Presseunterlage Medizin-Standort

06.10.2016
Pressegespräch zur Stärkung des Medizin-Standorts
Wissenschaftsminister Reinhold Mitterlehner
mit
Vizekanzler
und
Medizin-Studienplätze für Österreicher weiterhin sichern,
Berufsausübung im Land attraktiveren
Vizekanzler Wissenschaftsminister Reinhold Mitterlehner setzt sich für die
notwendigen Maßnahmen ein, um die Medizin-Quote für Österreicher weiterhin
zu sichern und ausgebildete Absolventinnen und Absolventen im Land zu halten.
Gleichzeitig fordert er auch mehr Anstrengungen, um den Medizin-Standort
Österreich attraktiver zu gestalten.
Hohe Mobilität vor allem in der Medizin - daher Quoteneinführung
Im Ausbildungsbereich ist eine zunehmende Mobilität der Studierenden (v.a. aus
Deutschland) festzustellen. Österreich liegt mit 26,5 Prozent an ausländischen
Humanmedizinstudierenden
im
EU-Spitzenfeld.
Um
die
heimische
Gesundheitsversorgung zu sichern, wurde 2006 die Quotenregelung eingeführt:
75 Prozent der Medizin-Studienplätze sind für Österreicher vorgesehen, 20
Prozent für Studierende aus EU-Ländern, 5 Prozent für jene aus Drittstaaten.
Ohne Regelung wäre der Anteil Deutscher bis 2012 bei ca. 50 Prozent gelegen.
Bis Ende 2016 läuft die derzeit geltende Quote im Medizinstudium. Um den
Bedarf der Medizinquote zu untermauern, hat Österreich seit 2008 jedes Jahr
einen Bericht mit relevanten hochschulischen Daten bei der EU-Kommission
vorgelegt. Der Endbericht umfasst 181 Seiten und wurde Anfang dieser Woche
an die EU-Kommission übermittelt.
In Österreich gibt es derzeit 1.620 Studienplätze für Human- und Zahnmedizin.
Österreichweit haben sich heuer 15.130 Personen für Aufnahmeverfahren
angemeldet (rund 1.000 Personen mehr als 2015). In Humanmedizin, wo die
Herausforderungen am größten sind, haben im aktuellen Wintersemester 1.476
Studienanfänger begonnen. 75 Prozent Österreicher (1.184, inkl. Südtirol und
Luxemburg), 19,7 Prozent Deutsche (291) und 4,6 Prozent aus Nicht-EU-Ländern
(68). (restliche 0,7 Prozent oder 10 Personen aus anderen EU-Ländern).
Deutschland profitiert von hoher Ausbildungsqualität in Österreich
Während die Zahl der österreichischen Absolventen in Humanmedizin rückläufig
ist (-38 Prozent seit 2009/10), steigt die Zahl der deutschen Absolventen
(2009/10: 5 Prozent deutsche Absolventen, 2014/15: 18,4 Prozent). Österreich
kann von dieser Attraktivität aber nur bedingt profitieren. Für den Großteil ist das
Studium in Österreich nur ein vorübergehender Auslandsaufenthalt und nicht mit
der Absicht einer ärztlichen Tätigkeit in Österreich verbunden. Laut
Absolventenbefragung (im letzten Studienjahr) planen 60 Prozent der Deutschen
nach dem Studium zurück zu gehen, tatsächlich liegt der Anteil der Rückkehrer
10 bis 20 Prozent darüber. Zum Zeitpunkt des Studienabschlusses ist weniger als
die Hälfte (45 Prozent) der deutschen Absolventen in Österreich gemeldet, nur
10 Prozent lassen sich in die österreichische Ärzteliste eintragen, von den
österreichischen Absolventinnen und Absolventen hingegen 84 Prozent. Im
Schnitt standen nur 7,5 Prozent der dt. Absolventen der Jahrgänge 2008/09 bis
2011/12 dem Gesundheitssystem zur Verfügung. Hauptmotive für die Rückkehr
nach Deutschland sind familiäre
Überlegungen (44 Prozent).
Gründe
(45
Prozent)
und
berufliche
Folgen bei Wegfall der aktuellen Quote:
Ohne Quotenregelung würde es aufgrund der Erfahrungen in der Vergangenheit
zu einem noch höheren Anteil insbesondere deutscher Studierender kommen,
durch das unterschiedliche Migrationsverhalten mit drastischen Folgen für die
Gesundheitsversorgung:
a. Laut BMWFW-Berechnung wären ohne die Quote seit 2011/12 über 700
Medizin-Absolventen weniger in Österreich geblieben.
b. In Zukunft werden ohne die Quotenregelung bis zum Jahr 2030 rund
3.500 Ärztestellen im Gesundheitssystem fehlen (trotz rund 980 in Ö.
verbleibender MedFakLinz-Absolventen).
c. Verschärft wird die Situation durch einen stärker werdenden Ärztebedarf in
Deutschland von 45.000 Ärzten bis 2020 (Fehlbedarf bis 2030 bis zu
165.000 Ärzten, EU Health Workforce 2012).
