Branchenstudie Windenergie

Branchenstudie
WINDENERGIE
Windenergie
September 2016
2014
Inhaltsverzeichnis
Einleitung
2
1
Entwicklung der Windenergie
5
1.1
Aktuelle Entwicklung Global
5
1.2
Aktuelle Entwicklungen in Europa
1.2.1 Marktentwicklung und Trends
1.2.2 Umbau der Förderregime
1.2.3 Erfahrungen mit Ausschreibungsverfahren
1.2.4 Strompreise und -gestehungskosten
7
7
13
15
16
2
Europas Windmärkte
19
2.1
Kernmärkte im Fokus
2.1.1Deutschland
2.1.2Frankreich
2.1.3Großbritannien
2.1.4Irland
2.1.5Belgien
2.1.6Niederlande
2.1.7Dänemark
2.1.8Finnland
2.1.9Schweden
2.1.10Norwegen
2.1.11Polen
2.1.12 Baltische Staaten
2.1.13Italien
2.1.14Spanien
2.1.15Portugal
2.1.16Rumänien
2.1.17Türkei
19
19
25
28
32
35
38
42
44
47
51
55
58
62
65
68
70
72
2.2
Fördersysteme im Überblick
74
3Marktprognose
75
Abkürzungsverzeichnis
77
Impressum
78
Disclaimer
78
Urheberrecht
78
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BRANCHENSTUDIE WINDEnERGIE
September 2016
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BRANCHENSTUDIE WINDENERGIE
Einschätzung internationaler Perspektivmärkte
Einleitung
Größer, höher, effizienter und immer günstiger – die Windenergie schreitet in vielerlei Hinsicht voran und steuert in vielen Ländern
mittlerweile signifikante Beiträge zur Stromversorgung bei. Weltweit wurden im vergangenen Jahr Windenergieanlagen mit einer
Nennleistung von insgesamt rund 63 GW in Betrieb genommen. Das bedeutete ein neues Rekordvolumen und mit fast 22% mehr als in
2014 ein unerwartet starkes Wachstum. Mit einem Zubau von gut 30 GW war China hierbei klar die Triebfeder. Doch auch in Europa
ging mit 13,8 GW so viel Anlagenleistung ans Netz wie nie zuvor. Während die Windkraft auch im Jahr 2015 global weiter an regionaler
Verbreitung gewonnen hat, werden in den etablierten Windmärkten dank der kontinuierlichen Weiterentwicklung von Anlagentechnik und Windparksteuerung auch neue Potenzialflächen erschlossen. Ob an Schwachwindstandorten, auf See oder in Regionen mit
herausfordernden Witterungsbedingungen – die Anlagentechnik bietet heute für unterschiedlichste Standortbedingungen effiziente
Lösungen. Gut dreißig Jahre nach dem Beginn ihrer kommerziellen Nutzung ist die Windenergie erwachsen geworden. Windstrom
wird marktseitig zusehends voll in die Strommärkte integriert und bedarf in sinkendem Maße einer staatlichen Förderung.
Angesichts dieser Entwicklung beschäftigt sich die Branchenstudie Windenergie, zwei Jahre nach der Publikation der letzten Fassung,
erneut mit den aktuellen Entwicklungen auf dem Markt der Windenergie. Wie gewohnt geht es primär um die Perspektiven wichtiger
europäischer Märkte: Was sind die politischen Rahmenbedingungen, wie wurden die Fördersysteme weiterentwickelt? Welchen Stellenwert hat die Windenergie in den nationalen Stromerzeugungsstrukturen, welche Rahmenbedingungen hinsichtlich Nutzung, Verfügbarkeit und Bedarf gibt es und welche Ausbauziele verfolgen die einzelnen Länder? Die Studie beschäftigt sich nicht mit einzelnen
Herstellern und Anlagentechnologien. Auch Strommarktdesign, Kapazitätsmärkte, Emissionszertifikate, der Ausbau der Stromnetze,
die Stromspeicherung und die Elektrifizierung auf dem Feld der Gebäudeheizung oder im Transportsektor sind ebenso nicht Fokus dieser Studie. Gleichwohl sind alle diese Themenfelder für das Gelingen der Energiewende und die weitere Entwicklung der Windenergie
durchaus maßgeblich.
Eine besondere Relevanz für die weitere Entwicklung des Ausbaus der Windenergie hat das Thema Kosten. Für die Antwort auf die Frage, was denn Strom aus Windenergie eigentlich kostet, gibt es eine Vielzahl unterschiedlicher Herangehensweisen, die ebenso selbstverständlich ihre Berechtigung haben, wie sie vielfach interessengetrieben betrachtet werden. Diese Studie beschränkt sich diesbezüglich
methodisch auf die Berechnung der so genannten Stromgestehungskosten. Bei diesem Ansatz werden über die typische Anlagennutzungsdauer die Stromerträge einer Erzeugungstechnologie zu deren fixen und variablen Kosten ins Verhältnis gesetzt. Angesichts niedriger Betriebskosten haben hierbei insbesondere die durchschnittlichen Kapitalkosten, über die die für Windenergieanlagen typischen
hohen spezifischen Investitionskosten berücksichtigt werden, einen erheblichen Einfluss auf die Stromgestehungskosten. Aufgrund sehr
unterschiedlicher natürlicher Voraussetzungen und nationaler Besonderheiten gibt es auf die Frage nach den Stromgestehungskosten
der Windenergie keine einheitliche Antwort, sondern vielmehr ländertypische Bandbreiten. Als europaweit aktiver Projektfinanzierer
auf dem Feld der Erneuerbaren Energien können wir auch hier unsere Expertise aus der Projektfinanzierung einbringen.
Alles, was mit dem Thema Energieversorgung zu tun hat, besitzt in besonderem Maße eine politische Dimension. Zielkonflikte mit
anderen Politikfeldern, wie insbesondere dem Umweltschutz sind dabei unvermeidlich. Wesentliche Rahmenbedingungen auf dem
Feld der Energie- und der Umweltpolitik werden heute in Europa von den Staaten nicht mehr autark gesetzt, sondern kooperativ auf
Ebene der Europäische Union vereinbart und vorangetrieben. Nachdem anfangs die Liberalisierung der Energiemärkte und die Schaffung eines Binnenmarktes für Energie im Vordergrund standen, ist vor dem Hintergrund der voranschreitenden globalen Erwärmung
längst die EU-Klimapolitik zum Haupttreiber für die Energiemärkte geworden. Wie die Energy Roadmap der EU-Kommission bis
zum Jahr 2050 zeigt, ist nicht weniger als eine weitgehende Umstellung der gesamten Energieversorgung von fossilen Energieträgern
auf Erneuerbare Energiequellen zu leisten, wenn das CO2-Einsparziel von 80% bis 95% erreicht werden soll. Auf dem Weg dahin
sind die verbindlichen Klimaschutzziele der EU-Länder für das Jahr 2020 ein erster, noch relativ leicht zu gehender Schritt. Schon die
nächste Dekade wird erheblich höhere Anstrengungen erfordern, um die von der EU-Kommission auf der Pariser UN-Klimakonferenz
Ende 2015 gemachten Zusagen zu operationalisieren und umzusetzen. Zumindest eines ist sicher: Das natürliche Energieangebot an
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Solarstrahlung und Wind ist überreichlich vorhanden und sowohl mit der Photovoltaik als auch mit der Windenergie technologisch
zu niedrigen Kosten zur Stromerzeugung nutzbar. Die zentrale Herausforderung liegt künftig aber nicht nur darin, mehr Wind- und
Solarstrom zu erzeugen, sondern diese Strommengen auch so nutzbar zu machen, dass eine jederzeitige Versorgungssicherheit gewährleistet bleibt. Der Strommarkt und die Stromnetze stehen dabei an vorderster Front. Eine langfristige Umstellung der Stromerzeugung
zu wesentlichen Teilen auf Erneuerbare Energien bedeutet für die Stromnetze eine große Herausforderung, denn diese werden dadurch
in zunehmendem Maße mit einer schwankenden Stromerzeugung konfrontiert sein. Zudem müssen größere Strommengen über erheblich größere Entfernungen transportiert werden müssen. Des Weiteren wird der Strombedarf durch die erforderliche Elektrifizierung
des Transportsektors und auf dem Feld der Gebäudeheizung tendenziell weiter steigen. Der Ausbau der Erneuerbaren Energien muss
daher von einem umfassenden Maßnahmenbündel u.a. aus Netzertüchtigungen, internationalen Stromnetzverbünden, Stromspeichern
und einer Flexibilisierung und Dezentralisierung der Stromnachfrage begleitet werden. Ohne leistungsfähige und intelligente Stromnetze ist das nicht zu schaffen. Netzausbau und Windenergieanlagenzubau müssen daher mit zunehmendem Windstromanteil aufeinander
abgestimmt werden, wenn es nicht zu gravierenden Ineffizienzen kommen soll, wie etwa in China, das im vergangenen Jahr etwa 15%
der nationalen Windstromerzeugung im Land wegen Netzengpässen nicht in das Netz einspeisen konnte.
Die marktseitige Integration großer Windstrommengen verursacht allerdings nicht nur direkte und indirekte Kosten (Förderung, Netzausbau), sondern bringt auch tagtäglich Vorteile mit sich. So dämpft Windstrom dank des Merit-Order-Effekts, der die Einsatzrangfolge
der jeweils günstigsten Kraftwerke beschreibt, den Preis an den Strombörsen und könnte so die Stromverbraucher entlasten. An windreichen, verbrauchsschwachen Tagen kann es in einigen Ländern bereits jedoch dazu kommen, dass der Strompreis auf Null fällt oder
gar negativ wird. Solche Konstellationen sind allerdings gesamtwirtschaftlich schädlich, da dann kein im Betrieb befindliches Kraftwerk
seine Grenzkosten verdienen kann. Weiter steigende Windstrommengen drohen dieses bisher auf wenige und kurze Zeitfenster begrenzte Problem künftig zu verschärfen. Insofern besteht hier Handlungsbedarf für die Politik, noch mehr für die Flexibilisierung der
Stromnachfrage zu tun, statt darauf zu warten, dass die Strompreisentwicklung den Akteuren am Strommarkt hierfür die entsprechenden Anreize bietet.
Während die Frage nach der grundsätzlichen Förderwürdigkeit der Windenergie jedes Land für sich selbst beantworten muss, rückt vor
dem Hintergrund weiter gesunkener Stromgestehungskosten zwangsläufig die Frage in den Fokus, wie viel Förderung noch nötig ist und
wie Fördermittel möglichst effizient eingesetzt werden können. Hier hat die EU-Kommission als oberste Entscheidungsinstanz bei staatlichen Energie- und Umweltbeihilfen den Mitgliedsländern im Jahr 2014 neue Leitlinien für bzw. Anforderungen an die Ausgestaltung
der nationalen Fördersysteme vorgegeben, die ab dem Jahr 2017 in vollem Umfang einzuhalten sind. Im Kern geben diese eine volle
Marktintegration der Windenergie in den Strommarkt sowie eine strikt wettbewerbliche Ermittlung der Förderhöhe vor. Zwar bleiben
auch künftig Quotensysteme mit handelbaren „Grünen Zertifikaten“ zulässig, einen solchen Förderweg verfolgen aber mit Schweden,
Norwegen und Rumänien nur noch drei der größeren Windenergiemärkte in Europa. Die ganz überwiegende Mehrheit hat ihre Fördersysteme hin zu Marktprämienmodellen mit auktionsbasierter Ermittlung der Förderhöhe weiterentwickelt bzw. plant dies zu tun. In
einem solchen Modell sind die Stromvermarktung und die Zahlung der Zusatzvergütung strikt voneinander getrennt. Ab 2017 werden
die Anlagenbetreiber mit Geboten über die verlangte Förderhöhe miteinander konkurrieren müssen. Nur die niedrigsten Gebote erhalten dann den Zuschlag für ihr Projekt. Wer zu teuer ist, geht leer aus. Während der Auktionszwang in vielen Ländern für die Projektierer
eine zusätzliche Unwägbarkeit bedeutet und ihnen noch mehr Flexibilität abverlangt, erleichtern Auktionen den Staaten künftig die
Steuerung des Zubaus und damit eine bessere Verzahnung mit dem Netzausbau. Hierbei kommt es darauf an, das Auktionsdesign so
zu wählen, dass die verfolgten Ziele damit bestmöglich erreicht werden. Eine hohe Realisierungsquote der ausgeschriebenen Kapazität
dürfte dabei ganz oben in der Zielhierarchie stehen. Die in vielen Ländern in der Vergangenheit bereits durchgeführten Auktionen für
Solar- und Windenergiekapazitäten geben dabei wertvolle Anhaltspunkte für die „richtige“ Ausgestaltung des Auktionsdesigns.
Für eine möglichst reibungslose Integration immer höherer Windstrommengen in die Stromversorgung sind Windparks mit möglichst
konstanter Stromproduktion und hohen Kapazitätsfaktoren besonders systemdienlich. Optimal im Sinne einer kostengünstigen Netzintegration ist es, wenn solche Standorte räumlich in der Nähe von verbrauchsstarken Regionen liegen, denn solche Standorte nutzen das
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bestehende Stromnetz tendenziell besser aus und erfordern nicht gleich auch einen Ausbau der Übertragungsnetzkapazitäten. D.h. eine
Förderung des Windparkzubaus macht nicht nur an Starkwindstandorten Sinn, sondern insbesondere auch an Schwachwindstandorten
in verbrauchsstarken Regionen. Mit einer von der Standortgüte abhängigen Differenzierung der Förderhöhe ist Deutschland diesbezüglich seit langem Vorreiter in Europa und verfolgt diesen Weg auch im modifizierten Fördersystem ab 2017 weiter.
Die Erschließung von Offshore-Standorten, die zunehmende Nutzung von Schwachwindstandorten, die Hebung von Potenzialen mit
Repowering sowie sinkende Kosten sind nicht die einzigen Treiber der Entwicklung an den Windenergiemärkten. Infolge der Abhängigkeit vom Zugang zu staatlichen Fördersystemen führen politische Risiken – auch in Europa – vereinzelt immer wieder dazu, dass
der Ausbau der Windenergienutzung in einzelnen Ländern abrupt gestoppt wird oder über Gebühr rückwirkend in bestehende Fördermechanismen eingegriffen wird. Beispiele aus der jüngeren Vergangenheit sind hier Großbritannien, das die Onshore-Förderung
an Land ab 2017 einstellt, Polen, dessen neue Regierung die Windenergie grundsätzlich ablehnt und Rumänien, das bei der Steuerung
seines Fördersystems Schiffbruch erlitt und bestandsschutzverletzende Noteingriffe vornehmen musste. In anderen Ländern hingegen
wird aktiv ein langfristiger energiepolitischer Konsens auf breiter gesellschaftlicher Basis gesucht, der den Transformationsprozess hin
zu einer CO2-armen Energieversorgung langfristig absichert. Mit der Ratifizierung des Pariser UN-Klimaabkommens durch die beiden
größten CO2-Erzeuger China und USA hat der Ausbau der Erneuerbaren Energien neue politische Unterstützung erfahren – der Boden
für einen nachhaltig starken Ausbau der Windenergie ist damit bereitet.
Vor diesem Hintergrund sind wir sehr zuversichtlich, dass die weltweit installierte Leistung bis zum Jahr 2020 in dem vom GWEC prognostizierten Tempo von durchschnittlich ca. 13% p.a. wachsen wird. Für Europa erwarten wir angesichts des bereits vergleichsweise
hohen Ausgangsniveaus „nur“ eine jährliche Zunahme der installierten Leistung bis 2020 um durchschnittlich 8,1%, was einer Nennleistung von insgesamt 71 GW entspricht. Für 2025 gehen wir von einer Verdoppelung der Kapazität im Vergleich zu Ende 2015 aus.
Nicht nur infolge des steigenden Anteils von Offshore-Windparks wird mit diesem Kapazitätszuwachs eine deutlich überproportionale
Zunahme bei der Windstromerzeugung einhergehen.
Dieser aggregierte Ausblick auf den europäischen Windmarkt wird in dieser Studie anhand der Windmärkte in 19 Ländern Europas
ausführlicher beschrieben. Dabei liegt der Schwerpunkt der Analyse auf den jeweiligen energiepolitischen Rahmenbedingungen und
den nationalen Fördersystemen.
Als Fazit lässt sich bereits vorab feststellen: Die Windkraft wird auch in den nächsten Jahren ihre Erfolgsgeschichte fortschreiben
SEITE 4
1 Entwicklung der Windenergie
1.1 Aktuelle Entwicklungen Global
Mit einem weltweiten Zubauvolumen von gut 63 GW an neuen Kapazitäten war das Jahr 2015 nach Angaben des Global Wind
Energy Councils (GWEC) ein weiteres Rekordjahr für die Windenergie, verglichen mit dem Vorjahr lag das Plus bei knapp 22%. Per
Ende 2015 hatte der weltweit installierte Anlagenbestand eine Kapazität von ungefähr 433 GW erreicht. Beim Blick auf die regionale
Verteilung des Kapazitätszubaus wird deutlich, dass das Marktwachstum wie im Vorjahr vorwiegend in Asien stattfand (53% Zubauanteil). Das wachstumsstärkste Land war hierbei China, das mit 30,5 GW an neu installierten Windenergieanlagen gut 48% des
gesamten weltweiten Zubaus in 2015 auf sich vereinte. Die USA und Deutschland waren mit einer neu installierten Windenergieanlagenkapazität von 8,6 GW bzw. 6,0 GW der zweit- bzw. drittgrößte Einzelmarkt in 2015. Europa lag in der Zubaustatistik mit einem
Anteil von 21,7% zwar vor Nordamerika, die Zubaudynamik ist hier aber am geringsten. So lag das Plus im Vergleich zum Jahr 2014
bei nur 5,7%, während das Zubauvolumen in Nordamerika um 47% gestiegen war.
Entwicklung des weltweiten Windenergieanlagenzubaus, in GW
70
60
3,7
10,8
50
3,7
7,4
40
11,0
30
20
10
0
8,9
6,1
8,0
10,1
10,3
10,2
8,9
15,2
8,6
2008
2009
Asien
21,5
20,9
2010
2011
Europa
14,8
13,0
3,1
12,9
12,0
15,5
18,2
2012
2013
Nordamerika
13,8
Asien
26,0
2014
33,6
2015
Übrige
Quelle: Global Wind Energy Council
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Entwicklung der weltweiten Windenergieanlagenkapazität, in GW
500
450
400
89
350
78
300
71
250
148
68
134
53
200
45
150
39
86
100
28
50
66
0
24
40
61
2008
2009
2010
76
Asien
Europa
97
110
122
82
98
116
2011
2012
2013
Nordamerika
176
142
2014
Lateinamerika
2015
übrige
Quelle: Bloomberg New Energy Finance
Bei der regionalen Verteilung des Investitionsvolumens in neue Windenergieanlagen sieht das Bild jedoch etwas anders aus. Hier
flossen im Jahr 2015 nach Erhebungen von Bloomberg New Energy Finance (BNEF) 54,8 Mrd. USD des Investitionsvolumens nach
Asien (45% Anteil), wohingegen Europa mit 37,7 Mrd. USD auf einen Anteil von 31% kam. Die Ursache des relativ zum Zubauvolumen überproportional hohen Investmentvolumens in Europa liegt wesentlich darin, dass der Zubau in den asiatischen Ländern
überwiegend mit kostengünstigen einfachen Anlagen erfolgt, während in Europa der Ausbau der Offshore-Windenergie enorme
Investitionsmittel bindet.
Windenergie Investitionsvolumen, in Mrd. USD
140
120
10,4
100
9,9
60
40
19,8
12,5
30,6
14,3
33,1
28,8
30,7
20
21,3
0
6,3
22,4
80
2008
17,1
21,9
17,3
33,0
33,6
32,8
36,1
2009
2010
2011
2012
2013
Europa
Nordamerika
13,1
37,7
34,4
26,6
38,1
Asien
16,7
Lateinamerika
46,7
2014
54,8
2015
Übrige
Quelle: Bloomberg New Energy Finance
An den Ausbauzahlen in den letzten beiden Jahren lässt sich erkennen, dass die Windenergie weltweit zwar allmählich an regionaler
Breite gewinnt. Die Entwicklung wird aber immer wieder auch von Rückschritten in einzelnen Ländern begleitet. So zeigten mit
SEITE 6
Brasilien, Mexiko, Kanada, Südafrika, Marokko, Uruguay und Panama beispielsweise eine Reihe von Ländern in den letzten zwei
Jahren deutliche Zuwächse beim Bau neuer Windparks. In den krisengeschüttelten Ländern in Nordafrika und im Nahen Osten
hingegen, ist der Zubau hingegen praktisch komplett zum Erliegen gekommen. Und selbst in Europa gibt es mit Polen, Rumänien
und der Ukraine einige Länder, in denen die Projektrealisierung infolge politischer und regulatorischer Risiken eingebrochen ist.
Die Entwicklung verdeutlicht, dass Windparkprojekte als langfristige Investitionen vor allem ein Mindestmaß an Stabilität in den
politischen Rahmenbedingungen benötigen, wenn sie in einem Land zur Erfolgsstory werden sollen.
Trotz Rückschlägen in einzelnen Ländern ist der globale Trend zur Nutzung Erneuerbarer Energien gleichwohl ungebrochen und
erhält durch die Ergebnisse des Weltklimagipfels im Dezember 2015 in Paris neuen Rückenwind. So haben nach Erhebungen von
REN21, einer Initiative im Rahmen des UN-Umweltprogramms UNEP, laut aktuellem Renewables 2016 Global Status Report per
Anfang 2016 173 Staaten (+9 ggü. Anfang 2015) nationale energiepolitische Ziele formuliert. 146 Länder haben auf nationaler oder
regionaler Ebene Fördermodelle für Erneuerbare Energien implementiert. Hiervon sind mehr als zwei Drittel Entwicklungs- und
Schwellenländer.
Mit dem Zubau an neuen PV- und Windenergieanlagenkapazitäten nimmt der Stromanteil aus Erneuerbaren Energien im Strommix zu. Ab einem gewissen Umfang droht der Ausbau der Erneuerbaren Energien für Industrieländer mit klassischen Stromerzeugungsstrukturen zu einem „Stressfaktor“ für die Netzstabilität und damit die Versorgungssicherheit zu werden. Mit zunehmenden
Solar- und Windstrommengen müssen die nationalen Stromnetze nämlich in steigendem Maße witterungsbedingte Erzeugungsschwankungen aufnehmen und ausgleichen. Speziell bei einem räumlichen Auseinanderfallen von EE-Stromerzeugung und Stromverbrauch können die Transportnetzkapazitäten überfordert werden. Speziell in China ist dies mittlerweile zu einem gravierenden
Problem geworden. Dort konnten in 2015 von den staatlichen Netzgesellschaften rund 34 TWh Windstrom – das entspricht 15% der
Gesamterzeugung – nicht ins Netz eingespeist werden. Obwohl die nationale Energiebehörde und die Netzgesellschaften eigenen
Bekundungen zufolge an der Behebung von Netzengpässen arbeiten, bleibt die Anlagenabregelung ein bedeutender Risikofaktor für
bereits bestehende, aber auch für künftige Windenergieprojekte in China. Die Zentralregierung könnte daher in Zukunft gezwungen
sein, das Ausbautempo im Land zu drosseln. Auch in Europa resultieren aus dem Anlagenzubau bereits gewisse Herausforderungen
für die Stromnetze, die sich dank Einspeisevorrang bzw. garantiertem Netzzugang der EE dann auch schnell auf die Preisentwicklung
am Strommarkt auswirken. Zwar sind Windenergieanlagenzubau und Stromnetzausbau in Europa besser aufeinander abgestimmt,
die Windparkinvestoren sind dabei gleichwohl in steigendem Maße gewissen Vergütungsrisiken ausgesetzt. So entfallen für neue
Anlagen gesetzliche Zusatzvergütungen im Rahmen der staatlichen Windenergieförderung, wenn der Strompreis über längere Zeit
auf Null fällt oder gar negativ wird. Diese auf die EU-Leitlinien für Umweltschutz- und Energiebeihilfen zurückgehende Regelung
ist Ausdruck der zunehmenden Marktintegration der Windenergie und – zusammen mit der Vorgabe zur strikt wettbewerblichen
Ermittlung staatlicher Förderungen – ein weiterer Schritt auf dem Weg zur langfristigen Überwindung einer staatlichen Fördernotwendigkeit.
1.2 Aktuelle Entwicklungen in Europa
1.2.1 Marktentwicklung und Trends
Wie mit den obigen GWEC-Statistiken bereits ausgeführt, war das Jahr 2015 mit 13,8 GW ein weiteres Rekordjahr beim Windenergieanlagenzubau in Europa. Bei der Länderverteilung fällt allerdings auf, dass der Zuwachs im Vergleich zum Vorjahr allein auf das
Rekordvolumen in Deutschland zurück zu führen ist. Mit 6,0 GW belief sich der Anteil Deutschlands am gesamten Zubau in Europa
auf ungefähr 43%. Dahinter folgen Polen und Frankreich mit jeweils rund 1,1 GW bzw. 8% Anteil, gefolgt von Großbritannien mit
knapp 1 GW (7%). Beim installierten Anlagenbestand führt Deutschland mit 45 GW, gefolgt von Spanien (23 GW), Großbritannien
(13,6 GW), Frankreich (10,4 GW) und Italien (9 GW) die Rangliste an.
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Entwicklung der Windenergieanlagenkapazität, Nettokapazitätszubau in GW
16
14
12
10
8
6
4
2
0
2008
2009
2010
DE
ES
2011
UK
FR
2012
IT
SE
2013
PO
TR
2014
2015
übrige
Quelle: EWEA, nationale Branchenverbände
Entwicklung der Windenergieanlagenkapazität, Bestand per Jahresende, in GW
160
140
120
100
80
60
40
20
0
2008
2009
DE
2010
ES
2011
UK
FR
2012
IT
SE
2013
DK
PT
2014
2015
übrige
Quelle: EWEA, nationale Branchenverbände
Die Aufschlüsselung des Zubauvolumens nach Standorttyp offenbart, dass mit knapp 3,0 GW in 2015 ein rekordhohes Zubauvolumen auf Offshore-Windparks entfiel, während die Anschlussleistung bei Windparks an Land mit 10,7 GW nicht ganz an das Niveau
des Vorjahres herankam. Offshore-Windparks machten per Ende 2015 etwa 7% der gesamten installierten Anlagenkapazität aus.
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Nettokapazitätszubau nach Standorttyp, in GW
16
14
1,5
12
0,7
10
8
0,9
3,0
11,2
10,7
2014
2015
1,6
0,5
0,4
6
4
1,5
8,2
10,0
9,3
9,9
2010
2011
11,3
10,2
2
0
2008
2009
Nettozubau Onshore
2012
2013
Nettozubau Offshore
Quelle: EWEA, nationale Branchenverbände
Installierte Kapazität nach Ländern, per Ende 2015, in GW
50
45
40
35
30
25
20
15
10
5
0
Onshore
Offshore
Quelle: EWEA, nationale Branchenverbände
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Die BNEF-Auswertung der Finanzierungsvolumina im europäischen Windenergiemarkt zeigt für das Jahr 2015 einen Rekordwert
von 37,7 Mrd. USD. Hiervon entfielen gut 46% auf Offshore-Windparks. Die BNEF-Erhebungen zeigen außerdem, dass Investitionen in Windenergieprojekte ganz wesentlich in Form von Projektfinanzierungen erfolgen. In Europa lag deren Anteil im Jahr 2015
bei 96%. Bankfinanzierungen sind damit, ggf. unter Einbindung staatlicher Förderkredite, unverändert die zentrale Finanzierungsquelle für Windparkprojekte.
Dass die Investitionsvolumina sowohl für neue Windparks an Land (19,4 Mrd. USD, +3 Mrd. USD ggü. Vorjahr) als auch auf See
(16,9 Mrd. USD, +1,6 Mrd. USD ggü. Vorjahr) in 2015 deutlich über den im Vorjahr finanzierten Volumina liegen, deutet darauf hin,
dass das der Finanzierung nachlaufende Fertigstellungsvolumen zumindest in 2016 eine Zunahme der neu installierten Anschlussleistung an Land bringen wird.
Windenergieinvestitionen in Europa nach Finanzierungsweg, in Mrd. USD
40
0,8
35
30
8,7
25
20
15
10
3,5
1,2
1,8
0,5
0,8
1,1
0,1
1,2
0,3
16,4
19,2
22,1
26,7
29,3
31,4
31,7
27,2
20,7
36,4
24,2
5
0
2005
2006
2007
2008
2009
Wind Europe Asset Finance
2010
2011
2012
Wind Europe Public Markets Finance
Quelle: Bloomberg New Energy Finance; Asset Finance: Projektfinanzierung; Public Markets: Kapitalmarktfinanzierung
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2013
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2015
Projektfinanzierte Windenergieinvestitionen in Europa, in Mrd. USD
40
35
30
16,9
3,1
25
2,5
20
15
10
12,6
10,0
15,3
11,5
1,5
0,5
15,9
17,6
2005
2006
4,6
19,6
9,1
23,6
18,0
18,9
2009
2010
15,7
16,0
15,1
16,4
2011
2012
2013
2014
19,4
5
0
2007
2008
Onshore
2015
Offshore
Quelle: Bloomberg New Energy Finance
Die auf EU-Ebene unter den Mitgliedsländern abgestimmte und national mit konkreten Maßnahmenplanungen unterlegte Klimapolitik ist einer der Haupttreiber des Ausbaus der Windenergienutzung. Den verbindlichen Rechtsrahmen bilden in dieser Hinsicht
derzeit die Nationalen Aktionspläne der EU-Länder für Erneuerbare Energien („NREAP“), mit denen die EU-Klimaziele für das Jahr
2020 erreicht werden sollen.1 Zwar gibt es mit der „Energy Roadmap“ der EU bis zum Jahr 20502 bereits seit dem Jahr 2011 LangfristPlanungen für den Umbau der Energieversorgung sowie mit dem von der EU auf dem Weltklimagipfel in Paris im Dezember
2015 zugesagten CO2-Reduktionsziel für das Jahr 2030 z.T. sehr viel weitergehende Zielgrößen auf EU-Ebene. Deren Umsetzung in
nationales Recht wird jedoch noch geraume Zeit in Anspruch nehmen. So gibt es aktuell unter den Regierungen der Mitgliedsstaaten
diesbezüglich noch keine verbindliche Aufteilung auf die EU-Länder. Bisher haben lediglich wenige Länder für sich längerfristige
klimapolitische Zielgrößen für die Zeit von 2020 bis 2050 beschlossen. Auch wenn diese z.T. auf breiter gesellschaftlicher Basis z.B.
im Wege eines nationalen Energiekonsenses beschlossen wurden, entfalten sie nicht dieselbe rechtliche Bindung wie die nationalen
Aktionspläne bis zum Jahr 2020. Was die Fortschritte der EU-Länder bei der Erreichung ihrer Klimaziele bis 2020 anbelangt, gibt es
einige wenige Mitgliedsländer, die ihre Ziele bereits geschafft haben, und solche, die auf Zielkurs sind oder den eigenen Planungen
hinterherhinken. Aus der nachfolgenden Übersicht ist der im Jahr 2014 erreichte Stand wiedergegeben, wie er von den Regierungen
mit ihren jährlichen Fortschrittsberichten an die EU gemeldet wurde. Demnach liegen Polen und Belgien hinter den Planungen
zurück und müssen mehr tun, wenn sie ihre zugesagten Klimaziele noch erreichen wollen. Dank relativ kurzer Bauzeiten können
Windenergieprojekte an Land hier ggf. Lücken schließen helfen. Schweden, Finnland, Estland, Litauen und Rumänien hingegen
haben ihre Zielgrößen bereits erreicht und können sich bereits den Planungen für die CO2-Reduktion in der nächsten Dekade bis
2030 widmen.
ie von den Mitgliedsländern auf Basis der EU-Direktive 2009/28/EC aufgestellten Nationalen Aktionspläne und die nachfolgend aufgestellten zweijährlichen Fortschrittsberichte
D
sind auf den Webseiten der EU-Kommision verfügbar; siehe www.ec.europa.eu/energy/en/topics/renewable-energy/national-action-plans sowie www.iet.jrc.ec.europa.eu/remea/
national-renewable-energy-action-plans-nreaps
2
Siehe www.ec.europa.eu/energy/en/topics/energy-strategy/2050-energy-strategy
1
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Fortschritte der EU-Länder bei Erreichung ihrer Klimaziele für 2020
60%
50%
40%
30%
20%
10%
0%
AT BE BG CY CZ DE DK EE ES FI FR GR HU HR IE IT LT LU LV MT NL PL PT RO SE SI SK UK
Zielpfad 2014
Ziel 2020 (bindend)
Ist 2014
Quelle: EEA, Renewable energy in Europe 2016 – Recent growth and knockon effects, S. 20; verfügbar unter www.eea.europa.eu/publications/renewable-energy-in-europe-2016
Die europäischen Anlagenhersteller gelten international unverändert als technologisch führend. Ähnliches gilt für die Entwicklung
geeigneter Fördermechanismen in Europa, mit deren Hilfe der Technologie zum Durchbruch und zur vollen Marktintegration verholfen werden kann. Die Trends im europäischen Windenergiemarkt dienen insofern vielfach auch als Orientierungshilfe für andere
Länder. Nachfolgend haben wir zusammengestellt, welche wesentlichen Trends derzeit im Windenergie-Projektierungsumfeld in
Europa zu beobachten sind:
• Umstellung der Fördersysteme auf strikt wettbewerblich zu ermittelnde Zusatzvergütungen zum Strompreis ab 1.1.2017
- Marktprämienmodell mit Ausschreibung und Auktion von zu fördernden Kapazitäten als Standard; Zertifikatesystem bleibt weiterhin möglich
- Marktintegration neuer Windparks mit Direktvermarktungszwang, Standardbilanzausgleichsverantwortung und Vergütungswegfall bei negativen Strompreisen
• Fortschritte bei der WEA-Technologie
- Qualitätsverbesserung und Produktionskostensenkung durch Plattformstrategien, Serienfertigung, Bauteilstandardisierung und
Automatisierung der Produktion
- Erhöhung der Anlageneffizienz durch Verbesserungen bei Anlagen- und Windparksteuerung
- Optimierung der Produktpalette für ein breiteres Standortspektrum (Generatorleistung, Turmhöhe, Rotorfläche, Zusatzausstattung)
• Sehr förderliches Finanzmarktumfeld
- Sinkende Fremdkapitalkosten durch Nullzinspolitik der EZB und sinkende Kreditmargen
- Sinkende Eigenkapitalkosten durch erheblich gesunkene erzielbare Renditen von Anlagen am Kapitalmarkt; Zustrom von institutionellem Anlagekapital in Realanlagen; Beschneidung von Überrenditen aus staatlichen Fördersystemen durch Umstellung auf
wettbewerblich zu ermittelnde Förderhöhen
• Erhöhter Druck auf Anlagenpreise und Wartungskosten durch Absenkung der staatlichen Förderung
• Sinkende oder gar negative Strompreise durch steigende und schwankende EE-Stromerzeugung; Abschalt- und Vergütungsausfallrisiken nehmen zu
• Friktionen beim Zubau durch politische Risiken
- Für Investoren nachteilige regulative und fiskalische Eingriffe (Polen, Lettland) und rückwirkende, bestandsschutzverletzende
Fördersystemkorrekturen (Rumänien, Spanien)
- Vorübergehender Zubaustillstand durch Zeitbedarf für Umstellung der Fördersysteme
- Umsetzung und potenzielle Auswirkungen des „Brexit“ nicht absehbar, z.B. auf das EE- und EU-freundliche Schottland
- Abrupte Förderstopps nach Regierungswechseln (z.B. Großbritannien Onshore)
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• Kooperation von Regierungen und Offshore-Windindustrie zur beschleunigten Realisierung von Kostensenkungen bei OffshoreWindparks
• Abnehmende Verfügbarkeit von Neubaustandorten an Land mit Top-Windressourcen
• Engpässe beim Netzausbau bremsen den Offshore-Zubau
1.2.2 Umbau der Förderregime
Mit den im Juni 2014 bekannt gegebenen „Leitlinien für staatliche Umweltschutz- und Energiebeihilfen 2014-2020“ hat die EUKommission neue Vorgaben für die Ausgestaltung der staatlichen Fördersysteme zur Nutzung von Energie aus erneuerbaren Quellen
gemacht.3 Diese Leitlinien gelten zwar nur bis zum Jahr 2020, sollen aber insbesondere auch dazu beitragen, dass die etablierten
erneuerbaren Energien zwischen 2020 und 2030 im Netz voll wettbewerbsfähig werden und dadurch eine kosteneffiziente Energieversorgung über Marktmechanismen sichergestellt wird. Das bedeutet, dass Subventionen und eventuelle Befreiungen von der
Bilanzausgleichsverantwortung über die Zeit degressiv abgeschafft werden sollen. Die Leitlinie greift zeitlich in zwei Stufen. Seit dem
1.1.2016 müssen neue Beihilferegelungen für sogenannte Betriebsbeihilfen folgende Voraussetzungen erfüllen:
• Die Beihilfe wird als Prämie zusätzlich zum Marktpreis gewährt, zu dem die Anlagenbetreiber ihren erzeugten Strom am Markt
verkaufen.
• Anlagenbetreiber unterliegen einer Standardbilanzausgleichsverantwortung, sofern es einen liquiden Intraday-Markt für Strom
gibt. Die Beihilfeempfänger können die Bilanzausgleichsverantwortung dabei von anderen Unternehmen wie z.B. Direktvermarktern und anderen Aggregatoren wahrnehmen lassen.
• Es werden Maßnahmen getroffen, die sicherstellen, dass geförderte Anlagenbetreiber keinen Anreiz haben, Strom zu negativen
Preisen zu erzeugen.
Ab dem 1.1.2017 müssen staatliche Fördermittel dann grundsätzlich im Wege von Ausschreibungen anhand eindeutiger, transparenter und diskriminierungsfreier Kriterien vergeben werden. Ausnahmen hiervon sind nur zulässig, sofern eine Ausschreibung
nachweislich zu einer Fehlsteuerung (im Sinne eines zu hohen Förderniveaus oder einer Unterbietung und Nichtrealisierung der
ersteigerten Kapazitäten) führen würde. Ebenso können Ausschreibungen auf einzelne Erzeugungstechnologien beschränkt werden,
wenn ein solches Verfahren für bestimmte Technologien und Ziele nicht adäquat ist. Explizit anerkannt werden hier insbesondere
die Erschließung eines längerfristigen Potenzials von innovativen (d.h. noch nicht marktfähigen) Technologien, die Notwendigkeit
der Diversifizierung der Erzeugungstechnologien und die Vermeidung von Netzeinschränkungen und Risiken für die Netzstabilität.
Neben der Ausgestaltung der staatlichen Förderungen in Form einer Prämie auf den Marktpreis kann eine Förderung wie bisher auch
in Form von Umweltzertifikaten erfolgen, sofern das Mitgliedsland nachweist, dass diese Unterstützung erforderlich ist, um eine
Rentabilität der unterstützten Erzeugungsform sicherzustellen. Die Förderung der Anlagenbetreiber erfolgt dabei indirekt dadurch,
dass das Mitgliedsland eine bestimmte Stromnachfragemenge oder einen bestimmten Stromnachfrageanteil aus erneuerbaren Quellen gesetzlich vorschreibt und den EE-Anlagenbetreibern entsprechende Umweltzertifikate für den erzeugten Strom zuweist, die
diese wiederum am Markt an die zur Quotenerfüllung verpflichteten Marktteilnehmer verkaufen können. Der Zertifikatepreis darf
dabei nicht im Voraus festgesetzt sein, sondern muss sich nach Angebot und Nachfrage bilden. Strafzahlungen im Falle einer Nichterfüllung der Verpflichtungen sind für das Funktionieren eines Zertifikatesystems erforderlich und geben dem Markt zugleich eine
Preisobergrenze vor. Im Falle einer technologiespezifischen Differenzierung der zugewiesenen Zertifikate je Stromerzeugungseinheit
ist das Mitgliedsland nachweispflichtig, dass diese Differenzierung nicht zu einer Überförderung führt und die Erzeuger nicht davon
abhält, ihre Wettbewerbsfähigkeit zu stärken.
Die EU-Vorgaben bewirken eine tendenzielle Vereinheitlichung der Fördersysteme in der EU auf nur noch zwei Grundmodelle.
Von dieser Änderung waren die Mitgliedsländer sehr unterschiedlich betroffen, denn von festen Einspeisetarifen über verschiedene
Marktprämienmodelle bis hin zu Zertifikatesystemen gab es zuvor eine breite Fördersystemvielfalt. Für Länder mit einem bisher
schon auf Umweltzertifikaten und Quotenverpflichtung basierenden Fördersystem, wie Schweden, Norwegen, Großbritannien, Polen und Belgien, ergab sich dabei kein grundlegender Anpassungsbedarf. Gleichwohl entschieden sich Polen und Großbritannien für
einen Systemwechsel zu ausschreibungsbasierten Marktprämienmodellen und lassen ihre Zertifikatesysteme jetzt kontrolliert auslaufen. Für die meisten anderen Mitgliedsstaaten bedeutete der Zwang zur ausschreibungsbasierten Preisfindung des Förderniveaus
jedoch eine Notwendigkeit zur Umstellung ihres Fördersystems. Betroffen waren hiervon v.a. Deutschland, Frankreich, Spanien,
Portugal, Irland, Dänemark, Finnland und Estland. Bei den notwendigen Gesetzesänderungen sind die Mitgliedsländer allerdings
unterschiedlich schnell vorangekommen. So haben beispielsweise die Niederlande, Deutschland, Frankreich, Großbritannien, Polen
und Litauen ihre Fördersysteme bereits EU-konform gestaltet, wohingegen z.B. Irland, Finnland, Dänemark, Portugal und Estland
noch an Gesetzesentwürfen arbeiten. Italien wiederum hat zunächst nur eine Übergangslösung für das Jahr 2016 in Kraft gesetzt,
3
Vgl. Europäische Kommission, Leitlinien für staatliche Umweltschutz- und Energiebeihilfen 2014-2020, Amtsblatt der Europäischen Union 2014/C 200/01
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während bei der hochkomplexen Regelung Spaniens gewisse Zweifel an der EU-Konformität bestehen. Einen Überblick der Fördersystemanpassungen in den wesentlichen europäischen Windenergiemärkten gibt die nachstehende Übersicht.
Status der Fördersystemanpassungen an die EU-Leitlinien
Land
Status der Fördersystemanpassung
Deutschland
EU-konforme Umstellung auf Marktprämie & Tender ab 2017 ist erfolgt
Frankreich
EU-konforme Umstellung auf Marktprämie & Tender ab 2017 ist erfolgt;
Regierungserlass mit Detailregelungen steht noch aus
Großbritannien
CFD-Modell mit Marktprämie & Tender ist EU-konform
Irland
REFIT2 (Einspeisetarif) ist ausgelaufen, Gesetzesänderung ist in Vorbereitung
Belgien
Zertifikatesystem (Onshore) und Marktprämie & Tender (Offshore) sind EUkonform
Niederlande
Bestehendes SDE+ mit Marktprämie & Tender ist EU-konform
Dänemark
Gesetzesänderung für die Onshore-Förderung (garantierter Bonus auf
Marktpreis) steht noch aus; Offshore-Förderung (Marktprämie & Tender) ist
EU-konform
Finnland
altes Fördersystem (Marktprämie) ist bereits ausgeschöpft; Gesetzesänderung
ist in Vorbereitung
Schweden
Zertifikatesystem ist EU-konform
Norwegen
Zertifikatesystem ist EU-konform
Polen
bestehendes Fördersystem (Marktprämie & Tender) ist EU-konform
Estland
altes Fördersystem (Marktprämie) ist bereits ausgeschöpft; Gesetzesänderung
ist in Vorbereitung
Lettland
Bestehendes Fördersystem (Marktprämie & Tender) ist EU-konform
Litauen
Bestehendes Fördersystem (Marktprämie & Tender) ist EU-konform
Italien
Bestehendes Fördersystem (Marktprämie & Tender) ist EU-konform, aber nur
Übergangslösung bis Ende 2016
Spanien
Umstellung auf Zielrendite & Tender ist erfolgt, EU-Konformität fraglich
Portugal
Derzeit Förderung nur für kleine Anlagen; keine Gesetzesänderung in
Vorbereitung
Rumänien
Bestehendes Zertifikatesystem ist EU-konform
Türkei
EU-Konformität des Fördersystems Marktprämie ist nicht erforderlich
Quelle: EU-Kommission (www.res-legal.com), nationale Ministerien; Stand per 15.8.2016
Von Kleinanlagen abgesehen, haben Windenergieanlagenbetreiber, die sich ab dem 1.1.2017 für eine staatliche Förderung qualifizieren, in keinem EU-Land mehr einen sicheren Zugang zu festen Einspeisevergütungen. In allen Ländern unterliegt die Marktprämie,
die zusätzlich zum Marktpreis für Strom erlöst werden kann künftig entweder einem Bieterwettbewerb bei der Ausschreibung und
wird darüber für die Förderdauer fixiert oder die Marktprämie unterliegt bei gesetzlich garantiertem Zugang einer permanenten
Marktpreisfindung (Zertifikatesystem). Offshore-Projekte werden künftig in allen hierin derzeit aktiven Ländern ausschließlich über
Tenderverfahren vergeben.
