischen Substan- glichenheit und geben Power, Energie und Tatkraft. Sie sich professionelle Begleitung für Ihre Themen. sind wie weggeblasen, so dass ich manchmal gar nicht verstehe, wa- zen. Also habe ich schon als Teenie mit 500 mg Ponstan und zwei rum ich so gestresst war. Klar, damit schläft man wie ein Baby, kann kühlen Blonden simuliert, was sich Boxer im Ring holen: einen Full den angespannten Apparat aber auch in stressigen Situationen wie Tilt. Später habe ich auch alles andere durchprobiert. Warum aber Meetings oder Präsentationen runterfahren. Auf Wiedersehen Tris- Drogen nehmen, wenn es Medis gibt? Sie sind reiner und günstiger, tesse, auf Wiedersehen Anspannung, hallo Glückseligkeit. man bekommt sie von Psychiatern und Ärzten, gegen Flugangst oder Antriebslosigkeit. Et voilà, los geht’s. Panikattacken mit Herzrasen Ja, ich weiß, die Suchtgefahr ist groß, wie bei allen Medikamenten, Die Helferlein sind für mich einerseits Sicherheit, andererseits Be- die Spaß machen. Darum habe ich noch ein anderes Helferlein, das lohnung. So wie andere Leute sich teure Schuhe kaufen, gönne ich ebenso Großartiges vollbringt, aber weniger abhängig macht: Sin- mir Ritalin. Im Gegensatz zu ihnen weiß ich aber genau, was ich be- quan. Wirken tut es noch schneller als Temesta, was sich besonders komme. Risiken und Nebenwirkungen sind bekannt und abschätz- bei Panikattacken mit Herzrasen und Schweißausbrüchen emp- bar. Warum also sollte ich damit aufhören? Ich habe keinen Stress fiehlt. Weiß Gott keine angenehmen Zustände, in die mich aber Flug- mit der Abhängigkeit, sie befriedigen mein Bedürfnis nach Spaß, zeuge immer wieder versetzen. Leider komme ich beruflich nicht um Entspannung oder Schlaf. Und sie hindern mich nicht daran, im Job sie herum. Also schlucke ich in der Abflughalle eine Pille, nehme Erfolg zu haben oder sechsmal die Woche zu boxen und zu fitten. vielleicht noch einen Schluck Roten und schlafe, bevor die Maschine Im Gegenteil. Sie machen mich zufriedener und mein Leben besser. überhaupt gestartet ist. Soll mir noch einer sagen, dass man Glück nicht kaufen kann.“ \ UK PT Spezial UK PT Spezial 27 28 Praxis // Tipps für Sie 2. Praxis // Tipps für Sie Medikamente Einsatz, Wirkung, Nebenwirkung In der folgenden Tabelle werden die wichtigsten Gruppen von Medikamenten, die Einfluss auf Fahrtüchtigkeit und Leistungsfähigkeit haben, mit ihren wichtigsten Hauptanwendungsgebieten, Wirkungen und Nebenwirkungen dargestellt. Die Tabelle erhebt nicht den Anspruch auf Vollständigkeit. Einteilung Anwendungsgebiete Wirkungen Nebenwirkungen Hinweise Einteilung Anwendungsgebiete Wirkungen Nebenwirkungen Hinweise Antidepressiva • Depressionen • Angsterkrankungen • Panikattacken • Zwangsstörungen • Schlafstörungen • Posttraumatische Belastungsstörungen • Stimmungs aufhellend • Angstlösend • Antriebssteigernd oder beruhigend •Ü belkeit, Unruhe, Angst • Müdigkeit, Schlafstörungen • Beschwerden des Magen-DarmTrakts (Verstopfung, Durchfall) • Mundtrockenheit • Schwitzen • Händezittern • Kreislaufprobleme (Sehstörungen und Schwindel) • Blutdruckschwankungen • Gewichtsveränderung (Ab-, aber auch Zunahme) • Veränderung der Sexualität •G esteigertes aggressives Verhalten bei manchen Medikamenten • Stimmungsaufhellung tritt erst nach einigen Wochen ein. •B ei antriebssteigernden Mitteln kann es zu risikoreicherem Verhalten kommen. •K eine Suchtgefahr, aber Absetzsymptome. Antipsychotika (Neuroleptika) • Psychosen mit Wahnvorstellungen und Halluzinationen • Schizophrenien • Manien • Schizoaffektive Störungen • Beruhigend und dämpfend (sedierend) • Ordnung von Wahrnehmen und Denken, dadurch Abklingen der Wahnvorstellungen und Halluzinationen • Müdigkeit • Unruhe • Schlafstörungen • Beeinträchtigung der Denk- und Wahrnehmungsfähigkeit • Beeinträchtigung der Grob- und Feinmotorik (extrapyramidalmotorische Nebenwirkungen) • Starke Gewichtszunahme • Neuroleptika können nicht heilen, sie verbessern die Symptome. •A kut erkrankte Personen dürfen kein Auto fahren. • Starke Nebenwirkungen. •K eine Abhängigkeitsgefahr. • Regelmäßige Überprüfung von Blutbild und Leberfunktion. Psychostimulanzien • Anregende Wirkung durch Beeinflussung der