Merkmale der Spannung nach EN 50 160 Hof. 2016-10 1 Versuchsziel Die Qualität der elektrischen Energie wird in der EN 50160 anhand der Eigenschaften der Netzspannung beschrieben. Dieser Praktikumsversuch soll einen Einblick in diese Thematik verschaffen und beinhaltet Untersuchungen zu einigen charakteristischen Spannungsmerkmalen. 2 Grundlagen In der EN 50160 sind die Merkmale der Versorgungsspannung für Nieder- und Mittelspannungsnetze ausgeführt. Für den Versuch sind speziell die Bestimmungen der Niederspannung von Interesse und folgend dargestellt: 1) Netzfrequenz In Verbundnetzen muss der 10 s-Mittelwert der Grundfrequenz in folgenden Bereichen liegen: - 50 Hz 1 % (d. h. 49,5 bis 50,5 Hz) während 99,5 % des Jahres - 50 Hz+4 %/ -6 % (d. h. 47 Hz bis 52 Hz) während 100 % der Zeit. 2) Höhe der Versorgungsspannung: Die genormte Nennspannung Un (gleich der vereinbarten Spannung Uc) für öffentliche Niederspannungsnetze ist - für Drehstromnetze mit vier Leitern UN=230 V zwischen Außenleiter und Neutralleiter - für Drehstromnetze mit drei Leitern UN=230 V zwischen den Außenleitern 3) Langsame Spannungsänderungen: Unter normalen Betriebsbedingungen ohne Störungen bzw. Versorgungsunterbrechungen müssen - 95 % der 10 min-Mittelwerte der Effektivwerte eines Wochenintervalls innerhalb des Bereiches UN 10 % liegen. - alle 10 min-Mittelwerte der Effektivwerte eines Wochenintervalls innerhalb des Bereiches UN+10 %/-15 % liegen. 4) Schnelle Spannungsänderungen: Die Höhe schneller Spannungsänderungen darf in der Regel maximal 5 % UN betragen, unter bestimmten Umständen bis 10 % UN mit kurzer Dauer mehrmals am Tag. Flickerstärke: Unter normalen Betriebsbedingungen darf die Langzeitflickerstärke aufgrundvon Spannungsänderungen den Wert Plt=1 Während 95 % eines beliebigen Wochenzeitraumes nicht überschreiten. 1 Berechnungsvorschrift: Langzeitflickerstärke Plt 12 Pst i 3 , 12 Messung der Kurzzeitflickerstärke Pst im Zeitintervall von 10min. 3 i 1 5) Spannungseinbrüche: Anhaltswerte: Mehrzahl mit Dauer weniger als 1 s, Einbruchstiefe < 60 % von Un. In einigen Gegenden Einbruchtiefe auf 10 % bis 15 % Un. 6) Kurze Unterbrechungen der Versorgungsspannung: Anhaltswerte: 70 % der Unterbrechungen liegen unter 1 s Dauer. Manche Schutzsysteme brauchen bis zu 3 min. 7) Lange Unterbrechungen der Versorgungsspannung: Anhaltswerte: Jährlich zwischen <10 und <50 lange Unterbrechungen. Die Höhe der Spannung liegt unter 1 % UN und dauert länger als 3 min. 8) Zeitweilige netzfrequente Überspannungen: Treten zwischen Außenleiter und Erde bei Fehlern im öffentlichen Netz oder einer Kundenanlage auf. 9) Transiente Überspannungen zwischen Außenleiter und Erde: Kurzzeitige Überspannungen (bis 6 kV) mit einer Dauer von einigen Millisekunden. 10) Spannungsunsymmetrie: 95 % der 10 min-Mittelwerte des Effektivwertes der Gegensystemkomponente haben 2 % der Mitsystemkomponente während eines Wochenintervalls nicht zu überschreiten. 11) Oberschwingungsspannung: 95 % der 10 min-Mittelwerte des Effektivwertes der Oberschwingung dürfen den in Tabelle 1 genannten Wert in einem beliebigen Wochenintervall nicht überschreiten. Tabelle 1 Grenzwerte für 95% der 10min-Mittelwerte des Effektivwertes der Oberschwingung (die Angaben sind bezogen auf UN) Ungerade Harmonische Gerade Harmonische Nichtvielfache von 3 Vielfache von 3 Ordnung h uh in % Ordnung h uh in % Ordnung h uh in % 5 7 11 13 17 19 23 25 6,0 5,0 3,5 3,0 2,0 1,5 1,5 1,5 3 9 15 21 5,0 1,5 0,5 0,5 2 4 6 bis 24 2,0 1,0 0,5 2 Der Gesamtoberschwingungsgehalt ( THD 40 (u h 2 h )² ) darf einen Wert von 8 % UN nicht überschreiten. Die Begrenzung der zu messenden Oberschwingungsspannungen bis zur 40. Ordnung für die THD-Berechnung entspricht den üblichen Vereinbarungen. 