Für die Anlagenbetreiber bedeutet der von der EU-Kommission erzwungene Fördersystemwandel in vielen Ländern sowohl einen
gravierenden Einschnitt im Hinblick auf die Planungssicherheit beim Zugang zur Förderung als auch eine erhöhte Unsicherheit über
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die Höhe der erreichbaren Gesamtvergütung. Da die Gesamtvergütung über das Marktprämienmodell allerdings für alle Projekte,
die in den Ausschreibungen einen Zuschlag erhalten haben, über die Förderdauer grundlegend fixiert wird, erwarten wir keine
grundlegenden Erschwernisse für die Finanzierung neuer Windenergieprojekte mit Fremdkapital. In den wenigen verbliebenen
Ländern, die an der Förderung über ein Zertifikatesystem festhalten, bedeutet das Risiko adverser Marktpreisentwicklungen bei den
Zertifikaten eine höhere Variabilität der erzielbaren Gesamtvergütung und damit höhere Anforderungen an die Belastbarkeit der
Projekte. Ergebnis hiervon ist eine geringere Verschuldungskapazität der Projekte und damit einhergehend die Notwendigkeit eines
teilweise deutlich höheren Eigenkapitalanteils im Finanzierungsmix, als das bei Projekten mit Förderung nach dem Marktprämienmodell der Fall ist. Im aktuellen extrem günstigen Finanzmarktumfeld stellt das allerdings kein Problem dar.
1.2.3 Erfahrungen mit Ausschreibungsverfahren
Während die Fördermittelvergabe über Auktionen bei Offshore-Windparks bereits schon jetzt meist die Regel ist, sind Auktionen
für die Förderung von Windparks an Land in Europa bisher noch die Ausnahme. Erfahrungen haben auf diesem Feld in letzter Zeit
nur die Niederlande (SDE+ Auktionen), Großbritannien (CFD-Auktionen), Italien und Spanien (Auktion im Januar 2016) sammeln können. Außerdem hat Deutschland in 2015 und 2016 bereits mehrere Auktionen für PV-Freiflächenanlagen abgehalten, die
auch eine Pilotfunktion für die Windenergie-Auktionen haben sollen. In nächster Zeit planen Italien, Frankreich und Deutschland
Auktionen zur Förderung von Windparks an Land. Da der Auktionszwang aber ab dem Jahr 2017 für fast alle Mitgliedsstaaten gilt,
wenn sie neue EE-Kapazitäten fördern wollen, besteht ein großes Interesse daran, mit welchem Auktionsdesign die Ausschreibungen
zum Erfolg gebracht werden können. Was also sind die Lehren aus den bisherigen Versteigerungen? Was kann man ggf. aus früheren Auktionen in anderen Ländern lernen? Mit dieser Frage hat sich insbesondere AURES (www.auresproject.eu), eine von der EU
finanzierte Research-Initiative, mit umfangreichen Untersuchungen von EE-Auktionen seit dem Jahr 1995 in Dänemark, Frankreich,
Deutschland, Irland, Italien, den Niederlanden, Großbritannien, Portugal, Brasilien, Südafrika, Kalifornien und China auseinander
gesetzt und die gewonnenen Erkenntnisse in mehreren Studien veröffentlicht.4 Demnach sollten insbesondere folgende Aspekte beim
Auktionsdesign berücksichtigt werden:
• Die Auktionsteilnahme bedeutet für Projektentwickler neue Risiken und erfordert eine höhere planerische Flexibilität, so dass
beim Auktionsdesign sorgfältig zwischen Verpflichtungen, die den Bietern auferlegt werden, und einem leichten Auktionszugang
abzuwägen ist.
• Technologiespezifische, statische Auktionen mit versiegelten Geboten, bei denen die Projektierer Preis und Kapazität bieten müssen und eine Zuteilung gemäß den individuellen Preisgeboten erfolgt, haben sich wegen der Einfachheit und Klarheit ihrer Struktur
als akzeptierter Standardrahmen erwiesen.
• Der Nachweis der für die spätere Anlagenerrichtung erforderlichen Genehmigungen als Zugangsvoraussetzung für eine Auktionsteilnahme spielt eine entscheidende Rolle, wenn nach der Auktion eine hohe Realisierungsquote der bezuschlagten Projekte
erreicht werden soll. Das gilt insbesondere für den Fall, dass unerfahrene Bieter an einer Auktion teilnehmen.
• Die Festlegung von geeigneten Gebotspreisobergrenzen erfordert einen bedeutenden Untersuchungsaufwand und sollte durch
Konsultationen mit den relevanten Branchenvertretern unterlegt sein.
• Die Implementierung von Sicherheitsleistungen und Strafen in den Ausschreibungsverfahren garantiert nicht eine umfängliche
spätere Projektrealisierung.
• Zentrale Voraussetzung für den Auktionserfolg ist das Schaffen von Wettbewerb unter den Bietern. D.h. das Bieterinteresse muss
mengenmäßig das ausgeschriebene Fördervolumen deutlich übersteigen. Transparente Auktionsregeln und ein einfacher Auktionszugang fördern ein hohes Bieterinteresse.
• Ein offener Dialog der auktionsausrichtenden Behörde mit den potenziellen Bietern über die Ausgestaltung des Auktionsdesigns
kann hilfreich im Hinblick auf die Auktionsbeteiligung sein.
• Regelmäßig stattfindende Auktionen und deren frühzeitige Kommunikation sollte einer diskretionären Ausschreibungspolitik vorgezogen werden. Das regelmäßige Abhalten mehrerer Auktionen im Jahr erleichtert den Projektierern die längerfristige Planung
und erhöht die Wahrscheinlichkeit bei einer der Auktionen einen Zuschlag erhalten zu können.
• Zwar sollte der Auktionsausrichter die Möglichkeit haben, die Ausschreibungsbedingungen an die Marktentwicklungen anzupassen. Stabile und verlässliche Auktionsverfahren erhöhen für die Projektierer aber die Planungssicherheit.
• Schließlich ist es auch wichtig, das Auktionsdesign auf die nationalen Klimaziele und das jeweilige Marktumfeld auszurichten.
Da eine spätere möglichst vollständige Projektrealisierung, ein möglichst niedriger Auktionspreis sowie eine hohe Akteursvielfalt
zueinander konträre Ziele sind, sollte das Auktionsdesign die primären nationalen Zielpräferenzen widerspiegeln und zugleich den
lokalen Bieterwettbewerb und die üblichen Projektrealisierungsdauern berücksichtigen.
4
AURES, Auctions for Renewable Energy Support: Lessons Learnt from International Experiences, 2016
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Speziell für Deutschland als Europas größtem Windenergiemarkt kann man aus den Ergebnissen der von der Bundesnetzagentur
durchgeführten Auktionen für PV-Freiflächenanlagen den Schluss ziehen, dass das gewählte Auktionsdesign grundsätzlich funktioniert. So gab es in den bisherigen Auktionen ein hohes Bieterinteresse und es wurde eine sukzessive Absenkung der Fördersätze
erreicht. Bei der ersten Auktion für Windenergieanlagen an Land im Mai 2017 wird es wesentlich darauf ankommen, dass ein ausreichend hoher Bestand an genehmigten Projekten teilnahmeberechtigt ist, der nicht mehr die Förderung unter dem EEG 2014 in
Anspruch nehmen kann oder will. Danach kommt es insbesondere auf die Genehmigungspraxis in den Bundesländern an.
1.2.4 Strompreise und -gestehungskosten
Die Stromerzeugung aus erneuerbaren Quellen ist in den meisten EU-Ländern mittlerweile marktseitig voll in die Strommärkte
integriert. Dies wird einerseits durch einen gesetzlich vorgegebenen garantierten Zugang zum Stromnetz oder z.T. sogar einen gesetzlich verankerten Einspeisevorrang vor der Erzeugung konventioneller Kraftwerke sichergestellt und andererseits durch eine Separierung der EE-Förderkosten in einem meist staatlich administrierten Extrakonto. Typischerweise werden die Förderkosten durch
eine extra Umlage (z.B. als Aufschlag auf die Netzentgelte) auf die Endverbraucher überwälzt und tangieren damit den Stromhandel
nicht direkt. Dank ihrer sehr niedrigen variablen Produktionskosten sind Wind- und Solarstrom der günstigste Grenzkostenanbieter
im Strommarkt. Steigt ihr Erzeugungsvolumen an, müssen konventionelle Kraftwerke infolge ihrer signifikant höheren variablen
Produktionskosten (Brennstoffkosten) abgeregelt werden („Merit Order-Effekt“). In dieser Konstellation führt ein steigender Anteil
von Wind- und Solarstrom im Strommix c.p. zu sinkenden Strompreisen. Im Extremfall kann es in Ländern mit einem hohen EEAnteil am Strommix dazu kommen, dass die EE-Stromerzeugung die Stromnachfrage übersteigt und der Angebotsüberschuss in die
Nachbarländer exportiert oder die EE-Stromerzeugung zur Aufrechterhaltung der Netzstabilität abgeregelt werden muss. In solchen
Fällen sind am Strommarkt (Intra-Day und Day-Ahead) zeitweise negative Preise möglich, die für den Anlagenbetreiber wiederum
ggf. einen Verlust des Anspruchs auf Zahlung der Marktprämie oder deren Deckelung zur Folge haben können.
Wie die nachstehende Grafik exemplarisch für Deutschland zeigt, haben sich die Strompreise in Europa in den letzten Jahren per
saldo rückläufig entwickelt. Das ist neben der steigenden EE-Stromerzeugung vor allem auch auf die rückläufigen Preise für fossile Brennstoffe wie Kraftwerkskohle zurückzuführen. Parallel hierzu sind die regionalen Preisunterschiede zwischen den Ländern
deutlich konvergiert. Hierzu haben der Ausbau von Netzverknüpfungspunkten und die zunehmende Integration der nationalen
Übertragungsnetze auf europäischer Ebene im Rahmen des Europäischen Stromnetzverbundes („Europäisches Verbundsystem“)
beigetragen.
Strompreise Deutschland und Brennstoffkosten von Kohlekraftwerken, in €/MWh
70
60
50
40
30
20
10
0
2010
2011
2012
Baseload Day-Ahead
2013
2014
Peakload Day-Ahead
2015
2016
Kraftwerkskohle
Quelle: Bloomberg, Monatsdurchschnittspreise; Kraftwerkskohlepreis ARA, umgerechnet in €/MWhelektr. mit einem Kraftwerkswirkungsgrad von 46%, ohne Berücksichtigung
von Kosten für CO2-Zertifikate
SEITE 16
Der vom Merit Order-Effekt ausgehende Druck auf die Strompreise in Europa ist für Windenergieanlagen, deren Stromerzeugung
über einen festen Einspeisetarif (Altanlagen) oder eine Marktprämie vergütet werden, einzelwirtschaftlich unproblematisch, da der
geringere Erlös aus dem Stromverkauf am Markt im Wege einer entsprechend höheren Marktprämienzahlung kompensiert wird.
Windenergieanlagen in Zertifikatesystemen haben hingegen keine derartige automatische Kompensation, sondern können sogar
zusätzlich zu geringeren Stromerlösen auch von sinkenden Zertifikatepreisen getroffen werden. Ein möglicher Schutz gegen diese
Risiken ist der Abschluss langfristiger Stromabnahmeverträge zu Festpreisen sowie ein möglichst hieran gekoppelter ebenfalls langfristiger Verkauf von Zertifikaten. Bei nicht gesicherten Verkaufspreisen können diese Projekte aber auch von steigenden Strom- und
Zertifikatepreisen profitieren.
Schon vor einigen Jahren haben einschlägige Forschungsinstitute der Windenergie an guten Standorten an Land attestiert, bei Kraftwerksneubauten preislich mit Stromgestehungskosten („Levelized Cost of Electricity“, „LCoE“) in der Spanne von 50 bis 100 €/MWh
im Vergleich zu Kohle- und Gaskraftwerken wettbewerbsfähig zu sein.5 Dass in Europa aus wirtschaftlichen Gründen mittlerweile
kaum mehr Gas- und Kohlekraftwerke gebaut werden, scheint diese Ergebnisse zu bestätigen. Neue Windenergieanlagen konkurrieren dadurch allerdings wesentlich mit bereits teilweise oder ganz abgeschriebenen alten konventionellen Kraftwerken, die ihre Kapitalkosten bereits mehr oder minder verdient haben. Unsere Berechnungen auf Basis aktueller Energie- und CO2-Zertifikatepreise
zeigen, dass konventionelle Kraftwerke Brennstoffkosten in der Größenordnung von etwa 20 €/MWh (Steinkohle- und Gaskraftwerke) sowie von gut 10 €/MWh (Braunkohlekraftwerke) haben und ohne Berücksichtigung von Kapitalkosten für die Investition, je
nach Auslastungsgrad, Strom zu Gestehungskosten von 20 bis 35 €/MWh erzeugen können.
In den letzten drei Jahren haben sich die kostenseitigen Rahmenbedingungen für die Realisierung von Windenergieprojekten in vielen Märkten Europas weiter verbessert. Das gilt sowohl für die Investitions-, als auch für die Betriebs- und die Finanzierungskosten.
Folgende Haupttreiber sehen wir hierbei:
•L
eicht sinkende spezifische Gesamtinvestitionskosten; einem Preiswettbewerb unter den Anlagenherstellern stehen im Schnitt
tendenziell aufwändigere Anlagenkonfigurationen (größere Nabenhöhen und Rotordurchmesser) gegenüber
• S inkende Betriebskosten insbesondere auf dem Feld der Anlagenwartung durch fortlaufende Verbesserungen bei Anlagenzuverlässigkeit und -zustandsüberwachung sowie ausgefeiltere Wartungskonzepte; gleichzeitig gegenläufige Entwicklungen bei Pachten
•E
rhebliche Verringerung bei den Finanzierungskosten durch rekordniedriges Zinsniveau, ermäßigtes Kreditmargenniveau sowie
deutlich gesunkene Renditeanforderungen von Investoren; hoher Zufluss von institutionellem Anlagekapital – Windparks werden
als alternative Anlageform zur Ergänzung von nur noch niedrigverzinslichen Kapitalmarktanlagen nachgefragt
Zugleich haben kontinuierliche technische Weiterentwicklungen der Windenergieanlagen und der Windparksteuerung sowie ausgefeiltere Anlagenkonfigurationen auch ertragsseitig zu einer Steigerung der Anlagen- bzw. Windparkperformance geführt. Das hat
die Stromgestehungskosten von neuen Windenergieanlagen an Land weiter reduziert.
Vor diesem Hintergrund haben wir für verschiedene europäische Windenergiemärkte auf Basis neuerer Projektdaten untersucht,
auf welche Niveaus sich die LCoE im aktuellen Marktumfeld entwickelt haben. Hierbei unterstellen wir – neben landesspezifischen
Gesamtinvestitionskosten, Betriebskosten, Anlagenkonfigurationen und Kapazitätsfaktoren – jeweils eine technische Anlagennutzungsdauer von 25 Jahren und eine Eigenkapitalrendite von 8%. Bei Windparks in Märkten mit Zertifikatesystem haben wir angesichts des vergleichsweise höheren Ertragsrisikos eine Finanzierungsstruktur von 45% Eigenkapital und 55% Fremdkapital angenommen, bei einer Marktprämienbasierten Vergütung liegt der unterstellte Fremdkapitalanteil hingegen bei 80%.
Vgl. z.B. Fraunhofer ISE, Stromgestehungskosten erneuerbare Energien, 2013; Prognos AG, Entwicklung von Stromproduktionskosten, 2013; DLR/IWES/IfnE, Langfristszenarien
und Strategien für den Ausbau der Erneuerbaren Energien in Deutschland bei Berücksichtigung der Entwicklung in Euro-pa und global, Leitstudie 2010)
5
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Stromgestehungskosten der Windenergie an Land in ausgewählten europäischen Ländern
10
9
8
7
6
5
4
3
2
1
0
DE
70%
DE
100%
DK
SE
NO
FI
IE
UK
FR
BE
NL
ES
PT
IT
Quelle: eigene Berechnungen; Spannbreiten bilden die spezifischen Investitionskosten ab; die Werte für Deutschland bilden den Referenzstandort (100%) gemäß EEG 2017 sowie
einen Binnenlandstandort mit 70% Gütefaktor ab
Die niedrigsten Stromgestehungskosten in Europa haben wir mit 4,2 ct/kWh für neue große Windparks in Norwegen ermittelt und
die höchsten mit 7 bis 9 ct/kWh für Italien und Binnenlandstandorte in Deutschland. Bei einem Großteil der EU-Länder bewegen
sich die LCoE in der Spanne von 4,7 bis 6,3 ct/kWh. Damit liegen unsere Berechnungen recht nahe dem Niveau von 5,9 ct/kWh, das
die IEA als Median-Wert für die Onshore-Windenergie in Europa und den USA insgesamt für das Jahr 2014 erhoben hat. Der IEASchätzung liegen Investitionskosten von 1.353 EUR/kW, durchschnittliche Betriebskosten von 45 EUR/kW, ein Kapazitätsfaktor von
35% sowie ein Finanzierungskostensatz i.H.v. 8% zugrunde. Für Offshore-Windparks in Europa mit festen Gründungsstrukturen
veranschlagt die IEA die Stromgestehungskosten für das Jahr 2014 bei einer 20jährigen Nutzungsdauer mit einem mittleren Wert
i.H.v. 12,7 ct/kWh, d.h. knapp 7 ct mehr als bei Onshore-Anlagen.6
Perspektivisch gehen die von der IEA befragten Experten davon aus, dass sowohl bei Windenergieanlagen an Land als auch insbesondere auf See noch erhebliche Kostensenkungs- und Ertragssteigerungspotenziale gehoben werden können. So werden von den
befragten Experten bis zum Jahr 2030 Senkungen bei den Investitions- und den Betriebskosten sowie höhere Kapazitätsfaktoren und
eine längere wirtschaftliche Anlagennutzungsdauer erwartet, die sich unterm Strich im Basisszenario zu einer LCoE-Verringerung
um 24% auf etwa 4,4 ct/kWh addieren. Bei Offshore-Windparks werden im selben Zeitraum Kostensenkungen um 30% auf LCoE
von rd. 9 ct/kWh erwartet. Parks mit schwimmenden Strukturen sollten demnach in 2030 kostenseitig mit Gründungsstrukturen auf
gleichem Niveau liegen. Die erwarteten Kostensenkungen basieren v.a. darauf, dass in 15 Jahren sowohl an Land als auch insbesondere auf See durchschnittlich deutlich größere Anlagen zum Einsatz kommen werden (an Land: durchschnittlich 3,7 MW Nennleistung
mit etwa 120 m Nabenhöhe und einem Rotordurchmesser von etwa 130 m; auf See: durchschnittlich 11 MW Nennleistung mit gut
120 m Nabenhöhe und einem Rotordurchmesser von etwa 190 m).
6
Vgl. IEA, Forecasting wind energy costs & cost drivers, 2016
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2 Europas Windmärkte
2.1 Kernmärkte im Fokus
2.1.1 Deutschland
Als Anrainer von Nord- und Ostsee verfügt Deutschland sowohl an Land als auch auf See über ausgedehnte Flächen mit guten bis
sehr guten Windbedingungen. Begünstigt durch eine flache Topografie liegen die durchschnittlichen Windgeschwindigkeiten in den
nördlichen Bundesländern (Schleswig-Holstein, Niedersachsen, Mecklenburg-Vorpommern sowie Teilen von Nordrhein-Westfalen
und Brandenburg) in 100 m Nabenhöhe verbreitet bei 6 m/s und mehr; an der Nordseeküste (Schleswig-Holstein, Niedersachsen)
werden sogar 9 bis 10 m/s erreicht. In der südlichen Landeshälfte bieten wesentlich nur die Höhenlagen gute Windbedingungen.
Mit Standardanlagen der 3 MW-Klasse lassen sich an guten Windstandorten durchschnittliche Kapazitätsfaktoren von deutlich über
30% erzielen. Die technische Weiterentwicklung hin zu Anlagen mit Nabenhöhen von über 150 m und Rotordurchmessern von z.T.
deutlich über 120 m, verbunden mit einem Druck auf die Anlagenpreise erlaubt allerdings auch im windschwächeren Binnenland
die Erschließung zusätzlicher Potenziale. Deutschland gilt als Pionierland bei der großanlagentechnischen Nutzung der Windenergie
und ist mit einer Erzeugung von knapp 88 TWh (2015) der mit Abstand größte Windstromproduzent in Europa. Dank einer bereits
in den 1990er Jahren eingeführten und seitdem kontinuierlich weiterentwickelten gesetzlichen Fördersystematik ist der installierte
Anlagenbestand mittlerweile auf eine Gesamtkapazität von 44.947 MW (Stand per 31.12.2015) angewachsen. Der Zubau im Jahr
2015 belief sich dabei auf 6.013 MW, was knapp der Hälfte des gesamten Zubaus in der EU entsprach. Vom Gesamtbestand entfielen
3.295 MW auf Offshore-Windparks.
Strommix, Energiepolitik und Klimaziele
Als größte Volkswirtschaft und führendes Industrieland in der EU hat Deutschland nicht nur den höchsten Stromendverbrauch,
sondern mit 6.350 kWh p.a. auch einen über dem EU-Durchschnitt liegenden Pro-Kopf-Verbrauch an Strom. Die Stromerzeugung
wird derzeit noch von einem diversifizierten Strommix geprägt, dessen größte Säule seit Jahrzehnten die Kohleverstromung ist. Mit
knapp 25% Braunkohleanteil aus heimischer Förderung und weiteren knapp 19% Steinkohleanteil entfallen dabei allerdings fast 44%
der Stromerzeugung (Jahr 2014) auf die beiden Brennstoffarten mit der schlechtesten CO2-Bilanz. Die Erneuerbaren Energien zusammen kamen in 2014 auf einen Anteil von knapp 26% am Strommix, wovon ein gutes Drittel Windstrom war. Die Kernkraftwerke
des Landes steuerten einen Anteil von unter 16% bei. Im Jahr 2015 ist der EE-Anteil auf 32,6% weiter angestiegen.
Deutschland treibt seit einigen Jahren den als „Energiewende“ bezeichneten Übergang von der nichtnachhaltigen Nutzung fossiler
Energieträger und der Atomenergie hin zu einer nachhaltigen Energieversorgung über einen breiten Mix an Erneuerbaren Energien
und sieht sich als treibende Kraft in der europäischen Klimaschutzpolitik. So hat die Bundesregierung nach der Reaktorkatastrophe
von Fukushima den endgültigen Ausstieg aus der Kernenergie beschlossen. Mit der vorgesehenen sukzessiven Abschaltung der
letzten noch laufenden acht deutschen Kernkraftwerke wird bis zum Jahr 2022 eine Grundlast von gut 90 TWh aus dem deutschen
Strommix wegfallen, die es durch einen Ausbau der Erneuerbaren Energien sowie viele andere Maßnahmen zu kompensieren gilt.
Deutschland hat sich im Rahmen der EU-Klimaschutzziele im Jahr 2009 mit seinem Nationalen Aktionsplan für erneuerbare Energien dazu verpflichtet, den EE-Anteil am Gesamtenergieverbrauch bis zum Jahr 2020 auf 18,0% zu erhöhen. Im Elektrizitätssektor
sollen dann 38,6% aus EE-Quellen stammen. Mit einer EE-Quote am Gesamtenergieverbrauch von 13,8% (Stand: 2014) bewegt
sich Deutschland bisher auf dem Zielpfad. Über diese Zielgrößen für 2020 hinaus steuert die Bundesregierung den Zubau neuer
EE-Stromerzeugungskapazitäten auf nationaler Ebene im Erneuerbare-Energien-Gesetz („EEG“). Dieses sieht für den EE-Anteil am
Bruttostromverbrauch für das Jahr 2025 einen Korridor von 40 bis 45% vor, für das Jahr 2030 von 55 bis 60% und im Jahr 2050 von
mindestens 80% vor. Im Jahr 2015 lag der EE-Anteil am Bruttostromverbrauch in Deutschland bei 32,6%.
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BRANCHENSTUDIE WINDEnERGIE
September 2016
seite 19
Strommarkt im Überblick
Nationale Zielgrößen für die EE-Stromerzeugung*
(GWh)
Bruttostromerzeugung
Verbrauch von Pumpspeicherwerken
Stromexporte
Stromimporte
Bruttostromverbrauch
Eigenverbrauch des Energiesektors
Netzverluste
Stromendverbrauch
Stromverbrauch je Einwohner (kWh)
2009
595.618
7.607
54.132
41.859
575.737
55.430
25.003
497.259
6.064
2014
627.796
8.003
74.320
40.435
585.908
51.059
24.159
512.835
6.350
Δ%
10,0%
7,0%
-24,2%
-43,8%
-28,0%
71,3%
2,9%
48,4%
447,7%
107,1%
17,6%
425,0%
3,6%
37,2%
5,4%
Anteil
18,9%
24,8%
9,9%
0,9%
15,5%
25,9%
3,1%
9,1%
5,7%
5,0%
2,9%
0,0%
0,9%
3,2%
100,0%
Anteil am Gesamtenergieverbrauch
Anteil an der Stromerzeugung
2014
13,8%
28,2%
2020p
18,0%
38,6%
2010
27.191
27.099
92
37.793
2015
44.947
41.652
3.295
87.974
2020e
60.950
53.452
7.498
140.200
Windenergienutzung
Installierte Gesamtkapazität (MW)
Onshore (MW)
Offshore (MW)
Stromerzeugungspotenzial p.a. (GWh)
Strommix
Strommix
(GWh)
Steinkohle
Braunkohle
Erdgas
Mineralöl
Kernenergie
Erneuerbare Energien
Wasserkraft
Wind
Solar
Biogase
Biobrennstoffe & Abfälle
Sonstige EE
Pumpspeicherwerke
Sonstige
Gesamt
2009
9,9%
17,4%
2009
107.858
145.589
82.118
10.068
134.932
94.858
19.031
38.646
6.584
15.022
15.555
19
5.651
14.543
595.618
2014
118.595
155.818
62.271
5.661
97.129
162.512
19.587
57.357
36.056
31.114
18.300
98
5.857
19.954
627.796
Fossile
Kernenergie
Erneuerbare
Übrige 26%
4%
EE-Strommix
342.344
97.129
162.512
25.810
Wind
Solar
Übrige
57.357
36.056
69.098
43%
35%
55%
15%
22%
Fossile
Kernenergie
Erneuerbare
Übrige
Wind
Solar
Übrige
Quelle: Eurostat, EWEA, eigene Prognosen; * Berechnung der Quoten gem. EU-Direktive 2009/28/EC, abweichend zur Anteilsberechnung am Strommix
Die Bundesregierung geht das gesamtgesellschaftliche Mammutprojekt der Energiewende strategisch mit einer 10-Punkte-Agenda
an, die systematisch die Entwicklung auf den dafür relevanten Feldern miteinander koordinieren und vorantreiben soll. Neben dem
Ausbau der Erneuerbaren Energien sind weitere wesentliche Bausteine hierbei insbesondere das Strommarktdesign, die Ertüchtigung der Stromnetze, die Klimaschutzziele und das Emissionshandelssystem („ETS“) in der EU, die regionale Kooperation im europäischen Strommarkt und die Energieeffizienzstrategie. In diesem Rahmen hat sich in den letzten Jahren auch die Ausbaustrategie
für die Erneuerbaren Energien gewandelt. Nachdem viele Jahre lang ein ungebremster Kapazitätsaufbau angereizt wurde, wird der
Zubau mit der EEG-Novelle 2017 künftig sehr viel gezielter gesteuert, denn der EE-Anlagenbestand hat mittlerweise einen Umfang
erreicht, der eine Abstimmung der regionalen EE-Stromproduktion auf die Leistungsfähigkeit der Stromnetze erfordert. Zentrale
Herausforderungen für Netzstabilität und Versorgungssicherheit stellen dabei die wetterbedingt schwankende Solar- und Windstromerzeugung auf der einen Seite sowie deren regionale Verteilung und der Transport zu den Stromverbrauchern auf der anderen
Seite dar. Vor diesem Hintergrund setzt die Regierung beim Kapazitätszubau an Land mit dem Fördersystem auf ausreichende
Anreize für Windparkinvestments auch in Bundesländern mit mäßigem Windenergieangebot. Gleichwohl werden mit dem weiteren Ausbau der Windenergie in zunehmendem Maße Strommengen in Norddeutschland produziert und in die verbrauchsstarken
Regionen im Westen und Süden des Landes transportiert werden müssen.
Die Energiewende und die Förderung des Zubaus der Erneuerbaren Energien ist für Deutschland auch aus industriepolitischer Sicht
von besonderer Bedeutung. So haben mit Siemens, Enercon, Senvion und Nordex nicht nur vier der weltweit größten Windenergieanlagenbauer ihre wesentliche Forschungs- und Produktionsbasis in Deutschland. National und international tätige Projektierer,
Bau-, Instandhaltungs- und andere Dienstleistungsunternehmen komplettieren die Erneuerbare-Energien-Branche in Deutschland.
Nach BMWI-Angaben umfasst die Branche insgesamt etwa 300.000 Arbeitsplätze in Deutschland. Vor diesem Hintergrund hat die
förderseitige Sicherstellung des zum Gelingen der Energiewende nötigen hohen Kapazitätszubaus in Deutschland auch erhebliche
positive gesamtwirtschaftliche Effekte.
Mit der EEG-Novelle 2017 hat die Bundesregierung zugleich auch die bisher angestrebten Zubauvolumina für die verschiedenen
Erneuerbaren Energietechnologien überarbeitet. So sollen bei der Windenergie an Land künftig bis zum Jahr 2019 jährlich brutto
2,8 GW und ab 2020 jährlich 2,9 GW ausgeschrieben und installiert werden. Hieraus ergibt sich ein jährlicher Nettozubau in der
Größenordnung von etwa 2,5 GW. Im Jahr 2020 sollte der installierte Anlagenbestand an Land damit wenigstens 54 GW erreichen
und in 2025 etwa 66,5 GW. Im Offshore-Bereich liegen die Zielmarken bei 6,5 GW in 2020, 11,5 GW in 2025 und 15 GW in 2030.
Während hier der Zubau bis zum Jahr 2020 aus dem bereits projektierten und genehmigten Bestand erfolgt, soll der für 2021 bis 2025
angestrebte Zubau in zwei Auktionen in den Jahren 2017 und 2018 über insgesamt 3,1 GW ausgeschrieben werden. Mit dem Ziel
SEITE 20
des kostenoptimalen Stromnetzausbaus wird der Staat auf See künftig selbst die Flächenvoruntersuchungen durchführen und so die
für den Betrieb von Offshore-Windparks erforderlichen Netzanschlusskapazitäten optimal dimensionieren. Die ersten Windparks in
den voruntersuchten Zielzonen sollen dann ab dem Jahr 2026 ausgeschrieben werden.
Angestrebte Zubauvolumina für die Windenergie an Land und auf See, in GW (netto)
Onshore
2016
2017
2018
2019
2020
2021
2022
2023
2024
2025
2,5
2,5
2,5
2,5
2,5
2,5
2,5
2,5
2,5
2,5
0,5
0,5
0,7
0,7
0,7
Offshore
2016 bis 2020 insgesamt: 5,1
Staatliche Förderung
In Deutschland ist die Förderung des Ausbaus der Erneuerbaren Energien im EEG geregelt, gültig derzeit in der Fassung vom
21.7.2014 („EEG 2014“). Mit einer im Juli 2016 beschlossenen Gesetzesänderung („EEG 2017“) wurde der Übergang zu einer ausschreibungsbasierten Fördervergabe vollzogen. Die Änderungen treten am 1.1.2017 in Kraft. Die Förderung erfolgt, wie schon bisher, in Form der Zahlung einer Marktprämie als Aufschlag auf den Stromgroßhandelspreis. Für die Anlagenbetreiber besteht ein
Direktvermarktungszwang, d.h. sie können den produzierten Strom wahlweise in Eigenregie an der Strombörse verkaufen, hierzu
einen Direktvermarkter einschalten oder einen kommerziellen Stromliefervertrag mit einem Unternehmen oder einem Elektrizitätsversorgungsunternehmen abschließen. Die Marktprämie wird für alle Anlagen über einen Zeitraum von 20 Jahren gezahlt. Neue
Windenergieanlagen erhalten ab dem kommenden Jahr nur noch dann eine Förderung, wenn sie sich in einer Auktion mit einem
Preisgebot für ihr Projektvolumen gegen konkurrierende Projekte durchgesetzt haben. Projekte an Land müssen dann binnen 30
Monaten errichtet werden. Bei Offshore-Projekten richtet sich die Errichtungsfrist nach dem Zeitpunkt des Zuschlags und dem
Fertigstellungstermin für die Offshore-Anbindungsleitung.
Teilnahmeberechtigt an einer Auktion für Windenergieanlagen an Land sind künftig Anlagen, die eine Genehmigung nach dem
Bundes-Immissionsschutzgesetz erhalten haben und damit in das Anlagenregister der Bundesnetzagentur eingetragen sind. An Auktionen für Windenergieanlagen auf See sind zunächst nur solche Projekte zugelassen, die in den Nordsee-Offshore-Clustern 1 bis 8,
den Ostsee-Offshore-Clustern 1 bis 3 oder den deutschen Küstengewässern liegen, sich bereits in der Projektierung befinden, über
eine Planfeststellung (AWZ) oder eine Genehmigung nach dem Bundes-Immissionsschutzgesetz (Küstengewässer) verfügen und
nach dem 31.12.2020 in Betrieb genommen werden.
Nicht dem Ausschreibungszwang unterliegen
•Windanlagen an Land, die eine installierte Leistung von höchstens 750 KW haben
•Windanlagen an Land, die vor dem 1.1.2017 eine Genehmigung nach dem Bundes-Immissionsschutzgesetz erhalten haben
•Windanlagen auf See, die vor dem 1.1.2017 eine verbindliche Netzanschlusszusage erhalten haben und vor dem 1.1.2021 in Betrieb
genommen werden.
Für Windparks an Land wird die Bundesnetzagentur künftig jährlich drei oder vier Auktionen über bestimmte Kapazitätsmengen
für neu zu errichtende Windparks durchführen. Bei diesen müssen die Interessenten die Höhe der verlangten Förderung bieten, zu
der sie die Anlage zu betreiben bereit sind. Alle Bieter geben dabei ein Preisgebot für einen fiktiven Referenzstandort mit genau definierten Windverhältnissen (durchschnittliche Windgeschwindigkeit von 6,45 m/s in 100 m Höhe über Grund und einem Höhenprofil, das nach dem Potenzgesetz mit einem Hellmann-Exponenten in Höhe von 0,25 zu ermitteln ist) ab. Über einen Korrekturfaktor,
mit dem der Gebotspreis multipliziert wird, erfolgt dabei eine Anpassung auf die tatsächlichen Windverhältnisse am Projektstandort.
Der so errechnete sog. „Anzulegende Wert“ ist dann für die zukünftigen Vergütungszahlungen maßgeblich, falls die Anlage in der
Auktion den Zuschlag erhält. Über den Korrekturfaktor erhalten Anlagen an windschwachen Standorten für den zu erwartenden geringeren Stromertrag einen Preisaufschlag von bis zu 29% auf den Gebotspreis für die Referenzanlage, während der Mehrertrag von
Anlagen an windstärkeren Standorten durch einen Preisabschlag von bis zu 21% kompensiert wird. Wie die nachstehende Tabelle
zeigt, erfolgt dabei eine Differenzierung in der Spanne von 70% bis 150% der Referenzstandortgüte. Liegt die ermittelte Standortgüte eines Projektes zwischen zwei Stützstellen der Tabelle, dann wird zwischen den beiden betreffenden Korrekturfaktoren linear
interpoliert. Die Kappung des Referenzertragsmodells bei einem Gütefaktor von 70% bzw. von 150% stellt auf der einen Seite einen
Anreiz für herausragend effiziente Anlagen(mit Gütefaktoren von mehr als 150%) dar und sorgt auf der anderen Seite auch dafür,
dass ineffiziente Anlagen an windschwachen Standorten (Gütefaktor von unter 70%) benachteiligt werden.
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BRANCHENSTUDIE WINDEnERGIE
September 2016
seite 21
Korrekturfaktoren des EEG 2017 in Abhängigkeit von der Standortgüte
Gütefaktor
70%
80%
90%
100%
110%
120%
130%
140%
150%
Korrekturfaktor
1,29
1,16
1,07
1,00
0,94
0,89
0,85
0,81
0,79
Quelle: EEG 2017, § 36h
Die Ersteinstufung einer Anlage wird anhand der Windgutachten vorgenommen. Nach jeweils fünf Betriebsjahren (d.h. zu Beginn
des 6., des 11. und des 16. Betriebsjahres) wird der Korrekturfaktor anhand der Anlagenperformance im gerade abgeschlossenen
Fünfjahreszeitraum überprüft und für die nächste Fünfjahresperiode entsprechend angepasst.
Zum Zwecke der Sicherstellung der Akteursvielfalt beim Ausbau der Windenergie an Land sieht die EEG-Novelle für Bürgerenergiegesellschaften mit höchstens sechs Anlagen und maximal 18 MW Kapazität Erleichterungen für die Auktionsteilnahme (Gebot auch
ohne vorliegende Genehmigung nach dem Bundes-Immissionsschutzgesetz möglich, geringere Sicherheitsleistungen, Verlängerung
der Realisierungsfrist um bis zu zwei Jahre) vor. Auch bei der Vergütungshöhe genießen Bürgerenergiegesellschaften u.U. eine Besserstellung, denn wenn sie bei der Auktion mit ihrem Gebot den Zuschlag bekommen, erhalten sie unabhängig vom gebotenen Preis
eine Vergütung entsprechend des höchsten in der Auktion noch akzeptierten Gebotspreises.
Für Offshore-Windparks wird die Bundesnetzagentur in den Jahren 2017 und 2018 jeweils eine Auktion über eine Kapazität von 1,55
GW durchführen. Bei diesen Auktionen müssen die Interessenten für ihr Projekt ein Preisgebot für die geforderte Vergütung („Anzulegender Wert“) abgeben. Die zusätzliche Abgabe von Hilfsgeboten für kleinere Projektgrößen ist dabei zulässig. An der zweiten
Auktion im Jahr 2018 dürfen nur diejenigen Projekte teilnehmen, die bereits bei der ersten Auktion im Jahr 2017 mitgeboten hatten,
aber nicht bezuschlagt worden sind. Bei den Auktionen gibt die Bundesnetzagentur jeweils einen Höchstgebotswert vor. Bei Auktionen für Windenergieanlagen an Land im Jahr 2017 sieht das EEG einen Höchstpreis von 7 ct/KWh am Referenzstandort vor. Ab
2018 soll der Höchstwert dann auf 108% des Durchschnitts der höchsten noch bezuschlagten Gebote der drei vorangegangenen Auktionen festgesetzt werden. Beginnend mit dem niedrigsten Gebot erhalten die Bieter den Zuschlag, bis das ausgeschriebene Kapazitätsvolumen ausgeschöpft ist. Bei Auktionen für Offshore-Windparks wurde der Höchstpreis auf anfänglich 12 ct/KWh festgesetzt.
Zwecks Neuordnung des Planungsrechts für Offshore-Windparks in der AWZ werden für diejenigen Projekte, die bei keiner der
beiden Auktionen einen Zuschlag erhalten haben, nach der Offshore-Auktion 2018 alle noch laufenden Planfeststellungs- bzw. Genehmigungsverfahren ersatzlos beendet. Dies ist die Voraussetzung dafür, dass der Bund die eigene Flächenvoruntersuchung als
Basis für die Offshore-Windparkauktionen ab dem Jahr 2021 aufnehmen kann.
Geplante erste Auktionstermine im Jahr 2017
Onshore
1. März 2017
Offshore
1,55 GW
1. Mai 2017
0,8 GW
1. August 2017
1,0 GW
1. November 2017
1,0 GW
Quelle: EEG 2017, § 28; WindSeeG, § 27
Mit dem EEG 2017 wird die aktuelle Förderung (EEG 2014) neuer Anlagen an Land zum 31.12.2018 bzw. auf See zum 31.12.2020
auslaufen. Die nachstehende Tabelle gibt die aktuellen Vergütungshöhen wider.
SEITE 22
Vergütung gem. EEG 2014
Onshore
Basisvergütung (ct je KWh)
4,77
Offshore
1)
3,9
20 Jahre plus Installationsjahr
Dauer des Vergütungsanspruches
Erhöhte Anfangsvergütung (ct je KWh)
Dauer des erhöhten Vergütungsanspruches
8,58 1)
mind. 5 Jahre
15,4
2)
12 Jahre 3)
Quelle: EEG 2014 und BWE; 1) Stand per 1.7.2016, quartalsweise Degression in Abhängigkeit vom Zubauvolumen, von März bis August 2017 mtl. Sonderdegression um 1,05%; 2)
Verlängerung der erhöhten Anfangsvergütung in Abhängigkeit von der Standordortgüte vs. 130%-Referezstandort, z.B. 12 Jahre bei 100%-Standortqualität; 3) Basismodell, Verlängerung der erhöhten Anfangsvergütung in Abhängigkeit von Küstenentfernung und Wassertiefe
Marktausblick
Die über das EEG 2017 implementierte Förderung des Windenergieanlagenzubaus in Deutschland ist langfristig angelegt und soll
einen nachhaltig verlässlichen Gesetzesrahmen bieten. Gerade auch im Vergleich zu manchen anderen EU-Ländern konnten sich
die Projektierer und Investoren bisher in Deutschland auf ein verlässliches Fördersystem, ein stabiles Regulierungsumfeld und ein
Höchstmaß an Rechtssicherheit verlassen. Mit dem Übergang zur ausschreibungsbasierten Vergabe des Förderanspruchs hält künftig zwar ein bedeutender Unsicherheitsfaktor Einzug in die Projektplanungen der Investoren, dieser dürfte aber vorwiegend schwächere (d.h. weniger effiziente) Projekte aus dem Markt drängen. Dank des gewählten Ausschreibungsdesigns als sogenannte „späte
Ausschreibung“ in Kombination mit Sicherheitsleistungen und Pönalen bei Nichterfüllung erwarten wir bei der künftigen Zubauentwicklung eine hohe Realisierungsrate der erteilten Zuschläge. In der mit zwei Jahren ausreichend lang bemessenen Übergangsfrist
von der bisherigen Förderung gemäß EEG2014 dürften sich gewisse Vorzieheffekte nicht ganz vermeiden lassen. So gehen wir davon
aus, dass viele Investoren ihre bereits genehmigten Projekte schnellstmöglich noch unter altem Förderrecht realisieren werden,
anstatt sich später freiwillig an den Auktionen zu beteiligen und ihre Projekte dadurch einem Zuschlagsrisiko auszusetzen. Mit der
verfügten Sonderdegression für die Förderung gemäß EEG 2014 von März bis August 2017 wird der Vergütungsanspruch nach EEG
2014 für eine 100% Referenzstandortqualität allerdings zügig auf unter 7 ct/kWh abgesenkt, so dass für bereits jetzt realisierungsreife
Anlagen per Mitte 2017 keine sicheren vergütungsseitigen Anreize mehr bestehen, noch nach den Regeln des EEG 2014 zu bauen. Im
Gegenzug sehen wir die Möglichkeit, dass es bei der ersten Onshore-Auktion zu einem relativ geringen Gebotsinteresse und zu nahe
dem Höchstpreis liegenden Zuschlägen kommt. Wie erwarten jedoch, dass sich das Auktionsverfahren recht schnell und geräuschlos
als neue Normalität etabliert.