Botenstoffe Dopamin und Noradrenalin • Vorbeugung manisch-depressiver Zustände • Verhindern akuter Krankheitsschübe • Langfristiger Ausgleich und Stabilisierung der Stimmung • Übelkeit • Müdigkeit • Muskelzittern • Kreislaufstörungen • Gewichtszunahme • Durstgefühl • Veränderungen des Blutbilds und der Schilddrüse (Unterfunktion) • Gebräuchliche Substanz: Lithium. • Langzeitmedikation. •G efahr der Überdosierung. • Starke Wechselwirkungen mit anderen Medikamenten. •K eine Abhängigkeitsgefahr. •R egelmäßige Überprüfung von Blutbild, Nieren- und Leberfunktion notwendig. • Aufmerksamkeitsdefizit-Hyperaktivitäts-Störung (ADHS) • Narkolepsie (Schlafkrankheit) • Appetitreduzierung • Überwindung von Müdigkeit (Aufputschmittel) • Veränderung der Aufmerksamkeit und Reaktionsfähigkeit • Unterschätzen von Gefahren situationen • Überschätzen der Leistungs fähigkeit • Risikofreudigkeit steigt • Sehstörungen, Benommenheit • Müdigkeit bei nachlassender Wirkung (Schlafattacken) • Unruhe • Aggressivität • Appetitminderung • Zu den bekannten Psycho stimulanzien zählen Koffein (Kaffee), Nikotin, Rauschmittel wie Kokain oder Ecstasy. • Medikamente werden auch von Gesunden zur Steigerung der Leistungs- und Konzentrationsfähigkeit eingenommen. • Wirkmittel sind Amphetamine („Weckamine“ oder „synthetische Schlaumacher“). • Es besteht ein hohes Suchtpotenzial. • Angst- und spannungslösend • Beruhigend • Schlaffördernd • Reaktionsvermögen, Leistungsfähigkeit, Konzentrationsfähigkeit und die motorische Koordination sind herabgesetzt •B enommenheit, Gedächtnisverlust und verminderter Antrieb •B ei längerer Anwendung: emotionale Abstumpfung • Manchmal: Unruhe, Angst, erhöhte Aggression • Früher als Tranquilizer bezeichnet. • Wichtigste Medikamentengruppe: Benzodiazepine. • Achtung: Hang-over-Effekt: Medikamente wirken auch noch am nächsten Morgen, ähnlich dem Restalkohol. • Vorsicht vor Wechselwirkungen mit Alkohol, Drogen und anderen Medikamenten. • Beruhigungs- und Schlafmittel werden nicht nur im Rahmen einer psychischen Erkrankung verordnet. • Manche Beruhigungs- und Schlafmittel können auch ohne Rezept in der Apotheke erworben werden. • Hohe Abhängigkeitsgefahr. Antiallergika / Antihistaminika (Mittel gegen Allergien) • Allergische Reaktionen (tränende Augen, angeschwollene Nasenschleimhäute, Niesreiz, Quaddel bildung …) • Heuschnupfen • Juckreiz bei Sonnenbrand und Insektenstichen • Allergische Bindehautentzündung • Magen- und Dünndarm geschwüre • Vorbeugung der Reise krankheit • Beruhigungs- und Schlaf mittel • Verhindern oder neutralisieren die Ausschüttung von Histamin (Botenstoff, der für allergische Reaktionen anfällig macht) • Müdigkeit, Benommenheit • Herzrasen • Unruhe • Übelkeit • Schwindel • Kopfschmerzen • Blutdruckabfall • Eingeschränkte Reaktionsfähigkeit • Einschränkung der Sehfähigkeit bei Anwendung von Augentropfen • Viele Nebenwirkungen bei Einnahme von Antihistaminika der 1. Generation. • Die Verkehrstüchtigkeit und die Fähigkeit zum Bedienen von Maschinen können eingeschränkt sein. • Vorsicht auch bei Augentropfen und Nasensprays gegen Allergien. Augentropfen führen zu Sehbeeinträchtigungen und Nasensprays können müde machen. • Manche Medikamente können ohne Rezept in der Apotheke erworben werden. • Vorsicht vor Wechselwirkungen mit Antidepressiva, Schmerzmitteln und Schlafmitteln. Phasenprophylaktika (Stimmungs stabilisierer) Anxiolytika / Hypnotika (Beruhigungsund Schlafmittel) UK PT Spezial • Bipolare Störungen (manisch-depressive Störungen) • Schwere und chronische Depressionen • Borderlinestörungen • Angstzustände • Panikstörungen • Schlafstörungen • Kurzfristig auch bei psychotischen Zuständen und Depressionen • Ein- und Durchschlafstörungen UK PT Spezial 29 30 Praxis // Tipps für Sie Praxis // Tipps für Sie 3. Medien und Seminare Mehr Informationen Broschüren der UK PT • Infomappe: Umgang mit auffälligen Mitarbeitern – Suchtmittel und Hirndoping am Arbeitsplatz – psychische Erkrankungen in der Arbeitswelt (MatNr 670-095-245) Einflussfaktoren und Präventionsmöglichkeiten für Unternehmen Darin enthalten sind: – Suchtprobleme im Betrieb, DGUV-Information Psychisch auffällige oder erkrankte Mitarbeiter (MatNr 