12) Zwischenharmonische Spannung: Da keine gesicherten Erfahrungswerte vorhanden sind, erfolgt zur Zeit keine Festlegung. 13) Signalspannungen auf der Versorgungsspannung: In einigen Ländern werden die öffentlichen Netze zur Übertragung von Signalen benutzt. Dabei dürfen 99 % der 3 s-Mittelwerte der Signalspannung in Abhängigkeit von der Frequenz bestimmte Werte nicht überschreiten. Zur Vorbereitung des Versuchs werden zunächst folgende Themenkomplexe empfohlen: Grundlagen der Elektrotechnik: Zeitveränderliche Vorgänge, Dreiphasensystem Leistungselektronik 1: Netzrückwirkungen Elektronik 3: Analoge und digitale Signale Elektroenergieversorgung: Komplexe Schwingungsrechnung Weiterhin werden folgende Kenntnisse zur Problematik der Flicker vorausgesetzt: Schnelle Spannungsschwankungen verursachen in Leuchtmitteln eine Änderung der Leuchtdichte. Diese Leuchtdichteänderungen, die über das Auge physiologische Wirkungen hervorrufen, werden als Flicker bezeichnet. Die Reaktion des Menschen auf diese Wirkungen ist je nach Ursache und Zeitdauer subjektiv. Die Belastungsunterschiede entstehen durch: die Frequenz der Spannungsschwankung bei gepulsten Leistungen (höchste Belastung bei 18 Hz) die Blickrichtung Schwankungen mit flacheren bzw. steileren Flanken. Besonders deutlich sind Flicker in Leuchtstofflampen wahrnehmbar. Die Berechnungsvorschrift der Kurzzeitflickerstärke basiert auf der unterschiedlichen Wertigkeit der Pegeländerungen der einzelnen Effektivwertschwankungen während der Zeitspanne der Pst-Bildung. 3 3 Vorbereitungsaufgaben 3.1 Nennen Sie die Bedingungen für ein ideales, symmetrisches Dreiphasensystem nach EN 50160 und beweisen Sie dies rechnerisch! Stellen Sie die Ergebnisse in Zeigerbildern dar! 3.2 Gegeben sind folgende Werte eines Versorgungsnetzes: a) UL1 253 V UL2 230 V 240° UL3 207 V 120° b) 230 V 230 V 240° 0V c) 230 V 230 V 180° 0V d) 230 V 0V 0V Berechnen Sie jeweils die symmetrischen Komponenten und stellen Sie diese in Zeigerbildern dar! 3.3 Welches Frequenzverhältnis besteht zwischen der Grundschwingung und den einzelnen Harmonischen? Bestimmen Sie für eine digitale Signalerfassung die Abtastrate, die für eine Fourieranalyse bis zur 40. Harmonischen mindestens erforderlich ist! 4 Messaufgaben 4.1 Schnelle Spannungsänderungen Es werden Rückwirkungen auf die Netzspannung am Versorgungspunkt untersucht. - Starten Sie das Meßprogramm. Verwenden Sie die Meßvariante Kurzzeitmessung und betätigen Sie den Start Messung. Button In dem Dialogfenster sind Voreinstellungen für diese Messung vorzunehmen. Eintragen des Meßorts. Konfigurieren der Kanalbelegung und Beschriftung. Einstellen der Effektivwertbildung auf 0,1 s. Einstellen der Abtastrate auf 4000/s. Führen Sie einen Abgleich der Spannungseffektivwerte der einzelnen Messkanäle für die drei Phasen des Dreshstromnetzes durch! (Abgleichmöglichkeit nutzen, Abgleichen durch Eintrag eines Offsets, Vergleich beenden). Notieren Sie die Offset-Werte für den Versuchsteil 4.3! Bestätigen der Einstellungen mit dem Button Ok. - Beobachten die Spannungsverläufe auf dem Bildschirm für 10 Minuten und beenden Sie die Messung durch Klicken auf den Button STOP Messung. - Sichern Sie die ermittelten Daten durch Daten Speichern. - Um eine Auswertung vornehmen zu können, öffnen Sie die Auswertesoftware mit betätigen des Buttons Spannungsänderung. Auf dieser Oberfläche können Sie die Achsen des Graphen variabel einstellen, um sich die Spannungs-änderungen im Detail anzusehen. 