Hinsichtlich der längerfristigen Zubauperspektiven für Windparks an Land machen sich im recht dicht besiedelten Deutschland
einerseits zunehmende Restriktionen bei der Nutzbarmachung immer neuer Flächen für die Windenergie bemerkbar. So zeigen die
in Bayern verfügte 10H-Regel und der Bürgerbeteiligungszwang in Mecklenburg-Vorpommern, dass die Widerstände gegen einen
ungehinderten Ausbau auf regionaler Ebene zunehmen. Andererseits ergeben sich mit der Alterung des Anlagenbestandes jedoch
zusehends Potenziale für ein verstärktes Repowering. Gerade in den windstarken Küstengebieten dürften perspektivisch sehr gute
Windstandorte zur Bebauung mit erheblich leistungsstärkeren und effizienteren neuen Anlagen verfügbar werden. Bei Unterstellung
einer 20-jährigen Anlagennutzungsdauer fallen schon in 2020 Anlagen mit etwa 1,5 GW aus der Förderung und stehen perspektivisch zum Rückbau an. Mit einer Größenordnung von 3 GW erreicht das jährliche Repowering-Potenzial im Jahr 2023 dann zunächst
ein Maximum. Vor diesem Hintergrund wird die von der Bundesregierung eingeführte Deckelung des Bruttozubaus auf knapp
unter 3 GW dazu führen, dass der Windenergiezubau an Land in Deutschland in den kommenden Jahren auf Nettobasis deutlich
zurückgehen wird. Netto wird das Kapazitätswachstum in Deutschland daher in steigendem Maße von der Offshore-Windenergie
kommen. Dank der erheblich höheren Effizienz von neuen Anlagen im Vergleich zu der von Altanlagen wird der durchschnittliche
Kapazitätsfaktor des installierten Anlagenbestandes an Land jedoch selbst bei einem stark rückläufigen Nettozubau weiter steigen.
Zusammen mit dem Zubau neuer Offshore-Windparks erwarten wir damit in den nächsten Jahren ein deutlich überproportional zur
installierten Kapazität ansteigendes Stromerzeugungspotenzial. Damit wird die Windenergie binnen zehn Jahren zusätzlich jährlich
etwa 70 TWh zur Bruttostromerzeugung beisteuern können.
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September 2016
seite 23
Marktprognose in MW
Marktprognose in MW
Installierte Windenergieanlagenkapazität in MW
Zubau
Bestand
90.000
5.243
39.128
80.000
2014
2015
6.013
44.947
2016e
3.892
48.839
2017e
3.174
52.013
2018e
3.492
55.505
2019e
3.350
58.855
2020e
3.250
62.105
2025e
k.A.
76.300
70.000
60.000
50.000
40.000
30.000
20.000
10.000
Ø Wachstumsraten
Bestand
2010 - 2015
10,6%
2015 - 2020e
6,7%
2020 - 2025e
4,2%
Quelle: EWEA, eigene Prognose
SEITE 24
0
2012
2013
2014
2015
2016e
Onshore
2017e
2018e
Offshore
2019e
2020e
…….
2025e
2.1.2 Frankreich
Frankreich gilt in Europa als das Land mit dem größten Potential für die Stromproduktion durch Windkraft. Mit seiner langen
Küstenlinie ist das Land drei unterschiedlichen Windregimen ausgesetzt. Im Norden und Westen profitieren die Atlantik- und die
Nordsee-/Kanalküsten bis weit ins Landesinnere von kräftigen atlantischen Windströmungen, und an der südwestlichen französischen Mittelmeerküste sorgt der Mistral für ein sehr gutes Windangebot. Mit modernen WEA lassen sich an Land in 100m Nabenhöhe Kapazitätsfaktoren von etwa 30% erzielen. Auf See sind je nach Anlagengröße Kapazitätsfaktoren von über 40% erreichbar. Die
französische Politik hat dieses Potenzial lange Zeit etwas stiefmütterlich behandelt, geht die Nutzung der Windenergie aber seit dem
letzten Regierungswechsel mit der Einführung von ambitionierten Ausbauzielen, einer attraktiven Förderpolitik und dem Abbau
administrativer Hürden deutlich fokussierter an. So rangierte Frankreich im Jahr 2015 mit einem Zubau von 1.073 MW auf 10.358
MW und einer Windstromerzeugung von 20.000 GWh (2015, vorläufig) in Europa hinter Deutschland, Spanien und Großbritannien
mit deutlichem Abstand immerhin auf Rang 4. Kommerzielle Windparks gibt es in Frankreich bisher nur an Land, denn die 2012
und 2014 genehmigten sechs Offshore-Projekte vor der West- und der Nordküste befinden sich noch immer in der Projektierungsphase. Hier gibt es Verzögerungen durch die Vorgaben zum Mindestumfang der lokalen Wertschöpfung, welche den Einsatz von in
Frankreich produzierten Windturbinen erzwingen. Die betreffenden Modelle sind noch nicht serienreif.
Strommix, Energiepolitik und Klimaziele
In der Stromerzeugung setzt Frankreich seit Jahrzenten wesentlich auf die Kernenergie. So werden etwa Dreiviertel der heimischen
Stromproduktion von den 58 Atomreaktoren des staatlichen Energieversorgers EDF erzeugt. Wasserkraftwerke und Erneuerbare
Energien kommen zusammen auf knapp 20%, während fossile Energieträger mit einem Anteil von 4% vernachlässigbar sind. Mit
diesem Strommix hat Frankreich unter den G8-Ländern den niedrigsten CO2-Ausstoß pro Kopf.
Strommarkt im Überblick
Nationale Zielgrößen für die EE-Stromerzeugung*
(GWh)
Bruttostromerzeugung
Verbrauch von Pumpspeicherwerken
Stromexporte
Stromimporte
Bruttostromverbrauch
Eigenverbrauch des Energiesektors
Netzverluste
Stromendverbrauch
Stromverbrauch je Einwohner (kWh)
2009
535.636
6.812
44.451
18.517
502.891
55.141
34.878
417.955
6.495
2014
562.780
7.957
75.064
7.874
487.633
41.799
35.384
415.325
6.303
Δ%
-56,0%
n.m.
-37,9%
-61,7%
6,5%
31,2%
10,2%
118,0%
3310,1%
68,8%
6,4%
7,5%
16,6%
15,0%
5,1%
Anteil
1,7%
0,0%
2,3%
0,3%
77,6%
16,2%
11,2%
3,1%
1,1%
0,3%
0,6%
0,1%
1,0%
0,9%
100,0%
Anteil am Gesamtenergieverbrauch
Anteil an der Stromerzeugung
Installierte Gesamtkapazität (MW)
Onshore (MW)
Offshore (MW)
Stromerzeugungspotenzial p.a. (GWh)
Strommix
2009
21.668
0
20.504
4.724
409.737
69.659
56.996
7.912
173
875
3.255
448
4.972
4.373
535.636
2014
9.525
0
12.738
1.810
436.474
91.406
62.829
17.248
5.909
1.476
3.462
481
5.798
5.030
562.780
2014
14,3%
18,3%
2020p
23,0%
27,0%
2010
5.970
5.970
0
2015
10.358
10.358
0
21.800
2020e
19.782
17.858
1.924
41.500
Windenergienutzung
Strommix
(GWh)
Steinkohle
Braunkohle
Erdgas
Mineralöl
Kernenergie
Erneuerbare Energien
Wasserkraft
Wind
Solar
Biogase
Biobrennstoffe & Abfälle
Sonstige EE
Pumpspeicherwerke
Sonstige
Gesamt
2009
12,1%
15,1%
4%
24.073
436.474
91.406
10.828
Fossile
Kernenergie
16%
Erneuerbare
Übrige
EE-Strommix
Wasserkraft
12%
Wind
Sonstige EE
0
19%
62.829
17.248
11.329
0
69%
78%
Fossile
Kernenergie
Erneuerbare
Übrige
Wasserkraft
Wind
Sonstige EE
Quelle: Eurostat, EWEA, eigene Prognosen; * Berechnung der Quoten gem. EU-Direktive 2009/28/EC, abweichend zur Anteilsberechnung am Strommix
Der Atomkraftwerksbestand des Landes ist allerdings mittlerweile stark veraltet. So wurde rund die Hälfte der Reaktoren Ende der
1970er oder Anfang der 1980er in Betrieb genommen und nähert sich dem Ende ihrer 40jährigen Sollbetriebsdauer. Bis zum Jahr
2025 sollen insgesamt 24 Reaktoren abgeschaltet werden. Dem steht derzeit nur ein einziger Neubau eines EPR-Druckwasserreaktors
gegenüber. Dieser soll möglichst noch in 2016 in Betrieb gehen und bis zum Jahr 2019 die beiden Reaktorblöcke in Frankreichs ältestem AKW Fessenheim ersetzen. Perspektivisch droht mit der sukzessiven Abschaltung von etwa einem Drittel der AKW-Kapazitäten
eine bedeutende Lücke in der Energieversorgung des Landes zu entstehen. EDF hat bisher vergeblich versucht, bei der Regierung
eine Verlängerung der Atomkraftwerkslaufzeiten auf 60 Jahre zu erreichen. Der französische Präsident Francois Hollande hält zwar
grundsätzlich an der Nutzung der Kernenergie fest, verfolgt jedoch das Ziel, den Atomstromanteil bis zum Jahr 2025 auf 50% zu
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senken und stattdessen mehr Strom aus Erneuerbaren Energien zu produzieren. So hat die französische Regierung im August 2015
ein Energiewendegesetz („Loi relative à la transition énergétique pour la croissance verte“) beschlossen, mit der die bisherigen für
das Jahr 2020 formulierten verbindlichen Klimaziele sowie die Ausbauziele für die Erneuerbaren Energien bis zum Jahr 2030 weiterentwickelt wurden. So soll der Anteil der Erneuerbaren Energien vom verbindlichen Zielwert von 23% im Jahr 2020 auf 32% im Jahr
2030 steigen. Die Zielgröße für den Anteil der Erneuerbaren Energien an der Stromerzeugung liegt bei 27% für 2020 und 40% im
Jahr 2030. Für die Windenergie gilt jetzt – zusammen mit der Photovoltaik – für das Jahr 2018 ein Kapazitätsziel von 24 GW. Hiervon sollen 15 GW auf die Windenergie entfallen. Im Jahr 2023 werden für beide Technologien zusammen 36 bis 43 GW angestrebt,
wobei die Zielmarke für die Windenergie bei 25 GW liegt. Das Gesetz aktualisiert die bisherigen gesetzlich fixierten Ausbauziele
für die Erneuerbaren Energien, mit denen die nationalen Klimaziele für das Jahr 2020 erreicht werden sollten. Diese sahen für 2020
bisher eine installierte Windenergiekapazität in Höhe von 25 GW vor, wovon 19 GW auf Onshore-Anlagen und 6 GW auf OffshoreAnlagen entfallen sollten.
Diese Ziele lassen sich beim aktuellen Ausbautempo allerdings nicht erreichen. So befindet sich noch keiner der bisher sechs ausgeschriebenen und genehmigten Offshore-Windparks über insgesamt 2,92 GW im Bau. Ein verzögernd wirkender Faktor ist hierbei,
dass in allen sechs Offshore-Projekten ausschließlich Windenergieanlagen aus heimischer Fertigung verbaut werden müssen, die beiden einzigen französischen Anlagenbauer Alstom (nach Verkauf der Kraftwerkssparte mittlerweile GE) und AREVA (Anlagenbau
mittlerweile ins Gemeinschaftsunternehmen Adwen eingebracht) bei Ausschreibung aber überhaupt keine Anlagentypen für den
Offshore-Einsatz hatten. Sofern die hierfür neu konzipierten Anlagentypen (GE Haliade 150-6 MW sowie Adwen AD 8 MW-180)
plangemäß zur Serienreife entwickelt und produziert werden können, ist nach den derzeitigen Planungen eine stufenweise Projektrealisierung von 2018 bis 2022 geplant. Auch bei der Ausschreibung weiterer Offshore-Windparks drückt die Regierung bisher nicht
aufs Tempo. So hat Frankreichs Energieministerin Segolene Royal im Frühjahr 2016 für den dritten Offshore-Tender einzig eine
Fläche vor Dünkirchen mit bisher noch unbekannter Zielkapazität und Ausschreibungsfristen angekündigt. Die Ausschreibung soll
nach Vorlage der noch zu beauftragenden Gutachten zu Wind-, Wellen- und Meeresbodenbedingungen voraussichtlich in Q3/2017
stattfinden. Mit einem Zuschlag dürfte erst in 2018 zu rechnen sein und ein Baubeginn ist kaum vor dem Jahr 2024 realistisch. Vor
diesem Hintergrund verwundert es nicht, dass die Offshore-Ausbaupläne der französischen Regierung von ursprünglich 6 GW im
Jahr 2020 auf ein realistisches Maß von nun 3 GW in 2023 und 6 GW in der Zeit danach korrigiert wurden. Mithin müssen primär
die Windenergie an Land und die Photovoltaik den angestrebten Kapazitätszubau darstellen. Um die per 2018 angestrebte installierte
Kapazität von 24 GW zu erreichen, sollen PV-Projekte im Gesamtvolumen von 4,35 GW in mehreren Tenderrunden ausgeschrieben
werden, während der Windenergieanlagenzubau jährlich auf 1,5 bis 3,25 GW steigen soll. Eine derartige Erhöhung des Zubautempos
an Land ist zwar ambitioniert, aber erreichbar, wenn die Regierung an einer auskömmlichen Förderhöhe festhält.
Staatliche Förderung
Mit der Verabschiedung des Energiewendegesetzes hat das französische Parlament auch eine Anpassung des bisherigen, vollständig
auf einem Einspeisetarif basierenden Fördersystems an die Wettbewerbs- und Beihilferegeln der EU für die Förderung der Erneuerbaren Energien beschlossen. Künftig wird die Förderung größerer Windenergieprojekte über ein Marktprämienmodell erfolgen. Das
neue Förderregime gilt zwar ab Januar 2016, muss jedoch noch in wesentlichen Punkten durch Erlasse der Regierung konkretisiert
werden. Sobald diese präzisiert und rechtskräftig sind, soll eine voraussichtlich 18-monatige Übergangsfrist beginnen, während neu
errichtete Windparks zwischen dem alten Einspeisetarif und dem neuen Förderregime wählen können. Erst nach dieser Übergangsfrist wird das alte Fördersystem für größere Windparks geschlossen. Danach sollen lediglich kleinere Anlagen von bis zu 12 MW
Kapazität weiter mit dem Einspeisetarif gefördert werden. Nach dem neuen Marktprämienmodell muss der Windparkbetreiber den
erzeugten Strom am Stromgroßhandelsmarkt verkaufen. Er kann dabei zwischen drei Optionen wählen:
•Verkauf an der Strombörse (EPEX Spot) in Eigenregie
•Abschluss eines kommerziellen Stromliefervertrages mit einem Unternehmen, einem Stromnetzbetreiber oder einem Elektrizitätsversorgungsunternehmen mit vereinbartem Preis und fixierter Laufzeit
•Abschluss eines kommerziellen Stromliefervertrages mit einem Direktvermarkter mit vereinbartem Preis und fixierter Laufzeit
Der Stromerzeuger erhält dabei einen Referenzmarktpreis, basierend auf dem Großhandelsmarktpreis gemäß des von ihm gewählten
Vermarktungsweges. Wenn der Referenzmarktpreis unter den für die Förderdauer festgeschriebenen geltenden Zielpreis sinkt, erhält
der Stromerzeuger eine Ausgleichszahlung bzw. eine Prämie auf den niedrigeren Marktpreis. Wenn der Referenzmarktpreis den
Großhandelsmarktpreis übersteigt, ist der überschießende Erlös an den Staat abzuführen. Die Höhe des Referenzmarktpreises und
dessen eventuelle Absenkung über die Zeit sind von der Regierung noch in einem Erlass zu regeln. Gleiches gilt für die Förderdauer
neuer Windenergieprojekte. Wir gehen davon aus, dass die Regierung an den bisherigen Förderdauern festhalten wird, d.h. OnshoreWindparks sollten weiterhin mit einer 15 jährigen und Offshore Windparks mit einer 20jährigen Förderdauer rechnen können. Die
staatliche Förderung für neu zu errichtende Kapazitäten wird unter dem neuen Förderregime ab dem Jahr 2017 voraussichtlich im
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Wege von wettbewerblichen Ausschreibungen erfolgen. Bisher hat die Regierung aber weder einen Ausschreibungszwang beschlossen, noch ein konkretes Ausschreibungsdesign vorgestellt. Mit einer entsprechenden Verordnung wird bis Ende 2016 gerechnet.
Bis das neue Fördersystem in allen Details präzisiert und in Kraft gesetzt ist, gilt für neu errichtete Windparks in Frankreich weiterhin die Förderung über eine Einspeisevergütung („Tarif d’Achat“). Deren Höhe wurde zuletzt im Jahr 2008 festgelegt und gilt bei
Onshore-Anlagen für 15 Jahre. Die Vergütungssätze liegen in den ersten zehn Jahren bei 8,2 ct je kWh und danach für weitere fünf
Jahre zwischen 2,8 und 8,2 ct je kWh, abhängig von den tatsächlichen Volllaststunden. Die WEA müssen dabei in dafür vorgesehenen Gebieten errichtet werden. Die Vergütungssätze werden jährlich um einen Inflationsfaktor angepasst. Formal schließt der
Anlagenbetreiber hierbei einen Stromliefervertrag (PPA) mit dem Netzbetreiber ab, der gesetzlich dazu verpflichtet ist, den produzierten Strom zum fixierten Förderpreis abzunehmen. In der Regel ist EDF der Netzbetreiber. Die Verbraucher zahlen einen durch
die Energieregulierungskommission errechneten Aufschlag (Contribution au Service Public de l’Électricité CSPE) zum normalen
Strompreis, mit dem die zusätzlichen Kosten für die Windenergie-Förderung auf den Endverbraucher umgelegt werden. Bei Offshore-Projekten, die schon in der Vergangenheit über Ausschreibungsverfahren vergeben wurden, beträgt die Förderdauer 20 Jahre.
Für die Auktionen wurden vom Energieministerium projektspezifische Gebotsober- und -untergrenzen festgelegt, differenziert nach
Wassertiefe und Entfernung von der Küste. Grundsätzlich bekam der Bewerber mit dem niedrigsten Gebot für die Einspeisevergütung den Zuschlag. Beim Abschluss eines Stromliefervertrages mit dem staatlichen Energieversorger EDF wird die Stromerzeugung
der erfolgreichen Projekte mit einem Festpreis in Höhe des akzeptierten Gebotes vergütet. Die in der ersten Offshore-Tenderrunde
berücksichtigten vier Projekte erhielten im Jahr 2012 den Zuschlag für einen Gebotspreis von bis zu 22,6 ct/kWh, die beiden Projekte
in der zweiten Tenderrunde 2014 erhielten den Zuschlag für durchschnittlich 20,0 ct/kWh.
Nach positiven Erfahrungen mit einem entsprechenden Pilotprojekt wurde mit dem Energiewendegesetz eine landesweite Verschlankung des Genehmigungsprozesses für neue Windparks an Land verfügt. Demnach werden alle genehmigungsrelevanten Prüfungen
bei nur noch einer Behörde der jeweils zuständigen Regionalregierung zusammengefasst und zu einer einzigen, alles umfassenden
Genehmigung gebündelt. Dies hat den Genehmigungsprozess beschleunigt und dürfte künftig einen forcierten Kapazitätszubau
erlauben.
Marktausblick
Mit einem Bündel von Maßnahmen hat die französische Regierung in den letzten drei Jahren erhebliche Verbesserungen und Erleichterungen für die Projektierung von Windparks bewirkt. Das derzeitige Fördersystem setzt zudem vergütungsseitig ausreichend
hohe Anreize, um den Zubau von Windparks an Land zu beschleunigen und auf einem erhöhten Niveau zu stabilisieren. Das in
Grundzügen Mitte 2015 eingeführte Marktprämienmodell wird den derzeitigen Einspeisetarif voraussichtlich nicht vor dem Jahr
2018 ablösen. Es ist unser Verständnis, dass die Regierung an einer investorenfreundlichen Ausgestaltung der Fördersystemparameter interessiert ist, um die angestrebten Zubauraten dauerhaft auf einem erhöhten Niveau zu halten und dadurch die selbstgesteckten
Kapazitätsziele zu erreichen. In unserer Prognose gehen wir von kräftig anziehenden Zubau-Zahlen an Land aus. In 2025 sollten
ungefähr 29 GW installierte Leistung in Frankreich vorhanden sein. Davon dürften 3,0 GW auf Offshore-Anlagen entfallen.
Marktprognose in MW
Marktprognose in MW
Zubau
Bestand
1.042
9.285
2015
1.073
10.358
2016e
1.500
11.858
2017e
1.500
13.358
2014
2018e
1.786
15.144
2019e
1.928
17.072
2020e
2.710
19.782
2025e
k.A.
29.420
Installierte Windenergieanlagenkapazität in MW
35.000
30.000
25.000
20.000
15.000
10.000
5.000
Ø Wachstumsraten
Bestand
2010 - 2015
11,7%
2015 - 2020e
13,8%
2020 - 2025e
8,3%
0
2012
2013
2014
2015
2016e
Onshore
2017e
2018e
2019e
2020e
…….
2025e
Offshore
Quelle: EWEA, eigene Prognose
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September 2016
seite 27
2.1.3 Großbritannien
Dank seiner geografischen Lage gilt Großbritannien in Europa neben Norwegen und Irland als der beste Standort für die Nutzung der
Windenergie – sowohl an Land als auch auf See. Mit hohen durchschnittlichen Windgeschwindigkeiten von 8 m/s und mehr bieten die
vorherrschenden kräftigen Atlantikwinde in weiten Landesteilen ideale Voraussetzungen für die Stromerzeugung. Mit modernen WEA
lassen sich nach Angaben des Ministeriums für Energie und Klimaschutz („DECC“) an Land in 100 m Nabenhöhe Kapazitätsfaktoren
von rund 30% bis 33% erzielen. Auf See sind je nach Anlagengröße 40% bis 48% erreichbar. Neben den guten Windbedingungen bedeuten die vergleichsweise flachen Küstengebiete günstige Bedingungen für die Errichtung von Offshore-Windparks. So ist Großbritannien
in der Nutzung der Offshore-Windenergie eines der Pionierländer und treibt hier den Kapazitätsausbau mit seiner Förderpolitik voran.
Bei einer installierten Offshore-Kapazität von 5.061 MW, entsprechend 37% der Gesamtkapazität, liegt das Land unverändert weltweit
an erster Stelle. Mit einem Zubau von 975 MW auf insgesamt 13.603 MW und einer Windstromerzeugung von 40.442 GWh (2015,
vorläufig) ist Großbritannien hinter Deutschland und Spanien der drittgrößte Windenergienutzer in Europa.
Strommix, Energiepolitik und Klimaziele
In der Stromerzeugung hat Großbritannien in der Vergangenheit vor allem auf Erdgas, Kohle und Kernenergie gesetzt. Angesichts der
staatlichen Förderung der Erneuerbaren Energien, eines im Trend leicht rückläufigen Stromverbrauchs und sinkender Auslastungsraten
bei den Gas- und Kohlekraftwerken wurden neue Erzeugungskapazitäten in den letzten Jahren nur im Bereich der Erneuerbaren Energien geschaffen. Während diese ihren Anteil an der Stromerzeugung zu Lasten konventioneller Kraftwerke binnen fünf Jahren auf gut
17% mehr als verdreifachten, blieb der Anteil der Kernenergie mit rund 19% recht konstant. Die fossilen Energieträger waren im Jahr
2014 mit zusammen knapp 60% der Bruttostromerzeugung jedoch unverändert die Hauptsäule der britischen Stromerzeugung. Unter
den Erneuerbaren Energien ist die Windenergie mit einem Anteil von knapp 50% das größte Teilsegment.
Strommarkt im Überblick
Nationale Zielgrößen für die EE-Stromerzeugung*
(GWh)
Bruttostromerzeugung
Verbrauch von Pumpspeicherwerken
Stromexporte
Stromimporte
Bruttostromverbrauch
Eigenverbrauch des Energiesektors
Netzverluste
Stromendverbrauch
Stromverbrauch je Einwohner (kWh)
2009
376.715
4.843
3.748
6.609
374.734
25.876
28.148
321.870
5.188
2014
338.924
3.884
2.723
23.243
355.559
24.991
28.011
303.563
4.717
Δ%
-2,1%
n.m.
-39,5%
-72,1%
-7,7%
156,5%
12,5%
244,9%
n.m.
6,5%
227,1%
100,0%
-21,8%
39,3%
-10,0%
Anteil
29,8%
0,0%
29,7%
0,5%
18,8%
19,1%
1,7%
9,4%
1,2%
1,7%
5,0%
0,0%
0,9%
1,3%
100,0%
Anteil am Gesamtenergieverbrauch
Anteil an der Stromerzeugung
Installierte Gesamtkapazität (MW)
Onshore (MW)
Offshore (MW)
Stromerzeugungspotenzial p.a. (GWh)
Strommix
2009
103.036
0
166.499
5.993
69.098
25.208
5.230
9.283
20
5.534
5.140
1
3.686
3.196
376.715
2014
100.845
0
100.670
1.670
63.748
64.656
5.885
32.015
4.050
5.892
16.812
2
2.883
4.452
338.924
2014
7,0%
17,8%
2020p
15,0%
31,0%
2010
5.248
3.907
1.341
2015
13.603
8.542
5.061
43.500
2020e
21.889
10.948
10.941
72.200
Windenergienutzung
Strommix
(GWh)
Steinkohle
Braunkohle
Erdgas
Mineralöl
Kernenergie
Erneuerbare Energien
Wasserkraft
Wind
Solar
Biogase
Biobrennstoffe & Abfälle
Sonstige EE
Pumpspeicherwerke
Sonstige
Gesamt
2009
3,3%
6,7%
Fossile
Kernenergie
19%
Erneuerbare
Übrige
EE-Strommix
203.185
63.748
64.656
7.335
Wind
32.015
Biobrennstoffe & Abfälle
16.812
24%
Sonstige
EE
15.828
0
0
50%
19%
60%
26%
Fossile
Kernenergie
Erneuerbare
Übrige
Wind
Biobrennstoffe & Abfälle
Sonstige EE
Quelle: Eurostat, BWEA, EWEA, eigene Prognosen; * Berechnung der Quoten gem. EU-Direktive 2009/28/EC, abweichend zur Anteilsberechnung am Strommix
Zur Einhaltung der zugesicherten CO2-Reduktionen will die britische Regierung langfristig die Stromerzeugung aus Kohlekraftwerken
zurückfahren und setzt bei neuen Stromerzeugungskapazitäten wesentlich auf Gaskraftwerke und Erneuerbare Energien. Parallel dazu
will die konservative Regierung aber auch an der Nutzung der Kernenergie festhalten und fördert die Entwicklung kleiner modularer
Reaktoren.
Im Rahmen der EU-Klimaziele für das Jahr 2020 hat Großbritannien einen verbindlichen nationalen Aktionsplan zur CO2-Emissionsreduzierung beschlossen, demzufolge im Jahr 2020 mit Erneuerbaren Energien 15% des Gesamtenergiebedarfs und 31% der Stromproduktion gedeckt werden sollen. Darüber hinaus haben die Regionalregierungen von Schottland und Nordirland für 2020 ambitioniertere regionale Zielquoten von 100% Stromanteil aus Erneuerbaren Energien (Schottland) bzw. von 40% (Nordirland) beschlossen. Die
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schottische Regierung würde die herausragend guten Windverhältnisse zudem auch für den Windstromexport nutzbar machen wollen.
Neben der Windenergie ist für Großbritannien die Konversion von alten Kohlekraftwerksblöcken auf biogene Festbrennstoffe ein wichtiges Element zur Erhöhung der Erneuerbaren Energien-Quote. Die angestrebte Veränderung des Strommix wird dadurch erleichtert,
dass der britische Kraftwerkspark veraltet ist und bis zum Jahr 2020 ohnehin zahlreiche fossile Kraftwerke abgeschaltet werden müssen.
Bei staatlich geförderten Investitionen in Erneuerbare Energien sollen 50% der Investitionen aus heimischer Wertschöpfung stammen.
Mangels einer größeren inländischen Windenergieanlagenproduktion ist das allerdings nur bei Offshore Windparks erreichbar, denn
der reine Anlagenanteil an den Gesamtinvestitionskosten liegt hier unter 50%. Bei Standorten an Land wäre das nicht erreichbar.
Staatliche Förderung
Im Jahr 2014 hat die britische Regierung mit der Strommarktreform und der Einführung eines marktorientierten, auktionsbasierten
Förderverfahrens („Contract for Difference“, „CFD“) einen Systemwechsel bei der Förderung von Erneuerbare Energien-Projekte vollzogen. Das CFD-Förderverfahren ist so ausgestaltet, dass es im Einklang mit den für die Energiemärkte verfügten Wettbewerbsrichtlinien der EU-Kommission steht. Das bisherige Quotensystem („Renewables Obligations“, „RO“) bleibt noch für eine Übergangszeit
geöffnet und wird am 31.03.2017 geschlossen. Während der Übergangsphase besteht für neue Windparkprojekte eine Wahlmöglichkeit
zwischen den beiden Mechanismen. Funktionsweise, Anforderungen, Merkmale und Eckdaten beider Fördersysteme sind nachfolgend
beschrieben. Neben RO und CFD gibt es in Großbritannien noch ein staatliches Förderprogramm für kleinere Windenergieanlagen bis
maximal 5 MW Gesamtkapazität.
Unter der zum 31.3.2017 auslaufenden Renewables Obligation findet ein Emissionshandel mit sogenannten „Renewables Obligation Certificates“ (ROCs) statt. Stromanbieter müssen dabei einen festgelegten (jährlich steigenden) Anteil ihrer Elektrizität aus regenerativen Quellen beziehen und dies der staatlichen Regulierungsbehörde Ofgem durch eine entsprechende Menge an erworbenen
ROCs nachweisen. Die hierfür erforderlichen ROCs können sie ausschließlich bei Stromerzeugern mit Ofgemregistrierten Erneuerbaren Stromerzeugungskapazitäten beziehen. Die Regulierungsbehörde weist den Erzeugern dabei eine technologiespezifische Menge an
ROCs je erzeugter MWh elektronisch zu. Windenergieanlagen, die im aktuellen Regulierungsjahr (April 2016 bis März 2017) erstmals
via RO gefördert werden, erhalten demnach für Onshore-Anlagen 0,9 ROCs je erzeugter MWh bzw. 1,8 ROCs je MWh bei OffshoreAnlagen. Diese „Renewables Obligation“ wird jährlich vom DECC formelgebunden ermittelt und richtet sich nach dem zu erwartenden
Anteil an Strom aus erneuerbaren Quellen an der gesamten Stromnachfrage. Für das aktuelle Regulierungsjahr müssen alle lizensierten
Stromanbieter 0,348 ROC per MWh nachweisen. Anbieter ohne ausreichende ROCs müssen eine (inflationsindexierte) Strafzahlung
i.H.v. derzeit 44,77 GBP pro fehlendem ROC leisten. Diese Strafzahlungen fließen in einen sog. Buyout Fund und werden jährlich
nachträglich quotal an die ROC-generierenden Stromerzeuger ausgezahlt. Windenergieanlagenbetreiber, die unter der Quotenregelung
gefördert werden, erhalten die Förderung für eine Förderzeit von 20 Jahren, d.h. längstens bis zum Auslaufen der Regelung im Jahr 2037.
Die jährliche Gesamtvergütung, die ein Betreiber unter dem RO-Regime erzielt, ist variabel und besteht neben der Zahlung aus dem
Buyout Fund typischerweise aus einer (ggf. inflationsindexierten) Festvergütung für die Stromlieferung an einen Stromversorger auf
Basis eines langfristigen Stromliefervertrages.
Das im Jahr 2014 eingeführte neue Förderregime für Erneuerbare Energien mittels CFDs beinhaltet in stärkerem Maße wettbewerbliche
Elemente und erlaubt den staatlichen Regulierern eine deutlich stringentere Kapazitätssteuerung über den verschiedenen förderwürdigen Technologien hinweg, als dies mit dem RO-System möglich war. Im CFD-System werden von der Low Carbon Contracts Company
Limited (“LCCC”), einer privatrechtlich organisierten Gesellschaft im Alleineigentum des DECC, Auktionen für neu zu errichtende
Stromerzeugungskapazitäten auf Basis von Erneuerbaren Energien durchgeführt. Die LCCC fungiert dabei als zentraler Kontrahent,
der alle CFD-Kontrakte mit den geförderten Erneuerbare Energien-Erzeugern abschließt und die vereinbarten CFD-Zahlungen leistet.
Die LCCC finanziert sich durch Umlagezahlungen der Stromversorger. Ein CFD-Kontrakt hat eine feste Laufzeit von 15 Jahren und
gewährt dem Anlagenbetreiber für seine Stromerzeugung über die Vertragslaufzeit eine feste Einspeisevergütung mit Inflationsindexierung. Die CFD-Zahlung entspricht dabei der Differenz aus vereinbartem Referenzpreis („Strike Price“) und Großhandelspreis an der
Strombörse, multipliziert mit der Menge des eingespeisten Stroms. Liegt der Preis am Strommarkt unter dem Referenzpreis, dann zahlt
die LCCC den ermittelten Differenzbetrag an den Anlagenbetreiber. Übersteigt der Strompreis aber den Referenzpreis, dann hat der
Anlagenbetreiber den überschießenden Betrag an die LCCC zu zahlen. Zentrales Steuerungsinstrument des CFD-Systems ist damit der
vereinbarte Strike Price. Dieser wird in der CFD-Auktion wettbewerblich über die Abgabe von Preisgeboten für den zu produzierenden
Strom ermittelt. Um einen möglichst plangemäßen Kapazitätsausbau zu erreichen, sind bei CFD-Auktionen nur solche Projekte teilnahmeberechtigt, die bereits über für die Realisierung alle erforderlichen Genehmigungen für die Realisierung verfügen. Den Zuschlag
erhalten die Projekte mit den niedrigsten Preisgeboten, bis der im Staatshaushalt budgetierte Förderbetrag ausgeschöpft ist. Bei den
CFD-Auktionen werden, je nach Marktreife und Grad der preislichen Wettbewerbsfähigkeit der verschiedenen Technologien mehrere
Fördertöpfe gebildet. Die Windenergie an Land war dabei in der ersten CFD-Auktion (wie z.B. die Photovoltaik) als sogenannte „etablierte Technologie“ in einem anderen Fördertopf als die Offshore-Windenergie, welche zusammen mit anderen preislich noch nicht
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September 2016
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wettbewerbsfähigen Technologien um die Fördermittel für die „weniger etabliertenTechnologien“ konkurrierte. Die DECC gibt für alle
zugelassenen Erzeugungstechnologien spezifische Preisobergrenzen für die Auktionen vor, welche tendenziell um so niedriger sind, je
weiter der Inbetriebnahmezeitpunkt in der Zukunft liegt. Projekte, die in der Auktion den Zuschlag erhalten haben, müssen innerhalb
des zugesagten Inbetriebnahmezeitraums fertiggestellt werden. Daneben wird ein spätestmöglicher Anschlusstermin vereinbart, dessen
Nichteinhaltung die LCCC zum Widerruf des CFD-Vertrages berechtigt. Bei großen Offshore-Windparks sind Serien von Einzelgeboten entsprechend der projektierten Bauabschnitte zulässig; ein Entzug der Förderung ist dann nur im Falle einer nicht fristgemäßen
Inbetriebnahme des ersten Bauabschnitts möglich.
Der Übergang vom RO- auf das CFD-Fördersystem begann im Frühjahr 2014 mit einer ersten Allokation von CFDs für fünf OffshoreProjekte durch das DECC über eine Gesamtkapazität von 3.184 MW. Im Oktober 2014 führte die LCCC die erste CFD-Auktion durch
und erteilte im Februar 2015 Zuschläge für zwei Offshore- und 15 Onshore-Windparkprojekte im Gesamtvolumen von rund 1.911
MW zu. Hierbei lagen die Preisgebote der bezuschlagten Windenergieprojekte mit 79,2 bis 82,5 GBP/MWh (Onshore) bzw. mit 114,4
bis 119,9 GBP/MWh (Offshore) deutlich unter den vorgegebenen Gebotspreisobergrenzen von 95 bzw. 90 GBP/MWh für OnshoreProjekte und 150 bzw. 140 GBP für Offshore-Projekte (Preisbasis jeweils 2012). Diese Auktionsergebnisse scheinen zwar auf den ersten
Blick ein Beleg für die Wirksamkeit der wettbewerblichen Preisermittlung im Sinne eines kostenminimierenden Verfahrens. Nach Berechnungen der Beratungsfirma Beringa Partners lagen die erzielten durchschnittlichen Auktionspreise um 2 GBP/MWh (Onshore)
bzw. 1 GBP/MWh (Offshore) über der Gesamtvergütung, die die Projekte im Rahmen des auslaufenden RO hätten erwarten können.
Bedingt durch den Regierungswechsel im Mai 2015 und eine von der neuen Regierung verfolgte restriktivere Förderpolitik für den Ausbau der Erneuerbaren Energien sind seitdem keine neuen CFDs mehr ausgeschrieben oder anderweitig zugeteilt worden. Verlierer der
neuen Förderpolitik sind Windenergieprojekte an Land. So wurde von der Regierung beschlossen, dass Onshore-Windenergieprojekte
künftig generell nicht mehr für CFD-Auktionen zugelassen werden sollen. Ebenfalls wurde das bestehende Quotensystem für OnshoreProjekte in Wales und England bereits ein Jahr früher als ursprünglich vorgesehen geschlossen, d.h. bereits zum 1. April 2016. Lediglich
solchen Projekten, die per Stichtag 18. Juni 2015 bereits genehmigt oder genehmigungsreif waren, wurde eine Übergangsfrist bis zum
31.3.2017 zugestanden. Diese Änderungen des RO wurden mit dem Energiegesetz im Herbst 2015 ins Parlament eingebracht und sind
mittlerweile verabschiedet worden.
Neben dem massiven Eingriff in das bisherige Fördersystem bei Windenergieprojekten an Land hat das DECC in 2015 auch die Förderung von Eigenverbrauchern bzw. Kleinerzeugern mit Windenergieanlagen bis zu einer installierten Gesamtkapazität von 5 MW stark
gekürzt. So wurden die bisherigen Vergütungsregeln im Februar 2016 zu deutlich verschlechterten Konditionen neu geregelt. Die Erzeugungsvergütung für Windenergieanlagen bis 100 KW wurde im Vergleich zur vorigen Regelung um etwa 65% auf jetzt anfänglich 8,54
p/KWh gekürzt. Anlagen mit mehr als 1,5 MW erhalten mit 0,86 p/kWh praktisch keine Förderung für die Stromerzeugung mehr. Die
Erzeugungsvergütung für neu installierte Anlagen wird quartalsweise planmäßig abgesenkt. Für ins Netz eingespeisten Strom beträgt
der Einspeisetarif jetzt größenunabhängig bei 4,91 p/KWh. Der Förderzeitraum beträgt unverändert 20 Jahre.
Während also die vergleichsweise deutlich teurere Offshore-Windenergie weiterhin gefördert wird, bedeutet die neue Regierungspolitik
nach Auslaufen des RO für neue Onshore-Windenergieprojekte über 5 MW ab dem 31.3.2017 einen Ausschluss von der staatlichen
Förderung. Es ist folglich davon auszugehen, dass der Kapazitätszubau an Land nach Realisierung der letzten Projekte, die noch eine
Förderung bekommen konnten, nahezu vollständig zum Erliegen kommen wird. Angesichts dieser Aussichten setzen die Projektentwickler alles daran, wenigstens noch ihre genehmigten Projekte in die auslaufende RO-Förderung zu bringen.
Vor dem Hintergrund des verfügten Ausschlusses von Onshore-Projekten bei künftigen CFD-Auktionen will das DECC bis zum Jahr
2020 nur noch drei Auktionen für weitere Offshore-Windparks (und andere als förderwürdig eingestufte Technologien) abhalten lassen.
Mit der nächsten CFD-Auktion ist frühestens in Q4/2016 zu rechnen. Als neue Preisobergrenze für die nächste Auktionsrunde wurde
von der Regierung für neue Offshore-Projekte 105 GBP/MWh (2011/12er Preise) festgesetzt. Dieser Wert sinkt in der Folgezeit bis 2026
auf 85 GBP/MWh (zzgl. Inflationsausgleich).
Marktausblick
Nach Angaben von LCCC und RenewableUK umfasst der Bestand an bereits genehmigten Onshore-Projekten einschließlich der in der
ersten CFD-Auktion erteilten Zuschläge und aller zur Genehmigung angemeldeten Kleinwindanlagen derzeit noch eine Gesamtkapazität von knapp 2,6 GW. An Offshore-Projekten verfügen derzeit Parks mit einer Gesamtkapazität von 6,0 GW über eine RO-Förderung
oder einen CFD-Kontrakt. Projekte über weitere 8,2 GW haben bereits die erforderlichen Genehmigungen erhalten (Stand per 8.5.2016).
Mit der ersatzlosen Einstellung der Förderung von größeren Windenergieprojekten an Land reduziert sich der britische Windenergiemarkt über die nächsten Jahre zunehmend auf den Offshore-Bereich. Während die Realisierung der letzten genehmigten Projekte an
Land voraussichtlich bis zum Jahr 2019 abgeschlossen sein wird, sehen die Zeitpläne der genehmigten neuen Offshore-Windparks mit
Förderzusage einen kräftigen Zubau ab dem Jahr 2018 vor. Ab dem Jahr 2020 wird der Kapazitätszubau dann nahezu vollständig vom
SEITE 30
Offshore-Bereich getragen werden. Für den Zeitraum 2021-2025 gehen wir von einer Fortsetzung des Kapazitätszubaus in einer Größenordnung von durchschnittlich 800 MW p.a. aus.
Dank der sehr günstigen Windbedingungen verfügt der britische Windmarkt langfristig über ein enormes Wachstumspotenzial. Auch
wenn der Kapazitätszubau an Land derzeit regierungsseitig als nicht mehr förderwürdig ausgebremst wird, bestehen längerfristig Chancen auf eine Wiederbelebung dieses Teilmarktes. So lassen künftige Effizienzgewinne mit weiter sinkenden Stromgestehungskosten, ein
zunehmendes Repowering-Potenzial im alternden Anlagenbestand sowie die Möglichkeit eines neuerlichen Regierungswechsels mit
einer Neuausrichtung der Förderpolitik auf eine Wiederbelebung der Projektentwicklungstätigkeit hoffen.
Marktprognose in MW
Marktprognose in MW
Zubau
Bestand
1.923
12.633
2014
2015
2016e
975
13.603
1.300
14.903
2017e
1.340
16.243
2018e
2.696
18.939
2019e
2.250
21.189
2020e
700
21.889
2025e
k.A.