670-094-620) Einteilung Anwendungsgebiete Wirkungen Nebenwirkungen Hinweise Analgetika (Schmerzmittel) • Leichte bis mäßig starke Schmerzen • Starke Schmerzen (Tumorschmerzen, Migräne, Nierenkoliken, Menstruationsbeschwerden) • Migräne • Rheuma • Periphere oder zentrale Wirkung • Unterdrückung der Schmerzsignale im Gehirn • Dämpfende Wirkung, Benommenheit • Müdigkeit • Schwindel • Verzögertes Reaktionsvermögen • Sehstörungen •P eripher wirkende (nichtopioide) Schmerzmittel für leichte und mäßig starke Schmerzen. • Zentral wirksame opioide Schmerzmittel bei starken Schmerzen. • Bei opioiden Schmerzmitteln sollte nicht Auto gefahren werden. Medikamente gegen Erkältung / grippale Infekte Antiepileptika / Antikonvulsiva (Mittel gegen Epilepsie) Antidiabetika (Medikamente gegen Diabetes) Antihypertensiva (Blutdrucksenkende Mittel) • Bei Infektion der oberen Atemwege, die zu Halsschmerzen (Pharyngitis), Schnupfen (Rhinitis), Husten (Bronchitis) und Heiserkeit bei Kehlkopfentzündungen (Laryngitis) führen können • Behandlung oder Verhinderung von epileptischen Krampfanfällen • Behandlung des Diabetes mellitus Typ 1 oder 2 • Blutdrucksenkung • Bekämpfung der Infektion • Blockierung der epileptischen Erregung der Nervenzellen und Eindämmung ihrer Ausbreitung • Regulierung des Blutzuckerspiegels durch medikamentösen Eingriff in den Zuckerstoffwechsel • Mittel gegen Hypertonie wirken unterschiedlich, abhängig von Folge- und Begleiterkrankungen des Patienten Tabelle wurde anhand verschiedener Quellen erstellt und ist ärztlich geprüft. UK PT Spezial •M üdigkeit, Benommenheit • Verlangsamte Reaktionen • Angst • Übelkeit • Tremor • Atemschwierigkeiten • Pulsrasen • Verwirrtheit (bei Einnahme von Ephedrin = Wirkstoff in Schnupfenmitteln) • Vorsicht bei Kodein im Hustensaft, insbesondere in Kombination mit anderen Arzneimitteln oder Alkohol. • Müdigkeit • Schwindel • Doppelbilder • Gesichtsfeldausfälle • Störungen der Koordination: Gangunsicherheit, Gleichgewichtsstörungen •K ognitive Beeinträchtigungen: Störungen der Aufmerksamkeit, der Konzentration, des Gedächtnisses • F ahreignung sollte von einem Arzt festgestellt werden. Das betrifft sowohl die Krankheit als auch die Medikamente. • Schwindel • Tachykardie (Herzrasen) • Unruhe • Kopfschmerzen • Schwitzen • Erhöhtes Risiko im Straßen verkehr durch Unterzuckerung; Anzeichen: Konzentrationsstörungen, Angst, Herzrasen, Zittern. • Vorsicht vor Wechselwirkungen mit anderen Medikamenten. • Benommenheit • Müdigkeit • Schlafstörungen • Schwindel • Depressive Verstimmungen Handlungsleitfaden für Führungskräfte – Alkohol in der Arbeitswelt – rechtssicher handeln im Akutfall (MatNr 670-095-096) 8562 Vicky Hermet-Schleicher, Marlen Cosmar BGI/GUV-I 8562 – Psychisch auffällige oder erkrankte Mitarbeiter – Handlungsleitfaden für Führungskräfte (MatNr 670-095-337) – Hirndoping am Arbeitsplatz (MatNr 670-094-610) Die Infoschriften können auch einzeln unter der angegebenen MatNr Information Suchtprobleme im Betrieb UKPT SPEZIAL Das Themenheft der Unfallkasse Post und Telekom Alkohol, Medikamente, illegale Drogen bestellt werden. Psychische Belastungen ... ... im Arbeitsleben. • UK PT Spezial: Psychische Belastungen im Arbeitsleben April 2008 Moderne Arbeitswelt (MatNr 670-095-140) • Einige Präparate sind landläufig als „Betablocker“ bekannt. • Vorsicht vor allem während der Eingewöhnungszeit. Praxishilfe vom BKK Bundesverband GbR und der FamilienSelbsthilfe Psychiatrie (BApK e. V.) [ www.ukpt.de ] • Psychisch krank im Job. Was tun? www.bapk.de Seminare der UK PT Zeit- und Termindruck, betriebliche Veränderungsprozesse können Die UK PT bietet verschiedene Seminare an, in denen Führungs- dazu führen, dass Mitarbeiter sich den Anforderungen nicht mehr kräfte, Betriebsvertretungen und Akteure im Arbeits- und Gesund- gewachsen fühlen und körperlich und / oder psychisch erkranken heitsschutz erfahren, wie Auffälligkeiten bei Mitarbeitern frühzeitig (und eventuell „Hilfsmittel“ benötigen, um mit den Anforderungen erkannt werden können und wie man diesen begegnet. fertigzuwerden). Im Seminar „Sucht in der Arbeitswelt – Auffälligkeiten erkennen In Kooperation mit der Fachklinik in Bad Dürkheim