Stellungnahme des Bundesministeriums für Finanzen vom 5

BMF - I/4 (I/4)
Johannesgasse 5
1010 Wien
An das
Bundesministerium für Inneres
Herrengasse 7
1010 Wien
Sachbearbeiterin:
Mag. Susi Perauer
Telefon +43 1 51433 501165
e-Mail [email protected]
DVR: 0000078
GZ. BMF-111600/0050-I/4/2016
Betreff: Zu GZ. BMI-LR1330/0013-III/1/c/2016 vom 7. September 2016
Entwurf einer Verordnung der Bundesregierung zur Feststellung der
Gefährdung der Aufrechterhaltung der öffentlichen Ordnung und des
Schutzes der inneren Sicherheit;
Stellungnahme des Bundesministeriums für Finanzen
(Frist: 5. Oktober 2016)
Das Bundesministerium für Finanzen beehrt sich, zu dem mit Note vom 7. September 2016
unter der Geschäftszahl BMI-LR1330/0013-III/1/c/2016 zur Begutachtung übermittelten
Entwurf einer Verordnung der Bundesregierung zur Feststellung der Gefährdung der
Aufrechterhaltung der öffentlichen Ordnung und des Schutzes der inneren Sicherheit,
fristgerecht wie folgt Stellung zu nehmen:
Das Bundesministerium für Finanzen hat keinen Einwand gegen die vorliegende Verordnung.
Es wäre jedoch in den Erläuterungen auf Seite 7 im Abschnitt mit dem Titel „Belastungen des
Staatshaushaltes“ anstelle des derzeitigen Textes folgender Text einzufügen:
„Belastung des Staatshaushaltes: Für Ausführungen zur Belastung des Staatshaushaltes
siehe auch die Erläuterungen zum Abänderungsantrag der Abgeordneten Jürgen Schabhüttl,
Werner Amon, MBA, Kolleginnen und Kollegen zu der Regierungsvorlage (996 d.B.):
Bundesgesetz, mit dem das Asylgesetz 2005, das Fremdenpolizeigesetz 2005 und das BFAVerfahrensgesetz geändert werden (AA 146 XXV.GP).
Schon die Migrationskrise des Jahres 2015 verursachte einen enormen Anstieg der
Gesamtausgaben für Schutzsuchende (Quelle: Bundesministerium für Finanzen [BMF]). Eine
abermalige extreme Belastungssituation wie die des Jahres 2015 hätte zur Folge, dass die
finanziellen Ausgaben auf allen Gebietskörperschaftsebenen (Bund, Länder, Gemeinden)
auch mittel- und langfristig in gewaltigem Maße weiter ansteigen und die Staatsverschuldung
weiter wachsen wird.
Die im Zusammenhang mit Schutzsuchenden entstehenden Kosten betreffen insbesondere
folgende Bereiche: Zum einen entstehen finanzielle Belastungen im Bereich der humanitären
Unterbringung
und
Versorgung.
Die
Kostensätze
entsprechend
der
Grundversorgungsvereinbarung gemäß Art. 15a B-VG mussten bereits um etwa 12 %
angehoben werden, um der zunehmenden Knappheit an Unterkünften Rechnung zu tragen.
Geeignete Quartiere und Quartiergeber sind nur noch zu weiter steigenden Kosten verfügbar.
Zum anderen sind der Integrationsbereich (Arbeitsmarkt- und Bildungsintegration und
Eingliederung in die Gesellschaft etc.) sowie der Bereich der ordnungsgemäßen Verwaltung,
(Verwaltungskosten, insbesondere für Personalaufwendungen etc.) betroffen. Aber auch der
finanzielle Mehraufwand im Bereich der sozialen Absicherung (Mindestsicherung) lässt die
Staatsausgaben weiter anwachsen. Der Bereich der Grundversorgung ist jener Bereich, der
den Großteil der finanziellen Kosten verursacht.
Bei fortlaufender Entwicklung wird Österreich die Vorgaben der EU-Fiskaldisziplin und damit
eine gemeinsame Schuldenbewirtschaftung in Zukunft nicht mehr einhalten können.
Aufgrund der EU-Bestimmungen betreffend die Fiskaldisziplin können nur 2015 und 2016 die
Mehrkosten für Asyl gegenüber 2014 berücksichtigt werden. Ab 2017 müssen die dann noch
bestehenden Mehrkosten durch höhere Abgaben oder Einsparungen (auch in anderen
Bereichen) kompensiert werden, andernfalls drohen auf EU-Ebene Sanktionen bzw.