26.200
Installierte Windenergieanlagenkapazität in MW
30.000
25.000
20.000
15.000
10.000
5.000
Ø Wachstumsraten
Bestand
2010 - 2015
21,2%
2015 - 2020e
10,0%
2020 - 2025e
3,7%
0
2012
2013
2014
2015
2016e
Onshore
2017e
2018e
2019e
2020e
…….
2025e
Offshore
Quelle: EWEA, eigene Prognose
HSH NORDBANK.DE
BRANCHENSTUDIE WINDEnERGIE
September 2016
seite 31
2.1.4 Irland
Durch seine geographische Lage im Nordatlantik weist Irland optimale natürliche Bedingungen für den Betrieb von Windenergieanlagen auf. Schon in Nabenhöhen von unter 100m herrschen in weiten Landesteilen durchschnittliche Windgeschwindigkeiten von
über 8 m/s vor, so dass mit Standardanlagen Kapazitätsfaktoren von etwa 35% erzielbar sind– ein Top-Niveau in Europa. Mit einem
Zubau von 224 MW auf 2.486 MW und einer Windstromerzeugung von 6.571 GWh (2015, vorläufig) ist der irische Windenergiemarkt zwar absolut gesehen eher klein, wächst aber deutlich stärker als der Durchschnitt der europäischen Länder.
Strommix, Energiepolitik und Klimaziele
Im Rahmen der EU-Klimaziele für das Jahr 2020 hat Irland einen verbindlichen nationalen Aktionsplan zur CO2-Emissionsreduzierung beschlossen, demzufolge im Jahr 2020 mit Erneuerbaren Energien 16% des Gesamtenergiebedarfs und 42,5% der Stromproduktion gedeckt werden sollen. Langfristig, d.h. bis zum Jahr 2050, strebt die Regierung eine sehr viel weitgehendere CO2-Reduktion
an und unterstützt die von der EU-Kommission für das Jahr 2030 formulierten Klimaziele sowie die EU-Energy Roadmap für eine
CO2-arme Energieversorgung im Jahr 2050. Hierzu hat die Regierung im Jahr 2015 ein Weißbuch vorgestellt (Ireland’s Transition to
a Low Carbon Energy Future), in dem Szenarien für eine Senkung der CO2-Emissionen um 80% bzw. um 95% entwickelt wurden.
Demnach müsste der Anteil fossiler Energieträger am Gesamtendenergieverbrauch von 79% (status quo) auf 30% (im 80%-Reduktionsszenario) bzw. auf 19% (95%-Szenario) sinken.
Strommarkt im Überblick
Nationale Zielgrößen für die EE-Stromerzeugung*
(GWh)
Bruttostromerzeugung
Verbrauch von Pumpspeicherwerken
Stromexporte
Stromimporte
Bruttostromverbrauch
Eigenverbrauch des Energiesektors
Netzverluste
Stromendverbrauch
Stromverbrauch je Einwohner (kWh)
2009
28.313
578
174
939
28.499
1.574
2.102
25.269
5.589
2014
26.314
501
704
2.853
27.962
1.406
2.045
24.136
5.241
Δ%
0,3%
n.m.
-20,8%
-79,6%
n.m.
31,4%
-21,4%
73,9%
n.m.
10,0%
3,8%
n.m.
-21,3%
n.m.
-7,1%
Anteil
15,3%
0,0%
49,1%
0,7%
0,0%
33,6%
2,7%
19,5%
0,0%
0,8%
10,6%
0,0%
1,1%
0,2%
100,0%
Anteil am Gesamtenergieverbrauch
Anteil an der Stromerzeugung
2014
8,6%
22,7%
2020p
16,0%
42,5%
2010
1.392
1.367
25
2015
2.486
2.461
25
7.000
2020e
3.866
3.841
25
11.200
Windenergienutzung
Installierte Gesamtkapazität (MW)
Onshore (MW)
Offshore (MW)
Stromerzeugungspotenzial p.a. (GWh)
Strommix
Strommix
(GWh)
Steinkohle
Braunkohle
Erdgas
Mineralöl
Kernenergie
Erneuerbare Energien
Wasserkraft
Wind
Solar
Biogase
Biobrennstoffe & Abfälle
Sonstige EE
Pumpspeicherwerke
Sonstige
Gesamt
2009
5,1%
13,4%
2009
4.005
0
16.298
918
0
6.737
902
2.955
0
186
2.694
0
355
0
28.313
2014
4.016
0
12.914
187
0
8.853
709
5.140
1
205
2.797
0
279
65
26.314
Fossile
Kernenergie
Erneuerbare
Übrige 34%
EE-Strommix
17.117
0
8.853
344
Wind
5.140
10%& Abfälle
Biobrennstoffe
2.797
Sonstige EE
915
0
0
32%
65%
Fossile
Kernenergie
Erneuerbare
Übrige
58%
Wind
Biobrennstoffe & Abfälle
Sonstige EE
Quelle: Eurostat, IWEA, EWEA, eigene Prognosen; * Berechnung der Quoten gem. EU-Direktive 2009/28/EC, abweichend zur Anteilsberechnung am Strommix
Der Windenergie kommt bei der Erreichung der Klimaziele eine Schlüsselposition zu und so wird deren Ausbau mit der staatlichen
Förderpolitik entsprechend forciert. Um die Klimaziele für das Jahr 2020 zu erreichen, strebt die Regierung eine installierte OnshoreKapazität von 3,5 bis 4,0 GW an.
Mit Blick auf das Nahziel 2020 und auf die nächste Etappe bis 2030 zeigen die Potenzialberechnungen, dass Irland ein Mehrfaches
des Bedarfs mit Windenergieanlagen an Land decken kann. Darüber hinaus verfügt das Land über ein enormes Offshore-Potenzial,
welches im Falle des Erreichens von Kostensenkungen langfristig ebenfalls sinnvoll nutzbar wäre. Vor dem Hintergrund der sehr
guten Onshore-Standorte besteht beim weiteren Ausbau der Windenergienutzung in Irland auf absehbare Zeit allerdings kein Bedarf an Offshore-Windparks. Die Regierung achtet beim Fördermitteleinsatz strikt auf eine hohe Effizienz. Entsprechend werden
Offshore-Projekte staatlich nicht gefördert und bleiben damit auf kleine Test- bzw. Demonstrationsprojekte zu Forschungszwecken
beschränkt. Von Irland nicht geförderte kommerzielle Offshore-Windparks wären derzeit allein in Kooperation mit Großbritannien
und ausschließlich für den Stromexport ins Nachbarland denkbar. Auf britischer Seite besteht bisher (dank ausreichend eigener
Offshore-Potenzialflächen) aber bisher kein Interesse an einer diesbezüglichen Zusammenarbeit.
SEITE 32
Dank des in den letzten 10 Jahren recht stetigen Kapazitätsausbaus deckt die Windenergie mit einer installierten Gesamtkapazität
von rund 2,5 GW und einer Stromerzeugung von 6,6 TWh der nationalen Stromversorgung mittlerweile 23% (2015, vorläufig). Die
Erneuerbaren Energien insgesamt kommen im Stommix Irlands mittlerweile auf einen Anteil von etwa 31%. Den größten Anteil der
Stromerzeugung hat jedoch nach wie vor Erdgas mit gut 49%.
Staatliche Förderung
Das derzeit bestehende Fördersystem für Onshore-Windenergieanlagen („REFIT 2“) basiert auf einer Einspeisevergütung, die dem
Anlagenbetreiber über einen Zeitraum von 15 Jahren gezahlt wird. Betreiber von WEA schließen dabei einen Vertrag mit einem Versorger zur Abnahme des produzierten Stroms (Power Purchase Agreement – PPA) ab und erhalten hierüber den Marktpreis für den
produzierten Strom. Der Versorger ist grundsätzlich dazu verpflichtet, Strom aus geförderten regenerativen Energien abzunehmen.
Zusätzlich zum Marktpreis erhält der Betreiber ggf. eine Ausgleichszahlung, deren Höhe sich aus dem REFIT-Referenzpreis und dem
Marktpreis abzüglich eines Ausgleichsbetrages von 9,90 EUR je MWh bemisst. Ist der REFIT-Referenzpreis höher als der Marktpreis des Stroms, erhält der Betreiber eine Differenzzahlung. Übersteigt der Marktpreis den REFIT-Referenzpreis um mehr als den
Ausgleichsbetrag, dann entfällt die REFIT-Zahlung. REFIT-Zahlungen werden vom staatlichen Stromnetzbetreiber EirGrid an die
Betreiber geleistet und die Mehrkosten hierfür über eine Abgabe (Public Service Obligation“, „PSO“) auf die Stromendverbraucher
umgelegt. Der REFIT-Referenzpreis ist inflationsindexiert und beträgt derzeit 72,167 EUR je MWh bei bis 5 MW und 69,72 EUR je
MWh bei Parks über 5 MW.
REFIT 2 gilt letztmalig für Anlagen, für die bis Ende 2015 ein Antrag gestellt wurde. Das für Energie zuständige Department of
Communications, Energy and Natural Resources („DCENR“) hat den Projektentwicklern, die trotz noch nicht vollständig vorliegender Unterlagen noch bis 31.12.2015 eine Anmeldung zur REFIT-Förderung gestellt hatten, bis zum 31.12.2016 eine Frist für
Nachreichung der erforderlichen Unterlagen (Planungsgenehmigung, Netzanschlussbestätigung) gestellt. Letztmöglicher Termin für
Errichtung und Netzanschluss unter REFIT 2 ist das Jahresende 2017.
Zwecks Konzeption eines Nachfolgeprogramms für das REFIT-Fördersystem, mit dem insbesondere auch den Vorgaben der EUKommission über die wettbewerbliche Ausgestaltung von Fördersystemen für Erneuerbare Energien Rechnung getragen werden
soll, hat das DCENR im Herbst 2015 eine Konsultation angestoßen. Ein REFIT-Nachfolgesystem wird derzeit erarbeitet und anschließend mit der EU-Kommission abgestimmt. Wir gehen davon aus, dass das Nachfolgesystem als Marktprämienmodell mit
Festvergütung und auktionsbasiertem Vergabeverfahren, ähnlich dem britischen CFD-Modell, ausgestaltet sein wird. Für kleinere
Anlagen bis 5 MW dürfte die Regierung die von der EU-Kommission eröffneten Spielräume nutzen und erneut eine REFIT-Lösung
wählen.
Marktausblick
Dank der sehr günstigen Windbedingungen verfügt der irische Windmarkt langfristig über ein enormes Wachstumspotenzial. Gestützt auf die Ausbaustrategie der Regierung gehen wir bis zum Jahr 2020 von einem jährlichen Zubau um 250 bis 300 MW aus. Wie
bisher wird der Ausbau in den nächsten Jahren ausschließlich an Land stattfinden. Der anstehende Fördersystemwechsel stellt dabei
angesichts der positiven Grundhaltung der Regierung zu den Erneuerbaren Energien aus unserer Sicht einen eher kleineren Unsicherheitsfaktor dar. Für den Zeitraum 2021-2025 gehen wir von einer Fortsetzung des Kapazitätszubaus mit einer durchschnittlichen
jährlichen Wachstumsrate von 7,8% bzw. durchschnittlich 350 MW p.a. aus. Ambitionierte Klimaziele auf der einen Seite sowie
weitere Kostensenkungen sollten den Ausbau stützen.
HSH NORDBANK.DE
BRANCHENSTUDIE WINDEnERGIE
September 2016
seite 33
Marktprognose in MW
Marktprognose in MW
Zubau
Bestand
222
2.272
2014
2015
224
2.486
2016e
300
2.786
2017e
240
3.026
2018e
260
3.286
2019e
280
3.566
2020e
300
3.866
2025e
k.A.
5.600
Bestand
12,6%
2015 - 2020e
9,2%
2020 - 2025e
7,7%
Quelle: EWEA, eigene Prognose
SEITE 34
6.000
5.000
4.000
3.000
2.000
1.000
Ø Wachstumsraten
2010 - 2015
Installierte Windenergieanlagenkapazität in MW
0
2012
2013
2014
2015
2016e
2017e
2018e
2019e
2020e
…….
2025e
2.1.5 Belgien
Mit durchschnittlichen Windgeschwindigkeiten von 6 bis 7 m/s in 100m Höhe im Binnenland, etwa 8 m/s an der flandrischen Nordseeküste sowie von bis zu 10 m/s auf See verfügt Belgien über gute natürliche Bedingungen zur Nutzung der Windenergie. Mit aktuellen
Standardanlagen von bis zu 3 MW Nennleistung sind an küstennahen Standorten Kapazitätsfaktoren von 28% erreichbar. Mit einem
rekordhohen Zubau von 274 MW auf eine Kapazität von 1.517 MW an Land hat der belgische Windenergiemarkt im Jahr 2015 erheblich an Fahrt gewonnen. Mit einem installierten Anlagenbestand in Höhe von insgesamt 2.229 MW, der sich etwa zu gleichen Teilen auf
die Regionen Flandern und Wallonien verteilt sowie auch Offshore-Windparks umfasst, und einer Windstromerzeugung von 5.7 TWh
(2015, vorläufig) ist Belgien bisher zwar ein vergleichsweise kleiner Windenergiemarkt in Europa, zählt derzeit aber zu den am stärksten
wachsenden. Während die Förderung des Zubaus an Land in die Zuständigkeit der Regionalregierungen fällt, obliegt der Zentralregierung die Entwicklung neuer Offshore-Windparks.
Strommix, Energiepolitik und Klimaziele
In Belgien wird der größte Teil der Stromerzeugung seit Jahrzehnten durch Atomenergie gedeckt. Bedingt durch längerzeitige Abschaltungen zweier Reaktorblöcke ist der Anteil des Atomstroms in den letzten Jahren zwar auf 46,4% in 2014 gesunken, Atomstrom ist aber
bis heute die wesentliche Stütze der Versorgungssicherheit des Landes. Auf Gaskraftwerke entfielen im Jahr 2014 gut 26% und auf die
Erneuerbaren Energien zusammen knapp 17% der Stromerzeugung. Unter diesen ist die Windenergie mit gut 6% der Bruttostromerzeugung mittlerweile die Technologie mit dem höchsten Anteil. Infolge des teilweisen Ausfalls der Atomstromkapazitäten war Belgien
in den letzten Jahren, insbesondere während der Wintermonate, zunehmend auf Stromimporte angewiesen. Mit gut 17 TWh bzw. fast
22% des Stromendverbrauchs haben die Nettostromimporte des Landes im Jahr 2014 einen Rekordwert erreicht. Auch dies offenbart
die hohe Abhängigkeit des Landes von den eigenen AKWs.
Strommarkt im Überblick
Nationale Zielgrößen für die EE-Stromerzeugung*
(GWh)
Bruttostromerzeugung
Verbrauch von Pumpspeicherwerken
Stromexporte
Stromimporte
Bruttostromverbrauch
Eigenverbrauch des Energiesektors
Netzverluste
Stromendverbrauch
Stromverbrauch je Einwohner (kWh)
2009
91.237
1.882
11.321
9.485
87.520
6.572
4.065
77.255
7.184
2014
72.686
1.629
4.188
21.791
88.660
4.550
3.879
80.561
7.190
Δ%
-56,9%
n.m.
-34,2%
-21,7%
-28,6%
123,6%
-16,3%
362,9%
1633,6%
84,9%
1,4%
n.m.
-13,8%
61,6%
-20,3%
Anteil
3,1%
0,0%
26,5%
0,3%
46,4%
16,7%
0,4%
6,3%
4,0%
1,2%
4,9%
0,0%
1,7%
5,3%
100,0%
Anteil am Gesamtenergieverbrauch
Anteil an der Stromerzeugung
Installierte Gesamtkapazität (MW)
Onshore (MW)
Offshore (MW)
Stromerzeugungspotenzial p.a. (GWh)
Strommix
2009
5.178
0
29.311
279
47.222
5.441
328
997
166
470
3.480
0
1.429
2.377
91.237
2014
2.231
0
19.292
219
33.703
12.167
274
4.614
2.883
869
3.527
0
1.233
3.843
72.686
2014
8,0%
13,4%
2020p
13,0%
20,9%
2010
886
691
195
2015
2.229
1.517
712
6.200
2020e
4.834
2.567
2.267
12.600
Windenergienutzung
Strommix
(GWh)
Steinkohle
Braunkohle
Erdgas
Mineralöl
Kernenergie
Erneuerbare Energien
Wasserkraft
Wind
Solar
Biogase
Biobrennstoffe & Abfälle
Sonstige EE
Pumpspeicherwerke
Sonstige
Gesamt
2009
5,1%
6,2%
Fossile
7%
Kernenergie
Erneuerbare
17%
Übrige
21.741
33.703
12.167
30%
5.075
EE-Strommix
Wind
4.614
Biobrennstoffe & Abfälle
3.527
Sonstige EE
4.026
33% 0
0 38%
46%
29%
Fossile
Kernenergie
Erneuerbare
Übrige
Wind
Biobrennstoffe & Abfälle
Sonstige EE
Quelle: Eurostat, EWEA, eigene Prognosen; * Berechnung der Quoten gem. EU-Direktive 2009/28/EC, abweichend zur Anteilsberechnung am Strommix
Mit dem nationalen Aktionsplan zum Ausbau der Erneuerbaren Energien hat sich Belgien dazu verpflichtet, den Anteil der Erneuerbaren Energien am Gesamtenergieverbrauch bis zum Jahr 2020 auf 13% zu erhöhen. Zielgröße für den Anteil an der Stromproduktion ist
dabei ein Wert von 20,9%. Mit Blick auf die in 2014 erreichten Werte (8,0% insgesamt und 13,4% beim Anteil an der Stromerzeugung)
scheint das Land nur auf den ersten Blick einigermaßen im Plan zu liegen. Diese Zahlen sollten nicht darüber hinwegtäuschen, dass der
EE-Anteil auch deshalb deutlich gestiegen ist, weil die Atomstromproduktion störungsbedingt zurückgefahren werden musste. Belgien
steckt vielmehr in einem ernergiepolitischen Dilemma. So wurde zwar im Jahr 2003 ein vollständiger Atomausstieg des Landes und
ein Verbot der Errichtung neuer Reaktoren beschlossen, demzufolge die in den 70er und 80er Jahren in Betrieb gegangenen insgesamt
sieben Reaktorblöcke in den beiden AKWs in Thiange und Doel zwischen 2015 und 2025 stillgelegt werden sollten. Die stückweise
Stilllegung war aber daran geknüpft, dass entfallender Atomstrom durch anderweitige Erzeugungskapazitäten ersetzt werden kann. Und
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September 2016
SEITE 35
da dies in den letzten Jahren nicht gegeben war, mussten die Betriebsgenehmigungen für die ursprünglich zur Stilllegung vorgesehenen
Reaktoren unter der Auflage bestimmter Investitionen in die Reaktorsicherheit von der Atomaufsichtsbehörde notgedrungen um 10
Jahre verlängert werden. Belgien hat jetzt bis zum Jahr 2025 Zeit, alternative Erzeugungskapazitäten zu schaffen oder anzureizen. Die
zentrale Rolle kommt hierbei Investitionen in zusätzliche Windparks bei – sowohl Onshore wie Offshore. Doch hierfür ist eine enge Zusammenarbeit der Zentralregierung mit den Regionalregierungen in Flandern und Wallonien nötig. So entscheidet zwar die Regierung
über die grundsätzliche energiepolitische Ausrichtung des Landes und ist für den Ausbau von Offshore-Windparks allein zuständig,
die Ausgestaltung der Fördermechanismen für die Windenergienutzung an Land obliegt aber weitestgehend den Regionalregierungen.
Staatliche Förderung
Der Ausbau der Erneuerbaren Energien wird durch ein Quotensystem mit handelbaren Zertifikaten geregelt. Windparkbetreiber an
Land erhalten hierbei für die erzeugte Strommenge „Grüne Zertifikate“ zugewiesen, welche sie wahlweise zu einem gesetzlich festgelegten Mindestpreis an den Netzbetreiber oder freihändig z.B. über eine Zertifikatehandelsplattform der Strombörse verkaufen können.
Der erzeugte Strom wird, hiervon losgelöst, von den EE-Produzenten am Strommarkt verkauft. Die Energieversorger hingegen sind
gesetzlich dazu verpflichtet, einen festgelegten Anteil von erneuerbaren Energien an ihrem Stromabsatz nachzuweisen. Fehlende Zertifikatsmengen bei den nachweispflichtigen Energieversorgern werden mit Strafzahlungen (fixe Strafzahlung pro fehlendem Zertifikat)
bestraft. Die Ausgestaltung des regionalen Quotensystems obliegt dabei der jeweiligen Regionalregierung. Dadurch kann es je nach Region Unterschiede bei der Menge der je produzierter MWh zugewiesenen Grünen Zertifikate, deren Gültigkeitsdauer, der Förderdauer
insgesamt sowie der Höhe der einzuhaltenden Quote geben. In allen drei Regionen steigt diese Mindestquote, passend zu den nationalen
Klimazielen, jährlich an. Neben der Vergabe der Grünen Zertifikate an die EE-Stromerzeuger übernehmen die regionalen Energieregulierungsbehörden auch die Kontrolle der Einhaltung der Mindestquote. Bei der Festlegung der Mindespreise für die Grünen Zertifikate
orientieren sich die Regulierungsbehörden an einer Zielinvestitionsrendite von 7 bis 8 %. Für Offshore-Windparks gilt für Projekte mit
Financial Close vor dem 1.5.2014 ebenfalls ein Quotensystem mit Zertifikaten und Garantiepreisen. Mit diesen Zertifikaten findet allerdings kein Handel statt. Die Betreiber erhalten daher, zusätzlich zum am Markt erzielten Strompreis, für die Zertifikate die garantierte
Mindestvergütung. Für Offshore-Projekte mit Financial Close ab dem 1.5.2014 hat die Regierung jedoch einen Systemwechsel hin zu
einem Marktprämienmodell vollzogen. Hierunter erhält der Betreiber eine Marktprämie in Höhe von 138 €/MWh abzüglich 90% des
Großhandelsstrompreises. Diese Marktprämie ist zugleich Gebotsgegenstand bei zukünftig auszuschreibenden Offshore-Windparks.
Die nachfolgende Tabelle gibt einen Überblick über die aktuellen Förderparameter für Windparks in Belgien. Die Kosten für den Erwerb der Grünen Zertifikate durch die Stromversorger und die Netzbetreiber haben letztlich die Verbraucher in Form einer Umlage auf
den Strompreis zu tragen. Von der Konstruktion her steht das Vergütungssystem für Erneuerbare Energien für Onshore- und OffshoreWindenergieprojekte im Einklang mit den wettbewerblichen Vorgaben der EU-Kommission. Der Vergleich von Marktpreisen und
gesetzlich garantierten Mindestpreisen für die Grünen Zertifikate legt den Schluss nahe, dass die Regionalregierungen in Flandern und
Wallonien bei der nächsten Überprüfung der garantierten Mindestpreise eine Absenkung vornehmen werden, damit der Marktpreis für
die Zertifikate seine Steuerungswirkung auf den Kapazitätszubau entfalten kann.
Wesentliche Parameter Grüner Zertifikate im Überblick
Mindestpreis
Marktpreis
Dez. 2015
Region Flandern
93
Region Wallonien
Hauptstadtregion Brüssel
(in €/MWh)
Strafpreis
Gültigkeitsdauer
Förderdauer
89,86
100
1 Jahr
15 Jahre
65
66,37
100
5 Jahre
15 Jahre
65
82,46
100
5 Jahre
10 Jahre
---
5 Jahre
20 Jahre
Windenergie an Land
Windenergie auf See 1)
107/90
1)
n.a.
1)
Quelle: VREG, Brugel, CREG, WAaPE; 1) Gültigkeit nur für Offshore-Projekte mit Financial Close vor dem 1.5.2014; 2) der Mindestpreis von 107 €/MWh gilt für eine Anlagenkapazität
von bis zu 216 MW, darüber hinausgehende Kapazitäten erhalten 90 €/MWh
Marktausblick
Vor dem Hintergrund des geschilderten energiepolitischen Dilemmas, in dem das Land steckt, wird die belgische Regierung in den
nächsten zehn Jahren in erheblichem Umfang Investitionen in neue, klimafreundliche Stromerzeugungskapazitäten anreizen müssen.
Die Windenergie wird hierbei sowohl an Land als auch auf See eine bedeutende Rolle spielen. Auf dem aktuellen Preisniveau erscheinen
die mit neuen Onshore-Windparks in Belgien erzielbaren Vergütungshöhen sehr attraktiv. Dies dürfte den Kapazitätszubau an Land
auf kurze Sicht weiter stützen und auf einem historisch hohen Volumen halten. Angesichts der begrenzten Potenzialflächen des Landes
gehen wir auf längere Sicht von einem nachhaltig möglichen Zubauvolumen von 150 bis 200 MW p.a. aus. Hinzu kommt in den nächsten fünf Jahren ein Offshore-Zubauvolumen von rund 1,6 GW. Längerfristig sind zudem weitere Offshore-Projekte im Wege von Ausschreibungen zu erwarten. Bis zum Jahr 2025 sollte sich die installierte Windenergiekapazität auf dann 6,3 GW nahezu verdreifachen.
SEITE 36
Marktprognose
in MW
Marktprognose in MW
Zubau
Bestand
293
1.959
2015
274
2.229
2016e
250
2.479
2017e
365
2.844
2014
2018e
854
3.698
2019e
200
3.898
2020e
936
4.834
2025e
k.A.
6.300
Installierte Windenergieanlagenkapazität in MW
7.000
6.000
5.000
4.000
3.000
2.000
1.000
Ø Wachstumsraten
Bestand
2010 - 2015
20,3%
2015 - 2020e
16,7%
2020 - 2025e
5,4%
0
2012
2013
2014
2015
2016e
Onshore
2017e
2018e
2019e
2020e
…….
2025e
Offshore
Quelle: EWEA, eigene Prognose
HSH NORDBANK.DE
BRANCHENSTUDIE WINDEnERGIE
September 2016
seite 37
2.1.6 Niederlande
Durch die Lage an der Nordsee herrschen in den Niederlanden sehr gute Windbedingungen vor. In weiten Landesteilen sind in 100m
Nabenhöhe durchschnittliche Windgeschwindigkeit von 7 bis 8 m/s nutzbar, im Norden des Landes in Küstennähe sogar 8 bis 9 m/s
und auf See sogar bis zu 11 m/s. Selbst im Binnenland lassen sich die Windressourcen (durchschnittlich 6 bis 7 m/s) noch gut zur
Stromerzeugung nutzen. Mit aktuellen Standardanlagen von bis zu 3 MW Nennleistung sind an Küstenstandorten Kapazitätsfaktoren
von 30% erreichbar. Angesichts einer sehr hohen Besiedlungsdichte stellen die küstennahen ausgedehnten Flutschutzgebiete des Landes
zusammen mit den sehr flachen Binnengewässern (insbesondere das Ijsselmeer) bedeutende alternative Potenzialflächen für die Windenergienutzung dar.
Strommix, Energiepolitik und Klimaziele
Im Strommix der Niederlande dominieren seit jeher fossile Energieträger mit zusammen rund 80% Anteil die Stromerzeugung. Hierbei
trägt die Erzeugung in Gaskraftwerken den mit Abstand größten Teil bei und kam in 2014 auf rund 50% der inländischen Stromerzeugung. Treibender Faktor hierfür ist Nutzung der Erdgasreserven des Landes. An zweiter Rangstelle liegt die Steinkohleverstromung mit
einem Anteil von gut 28%. Das einzige Atomkraftwerk des Landes steuert weitere 4% Anteil zur Bruttostromerzeugung bei. Erneuerbare
Energien kamen 2014 auf einen Anteil von gut 11%, wovon wiederum die Hälfte auf die Windenergie entfiel.
Strommarkt im Überblick
Nationale Zielgrößen für die EE-Stromerzeugung*
(GWh)
Bruttostromerzeugung
Verbrauch von Pumpspeicherwerken
Stromexporte
Stromimporte
Bruttostromverbrauch
Eigenverbrauch des Energiesektors
Netzverluste
Stromendverbrauch
Stromverbrauch je Einwohner (kWh)
2009
113.694
0
10.561
15.452
118.584
8.978
5.245
104.994
6.369
2014
103.414
0
18.128
32.855
118.141
10.236
4.933
101.630
6.039
Δ%
21,4%
n.m.
-25,2%
28,1%
-3,7%
8,0%
14,3%
26,5%
1673,7%
9,9%
-22,9%
n.m.
n.m.
18,4%
-9,0%
Anteil
28,5%
0,0%
49,8%
1,8%
4,0%
11,3%
0,1%
5,6%
0,8%
1,0%
3,9%
0,0%
0,0%
4,5%
100,0%
Anteil am Gesamtenergieverbrauch
Anteil an der Stromerzeugung
Installierte Gesamtkapazität (MW)
Onshore (MW)
Offshore (MW)
Stromerzeugungspotenzial p.a. (GWh)
Strommix
2009
24.278
0
68.873
1.487
4.248
10.836
98
4.581
44
915
5.197
0
0
3.972
113.694
2014
29.484
0
51.522
1.906
4.091
11.706
112
5.796
784
1.006
4.008
0
0
4.704
103.414
2014
5,5%
10,0%
2020p
14,0%
37,0%
2010
2.269
2.022
247
2015
3.431
3.004
427
8.200
2020e
7.931
5.504
2.427
22.200
Windenergienutzung
Strommix
(GWh)
Steinkohle
Braunkohle
Erdgas
Mineralöl
Kernenergie
Erneuerbare Energien
Wasserkraft
Wind
Solar
Biogase
Biobrennstoffe & Abfälle
Sonstige EE
Pumpspeicherwerke
Sonstige
Gesamt
2009
4,3%
9,1%
Fossile
5%
Kernenergie
11%
Erneuerbare
Übrige4%
82.913
4.091
11.706
4.704
EE-Strommix
Wind
5.796
Biobrennstoffe
4.008
16% & Abfälle
Sonstige EE
1.902
0
0
50%
80%
Fossile
Kernenergie
Erneuerbare
Übrige
34%
Wind
Biobrennstoffe & Abfälle
Sonstige EE
Quelle: Eurostat, EWEA, eigene Prognosen; * Berechnung der Quoten gem. EU-Direktive 2009/28/EC, abweichend zur Anteilsberechnung am Strommix
Mit ihrem Nationalen Aktionsplan zum Ausbau der Erneuerbaren Energien haben sich die Niederlande dazu verpflichtet, den Anteil
der Erneuerbaren Energien am Gesamtenergieverbrauch bis zum Jahr 2020 auf 14% zu erhöhen. Zielgröße für den Anteil an der Stromproduktion ist dabei ein Wert von 37%. Mit Blick auf die in 2014 erreichten Werte (5,5% insgesamt und 10,0% bei Elektrizität) ist allerdings festzustellen, dass das Land hier seit Jahren erheblich im Rückstand liegt und es schon extremer Anstrengungen bedarf, um die
verbindlichen Klimaziele noch erreichen zu können. Mit der Bündelung und Koordinierung der diesbezüglichen Bemühungen beim
Sozial- und Wirtschaftsrat (SER), der Ende 2012 mit dem „Energieabkommen zum nachhaltigen Wachstum“ ein breites gesellschaftliches Bündnis zur Förderung der Erneuerbaren Energien schmiedete, gelang jedoch der Durchbruch. Dieses Energieabkommen bildet
den Rahmen für eine Entwicklung hin zu einer vollständig nachhaltigen Energieerzeugung im Jahr 2050 mitsamt einer Senkung der
CO2-Emissionen um 80 bis 95%. Wesentliche langfristige Stützen der Energieversorgung sind dabei die Erneuerbaren Energien sowie
Gaskraftwerke. Letztere bleiben bis zum Jahr 2050 eine unverzichtbare Säule der Stromversorgung und sollen perspektivisch mit Hilfe
der CCS-Technologie klimaverträglich gemacht werden. Für die fünf Kohlekraftwerke des Landes wurde hingegen eine Stilllegung in
den Jahren 2016 und 2017 beschlossen. Das Energieabkommen setzt zudem für das Jahr 2023 eine neue Zielmarke für den Anteil der
Erneuerbaren Energien am Gesamtenergieverbrauch in Höhe von 16%.
SEITE 38
In den letzten Jahren hat die Regierung erhebliche Fortschritte dabei gemacht, die Voraussetzungen für Investitionen in Erneuerbare
Energieerzeuger zu verbessern. So wurde das Fördersystem weiterentwickelt und zugleich zeitnah an die wettbewerblichen Vorgaben
der EU-Kommission über die Genehmigung von Beihilfen für die Förderung der Erneuerbaren Energien angepasst. Beim Abbau administrativer Hürden gab es ebenfalls wichtige Fortschritte. In den dicht besiedelten Niederlanden stellen Einsprüche von Anwohnern und
Widerstände in den Kommunen ein Realisierungsrisiko für ein Windparkprojekt dar. Vor diesem Hintergrund hat die Regierung alle
Gemeinden und Provinzen zur Suche und Ausweisung von geeigneten Windenergie-Vorranggebieten gedrängt, innerhalb derer eine
leichtere und schnellere Genehmigung durch die lokalen Behörden (Kommunen und Provinzen) möglich ist. Auch sollen Projektierer
der Bevölkerung an den Windparkstandorten eine finanzielle Beteiligung an den Projekten anbieten. Bei Windparks mit mehr als 100
MW Gesamtkapazität nimmt die Zentralregierung infolge der erhöhten wirtschaftlichen Bedeutung solcher Projekte die Rolle des zentralen Koordinators wahr. Derzeit gibt es 11 Vorrangzonen für derart große Windparks, die sich in drei Clustern in Küstennähe befinden.
In diesen dürfte in den nächsten Jahren ein Großteil des angestrebten Kapazitätszubaus an Land erfolgen. Die offiziellen Ausbauziele
der Regierung für die Nutzung der Windenergie an Land im Jahr 2020 liegen bei 6,0 GW, im Offshore-Bereich sollen bis zum Jahr 2023
knapp 4,5 GW errichtet sein.
Staatliche Förderung
Als Bestandteil des liberalisierten niederländischen Strommarktes müssen Windparkbetreiber den von ihnen erzeugten Strom selbst
vermarkten und schließen hierzu typischerweise langfristige Stromlieferverträge mit Energiehändlern, Stromversorgern oder Großkunden ab. Vom Staat können sie zusätzliche Zahlungen als Förderung für die EE-Stromerzeugung erhalten. Primäres Förderinstrument
ist dabei der Fördermechanismus „SDE+“ („Stimulering Duurzame Energieproductie“), der von der RVO („Rijksdienst voor Ondernemend Nederland“), einer Behörde des Wirtschaftsministeriums, administriert wird. SDE+ ist ein ausschreibungsbasiertes Marktprämienmodell mit technologieneutraler Förderung, welches jährlich im Staatshaushalt budgetiert wird. Windenergieprojekte von über 3
MW an Land, in Binnengewässern und Flutschutzgebieten konkurrieren dabei z.B. mit Biomasse-, Wasserkraft-, Solar- und Geothermieprojekten in Ausschreibungen um die Genehmigung und Zuweisung der budgetierten Fördermittel. Lediglich Offshore-Windenergieprojekte sind hiervon ausgenommen und werden in separaten Ausschreibungsverfahren vergeben. Voraussetzung für die Teilnahme
eines Windparkprojekts an SDE+ ist das Vorliegen der für den Bau und Betrieb erforderlichen Genehmigungen. Die Ausgestaltung der
Ausschreibungen, Vergütungsobergrenzen und sonstigen Regelungen wird dabei von der RVO jährlich überprüft und an die Marktentwicklungen angepasst. Die Höhe der unter SDE+ gezahlten Vergütung errechnet sich aus einem sog. Basisbetrag (dieser entspricht
dem individuellen Preisgebot, das der Projektierer in der Auktion abgibt) von je nach Standortqualität höchstens 7,0 bis 11,4 ct/ kWh
abzüglich eines Korrekturbetrages (entspricht dem Durchschnittspreis für Strom aus konventioneller Erzeugung). Der Korrekturbetrag
für das Jahr 2016 wurde von der RVO mit 3,8 ct/kWh angesetzt. Für ihn gilt eine Untergrenze von derzeit 3 ct/kWh. Die gezahlte Vergütung kann damit marktpreisbedingt sinkende Erlöse aus dem Verkauf des Stroms am Markt nur bis zu einem Strompreis von 3 ct/kWh
kompensieren, nicht aber darunter. In Zeitintervallen mit negativen Strompreisen (maßgeblich ist hier ein 6-Stunden-Zeitraum) entfällt
der Vergütungsanspruch gänzlich. Die jährliche Strommenge, auf die eine Vergütung gezahlt wird, ist zudem auf die projektspezifisch
zu erwartende mittlere Volllaststundenzahl (P50-Wert) begrenzt. Die Förderdauer für Onshore-Windenergieprojekte beträgt 15 Jahre
ab Netzanschluss. Nach Erhalt der Förderzusage muss der Windpark innerhalb von vier Jahren errichtet werden. Vergütungen für neue
Windenergieprojekte an Land, in Binnengewässern und Flutschutzgebieten nach SDE+ können jährlich in zwei Ausschreibungsrunden
pro Jahr (April/Mai und Oktober/November) beantragt werden. Jede Ausschreibungsrunde ist dabei in vier zeitlich aufeinander folgende einwöchige Gebotsphasen gestaffelt, in denen alle zugelassenen Technologien im Rahmen vorgegebener technologiespezifischen Gebotspreisobergrenzen miteinander konkurrieren. Bei Windenergieprojekten erfolgt eine Differenzierung des maximalen Basisbetrages
nach Windgeschwindigkeitsbereich am Standort des Projektes (s. nachstehende Tabelle). Bei der Zuteilung der Gebote gilt das „First
come, first served“-Prinzip, d.h. Anträge werden im Rahmen der Gebotsgrenzen nur solange akzeptiert, wie das für die Ausschreibungsrunde festgelegte Fördermittelbudget noch nicht erschöpft ist. Die Chance auf einen Zuschlag ist also umso höher, je früher der Antrag
gestellt wird und je niedriger der gebotene Preis ist. Eingereichte Anträge konkurrieren hierbei gebotstagesweise miteinander. Die für die
vier Auktionsphasen vorgegebenen Gebotspreisobergrenzen sind nach Windgeschwindigkeitsklassen gestaffelt.
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BRANCHENSTUDIE WINDEnERGIE
September 2016
seite 39
Maximaler Basisbetrag für Onshore-Windenergieprojekte gemäß SDE+ 2016, in €/kWh
Phase 1
Phase2
Phasen 3 & 4
Windenergie an Land
≥8 m/s
0,070
0,070
0,070
7,5 bis <8 m/s
0,076
0,076
0,076
7,0 bis <7,5 m/s
0,082
0,082
0,082
<7,0 m/s
0,090
0,093
0,093
≥8 m/s
0,075
0,075
0,075
7,5 bis <8 m/s
0,082
0,082
0,082
Windenergie in Flutschutzgebieten
7,0 bis <7,5 m/s
0,087
0,087
0,087
<7,0 m/s
0,090
0,099
0,099
0,090
0,100
0,114
Windenergie in Binnengewässern
Quelle: Rijksdienst voor Ondernemend Nederland
Basierend auf dem in 2015 verabschiedeten Offshore-Windenergie-Gesetz werden Offshore-Projekte künftig separat in Tendern ausgeschrieben. Nachdem die erste, ursprünglich schon für 2015 vorgesehene Ausschreibung auf 2016 verschoben werden musste, finden in
2016 nun zwei Tenderrunden für je zwei der insgesamt vier Teilflächen der Offshore-Windparkzone Borssele mit zusammen rund 1,4
GW (3 x 350 MW sowie 1 x 320 MW) statt. In den Jahren 2017 bis 2019 sollen weitere Tenderrunden über je 700 MW für die beiden weiter nördlich gelegenen Offshore-Windparkzonen („Hollandse Kust Zuid“ und „Hollandse Kust Noord“) folgen. Die Planungen des RVO
sehen vor, dass die Parks innerhalb von vier Jahren nach erfolgter Finanzierungsentscheidung errichtet werden. Hierbei geht die Regierung mit zeitnahen und umfänglichen Untersuchungen der ausgewiesenen Flächen sowie der rechtzeitigen Stellung der Netzanschlüsse
in Vorleistung. Der staatliche Stromnetzbetreiber TenneT als Betreiber des Offshore-Netzes ist bereits beauftragt, die erforderliche Netzinfrastruktur (fünf Offshore-Plattformen mit Transformatoren und HVDC-Seekabel-Anbindung) zu errichten. Für die geplanten neuen
Offshore-Windparks haben sich alle Beteiligten (Staat, Netzbetreiber, Projektierer, Baufirmen und Windparkdienstleister) ehrgeizige
Kostensenkungsziele von 40% im Vergleich zu 2013 gesetzt. So ist für die Offshore-Windparks, die in 2019 ausgeschrieben und bis zum
Jahr 2023 errichtet werden sollen, eine Gesamtvergütung von nur noch 10,0 ct/kWh vorgesehen.
Vorgesehene Preisobergrenzen Offshore-Windenergieprojekte
Jahr
Windpark
Kapazität
Preisobergrenze
2016 (ursprünglich 2015)
Borssele I & II
2 x 350 MW
12,4 ct/kWh
2016
Borssele III & IV
320 MW & 350 MW
11,975 ct/kWh
2017
Hollands Kust Zuid I & II
2 x 350 MW
10,75 ct/kWh
2018
Hollands Kust Zuid III & IV
2 x 350 MW
10,325 ct/kWh
2019
Hollands Kust Noord I & II
2 x 350 MW
10,0 ct/kWh
Quelle: Rijksdienst voor Ondernemend Nederland
Marktausblick
Mit dem SDE+ 2016 und den separaten Ausschreibungsverfahren für neue Offshore-Windparks hat die niederländische Regierung die
Basis für einen kräftigen Ausbau der Windenergie an Land und, ab dem Jahr 2020, auch auf See, gelegt. Der Fördermechanismus steht
im Einklang mit den EU-Wettbewerbsvorgaben für die Förderung der Erneuerbaren Energien, so dass der niederländische Windenergiemarkt keinen Verunsicherungen seitens eines Förderregimewechsels ausgesetzt ist. Die erreichten Fortschritte bei der Beseitigung
administrativer Hürden lassen an Land bis zum Jahr 2020 einen deutlichen Anstieg des Zubaus auf jährlich 500 MW erwarten. Das
eigene Ausbauziel von 6 GW Windenergie an Land dürfte damit ein Jahr später als ursprünglich geplant erreicht werden. Im OffshoreBereich erwarten wir die Errichtung der neuen Windparks für die Jahre 2020 bis 2023.
SEITE 40
Marktprognose in MW
Marktprognose in MW
Zubau
Bestand
175
2.852
2014
2015
586
3.431
2016e
860
4.291
2017e
740
5.031
2018e
500
5.531
2019e
500
6.031
2020e
1.900
7.931
2025e
k.A.
11.900
14.000
12.000
10.000
8.000
6.000
4.000
2.000
Ø Wachstumsraten
Bestand
2010 - 2015
Installierte Windenergieanlagenkapazität in MW
8,9%
2015 - 2020e
18,2%
2020 - 2025e
8,5%
0
2012
2013
2014
2015
2016e
Onshore
2017e
2018e
2019e
2020e
…….