bietet die UK PT und angemessen reagieren“ hören die Teilnehmer Wissenswertes ein Seminar speziell für Führungskräfte und Betriebsvertretungen über stoffgebundene (Alkohol, illegale Drogen, Medikamente) und an, in dem die wichtigsten psychischen Störungen und ihre frühen nichtstoffgebundene Suchtformen (z. B. Computer- und Glücksspiel- Signale angesprochen sowie Strategien zum Umgang mit auffälligen sucht), erhalten Hinweise für eine lösungsorientierte Gesprächsfüh- Mitarbeitern vermittelt werden. Das Seminar heißt: „Wenn Verhalten rung und Informationen für innerbetriebliche Handlungsleitlinien. aus dem Rahmen fällt – Umgang mit auffälligen Mitarbeitern“. Suchterkrankungen werden auch im Seminar „Umgang mit psy- Informationen zu Terminen und Ansprechpartnerinnen finden Sie im chischen Störungen im Arbeitsgeschehen“ thematisiert. Stress, aktuellen Seminarprogramm unter www.ukpt.de UK PT Spezial 31 Info // Schon gewusst ? 32 Info // Schon gewusst ? Nachgefragt bei ... Hinweise und Auffälligkeiten Medikamentenmissbrauch? Dr. Karsten Sonntag, Betriebsarzt Deutsche Post AG, Verantwortung für die Mitarbeiter und die Sicherheit im Betrieb Tübingen als auch einer möglichen Gefährdung durch die Betriebstätig- E keit sehr bewusst. Hier werden konkrete Fragen zur Eignung in Medikamentenmissbrauch ist schwieriger zu erkennen als UK PT Spezial: Stellen Sie in Ihrer gestellt. Die Mitarbeiter sorgen sich vornehmlich um Auswir- beispielsweise ein Alkoholmissbrauch. Auffällige Verhaltens- Berufspraxis fest, dass Mitarbeiter kungen auf ihre eigene Gesundheit, Wohlbefinden und Lang- weisen wie bei einer Alkoholproblematik sind so gut wie nie zu be- vermehrt Medikamente einneh- zeitwirkungen. obachten. Medikamentenabhängige fallen erst auf, wenn sich ihre men oder verordnet bekommen? Leistung über einen längeren Zeitraum verändert oder Veränderun- Dr. Sonntag: Ein Mitarbeiter, den Was lässt sich tun, um für das Thema das nötige Problembe- gen im Sozialverhalten oder im Gesundheitsbild bemerkbar werden. ich aufgrund einer Untersuchung wusstsein zu schaffen? sehe und der keine Medikamente Aufklären, aufklären, aufklären. \ Hinweise für einen möglichen Medikamentenmissbrauch: nimmt, ist eher selten. Das ist aber nicht verwunderlich, da die Mitar- Mögliche Auffälligkeiten im Leistungsverhalten beiter meistens wegen Problemen • Betroffene verlieren schnell den Überblick. mit der Arbeit und der Gesundheit Zwei Beispiele für Medikamenteneinnahme und Arbeitsalltag – fiktiv, aber der Realität entsprechend: • Die Arbeitsvorgänge nehmen zunehmend mehr Zeit in Anspruch. zu mir kommen. Am häufigsten werden Schmerzmittel eingenommen. 1. Ein 59-jähriger Briefzusteller fährt mit dem Auto in seinen • Die Arbeitsqualität lässt nach. Auf Begehungen und Gesundheitstagen spreche ich mit vielen Mitar- Zustellbezirk und stellt hier per Briefzustellwagen zu. Er nimmt • Fehler nehmen aufgrund von Konzentrationsschwierigkeiten zu. beitern, die gesund und fit sind und keine Medikamente einnehmen. Medikamente gegen epileptische Krampfanfälle, hohen Blutdruck und gelegentlich Mittel gegen Rückenschmerzen. Der • Es kommt zu schlechterer Informationsaufnahme und -verarbeitung. • Personen werden unzuverlässig und unpünktlich. Welche Nebenwirkungen von Medikamenten sind in der Arbeitswelt Zusteller weiß um das Problem, das sein Krampfleiden für die • Häufiges, auch unentschuldigtes Fehlen am Arbeitsplatz, Begrün- besonders auffällig beziehungsweise leistungsbeeinträchtigend? Teilnahme am Straßenverkehr mit sich bringt. Ihm ist auch be- dungen für Abwesenheit werden oft auch mit „Arztbesuchen“ Problematisch wird es immer dann, wenn Reaktionsfähigkeit, Auf- wusst, dass bei Blutdruckentgleisung und der damit einherge- gerechtfertigt. merksamkeit und Wachheit beeinträchtigt werden, da hiermit das henden Medikationsanpassung besondere Aufmerksamkeit Unfallrisiko steigt. notwendig ist. Bis dahin, dass er für die Fahrtätigkeit nicht ge- • Klagen über die zu hohen Arbeitsbelastungen nehmen zu. eignet ist. Was der 59-Jährige nicht weiß: Sein Schmerzmittel Mögliche Auffälligkeiten im Sozialverhalten Wissen Mitarbeiter, die Medikamente einnehmen, ausreichend um kann