vortrag-bankrecht-2016_final - Beate Anna Kirchner | bankrechtnetz

5. Frankfurter Anwaltsforum
8. April 2016
Aktuelles Bankrecht
Beate Anna Kirchner
RA und FA Bank- und Kapitalmarktrecht
1
Darlehensvertrag
Aktueller Stand Darlehenswiderruf
Verwendung „Frühestens“ in der Belehrung zum Fristbeginn
BGH , Urt. v. 28.6.2011 – XI ZR 349/10 und Urt. v. 1.3.2012 – III ZR 83/11 und Urt.
18.03.2014 – II ZR 109/13
Die Verwendung des Wortes frühestens ermöglicht es nicht, den Fristbeginn ohne weiteres zu
erkennen. (jetzt oder später?)
Frühestens befand sich auch im Muster
Gesetzlichkeitsfiktion zugunsten der Bank bei Verwendung der Musterbelehrung
2
Darlehensvertrag
Aktueller Stand Darlehenswiderruf
Gesetzlichkeitsfiktion bei Verwendung der Musterbelehrung
Schutzwirkung der Musterbelehrung:
Dabei kommt es nicht darauf an, ob die Veränderungen wesentlich sind oder sich negativ auf
Verständlichkeit der Belehrung auswirken. Maßgeblich ist allein, ob der Unternehmer den
Text der Musterbelehrung bei der Abfassung der Widerrufsbelehrung einer eigenen
inhaltlichen Bearbeitung unterzogen hat (vgl. BGH v. 10.02.2015, Az. II ZR 163/14, Juris Rdnr.
8; BGH v. 18.03.2014, Az. II ZR 109/13, Juris Rdnr. 18).
3
Darlehensvertrag
Aktueller Stand Darlehenswiderruf
Gesetzlichkeitsfiktion bei Verwendung der Musterbelehrung
OLG München, Urt. v. 9.11.2015 – 19 U 4833/14
Eine vorsorgl., inhaltl. zutreff. Belehrung über Vorauss. u. Folgen eines verbundenen
Geschäfts stellt keinen Verstoß geg. das sog. Deutlichkeitsgebot dar, auch wenn im konkr. Fall
kein verbundenes Geschäft vorliegt.
Die Kläger weisen dazu zwar zutreffend darauf hin, dass Art 246 b, § 2 III EG-BGB nicht für
Verbraucherdarlehensverträge gilt. Dafür gilt Anlage 7 zu Art. 247, §§ 6, 12 EGBGB. Dort hat
der Gesetzgeber in der Tat für die Zeit ab 24.07.2010 zu seinem Muster für eine
Widerrufsinformation für Verbraucherdarlehensverträge die Auffassung vertreten, dass der
Darlehensgeber sich zunächst festlegen müsse, ob im konkreten Fall ein verbundener Vertrag
gemäß § 358 BGB vorliege (vgl. BT-Drs. 17/1394 S. 27).
= Widerrufsfrist erloschen
4
Darlehensvertrag
Aktueller Stand Darlehenswiderruf
Gesetzlichkeitsfiktion bei Verwendung der Musterbelehrung
OLG FFM Urt. 23.12.2015 – 23 U 51/15
Fußnoten unschädlich,
Hinweis zu verbundenem Geschäft und Überlassung einer Sache unschädlich, da Hinweise
entfallen können, aber nicht müssen, (Gestaltungshinweis 10) Rd. 68 ; ebenso OLG HH, OLG
Schleswig,
= Widerrufsfrist erloschen
5
Darlehensvertrag
Aktueller Stand Darlehenswiderruf
OLG FFM , Urt. v. 27.1.2016 – 17 U 16/15
Grundstücksfinanzierung, kein verbundenes Geschäft iSd § 358 BGB
Fußnoten unschädlich,
aber es liegt kein finanziertes (= verbundenes Geschäft vor, trotzdem dafür belehrt
und die Formulierung zur Belehrung für Darlehensvertrag abweichend vom Muster , Rdnr. 29
(Zitat: …)
= Widerrufsfrist nicht erloschen
6
Darlehensvertrag
Aktueller Stand Darlehenswiderruf
Gesetzlichkeitsfiktion bei Verwendung der Musterbelehrung
LG FFM, Urt. v. 4.2.2015 - 2-19 O 149/14 Rdnr. 39
Auswechseln der Personalpronomina (ich/wir können) nicht als inhaltliche Bearbeitung zu
werten.