2025e
Offshore
Quelle: EWEA, eigene Prognose
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September 2016
seite 41
2.1.7 Dänemark
Begünstigt durch kräftige Atlantikwindströmungen und einen hohen Anteil küstennaher Gebiete verfügt Dänemark landesweit über ein
sehr hohes Windenergieangebot. So sind an der Nordseeküste Jütlands in 100 m Nabenhöhe Windgeschwindigkeiten von 8 bis 10 m/s
die Regel, während die Ostsee-Küstenregionen des Landes im Durchschnitt 8 bis 9 m/s aufweisen. Selbst im Binnenland herrschen mit
6 bis 8 m/s immer noch gute Bedingungen. Auf See sind 9 bis 11 m/s in der Nordsee und im Skagerrak bzw. 8 bis 9 m/s im Kattegat und
der Ostsee nutzbar. Mit modernen Standardanlagen lassen sich an Land Kapazitätsfaktoren von 35% und mehr erzielen, auf See bis zu
48%. Im Pionierland Dänemark werden Windenergieanlagen seit mehr als 35 Jahren zur kommerziellen Stromerzeugung genutzt. Die
Technologie ist in der Bevölkerung breit akzeptiert, und in den landwirtschaftlich geprägten Regionen werden auch heute noch vielfach
Kleinwindanlagen errichtet. Das Land verfügt über einen Anlagenbestand mit einem signifikanten Anteil alter, kleiner Anlagen und
damit über ein erhebliches Repowering-Potenzial. So war per Ende 2015 ein Drittel der installierten Gesamtkapazität an Land bereits
älter als 15 Jahre. Im Jahr 2015 wurden Anlagen mit einer Kapazität von 29 MW zurückgebaut und neue mit einer Nennleistung von
insgesamt 217 MW errichtet. Der Anlagenbestand belief sich zu diesem Stichtag auf 5.070 MW, davon 3.799 MW an Land und 1.271
MW auf See. Mit diesem Bestand liegt Dänemark in Europa insgesamt auf Rang 7 und in der Offshore-Windenergie auf Rang 3.
Strommix, Energiepolitik und Klimaziele
Die Stromversorgung Dänemarks basiert wesentlich auf den Erneuerbaren Energien (56%) sowie auf fossilen Energieträgern (42%
Anteil im Jahr 2014). Knapp Dreiviertel des „grünen Stroms“ steuerte dabei die Windenergie bei, gefolgt von der Biomasse mit gut 20%.
Dänemark hat sich Mitte der 1980er Jahre mit einem breiten gesellschaftlichen Konsens gegen die Nutzung der Atomenergie entschieden und einen AKW-Bau gesetzlich verboten. Stattdessen wurde bereits früh mit der Förderung der Windenergie und deren Integration
in die Stromversorgung begonnen. Mit ihrem nationalen Aktionsplan zum Ausbau der Erneuerbaren Energien hat sich Dänemark dazu
verpflichtet, den Anteil der Erneuerbaren Energien am Gesamtenergieverbrauch bis zum Jahr 2020 auf 30% zu erhöhen. Zielgröße für
den Anteil an der Stromproduktion ist dabei ein Wert von 51,9%. Diese Zielmarke war mit einem Ist-Wert von 48,5% in 2014 bereits
in Reichweite. Langfristig verfolgt die dänische Regierung jedoch noch ambitionierte Ziele. Basierend auf einem in 2012 gefundenen
breiten gesellschaftlichen Energiekonsens hat die Regierung im Jahr 2013 einen klimapolitischen Plan mit einer Energiestrategie bis zum
Jahr 2050 verabschiedet. Demnach soll die Stromerzeugung aus Kohle und Mineralöl bis zum Jahr 2030 vollständig durch Erneuerbare
Energien ersetzt werden, indem u.a. Kohlekraftwerke auf Biomasse-Festbrennstoffe umgerüstet werden.
Strommarkt im Überblick
Nationale Zielgrößen für die EE-Stromerzeugung*
(GWh)
Bruttostromerzeugung
Verbrauch von Pumpspeicherwerken
Stromexporte
Stromimporte
Bruttostromverbrauch
Eigenverbrauch des Energiesektors
Netzverluste
Stromendverbrauch
Stromverbrauch je Einwohner (kWh)
2009
36.384
0
10.874
11.208
36.718
2.885
2.366
31.445
5.705
2014
32.185
0
9.847
12.702
35.040
2.313
1.974
30.625
5.442
Δ%
-37,4%
n.m.
-68,6%
-72,9%
n.m.
78,7%
-18,8%
94,6%
n.m.
23,6%
30,0%
n.m.
n.m.
-8,5%
-11,5%
Anteil
34,4%
0,0%
6,5%
1,0%
0,0%
55,9%
0,0%
40,6%
1,9%
1,4%
11,9%
0,0%
0,0%
2,3%
100,0%
Anteil am Gesamtenergieverbrauch
Anteil an der Stromerzeugung
Installierte Gesamtkapazität (MW)
Onshore (MW)
Offshore (MW)
Stromerzeugungspotenzial p.a. (GWh)
Strommix
2009
17.687
0
6.671
1.171
0
10.063
19
6.721
3
364
2.956
0
0
792
36.384
2014
11.065
0
2.096
317
0
17.982
15
13.079
595
450
3.843
0
0
725
32.185
2014
29,2%
48,5%
2020p
30,0%
51,9%
2010
3.749
2.895
854
2015
5.063
3.792
1.271
14.200
2020e
6.370
4.299
2.071
17.800
Windenergienutzung
Strommix
(GWh)
Steinkohle
Braunkohle
Erdgas
Mineralöl
Kernenergie
Erneuerbare Energien
Wasserkraft
Wind
Solar
Biogase
Biobrennstoffe & Abfälle
Sonstige EE
Pumpspeicherwerke
Sonstige
Gesamt
2009
20,0%
28,3%
Fossile
Kernenergie
Erneuerbare
Übrige
13.478
0
17.982
72542%
EE-Strommix
Wind
13.079
6%
Biobrennstoffe & Abfälle
3.843
Sonstige EE
1.061
21%
56%
73%
Fossile
Kernenergie
Erneuerbare
Übrige
Wind
Biobrennstoffe & Abfälle
Sonstige EE
Quelle: Eurostat, EWEA, eigene Prognosen; * Berechnung der Quoten gem. EU-Direktive 2009/28/EC, abweichend zur Anteilsberechnung am Strommix
Für das Jahr 2035 gilt dies dann auch für die Wärmeerzeugung. Im Jahr 2050 schließlich soll auch der Energieverbrauch für Transportzwecke vollständig aus Erneuerbaren Energiequellen gedeckt werden. In den Langfristplanungen zur Erreichung der Klimaziele spielt
die Windenergie eine zentrale Rolle, weitere Säulen sind Biogas, Biomasse und – mit Abstrichen – die Photovoltaik. Für den Ausbau der
Windenergie hat das zuständige Ministerium Nahziele für das Jahr 2020 formuliert. So sollen mit „Horns Rev 3“ (400 MW) und „Krie-
SEITE 42
gers Flak“ (600 MW) zwei weitere große Offshore-Windparks errichtet werden. Das Tenderverfahren für Horns Rev 3 ist in 2015 planmäßig abgeschlossen worden, bei Kriegers Flak hingegen ist mit einer Zuteilung frühestens in der zweiten Jahreshälfte 2016 zu rechnen.
Hinzu kommen in den nächsten Jahren Ausschreibungen über insgesamt 350 MW in diversen „Nearshore“-Gebieten (Meeresflächen in
bis zu 4 km Küstenentfernung) sowie ein Testfeld für Offshore-Anlagen von 50 MW. An Land soll die installierte Windenergiekapazität
bis 2020, insbesondere durch forciertes Repowering, um netto 500 MW erhöht werden. D.h. bei einem erwarteten Rückbau alter Anlagen mit 1,3 GW Kapazität bedeutet das bis zum Jahr 2020 ein Neubauvolumen von 1,8 GW.
Staatliche Förderung
Dänemark fördert die Stromproduktion durch Erneuerbare Energien wesentlich über ein Marktprämienmodell, das von der staatlichen
Energieagentur und der staatlichen Stromnetzgesellschaft administriert wird. Betreiber von Windenergieanlagen haben mit dem Anlagenanschluss ans Stromnetz einen gesetzlichen Anspruch auf eine Förderung. Einen Ausschreibungszwang gibt es derzeit nur für Offshore-Windenergieprojekte, nicht aber für Anlagen an Land. Unter dem dänischen Fördersystem erhalten Onshore-Anlagenbetreiber
zusätzlich zum Marktpreis des erzeugten Stroms einen fixen Bonus von 0,25 DKK je kWh (ca. 3,4 €ct). Die Gesamtvergütung aus Marktpreis und Bonus ist dabei gesetzlich auf eine Höchstvergütung gedeckelt. Für Onshore-Anlagen mit Anschlussdatum ab dem 1.1.2014
liegt diese bei 0,58 DKK je kWh (ca. 7,8 €ct). D.h. bei einem Strompreis von mehr als 0,33 DKK/kWh wird der Bonus gekürzt und würde
bei einem Marktpreis von 0,58 DKK/kWh oder mehr ganz wegfallen. Ebenso besteht kein Bonusanspruch bei negativen Strompreisen.
Anlagenbetreiber erhalten außerdem für den erzeugten Strom eine Netzstabilisierungsvergütung von 0,023 DKK/kWh. Die staatliche
Bonuszahlung ist auf eine bestimmte Strommenge begrenzt, die sich aus einer vollaststunden- und einer rotorflächenabhängigen Komponente zusammensetzt. Die geförderte Stromerzeugungsmenge errechnet sich aus 6.600 Volllaststunden mal Anlagennennleistung
plus 5,6 MWh je Quadratmeter Rotorfläche der Anlage. Je nach Standortqualität und Anlagengröße deckt die Bonuszahlung damit
einen Zeitraum von etwa 6 bis 8 Jahren ab.
Betreiber von Offshore-Windparks haben seit dem 21.2.2008 (Anschlussdatum) für eine Stromerzeugung von 22.000 Volllaststunden
Anspruch eine fixe Bonuszahlung von 0,25 DKK/kWh als Aufschlag auf den Strompreis sowie eine Netzstabilisierungsvergütung von
0,023 DKK/kWh. Mit dem Übergang zu Ausschreibungsverfahren für Offshore-Windparks in größerer Entfernung von der Küste sowie
in größeren Wassertiefen stellt diese gesetzliche Regelung jedoch keine adäquate Vergütungsbasis dar. An ihrer Stelle wurden mit den
Ausschreibungen variable Marktprämienzahlungen als Aufschlag auf den Strompreis eingeführt, so dass die Betreiber projektspezifische
Gesamtvergütungen erzielen und damit eine feste Kalkulationsbasis haben. Die staatlichen Differenzzahlungen sind dabei auf vorgegebene Strommengen, längstens aber 20 Jahre begrenzt. Im Einzelnen wird Strom von Horns Rev 2 mit 0,518 DKK/kWh (7 €ct/kWh)
vergütet, bei Rødsand 2 beträgt die Gesamtvergütung 0,629 DKK/kWh (8,5 €ct/kWh) und bei Anholt sind es 1,051 DKK pro erzeugter
Kilowattstunde (14,1 €ct/kWh). Die förderfähigen Strommengen belaufen sich auf jeweils 10 TWh bei Horns Rev 2 und Rødsand 2
sowie auf 20 TWh bei Anholt. Hieraus errechnet sich eine effektive Förderdauer von voraussichtlich 11 bis 13 Jahren ab Anschluss.
Marktausblick
Der Kapazitätsausbau wird auf kürzere Sicht von Projekten an Land getragen werden, denn die beiden größeren neuen Offshore-Windparks befinden sich noch in der Projektierungs- und Genehmigungsphase (Horns Rev 3) bzw. noch im Ausschreibungsverfahren (Kriegers Flak). So soll Horns Rev 3 von 2018 bis 2020 in mehreren Abschnitten in Betrieb gehen, während der Zeitplan für Kriegers Flak eine
gestaffelte Inbetriebnahme von 2019 bis 2021 vorsieht. Mit dem angestrebten Zubau auf Nearshore-Meeresflächen rechnen wir ebenfalls
erst in den Jahren 2019 und 2020.
Marktprognose in MW
Marktprognose in MW
Zubau
Bestand
105
4.887
2015
217
5.070
2016e
100
5.170
5.270
2014
2017e
100
2018e
100
5.370
2019e
250
5.620
2020e
750
6.370
2025e
k.A.
7.600
Installierte Windenergieanlagenkapazität in MW
8.000
7.000
6.000
5.000
4.000
3.000
2.000
1.000
Ø Wachstumsraten
Bestand
2010 - 2015
6,2%
2015 - 2020e
4,7%
2020 - 2025e
3,6%
0
2012
2013
2014
2015
2016e
Onshore
2017e
2018e
2019e
2020e
…….
2025e
Offshore
Quelle: EWEA, eigene Prognose; * Nettozubau unter Berücksichtigung eines Anlagenrückbaus von 150 MW p.a. ab 2016
HSH NORDBANK.DE
BRANCHENSTUDIE WINDEnERGIE
September 2016
seite 43
2.1.8 Finnland
Finnland verfügt wesentlich in einem relativ schmalen Streifen entlang seiner Küste über gute Windbedingungen. In 100m Nabenhöhe
sind hier durchschnittliche Windgeschwindigkeiten von 8 bis 9 m/s nutzbar; im Landesinneren sind es hingegen meist nur 5 bis 6 m/s.
Offshore-Standorte in Küstennähe bieten durchschnittliche Windgeschwindigkeiten von 9 bis 10 m/s. Mit aktuellen Standardanlagen
von bis zu 3 MW Nennleistung sind an Küstenstandorten Kapazitätsfaktoren von 29% erreichbar. Verglichen mit Dänemark und Schweden weist Finnland insgesamt allerdings eine größere Schwankungsintensität des Windangebotes auf. Bedingt durch die nördliche geografische Lage haben Windparkstandorte in Finnland eine etwa sechsmonatige Frostperiode und sind erhöhten Vereisungsrisiken ausgesetzt. Mit einem Zubau von 379 MW auf 1.005 MW und einer Windstromerzeugung von 2.283 GWh (2015, vorläufig) ist Finnland
derzeit ein vergleichsweise kleiner aber derzeit stark wachsender Windenergiemarkt in Europa. Erst die im Jahr 2012 forcierte staatliche
Förderung für einen angestrebten Kapazitätszubau von 2,5 GW hat dem Markt zum Durchbruch verholfen.
Strommix, Energiepolitik und Klimaziele
Finnland hat einen erheblich über dem europäischen Durchschnitt liegenden Pro-Kopf-Verbrauch an Strom. Dies ist sowohl auf einen
witterungsbedingt relativ hohen Wärmeversorgungsbedarf als auch auf die Wirtschaftsstruktur des Landes mit einem hohen Anteil
der energieintensiven Papierindustrie zurückzuführen. In der Stromerzeugung hat das Land in der Vergangenheit vor allem auf die
Verwendung lokal verfügbarer Ressourcen wie Holzabfälle, Torf und Wasserkraft sowie auf die Kernenergie gesetzt, da eine sichere,
unabhängige Energieversorgung einen hohen Stellenwert genießt. Dadurch ist der Anteil nichtfossiler Energieträger an der Stromerzeugung mit etwa 80% im europäischen Vergleich sehr hoch. Vor dem Hintergrund des mit 38,7% bereits vergleichsweise hohen Anteils
der Erneuerbaren Energien am Gesamtenergieverbrauch (Stand: 2014) hat Finnland bis zum Jahr 2020 nur eher geringe Anstrengungen
zu unternehmen, um die nationalen Klimaziele zu erreichen. Im Bereich der Energieversorgung richten sich die Maßnahmen wesentlich darauf, den Anteil der Erneuerbaren Energien an der Stromerzeugung auf die Zielmarke von 33% zu steigern. Hierbei kommt der
Windenergie eine wichtige Rolle zu, denn mit mindestens 6 TWh Windstrom sollen Windenergieanlagen im Jahr 2020 fast sechsmal so
viel Strom erzeugen wie in 2014. Im Erneuerbaren Energiemix unter Einbeziehung würde das c.p. einen Anstieg von unter 4% auf etwa
17% binnen fünf Jahren entsprechen. Zur Erzeugung einer Windstrommenge von 6 TWh ist eine aggregierte Windenergieanlagenkapazität von 2,5 GW erforderlich. Für den weiteren Ausbau der Windenergie hat die Regierung für das Jahr 2025 eine Steigerung der
Windstromerzeugug auf 9 TWh p.a. vorgegeben, was eine installierte Kapazität von etwa 3,8 GW erforderlich machen würde – das sind
etwa 50% mehr als nach einer vollen Ausschöpfung des aktuellen Förderprogramms bis zum Jahr 2020 erreicht sein sollen.
Strommarkt im Überblick
Nationale Zielgrößen für die EE-Stromerzeugung*
(GWh)
Bruttostromerzeugung
Verbrauch von Pumpspeicherwerken
Stromexporte
Stromimporte
Bruttostromverbrauch
Eigenverbrauch des Energiesektors
Netzverluste
Stromendverbrauch
Stromverbrauch je Einwohner (kWh)
2009
72.012
0
3.375
15.460
84.097
4.184
2.773
77.084
14.472
2014
67.995
0
3.655
21.622
85.962
3.908
2.771
79.137
14.517
Δ%
-28,7%
n.m.
-43,6%
-57,9%
0,2%
13,7%
5,6%
300,0%
75,0%
674,4%
13,2%
n.m.
n.m.
14,9%
-5,6%
Anteil
11,7%
0,0%
8,1%
0,3%
34,7%
43,6%
19,7%
1,6%
0,0%
0,5%
21,8%
0,0%
0,0%
1,6%
100,0%
Anteil am Gesamtenergieverbrauch
Anteil an der Stromerzeugung
Installierte Gesamtkapazität (MW)
Onshore (MW)
Offshore (MW)
Stromerzeugungspotenzial p.a. (GWh)
Strommix
2009
11.112
0
9.792
555
23.526
26.098
12.686
277
5
45
13.085
0
0
928
72.012
2014
7.926
0
5.520
234
23.580
29.669
13.397
1.107
8
351
14.806
0
0
1.066
67.995
2014
38,7%
31,4%
2020p
38,0%
33,0%
2010
197
171
26
2015
1.005
979
26
2.500
2020e
3.055
2.989
66
7.300
Windenergienutzung
Strommix
(GWh)
Steinkohle
Braunkohle
Erdgas
Mineralöl
Kernenergie
Erneuerbare Energien
Wasserkraft
Wind
Solar
Biogase
Biobrennstoffe & Abfälle
Sonstige EE
Pumpspeicherwerke
Sonstige
Gesamt
2009
31,4%
27,3%
Fossile
Kernenergie
Erneuerbare
Übrige
44%
13.679
23.580
20%
29.669
1.066
EE-Strommix
Wasserkraft
13.397
Biobrennstoffe & Abfälle
14.806
Sonstige EE
1.467
0
0 35%
43%
35%
22%
Fossile
Kernenergie
Erneuerbare
Übrige
Wind
Solar
Übrige
Quelle: Eurostat, EWEA; eigene Prognosen; * Berechnung der Quoten gem. EU-Direktive 2009/28/EC, abweichend zur Anteilsberechnung am Strommix
Langfristig, d.h. bis zum Jahr 2050, strebt die Regierung eine sehr viel weitgehendere CO2-Reduktion an und unterstützt die von der
EU-Kommission für das Jahr 2030 formulierten Klimaziele sowie die EU-Energy Roadmap für eine CO2-arme Energieversorgung im
SEITE 44
Jahr 2050. Hierzu hat die Regierung im Jahr 2014 eine eigene Energy and Climate Roadmap 2050 vorgelegt, in der Szenarien für eine
Senkung der CO2-Emissionen um 80% bzw. um 95% entwickelt wurden. Demnach muss der Stromanteil am Gesamtenergieverbrauch
bei gleichzeitig drastischer CO2-Verminderung deutlich erhöht werden. Wesentliche Bausteine hierbei sind die Atomkraft, holzbasierte
biogene Brennstoffe sowie die Windenergie. So hat Finnland ein klar definiertes Atomprogramm, das auf den Bau neuer Kernkraftwerke
in der Zukunft setzt und die Kernenergiekapazität des Landes binnen zehn Jahren mehr als verdoppeln wird. Holzbasierte Brennstoffe
stehen mit einer langfristig angestrebten Verdoppelung der Stromerzeugung ebenfalls ganz oben auf der Prioritätenliste. Der Stellenwert
der Stromerzeugung aus Windenergie variiert hingegen in den Szenarien deutlich. So soll die Windstromerzeugung je nach Szenario auf
7 bis 27 TWh steigen. Für die Erzeugung von 27 TWh aus Windenergie bedürfte es mehr als einer Verzehnfachung der per Ende 2015
installierten Anlagenkapazität. Hierfür wäre dann auch eine Nutzung der Offshore-Windenergie erforderlich. Vor diesem Hintergrund
ist davon auszugehen, dass die finnische Regierung nach Erreichen des Nahziels von 2,5 GW einen stabilen Ausbaupfad in der Nutzung
der Windenergie zur nächsten Zielmarke von 3,8 GW im Jahr 2025 verfolgen wird.
Staatliche Förderung
Der seit dem Jahr 2012 geltende Fördermechanismus für Erneuerbare Energien in Finnland ist als Marktprämienmodell mit gesetzlich
festgesetztem Richtpreis ausgestaltet. Neu errichtete Windparks erhalten für einen Zeitraum von 12 Jahren von der staatlichen Energiebehörde quartalsweise nachträgliche Prämienzahlungen als Aufschlag auf den Marktpreis des Stroms. Die Prämienzahlung errechnet
sich dabei als Differenz zwischen dem vorgegebenen Richtpreis und dem durchschnittlichen Marktpreis für Strom im zurückliegenden
Dreimonatszeitraum. Der Betreiber muss den produzierten Strom selbst über einen Drittvermarktungsvertrag oder einen Stromliefervertrag mit einem Versorger oder einem Großverbraucher vermarkten. Als Vergütung ist bei Onshore- und Offshore-Anlagen ein einheitlicher Richtpreis von 83,5 EUR je MWh festgelegt. Sinkt der Durchschnitt des Marktpreises auf unter 30 EUR je MWh, so wird der
Differenzzuschlag auf 53,5 EUR je MWh gedeckelt. Bei negativen Strompreisen hingegen entfällt der Anspruch auf eine Differenzzahlung. Für frühzeitig errichtete Anlagen galt für die ersten drei Förderjahre und längstens bis zum 31.12.2015 ein erhöhter anfänglicher
Richtpreis von 105,3 EUR je MWh. Unter diesem Föderregime erzielen Windenergieanlagenbetreiber in den ersten 12 Jahren somit
vorab eine fixierte feste Vergütung und nach dem Förderende den mit ihrem Stromabnehmer vertraglich vereinbarten Preis.
Für Differenzzahlungen an die Anlagenbetreiber, welche direkt aus dem Staatshaushalt finanziert werden, besteht eine Deckelung auf
ein Kapazitätsvolumen von 2,5 GW. Windparkentwickler hatten dabei die Möglichkeit, sich durch die Energiebehörde auf Antrag einen
bestimmten Teil dieser Quote für ein Projekt reservieren zu lassen. Hiervon wurde rege Gebrauch gemacht, so dass das Zielvolumen von
2,5 GW bereits im Herbst 2015 mit Bewilligungen und Quotenreservierungen belegt war. Von der Regierung wurde das als Indiz dafür
gewertet, dass die Konditionen des Programms zu hoch und nicht mehr marktgerecht sind. Daraufhin hat das zuständige Arbeits- und
Wirtschaftsministerium eine Gesetzesänderung angestoßen, mit der das Programm zum 1.11.2017 geschlossen werden soll. Eine Förderbewilligung sollten demnach nur noch solche Projekte erhalten können, die bis zum Stichtag angeschlossen werden und über eine
seit zwei Jahren gültige Quotenzusage verfügen. Zugleich wurde eine Kommission eingesetzt, die ein Nachfolgesystem erarbeiten soll,
das mit den EU-Wettbewerbsregeln für die Förderung der Erneuerbaren Energien kompatibel ist. Ein entsprechender Bericht wurde im
Mai 2016 vorgelegt. Mit der gesetzlichen Neuregelung ist erst für das Jahr 2017 zu rechnen.
Marktausblick
Wir sehen die weitere Entwicklung des finnischen Windmarktes sowohl kurz- als auch mittelfristig unverändert positiv. Die rasche
Belegung und Ausnutzung des bisherigen Förderprogramms lässt für die Jahre 2016 und 2017 hohe Zubauraten in der Größenordnung
von jeweils 700 bis 800 MW und bereits für das Jahr 2017 das Erreichen der 2,5 GW-Marke erwarten. Mit dem in 2016 zu konzipierenden Nachfolgemodell des derzeitigen Fördersystems sollte dann der Rahmen für den weiteren Ausbau auf mindestens 3,8 GW im Jahr
2025 abgesteckt werden. Wir gehen davon aus, dass die Zubausteuerung im neuen Fördersystem über Ausschreibungen erfolgen wird,
wobei die Vergütungsstrukturen wie bisher den Ausbau an Land bevorteilen werden. Mit dem Mittelfrist-Ziel für das Jahr 2025 ist ein
nachhaltiges jährliches Zubauvolumen von 150 MW kompatibel. Mit Ausnahme einer für das Jahr 2017 geplanten Offshore-Demonstrationsanlage von 40 MW wird der Zubau zunächst weiterhin ausschließlich an Land stattfinden. Vor diesem Hintergrund erwarten wir
in Finnland per Ende 2025 eine installierte Windkraftkapazität von 4,0 GW.
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BRANCHENSTUDIE WINDEnERGIE
September 2016
seite 45
Marktprognose in MW
Installierte Windenergieanlagenkapazität in MW
Marktprognose in MW
Zubau
Bestand
4.500
184
631
2015
379
1.005
4.000
2016e
800
1.805
2017e
800
2.605
2018e
150
2.755
2019e
150
2.905
2020e
150
3.055
2025e
k.A.
4.000
2014
3.500
3.000
2.500
2.000
1.500
1.000
500
Ø Wachstumsraten
Bestand
2010 - 2015
38,5%
2015 - 2020e
24,9%
2020 - 2025e
5,5%
Quelle: EWEA, eigene Prognose
SEITE 46
0
2012
2013
2014
2015
2016e
Onshore
2017e
2018e
Offshore
2019e
2020e
…….
2025e
2.1.9 Schweden
Mit einer langen Küstenlinie und der geografischen Lage zwischen Nordsee und Ostsee weist Schweden gute natürliche Bedingungen
für die Windenergienutzung auf. So sind in Südschweden vom Skagerrak im Westen bis nach Gotland, Öland und Gävle im Osten in
100m Nabenhöhe durchschnittliche Windgeschwindigkeiten von 7 bis 9 m/s nutzbar. In der nördlichen Landeshälfte entlang des Bottnischen Meerbusens sind es in der Küstenregion hingegen 7 bis 8 m/s, während im Binnenland meist 5 bis 8 m/s vorherrschen. Auf See
liegt die durchschnittliche Windgeschwindigkeit bei 8 bis 10 m/s. Die Windverhältnisse im Land sind dabei in der nördlichen und in der
südlichen Landeshälfte nur gering miteinander korreliert. Mit modernen 3 MW-Anlagen sind in Schweden an Land oberhalb von 100
m Nabenhöhe 2.600 Volllaststunden und mehr bzw. Kapazitätsfaktoren von wenigstens 30% erreichbar. Auf See sollten mit 6 MW-Anlagen Kapazitätsfaktoren von etwa 45% möglich sein. Wie die Zubau- und Ertragsstatistiken für die letzten Jahre zeigen, konzentriert sich
das Zubauvolumen keineswegs nur auf die südschwedischen Regionen mit dem vergleichsweise höheren Windenergieangebot. Gerade
in den letzten Jahren wird zunehmend auch in der nördlichen Landeshälfte – und damit unter klimatisch anspruchsvolleren Bedingungen – zugebaut. Wesentliche Ursachen hierfür sind Restriktionen, die sich aus der hohen Besiedlungsdichte, aus Schutzgebieten sowie
militärischen Sperrgebieten in Südschweden ergeben. Vor diesem Hintergrund hat die Regierung zur Orientierungshilfe für die lokalen
Behörden im Jahr 2013 insgesamt 310 Windeignungsgebiete von nationalem Interesse ausgewiesen. Hiervon liegen 281 Zonen an Land
(überwiegend in der Nordhälfte des Landes) und 29 Gebiete auf See. Zusammen wäre in diesen rechnerisch eine Anlagenkapazität von
bis zu 26 GW an Land und von bis zu 19 GW auf See mit einem jährlichen Stromerzeugungspotenzial von bis zu 150 GWh realisierbar.
Rechnerisch würde schon die Nutzung von nur der Hälfte dieser Potenzialflächen ausreichen, um Schwedens Stromerzeugung zu 100%
aus Erneuerbaren Energien zu decken. Mit einem Zubau von 614 MW auf 6.029 MW und einer Windstromerzeugung von 16,3 GWh
(2015, vorläufig) ist Schweden derzeit der sechstgrößte Windenergiemarkt in Europa.
Strommix, Energiepolitik und Klimaziele
Schweden hat einen weit über dem europäischen Durchschnitt liegenden Pro-Kopf-Verbrauch an Strom. Dies ist, wie in Finnland,
bedingt durch einen witterungsbedingt relativ hohen Wärmeversorgungsbedarf und die Wirtschaftsstruktur des Landes mit einem bedeutenden Anteil der energieintensiven Papierindustrie. Bei der Stromerzeugung des Landes ist seit jeher die Wasserkraft eine tragende
Säule, diese Technologie kommt derzeit auf einen Anteil von 41,5% an der Bruttostromerzeugung (Daten für 2014). Schweden hat seit
den 1970er Jahren zudem stark auf die Kernenergie gesetzt. Die 9 in Betrieb befindlichen Atomreaktoren des Landes tragen derzeit
etwa zu 42% zur Stromversorgung bei. Windstrom hat mit gut 7% Anteil mittlerweile das Niveau der Stromerzeugung aus BiomasseBrennstoffen erreicht, welche wesentlich in Industriekraftwerken zur kombinierten Strom- und Wärmeproduktion eingesetzt werden.
Fossile Brennstoffe sind bei der Stromerzeugung in Schweden hingegen nahezu bedeutungslos, es gibt lediglich noch einige Altanlagen,
die als Reservekraftwerke dienen. Mit diesem Strommix ist Schweden in Europa eines der Länder mit der niedrigsten CO2-Emission im
Stromsektor. Der hohe Anteil von Strom aus Wasserkraft ermöglicht es Schweden, die schwankende Stromproduktion aus Windenergieanlagen in die nationale Stromversorgung zu integrieren. Während die Atomkraftwerke die Basislast bereitstellen, können die Wasserkraftwerke des Landes die Ausbalancierung der Erzeugungsschwankungen beim Windstrom leisten. Verbindungen mit den Stromnetzen der Nachbarländer Norwegen, Dänemark und Finnland sowie Leitungen nach Deutschland und Polen sind eine weitere wichtige
Stütze von Netzstabilität und Versorgungssicherheit. Das Land war in den letzten Jahren allerdings per saldo nicht auf Stromimporte
aus den Nachbarländern angewiesen, sondern Nettostromexporteur. Schwedens energie- und klimapolitische Ziele wurden auf Basis
der EU-weiten Vereinbarungen zum Klimaschutz gefasst. So hat sich das Land mit seinem nationalen Aktionsplan zum Ausbau der Erneuerbaren Energien für das Jahr 2020 darauf verpflichtet, den Anteil der Erneuerbaren Energien am Gesamtenergieverbrauch auf 49%
zu erhöhen. In diesem Rahmen soll der EE-Anteil an der Stromerzeugung auf 62,9% steigen. Beide Zielmarken waren im Jahr 2014 bereits erreicht. Vor dem Hintergrund der herausfordernden EU-Klimaziele für das Jahr 2030 und den in der EU-Energy Roadmap 2050
formulierten Langfrist-Ziele für die Transformation hin zu einer weitgehend CO2-armen Energieversorgung ruht sich die schwedische
Regierung nicht auf dem Erreichten aus, sondern arbeitet an der Formulierung einer langfristigen nationalen Energiepolitik mit neuer
Zielmarken für das Jahr 2025 und darüber hinaus. Hierzu wurde im März 2015 eine parlamentarische Kommission eingesetzt, deren
Vorschläge im Juni 2016 in einem parteienübergreifenden Energiekonsens für die Zeit bis 2040 mündeten. Demnach soll die Stromversorgung des Landes im Jahr 2040 zu 100% durch Erneuerbare Energien erfolgen, wobei Schweden auch künftig Nettoexporteur
von Strom sein soll. Faktisch bedeutet das eine Verschiebung des Atomausstiegs für bis zu sechs sicherheitstechnisch modernisierbare
Reaktoren bis längstens 2040 bei einer gleichzeitigen Forcierung des Zubaus an Erneuerbaren Energien. Für die Windenergie ist hierbei
eine Verlängerung des derzeitigen Fördersystems um 10 Jahre bis zum Jahr 2030 relevant. Ziel ist es dabei, die Stromerzeugung aus
Erneuerbaren Energien bis zum Jahr 2030 um 18 TWh (verglichen mit dem Zielwert für 2020) zu erhöhen. Explizite Kapazitätsziele für
den Ausbau der verschiedenen EE-Technologien gibt es aber auch mit dem neuen Energiekonsens nicht.
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September 2016
seite 47
Strommarkt im Überblick
Nationale Zielgrößen für die EE-Stromerzeugung*
(GWh)
Bruttostromerzeugung
Verbrauch von Pumpspeicherwerken
Stromexporte
Stromimporte
Bruttostromverbrauch
Eigenverbrauch des Energiesektors
Netzverluste
Stromendverbrauch
Stromverbrauch je Einwohner (kWh)
2009
136.727
179
9.080
13.765
141.234
6.378
9.905
123.386
13.330
2014
153.663
154
29.475
13.852
137.886
6.602
7.334
122.191
12.669
Δ%
-41,5%
n.m.
-73,3%
-58,9%
24,3%
6,8%
-3,2%
352,0%
566,7%
-58,6%
-9,6%
n.m.
-13,1%
45,7%
12,4%
Anteil
0,2%
0,0%
0,3%
0,2%
42,2%
56,0%
41,5%
7,3%
0,0%
0,0%
7,1%
0,0%
0,1%
1,1%
100,0%
Anteil am Gesamtenergieverbrauch
Anteil an der Stromerzeugung
2014
52,6%
63,3%
2020p
50,2%
62,9%
2010
2.163
1.999
164
2015
6.025
5.823
202
16.300
2020e
9.369
9.177
192
24.400
Windenergienutzung
Installierte Gesamtkapazität (MW)
Onshore (MW)
Offshore (MW)
Stromerzeugungspotenzial p.a. (GWh)
Strommix
Strommix
(GWh)
Steinkohle
Braunkohle
Erdgas
Mineralöl
Kernenergie
Erneuerbare Energien
Wasserkraft
Wind
Solar
Biogase
Biobrennstoffe & Abfälle
Sonstige EE
Pumpspeicherwerke
Sonstige
Gesamt
2009
48,2%
58,3%
2009
515
0
1.548
729
52.173
80.513
65.853
2.485
7
34
12.135
0
124
1.123
136.727
2014
301
0
413
300
64.877
86.027
63.764
11.235
47
14
10.968
0
108
1.636
153.663
Fossile
Kernenergie
Erneuerbare
Übrige
1.014
64.877
86.027
1.745
42%
EE-Strommix
Wasserkraft
13%
Wind
Sonstige EE
63.764
11.235
11.029
13%
56%
74%
Fossile
Kernenergie
Erneuerbare
Übrige
Wasserkraft
Wind
Sonstige EE
Quelle: Eurostat, EWEA, eigene Prognosen; * Berechnung der Quoten gem. EU-Direktive 2009/28/EC, abweichend zur Anteilsberechnung am Strommix
Staatliche Förderung
Die Förderung und Marktintegration der Erneuerbaren Energien erfolgt in Schweden bereits seit dem Jahr 2003 über einen Quotenmechanismus, der mit einem Zertifikatehandel für den erzeugten EE-Strom kombiniert ist. Betreiber von zugelassenen und neu
errichteten Wasserkraftwerken, Windenergie- und anderen EE-Anlagen erhalten hierunter über einen Zeitraum von 15 Jahren für ihre
Stromerzeugung Zertifikate zugewiesen, die sie verkaufen können. Pro erzeugter Megawattstunde wird dabei ein Zertifikat zugeteilt.
Stromversorger und bestimmte Stromverbraucher sind hingegen gesetzlich verpflichtet, eine bestimmte Quote ihres Stromabsatzes bzw.
-verbrauchs aus Erneuerbaren Energien zu decken und müssen dies durch den Kauf der entsprechenden Zertifikatemengen nachweisen. Für fehlende Zertifikate ist eine Strafzahlung i.H.v. 150% des durchschnittlichen Zertifikatepreises während der Erfüllungsperiode
zu leisten. Die Zertifikate haben keine zeitliche Befristung und werden dadurch entwertet, dass sie von den Quotenverpflichteten zum
Nachweis der Quotenerfüllung eingesetzt werden. Die Kosten des Zertifikatesystems werden letztlich vom Stromendverbraucher getragen. Für den Anlagenbetreiber sind sowohl die Erlöse aus dem Verkauf des erzeugten Stroms als auch die Erlöse aus dem Verkauf
der zugewiesenen Zertifikate variabel und bilden sich aus Angebot und Nachfrage am Markt. Windenergieprojekte in Schweden haben
damit keine fixe Kalkulationsbasis.
Mit der Integration des schwedischen und des norwegischen Strommarktes Anfang 2012 wurde das schwedische Quotensystem auch
in Norwegen übernommen und ein gemeinsames Zertifikatesystem für beide Länder (mit jeweils hälftiger Finanzierung) geschaffen.
Dieses wird gemeinsam von der staatlichen schwedischen Energieagentur (Energimyndigheten) und vom Norwegischen Wasser- und
Energie-Direktorat (NVE) reguliert. Die Administration der Zertifikatesysteme mit den Zertifikatekonten der Teilnehmer obliegt dem
jeweiligen nationalen Stromnetzbetreiber (SvenskaKraftnät und Statnett). Investoren können seitdem Windparks in beiden Ländern errichten und die für die Stromerzeugung erhaltenen Zertifikate grenzübergreifend handeln. Der Zugang zum Fördersystem ist derzeit auf
den 31.12.2021 und die Zuweisung von Zertifikaten auf den 31.12.2035 begrenzt. Die jeweilige nationale Quotenverpflichtung wird in
beiden Ländern separat festgesetzt und bei Bedarf an die Marktentwicklung angepasst. Die Quotenhöhe orientiert sich dabei am erwarteten Anstieg der EE-Stromproduktion sowie am erwarteten Stromabsatz bzw. -verbrauch der Unternehmen mit Quotenverpflichtung.
Das schwedischnorwegische Quoten- und Zertifikatesystem ist innerhalb von nur vier Jahren zusehends in eine Schieflage geraten, da
den EE-Anlagenbetreibern deutlich mehr Zertifikate zugewiesen wurden, als zur Erfüllung der beim Start des Systems festgelegten Quotenverpflichtungen erforderlich waren. Hierbei kamen mit der Überschätzung des tatsächlichen Stromverbrauchs, einer Unterschätzung
des Kapazitätszubaus sowie der insbesondere in 2015 überdurchschnittlich hohen EE-Stromproduktion gleich drei „Prognosefehler“
zusammen. Zudem wechselten Altanlagen mit einer Jahresproduktion von 3 TWh in das neue System. Der hohe Zertifikateüberhang
führte wiederum zu einem stark gesunkenen Zertifikatepreis. Die schwedische Energieagentur reagierte auf die Systemschieflage mit
einer Anhebung der nationalen Quotenverpflichtung, einer Erhöhung der Zielgröße um 2 TWh und vereinbarte mit der NVE eine
SEITE 48
zeitnähere Nachsteuerung an die tatsächliche Marktsituation. Die verfügte Erhöhung der Quotenverpflichtung fiel mit einer Anhebung
in der Größenordnung von 10 Prozentpunkten gravierend aus. Sie beträgt jetzt 23,1% für 2016, steigt bis zum Jahr 2019 auf 29,1% und
sinkt danach bis Ende 2035.
Das gemeinsame schwedischnorwegische Zertifikatesystem soll auf Wunsch Norwegens nach der vereinbarten 10jährigen Laufzeit nicht
fortgeführt werden. Derzeit erarbeiten die beiden zuständigen nationalen Regulierer einen Vorschlag für einen möglichst friktionsfreien
Übergang. Bereits entschieden wurde, den letztmöglichen Zugang neuer Anlagen zum System in beiden Ländern auf den 31.12.2021 zu
vereinheitlichen. Unabhängig davon hat das schwedische Parlament beschlossen, das nationale Quotensystem um zehn Jahre bis zum
Jahr 2030 zu verlängern. Schweden will also auch über das Jahr 2021 hinaus am jetzigen System festhalten.
Mit dem Zertifikatesystem sollen zwischen 2012 und 2021 in Schweden und Norwegen neue EE-Anlagen mit einer Jahresstromerzeugung von insgesamt 28,4 TWh gefördert werden. Auf Schweden entfallen hiervon Anlagen mit 15,2 TWh Jahreserzeugung. Per Ende
Q1/2016 waren in beiden Ländern zusammen mit insgesamt 15,5 TWh bereits über 54% dieses Zielvolumens erreicht, was rechnerisch
gut 28% über einem linearen Zubaupfad liegt. Die beiden Länder liegen damit sehr gut im Plan. Bezüglich des weiteren Zubaus mehren
sich jedoch die Fragezeichen, denn die wirtschaftlichen Rahmenbedingungen bieten in Schweden keine ausreichende Basis mehr für
die Realisierung neuer Windparkprojekte. So haben die jüngsten Systemanpassungen den Rückgang des Zertifikatepreises bisher noch
nicht stoppen können. Mitte Juli 2016 wurde mit 119 SEK/MWh (umgerechnet etwa 12 EUR) ein neuer Tiefststand erreicht. Zusammen
mit dem Stromgroßhandelspreis errechnet sich daraus für ein neu an den Markt kommendes Windenergieprojekt aktuell ein Gesamterlös von umgerechnet nur noch etwa 50 EUR/MWh).
Preisentwicklung für Strom (Region S4) und Stromzertifikate in Schweden, in EUR/MWh
90
80
70
60
50
40
30
20
10
0
2012
2013
2014
Strompreis SE4, peak load
2015
2016
Strompreis SE4 peak load + EL-Zertifikatepreis
Quelle: Bloomberg; Monatsdurchschnittswerte
Wie die obigen Grafiken zeigen, liegt die sich aus Strompreis und Zertifikatepreis ergebende Vergütung für Windstrom in Schweden
derzeit bei etwa 50 EUR/MWh. Das ist zwar weniger als in den Jahren 2012 bis 2014, liegt aber deutlich über dem Niveau des Vorjahres,
in dem mit durchschnittlich 40 €/MWh (baseload) bzw. 43 €/MWh (peakload) der tiefste Stand seit Start des gemeinsamen Zertifikatehandels mit Norwegen erreicht worden war.
Für Offshore-Windenergieprojekte bietet das Quotensystem mit dem niedrigen Vergütungsniveau und der hohen Marktabhängigkeit
der erzielbaren Erlöse derzeit keine ausreichend sichere Investitionsbasis und so sind in Schweden aktuell keine Offshore-Windparks im
Bau. Vor diesem Hintergrund hat die staatliche Energieagentur im Auftrag der Regierung Mitte 2015 einen Vorschlag für ein OffshoreWindenergie-Fördersystem erarbeitet und zur Kommentierung gestellt. Demnach sollen Lizenzen für künftige Offshore-Windparks –
wie in Europa mittlerweile üblich – im Wege von Ausschreibungen auf Basis eines von den Projektierern zu bietenden Referenzpreises
mit gleitender Marktprämie vergeben werden. Eine solche Regelung ist jedoch in der Branche umstritten, da eine starke Erhöhung
der Offshore-Stromerzeugung den Strompreis zusätzlich drücken würde und damit wiederum die Konkurrenzfähigkeit der OnshoreStromerzeugung zu verschlechtern droht. Wann und auf welcher Förderbasis die staatliche Energieagentur Offshore-Tender ausschreiben wird, ist derzeit noch offen.