vor allem im Zusammenspiel mit den Antikrampfmitteln • Am deutlichsten ist die Tendenz zum Rückzug, die Person isoliert sich. deren Wirkungen und Nebenwirkungen? die Aufmerksamkeit und Reaktionsgeschwindigkeit massiv be- • Häufige Stimmungsschwankungen, gekennzeichnet entweder durch Es gibt hier eine große Anwenderbreite. Die meisten Mitarbeiter, einträchtigen. Rückzug von Mitmenschen oder das Gegenteil davon, nämlich Dis- • Häufige Kopfschmerzen, Schlaflosigkeit und Antriebsarmut oder die Medikamente einnehmen, sind gut über die Wirkungen und Ne- tanzlosigkeit, d. h. die betroffene Person beschlagnahmt ihr Gegen- das Gegenteil in ausgeprägter Form: Hyperaktivität, Unruhe, „Getrie- benwirkungen informiert und zeigen dies auch durch ihren bedarfs- 2. Der 34-jährige Außendienstmitarbeiter legt rund 30.000 über ganz. bensein“. gerechten Umgang mit ihren Medikamenten. Aber es gibt immer Kilometer pro Jahr mit seinem Auto zurück. Er nimmt Medika- • Gleichgültigkeit bis hin zur Teilnahmslosigkeit. • Unerklärtes Herzrasen, Schweißausbrüche. wieder Mitarbeiter, die Wirkungen und Nebenwirkungen sowie die mente wegen eines Aufmerksamkeits-Defizit-Hyperaktivitäts- • Betroffene sind übermäßig harmoniebedürftig, sie scheuen jede • Verwaschene Sprache und trunkene Reaktionen ohne Alkoholfahne. möglichen Folgen für das alltägliche Leben und speziell auch für die Syndroms (ADHS) bei Erwachsenen, leidet unter Heuschnup- Teilnahme am Straßenverkehr oder im Maschinenbetrieb völlig un- fen und gelegentlichem Rückenschmerz. Einerseits ist hier Doch Vorsicht: All diese Auffälligkeiten können auch andere Ursa- terschätzen – oder sich einfach keine Gedanken darüber machen. die ADHS-Medikation wichtig, um eine Verbesserung der chen als einen Medikamentenmissbrauch haben. Dies ist in einem Vor allem ist hier die Eigenverantwortung zur Prüfung der Fahrfähig- Fahrfähigkeit zu erreichen, andererseits ist aber bei Dosis- Mögliche Auffälligkeiten im Gesundheitsbild Gespräch mit dem Mitarbeiter / der Mitarbeiterin oder dem Kolle- keit vor jedem Fahrtantritt nicht bewusst. schwankungen mit Schwindel und Schläfrigkeit zu rechnen. • Innere Spannung und Nervosität nehmen zu. gen / der Kollegin zu klären. \ Auseinandersetzung. • Sie sind überangepasst und total korrekt. häufig thematisiert. • Permanente Erschöpfung, verbunden mit dem Klagen: „Mir ist alles zu viel!“ UK PT Spezial Diese Phänomene sind dem Mitarbeiter bekannt und er beWerden Sie von Mitarbeitern und / oder Vorgesetzten zurate gezogen, obachtet sich genau. Dass ihm die Heuschnupfenmedikation Quelle: Deutsche Hauptstelle für Suchtfragen e. V. (2013): Substanz- wenn es um Wirkungen und Nebenwirkungen von Arzneimitteln geht? und die Schmerzmittel Müdigkeit und eine eingeschränkte bezogene Störungen am Arbeitsplatz. Eine Praxishilfe für Personal- Ja, die Fragen sind vielfältig. Die Vorgesetzten sind sich sowohl ihrer Reaktionsfähigkeit bescheren, war ihm nicht bewusst. • Seelische und / oder körperliche Befindlichkeitsstörungen werden verantwortliche. www.dhs.de UK PT Spezial 33 34 Rat und Tat // Checkliste Rat und Tat // Checkliste CHECKLISTE Selbsttest Medikamentengefährdung Wenn zwei Punkte zutreffen, besteht der Verdacht auf eine Medikamentengefährdung. Sind drei oder mehr Punkte zutreffend, liegt eine Medikamentenabhängigkeit vor. Ja Nein Ja 13 Müssen Sie ständig daran denken, wie Sie Ihren Nachschub sichern? 14 Benutzen Sie Angehörige, Kollegen, Werkfürsorge, Werksärzte, Hausärzte, Apotheken, um an „Ihre“ Medikamente zu kommen, und lügen Sie dabei, um Ihr Ziel zu erreichen? 1 Benötigen Sie ein Medikament mit Suchtwirkung, um sich wohlzufühlen? 2 Müssen Sie bei seelischen, körperlichen oder sozialen Belastungen „Ihre“ Medikamente haben? 15 Lassen Sie sich gleichartige Medikamente gleichzeitig von mehreren Ärztinnen verschreiben? 3 Bekommen Sie nach Einnahme einer kleineren Dosis „Ihres“ Medikamentes ein unbezähmbares Verlangen, mehr davon einzunehmen? 16 Fälschen Sie auch Rezepte, um an Nachschub zu kommen? 4 Nehmen Sie häufiger mehr ein, als Ihnen verordnet wird? 17 Lallen Sie, schwanken Sie, sind Sie schon gestürzt, weil Sie zu viel Beruhigungs-, Schlafoder Schmerzmittel eingenommen haben? 