Budgetstrafen. Bereits aus heutiger Sicht ist klar, dass der öffentliche Haushalt aufgrund der
im Zusammenhang mit der Migrationskrise entstandenen Kosten noch über Jahre hinweg
erheblich belastet sein wird.
Die Auswirkungen der Migrationskrise verlangen eine Neugestaltung der bisherigen
Budgetplanung. Die im Asylbereich voraussichtlich entstehenden Kosten für das Jahr 2016
werden mit rund 2 Milliarden Euro veranschlagt. Zusätzliche budgetäre Mittel sind vor allem
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für die Bereiche Sicherheit und Grenzmanagement, Grundversorgung und Integration
vorgesehen.
Gegenüber
dem
bisherigen
Bundesfinanzrahmen
sieht
der
neue
Bundesfinanzrahmen zusätzliche Mittel für das BMI im Zusammenhang mit der Bewältigung
der Migrationskrise in Höhe von insgesamt 1,2 Milliarden Euro vor. Hinzu kommen Mittel in
Höhe von rund 0,6 Millionen Euro für Transitflüchtlinge und Grenzmanagement durch das
BMI sowie für die Personalaufstockung bei der Grenzpolizei und den zusätzlichen
Mehraufwand im BFA, wo es zu einem Ausbau der Planstellen kommen wird. Die
Grenzsicherung hat auch im Bundesministerium für Landesverteidigung und Sport (BMLVS) in
Form des Assistenzeinsatzes einen finanziellen Mehrbedarf zur Folge. Der Assistenzeinsatz
zieht jedoch nicht nur einen finanziellen Aufwand nach sich. Nach Angaben des BMLVS haben
der anhaltende Assistenzeinsatz und die Unterstützungsleistungen des Österreichischen
Bundesheeres im Rahmen der Migrationskrise auch gravierende Auswirkungen auf die
vorhandenen
Ressourcen.
Für
Grenzmanagement
und
Unterstützungsleistungen
des
Österreichischen Bundesheeres für das BMI wurde mit insgesamt 182 Millionen Euro für die
Jahre 2016 und 2017 budgetär vorgesorgt. Ebenso müssen gegenüber der bisherigen
Planung die Mittel für Auslandshilfe und bilaterale Kooperation erhöht werden (Quelle:
Strategiebericht 2017 – 2010 gemäß § 14 BHG 2013, April 2016).
Auch zur Gewährleistung der erfolgreichen Integration der Schutzsuchenden, müssen die
Budgetmittel erhöht werden. Im vergangenen Jahr wurde bereits ein „Integrationstopf“ in
Höhe von über 75 Millionen Euro für 2016 eingerichtet. Die Mittel aus dem „Integrationstopf“
werden den beteiligten Ressorts – BMI, Bundesministerium für Europa, Integration und
Äußeres (BMEIÄ), Bundesministerium für Arbeit, Soziales und Konsumentenschutz (BMASK)
und BMBF – aus den Margen bereitgestellt. Das BMI erhält aus diesem „Integrationstopf“ im
Jahr 2016 16,5 Millionen Euro, das BMEIÄ 25 Millionen Euro, das BMASK 10 Millionen Euro
und das BMBF 23,75 Millionen Euro. Angesichts der anhaltend hohen Kosten in diesem
Bereich werden diese Mittel für 2016 und 2017 um weitere rd. 425 Millionen Euro
aufgestockt, die sich auf Sprachförderungen, Programme in den Schulen und im BMI sowie
zur Integration in den Arbeitsmarkt und auf betriebliche Investitionen zur Integration und
Sicherung von Arbeitsplätzen verteilen. Insgesamt werden damit für die Jahre 2016 und 2017
integrationspolitische Maßnahmen in Höhe von rund zusätzlich 500 Millionen Euro finanziert
(Quelle: Österreichisches Stabilitätsprogramm 2015-2020, April 2016).“
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Darüber hinaus wären die Erläuterungen in Bezug auf die Abschnitte „Integration“ und
„Arbeitsmarkt“ (auf Seite 6 und 7) wie folgt zu textieren:
„Integration: Bei anhaltend hohen Zahlen an Schutzsuchenden wird es in den klassischen
Bereichen der Integration – dem Bildungsbereich, dem Arbeitsmarkt und dem Wohnraum –
zu einer langfristigen Belastung kommen. Die genannten Bereiche sind bereits zum jetzigen
Zeitpunkt durch einen massiven Mangel an personellen und materiellen Strukturen
gekennzeichnet. So ist eine rasche Arbeitsmarktintegration aus mehreren strukturellen
Gründen erschwert. Zum einen weisen die Schutzsuchenden ein tendenziell niedriges
Bildungsniveau auf bzw. sind deren Ausbildungen aus dem Herkunftsland nicht sofort
verwertbar. Zum anderen erschweren die durch die Flucht entstandenen – teils langjährigen
– Lücken im Bildungsverlauf einen nahtlosen Eintritt in das österreichische Schulsystem und
in weiterer Folge den für den erfolgreichen Eintritt in den Arbeitsmarkt erforderlichen
Bildungsabschluss.