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seite 49
Marktausblick
Obwohl die bei der letzten Überprüfung des Quotensystems festgestellte Schieflage im Wege einer deutlich erhöhten Quotenvorgabe
entschärft wurde, hat sich das Vergütungsniveau neuer Windparkprojekte in Schweden nur leicht erholt. Der Zertifikateüberschuss
muss sich über die höhere Quotenverpflichtung zunächst abbauen, bevor hier eine Preiserholung einsetzen kann und sich damit die
Vergütungserwartungen wieder verbessern. Doch auch auf dem aktuellen Niveau werden noch viele neue Projekte realisiert, denn das
Projektierungsumfeld ist – ähnlich wie in Norwegen – sehr günstig. Der Kapazitätszubau dürfte sich daher den nächsten Jahren im
Rahmen der derzeit geltenden Quotenvorgaben von jährlich etwa 600 bis 700 MW bewegen. Der Bestand an entwickelten Projekten
an Land lag per Ende 2015 nach Schätzungen des Branchenverbandes Svensk Vindenergi etwa beim Doppelten des politisch gewollten
Zubauvolumens über die nächsten fünf Jahre. Im Offshore-Bereich erwarten wir ein separates Förderverfahren mit einer ersten Ausschreibung in 2017 und Projektrealisierungen nicht vor dem Jahr 2021.
Marktprognose in MW
Marktprognose in MW
Zubau
Bestand
2014
956
5.425
2015
614
6.029
2016e
740
6.769
2017e
700
7.469
2018e
700
8.169
2019e
600
8.769
2020e
600
9.369
2025e
k.A.
13.900
Installierte Windenergieanlagenkapazität in MW
16.000
14.000
12.000
10.000
8.000
6.000
4.000
2.000
Ø Wachstumsraten
Bestand
2010 - 2015
22,8%
2015 - 2020e
9,2%
2020 - 2025e
8,2%
Quelle: EWEA, eigene Prognose
SEITE 50
0
2012
2013
2014
2015
2016e
Onshore
2017e
2018e
Offshore
2019e
2020e
…….
2025e
2.1.10 Norwegen
Mit seiner Lage an Nordsee und Nordatlantik verfügt Norwegen über sehr gute Voraussetzungen für die Windenergienutzung. Entlang
der langen Küstenlinie liegen die durchschnittlichen Windgeschwindigkeiten in 100m Nabenhöhe bei 8 m/s und mehr. Die vorherrschenden kräftigen Atlantikwinde reichen zwar bis tief ins gebirgige Landesinnere. Dort steht aber vielfach die schwierige Topografie
einer wirtschaftlichen Nutzbarkeit entgegen. Mit modernen WEA lassen sich an Küstenstandorten Kapazitätsfaktoren von etwa 38% erzielen. Auf See wird die kommerzielle Nutzung der guten Windbedingungen dadurch erschwert, dass der Meeresboden vor der norwegischen Küste schnell steil abfällt und es dadurch praktisch keine größeren ausreichend flachen Küstengewässer für Offshore-Windparks
gibt. Seit einigen Jahren werden mit Pilotanlagen auf Basis schwimmender Konstruktionen Erfahrungen gesammelt. Den kommerziellen Durchbruch haben diese Technologien bisher jedoch nicht geschafft. Doch auch an Land hat die Windenergie in Norwegen in den
letzten Jahren nur geringe Kapazitätszubauten verzeichnen können. Mit 45 MW Neuinstallationen im Jahr 2015 und einer installierten
Kapazität von 856 MW liegt das Land in Europa auf den hinteren Rängen.
Strommix, Energiepolitik und Klimaziele
Norwegen ist reich an Energieressourcen. Das Land verfügt nicht nur über umfangreiche Öl- und Gasvorkommen, sondern kann seinen
Strombedarf bereits heute kostengünstig zu 100% aus der grundlastfähigen Wasserkraft decken und ist dadurch unabhängig von allen
anderen Erzeugungsverfahren. Der im Überfluss erzeugbare günstige Strom hat dazu beigetragen, stromintensive Industrien der Elektrochemie und der Elektrometallurgie aufzubauen. Auch die Gebäudeheizung ist landesweit weitestgehend elektrifiziert. Dadurch ist
Norwegen seit Jahrzehnten das Land mit dem höchsten Pro-Kopf-Verbrauch an Strom in Europa (21.224 KWh im Jahr 2014). Im Jahr
2014 machte die Wasserkraft 95,5% des norwegischen Strommixes aus. Auf die Windenergie entfielen lediglich 1,6% der Gesamterzeugung von 142,3 TWh. Norwegen hat sich mit seinem nationalen Aktionsplan zum Ausbau der Erneuerbaren Energien dazu verpflichtet,
den Anteil der Erneuerbaren Energien am Gesamtenergieverbrauch bis zum Jahr 2020 auf 67,5% zu erhöhen. In diesem Rahmen soll der
EE-Anteil am Bruttostromendverbrauch von 97,0% in 2005 auf 113,6% in 2020 steigen. Im Rahmen der Pariser Klimakonferenz hat sich
die Regierung bis zum Jahr 2030 auf eine weitergehende Absenkung der CO2-Emissionen um 40% verglichen mit dem Stand von 1990
verpflichtet. Entsprechende gesetzliche Verpflichtungen wurden mit dem Klimaschutzgesetz in 2015 erlassen, wurden bisher aber noch
nicht weiter operationalisiert. Den wesentlichen Beitrag zur Erhöhung der EE-Quoten sollten neue Wasserkraftwerkskapazitäten sowie
ein diversifizierter Zubau anderer Erneuerbarer Energien liefern. In diesem Rahmen wurde mit Schweden für den Zeitraum von 2012
bis 2021 ein gemeinsames System aus EE-Quotenverpflichtungen und -Stromzertifikaten geschaffen, das Norwegen hälftig finanziert.
Im Nationalen Maßnahmenplan war vorgesehen, dass der Bestand an installierten Windenergieanlagen bis zum Jahr 2020 auf 3.535
MW steigen sollte. Angesichts des bisher mageren Zubaus und der für Windstrom erzielbaren niedrigen Gesamtvergütung ist diese
Zielmarke allerdings kaum mehr in Reichweite. Zudem hat Norwegen sein Klimaziel für das Jahr 2020 bereits im Jahr 2014 übererfüllt.
So lag der EE-Anteil am Gesamtenergieverbrauch in diesem Jahr bereits bei gut 69%. Vor diesem Hintergrund will die norwegische Regierung nach dem Jahr 2021 keine neuen Quotenverpflichtungen mehr entstehen lassen, d.h. das Quotensystem soll geschlossen werden
und planmäßig über den Förderzeitraum bis spätestens Ende 2035 auslaufen. Gleichwohl hat das Öl- und Energieministerium in seinem
jüngsten Weißbuch zur zukünftigen Energiepolitik erklärt, dass die Windenergie auch künftig in einem separaten Programm gefördert
werden und einen geografisch besser steuerbaren Kapazitätszubau erlauben soll. Hierzu will die Regierung Genehmigungsverfahren
vereinfachen und Vorranggebiete für die Windenergienutzung festlegen. Ein geografisch besser steuerbarer Zubau macht durchaus
Sinn, wenn man die zeitweise deutlich auseinanderklaffenden Strompreisniveaus in den fünf norwegischen Netzregionen betrachtet. So
ist die Gesamtvergütung aus Strompreis und Zertifikatepreis in der Netzregion NO3 (Tromsø/Molde) landesweit am höchsten.
Mit den Nachbarländern Schweden, Dänemark und Finnland besteht eine enge Verflechtung der Stromnetze sowie ein gemeinsamer
Großhandelsmarkt (Nord Pool). Norwegen würde gerne mehr Strom aus Wasserkraft erzeugen und diesen in die EU exportieren,
könnte aber auch als Anbieter von Pumpspeicherleistungen einen Beitrag zur Netzstabilität in EU-Ländern mit einem hohen Anteil
schwankender Windstromproduktion leisten. Entsprechend hat der norwegische Stromnetzbetreiber Statnet mit den britischen und
deutschen Pendants den Bau entsprechender Stromleitungen vereinbart.
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BRANCHENSTUDIE WINDEnERGIE
September 2016
seite 51
Strommarkt im Überblick
Nationale Zielgrößen für die EE-Stromerzeugung*
(GWh)
Bruttostromerzeugung
Verbrauch von Pumpspeicherwerken
Stromexporte
Stromimporte
Bruttostromverbrauch
Eigenverbrauch des Energiesektors
Netzverluste
Stromendverbrauch
Stromverbrauch je Einwohner (kWh)
2009
131.771
1.135
14.634
5.651
121.653
6.236
7.578
107.287
22.355
2014
142.326
1.029
21.932
6.346
125.711
8.138
8.586
108.409
21.224
Δ%
-5,7%
n.m.
-38,6%
-7,7%
n.m.
9,3%
8,5%
126,8%
n.m.
22,2%
-13,4%
n.m.
-6,6%
226,3%
8,0%
Anteil
0,0%
0,0%
1,8%
0,0%
0,0%
97,2%
95,5%
1,6%
0,0%
0,0%
0,1%
0,0%
0,5%
0,4%
100,0%
Anteil am Gesamtenergieverbrauch
Anteil an der Stromerzeugung
Installierte Gesamtkapazität (MW)
Onshore (MW)
Offshore (MW)
Stromerzeugungspotenzial p.a. (GWh)
Strommix
2009
41
0
4.234
30
0
126.486
125.282
977
0
10
216
0
794
186
131.771
2014
38
0
2.600
28
0
138.310
135.894
2.216
0
13
187
0
742
607
142.326
2014
69,2%
109,6%
2020p
67,5%
113,6%
2010
436
434
2
2015
838
836
2
2.500
2020e
3.056
3.054
2
9.200
Windenergienutzung
Strommix
(GWh)
Steinkohle
Braunkohle
Erdgas
Mineralöl
Kernenergie
Erneuerbare Energien
Wasserkraft
Wind
Solar
Biogase
Biobrennstoffe & Abfälle
Sonstige EE
Pumpspeicherwerke
Sonstige
Gesamt
2009
64,9%
104,7%
Fossile
Kernenergie
Erneuerbare
Übrige
2.667
0
138.310
1.349
EE-Strommix
Wasserkraft
Wind
Sonstige EE
0
97%
135.894
2.216
200
0
98%
Fossile
Kernenergie
Erneuerbare
Übrige
Wasserkraft
Wind
Sonstige EE
Quelle: Eurostat, EWEA, eigene Prognosen; * Berechnung der Quoten gem. EU-Direktive 2009/28/EC, abweichend zur Anteilsberechnung am Strommix
Staatliche Förderung
Die Förderung und Marktintegration der Erneuerbaren Energien erfolgt in Norwegen seit dem Jahr 2012 gemeinsam mit Schweden
über einen Quotenmechanismus. Dieser verpflichtet die Stromversorger und bestimmte Stromverbraucher gesetzlich dazu, eine
bestimmte Quote ihres Stromabsatzes bzw. -verbrauchs aus Erneuerbaren Energien zu decken und dies durch den Kauf von entsprechenden Zertifikatemengen nachzuweisen. Betreiber von Windenergieanlagen erhalten hierunter über einen Zeitraum von 15
Jahren für ihre Stromerzeugung Zertifikate zugewiesen, die sie verkaufen können. Pro erzeugter Megawattstunde wird ein Zertifikat
zugeteilt. Der Zertifikatehandel erfolgt länderübergreifend auf einer gemeinsamen elektronischen Handelsplattform. Dabei ist es
unerheblich, in welchem der beiden Länder die Anlage errichtet wird. Das norwegische Quotensystem wird von der staatlichen
Norwegischen Wasser- und Energiebehörde (NVE) gesteuert, während der staatliche Netzbetreiber Statnett die Zertifikatekonten
der Marktteilnehmer und den Zertifikatehandel administriert. Die von den Endverbrauchern in Norwegen zu erfüllende Quote wird
hierbei von der NVE festgesetzt und kann bei Bedarf an die Marktentwicklung angepasst werden. Die Quotenhöhe orientiert sich
dabei am erwarteten Anstieg der EE-Stromproduktion sowie am erwarteten Stromabsatz bzw. -verbrauch der Unternehmen mit
Quotenverpflichtung. Die derzeitige gesetzliche Regelung umfasst eine Aufbauphase mit steigenden Quotenvorgaben bis Ende 2021,
während der neue Anlagen in die Förderung aufgenommen werden können. Die Quotenverpflichtung beträgt 11,9% in 2016 und
steigt jährlich an, wobei im Jahr 2020 mit 19,7% der Maximalwert erreicht wird. Nach Schließen des Systems für neue Anlagen Ende
2021 bauen sich die Quotenvorgaben bis Ende 2035 ab. Wer seine Quotenverpflichtung nicht erfüllt, muss für fehlende Zertifikate
eine Strafzahlung i.H.v. 150% des durchschnittlichen Zertifikatepreises während der Erfüllungsperiode leisten.
Nach vier Jahren Quotensystem und gemeinsamen schwedisch-norwegischen Zertifikatehandel hat die norwegische Regierung im
April diesen Jahres signalisiert, dass das Land das Quotensystem per Ende 2020 schließen und den Zubau neuer EE-Anlagen künftig
auf anderem Wege anreizen will. Wie der Ausstieg Norwegens aus dem gemeinsamen Zertifikatesystem gestaltet werden soll, wird
von den beiden Regulierungsbehörden derzeit abgestimmt. Das Ausscheiden Norwegens hat potenziell erhebliche Auswirkungen auf
den Zertifikatemarkt, speziell die Terminkontrakte. Hier gilt es, einen möglichst friktionsfreien Übergang zu finden.
Die über das Zertifikatesystem mit EE-Anlagen in Norwegen erzielbare Gesamtvergütung ist in den letzten Jahren gefallen und
lag im Juli 2016 in den fünf norwegischen Netzregionen in der Spanne von umgerechnet nur noch 39 bis 46 EUR/MWh. Hierzu
haben gleichermaßen ein sinkender Stromgroßhandelspreis und der Preisverfall am Zertifikatemarkt beigetragen. Das derzeitige
Vergütungsniveau stellt nach Einschätzung des Norwegischen Öl- und Energieministers Lien eine „Entwertung der natürlichen
Energieressourcen“ des Landes dar. So habe der vom Ausbau der Erneuerbaren Energien in Norwegen und Schweden mitverursachte
Strompreisrückgang am Großhandelsmarkt eine deutliche Erlös- und Ergebnisverschlechterung für die (überwiegend staatlichen)
älteren Wasserkraftwerke des Landes zur Folge gehabt.
SEITE 52
Preisentwicklung für Strom (Region NO3) und Stromzertifikate in Norwegen, in EUR/MWh
90
80
70
60
50
40
30
20
10
0
2012
2013
2014
Strompreis NO3, peak load
2015
2016
Strompreis NO3 peak load + EL-Zertifikatepreis
Quelle: Bloomberg; Monatsdurchschnittswerte
Wie die vorstehende Grafik zeigen, liegt die sich aus Strompreis und Zertifikatepreis ergebende Vergütung für Windstrom derzeit
bei etwa 45 €/MWh. Das ist zwar weniger als in den Jahren 2012 bis 2014, liegt aber deutlich über dem Vorjahresniveau, in dem mit
durchschnittlich 38,45 €/MWh (baseload) bzw. 39,92 €/MWh (peakload) ein historischer Tiefstand erreicht worden war. Gleichwohl
ist das Projektierungsumfeld derzeit derart günstig, dass neue Windenergieprojekte bei den herausragend guten Windbedingungen
entlang Norwegens Westküste auch auf dem aktuellen Vergütungsniveau profitabel betrieben werden können.
Im Gegensatz zu Onshore-Projekten bietet das Quotensystem mit dem niedrigen Vergütungsniveau und der hohen Marktabhängigkeit der erzielbaren Erlöse für Offshore-Windenergieprojekte keine ausreichend sichere Investitionsbasis. Zudem liegt der Fokus
der Regierung auf der Sicherstellung wettbewerbsfähiger Strompreise, so dass die Nutzung der vergleichsweise deutlich teureren
Offshore-Windenergie für Norwegen absehbar ökonomisch ohnehin nicht in Betracht kommt. Dank der hervorragenden Windbedingungen an Küstenstandorten verfügt Norwegen an Land über Potenzialflächen im Überfluss.
Marktausblick
Gestützt auf gut vier Jahre Erfahrung mit dem norwegisch-schwedischen Zertifikatesystem hat die Regierung in Oslo dem Partner im Nachbarland seinen Ausstiegswillen mitgeteilt. Die Förderung neuer Windenergieanlagen hierüber wird damit Ende 2021
kontrolliert auslaufen. Trotz des derzeit am Markt erzielbaren historisch niedrigen Vergütungsniveaus ist gegenwärtig eine stark
erhöhte Projektentwicklungsaktivität zu beobachten. Der Preiswettbewerb unter den Herstellern, die extrem günstigen Finanzierungsbedingungen und ein hohes Anlageinteresse insbesondere seitens kontinentaleuropäischer institutioneller Investoren haben
für Windparkprojekte in Norwegen aktuell ein Investitionsumfeld bereitet, in dem Projekte selbst bei Vergütungen von 4 €ct/kWh
wirtschaftlich noch darstellbar sind. So wurden allein im laufenden Jahr neue Projekte mit mehr als 1,4 GW verkündet. Nach Erhebungen von GlobalData umfasst die Projektpipeline für Norwegen derzeit neue Windparks mit einer aggregierten Kapazität von
etwa 9 GW, die sich im Genehmigungsprozess oder im Bau befinden. Auf Sicht der nächsten zehn Jahre gehen wir davon aus, dass
Norwegen zunächst einen starken Anstieg des Zubauvolumens erleben wird, nach dem Ausstieg aus dem Zertifikatesystem aber
praktisch keine neuen Projekte mehr realisiert werden.
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BRANCHENSTUDIE WINDEnERGIE
September 2016
seite 53
Marktprognose in MW
Installierte Windenergieanlagenkapazität in MW
Marktprognose in MW
Zubau
Bestand
4.500
48
811
4.000
2014
2015
45
856
2016e
50
906
2017e
250
1.156
2018e
400
1.556
2019e
600
2.156
2020e
900
3.056
2025e
k.A.
4.100
3.500
3.000
2.500
2.000
1.500
1.000
500
Ø Wachstumsraten
Bestand
2010 - 2015
14,4%
2015 - 2020e
29,0%
2020 - 2025e
6,1%
Quelle: EWEA, eigene Prognose
SEITE 54
0
2012
2013
2014
2015
2016e
2017e
2018e
2019e
2020e
…….
2025e
2.1.11 Polen
Mit seiner geografischen Lage an der südlichen Ostsee und einer in weiten Landesteilen eher flachen Topografie weist Polen gute
natürliche Bedingungen für die Windenergienutzung auf. So sind in einem 50 bis 100 km breiten Streifen entlang der Ostseeküste
in 100m Nabenhöhe durchschnittliche Windgeschwindigkeiten von 7 bis 8,5 m/s nutzbar, während im Binnenland meist 5 bis 6 m/s
vorherrschen. Auf See liegt die durchschnittliche Windgeschwindigkeit bei 8 bis 9,5 m/s. Mit modernen 3 MW-Anlagen lassen sich
an Land oberhalb von 100 m Nabenhöhe 2.300 bis 2.450 Volllaststunden bzw. Kapazitätsfaktoren von 26% bis 28% erreichen. Auf See
sollten mit 6 MW-Anlagen Kapazitätsfaktoren von etwa 40% möglich sein. In polnischen Küstengewässern wurden mangels klarer
Planungsbedingungen und einer auskömmlichen Förderung bisher keine kommerziellen Offshore-Windparks errichtet, der Zubau
fand bislang ausschließlich an Land statt. Im Jahr 2015 wurden neue Windenergieanlagen mit einer Gesamtkapazität von 1.145 MW
errichtet, die den Bestand auf 4.978 MW steigen ließen. Die Windstromerzeugung lag bei 10,7 TWh (2015, vorläufige Zahlen). Das
Land war damit im Jahr 2015 der Markt mit dem zweithöchsten Zubau in Europa und liegt bei der installierten Kapazität nach den
EWEA-Statistiken aktuell auf Rang 10. Polen schöpft bisher nur einen kleinen Teil seines technisch möglichen Windstromerzeugungspotenzials aus.
Strommix, Engergiepolitik und Klimaziele
Wie seine mittel- und osteuropäischen Nachbarländer hat Polen einen unter dem europäischen Durchschnitt liegenden Pro-KopfVerbrauch an Strom. Dank umfangreicher Kohlereserven setzt das Land bei der Stromerzeugung seit jeher auf Stein- und Braunkohle. Bei einer Gesamterzeugung von 159,1 GWh lag der Anteil fossiler Brennstoffe an der Stromproduktion im Jahr 2014 bei 86%.
Entsprechend ist Polen in Europa eines der Länder mit der CO2-intensivsten Stromerzeugung. Die Erneuerbaren Energien haben in
2014 zu 12,4% zur Stromerzeugung beigetragen und ihren Anteil in den letzten fünf Jahren mehr als verdoppelt. Dieses Wachstum
stammt vor allem vom starken Ausbau der Windenergie. So hatte die Windenergie in 2014 mit 39% des aus erneuerbaren Energien
produzierten Stroms den zweitgrößten Anteil und hat die Stromerzeugung aus biogenen Festbrennstoffen (46% Anteil) in 2015
überflügelt.
Strommarkt im Überblick
Nationale Zielgrößen für die EE-Stromerzeugung*
(GWh)
Bruttostromerzeugung
Verbrauch von Pumpspeicherwerken
Stromexporte
Stromimporte
Bruttostromverbrauch
Eigenverbrauch des Energiesektors
Netzverluste
Stromendverbrauch
Stromverbrauch je Einwohner (kWh)
2009
151.719
882
9.594
7.402
148.647
23.702
12.532
112.695
2.955
2014
159.064
822
11.342
13.508
160.408
24.561
10.250
125.863
3.311
Δ%
-8,4%
6,2%
11,3%
-41,4%
n.m.
128,7%
-8,1%
612,7%
n.m.
156,2%
86,7%
n.m.
-8,0%
44,1%
4,8%
Anteil
47,9%
33,5%
3,3%
1,0%
0,0%
12,5%
1,4%
4,8%
0,0%
0,5%
5,8%
0,0%
0,3%
1,4%
100,0%
Anteil am Gesamtenergieverbrauch
Anteil an der Stromerzeugung
Installierte Gesamtkapazität (MW)
Onshore (MW)
Offshore (MW)
Stromerzeugungspotenzial p.a. (GWh)
Strommix
2009
83.156
50.233
4.787
2.723
0
8.677
2.375
1.077
0
319
4.907
0
599
1.544
151.719
2014
76.156
53.365
5.328
1.596
0
19.843
2.183
7.676
7
816
9.161
0
551
2.225
159.064
2014
11,4%
12,4%
2020p
15,0%
19,1%
2010
1.180
1.180
0
2015
4.978
4.978
0
12.400
2020e
6.078
6.078
0
14.000
Windenergienutzung
Strommix
(GWh)
Steinkohle
Braunkohle
Erdgas
Mineralöl
Kernenergie
Erneuerbare Energien
Wasserkraft
Wind
Solar
Biogase
Biobrennstoffe & Abfälle
Sonstige EE
Pumpspeicherwerke
Sonstige
Gesamt
2009
8,7%
5,8%
Fossile
Kernenergie12%
Erneuerbare
Übrige
136.444
0
19.843
2.776
86%
Fossile
Kernenergie
Erneuerbare
Übrige
EE-Strommix
Biobrennstoffe & Abfälle
9.161
Wind
7.676
15%
Sonstige EE
3.006
0
0
46%
39%
Biobrennstoffe & Abfälle
Wind
Sonstige EE
Quelle: Eurostat, EWEA, eigene Prognosen; * Berechnung der Quoten gem. EU-Direktive 2009/28/EC, abweichend zur Anteilsberechnung am Strommix
Die nationale Stromversorgung des Landes gilt als nicht ausreichend versorgungssicher. So ist der Kraftwerkspark vielfach modernisierungsbedürftig, und auch das Stromnetz des Landes bedarf erheblicher Ertüchtigungen, um mit den erhöhten Anforderungen
Schritt zu halten. Polen war in den letzten Jahren zeitweise auf Stromimporte aus Deutschland und Schweden angewiesen. Angesichts
dieser Herausforderungen verfolgt das Land seit einigen Jahren eine Energiewende ganz eigener Art. Im Fokus steht dabei nicht die
Reduktion der CO2-Emissionen, sondern die Verbesserung der Versorgungssicherheit und die Sicherstellung wettbewerbsfähiger
Strompreise für die eigene Wirtschaft. Von besonderer Bedeutung sind hierbei die umfangreichen Kohlereserven des Landes. Polen
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ist größter Kohleproduzent in der EU. Der Kohleabbau erfolgt überwiegend durch staatliche Gesellschaften und ist defizitär. Angesichts von etwa 100.000 Arbeitsplätzen in dieser Industrie soll Kohle auch künftig maßgeblich zur Stromerzeugung genutzt werden.
Daneben verfolgt das Land seit 2009 einen Langfristplan zur Nutzung der Kernenergie, dem zu Folge ab 2025 zwei Atomkraftwerke
mit je 3 GW Kapazität gebaut werden sollen. Die Erneuerbaren Energien werden von der nationalkonservativen Regierung derzeit
hingegen eher als notwendiges Übel betrachtet, denn als Chance zur Transformation der CO2-intensiven Stromerzeugung. Seit Jahren gibt es eine kontroverse gesellschaftliche Debatte über den Umfang der Landesfläche, die für die kommerzielle Nutzung durch
die Windenergie zur Verfügung stehen soll. In der Regierungspartei PiS dominiert im Hinblick auf die Erneuerbaren Energien eine
Anti-WindkraftEinstellung und eine Bevorzugung der deutlich teureren Stromerzeugung mit Biogasanlagen. Der Ausbau der Windenergie soll nur insoweit erfolgen, wie es zur Einhaltung der nationalen Klimaziele für das Jahr 2020 erforderlich ist. Diesbezüglich
hat sich Polen mit seinem nationalen Aktionsplan zum Ausbau der Erneuerbaren Energien dazu verpflichtet, den Anteil der Erneuerbaren Energien am Gesamtenergieverbrauch bis zum Jahr 2020 auf 15% zu erhöhen. In diesem Rahmen soll der EE-Anteil an der
Stromerzeugung auf 19,1% steigen. Um dieses Ziel zu erreichen, sollen bis 2020 Windkraftkapazitäten in Höhe von 6,65 GW errichtet sein und 15,2 TWh zur gesamten Stromerzeugung aus Erneuerbaren Energien beisteuern. Hierbei steht der Zubau an Land im
Vordergrund. Mit der derzeit installierten Kapazität liegt Polen voll im Plan, sein (allerdings nicht gerade ambitioniertes) Klimaziel
für 2020 zu erreichen. Eine Strategie für deren weiteren Ausbau über das Jahr 2020 hinaus ist regierungsseitig momentan allerdings
nicht erkennbar. In welchem Umfang sich die neue Regierung im Rahmen der langfristig sehr ambitionierten EU-Klimaziele auf
weitergehende nationale CO2-Reduktionsziele einlassen wird, ist völlig offen. Der neue Energieminister Tchorzewski lehnt sowohl
den von der Vorgängerregierung mit der EU ausgehandelten Deal im Gegenzug zur Zustimmung zu den EU-Klimazielen für 2030
als auch die Energy Roadmap 2050 der EU-Kommission ab. Die jüngsten Änderungen des Gesetzes zur Förderung der Erneuerbaren
Energien sowie das Gesetz über Investitionen in Windparks sind investitionsfeindlich und belegen die ablehnende Haltung gegenüber der Windenergie. So wurden u.a. die Grundsteuern für Windenergieanlagen stark erhöht und restriktivere Abstandsregeln für
neue Anlagen („10H-Regel“) erlassen, durch die die für Windparks nutzbare Landesfläche massiv verringert wird. Das erschwert den
Zubau in der Zukunft deutlich.
Staatliche Förderung
Mit dem Gesetz zur Förderung der Erneuerbaren Energien wurde im Jahr 2015 zum 1.1.2016 eine Schließung des bisherigen Quotensystems für neue Anlagen und ein Wechsel zu einer auktionsbasierten Fördermittelvergabe beschlossen. Noch vor Inkrafttreten
wurde der Geltungsbeginn des Gesetzes allerdings um ein halbes Jahr auf den 1.7.2016 verschoben, da das Gesetz von der neuen Regierung zwecks Genehmigung durch die EU-Kommission überarbeitet werden musste und zudem das vorgesehene Auktionsdesign
verändert werden sollte. Die EU-Genehmigung steht bisher aus, so dass noch keine Ausschreibungen gestartet werden konnten. Mit
dem neuen Fördersystem werden Stromerzeugungsmengen ausgeschrieben, die von den Bietern innerhalb von längstens 15 Jahren
nach Netzanschluss zum jeweils zugeschlagenen Gebotspreis geliefert werden müssen. Windenergieprojekte, die den Zuschlag erhalten haben, müssen innerhalb von 4 Jahren (Offshore: 6 Jahre) errichtet werden. Es soll pro Jahr mindestens ein Ausschreibungsverfahren geben, bei dem separate Auktionen für neue Anlagen von bis zu 1 MW sowie für neue Anlagen von mehr als 1 MW abgehalten werden. Ausschreibungen können längstens bis zum Jahr 2021 abgehalten werden, der Förderzeitraum läuft bis längstens Ende
2035 (Offshore: Ende 2040). In 2016 sollen zusätzlich zwei parallele Auktionen für bereits bestehende Anlagen (bis 1 MW sowie > 1
MW) stattfinden, die aus dem alten in das neue Fördersystem wechseln wollen. In den Auktionen werden alle zugelassenen Erzeugungstechnologien direkt miteinander konkurrieren. Für Windenergieanlagen sind bisher Gebotspreisobergrenzen von 385 PLN/
MWh (umgerechnet ca. 87 €/MWh) an Land bzw. 470 PLN/MWh (umgerechnet ca. 106 €/MWh) für Offshore-Projekte vorgesehen.
Die endgültigen Referenzpreise sollen bis Ende August 2016 bekannt gegeben werden. Branchenvertreter befürchten vor dem Hintergrund der Anti-Windkraft-Einstellung in der Regierungspartei eine Absenkung der Referenzpreise.
Die Stromerzeugung von Anlagen bis 500 KW wird künftig im Wege eines festen Einspeisetarifs abgegolten. Größere Anlagen werden über ein Marktprämienmodell (durchschnittlicher Großhandelspreis in der Zeit der Stromeinspeisung plus gleitende Marktprämie auf Basis des Gebotspreises) vergütet und tragen das Risiko von Vergütungsausfällen im Falle negativer Strompreise über
ein 6-Stundenintervall. Bestandteil der Vergütung ist eine jährliche Inflationsindexierung des mit dem Zuschlag in der Auktion
vereinbarten Referenzpreises.
Die Durchführung der Ausschreibungen obliegt der staatlichen Gesellschaft Renewable Energy Settlement Operator S.A. („OREO“).
Diese wird zudem die ausgeschriebenen Strommengen von den bezuschlagten Erzeugern kaufen und am Großhandelsmarkt weiterverkaufen. Die Nettoförderkosten werden über die Stromversorger auf die Endverbraucher umgelegt. Das Ausschreibungsvolumen
wird von der Regierung jährlich festgelegt. Für 2016 ist als Ausschreibungsvolumen eine Strommenge von 55 TWh (bezogen auf die
gesamte Förderzeit) zur Versteigerung vorgesehen, wovon 30,9 TWh für neue Anlagen mit einem Kapazitätsfaktor von unter 40%
reserviert sind. Beim dem von der Regierung unterstellten durchschnittlichen Kapazitätsfaktor für Onshore-Windenergieanlagen
von 26% (entsprechend 2300 Volllaststunden p.a.) und 15 Jahren Förderdauer wären damit rechnerisch neue Windenergieprojekte
mit einer Gesamtkapazität von bis zu 900 MW förderbar.
SEITE 56
Der mit dem Systemwechsel planmäßig zum 1.7.2016 auslaufende alte Fördermechanismus basiert auf einer Quotenregelung, die die
Stromversorger dazu verpflichtet, einen jährlich steigenden Anteil des vertriebenen Stroms aus Erneuerbaren Energien zu beziehen.
Der Nachweis ist über den Erwerb entsprechender Herkunftszertifikate zu erbringen, welche den EE-Anlagenbetreibern für ihre
Ökostromproduktion zugewiesen werden. Infolge einer zu generösen Zuweisung von Zertifikaten ist der Zertifikatepreis über die
Zeit stark unter Druck geraten und hat das System in eine Schieflage gebracht, die für die EE-Betreiber zu unerwartet sinkenden
Gesamterlösen und zu einem Überhang von noch nicht entwerteten Zertifikaten geführt hat. Der bei einem Zertifikatepreis von 100
PLN/MWh erzielbare Erlös je erzeugter MWh Windstrom ist für einen wirtschaftlichen Anlagenbetrieb nicht ausreichend.
Marktausblick
Mit dem Regierungswechsel im Herbst 2015 hat sich das Investitionsklima für Windenergieanlagenprojeke in Polen massiv verschlechtert. Die seitdem verabschiedeten und im Juli 2016 in Kraft getretenen Gesetzesänderungen sind Windenergiefeindlich und
dürften einem bedeutenden Teil der sich in der Entwicklung befindlichen Projekte die Planungsgrundlage entzogen haben. Die
Haltung in der Regierungspartei PIS und das Regierungshandeln offenbaren zudem wenig Bereitschaft für eine sachliche Auseinandersetzung mit den Vorteilen der Windenergie und verursachen ein hohes Maß an Unsicherheit – sowohl für neue Projekte als auch
für Bestandsanlagen. So ist zu befürchten, dass es in der laufenden Legislaturperiode (2015-2019) noch zu weiteren Verschlechterungen der rechtlichen und wirtschaftlichen Rahmenbedingungen kommt. Vor diesem Hintergrund ist zu erwarten, dass der Zubau
im laufenden Jahr stark einbricht und in den nächsten Jahren auf einem im Vergleich zu den Vorjahren niedrigeren Niveau liegen
wird. Das massiv verschlechterte Investitionsklima hat bereits negative Auswirkungen auf die bankseitige Finanzierbarkeit von neuen Projekten. Letztlich kann die hohe Verunsicherung privater Investoren dazu führen, dass vorwiegend nur noch staatliche oder
dem Regierungslager nahestehende Unternehmen neue Windparkinvestments tätigen. An die Realisierung von Offshore-Windparks
glauben wir in diesem Umfeld bis zum Jahr 2025 nicht. Gleichwohl wird Polen als EU-Land auf lange Sicht nicht um eine sukzessive
Verringerung der Kohleverstromung und einen stärkeren Ausbau der Erneuerbaren Energien herumkommen. Mit weiter sinkenden
Stromgestehungskosten sollte sich die Windenergie langfristig auch in Polen zu einer starken Säule in der Stromerzeugung entwickeln.
Marktprognose in MW
Marktprognose in MW
Installierte Windenergieanlagenkapazität in MW
Zubau
Bestand
9.000
2014
444
3.834
8.000
2015
1.145
4.978
2016e
200
5.178
2017e
250
2018e
250
5.428
5.678
2019e
200
5.878
2020e
200
6.078
2025e
k.A.
8.400
7.000
6.000
5.000
4.000
3.000
2.000
1.000
Ø Wachstumsraten
Bestand
2010 - 2015
33,4%
2015 - 2020e
4,1%
2020 - 2025e
6,7%
0
2012
2013
2014
2015
2016e
2017e
2018e
2019e
2020e
…….
2025e
Quelle: EWEA, eigene Prognose
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September 2016
seite 57
2.1.12 Baltische Staaten
Am Ostrand der Ostsee gelegen, verfügen Estland, Lettland und Litauen über z.T. gute Windressourcen. Estland, das unter den drei
baltischen Staaten die mit Abstand längste Küstenlinie aufweist, hat hierbei mit durchschnittlichen Windgeschwindigkeiten von 6,5
bis 8,5 m/s in 100 m Nabenhöhe das mit Abstand beste Windangebot. In den litauischen, lettischen und estischen Küstengewässern
sind es bis zu 9,5 m/s. In Lettland und Litauen bieten die Küstenregionen bis zu 6,5 m/s, während im Binnenland in der westlichen
Landeshälfte meist bis 5,5 m/s vorherrschen. Die Nutzung dieser Potenziale hat in allen drei Ländern erst im Zuge der Vereinbarung
verbindlicher Klimaziele und der Etablierung entsprechender Förderprograme begonnen. Estland und Litauen sind hier führend,
wohingegen Lettland einen Ausbau in den letzten Jahren eher verhindert hat. Per Ende 2015 waren in Estland Windenergieanlagen
mit 303 MW installiert, in Lettland 62 MW und in Litauen 424 MW. Mit einem Zubau von 144 MW wies dabei Litauen in 2015
sowohl in absoluten als auch in relativen Werten das größte Kapazitätswachstum auf.
Strommix, Energiepolitik und Klimaziele
Bedingt durch die jahrzehntelange enge Integration in die Energie-Infrastruktur der Sowjetunion genießen Versorgungssicherheit
und Unabhängigkeit der Energieversorgung in der Energiepolitik der baltischen Staaten seit der im Jahr 1991 erlangten Unabhängigkeit von Russland einen hohen Stellenwert. Mit Blick auf den Stromsektor hatten dabei eine Integration in den europäischen Stromnetzverbund sowie eine Diversifizierung der Erzeugungsbasis Priorität. Neben dem Einsatz der Wasserkraft und lokaler Rohstoffquellen wie Torf, Ölschiefer und Brennholz rückte ab Mitte der 2000er Jahre hierbei auch die Windenergie stärker in den Fokus. Mit
der Verabschiedung verbindlicher EU-Klimaziele und deren Umsetzung in nationalen Aktionsplänen erhielten die Erneuerbaren
Energien dann auch konkrete Ausbauziele und Unterstützung durch Förderregime. Während alle drei Länder ihre EE-Zielquoten für
den Gesamtenergieverbrauch in 2020 (Estland: 25,0%, Lettland: 40,0% und Litauen: 23,0%) bereits in 2014 bereits ganz (Estland und
Litauen) oder weitgehend (Lettland) erreicht hatten, bietet sich bei den EE-Anteilen am Stromverbrauch ein uneinheitliches Bild.
Hier war Estland mit 16,4% seinem Ziel (4,8%) in 2014 sehr weit voraus, während Lettland (51,1 vs Ziel 59,8%) und Litauen (13,7%
vs Ziel 21,0%) noch im Hintertreffen waren.
Estland, das sich dank eigener Schieferölvorkommen im Land bei der Stromerzeugung mit 83% Anteil am Strommix bis heute wesentlich auf Mineralöl-Kombikraftwerke stützt und den Anteil der Erneuerbaren Energien an der Stromerzeugung (v.a. Windenergie
und biogene Festbrennstoffe) bis 2014 auf knapp 12% ausgebaut hat, ist bei der Stromerzeugung praktisch energieautark und hat
sich in den letzten fünf Jahren zu einem Nettostromexporteur entwickelt. Trotz des hohen Anteils fossiler Brennstoffe an der Stromerzeugung gilt Estland unter den baltischen Staaten als das Land mit der progressivsten und stringentesten EE-Politik. So gibt es
sowohl für den Stromsektor insgesamt als auch für den Sektor der erneuerbaren Energien einen strategischen Entwicklungsplan bis
zum Jahr 2020. Derzeit arbeitet die Regierung bereits an den Grundzügen der Energiestrategie für das kommende Jahrzehnt, in die
dann auch die EU-Klimaziele für 2030 einfließen. Geplant ist eine Anhebung des EE-Anteils am Gesamtenergieverbrauch auf eine
neue Zielmarke von 45%. An einer deutlich stärkeren Nutzung der Windenergienutzung an Land als mittlerweile kostengünstigster
und schnell verfügbarer Stromerzeugungstechnologie geht dabei kein Weg vorbei. Auch auf dem Feld der Offshore-Windenergie
strebt die Regierung eine Führungsrolle im Baltikum an. So befinden sich bereits zwei Offshore-Windparks in flachen, küstennahen
Gewässern mit einer Gesamtkapazität von bis zu 1,7 GW in der Projektierung.
SEITE 58
Strommarkt Estland im Überblick
Nationale Zielgrößen für die EE-Stromerzeugung*
(GWh)
Bruttostromerzeugung
Verbrauch von Pumpspeicherwerken
Stromexporte
Stromimporte
Bruttostromverbrauch
Eigenverbrauch des Energiesektors
Netzverluste
Stromendverbrauch
Stromverbrauch je Einwohner (kWh)
2009
8.781
0
2.944
3.025
8.862
1.325
886
6.650
4.979
2014
12.444
0
6.484
3.730
9.690
1.945
842
6.906
5.248
Δ%
n.m.
n.m.
-36,6%
34,9%
n.m.
138,7%
-17,9%
208,9%
n.m.
283,3%
112,6%
n.m.
n.m.
46,4%
41,7%
Anteil
0,0%
0,0%
0,6%
83,1%
0,0%
11,6%
0,2%
4,9%
0,0%
0,2%
6,3%
0,0%
0,0%
4,7%
100,0%
Anteil am Gesamtenergieverbrauch
Anteil an der Stromerzeugung
2014
26,5%
14,6%
2020p
25,0%
4,8%
2010
149
149
0
2015
303
303
0
730
2020e
603
603
0
1.450
Windenergienutzung
Installierte Gesamtkapazität (MW)
Onshore (MW)
Offshore (MW)
Stromerzeugungspotenzial p.a. (GWh)
Strommix
Strommix
(GWh)
Steinkohle
Braunkohle
Erdgas
Mineralöl
Kernenergie
Erneuerbare Energien
Wasserkraft
Wind
Solar
Biogase
Biobrennstoffe & Abfälle
Sonstige EE
Pumpspeicherwerke
Sonstige
Gesamt
2009
23,0%
6,1%
2009
0
0
108
7.670
0
604
33
195
0
7
369
0
0
399
8.781
2014
6
0
69
10.345
0
1.441
27
604
0
27
784
0
0
584
12.444
Fossile
5%
Kernenergie
11%
Erneuerbare
Übrige
10.419
0
1.441
584
EE-Strommix
Biobrennstoffe & Abfälle
784
4%
Wind
604
Sonstige EE
53
0
0
42%
54%
84%
Fossile
Kernenergie
Erneuerbare
Übrige
Biobrennstoffe & Abfälle
Wind
Sonstige EE
Quelle: Eurostat, EWEA, eigene Prognosen; * Berechnung der Quoten gem. EU-Direktive 2009/28/EC, abweichend zur Anteilsberechnung am Strommix
Lettlands Stromversorgung basiert wesentlich auf den Gas- und Wasserkraftwerken der staatlichen Elektrizitätsgesellschaft Latvenergo, wobei in normalen Niederschlagsjahren die Wasserkraftwerke den größten Teil zum Strommix beisteuern. Lettland zählt
damit in der EU zu den Ländern mit dem höchsten EE-Anteil an der Stromerzeugung sowie am Gesamtenergieverbrauch. Das Land
bezieht etwa ein Viertel seines Stromverbrauchs aus Nettostromimporten und hätte daher grundsätzlich Potenzial für eine noch
stärkere Nutzung der Erneuerbaren Energien zur Stromerzeugung. Die Windenergie spielt bisher praktisch keine Rolle im lettischen
Strommarkt.
Strommarkt Lettland im Überblick
Nationale Zielgrößen für die EE-Stromerzeugung*
(GWh)
Bruttostromerzeugung
Verbrauch von Pumpspeicherwerken
Stromexporte
Stromimporte
Bruttostromverbrauch
Eigenverbrauch des Energiesektors
Netzverluste
Stromendverbrauch
Stromverbrauch je Einwohner (kWh)
2009
5.568
0
2.605
4.259
7.222
378
741
6.103
2.822
2014
5.142
0
3.023
5.340
7.459
409
465
6.583
3.289
Δ%
-100,0%
n.m.