5 Werden Sie aggressiv, wenn Sie „Ihre“ Medikamente nicht bekommen? 18 6 Nehmen Sie Schmerzmittel ein oder spritzen sie, obwohl Sie keine Schmerzen haben? Haben Sie schon so viel Beruhigungs-, Schlaf- oder Schmerzmittel eingenommen, dass Sie Filmrisse oder Blackouts bekamen, dass Sie völlig sinnlose Telefongespräche geführt haben und auch total enthemmt waren? 7 Nehmen Sie parallel verschiedene Medikamente, beispielsweise Schlaf-, Beruhigungsoder Schmerzmittel, ein? 19 Als Sie plötzlich für einige Tage keine Schlaf-, Schmerz- oder Beruhigungsmittel einnehmen konnten, zitterten Sie, gerieten Sie durcheinander, hatten Sie schon optische Halluzinationen oder epileptische Anfälle? 8 Benutzen Sie Schlaf-, Schmerz- oder Beruhigungsmittel zur Anregung oder ist die vorher beruhigende Wirkung plötzlich in eine anregende umgeschlagen? 20 Hatten Sie nach Einnahme von Appetitzüglern Geräuschhalluzinationen oder litten Sie unter Verfolgungswahn? 9 Nehmen Sie Appetitzügler ein, nicht um schlank zu werden, sondern um leistungsfähiger zu sein, um weniger schlafen zu müssen, um sich wohler zu fühlen, um „high“ zu sein? 21 Schlucken Sie statt Alkohol jetzt regelmäßig Schlaf-, Schmerz- oder Beruhigungsmittel? 10 Bekämpfen Sie jede Missbefindlichkeit und jede leichte Funktionsstörung mit Medikamenten (z. B. Abführmittel)? 22 Schädigen Sie sich durch die Wirkung von Medikamenten und stören Sie dadurch die Beziehung zu Ihren Angehörigen, Freunden und Kollegen? Und obwohl Sie dies ahnen, haben Sie mit der Einnahme von Medikamenten nicht aufgehört? 11 Belügen Sie sich selbst und andere, was Ihren tatsächlichen Medikamentenkonsum anbelangt? Verheimlichen Sie das wahre Ausmaß, indem Sie Schachteln verstecken oder von anderen Medikamente erbetteln? 23 Ist Ihnen „Ihr“ Medikament wichtiger als alles andere auf der Welt? 24 Können Sie auf die Einnahme von Medikamenten mit Suchtwirkung nicht mehr verzichten und aus eigener Kraft nicht mehr aufhören? 12 Haben Sie den Arzt gewechselt, weil er „Ihre“ Medikamente nicht verschreiben wollte? Nein Quelle: www.kreuzbund-merzig.com UK PT Spezial UK PT Spezial 35 Rat und Tat // Checkliste 36 Was ? Wo ? // Service Adressen • CHECKLISTE CHECKLISTE Achtung, Medikament! Lassen Sie bei Phasenprophylaktika (Stimmungsstabilisierern) und Antipsychotika (Neuroleptika) vom Arzt regelmäßig Ihr Blutbild sowie Ihre Nieren- und Leberfunktion überprüfen. In Zusammenhang mit der Arbeitstätigkeit • Haben Sie die Wirkungen und Nebenwirkungen Ihres Generell Medikaments oder des Psychopharmakons noch nicht • Nehmen Sie die verordneten Medikamente wie mit Ihrem ausreichend mit Ihrem Arzt abgeklärt, so holen Sie dies Arzt besprochen ein. Verändern Sie nicht eigenmächtig die umgehend nach. Lassen Sie sich über die Auswirkungen Dosis und setzen Sie die Medikamente nicht abrupt ab. informieren und fragen Sie nach möglichen Beeinträch- Wenn Sie das Gefühl haben, dass Ihnen das Medikament tigungen in Zusammenhang mit Ihrer Arbeit und Ihrer nicht bekommt (es zeigt keine Wirkung, dafür sind die Ne- Verkehrstüchtigkeit. • benwirkungen inakzeptabel), sprechen Sie mit Ihrem Arzt. • • • • • Lesen Sie unabhängig vom Arztgespräch den Beipackzettel Ihres Medikaments und beachten Sie die Warnhin- erst nach einigen Wochen Wirkung zeigen können. weise bezüglich der Nebenwirkungen. Bei Unklarheiten Fragen Sie Ihren Arzt oder Apotheker, ob das Medikament sprechen Sie mit Ihrem Arzt darüber. • Nehmen Sie ggfs. die Möglichkeit wahr, den Betriebsarzt tigkeit beeinträchtigt. Der Arzt hat eine mündliche und aufzusuchen. Er kennt die betrieblichen Anforderungen persönliche Aufklärungspflicht und darf Sie nicht auf den und kann Sie (und den Vorgesetzten, falls gewünscht) Beipackzettel verweisen. beraten. Darüber hinaus können Sie auch die Personal- Beobachten Sie sich: Gibt es Veränderungen zum Besseren vertretung einbeziehen. oder zum Schlechteren? • • Bedenken Sie aber, dass insbesondere Psychopharmaka die Arbeits- und Leistungsfähigkeit sowie die Fahrtüch- • Sie sollten auch Ihren Vorgesetzten informieren, falls die Sprechen Sie mit Ihrem Arzt in regelmäßigen Abständen Medikamenteneinnahme die Ausführung Ihrer Arbeit über