Daher
hat
im
Hinblick
auf
die
Arbeitsmarktintegration
von
Schutzsuchenden eine Ausweitung des Angebotes an Integrations- und insbesondere
Deutschkursen
sowie
Nachqualifizierungsmaßnahmen
zu
erfolgen.
Dazu
bedarf
es
beträchtlicher Mittel aus dem Arbeitsmarktbudget. Die Wohnraumbeschaffung für eine
außergewöhnlich hohe Zahl an Schutzsuchenden wie jene des Jahres 2015 stellt eine weitere
Herausforderung dar.
Wohnungsengpässe sind im Hinblick auf die sozial-integrative Funktion nicht kurzfristig
behebbar, sondern bedürfen einer langfristigen Planung und Umsetzung. Bei einem
anhaltenden starken Zustrom an Schutzsuchenden ist die Errichtung von Großquartieren die
einzige Möglichkeit, die Unterbringung einer derartigen Vielzahl an Menschen zu garantieren
und Obdachlosigkeit zu vermeiden. Die Bereitstellung von Großunterkünften läuft aber dem
Ziel einer nachhaltigen Integration in die Aufnahmegesellschaft gerade zuwider, verstärkt
Segregationstendenzen und erhöht das Risiko der Bildung von Parallelgesellschaften deutlich.
Um die Rahmenbedingungen für eine nachhaltige Integration zu verbessern wurde am
21. Juni 2016 im Ministerrat ein „Maßnahmenpaket zur Integration von Flüchtlingen“,
welches sich am „Nationalen Aktionsplan für Integration“, am „50 Punkte-Plan zur Integration
von Asylberechtigten und subsidiär Schutzberechtigten in Österreich“ sowie am „Startpaket
Deutsch & Integration“ orientiert, beschlossenen. Gegenstand des Maßnahmenpakets sind
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der Ausbau von Sprachkursen sowie Orientierungs- und Wertekursen, eine gezielte
Unterstützung der Freiwilligen im Bereich der Sprachförderung, der Bereich der schulischen
und beruflichen Qualifikation, die Erstellung eines Leistungskatalogs zur Forcierung des
Angebots von gemeinnützigen Tätigkeiten, die Ermöglichung von Hilfstätigkeiten bei
gemeindeeigenen Gesellschaften, die Schaffung von Orientierungs- und Wertepatenschaften,
eine
Vernetzung
statistischer
Daten,
eine
wissenschaftliche
Begleitforschung,
eine
Unterstützung der Gemeinden bei der Integration vor Ort sowie eine digitale Vernetzung von
Freiwilligenaktivitäten.
Arbeitsmarkt: Eine neuerliche Migrationskrise wie jene des Jahres 2015 wird sich auch auf
den Arbeitsmarkt auswirken, welcher ohnehin bereits aktuell durch den Zuwachs im
Arbeitskräfteangebot angespannt ist.
Der Arbeitsmarkt mit seinen hohen Lohnstandards und Arbeitnehmerschutzbestimmungen ist
insbesondere durch die Ausweitung des Arbeitskräfteangebots infolge des anhaltend starken
Zuzugs von Arbeitskräften aus den EU-Mitgliedstaaten belastet. Trotz anhaltend niedrigem
Wirtschaftswachstum ist das Arbeitskräftepotential – bedingt durch diesen Zuzug, aber auch
durch den vermehrten Eintritt von Frauen und Älteren in den Arbeitsmarkt – zwischen 2010
und 2015 um rund 280.000 Personen bzw. 8 % gestiegen. Betrug das Arbeitskräftepotential
aus den neuen EU-Mitgliedsstaaten in Österreich vor der Arbeitsmarktöffnung Ende April
2011 nur 102.069, so stieg es im Vergleichsmonat 2014 auf 199.095, 2015 auf 222.882 und
2016 auf 242.268. Auch die Europäische Kommission hat in ihrer Frühjahrsprognose 2016
geschätzt, dass die österreichische Wirtschaft den Zuwachs im Arbeitskräfteangebot nicht voll
absorbieren wird können und ein weiterer Anstieg der Arbeitslosigkeit von 5,7 % des Jahres
2015 auf 5,9 % im Jahr 2016 und 6,1 % im Jahr 2017 zu erwarten ist (Quelle: European
Economic Forecast Spring 2016, European Commission, Institutional Papers 25, May 2016).