Bestätigt durch OLG Ffm , Urt. v. 17.9.2015 – 3 U 31/15
7
Darlehensvertrag
Urteil zum Deutlichkeitsgebot
BGH 23.2.2016 XI ZR 549/4 und XI ZR 101/15
Seit dem 11. Juni 2010 besteht keine Pflicht zur Hervorhebung der in einen
Verbraucherdarlehensvertrag aufzunehmenden Pflichtangaben zum Widerrufsrecht. Nach
dem zu diesem Zeitpunkt im Zusammenhang mit der Umsetzung der
Verbraucherkreditrichtlinie eingeführten Art. 247 § 6 Abs. 1 und Abs. 2 Satz 1 und 2 EGBGB*
müssen diese Pflichtangaben lediglich klar und verständlich sein, ohne dass damit deren
Hervorhebung angeordnet wird. Eine Pflicht zur Hervorhebung ergibt sich auch nicht aus Art.
247 § 6 Abs. 2 Satz 3 EGBGB*.
Zu den Ankreuzoptionen hat der XI. Zivilsenat entschieden, dass diese dem Gebot der klaren
und verständlichen Gestaltung einer formularmäßigen Widerrufsinformation in einem
Verbraucherdarlehensvertrag nicht entgegenstehen.
8
Darlehensvertrag
Urteil zum Deutlichkeitsgebot
OLG Stuttgart, Urteil vom 05. Februar 2015 – 2 U 81/14 –, juris
Wie Informations- und Aufklärungsobliegenheiten gegenüber dem Verbraucher
aus anderen Rechtsnormen, beispielsweise diejenigen aus §§ 5, 5a UWG, sind auch
die Informationspflichten nach § 495 BGB i.V.m. Art. 247 § 6 EGBGB am neuen
Verbraucherleitbild orientiert und haben daher nicht mehr den schwächsten
Verbraucher zum Maßstab. Abzustellen ist auf das Verständnis eines
durchschnittlich informierten und durchschnittlich verständigen Verbrauchers, der
einer Werbung die der Situation angemessene Aufmerksamkeit entgegenbringt
(BGHZ 156, 250, 252 - Marktführerschaft; BGH, Urteile vom 30. Juni 2011 - I ZR
157/10, GRUR 2012, 184, Rn. 19 = WRP 2012, 194 - Branchenbuch Berg; und vom
08. März 2012 - I ZR 202/10, MDR 2012, 1238, bei juris Rz. 19 - Marktführer Sport).
Denn die Norm dient nicht dem Schutz einer bestimmten, besonders
schutzbedürftigen Bevölkerungsgruppe.
9
Darlehensvertrag
Urteil zum Deutlichkeitsgebot
OLG Stuttgart, Urteil vom 05. Februar 2015 – 2 U 81/14 –, juris
Der Gesetzeszweck erfordert nicht, dass eine Hervorhebung der
Widerrufsbelehrung in einer Form geschieht, die sich in dem Vertragsentwurf in
gleicher Weise in Bezug auf keine andere zu gebende Belehrung oder Information
findet.
10
Darlehensvertrag
Urteil zum Deutlichkeitsgebot
OLG Stuttgart, Urteil vom 05. Februar 2015 – 2 U 81/14 –, juris
Zu den Ankreuzoptionen
Ausgehend von den Leitlinien dieser Rechtsprechung ist ein Formular, in dem
Widerrufsbelehrungen für verschiedene Vertragstypen enthalten sind, dann nicht
unlauter, noch in sonstiger Weise unzulässig, wenn die einzelnen Belehrungen klar
und deutlich voneinander getrennt sind, für den Verbraucher leicht zu erkennen
ist, welche Erklärung sich auf den von ihm abgeschlossenen Vertrag bezieht und
diese Belehrung für sich genommen den gesetzlichen Anforderungen genügt.