16,5%
-100,0%
n.m.
-21,1%
-42,3%
181,4%
n.m.
671,8%
9066,7%
n.m.
n.m.
n.m.
-7,7%
Anteil
0,0%
0,0%
45,4%
0,0%
0,0%
54,6%
38,8%
2,7%
0,0%
6,8%
6,2%
0,0%
0,0%
0,0%
100,0%
Anteil am Gesamtenergieverbrauch
Anteil an der Stromerzeugung
Installierte Gesamtkapazität (MW)
Onshore (MW)
Offshore (MW)
Stromerzeugungspotenzial p.a. (GWh)
Strommix
2009
2
0
2.006
3
0
3.556
3.458
50
0
45
3
0
0
0
5.568
2014
0
0
2.336
0
0
2.805
1.995
141
0
350
320
0
0
0
5.142
2014
38,7%
51,1%
2020p
40,0%
59,8%
2010
31
31
0
2015
62
62
0
140
2020e
62
62
0
140
Windenergienutzung
Strommix
(GWh)
Steinkohle
Braunkohle
Erdgas
Mineralöl
Kernenergie
Erneuerbare Energien
Wasserkraft
Wind
Solar
Biogase
Biobrennstoffe & Abfälle
Sonstige EE
Pumpspeicherwerke
Sonstige
Gesamt
2009
34,3%
41,9%
Fossile
Kernenergie
Erneuerbare
Übrige
2.336
0
2.805
0
45%
EE-Strommix
Wasserkraft
Biogase 16%
Sonstige EE
0
13%
1.995
350
461
0
55%
71%
Fossile
Kernenergie
Erneuerbare
Übrige
Wasserkraft
Biogase
Sonstige EE
Quelle: Eurostat, EWEA, eigene Prognosen; * Berechnung der Quoten gem. EU-Direktive 2009/28/EC, abweichend zur Anteilsberechnung am Strommix
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BRANCHENSTUDIE WINDENERGIE
September 2016
SEITE 59
Seit der im Rahmen des EU-Beitritts des Landes erzwungenen Stilllegung des Kernkraftwerks Ignalina (Ende 2009) ist Litauen in
erheblichem Umfang auf Stromimporte angewiesen. Diese decken bis heute mehr als die Hälfte des Stromendverbrauchs. Das Land
hatte zunächst angestrebt, gemeinsam mit den Nachbarstaaten ein neues Kernkraftwerk zu bauen, gab diese Pläne nach einem Referendum im Jahr 2012 aber auf. Vor diesem Hintergrund bietet die Stromversorgungssituation in Litauen für die Windenergie als
kostengünstigste Form der Erneuerbaren Energien gute Wachstumsvoraussetzungen. Wie der Strommix des Landes zeigt, wurden
im Jahr 2014 in Litauen nur noch gut 43% des Stroms aus fossilen Brennstoffen (i.W. Erdgas) und bereits 34,4% aus einem Mix an
Erneuerbaren Energien erzeugt. Unter diesen war die Windenergie die Erzeugungsart mit dem höchsten Anteil und hat infolge der
in 2015 neu in Betrieb genommenen Windparks seitdem weiter zugelegt.
Strommarkt Litauen im Überblick
(GWh)
Bruttostromerzeugung
Verbrauch von Pumpspeicherwerken
Stromexporte
Stromimporte
Bruttostromverbrauch
Eigenverbrauch des Energiesektors
Netzverluste
Stromendverbrauch
Stromverbrauch je Einwohner (kWh)
Nationale Zielgrößen für die EE-Stromerzeugung*
2009
15.357
986
7.715
4.783
11.439
2.366
969
8.371
2.629
2014
4.398
940
898
8.521
11.082
1.276
815
9.237
3.138
Δ%
n.m.
n.m.
-16,7%
-78,2%
-100,0%
121,4%
-5,5%
303,7%
n.m.
415,4%
272,0%
n.m.
-3,7%
5,6%
-71,4%
Anteil
0,0%
0,0%
39,8%
3,6%
0,0%
34,4%
9,1%
14,5%
1,7%
1,8%
7,4%
0,0%
15,7%
6,5%
100,0%
Anteil am Gesamtenergieverbrauch
Anteil an der Stromerzeugung
2014
23,9%
13,7%
2020p
23,0%
21,0%
2010
163
163
0
2015
424
424
0
1.020
2020e
794
794
0
1.910
Windenergienutzung
Installierte Gesamtkapazität (MW)
Onshore (MW)
Offshore (MW)
Stromerzeugungspotenzial p.a. (GWh)
Strommix
Strommix
(GWh)
Steinkohle
Braunkohle
Erdgas
Mineralöl
Kernenergie
Erneuerbare Energien
Wasserkraft
Wind
Solar
Biogase
Biobrennstoffe & Abfälle
Sonstige EE
Pumpspeicherwerke
Sonstige
Gesamt
2009
20,0%
5,9%
2009
0
0
2.100
735
10.852
684
423
158
0
15
87
0
715
271
15.357
2014
0
0
1.749
160
0
1.514
400
638
73
78
324
0
688
286
4.398
Fossile
Kernenergie
22%
Erneuerbare
Übrige
1.910
0
1.514
975
43%
EE-Strommix
Wind
Wasserkraft
Sonstige EE
31%
0
638
400
476
0
42%
35%
27%
Fossile
Kernenergie
Erneuerbare
Übrige
Wind
Wasserkraft
Sonstige EE
Quelle: Eurostat, EWEA, eigene Prognosen; * Berechnung der Quoten gem. EU-Direktive 2009/28/EC, abweichend zur Anteilsberechnung am Strommix
Staatliche Förderung
Estland fördert neue Windenergieanlagen größenunabhängig bisher über einen Premiumtarif, bei dem der Betreiber über einen
Förderzeitraum von 12 Jahren zusätzlich zum Strompreis am Großhandelsmarkt vom regionalen Netzbetreiber Elering 53,7 EUR
je eingespeister MWh vergütet bekommen. Die geförderte Windstrommenge ist derzeit auf jährlich 600 GWh gedeckelt und wird
von allen einspeisenden Anlagen nach dem „First come first serve“-Prinzip in Anspruch genommen. Nach Erreichen dieses Deckels
erlösen die Anlagenbetreiber nur noch den Marktpreis für den eingespeisten Strom. Nachdem eine erstmalige volle Ausschöpfung
des Förderdeckels in 2015 absehbar war, ist der Kapazitätszubau in Estland dadurch zunächst gebremst worden. Derzeit wartet die
Branche auf die neuen Förderrichtlinien, mit denen Estland zum 1.1.2017 auch die von der EU-Kommission vorgegebenen wettbewerbsorientiert zu ermittelnden Förderhöhen adaptiert. Zu erwarten ist ein Marktprämienmodell, bei dem der Staat förderfähige
Erzeugungskapazitäten ausschreibt und mit einem Auktionsverfahren an die Bieter mit den niedrigsten gebotenen Förderhöhen
versteigert. Hierbei sind als Preisobergrenze für die Marktprämie 53,7 €/MWh vorgesehen. Die aus Strompreis und Marktprämie
erzielbare Gesamtvergütung soll bei 93 EUR je MWh gedeckelt werden. Während sich bereits zwei größere Offshore-Windparks in
der (allerdings noch frühen) Projektierungsphase befinden, steht eine gesetzliche Grundlage in Estland hierfür allerdings noch aus.
In Lettland wurden neue Windenergieanlagen ab 2010 mit einem festen Einspeisetarif gefördert, wobei die betreffenden Stromeinspeiserechte in einem jährlich im Oktober abzuhaltenden Auktionsverfahren zu ersteigern waren. Teilnahmeberechtigt waren
nur Projekte, die bereits alle zur Realisierung erforderlichen Genehmigungen hatten. Zu bieten war bei den Auktionen die Gesamtvergütungshöhe, denn der erzeugte Strom durfte nicht frei vermarktet werden, sondern musste vom Netzbetreiber aufgenommen
werden. Der für die Versteigerung vorgegebene Referenzpreis war dabei sowohl technologie- als auch größenabhängig – für einen
20 MW-Windpark ergab sich in 2010 z.B. ein Referenzpreis von 114 EUR/MWh. Erfolgreiche Gebote erhielten einen Vergütungsanspruch über 20 Jahre, wobei in der zweiten Dekade ein Abschlag von 40% auf den gebotenen Vergütungssatz vorzunehmen war. Das
lettische Fördersystem kam allerdings gerade mal ein Jahr zur Anwendung, denn bereits im Jahr 2011 verfügte die Regierung überra-
SEITE 60
schend ein Fördermoratorium für neue EE-Anlagen, welches zwischenzeitlich bis zum Jahr 2016 und mittlerweile bis zum 1.1.2020
verlängert wurde. In der lettischen Politik gibt es mit einer chronischen Haushaltskrise bereits seit langem sehr viel drängendere
Probleme als den Ausbau der Erneuerbaren Energien. Auch die derzeitige Regierung, die einer stärkeren Nutzung der Erneuerbaren
Energien grundsätzlich offen gegenübersteht, ist nicht bereit, den Bürgern etwaige EE-Förderkosten über eine höhere Umlage auf
den Strompreis zuzumuten. Vor dem Hintergrund tiefer politischer Gräben im Land (das Land hat einen hohen russischstämmigen
Bevölkerungsanteil) und einer in den letzen Jahren recht instabilen Parteienlandschaft schätzen wir insbesondere auch die politischen Risiken für einen Ausbau der Windenergie in Lettland als sehr hoch ein. Das Land bietet auf absehbare Zeit keine belastbaren
Rahmenbedingungen, in denen sich ein Investorenvertrauen entwickeln könnte.
In Litauen erfolgt die EE-Förderung technologieübergreifend auf Basis des „Gesetzes über Energie aus Erneuerbaren Energiequellen“
aus dem Jahr 2011. Strom aus Erneuerbaren Energien genießt dadurch Einspeisevorrang im Stromnetz und ist von der regionalen
Stromgesellschaft abzunehmen. Das litauische EEG sieht sowohl für Kleinanlagen bis 10 KW und für Anlagen über 10 KW eine
Vergütung in Form fester Einspeisetarife über einen Zeitraum von 12 Jahren vor. Während die Vergütungshöhe von der Nationalen
Kontrollbehörde für Energie und Preise („NCC“) quartalsweise festgesetzt wird, ist die Vergütungshöhe für größere Anlagen im
Wege von Ausschreibungen zu bestimmen, bei denen der bzw. die Bieter mit den niedrigsten Preisgeboten den Zuschlag erhalten.
Hier gibt die NCC quartalsweise die Preisobergrenzen vor. Im 2. Quartal 2016 lag diese bei 54 EUR/MWh. Das litauische EEG sieht
außerdem technologiespezifische Kapazitätszielgrößen vor, die an den nationalen Klimazielen für das Jahr 2020 orientiert sind.
Bei deren Erreichen werden in der betreffenden Technologieklasse keine weiteren Auktionen mehr durchgeführt. Dies ist bei der
Windenergie, deren Ausbauziel bei einer installierten Kapazität von 500 MW liegt, inzwischen eingetreten. Da das litauische EEG
für diesen Fall aber zugleich die Regierung verpflichtet, eine Anschlussregelung zur weitergehenden Förderung der betreffenden
Technologieklasse zu erarbeiten, ist eine Nachfolgeregelung für die Windenergieförderung in Vorbereitung. So sieht der Entwurf
eines EE-Entwicklungsprogramms für die Jahre 2016 bis 2020 vor, zusätzliche Kapazitäten i.H.v. 250 MW durch die Nutzung von
EU-Fördermitteln anzureizen. Mit einem Kabinettsbeschluss hat die litauische Regierung zudem kürzlich einen weiteren Schritt auf
dem Weg zum Einstieg in die Offshore-Windenergie gemacht. So wurde eine Änderung des litauischen EEGs auf den Weg gebracht,
durch die sechs Meereszonen für Offshore-Windparks definiert werden, deren Gesamtpotenzial auf eine Kapazität von 7,2 GW
geschätzt wird. Die Errichtung eines ersten litauischen Offshore-Windparks erscheint aber frühestens ab dem Jahr 2021 realistisch.
Marktausblick
Während Lettland der Windenergienutzung aus unserer Sicht absehbar keine verlässlichen Investitionsbedingungen bieten wird,
sind Estland und Litauen deutlich attraktivere Märkte. Trotz des bereits frühzeitigen Erreichens der selbst gesteckten Kapazitätsziele
sind die Regierungen in beiden Ländern bemüht, sowohl Onshore als auch auf längere Sicht Offshore weitere Zubauvolumina anzureizen. So erwarten wir für die Zeit bis zum Jahr 2025 für diese beiden Länder einen Zubau von 1,3 GW (Estland) bzw. 1,5 GW
(Litauen), wovon in Estland 600 MW und in Litauen 800 MW auf neue Offshore-Kapazitäten entfallen sollten.
Marktprognose in MW
Installierte Windenergieanlagenkapazität in MW
Estland
2014
2015
2016e
2017e
2018e
2019e
2020e
2025e
Litauen
2014
2015
2016e
2017e
2018e
2019e
2020e
2025e
Zubau
23
1
100
50
50
50
50
k.A.
Bestand
303
303
403
453
503
553
603
1.600
4.000
Zubau
1
144
120
0
50
100
100
k.A.
Bestand
280
424
544
544
594
694
794
1.800
1.000
3.500
3.000
2.500
2.000
1.500
500
0
2012
2013
2014
2015
Estland
2016e
2017e
Litauen
2018e
2019e
2020e
…….
2025e
Lettland
Quelle: EWEA, eigene Prognose
HSH NORDBANK.DE
BRANCHENSTUDIE WINDEnERGIE
September 2016
seite 61
2.1.13 Italien
Die natürlichen Gegebenheiten Italiens ermöglichen eine kommerzielle Nutzung der Windenergie wesentlich in der südlichen Landeshälfte, d.h. in den Regionen Puglia, Campania, Basilicata und Calabrien sowie auf Sardinien und Sizilien. Hier herrschen in 100m
Nabenhöhe vielfach durchschnittliche Windgeschwindigkeiten von 6 bis 7 m/s vor. Auf See bieten die Küstengewässer Sardiniens
sowie südwestlich von Sizilien mit durchschnittlichen Windgeschwindigkeiten von etwa 8 m/s die besten Voraussetzungen. An Land
sind damit Kapazitätsfaktoren von 20% erreichbar und auf See von etwa 34%. Nach einer Absenkung der Förderung im Jahr 2012
und einer Deckelung für größere Windparks auf 500 MW sind in Italien in den letzten Jahren nur relativ geringe Zubauvolumina von
295 MW in 2015 und 108 MW in 2014 realisiert worden. Per Ende 2015 lag der installierte Anlagenbestand bei 8.958 MW. Damit
liegt Italien unter den EU-Ländern auf Rang 5, rangiert beim Zubau aber nur auf Rang 8.
Strommix, Energiepolitik und Klimaziele
Die Stromversorgung Italiens basiert wesentlich auf fossilen Energieträgern sowie auf Wasserkraft. Diese trugen im Jahr 2014 mit
rund 54% und 21% zusammen etwa Dreiviertel zur Stromerzeugung bei. Im Segment der fossilen Energieträger dominieren dabei
Gaskraftwerke mit 33,5% Gesamtanteil. Die Kernenergie hingegen ist bereits seit 15 Jahren aus dem italienischen Strommix verbannt. Als eines von nur wenigen Ländern hatte Italien schon nach der Nuklearkatastrophe von Tschernobyl (1986) den Automausstieg vollzogen. Neben der Wasserkraft hat in den letzten Jahren ein breiter Mix aus verschiedenen weiteren Erneuerbaren Energien
sukzessive die Verstromung von Erdgas zurückgedrängt. Dies waren in erster Linie die Photovoltaik (2014: 8% Anteil) und die
Windenergie sowie biogene Brennstoffe. Gleichwohl importiert Italien seit mehr als einem Jahrzehnt in signifikanter Höhe Strom
aus seinen Nachbarländern (vorwiegend Schweiz und Frankreich), da dieser von dort kostengünstiger bezogen als in den eigenen
Gaskraftwerken produziert werden kann.
Strommarkt im Überblick
Nationale Zielgrößen für die EE-Stromerzeugung*
(GWh)
Bruttostromerzeugung
Verbrauch von Pumpspeicherwerken
Stromexporte
Stromimporte
Bruttostromverbrauch
Eigenverbrauch des Energiesektors
Netzverluste
Stromendverbrauch
Stromverbrauch je Einwohner (kWh)
2009
292.645
5.798
2.111
47.070
331.806
22.926
20.353
290.016
4.915
2014
279.822
2.329
3.031
46.747
321.209
20.884
19.451
281.498
4.631
Δ%
9,3%
n.m.
-36,4%
-45,6%
n.m.
74,3%
19,1%
132,0%
3195,5%
392,3%
78,9%
10,8%
-60,3%
2,2%
-4,4%
Anteil
15,5%
0,0%
33,5%
5,1%
0,0%
43,1%
20,9%
5,4%
8,0%
2,9%
3,8%
2,1%
0,6%
2,2%
100,0%
Anteil am Gesamtenergieverbrauch
Anteil an der Stromerzeugung
2014
17,1%
33,4%
2020p
17,0%
26,4%
2010
5.797
5.797
0
2015
8.958
8.958
0
15.200
2020e
12.408
12.408
0
21.700
Windenergienutzung
Installierte Gesamtkapazität (MW)
Onshore (MW)
Offshore (MW)
Stromerzeugungspotenzial p.a. (GWh)
Strommix
Strommix
(GWh)
Steinkohle
Braunkohle
Erdgas
Mineralöl
Kernenergie
Erneuerbare Energien
Wasserkraft
Wind
Solar
Biogase
Biobrennstoffe & Abfälle
Sonstige EE
Pumpspeicherwerke
Sonstige
Gesamt
2009
12,8%
18,8%
2009
39.746
0
147.270
26.023
0
69.254
49.137
6.543
677
1.665
5.891
5.342
4.305
6.046
292.645
2014
43.453
0
93.637
14.160
0
120.681
58.545
15.178
22.306
8.199
10.536
5.916
1.711
6.181
279.822
Fossile
Kernenergie
Erneuerbare
Übrige
EE-Strommix
3% 151.249
0
120.681
7.892
Wasserkraft
Solar
20%
Wind
Sonstige EE
58.545
22.306
15.178
24650,95
49%
43%
54%
13%
18%
Fossile
Kernenergie
Wasserkraft
Solar
Erneuerbare
Übrige
Wind
Sonstige EE
Quelle: Eurostat, EWEA, eigene Prognosen; * Berechnung der Quoten gem. EU-Direktive 2009/28/EC, abweichend zur Anteilsberechnung am Strommix
Italien hat sich mit seinem Nationalen Aktionsplan zum Ausbau der Erneuerbaren Energien dazu verpflichtet, den Anteil der Erneuerbaren Energien am Gesamtenergieverbrauch bis zum Jahr 2020 auf 17% zu erhöhen. In diesem Rahmen soll der EE-Anteil an
der Stromerzeugung auf 26,4% steigen. Beide Zielmarken sind bereits im Jahr 2014 erreicht worden. Beim Anteil der Erneuerbaren
Energien an der Stromerzeugung lag das Land sogar mit 33,4% weit über dem Sollwert. Einer der Haupttreiber hierfür war ein Boom
beim Zubau neuer Photovoltaikanlagen in den Jahren 2011 bis 2013, der von einer üppigen staatlichen Förderung angereizt wurde.
Nachdem die Klimaziele für 2020 bereits erreicht sind, hat die Regierung für das Jahr 2030 mit einer EE-Quote von 29% des Gesamtenergieverbrauchs bereits die nächste Zielmarke definiert, mit der das Land zu den EU-weiten Klimazielen beitragen will. Ein weiterer Zubau von Erneuerbaren Energien zur Stromerzeugung ist damit vorgezeichnet. Da die Photovoltaik dank der guten natürlichen
Gegebenheiten in Italien nach Einschätzung der Regierung mittlerweile wettbewerbsfähig und nicht mehr förderbedürftig ist, ist die
SEITE 62
Windenergie jetzt die Technologie, die den staatlich geförderten Zubau neuer EE-Stromerzeugungskapazitäten in den nächsten Jahren anführen soll. Verglichen mit dem Ausbaupfad im Rahmen des Nationalen Aktionsplans liegt Italien damit bei der Windenergie
an Land voll im Plan. Um die Zielmarke von 12 MW im Jahr 2020 zu erreichen, ist ein jährlicher Zubau von 610 MW erforderlich.
Bei der Offshore-Windenergie ist hingegen – trotz der bestehenden Genehmigung eines 30 MW-NearshoreProjekts – bisher keine
Investitionsneigung zu erkennen und das Offshore-Kapazitätsziel von 680 MW in 2020 ist praktisch jetzt schon nicht mehr zu schaffen. Wenn sich dies auch mit der jüngst erfolgten Neufassung der Förderprogramme nicht ändert, ließe sich die Offshore-Lücke mit
zusätzlichen Windparks an Land in der Größenordnung von 250 MW p.a. schließen.
Staatliche Förderung
Erneuerbare Energien genießen in Italien einen gesetzlichen Einspeisevorrang, verbunden mit einer Netzanschlussverpflichtung
für die Stromnetzbetreiber. Die italienische Regierung hat bei der EE-Förderung seit jeher einen mehrgleisigen Ansatz verfolgt,
bei dem nach Anlagengröße und -technologie unterschieden wird. Während für kleinere Anlagen bis 5 MW Kapazität ein fester
Einspeisetarif oder ein Marktprämienmodell gilt, wird die Vergütung für größere Windparks seit dem Jahr 2012 im Wege von Auktionen bestimmt. Der Zubau wird dabei von der Regierung über jährliche Kapazitätsmengenbegrenzungen für die verschiedenen
Anlagenarten und -größenklassen gesteuert. Die derzeitigen Förderbedingungen sind nach Freigabe durch die EU-Kommission zum
30.6.2016 in Kraft getreten und decken den Zeitraum bis zum 31.12.2016 ab. Der jährliche Gesamtförderbetrag für alle geförderten
Alt- und Neuanlagen, welcher letztlich auf die Stromendverbraucher umgelegt wird, ist mit dem Regierungsdekret auf 5,8 Mrd. EUR
gedeckelt. Da hiervon bereits 5,55 Mrd. durch Altanlagen ausgeschöpft sind, wird dieser Förderrahmen voraussichtlich von den in
2016 hinzukommenden bzw. bezuschlagten Anlagen ausgeschöpft werden. Das für dieses Jahr angestrebte Gesamtvolumen neuer
Anlagen beträgt knapp 1,3 GW und verteilt sich zu 286 MW auf kleinere Installationen bis 5 MW (Wind-, Gezeiten-, Geothermie-,
Biomasse-, Biogas- und CSP-Anlagen) mit gesetzlich vorgegebenen Vergütungen sowie zu 1.000 MW auf Wind-, Geothermie-,
Biomasse- und CSP-Anlagen mit >5 MW, deren Vergütungshöhe wettbewerblich über Auktionen zu bestimmen ist. Bei den auszuschreibenden Kapazitäten ist ein klarer Fokus auf die Windenergie zu erkennen. So sind 800 MW für Windparkprojekte an Land und
30 MW für Offshore-Projekte vorgesehen. Die Administration der Förderung wird von der staatlichen Gesellschaft Gestore Servizi
Energetici („GSE“) durchgeführt, sie legt u.a. die jährlichen Kapazitätsobergrenzen fest und führt die Auktionen durch. In den Auktionen müssen die Anlagenbetreiber einen Referenzpreis für eine Förderdauer von 20 Jahren (Onshore) bzw. 25 Jahren (Offshore)
bieten, der dann die Basis für die zu vergütende Marktprämie zusätzlich zum Großhandelsstrompreis in der jeweiligen Netzzone ist.
Der günstigste Bieter erhält den Zuschlag. Die GSE wird die technologiespezifischen Gebotspreisobergrenzen und weiteren Auktionsdetails bis zum 20. August veröffentlichen und die 70-tägige Bewerbungsfrist bis zum Auktionstag starten. Voraussetzung für die
Ausschreibungsteilnahme eines Windparkprojektes ist das Vorliegen einer Bau- und Betriebsgenehmigung sowie der Nachweis einer
Netzanschlusszusage.
Marktausblick
Nachdem mit der jüngst erfolgten Neuregelung Klarheit über den neuen Förderrahmen geschaffen ist, rechnen wir bei der voraussichtlich Ende Oktober anstehenden Auktion von 800 MW an neuen Windkraftkapazitäten mit einem regen Bieterinteresse, denn
vor dem Hintergrund des nur schwachen Zubaus in den letzten Jahren sollten die Investoren Projekte über mehrere GW baureif entwickelt haben. Für die weitere Marktentwicklung wird es dann zunächst darauf ankommen, ob die Regierung an ihrem Ausbauziel
für das Jahr 2020 festhalten und den Projektierern mit einem neuen Dekret für die Förderung mitsamt den vorgesehenen Zubauvolumina in den Jahren 2017 bis 2020 längerfristig Planungshilfe geben wird. Als ein Hemmnis für einen raschen Zubau sehen wir
nach wie vor die komplizierten und vergleichsweise langwierigen Planungs- und Genehmigungsverfahren für Windparkprojekte in
Italien an. Unerwartetes Störfeuer gab es jüngst zudem von der Regierung der Region Campania, die Ende März 2016 ein 180-tägiges
Genehmigungs-Moratorium für neue Windparks verfügte. Diese Maßnahme wird von der Zentralregierung in Rom als verfassungswidrig bewertet und soll juristisch unterbunden werden.
Insgesamt gehen wir davon aus, dass der Windenergie von der italienischen Regierung künftig die Hauptrolle beim weiteren Ausbau der Erneuerbaren Energien zugewiesen wird. Das für das Jahr 2016 angesetzte Ausschreibungsvolumen von 800 MW für neue
Windparks an Land stellt eine geeignete Größenordnung dar, mit der die für 2020 angestrebte jährliche Windstromerzeugung von 20
TWh auch ohne Offshore-Projekte darstellbar ist. Das Investoreninteresse an Offshore-Projekten in den italienischen Küstengewässern dürfte im gegenwärtigen Steuerungsansatz mit der Limitierung auf sehr kleine Offshore-Ausschreibungsmengen sehr verhalten
bleiben, und so erwarten wir die Realisierung von Windparks auf See nicht vor dem Jahr 2021.
HSH NORDBANK.DE
BRANCHENSTUDIE WINDEnERGIE
September 2016
seite 63
Marktprognose in MW
Marktprognose in MW
Installierte Windenergieanlagenkapazität in MW
Zubau
Bestand
20.000
2014
108
8.663
18.000
2015
295
8.958
2016e
200
9.158
2017e
700
9.858
2018e
800
10.658
12.000
2019e
800
11.458
10.000
2020e
600
12.058
2025e
k.A.
17.400
8.000
16.000
14.000
6.000
4.000
Ø Wachstumsraten
2.000
Bestand
2010 - 2015
9,1%
2015 - 2020e
6,1%
2020 - 2025e
7,6%
Quelle: EWEA, eigene Prognose
SEITE 64
0
2012
2013
2014
2015
2016e
Onshore
2017e
2018e
Offshore
2019e
2020e
…….
2025e
2.1.14 Spanien
Mit durchschnittlichen Windgeschwindigkeiten von 8 m/s bis 10 m/s in 100m Nabenhöhe weist Spanien insbesondere in den Küstenregionen am Atlantik sowie am südlichen Mittelmeer und auf den Kanarischen Inseln ein sehr gutes Windangebot auf. Im Binnenland bieten vor allem die Randlagen der Gebirge in der nördlichen Landeshälfte (Pyrenäen, Kantabrisches Gebirge, Kastilisches
Hochland) gute Windverhältnisse. Gute Standorte für Offshore-Windparks mit geringen Wassertiefen befinden sich primär vor der
nordwestlichen und nördlichen Atlantikküste. Beim Einsatz moderner Standardanlagen lassen sich an guten Onshore-Windstandorten heute Kapazitätsfaktoren von etwa 30% erzielen. Spanien liegt mit einer Gesamtkapazität an installierten Windenergieanlagen
von rund 23 GW in Europa hinter Deutschland auf Rang 2, wobei seit dem Jahr 2013 praktisch kein Zubau mehr erfolgte. Im kommenden Jahr sollte sich hier aber eine Wiederbelebung zeigen.
Strommix, Energiepolitik und Klimaziele
Bei einer Stromerzeugung von knapp 279 TWh hatte Spanien im Jahr 2014 einen Stromverbrauch von 4.878 kWh pro Kopf. Im
europäischen Vergleich liegt das Land damit im Mittelfeld. Die Stromversorgung des Landes basiert zu jeweils etwa 40% auf fossilen Energieträgern (primär Erdgas und Steinkohle) und auf Erneuerbaren Energien, während in Krenkraftwerken etwa 20% des
Stroms erzeugt werden. Bei einem im Trend insgesamt rückläufigen Stromendverbrauch ist der Anteil der Erneuerbaren Energien
dabei – trotz erheblicher Schwankungen bei der Stromproduktion in den Wasserkraftwerken des Landes – in den letzten Jahren
deutlich angestiegen. In 2014 trug die Windenergie zu 18,7% zur Bruttostromerzeugung bei, das entsprach etwa 47% der gesamten
Stromerzeugung aus Erneuerbaren Energien. Spanien fungiert im gemeinsamen, liberalisierten Strommarkt mit Portugal (MIBEL)
für seinen kleineren Nachbarn traditionell als „lender of last resort“ und gleicht dessen Erzeugungsdefizite bzw. -überschüsse aus. Da
Spanien zu seinen anderen Nachbarländern Frankreich und Marokko allerdings nur wenige Netzverbindungen mit einer vergleichsweise geringen Transportkapazität unterhält, müssen letztlich primär die fossilen Kraftwerke des Landes für den nötigen Ausgleich
im spanischen Stromnetz sorgen.
Strommarkt im Überblick
Nationale Zielgrößen für die EE-Stromerzeugung*
(GWh)
Bruttostromerzeugung
Verbrauch von Pumpspeicherwerken
Stromexporte
Stromimporte
Bruttostromverbrauch
Eigenverbrauch des Energiesektors
Netzverluste
Stromendverbrauch
Stromverbrauch je Einwohner (kWh)
2009
294.625
3.736
14.855
6.751
282.786
19.541
24.445
239.778
5.186
2014
278.750
5.202
15.716
12.310
270.143
18.179
26.393
226.897
4.878
Δ%
22,0%
n.m.
-56,1%
-26,6%
8,6%
48,8%
48,3%
36,5%
125,4%
71,4%
52,3%
n.m.
38,2%
2,1%
-5,4%
Anteil
15,7%
0,0%
17,0%
5,1%
20,6%
39,6%
14,1%
18,7%
4,9%
0,3%
1,6%
0,0%
1,4%
0,8%
100,0%
Anteil am Gesamtenergieverbrauch
Anteil an der Stromerzeugung
2014
16,2%
37,8%
2020p
22,7%
40,2%
2010
20.623
20.623
0
2015
23.025
23.020
5
51.800
2020e
24.928
24.923
5
59.800
Windenergienutzung
Installierte Gesamtkapazität (MW)
Onshore (MW)
Offshore (MW)
Stromerzeugungspotenzial p.a. (GWh)
Strommix
Strommix
(GWh)
Steinkohle
Braunkohle
Erdgas
Mineralöl
Kernenergie
Erneuerbare Energien
Wasserkraft
Wind
Solar
Biogase
Biobrennstoffe & Abfälle
Sonstige EE
Pumpspeicherwerke
Sonstige
Gesamt
2009
13,0%
27,8%
2009
35.910
0
107.747
19.244
52.761
74.083
26.412
38.117
6.065
529
2.960
0
2.750
2.129
294.625
2014
43.806
0
47.274
14.121
57.304
110.270
39.170
52.013
13.672
907
4.508
0
3.801
2.175
278.750
Fossile
Kernenergie
Erneuerbare
Übrige
40%
105.200
57.304
110.270
38%
5.975
EE-Strommix
Wind
Wasserkraft
17%
Sonstige EE
0
52.013
39.170
19.087
0
47%
36%
20%
Fossile
Kernenergie
Erneuerbare
Übrige
Wind
Wasserkraft
Sonstige EE
Quelle: Eurostat, EWEA, eigene Prognosen; * Berechnung der Quoten gem. EU-Direktive 2009/28/EC, abweichend zur Anteilsberechnung am Strommix
Nach dem abrupten Stopp der Förderung von neuen EE-Projekten im Jahr 2012 und der anschließenden rückwirkenden drastischen
Kürzung und Neuordnung auch der Förderung bereits bestehender Anlagen war die EE-Branche in Spanien paralysiert. Die mangelnde Rechtstreue der Regierung hat den Investoren bestehender Anlagen hohe Wertverluste beschert und das Investorenvertrauen
massiv erschüttert. In den vier Jahren von 2012 bis 2015 mussten neue EE-Projekte allein auf Basis der am Markt erzielbaren Vergütungen realisiert werden. Folge hiervon war ein praktisch vollständig zum Erliegen gekommener Zubau. Spanien hat damit vier
Jahre Zeit verloren, um die verbindlichen nationalen Klimaziele für das Jahr 2020 zu erreichen. So ist ein Anteil der Erneuerbaren
Energien am Gesamtenergieverbrauch von 20% zu erreichen, und die (nichtverbindliche) Zielmarke beim Anteil an der Stromer-
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BRANCHENSTUDIE WINDENERGIE
September 2016
SEITE 65
zeugung liegt bei 40%. In 2014 lag der EE-Anteil am Gesamtenergieverbrauch nach Eurostat-Angaben bei 16,2%, bzw. bei 37,8% der
Stromerzeugung. Ursprünglich sah der Nationale Aktionsplan zum Ausbau der Erneuerbaren Energien vor, die Gesamtkapazität der
installierten Windenergieanlagen bis zum Jahr 2020 auf 35 GW an Land und 3 GW auf See installiert zu haben. Diese Ziele sind in
weite Ferne gerückt. Da sich allerdings auch die damaligen Prognosen zum Gesamtenergie- und Stromverbrauch als um etwa 15%
zu hoch erwiesen haben, ist eine Absenkung des ursprünglichen Kapazitätszieles durchaus zielkonform. Dies ist mit dem im Oktober
2015 beschlossenen Entwicklungsplan für das spanische Übertragungsnetz 2015-2020 erfolgt. Dieser nationale Netzentwicklungsplan sieht vor, dass im Zeitraum 2015 bis 2020 insgesamt gut 8,5 GW an neuen EE-Erzeugungskapazitäten installiert werden sollen,
wovon knapp 6,5 GW auf neue Windenergieanlagen entfallen sollen. Das neue Windenergie-Kapazitätsziel für das Jahr 2020 liegt
jetzt bei rund 29,5 GW, Offshore-Windparkkapazitäten sind hierbei nicht mehr vorgesehen. Mit der parallel hierzu geschaffenen gesetzlichen Grundlage für ein neues Förderprogramm sowie der Aufhebung des Fördermoratoriums hat die Regierung die rechtlichen
Voraussetzungen dafür geschaffen, dass Spanien seine Klimaziele für 2020 doch noch erreichen kann. Ob Investoren sich hierdurch
bewegen lassen, wieder erhöhte Investitionen zu tätigen, bleibt abzuwarten.
Staatliche Förderung
Im Herbst 2015 hat die spanische Regierung die gesetzlichen Grundlagen für die Ausschreibung neuer Stromerzeugungsanlagen aus
Wind und Biomasse geschaffen und das seit 2012 geltende Fördermoratorium aufgehoben. Die Wiederaufnahme der EE-Förderung
ist mit dem im Oktober 2015 beschlossenen Plan zur Entwicklung des nationalen Stromübertragungsnetzes bis 2020 abgestimmt.
Künftig sollen bis zum Jahr 2020 jährlich neue Windenergieanlagen über bis zu 500 MW und neue Biogasanlagen über bis zu 200
MW angereizt werden. Über eine Pilotauktion Anfang 2016 hinaus hat die Regierung bisher allerdings keine weiteren Auktionstermine bekannt gegeben. Hauptstoßrichtung ist dabei, neuen EE-Anlagen zusätzlich zum Marktpreis des erzeugten Stroms über die
typische Anlagenlaufzeit so zu fördern, dass dem Betreiber eine „angemessene Vergütung“ auf das investierte Kapital ermöglicht
wird, aber keine Überrenditen erzielbar sind. D.h. der Staat wird künftig einen Aufschlag auf den Strompreis am Großhandelsmarkt
zahlen, durch den mit der Investition über die gesamte unterstellte Nutzungsdauer die angemessene Vergütung nicht überschritten
wird. Die angemessene Vergütung hat die Regierung mit einer Investitionsrendite von 7,503% angesetzt. Diese orientiert sich an der
Rendite 10jähriger spanischer Staatsanleihen zuzüglich eines Aufschlags von drei Prozentpunkten. Die Vergütung wird dabei auf
eine theoretische Referenzanlage mit vorgegebenen standardisierten Investitions- und Betriebsparametern berechnet, nicht aber auf
ein konkretes Projekt. Dadurch soll die volle Vergütungshöhe nur mit effizient geführten Anlagen an guten Windstandorten erzielbar sein. Für die spätere Berechnung der Vergütungshöhe ist es dabei unerheblich, mit welchem oder welchen konkreten Projekten
das ersteigerte Kapazitätsvolumen realisiert wird – die Vergütung richtet sich allein nach den vorgegebenen Parametern für die
maßgebliche theoretische Referenzanlage. In der Auktion müssen die Teilnehmer Gebote über ein Kapazitätsvolumen und einen
prozentualen Abschlag (zwischen 0% und 100%) auf die Referenzvergütung abgeben. Nach Zuschlagerteilung hat der Investor dann
vier Jahre Zeit, die Anlage(n) zu errichten. Da die ersteigerten Vergütungsrechte nicht an konkrete Investitionsprojekte gebunden
sind, können diese – alternativ zur eigenen Projektrealisierung – vom Bieter auch an Dritte übertragen werden. Als Referenzanlage
wurde eine WEA mit folgenden Eckparametern definiert:
•Anlagennutzungsdauer: 20 Jahre
•Spezifische Gesamtinvestitionskosten: 1,200 Mio. EUR/MW
•durchschnittlich 2.800 Vollaststunden p.a.
•jährliche Betriebskosten von 24,96 EUR/MWh (Indexierung mit einer Inflationsrate von 1% p.a.)
Die Parameter werden alle drei bzw. sechs Jahre überprüft und erforderlichenfalls angepasst.
Marktausblick
Bei der im Januar 2016 durchgeführten ersten Pilotauktion auf Basis dieser neuen gesetzlichen Regelung gab es eine mehrfache
Überzeichnung der ausgeschriebenen Kapazität. Überraschenderweise kamen bei der Auktion ausschließlich solche Bieter zum
Zuge, die einen Abschlag von 100% auf die maximal mögliche staatliche Zusatzvergütung geboten hatten, d.h. Projekte allein auf
Basis des Marktpreises zu realisieren bereit sind. Ob sich dieses Auktionsmodell als erfolgreich erweisen und den gewünschten Zubau bis zum Jahr 2020 anreizen wird, bleibt abzuwarten. Einerseits ermöglicht das Auktionsdesign die Teilnahme mit spekulativen
Geboten, da für die Auktionsteilnahme kein Nachweis realisierungsreifer Projekte zu erbringen und eine mit vier Jahren sehr lange
Umsetzungsphase vorgesehen ist. Mit solchen „frühen Ausschreibungen“ haben in der Vergangenheit bereits eine Reihe von Ländern
schlechte Erfahrungen im Sinne von später nicht vorgenommenen Investitionen gemacht. Andererseits sitzen die Projektierer nach
vier Jahren Stillstand auf einem derart hohen Projektentwicklungsvolumen, dass ein hohes Interesse besteht, versteigerte Kapazitäten auch zeitnah mit realisierten Projekten zu füllen. Zudem ist zu bedenken, dass das Investorenvertrauen in die Rechtstreue des
spanischen Staates infolge der jeglichen Bestandsschutz missachtenden drastischen Förderkürzungen nachhaltig erschüttert und
das Investitionsklima in der Windenergiebranche dadurch belastet ist. So beinhaltet auch die neue Fördermechanik turnusmäßige
Überprüfungen, die der Regierung rückwirkende Anpassungen zu Lasten der Investoren erlauben. Ein weiterer Unsicherheitsfaktor
für das Greifen der neuen Förderung ist, dass die Auktionsregeln bisher nicht von der EU-Kommission auf die Vereinbarkeit mit den
SEITE 66
erlassenen beihilferechtlichen Bestimmungen für die marktorientierte Preisfindung bei der Förderung der Erneuerbaren Energien
geprüft wurden. Ob die neue Förderung also trägt, bleibt also abzuwarten. Sie ist allerdings sicher besser als gar keine Förderung.
Positiv ist, dass die spanische Regierung trotz aller Budgetrestriktionen in den nächsten Jahren einen Kapazitätszubau zumindest
auf einem gewissen Niveau zu unterstützen bereit ist. Vor diesem Hintergrund gehen wir davon aus, dass auch künftig jährlich eine
Auktion über 500 MW abgehalten werden wird, wovon dann im Nachgang zumindest 80% auch gebaut werden sollten. Dieser Zubau
wird auch weiterhin ausschließlich an Land stattfinden. Für eine Förderung der deutlich teureren Offshore-Windenergie sehen wir in
Spanien mit Blick auf die nächsten zehn Jahre weder eine Notwendigkeit noch eine Bereitschaft in der Regierung.
Marktprognose in MW
Marktprognose in MW
Zubau
Bestand
16
22.975
2015
33
23.008
2016e
20
23.028
2017e
200
23.228
2018e
300
23.528
2019e
400
23.928
2020e
400
24.328
2025e
k.A.
26.300
2014
Installierte Windenergieanlagenkapazität in MW
27.000
26.000
25.000
24.000
23.000
22.000
Ø Wachstumsraten
Bestand
2010 - 2015
2,2%
2015 - 2020e
1,1%
2020 - 2025e
1,6%
21.000
2012
2013
2014
2015
2016e
2017e
2018e
2019e
2020e
…….
2025e
Quelle: EWEA, eigene Prognose
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September 2016
seite 67
2.1.15 Portugal
Mit seiner Lage am Atlantik verfügt Portugal entlang seiner Küste über gute natürliche Bedingungen für die kommerzielle Nutzung
der Windenergie. In einem recht schmalen Küstenstreifen sind in 80m Nabenhöhe durchschnittliche Windgeschwindigkeiten von
bis zu 8 m/s nutzbar. Im Binnenland ist ein ähnlich gutes Windangebot nur in den höher gelegenen Regionen in der nördlichen Landeshälfte anzutreffen. Ansonsten sind es meist 5 bis 7 m/s. Auf See bieten die Küstengewässer mit durchschnittlichen Windgeschwindigkeiten von etwa 9 m/s gute Voraussetzungen. Mangels ausreichend flacher Küstengewässer ist die Erschließung dieser Potenziale
aber nur mit schwimmenden Tragkonstruktionen möglich. An Land sind mit modernen Standardanlagen Kapazitätsfaktoren von
bis zu 28% erreichbar und auf See von etwa 34%. Infolge eines in 2011 verfügten Förder-Moratoriums und des bis heute andauernden Verzichts auf die Ausschreibung neuer Erzeugungskapazitäten ist der hohe Kapazitätszubau der Vorjahre im Jahr 2012 stark
zurückgegangen und liegt seitdem auf niedrigem Niveau. So wurden in 2015 neue Windenergieanlagen mit einer Gesamtkapazität
von 132 MW errichtet. Der installierte Anlagenbestand lag per Ende 2015 bei 5.079 MW. Offshore-Windparks wurden in Portugal
dabei bisher nicht realisiert, es gibt lediglich eine 2 MW starke Demonstrationsanlage.