Die außergewöhnlich hohe Zahl an Schutzsuchenden im Jahr 2015 stellt in dieser Situation
eine zusätzliche Herausforderung dar. Dies wird auch daran sichtbar, dass lediglich 10,1 %
der Personen, die im Jahr 2015 in Österreich Asyl oder subsidiären Schutz erhielten und in
den letzten 18 Monaten einen Job gesucht haben, Ende Juni 2016 eine Beschäftigung
innehatten.
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Eine starke Zunahme an international Schutzberechtigten – die meisten Antragsteller auf
internationalen
Schutz
stammen
aus
Herkunftsstaaten
mit
einer
hohen
Asylanerkennungsquote – bedeutet eine Verfestigung der Arbeitslosigkeit in einem
schwierigen Arbeitsmarktsegment. Es ist davon auszugehen, dass von den rund 89.000 im
Jahr 2015 gestellten Anträgen auf internationalen Schutz der überwiegende Teil den Status
eines Asylberechtigten oder zumindest den Status eines subsidiär Schutzberechtigten – und
in weiterer Folge einen Arbeitsmarktzugang – erhalten wird. Bereits aktuell schlägt sich die
überdurchschnittlich hohe Zahl an international Schutzberechtigten des Vorjahres in der
Arbeitslosenstatistik
nieder:
Derzeit
(Stand:
Ende
August
2016)
sind
beim
Arbeitsmarktservice (AMS) 25.819 Asylberechtigte bzw. subsidiär Schutzberechtigte arbeitslos
vorgemerkt oder in Schulung; das ist ein Anstieg um rund 45 % gegenüber dem Vorjahr.
Betrachtet man die letzten drei Jahre, stieg die Zahl seit 2013 kontinuierlich an (2014:
12.019, 2015: 17.344) und hat sich bis Ende August 2016 mehr als verdoppelt. Auch in
Anbetracht des Ergebnisses einer gemeinsamen Studie von OECD und der Europäischen
Kommission, wonach es im Schnitt 15-20 Jahre dauert, bis sich die Beschäftigungsquoten
von Flüchtlingen jenen von Inländern angleichen, bedeutet diese Entwicklung eine
langfristige Herausforderung für den österreichischen Arbeitsmarkt.
Von sämtlichen beim AMS arbeitslos gemeldeten international Schutzberechtigten beziehen
etwa 70 %, also 18.293 Personen, die Mindestsicherung oder zumindest eine Aufstockung
auf diese. Die Erfahrung hat gezeigt, dass die meisten international Schutzberechtigten
mittelfristig im Segment der unqualifizierten Beschäftigung Anstellungsmöglichkeiten finden
werden, was auch daran liegt, dass mehr als 70 % maximal über einen Pflichtschulabschluss
verfügen. Ein im Niedriglohnbereich konzentriertes zusätzliches Angebot von Arbeitskräften
wird wiederum zu einer Verfestigung der Arbeitslosigkeit in einem ohnehin schwierigen
Arbeitsmarktsegment führen.“
Das Bundesministerium für Finanzen ersucht um entsprechende Berücksichtigung der
vorliegenden Stellungnahme.
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05.10.2016
Für den Bundesminister:
Mag. Heidrun Zanetta
(elektronisch gefertigt)
Prüfhinweis
Informationen zur Prüfung des elektronischen Siegels bzw. der
elektronischen Signatur finden Sie unter: https://amtssignatur.brz.gv.at/
Datum/Zeit
2016-10-05T11:17:10+02:00
Unterzeichner
Bundesministerium für Finanzen
Aussteller-Zertifikat
CN=a-sign-corporate-light-02,OU=a-sign-corporate-light-02,O=A-Trust Ges. f. Sicherheitssysteme im
elektr. Datenverkehr GmbH,C=AT
Serien-Nr.
956662
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