11
Darlehensvertrag
Verwirkung und Rechtsmissbrauch, § 242 BGB
Verwirkung : Anwendungsfall widersprüchliches Verhalten,
Jahrelanges vertragskonformes Zahlen – Verbraucher wussten aber nicht, dass
Widerrufsbelehrung fehlerhaft war, anders ggf. bei Prolongation, neue
Vereinbarungen
Zeit- und Umstandsmoment liegen vor: OLG Köln, Urt. v. 25.01.2012 – 13 U 30/11;
OLG Düsseldorf, Urt. v. 9.1.2014 – I-14 U 55/13;
Rechtsmissbrauch: Das Ausnutzen einer formalen Rechtsposition auf Kosten des
Kreditinstituts sei nicht mit dem Sinn und Zweck des Widerrufsrechts als
Bedenkzeit für den Vertragsschluss zu vereinbaren, vgl. OLG FFM, Urt. v. 17.9.2015
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Darlehensvertrag
Aktueller Stand Darlehenswiderruf
Unzulässige Rechtsausübung liegt vor:
OLG FFM, 17.9.2015 – 3 U 31/15
Leitsatz:
Diese Motivation ist vom Gesetzgeber für die Ausübung des Widerrufsrechts nach § 355 BGB
schlechthin nicht vorgesehen. Die nachträgliche Berufung auf eine fehlerhafte
Widerrufsbelehrung Jahre nach dem Darlehensvertragsschluss, nach Inanspruchnahme der
Darlehensvaluta und jahrlanger Rückzahlung der Darlehensvaluta allein zur Durchsetzung
günstigerer Zinskonditionen stellt sich im Sinne von § 242 BGB als unzulässige
Rechtsausübung dar.
Nachgehend: BGH, 1.2.2016 – XI ZR 471/15: Vergleich
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Darlehensvertrag
Aktueller Stand Darlehenswiderruf
Verwirkung:
Liegt nicht vor: OLG HH, Urt. v. 22.12.2014 – 13 U 53/14, OLG Celle, Urt. v.
4.12.2014 – 13 U 205/13 , OLG Hamm, Urt. v. 11.12.2013 – 31 U 127/13, OLG
Zweibrücken , Beschluss 10.5.2012 – 7 U 84/09; OLG München, Urt. v. 27.03.2012
– 5 U 4557/11, OLG Brandenburg, Urt. v. 14.04.2011 – 6 U 55/08.
OLG Hamburg a.a.O.: Eine Bank handelt ihrerseits treuwidrig und verliert ihrerseits
einen etwaigen Anspruch, sich auf Verwirkung oder Rechtsmissbrauch zu berufen,
wenn sie ihre Kunden nicht auf das weiterhin bestehende Widerrufsrecht
hingewiesen hat.
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Darlehensvertrag
Aktueller Stand Darlehenswiderruf
Streitwert
BGH, Beschluss vom 12.01.2016- XI ZR 366/15
Danach soll sich der Wert unabhängig von der konkreten Antragsstellung nach dem
Erstattungsanspruch des Verbrauchers richten, der sich aus den bisherigen Zinsund Tilgungsleistungen ergibt.
Die wirtschaftliche Realität sieht demgegenüber so aus, dass der Verbraucher sich
durch den Widerruf in erster Linie aus der zukünftigen Verpflichtung befreien will.
Sein Interesse ist also umso höher, je länger der Vertrag noch laufen würde.
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Darlehensvertrag
Aktueller Stand Darlehenswiderruf
Gesetz zur Umsetzung der Wohnimmobilienkreditrichtlinie
In Kraft ab 21.3.2016
Bei Immobiliardarlehensverträgen, die zwischen dem 1. September 2002 und dem
10. Juni 2010 geschlossen wurden, erlischt ein fortbestehendes Widerrufsrecht
spätestens drei Monate nach dem 21. März 2016, (Änderung des EGBGB) .