eine mögliche Verringerung der Dosis oder ob Sie die erschwert. Sie sind beide dafür verantwortlich, dass die Medikamente sogar absetzen können. Arbeit sicher ausgeführt werden kann. Bereden Sie mit Ihrem Arzt oder Therapeuten, welche • Sie können auch die Kollegen über die Nebenwirkungen zusätzlichen Therapiemaßnahmen Ihnen noch helfen könn- Ihrer Medikamenteneinnahme informieren. So haben ten: Sport, Entspannungsverfahren, kognitives Training, diese eine Erklärung für Ihr verändertes Verhalten. Die Rehabilitationsmaßnahmen, physikalische Therapien … meisten werden Verständnis dafür haben. Seien Sie vorsichtig mit anderen zusätzlichen Medikamen- Hier finden Sie Rat und Hilfe • Sollten sich langfristig Schwierigkeiten bei der Arbeits- Bundesweit tätige Organisationen Deutsche Hauptstelle für Suchtfragen e. V. (DHS) 53175 Bonn, Walramstr. 3 Tel.: 02 28 / 26 15 55, Fax: 02 28 / 21 58 85 [email protected] www.sucht.de Arbeiterwohlfahrt Bundesverband e. V. (AWO) Gesamtverband für Suchthilfe e. V. (GVS) 10961 Berlin, Blücherstraße 62/63 Tel.: 0 30 / 2 63 09-0, Fax: 0 30 / 2 63 09-3 25 99 [email protected] www.awo.org Bundesverband für stationäre Suchtkrankenhilfe e. V. 34131 Kassel, Wilhelmshöher Allee 273 Tel.: 05 61 / 77 93 51, Fax: 05 61 / 10 28 83 [email protected] www.suchthilfe.de Caritas Suchthilfe e. V. (CaSu) – Bundesverband der Suchthilfeeinrichtungen im DCV 79104 Freiburg, Karlstraße 40 Tel.: 07 61 / 2 00-3 63 [email protected] www.caritas-suchthilfe.de ten: Auch frei verkäufliche Arzneimittel können ungewollte ausführung ergeben, weil Sie Medikamente über einen Wechselwirkungen mit Ihrem Präparat eingehen. längeren Zeitraum einnehmen müssen, besprechen Deutsches Rotes Kreuz e. V. (DRK) Notieren Sie alle Arzneimittel, die Sie einnehmen, und Sie gemeinsam mit Ihrem Vorgesetzen und dem BEM- Generalsekretariat 12205 Berlin, Carstennstraße 58 Tel.: 0 30 / 8 54 04-0, Fax: 0 30 / 8 54 04-450 [email protected] www.drk.de besprechen Sie diese Liste mit Ihrem Arzt oder Apotheker. Beauftragten (BEM = Betriebliches Eingliederungsma- • Verzichten Sie auf Alkohol und Drogen. nagement), welche Arbeitsalternativen es für Sie in Ihrem • Seien Sie vorsichtig bei abhängig machenden Medikamen- Betrieb gibt. ten (Beruhigungsmittel, Schlafmittel). UK PT Spezial Fachverband Sucht e. V. 59003 Hamm, Postfach 13 69 Tel.: 0 23 81 / 9 01 50, Fax: 0 23 81 / 1 53 31 [email protected] www.dhs.de Fachverband der Diakonie Deutschland 10115 Berlin-Mitte, Invalidenstraße 29 Tel.: 030 / 83 00 15 00, Fax: 030 / 83 00 15 05 [email protected] www.sucht.org Deutscher Paritätischer Wohlfahrtsverband, Gesamtverband e. V. Referat Hilfen für junge Volljährige / Gefährdetenhilfe 10178 Berlin, Oranienburger Str. 13–14 Tel.: 0 30 / 2 46 36-0, Fax: 0 30 / 2 46 36-140 [email protected] www.paritaet.org Sucht- und Drogenhotline Bundesweit einheitliche Telefonnummer bei Drogen- und Suchtproblemen 24 Stunden täglich, 14 Cent pro Minute Tel.: 0 18 05 / 31 30 31 Darüber hinaus gibt es in jedem Bundesland Landesstellen gegen die Suchtgefahren. Verschiedene Quellen UK PT Spezial 37 38 Was ? Wo ? // Service Was ? Wo ? // Service Service Landesstellen für Suchtfragen Brandenburgische Landesstelle für Suchtfragen e. V. Landesstelle für Suchtfragen Rheinland-Pfalz 14471 Potsdam, Behlertstr. 3a, Haus H1 Tel.: 03 31 / 58 13 80-0, Fax: 03 31 / 58 13 80-25 [email protected] www.blsev.de 67346 Speyer, Karmeliterstr. 20 Tel.: 0 62 32 / 6 64-2 54, Fax: 0 62 32 / 6 64-1 30 [email protected] www.sucht-rlp.de Regelwerk Arbeitsschutz Ansprechpartner UK PT Auf das Regelwerk Arbeitsschutz der UK PT Dr. Fritzi Wiessmann Bremische Landesstelle für Suchtfragen (BreLs) e. V. Landesstelle für Suchtfragen Schleswig-Holstein e. V. können Sie zugreifen über www.ukpt.de >> Arbeits- und Organisationspsychologin 28195 Bremen, Kolpingstraße 7 Tel.: 04 21 / 3 35 73-0, Fax: 04 21 / 3 37 94 44 [email protected] www.brels.de 24119 Kronshagen, Schreberweg 5 Tel.: 04 31 / 54 03-3 40, Fax: 04 31 / 54 03-3 55 [email protected] www.lssh.de Medien >> Mediendatenbank >> Kompendium Telefon: 06151 872-790 Arbeitsschutz [email protected] Medien zum Arbeitsschutz Dr. Kerstin Einsiedler Hamburgische