Das heißt, dass Österreich trotz unterschiedlicher Maßnahmen zur Sicherung der
innerstaatlichen Gesundheitsversorgung den Bedarf in anderen großen Ländern
nicht kompensieren kann. Die Quotenregelung ist daher langfristig zur Sicherung
des österreichischen Gesundheitssystems erforderlich. Das BMWFW hat den
entsprechenden Abschlussbericht an die EU-Kommission übermittelt, bis
Jahresende folgen die politischen Gespräche. Angestrebt wird eine unbefristete
Verlängerung der Quote oder alternativ eine weitere befristete Verlängerung.
Medizinstandort und Berufsausübung in Österreich attraktivieren
2014/15 gab es in Österreich laut Ärztekammer an drei medizinischen
Universitäten und der PMU in Salzburg in Summe 1.255 Absolventen - aber nur
885 haben sich nach der Ausbildung in die Ärzteliste eintragen lassen
(Voraussetzung um als Arzt tätig zu werden). Nach der hochqualifizierten
Ausbildung in Österreich entscheiden sich demnach fast 30 Prozent gegen eine
medizinische Karriere in Österreich. Langfristig braucht es daher, unabhängig
vom Ausgang des Quoten-Verfahrens, Maßnahmen um den Medizinstandort
Österreich attraktiv zu halten und im Wettbewerb um die besten Ärzte zu
bestehen.
Das BMWFW hat im eigenen Wirkungsbereich bereits Maßnahmen gesetzt, vor
allem im Bereich der qualitativen Ausbildung, etwa die Reform von Studium &
Ausbildung (mehr Praxis, klinisch praktisches Jahr, „common trunk“, Verstärkung
des patientennahen Unterrichts etc.). Im Zuge der Umsetzung des
Ärztearbeitszeitgesetzes wurden die Gehälter der österreichischen Spitalsärzte
um bis zu 30 Prozent angehoben. Damit wurde ein vergleichbares Gehaltsniveau
wie in Deutschland erreicht. Durch die Errichtung einer neuen medizinischen
Fakultät in Linz wurden zusätzliche Studienplätze geschaffen. Mit den zu
erwartenden Absolventinnen und Absolventen des neuen Standortes (Studienjahr
2022/23 stehen 1.800 Medizinplätze zur Verfügung) kann ein Teil des
festgestellten Ärztebedarfs abgedeckt werden.
Die Ausbildung ist attraktiv und hat einen sehr guten Ruf, der MedizinArbeitsplatz Österreich nicht ausreichend. Auch Krankenanstaltsträger und
Länder als unmittelbare Arbeitgeber müssen Schritte setzen. Notwendig sind
attraktive Rahmenbedingungen für die Berufsausübung und die Turnus- und
Facharztausbildung vor Ort, Entlastung der Jungärzte von administrativen
Tätigkeiten und eine Stärkung der Pflege.
2
Studienplätze in Human- und Zahnmedizin, Studienjahr 2006 bis 2022
Tabelle 1: Absolventinnen
Sekundarabschlusses
Studienjahr
Gesam
t
und
Absolventen
Humanmedizin
nach
In
In
Österreich
In %
Deutschland
%
%
Staatenzugehörigkeit
Südtirol/
Luxemburg
des
In
andere
In %
%
Studienjahr 2014/15
1.160
100 %
860
74,1%
213
18,4%
30
2,6%
57
4,9%
Studienjahr 2013/14
1.225
100 %
882
72%
226
18,4%
38
3,1%
79
6,4%
Studienjahr 2012/13
1.168
100 %
823
70,5%
235
20,1%
38
3,3%
72
6,2%
Studienjahr 2011/12
1.381
100 %
1.015
73,5%
226
16,4%
47
3,4%
93
6,7%
Studienjahr 2010/11
1.428
100 %
1.094
76,6%
176
12,3%
52
3,6%
106
7,4%
Studienjahr 2009/10
1.683
100 %
1.393
82,8%
92
5,5%
77
4,6%
121
7,2%
Studienjahr 2008/09
1.774
100 %
1.491
84%
67
3,8%
100
5,6%
116
6,5%
Studienjahr 2007/08
1.797
100 %
1.566
87,1%
59
3,3%
59
3,3%
113
6,3%
Studienjahr 2006/07
1.456
100 %
1.251
85,9%
33
2,3%
52
3,6%
120
8,2%
Studienjahr 2005/06
1.569
100 %
1.343