Ablauffrist: 21. Juni 2016
Zitat des Staatssekretärs des BMJV zum Gesetzesbeschluss
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Darlehensvertrag
§ 356 b Abs. 2 Satz 4 BGB neu: (bei Vertragsabschlüssen ab 21.3.2016)
Das Widerrufsrecht bei einem Immobiliar-Verbraucherdarlehensvertrag erlischt
spätestens zwölf Monate und 14 Tage nach dem Vertragsschluss …“
Ergo: Widerrufsrecht bei Allgemein-Verbraucherdarlehensvertrag ist nicht befristet
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Darlehensvertrag
Kündigung durch die Bank bei Verzug, BGH, Urt. v. 19.1.2016 – XI ZR 103/15
Einem Kreditinstitut steht bei bankseitiger Kündigung infolge Zahlungsverzugs des
Darlehensnehmers neben dem Verzugsschaden kein Anspruch auf Vorfälligkeitsentschädigung zu.
Entgegen der Auffassung des Berufungsgerichts enthält die Vorschrift des § 497 Abs. 1
BGB aF eine spezielle Regelung zur Schadensberechnung bei notleidenden Krediten,
die vom Darlehensgeber infolge Zahlungsverzugs des Darlehensnehmers vorzeitig
gekündigt worden sind. Sie schließt die Geltendmachung der von der Beklagten als
Ersatz ihres Erfüllungsinteresses verlangten Vorfälligkeitsentschädigung aus.
18
Darlehensvertrag/AGB
BGH, Urt. v. 19.1.2016 – XI ZR 388/14
Eine Klausel in einem DV zwischen einem Kreditinstitut und einem Verbraucher ist
unwirksam, wonach im Falle vorzeitiger Vollrückzahlung des Darlehens zukünftige
Sondertilgungsrechte des Kunden bei der Berechnung der Vorfälligkeitsentschädigung
unberücksichtigt bleiben.
„Wie das Berufungsgericht ferner zutreffend ausgeführt hat, hält die beanstandete
Klausel einer Inhaltskontrolle nicht stand. Sie ist vielmehr nach § 307 Abs. 1 Satz 1,
Abs. 2 Nr. 1 BGB unwirksam, weil die generelle Nichtberücksichtigung vereinbarter
künftiger Sondertilgungsrechte bei der Berechnung einer Vorfälligkeitsentschädigung
mit wesentlichen Grundgedanken der gesetzlichen Regelung unvereinbar ist und die
Kunden der Beklagten entgegen den Geboten von Treu und Glauben unangemessen
benachteiligt.“
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Darlehensvertrag/AGB
BGH, Urt. v. 19.1.2016 – XI ZR 388/14
Wesentlicher Grundgedanke des § 490 Abs. 2 Satz 3 BGB ist der Ausgleich der
Nachteile, die dem Darlehensgeber durch die im Interesse des Darlehensnehmers
ausnahmsweise zulässige vorzeitige Kündigung des Darlehensvertrages und die
Rückzahlung der Darlehensvaluta entstehen. Die Höhe der Vorfälligkeitsentschädigung
ist dabei so zu bemessen, dass der Darlehensgeber durch die Kreditablösung im
Ergebnis weder finanziell benachteiligt noch begünstigt wird. Dieses Leitbild der
Vorfälligkeitsentschädigung ist bereits der Legaldefinition des § 490 Abs. 2 Satz 3 BGB
("Schaden…, der…aus der vorzeitigen Kündigung entsteht") zu entnehmen. Darüber
hinaus folgt es aus den Rechtsprechungsgrundsätzen des Senats, die angesichts ihrer
ausdrücklichen Inbezugnahme in der Gesetzesbegründung zur Einführung der Norm
(BT-Drucks. 14/6040, S. 255) einen wesentlichen Grundgedanken dieser Regelung
darstellen. Die generelle Nichtberücksichtigung vereinbarter künftiger
Sondertilgungsrechte bei der Bemessung einer Vorfälligkeitsentschädigung führt zu
einer … von der Schadensberechnung nicht gedeckten Überkompensation der
Beklagten.