Landesstelle für Suchtfragen e. V. Landesstelle Sucht NRW Medien zum Arbeitsschutz der UK PT Arbeitsschutzärztin c/o Landschaftsverband Rheinland 50663 Köln, Dezernat 8 Tel.: 02 21 / 80 9-77 94, Fax: 02 21 / 80 9-66 57 [email protected] www.landesstellesucht-nrw.de finden Sie im „Interaktiven Medienkatalog Telefon: 07071-5040 der UK PT“: www.ukpt.de >> Medien >> [email protected] 20097 Hamburg, Repsoldstraße 4 Tel.: 0 40 / 2 84 99 18-0, Fax: 0 40 / 2 84 99 18-19 [email protected] www.sucht-hamburg.de Hessische Landesstelle für Suchtfragen e. V. (HLS) 60322 Frankfurt a. M., Zimmerweg 10 Tel.: 0 69 / 71 37 67 77, Fax: 0 69 / 71 37 67 78 [email protected] www.hls-online.org Koordinierungsstelle der bayerischen Suchthilfe 80336 München, Lessingstraße 1 Tel.: 0 89 / 53 65 15, Fax: 0 89 / 5 43 93 03 [email protected] www.kbs-bayern.de Landesstelle Berlin für Suchtfragen e. V. 10585 Berlin, Gierkezeile 39 Tel.: 0 30 / 34 38 916-0, Fax: 0 30 / 34 38 916-2 [email protected] www.landesstelle-berlin.de Landesstelle für Suchtfragen der Liga der Freien Wohlfahrtspflege in Baden-Württemberg e. V. 70178 Stuttgart, Stauffenbergstr. 3 Tel.: 07 11 / 6 19 67-31, Fax: 07 11 / 6 19 67-68 [email protected] www.suchtfragen.de Niedersächsische Landesstelle für Suchtfragen e. V. 30177 Hannover, Podbielskistraße 162 Tel.: 05 11 / 62 62 66-0, Fax: 05 11 / 62 62 66-22 [email protected] www.nls-online.de Saarländische Landesstelle für Suchtfragen e. V., c/o Caritasverband Schaumberg-Blies e.V. 66538 Neunkirchen, Hüttenbergstr. 42 Tel.: 0 68 21 / 92 09-40, Fax: 0 68 21 / 92 09-44 [email protected] www.landesstelle-sucht-saarland.de UK PT Spezial Internet-Links Formulare www.baua.de Formulare können Sie über das Internet www.dguv.de bekommen: www.ukpt.de >> Service >> Formulare Service-Center der UK PT Seminarprogramm Telefon: 07071 933-0 Das ganze Seminarprogramm der UK PT finden Fax: 07071 933-4399 Sie unter www.ukpt.de >> Seminare >> E-Mail: [email protected] Interaktives Verzeichnis Internet: www.ukpt.de UK PT Spezial – weitere Themen UK PT Spezial-Hefte zu weiteren Themen finden Sie unter www.ukpt.de Sächsische Landesstelle gegen die Suchtgefahren e. V. 01099 Dresden, Glacisstr. 26 Tel. und Fax: 03 51 / 8 04 55 06 [email protected] www.slsev.de Thüringer Landesstelle für Suchtfragen e. V. 99096 Erfurt, Arnstädter Str. 50 Tel.: 03 61 / 7 46 45 85, Fax: 03 61 / 7 46 45 87 [email protected] www.tls-suchtfragen.de Landesstelle für Suchtfragen im Land Sachsen-Anhalt 39112 Magdeburg, Halberstädter Str. 98 Tel.: 03 91 / 5 43 38 18, Fax: 03 91 / 5 62 02 56 [email protected] www.ls-suchtfragen-lsa.de Interaktives Medienverzeichnis Quelle: Deutsche Hauptstelle für Suchtfragen e. V. 2015 / MatNr 670-095-141 1. Auflage 11/2015 Impressum Themenheft der Unfallkasse Post und Telekom (UK PT), Körperschaft des öffentlichen Rechts, Sitz Tübingen Herausgeber und Verleger: Unfallkasse Post und Telekom Stellvertretende Geschäftsführerin: Waltraud Kodytek Anschrift: Unfallkasse Post und Telekom Europaplatz 2 72072 Tübingen Texte: Dr. Fritzi Wiessmann, Arbeits- und Organisationspsychologin der UK PT Konzept und Design, Gesamtgestaltung: steindesign – Agentur für kreative Business-Lösungen, Hannover Bildnachweis: Titel: fotolia S. 2: fotolia S. 4, 5: UK PT S. 6, 7, 8: 123RF S. 9, 10: fotolia S. 11 – 15: 123RF S. 16: UK PT S. 18: 123RF S. 19: fotolia S. 20, 22: UK PT S. 23: fotolia S. 24, 26, 27: 123RF S. 28 – 30: fotolia S. 31: UK PT S. 32: 123RF S. 33 UK PT Rückseite: iStockphoto, UK PT Alle Urheber- und Verlagsrechte sind vorbehalten. Der Rechtsschutz gilt auch für Vervielfältigungen, Übersetzungen, Mikroverfilmung und die Einspeicherung und Verarbeitung in elektronischen Systemen. Verwendung unter Quellenangabe erwünscht. Druck: Druckerei Richard Conzelmann Grafik + Druck e. K., Albstadt-Tailfingen UK PT Spezial 39 Post vom Rücken Könnte der Rücken sprechen, würde er sich häufiger in Erinnerung rufen. Das richtige Maß an Belastung hält ihn gesund: Wer dauernde Überund Unterforderung vermeidet und für Ausgleich sorgt, tut seinem Rücken Gutes. Infos und Übungen zur Rückengesundheit unter www.ukpt.de
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