85,6%
37
2,4%
65
4,1%
124
7,9%
Studienjahr 2004/05
1.645
100 %
1.421
86,4%
34
2,1%
73
4,4%
117
7,1%
Studienjahr 2003/04
1.519
100 %
1.298
85,5%
35
2,3%
77
5,1%
109
7,2%
Studienjahr 2002/03
1.777
100 %
1.561
87,8%
30
1,7%
61
3,4%
125
7%
Studienjahr 2001/02
1.034
100 %
886
85,7%
26
2,5%
40
3,9%
82
7,9%
Studienjahr 2000/01
1.034
100 %
1.330
89%
22
1,5%
48
3,2%
94
6,3%
Quelle: Datenmeldungen der Universitäten auf Basis UniStEV zum jeweiligen Stichtag Datenprüfung und aufbereitung: bmwfw, Fachexpertin für Hochschulentwicklung und Abt. IV/9
Kommentar: Die Entwicklung der Studienabschlüsse und der Zusammensetzung der Absolventinnen und Absolventen
nach Staatzugehörigkeit des Sekundarabschlusses zeigt insgesamt deutliche Effekte der seit 2005 geänderten
Zulassungsbedingungen. Die Zahl der Abschlüsse in Humanmedizin war nach dem Studienjahr 2007/08 rückläufig. Von
2012/13 auf 2013/14 ist die Abschlusszahl kurzfristig wieder angestiegen, sank allerdings von 2013/14 auf 2014/15
erneut auf den nun tiefsten Stand seit 2001/02. Der Rückgang der österreichischen Absolventinnen und Absolventen
von Studienjahr 2007/08 auf Studienjahr 2012/13 beträgt 47% (oder 743 Personen), womit sich der Österreicheranteil
in diesem Zeitraum nahezu halbiert hat. Seither gibt es eine geringfügige Steigerung um 4,5%. Die Zahl der deutschen
Absolventinnen und Absolventen hat sich im selben Zeitraum vervierfacht bzw. im relativen Anteil an den gesamten
Absolventinnen und Absolventen fast versechsfacht. Im Anteil machen sie beim Abschlussjahrgang 2014/15 18,4%
aus, die österreichischen Absolventinnen und Absolventen dagegen 74,1% (oder minus 13 Prozentpunkte gegenüber
Studienjahr 2007/08). Die Abschlusszahlen der Studierenden der übrigen Staatengruppen gingen im Zuge des
allgemeinen Rückgangs der Abschlusszahlen seit 2007/08 in der Anzahl ebenso deutlich zurück und sanken ab 2010/11
schließlich auch im relativen Anteil an den Gesamtabschlüssen kontinuierlich.
2
Tabelle 2: Aufnahmeverfahren Medizin (Human- und Zahnmedizin gesamt)
Verbindliche Anmeldungen/Bewerbungen1)
Universität
2016
w
m
Teilnehmer/innen am Zulassungstest
2015
gesamt
w
m
2016
gesamt
w
m
2015
gesamt
w
m
gesamt
MedUni Wien
4.474
3.045
7.519
4.071
2.841
6.912
3.653
2.409
6.062
3.355
2.302
5.657
Meduni Graz
1.832
1.347
3.179
1.722
1.317
3.039
1.544
1.101
2.645
1.417
1.106
2.523
Meduni Innsbruck
2.168
1.458
3.626
2.040
1.458
3.498
1.687
1.138
2.825
1.590
1.163
2.753
Uni Linz
475
331
806
359
238
597
351
245
596
283
193
476
Gesamtergebnis
8.949
6.181
15.130
8.192
5.854
14.046
7.235
4.893
12.128
6.645
4.764
11.409
1) Anzahl der Bewerber/innen, welche ihre Angaben durch Vorlage von Unterlagen bzw. Bewerbung bestätigt haben
Tabelle 3: Aufnahmeverfahren Medizin (Human- und Zahnmedizin gesamt)
Testergebnis ohne Quotenregelung2)
Universität
2016
w
m
Testergebnis gemäß Quotenregelung
2015
gesamt
w
m
2016
gesamt
w
m
2015
gesamt
w
m
gesamt
MedUni Wien
410
330
740
394
347
741
413
327
740
397
344
741
Meduni Graz
192
168
360
170
190
360
198
162
360
163
197
360
Meduni Innsbruck
229
171
400
206
194
400
226
174
400
202
198
400
Uni Linz
64
56
120
27
33
60
73
47
120
24
36
60
Gesamtergebnis
895
725
1.620
797
764
1.561
910
710
1.620
786
775
1561
2) fiktive Verteilung der verfügbaren Studienplätze ausschließlich anhand des Testergebnisses
3