20
AGB
Klausel zum ordentlichen Kündigungsrecht
(Geschäftsbeziehung/einzelne Geschäftszweige)
BGH, Urt. v. 5. Mai 2015 - XI ZR 214/14
Die Bestimmung in Nr. 26 Abs. 1 AGB-Sparkassen in der Fassung vom 1. November 2009
"Soweit keine zwingenden Vorschriften entgegenstehen und weder eine Laufzeit noch
eine abweichende Kündigungsregelung vereinbart ist, können sowohl der Kunde als auch
die Sparkasse die gesamte Geschäftsbeziehung oder einzelne Geschäftszweige jederzeit
ohne Einhaltung einer Kündigungsfrist kündigen. Kündigt die Sparkasse, so wird sie den
berechtigten Belangen des Kunden angemessen Rechnung tragen, insbesondere nicht zur
Unzeit kündigen.
Für die Kündigung eines Zahlungsdiensterahmenvertrages (z. B. Girovertrag oder
Kartenvertrag) durch die Sparkasse beträgt die Kündigungsfrist mindestens zwei Monate."
ist intransparent und nach § 307 Abs. 1 Satz 1 und 2 BGB gegenüber Verbrauchern
unwirksam, soweit sie das Recht der Sparkasse zur ordentlichen Kündigung betrifft.
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AGB
Klausel Ausstellung Ersatzkarte
BGH, Urt. v. 20.10.2015 – XI ZR 166/14
Eine Entgeltklausel für die Ausstellung einer Ersatzkarte (Zahlungsverkehrskarten) in
den AGB einer Bank ist unwirksam.
Rdnr. 26 – juris:
Hat der Zahlungsdienstleister die Erstkarte … gesperrt und sind die Gründe für die
Sperrung nicht mehr gegeben, trifft den Zahlungsdienstleister … die gesetzliche
Nebenpflicht, dem Kunden ein neues Zahlungsauthentifizierungsinstrument
auszustellen, wenn - wie im Falle des Abhandenkommens oder des Diebstahls der
Erstkarte - die bloße Entsperrung nicht in Betracht kommt. Für die Erfüllung dieser
gesetzlichen Nebenpflicht kann der Zahlungsdienstleister … kein Entgelt verlangen.
22
AGB
Zinsanpassungsklausel
OLG Düsseldorf, Urt. v. 05.05.2014 - I-9 U 64/13
Nur dann benachteiligt ein formularmäßig vereinbartes Zinsanpassungsrecht einer
kreditgebenden Bank den Kunden, der auch Unternehmer sein kann, nicht
unangemessen i.S.d. § 307 Abs. 1 S. 1 BGB, wenn das Äquivalenzverhältnis gesichert
ist, d.h. die Klausel eine Bindung der Bank an den Umfang des Kostenanstiegs vorsieht
und eine Verpflichtung der Bank, die insoweit kein Ermessen hat, enthält,
Kostenminderungen an die Kunden weiterzugeben (vgl. BGH, Urteil vom 21. April
2009, XI ZR 78/08, BGHZ 180, 257).
23
Bausparverträge
Bausparsumme
Ansparphase
Bausparguthaben
Bauspardarlehen
24
Kündigung von Bausparverträgen
§ 489 Abs.1 BGB:
Der Darlehensnehmer kann einen Darlehensvertrag mit gebundenem Sollzinssatz ganz oder
teilweise kündigen,
1…
2.
in jedem Fall nach Ablauf von zehn Jahren nach dem vollständigen Empfang unter Einhaltung
einer Kündigungsfrist von sechs Monaten; wird nach dem Empfang des Darlehens eine neue
Vereinbarung über die Zeit der Rückzahlung oder den Sollzinssatz getroffen, so tritt der Zeitpunkt
dieser Vereinbarung an die Stelle des Zeitpunkts des Empfangs.
25
Kündigung von Bausparverträgen
OLG Hamm, Hinweisverfügung v. 26.10.2015 – I-31 U 182
Die Kündigung von BSV zehn Jahre nach erstmaliger Zuteilungsreife
ist nach § 489 Abs. 1 Nr. 2 BGB rechtswirksam.