4 - Drucken Sie das Diagramm aus! Es werden nur die Kanäle ausgedruckt, die aktiv sind, d. h. die Buttons der zu druckenden Kanäle müssen auf ON stehen. Verwenden Sie den Button Drucken! Im Dialogfenster geben Sie als Kommentar Ihre Versuchsgruppe ein. Wählen Sie die Druckerart (PDF-Writer ist voreingestellt)! Anschließend betätigen Sie die Taste Seitenansicht und verändern die Grenzen des Graphen wie oben beschrieben. Bestätigen Sie mit Ok und im Dialogfenster mit Drucken. - Beenden Sie die Auswertung mit Zurück und im Hauptprogramm mit Auswertung beenden. - Bewerten Sie die Rückwirkungen des Motorstarts auf die Netzspannung nach EN 50160. Nennen Sie Maßnahmen um diese Rückwirkungen verringern zu können. 4.2 Simulation unsymmetrischer Netzzustände Es werden Zustände des Netzes hergestellt, die im Fehlerfall oder bei Schieflast auftreten können. Dabei werden die Vorbereitungsaufgaben mit den Simulationsergebnissen verglichen. - Wählen Sie die Messvariante Langzeitmessung und betätigen Sie Start Messung. Konfigurieren der Kanalbelegung Einstellen der Abtastrate auf 16384 Betätigen des Tasters Fehlersimulation durchführen. Bestätigen der Einstellungen mit Ok. - Während der Simulation dient speziell das Zeigerbild mit der Wahlmöglichkeit Effektivwerte bzw. symm. Komponenten zur Veranschaulichung. - Stellen Sie Offset’s der Effektivwerte sowie der Phasenverschiebungs-winkel entsprechend den Vorbereitungsaufgaben 3.2 a) bis 3.2 d) ein. Übernehmen Sie die Meßwerte der symmetrischen Komponenten (U0, U1 und U2) und vergleichen Sie diese mit den Ergebnissen der Vorbereitungsaufgaben.! - Betätigen Sie Stop Messung und Auswertung beenden nach dem Ende der Simulation! - Führen Sie eine Bewertung der Betriebszustände durch! 4.3 Langzeitmessung verschiedener Spannungsmerkmale In diesem Teil sind die - Frequenzänderungen langsame Spannungsänderungen Spannungsunsymmetrien Oberschwingungsspannungen und Flicker, die über einen Zeitraum von zwei Stunden zu messen sind, zu bewerten. 5 - Verwenden Sie wieder die Meßvariante Langzeitmessung und betätigen Sie Start Messung. Eintragen des Meßorts. Konfigurieren der Kanalbelegung und Beschriftung. Einstellen der Mittelwertbildung auf 10 min. Einstellen der Abtastrate auf 16384 Für den Abgleich der Messkanäle verwenden Sie die unter 4.1 ermittelten Offset-Werte zur Korrektur. Bestätigen der Einstellungen mit dem Taster Ok. - Führen Sie die Messung für 120 Minuten durch und beenden Sie die Messung durch Klicken auf den Button STOP Messung. - Sichern Sie die ermittelten Daten durch Daten Speichern. - Führen Sie die Auswertung der einzelnen Merkmale durch. Drucken Sie die Messprotokolle der einzelnen Spannungsmerkmale aus. Verändern Sie dabei wieder die Skaleneinteilung der Ordinate so, damit die relevanten Werte optimal dargestellt werden. Werten sie die Messprotokolle aus und beantworten Sie zu den einzelnen Merkmalen die folgenden Fragen: 4.3.1 Nennen Sie die Gründe, weshalb die Frequenz der Netzspannung keinen größeren Schwankungen unterliegt! 4.3.2 Beschreiben Sie die zyklischen Schwankungen der Spannungshöhe! Versuchen Sie eine Ursache zu finden? 4.3.3 Wodurch können Spannungsunsymmetrien hervorgerufen werden? Nennen Sie Maßnahmen, um sie zu vermeiden! 4.3.4 Zu welcher Tageszeit treten Oberschwingungsspannungen mit höheren Amplituden auf? Nennen Sie die Gründe! 4.4 Beurteilung des Oberschwingungsverhalten von Lampen Nehmen Sie während der Langzeitmessung das Stromspannungsverhalten von verschiedenen Lampen auf! Beurteilen Sie anhand des Strom-Spannungs-Zeitverlaufs das - Blindleistungsverhalten (induktiv, kapazitiv) und - das zu erwartende Oberschwingungsspektrum! 6
© Copyright 2024 ExpyDoc