Das Landgericht hat den Bausparvertrag in der Ansparphase zutreffend als
Darlehensvertrag qualifiziert (vgl. auch Palandt-Weidenkaff BGB, 74. Auflage, Vorb v §
488 Rz. 17). Die herrschende Meinung sieht in dem Bausparvertrag einen
einheitlichen Darlehensvertrag mit der Besonderheit, dass Bausparkasse und
Bausparer mit der Inanspruchnahme des Bauspardarlehens ihre jeweiligen Rollen als
Darlehensgeber und Darlehensnehmer tauschen (vgl. OLG Stuttgart, Beschluss vom
14.10.2011, 9 U 151/11, Juris Rz. 7).
26
Kündigung von Bausparverträgen
Entgegen der Auffassung des Klägers ist § 489 I Nr. 2 BGB auf den vorliegenden
Sachverhalt anwendbar. Unrichtig ist die Auffassung des Klägers, dass die Laufzeit des
Darlehens des Bausparers an die Bausparkasse durch den Zeitpunkt festgelegt sei, an
dem sich die jeweilige Rolle der Parteien umkehrt, was erst mit der Inanspruchnahme
des Bauspardarlehens der Fall sei. Der Kläger verkennt in diesem Zusammenhang, dass
es - wie der vorliegende Sachverhalt zeigt - bei einem Bausparvertrag nicht zwingend
zu einer Zuteilung der Bausparsumme kommen muss, weshalb im Zeitpunkt des
Vertragsabschlusses gerade nicht feststand, wann die Zuteilung des Bausparvertrages
und des Bausparerdarlehens erfolgen würde. Vor diesem Hintergrund ist § 489 Abs. 1
Nr. 2 BGB auf den vorliegenden Sachverhalt anwendbar (vgl. auch OLG Frankfurt,
Beschluss vom 02.09.2013, 19 U 106/13 Juris Rz. 6; LG Dortmund, Urteil vom
18.02.2011, 3 O 397/10, Juris Rz. Rz. 37 ff.).
(OLG Hamm, Beschluss vom 26. Oktober 2015 – I-31 U 182/15, 31 U 182/15 –, Rn. 17,
juris)
27
Kündigung von Bausparverträgen
LG Karlsruhe – Urt. v. 9.10.2015 – 7 O 126/15
Der Bausparkasse steht ein Recht zur Kündigung eines Bausparvertrags aus § 489 Abs.
1 Nr. 2 BGB nicht zu, solange das Bauspardarlehen nicht zugeteilt und die vereinbarte
Bausparsumme nicht vollständig angespart wurde. Da die Bausparkasse während der
Ansparphase des Bausparvertrags eine Doppelrolle als Darlehensnehmerin und
Darlehensgeberin innehat, ist der Anwendungsbereich von § 489 BGB nicht eröffnet.
28
Kündigung von Bausparverträgen
LG Stuttgart, Urt. v. 22.12.2015 – 12 O 97/15
Ausgehend von der Einordnung des BSV als DV steht der grds. Anwendbarkeit des §
489 Abs. 1 Nr. 2 BGB nichts entgegen.
Die Tatbestandsvoraussetzungen von § 489 Abs. 1 Nr. 2 BGB liegen jedoch nicht vor.
Zwar handelt es sich um ein Darlehen mit gebundenem Zinssatz, jedoch ist das
Darlehen noch nicht im Sinne der Norm „vollständig empfangen“.
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Kündigung von Bausparverträgen
OLG Stuttgart, Urt. v. 30.03.2016 – 9 U 171/15
Kündigung 22 Jahre nach Zuteilungsreife
Der Senat hält die Kündigung der Bausparkasse für unberechtigt. Diese könne sich
nicht auf die Vorschrift des § 489 Abs. 1 Nr. 2 BGB berufen, wonach ein
Darlehensnehmer das Darlehen zehn Jahre nach dessen vollständigem Empfang
kündigen könne. Nach den Allgemeinen Bausparbedingungen (§ 5 Abs. 1 ABB) sei der
Bausparer verpflichtet, Regelsparbeiträge bis zur erstmaligen Auszahlung der
Bausparsumme zu zahlen. Vor Ende dieser Pflicht habe die Bausparkasse das als
Darlehen anzusehende Guthaben nicht vollständig empfangen. Der Zeitpunkt der
Zuteilungsreife spiele nach den Vertragsbedingungen keine Rolle.
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