Strommix, Energiepolitik und Klimaziele
Auch dank eines bis 2011 erfolgten Ausbaus der Windenergie konnte Portugal im Jahr 2014 gut 60% seiner Stromerzeugung aus Erneuerbaren Energien bestreiten und zählt damit zu den in dieser Hinsicht führenden Ländern in Europa. Während die Windenergie
dabei einen recht stabilen Anteil von 23% zur nationalen Stromerzeugung beisteuert, schwankt die Stromproduktion der portugiesischen Wasserkraftwerke erheblich. Abhängig von den Niederschlagsmengen können in guten Jahren 30% des Stroms aus Wasserkraft gewonnen werden, in regenarmen Jahren aber auch mal nur 10%. Für den Ausgleich dieser Erzeugungsschwankungen sorgen
fossile Kraftwerke sowie erforderlichenfalls Stromimporte aus dem Nachbarland Spanien, mit dem ein gemeinsamer, liberalisierter
Strommarkt (MIBEL) besteht. Zu anderen Ländern gibt es bisher keine Stromleitungen. Dank der steigenden Stromerzeugung aus
Erneuerbaren Energien sind die Nettomstromimporte des Landes in den letzten Jahren allerdings deutlich gesunken, wobei Spanien
steigende Strommengen aus Portugal aufnehmen musste.
Strommarkt im Überblick
Nationale Zielgrößen für die EE-Stromerzeugung*
(GWh)
Bruttostromerzeugung
Verbrauch von Pumpspeicherwerken
Stromexporte
Stromimporte
Bruttostromverbrauch
Eigenverbrauch des Energiesektors
Netzverluste
Stromendverbrauch
Stromverbrauch je Einwohner (kWh)
2009
50.210
929
2.821
7.598
54.057
2.611
3.793
47.855
4.530
2014
52.803
1.080
6.344
7.247
52.625
2.457
5.209
45.195
4.334
Δ%
-7,3%
n.m.
-53,5%
-58,7%
n.m.
72,5%
87,9%
59,8%
290,6%
231,9%
38,2%
11,4%
16,4%
-14,1%
5,2%
Anteil
22,6%
0,0%
12,9%
2,6%
0,0%
59,8%
29,5%
22,9%
1,2%
0,5%
5,2%
0,4%
1,6%
0,5%
100,0%
Anteil am Gesamtenergieverbrauch
Anteil an der Stromerzeugung
2014
27,0%
52,1%
2020p
31,0%
55,3%
2010
3.706
3.706
0
2015
5.079
5.077
2
12.700
2020e
5.579
5.577
2
13.900
Windenergienutzung
Installierte Gesamtkapazität (MW)
Onshore (MW)
Offshore (MW)
Stromerzeugungspotenzial p.a. (GWh)
Strommix
Strommix
(GWh)
Steinkohle
Braunkohle
Erdgas
Mineralöl
Kernenergie
Erneuerbare Energien
Wasserkraft
Wind
Solar
Biogase
Biobrennstoffe & Abfälle
Sonstige EE
Pumpspeicherwerke
Sonstige
Gesamt
2009
24,4%
37,6%
2009
12.897
0
14.712
3.285
0
18.294
8.285
7.577
160
84
2.004
184
725
298
50.210
2014
11.952
0
6.834
1.358
0
31.559
15.569
12.111
627
278
2.769
205
843
256
52.803
Fossile
Kernenergie
Erneuerbare
Übrige
20.144
0
31.559
1.099
38%
EE-Strommix
Wasserkraft
12%
Wind
Sonstige EE
0
15.569
12.111
3.879
0
49%
60%
39%
Fossile
Kernenergie
Erneuerbare
Übrige
Wasserkraft
Wind
Sonstige EE
Quelle: Eurostat, EWEA, eigene Prognosen; * Berechnung der Quoten gem. EU-Direktive 2009/28/EC, abweichend zur Anteilsberechnung am Strommix
Portugals Nationaler Aktionsplan zum Ausbau der Erneuerbaren Energien zielt darauf, den Anteil der Erneuerbaren Energien am
Gesamtenergieverbrauch bis zum Jahr 2020 auf 31% zu erhöhen. In diesem Rahmen soll der EE-Anteil an der Energieerzeugung auf
55,3% steigen. Diese Zielmarken sind bei günstigen klimatischen Bedingungen (d.h. in niederschlagsstarken Jahren) bereits heute
erreichbar. Eine nachhaltige Zielerreichung gewährleistet der aktuelle Kapazitätsmix allerdings noch nicht. So sieht der nationale
Aktionsplan bis zum Jahr 2020 einen weiteren Zubau insbesondere bei Wasserkraftwerken und Windenergieanlagen vor. Ursprüngliche Zielmarke für die Windenergie war eine Jahreserzeugung von rund 14,6 TWh, für die von der Regierung Anlagen mit einer
SEITE 68
Gesamtkapazität von 6.875 MW (davon 6.800 MW an Land und 75 MW auf See) veranschlagt wurden. Da sich allerdings die Stromnachfrage bisher deutlich schwächer als prognostiziert entwickelt, hat die Regierung das Ausbauziel für alle Erneuerbaren Energien
zusammen auf 60% der gesamten Erzeugungskapazitäten des Landes limitiert. Für das Jahr 2020 ist vor diesem Hintergrund ein
Windenergieanlagenbestand von nur noch etwa 5,8 GW an Land politisch gewollt.
Staatliche Förderung
Portugal verfolgt bereits seit Anfang der 2000er Jahre ehrgeizige Klimaziele und unterstützt die EU-Klimapolitik aktiv. Seit dem
Jahr 2006 werden neue Windenergieprojekte ausschreibungsbasiert vergeben. Die Vergütung war dabei als fester Einspeisetarif mit
15-jähriger Laufzeit (bzw. bis zur kumulierten Einspeisung von maximal 33 GWh je installiertem MW ) ausgestaltet, dessen Höhe
durch Gebote auf Basis eines von der Regierung gesetzten technologiespezifischen Referenzpreises ermittelt wurde. In 2015 wurde
der Vergütungsmechanismus für neue Anlagen auf eine gleitende Marktprämie mit Direktvermarktung umgestellt. Nachdem das
Land im Zuge der europäischen Wirtschafts- und Finanzkrise im Jahr 2011 in eine schwere Wirtschafts- und Budgetkrise geraten
war und Stützungskredite unter dem ESM in Anspruch nehmen musste, wurde die Zubauförderung der Erneuerbaren Energien
durch ein Moratorium weitestgehend eingestellt. Seit Anfang 2012 sind entsprechend keine neuen Kapazitäten mehr ausgeschrieben
worden. Aktuell gibt es lediglich ein Förderprogramm für kleine Windkraftanlagen und Selbstverbraucher, das im Januar 2015 in
Kraft getreten ist.
Marktausblick
Portugal ist zwar mittlerweile kein ESM-Stützungsfall mehr, vor dem Hintergrund der bereits weitgehenden Erreichung der Klimaziele für das Jahr 2020 wurde der angestrebte Zubau an erforderlichen EE-Kapazitäten aber auf die Zielmarke von 60% der gesamten
Stromerzeugungskapazitäten des Landes reduziert. Nach Aussagen des portugiesischen Energieministeriums sind keine weiteren
Ausschreibungen größerer Kapazitätsmengen mehr geplant. Über die Vorteilhaftigkeit von größeren neuen Windpark-Investments
für Projektierer ohne Eigenverbrauch werden folglich künftig wesentlich die am Strommarkt erzielbaren Preise entscheiden. Der
Kapazitätszubau dürfte in den nächsten Jahren daher primär von Kleinanlagen und Selbstverbrauchern getragen werden. Bei den
derzeit sehr günstigen Marktbedingungen (Anlagenpreise, Finanzierungskosten) sollten aber auch ungeförderte Projekte an guten
Standorten realisierbar sein, wenn ein langlaufender Stromliefervertrag abgeschlossen werden kann. Vereinzelt dürfte es zudem
noch Projekte geben, die nach altem Recht, d.h. mit Einspeisetarif umgesetzt werden können.
Marktprognose in MW
Marktprognose in MW
Zubau
Bestand
2014
222
4.947
2015
132
5.079
2016e
100
5.179
2017e
100
5.279
2018e
100
5.379
2019e
100
5.479
2020e
100
5.579
2025e
k.A.
6.100
Installierte Windenergieanlagenkapazität in MW
7.000
6.000
5.000
4.000
3.000
2.000
1.000
Ø Wachstumsraten
Bestand
2010 - 2015
5,3%
2015 - 2020e
1,9%
2020 - 2025e
1,8%
0
2012
2013
2014
2015
2016e
2017e
2018e
2019e
2020e
…….
2025e
Quelle: EWEA, eigene Prognose
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seite 69
2.1.16 Rumänien
In Rumänien gibt es mit dem östlichen Landesviertel zwischen Schwarzmeerküste und den Karpaten eine größere Region, die mit
durchschnittlich 6 bis 7 m/s in 100 m Höhe ausreichend hohe Windgeschwindigkeiten für die kommerzielle Nutzung der Windenergie bietet. Hierbei ist insbesondere die eher dünn besiedelte Region Dobrogea mit ihrer flachen Topografie an der Schwarzmeerküste
die bevorzugte Region für die Errichtung von Windparks. In dieser Region sind mit Standardanlagen von 2 bis 3 MW Nennleistung
Kapazitätsfaktoren von 25% erzielbar. So beherbergt der Kreis Constanta seit 2012 den mit 600 MW derzeit größten Onshore-Windpark Europas. Weiter im Landesinneren in der Region Moldova im Nordosten des Landes sind die Windverhältnisse fast genauso
gut. Per Ende 2015 waren in Rumänien Windenergieanlagen mit 3.244 MW installiert, von denen allerdings etwa 100 MW nicht in
Betrieb waren.
Strommix, Energiepolitik und Klimaziele
Rumäniens Stromversorgung basiert zu jeweils etwa 40% auf Fossilen Energieträgern und auf Erneuerbaren Energien. Das einzige
Kernkraftwerk des Landes in Cernavoda wurde erst im Jahr 1996 in Betrieb genommen und steuert knapp 18% zum rumänischen
Strommix bei. Mit netto gut 7 TWh exportierte Rumänien im Jahr 2014 mehr als 10% seiner Stromerzeugung in die Nachbarländer.
Unter den Erneuerbaren Energien dominiert mit einem Anteil von knapp 70% die Wasserkraft, gefolgt von der Windenergie mit
23% und der Photovoltaik. Während sich das Gros der Stromerzeugungskapazitäten und das Stromnetz unverändert in Staatsbesitz
befinden, hat Rumänien die Stromversorgung in den 2000er Jahren mehrheitlich privatisiert. Unabhängige Energieerzeuger sind seit
dem Jahr 2000 zugelassen. Rumänien verfolgt eine Strategie der Energieautarkie und strebt zudem eine Position des in Südosteuropa
führenden Strommarktes an. Hierzu sollen in den nächsten Jahren insbesondere neue Wasserkraftwerke gebaut werden. Dank der
bedeutenden Wasserkraftwerkskapazitäten hat sich Rumänien im Rahmen seines Nationalen Aktionsplans zum Ausbau der Erneuerbaren Energien per 2020 auf einen EE-Anteil am Gesamtenergieverbrauch auf 24% verpflichtet. Beim EE-Anteil an der Stromerzeugung sollen dabei 42,6% erreicht werden. Mit 24,9% war Rumäniens Gesamtziel bereits im Jahr 2014 erreicht, und auch beim
(nicht verbindlichen) EE-Zielanteil bei der Stromerzeugung ist das Land mit 41,7% in 2014 bereits sehr weit. Entsprechend besteht
in den nächsten Jahren kaum mehr Handlungsdruck, noch weitere EE-Kapazitäten anzureizen.
Strommarkt im Überblick
Nationale Zielgrößen für die EE-Stromerzeugung*
(GWh)
Bruttostromerzeugung
Verbrauch von Pumpspeicherwerken
Stromexporte
Stromimporte
Bruttostromverbrauch
Eigenverbrauch des Energiesektors
Netzverluste
Stromendverbrauch
Stromverbrauch je Einwohner (kWh)
2009
58.014
355
2.946
651
55.365
10.395
7.029
37.607
1.840
2014
65.676
616
9.937
2.811
57.934
9.023
7.097
41.905
2.101
Δ%
-59,3%
-17,0%
6,2%
-52,8%
-0,6%
74,4%
21,1%
n.m.
n.m.
n.m.
4233,3%
n.m.
73,6%
72,7%
13,2%
Anteil
0,4%
26,6%
12,3%
0,7%
17,8%
41,3%
28,6%
9,4%
2,5%
0,1%
0,7%
0,0%
0,7%
0,1%
100,0%
Anteil am Gesamtenergieverbrauch
Anteil an der Stromerzeugung
Installierte Gesamtkapazität (MW)
Onshore (MW)
Offshore (MW)
Stromerzeugungspotenzial p.a. (GWh)
Strommix
2009
694
21.055
7.632
1.029
11.752
15.553
15.533
9
0
0
10
0
273
26
58.014
2014
283
17.481
8.104
486
11.677
27.127
18.806
6.201
1.617
50
454
0
475
44
65.676
2014
24,9%
41,7%
2020p
24,0%
42,6%
2010
389
389
0
2015
3.244
3.244
0
6.800
2020e
3.244
3.244
0
6.800
Windenergienutzung
Strommix
(GWh)
Steinkohle
Braunkohle
Erdgas
Mineralöl
Kernenergie
Erneuerbare Energien
Wasserkraft
Wind
Solar
Biogase
Biobrennstoffe & Abfälle
Sonstige EE
Pumpspeicherwerke
Sonstige
Gesamt
2009
22,7%
30,9%
Fossile
Kernenergie
Erneuerbare
Übrige
41%
26.354
11.677
27.127
51940%
EE-Strommix
Wasserkraft
18.806
8%
Wind
6.201
Sonstige EE
2.120
0
23% 0
69%
18%
Fossile
Kernenergie
Erneuerbare
Übrige
Wasserkraft
Wind
Sonstige EE
Quelle: Eurostat, EWEA, eigene Prognosen; * Berechnung der Quoten gem. EU-Direktive 2009/28/EC, abweichend zur Anteilsberechnung am Strommix
Staatliche Förderung
Rumänien hatte mit seinem NREAP bis zum Jahr 2020 ursprünglich einen sukzessiven Aufbau von Windparks an Land von nahezu Null auf 4.000 MW vorgesehen. Hinzu sollten 260 MW an PV-Parks kommen. Der Zubau wurde mit einem im Jahr 2008 geschaffenen Quotensystem und handelbaren Grünen Zertifikaten angereizt. Für neue EE-Anlagen wurde ein diskriminierungsfreier
Netzzugang sowie ein Einspeisevorrang verfügt. Unter dem Zertifikatesystem erhalten EE-Anlagenbetreiber von der Energieregulie-
SEITE 70
rungsbehörde ANRE über einen Zeitraum von 15 Jahren technologieabhängig eine bestimmte Zertifikatemenge je erzeugter MWh
Strom, welche sie über einen von der Strombörse OPCOM organisierten Zertifikatemarkt an Stromverbraucher, die zur Erfüllung
der verfügten EE-Quote verpflichtet sind, verkaufen können. Für die Zertifikate wurden ein Mindestpreis von 27 €/MWh und ein
Höchstpreis von 55 €/MWh festgesetzt, jeweils mit Inflationsindexierung. Bei Nichteinhaltung der Quotenverpflichtung ist ein Strafpreis von 110 € je fehlendem Zertifikat fällig. Die Zertifikatekosten werden auf den Stromendverbraucher umgelegt. Dieses System
erwies sich als attraktiv und setzte ab 2010 einen regen Zubau neuer Windenergiekapazitäten in Gang. Nach dem steilen Preisverfall
bei PV-Modulen in 2011/12 verursachte das Zertifikatesystem dann jedoch einen PV-Boom und sorgte für erhebliche Zusatzlasten
für die Stromverbraucher. So ist mittlerweile fast das Fünffache der mit dem NREAP angestrebten PV-Kapazität am Netz. Die Regulierungsbehörde sah sich daraufhin gezwungen, die Quotenverpflichtung einzufrieren, die technologiespezifischen Zertifikatezuweisungen in den Jahren 2013 und 2014 mit mehreren rückwirkenden Änderungen drastisch zu kürzen und die Handelbarkeit für einen
Teil der Zertifikatemenge für mehrere Jahre auszusetzen. Anlagen mit Anschlussdatum ab dem 1.1.2014 erhalten bis Ende 2017 noch
1,5 Zertifikate pro MWh und ab 2018 noch 0,75 Zertifikate pro MWh. Zudem wird das Zertifikatesystem für neue Anlagen Ende
2016 geschlossen. Verschärfend kam hinzu, dass eine Reihe industrieller Großverbraucher in 2014 infolge des Stromkostenanstiegs
von der EE-Quotenverpflichtung befreit wurden. Das kehrte die Überförderung ins Gegenteil um und brachte viele Windparkinvestoren in eine finanzielle Schieflage. In 2015 gingen zwei Betreiber in die Insolvenz. Mangels ausreichender wirtschaftlicher Basis
brach auch die Projektentwicklungsaktivität ein. Bei einem auf dem (inflationsindexierten) Mindestpreis liegenden Zertifikatepreis
von rd. 29,4 €/MWh und einem Strompreis von etwa 30 €/MWh erlösen neu installierte Anlagen ab 2018 gerade einmal etwa 52 €/
MWh. Rückblickend betrachtet ist das Fördersystem Rumäniens ein Beispiel für staatliches Steuerungsversagen.
Marktausblick
Die erfolgten rückwirkenden staatlichen Eingriffe in das Zertifikatesystem haben das Investorenvertrauen im rumänischen Windenergiemarkt massiv erschüttert und jegliche Projektentwicklungstätigkeit zum Stillstand gebracht. Nach der Fertigstellung letzter
im Bau befindlicher Projekte in 2015 ist in Rumänien bis zum Jahr 2020 derzeit nicht mit einem nennenswerten Zubau neuer Windenergieanlagenkapazitäten zu rechnen. Bevor die finanzielle Situation der bestehenden Windparks nicht durch geeignete Nachbesserungen des Zertifikatesystems korrigiert worden ist, wird es schwer sein, einen Neustart für EE-Investitionen im Land zu initiieren.
Da die Regierung aber absehbar im EU-Rahmen in der Dekade ab dem Jahr 2021 Maßnahmen zu weiteren CO2-Reduktionen zu
ergreifen haben wird, führt am längerfristigen Ausbau auch der Windenergie kein Weg vorbei. Für die Zeit von 2021 bis 2025 hoffen
wir daher auf eine Wiederaufnahme des Windparkzubaus mit jährlich 200 MW.
Marktprognose in MW
Marktprognose in MW
Installierte Windenergieanlagenkapazität in MW
Zubau
Bestand
4.500
2014
471
3.244
4.000
2015
23
3.244
2016e
0
3.244
2017e
0
3.244
2018e
0
3.244
2019e
0
3.244
2020e
0
3.244
2025e
k.A.
4.200
3.500
3.000
2.500
2.000
1.500
1.000
500
Ø Wachstumsraten
Bestand
2010 - 2015
52,8%
2015 - 2020e
0,0%
2020 - 2025e
5,3%
0
2012
2013
2014
2015
2016e
2017e
2018e
2019e
2020e
…….
2025e
Quelle: EWEA, eigene Prognose
HSH NORDBANK.DE
BRANCHENSTUDIE WINDEnERGIE
September 2016
seite 71
2.1.17 Türkei
Umgeben vom Schwarzen Meer, dem Marmarameer, der Ägäis und dem Mittelmeer verfügt die Türkei in weiten Landesteilen über
bedeutende Windressourcen. Die besten Windbedingungen bieten dabei Standorte an der Ägäisküste mit durchschnittlichen Windgeschwindigkeiten von 8 bis 9 m/s in 100m über Grund. Auswertungen zum kommerziell nutzbaren Windenergiepotenzial ergaben,
dass mit Standardanlagen eine aggregierte Anlagenkapazität von 48 GW realisierbar wäre, die sich mit gut 29 GW auf Standorte mit
durchschnittlichen Windgeschwindigkeiten von bei 7 bis 7,5 m/s und mit 13 GW auf Standorte mit 7,5 bis 8,0 m/s konzentriert. Gut
5 GW könnten an Standorten mit durchschnittlichen Windgeschwindigkeiten von 8 bis 9 m/s errichtet werden. Von diesem Potenzial
waren per Ende 2015 mit einer installierten Gesamtkapazität von 4.718 MW erst etwa 10 Prozent ausgeschöpft. Das Zubauvolumen im
türkischen Windenergiemarkt erreichte in 2015 mit 956 MW einen neuen Rekordwert. Angesichts des erst in geringem Umfang ausgeschöpften Potenzials liegt der Fokus der Windenergienutzung in der Türkei auch längerfristig ausschließlich auf dem Zubau an Land.
Strommix, Energiepolitik und Klimaziele
Die Türkei hat infolge von Wirtschafts- und Bevölkerungswachstum, steigendem Pro-Kopf-Einkommen sowie einer zunehmenden
Urbanisierung eine stark steigende Stromnachfrage. Die Regierung geht in ihren energiepolitischen Planungen bis zum Jahr 2023
von einem jährlichen Anstieg des Stromverbrauches um durchschnittlich 6% aus. Derzeit wird der Strombedarf zu 78% aus fossilen
Energieträgern gedeckt, wovon Gaskraftwerke in 2014 etwa Zweidrittel und Steinkohle- und Braunkohlekraftwerke etwa ein Drittel
beisteuerten. Während die hierbei verfeuerte Kohle wesentlich im Land gefördert wird, ist das Land beim Gasbezug fast vollständig
auf Importe angewiesen. Erneuerbare Energien stellten mit 21% Anteil am Strommix im Jahr 2014 bereits einen signifikanten Anteil,
wesentlich dank bedeutender Wasserkraftwerkskapazitäten. Vor dem Hintergrund ihres stark steigenden Energiebedarfes hat die
türkische Regierung im Jahr 2014 einen Nationalen Aktionsplan für den Energiesektor bis zum Jahr 2023 verabschiedet, der insbesondere eine stärkere Nutzung heimischer Energieressourcen vorsieht. Hierbei steht besonders auch der Ausbau der Erneuerbaren
Energien im Fokus. Strategisches Ziel ist dabei – neben der Deckung des steigenden Strombedarfs – auch eine Verringerung der
Abhängigkeit von Energieimporten (d.h. Erdgas). Hierzu sollen die Kraftwerkskapazitäten des Landes von 74 GW (Stand Ende 2015)
bis zum Jahr 2023 auf 120 GW ausgebaut werden. Als Ergebnis soll der EE-Anteil am Gesamtenergieverbrauch innerhalb von 10
Jahren auf 30% steigen. Das geht erheblich über die im Kontext der EU-Klimapolitik für das Jahr 2020 gemachte Zusage von 20,5%
hinaus. Die strategischen Planungen für den Zeitraum bis 2023 sehen bei der Windenergie einen Ausbau auf 20 GW und bei der
Wasserkraft einen Ausbau auf 34 GW vor. 3 GW an Solarkraftwerken und 1 GW an geothermischen Kraftwerken ergänzen das EEZielportfolio. Darüber hinaus soll mit zwei Atomkraftwerksneubauten der Einstieg in die Nutzung der Kernenergie erfolgen und mit
neuen Kohlekraftwerkskapazitäten von 14 GW die heimischen Kohleressourcen stärker genutzt werden. Diese Langfristplanungen
wurden durch eine kurzfristige Energiestrategie für den Zeitraum 2015 bis 2019 ergänzt. Begleitet von einem Ausbau der Stromnetze
sollen Windenergieanlagen demnach bis 2017 auf 9,5 GW Kapazität und bis 2019 auf 10 GW ausgebaut werden.
Strommarkt im Überblick
Nationale Zielgrößen für die EE-Stromerzeugung*
(GWh)
Bruttostromerzeugung
Verbrauch von Pumpspeicherwerken
Stromexporte
Stromimporte
Bruttostromverbrauch
Eigenverbrauch des Energiesektors
Netzverluste
Stromendverbrauch
Stromverbrauch je Einwohner (kWh)
2009
194.812
0
1.546
812
194.078
10.159
28.991
154.928
2.166
2014
251.966
0
2.696
7.953
257.223
14.447
37.331
205.442
2.680
Δ%
148,8%
-6,3%
25,5%
-55,3%
n.m.
38,0%
13,0%
469,7%
n.m.
370,7%
23,1%
442,1%
n.m.
50,9%
29,3%
Anteil
15,0%
14,5%
47,9%
0,9%
0,0%
20,9%
16,1%
3,4%
0,0%
0,4%
0,0%
0,9%
0,0%
0,9%
100,0%
Anteil am Gesamtenergieverbrauch
Anteil an der Stromerzeugung
Installierte Gesamtkapazität (MW)
Onshore (MW)
Offshore (MW)
Stromerzeugungspotenzial p.a. (GWh)
Strommix
2009
15.140
39.088
96.095
4.803
0
38.143
35.959
1.496
0
222
30
436
0
1.542
194.812
2014
37.672
36.615
120.578
2.146
0
52.629
40.645
8.520
17
1.046
37
2.364
0
2.327
251.966
2014
14,5%
29,4%
2023p
20,5%
37,6%
2010
1.329
1.329
0
2015
4.694
4.694
0
13.600
2020e
13.218
13.218
0
38.300
Windenergienutzung
Strommix
(GWh)
Steinkohle
Braunkohle
Erdgas
Mineralöl
Kernenergie
Erneuerbare Energien
Wasserkraft
Wind
Solar
Biogase
Biobrennstoffe & Abfälle
Sonstige EE
Pumpspeicherwerke
Sonstige
Gesamt
2009
9,9%
19,7%
Fossile
Kernenergie
21%
Erneuerbare
Übrige
197.010
0
52.629
2.327
EE-Strommix
Wasserkraft
40.645
7%
Wind
8.520
Sonstige EE
3.465
16%
0
0
78%
Fossile
Kernenergie
Erneuerbare
Übrige
77%
Wasserkraft
Quelle: Eurostat, EWEA, eigene Prognosen; * Berechnung der Quoten gem. EU-Direktive 2009/28/EC, abweichend zur Anteilsberechnung am Strommix
SEITE 72
Wind
Sonstige EE
Staatliche Förderung
Die Türkei fördert die Nutzung der Erneuerbaren durch ein Erneuerbare-Energien-Gesetz aus dem Jahr 2010. In der ersten Geltungsperiode bis Ende 2015 erhielten neu angeschlossene Windenergieanlagen für längstens 10 Jahre ab Netzanschluss eine Vergütung in Form eines festen Einspeisetarifes. Die Vergütung betrug für Onshore- und Offshore-Anlagen einheitlich 7,3 $ct/kWh, d.h.
umgerechnet etwa 6,6 €ct. Beim Einsatz von Anlagenkomponenten, die in der Türkei produziert wurden, wurde in den ersten fünf
Betriebsjahren ein Bonus von 0,6 bis 3,7 $ct gewährt. Die Kosten der EE-Förderung werden auf die Stromendverbraucher umgelegt. Mit einer Gesetzesänderung wurde das Fördersystem per 29.04.2016 bei grundsätzlich identisch beibehaltenen Eckparametern
(Förderdauer, Vergütungssätze, Bonus für im Land gefertigte Analagenkomponenten) in ein Marktprämienmodell umgestaltet. Es
gilt sowohl für neu zu errichtende Anlagen als auch für Altanlagen und ist bis zum 31.12.2020 befristet. Anlagenbetreiber müssen
jetzt jährlich wählen, ob sie ihre Stromerzeugung im Folgejahr frei auf dem Markt verkaufen wollen oder sich über das staatliche
Fördersystem vergüten lassen wollen. Sofern eine Anlage noch in der 10jährigen Maximalförderdauer liegt und der Anlagenbetreiber im Folgejahr das Marktprämienenmodell wählt, muss er sich bis zum 31. Oktober bei der Energiemarktregulierungsbehörde
EMRA registrieren, die seinen Antrag prüft und dann bis Ende November die Teilnahme am Fördermodell im Folgejahr bestätigt.
Im Fördersystem gilt ein Direktvermarktungszwang, wodurch Stromverkauf und Marktprämienzahlung voneinander getrennt werden. Die Marktprämie entspricht dabei grundsätzlich der Differenz aus dem gesetzlich festgelegten Referenzpreis von 73 $/MWh
(in TRL umzurechnen) und dem durchschnittlichen Stundenpreis am Day-Ahead-Markt. Daneben unterliegen die Anlagen einer
Ausgleichsverpflichtung, d.h. für eine Minder-/Mehrproduktion im Vergleich zur Sollproduktion wird eine entsprechende Differenzpreisverrechnung anhand des Spotmarktpreises (Kauf/Verkauf der Differenzmenge zum Spotpreis) vorgenommen. Der Zubau
neuer Windenergieanlagen ist in der Türkei auf die Leistungsfähigkeit des Stromnetzes abzustimmen. Im Sinne eines effizienten und
zielgerichteten Kapazitätszubaus werden daher vom staatlichen Übertragungsnetzbetreiber TEIAS zunächst diejenigen Netzregionen bzw. einzelne Netzanschlusspunkte bekannt gegeben, in denen ein Zubau erfolgen darf. Die Vergabe von Netzanschlusskapazitäten erfolgt dann im Wege von Bietungsverfahren unter den Projektierern.
Marktausblick
Da der Übertragungsnetzbetreiber über ausreichend Anschlusskapazitäten (vorwiegend im windstarken Westen des Landes) verfügt
und ausreichend Netzanschlusslizenzen an Windparkprojektierer vergeben worden sind, steht einem weiterhin kräftigen Windenergieanlagenzubau in der Türkei stromnetzseitig nichts entgegen. Auch die modifizierte Vergütungsregelung ist mit 73 $/MWh über 10
Jahre Förderzeitraum zzgl. eines eventuellen Bonus für im Land produzierte Anlagenkomponenten nicht grundlegend verschlechtert
worden. Die volle Marktintegration von Windenergieanlagen mit Direktvermarktung und Ausgleichsverpflichtung stellt in einem stark
wachsenden Strommarkt ebenfalls absehbar kein gravierendes Risiko für die nachhaltige Vergütungshöhe dar. Insofern ist die Umstellung des Fördersystems auf ein Marktprämienmodell durchaus positiv für die weitere Zubauentwicklung in der Türkei zu bewerten. Schwer zu beurteilen sind derzeit allerdings die längerfristigen Auswirkungen des politischen Umbruchs im Land. Der türkische
Windenergiemarkt ist jedoch ganz wesentlich ein nationaler Markt. Ausländische Investoren engagieren sich, wenn überhaupt, meist
als Co-Investoren zusammen mit türkischen Partnern. Auch die Finanzierung erfolgt überwiegend im lokalen Markt, ggf. unter Einbindung supranationaler Förderbanken wie etwa der EBRD. Wie die im türkischen Windenergiemarkt als Projektfinanzierer aktiven
ausländischen Banken auf die aktuellen Entwicklungen reagieren, bleibt abzuwarten. Mit einer gewissen erhöhten Zurückhaltung bei
neuen Finanzierungen sollte hier zunächst gerechnet werden. Etwaige Friktionen als Folge der aktuellen politischen Entwicklung im
Land sollten also insgesamt wesentlich lokal begrenzte Effekte haben. Die nationale Energiestrategie der Regierung ist hiervon jedenfalls
nicht tangiert. Insofern gehen wir davon aus, dass die Entwicklung neuer Windenergieprojekte lediglich einer vorübergehenden Verunsicherung ausgesetzt sein und perspektivisch in die von der Regierung gewünschten Ausbaudimensionen wachsen wird.
Marktprognose in MW
Marktprognose in MW
Zubau
Bestand
804
3.762
956
4.718
1.000
5.718
2014
2015
2016e
2017e
1.500
7.218
2018e
2.000
9.218
2019e
2.000
11.218
2020e
2.000
13.218
2025e
k.A.
20.000
Installierte Windenergieanlagenkapazität in MW
25.000
20.000
15.000
10.000
5.000
Ø Wachstumsraten
Bestand
2010 - 2015
28,8%
2015 - 2020e
22,9%
2020 - 2025e
8,6%
0
2012
2013
2014
2015
2016e
2017e
2018e
2019e
2020e
…….
2025e
Quelle: EWEA, eigene Prognose
HSH NORDBANK.DE
BRANCHENSTUDIE WINDEnERGIE
September 2016
seite 73
2.2 Fördersysteme im Überblick
Zugang zum
Fördersystem
Andere
Frankreich
Quoten-/
Zertifikatesystem
Kapitel
2.1.1
Marktprämie
Land
Deutschland
Feste
Einspeisevergütung
Abschließend werden die in den vorangegangenen Kapiteln vorgestellten Länder und deren dominierende Fördersysteme für eine
schnelle Referenz tabellarisch zusammengefasst:
Anmerkungen
Gültig ab 1.1.2017; Übergangsfrist bis 31.12.2018
für bereits genehmigte Anlagen unter altem Recht
Onshore
Offshore
X
X
Tender
Tender
2.1.2
Onshore
Offshore
X
X
Tender
Tender
Details sind noch durch eine Verordnung zu
regeln; 18-monatige Übergangsfrist für bereits
genehmigte Anlagen unter altem Recht
Großbritannien
2.1.3
Onshore
Offshore
X
X
Tender
Tender
Ab 1.4.2017 keine Onshore-Förderung mehr
Irland
2.1.4
Onshore
Belgien
2.1.5
Onshore
Offshore
X
X
Gesetzlich
Tender
Niederlande
2.1.6
Onshore
Offshore
X
X
Tender
Tender
Dänemark
2.1.7
Onshore
Offshore
X
X
Gesetzlich Gesetzliche Neuregelung der Onshore-Förderung
Tender
steht noch aus
Finnland
2.1.8
Onshore
Offshore
X
X
Gesetzlich Gesetzliche Neuregelung der Onshore-Förderung
Gesetzlich ist in Vorbereitung
Schweden
2.1.9
Onshore
X
Gesetzlich
Norwegen
2.1.10
Onshore
X
Gesetzlich
Polen
2.1.11
Onshore
Offshore
X
X
Estland
2.1.12
Onshore
X
Lettland
2.1.12
Onshore
Litauen
2.1.12
Onshore
X
Tender
Aktuelles Ausbauziel ist bereits ausgeschöpft
Italien
2.1.13
Onshore
Offshore
X
X
Tender
Tender
Gültig bis 31.12.2016
Spanien
2.1.14
Onshore
X
Portugal
2.1.15
Onshore
Rumänien
2.1.16
Onshore
Türkei
2.1.17
Onshore
Offshore
X
Gesetzlich Ende 2015 ausgelaufen; Gesetzesnovelle in
Vorbereitung
Tender
Tender
Gesetzlich Gesetzliche Neuregelung ist in Vorbereitung
X
Gesetzlich Förderung auf unbestimmte Zeit ausgesetzt
X
X
Gesetzlich Derzeit nur Förderung von Kleinanlagen
X
X
X
Quelle: EU-Kommission (www.res-legal.com), nationale Ministerien; Stand per 15.8.2016
SEITE 74
Tender
Gesetzlich
Gesetzlich Gültig ab 29.4.2016
Gesetzlich
3 Marktprognose
Vor dem Hintergrund des erwarteten Bevölkerungs- und Wirtschaftswachstums in den Schwellen- und Entwicklungsländern ist
in den kommenden Jahren von einer weiteren Zunahme des weltweiten Energieverbrauchs auszugehen. So erwartet die Energy
Information Agency (EIA) bis zum Jahr 2040 im Vergleich zum Basisjahr 2012 einen Anstieg des weltweiten Gesamtenergieverbrauchs um durchschnittlich 1,4% pro Jahr, wobei der durchschnittliche jährliche Zuwachs in den OECD-Ländern auf 0,6% p.a.
und in den Nicht-OECD-Ländern auf 1,9% p.a. veranschlagt wird. Getrieben von den internationalen Bemühungen zur Begrenzung
der Erderwärmung ist dabei mit einer zunehmenden Substitution fossiler Energieträger durch Erneuerbare Energien zu rechnen.
Vorreiter wird hier die Elektrizitätserzeugung sein. Doch die Welt braucht nicht nur einen höheren Anteil an CO2-freien „sauberen
Strom“, sondern insgesamt erheblich mehr Strom. Denn neben einer Erhöhung der Energieeffizienz (d.h. eine Senkung des Energieverbrauchs) liegt der Schlüssel zum Klimaschutz insbesondere auch in einer CO2-freien „Elektrifizierung“ auf den Feldern der
Gebäudeheizung und -kühlung und des Verkehrs. Entsprechend geht die EIA in ihren Prognosen bis 2040 von einer mit 1,9% p.a.
überdurchschnittlich stark steigenden Stromnachfrage aus. Die Energieerzeugung aus Erneuerbaren Energiequellen soll dabei weltweit bis zum Jahr 2040 um 2,9% p.a. zunehmen.
Neben ökologischen Aspekten befördern erfreulicherweise auch wirtschaftliche Aspekte den Ausbau der Windenergie. Langfristig
wird die Stromerzeugung durch Windkraft günstiger, während fossile Energieträger perspektivisch angesichts begrenzter Ressourcen unter steigenden Brennstoffkosten leiden werden. Wir gehen davon aus, dass der Windenergiemarkt regional noch weiter an
Breite gewinnen wird. Weitere Länder werden erstmals WEA-Installationen aufweisen, in vielen anderen werden nennenswerte
Volumina erreicht. Deutschland wird in den nächsten Jahren – trotz einer engeren Zubausteuerung seitens der Politik - absehbar
europäischer Spitzenreiter bleiben. Hierbei werden das Repowering an bereits mit älteren WEA bebauten Standorten sowie die
Offshore-Windkraft eine wichtigere Rolle spielen.
In Europa rechnen wir in diesem Jahr mit einem Zubau von 12,1 GW, was einem Rückgang um 1,7 GW im Vergleich zum Vorjahreswert entspricht und vollständig auf eine geringere Anschlussleistung von Offshore-Windparks zurückgeführt werden kann. Für das
Jahr 2020 erwarten wir dann eine Steigerung auf 16,3 GW. Im Fünfjahres-Ausblick errechnet sich daraus ein durchschnittliches jährliches Bestandswachstum von 8,1%. Im Langfristszenario ergibt sich basisbedingt ein Rückgang des Wachstumstempos auf 6,1% p.a.
Die erwartete Zubauentwicklung in den größeren Windenergiemärkten in Europa ist in der nachfolgenden Grafik zusammengefasst.
Prognose der jährlich neu installierten Windleistung in Europa, in GW
18
16
14
12
10
8
6
4
2
0
2014
Deutschland
Irland
2015
2016e
Frankreich
Schweden
2017e
Niederlande
Finnland
2018e
Belgien
Norwegen
2019e
2020e
Großbritannien
Europa sonstige
Quelle: EWEA, HSH Nordbank AG
HSH NORDBANK.DE
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September 2016
seite 75
Außerhalb Europas wird der Kapazitätszubau nach Einschätzung des GWEC in den nächsten Jahren in allen Regionen ebenfalls zulegen. So beziffert der Welt-Dachverband der Windenergiebranche den Zubau nach 63 GW in 2015 für das laufende Jahr auf 64 GW
und prognostiziert für das Jahr 2020 eine weitere Zunahme auf dann 79,5 GW an neu installierten Anlagen. Hierbei unterstellt das
GWEC, dass sich die positive Marktentwicklung in den beiden weltweit größten Märkten (China und USA) friktionsfrei fortsetzt.
In 2020 soll der weltweit installierte Anlagenbestand von 432,9 GW per Ende 2015 auf 792,1 GW gestiegen sein. Für Europa ist das
GWEC in 2016 und 2017 etwas optimistischer als unsere Marktprognose, während wir in den Jahren 2018 bis 2020 einen vergleichsweise stärkeren Zubau erwarten.
In unsere Prognosen sind verschiedene Faktoren eingeflossen. Wir haben uns primär auf die Vorhersagen für die einzelnen Märkte
konzentriert und länderindividuelle Ziele sowie die nationalen Entwicklungspläne innerhalb der EU berücksichtigt. Dabei wurden
insbesondere die erwartete Entwicklung des Strombedarfs, Förderbedingungen und rechtliche Stabilität sowie natürliche Gegebenheiten berücksichtigt. Soweit Datenmaterial über geplante Projekte vorhanden war, ist dieses in die Prognoserechnung, die wir
„Windmodell“ nennen, eingeflossen. Ausgewiesen werden jeweils die Nettozubauvolumina, d.h. in Ländern mit größeren Repowering-Aktivitäten wie Dänemark und Deutschland, kann der Bruttozubau deutlich vom Nettozubau abweichen.
Das „Windmodell“
Bestand
2013
Netto-Zubau
2014
2015
2016e
Bestand
Wachstum p.a.
2017e
2018e
2019e
2020e
2020e
2025e
2015-20e
2020-25e
Belgien
1.666
1.959
2.229
250
365
854
200
936
4.834
6.300
16,7%
5,4%
Dänemark
4.807
4.887
5.070
100
100
100
250
750
6.370
7.600
4,7%
3,6%
34.250
39.128
44.947
3.892
3.174
3.492
3.350
3.250
62.105
76.300
6,7%
4,2%
280
303
303
100
50
50
50
50
603
1.600
14,8%
21,6%
Deutschland
Estland
Finnland
449
631
1.005
800
800
150
150
150
3.055
4.000
24,9%
5,5%
Frankreich
8.243
9.285
10.358
1.500
1.500
1.786
1.928
2.710
19.782
29.420
13,8%
8,3%
Großbritannien
10.711
12.633
13.603
1.300
1.340
2.696
2.250
700
21.889
26.200
10,0%
3,7%
Irland
2.049
2.272
2.486
300
240
260
280
300
3.866
5.600
9,2%
7,7%
Italien
8.558
8.663
8.958
200
700
800
800
600
12.058
17.400
6,1%
7,6%
62
62
62
0
0
0
0
0
62
100
0,0%
10,0%
Lettland
Litauen
Niederlande
Norwegen
Polen
279
280
424
120
0
50
100
100
794
1.800
13,4%
17,8%
2.713
2.852
3.431
860
740
500
500
1.900
7.931
11.900
18,2%
8,5%
771
811
856
50
250
400
600
900
3.056
4.100
29,0%
6,1%
3.390
3.834
4.978
200
250
250
200
200
6.078
8.400
4,1%
6,7%
Portugal
4.731
4.947
5.079
100
100
100
100
100
5.579
6.100
1,9%
1,8%
Rumänien
2.773
3.244
3.244
0
0
0
0
0
3.244
4.200
0,0%
5,3%
8,2%
Schweden
Spanien
Türkei
Sonstige*
Total Europa
4.470
5.425
6.029
740
700
700
600
600
9.369
13.900
9,2%
22.959
22.975
23.008
20
200
300
400
400
24.328
26.300
1,1%
1,6%
2.958
3.762
4.718
1.000
1.500
2.000
2.000
2.000
13.218
20.000
22,9%
8,6%
5.752
6.544
7.160
600
600
600
700
652
10.312
22.230
7,6%
16,6%
121.871
134.497
147.948
12.132
12.609
15.088
14.458
16.298
218.533
293.450
8,1%
6,1%
Quelle: EWEA, HSH Nordbank AG
SEITE 76
Abkürzungsverzeichnis
AKWAtomkraftwerk
ARA
Hafenregion Amsterdam, Rotterdam, Antwerpen
AWEA
American Wind Energy Association
BWEA
British Wind Energy Association
BWE
Bundesverband WindEnergie e.V.
CCS
Carbon Dioxide Capture & Storage
CFD
Contract for Difference
CO2Kohlenstoffdioxid
CREG
Commission de Régulation de L’Electricité et du Gaz (Belgien)
CSP
Concentrated Solar Power
CSPE
Contribution au Service Public de l’Électricité
DCENR
Department of Communications, Energy and Natural Resources (Irland)
DECC
Department of Energy & Climate Change (Großbritannien)
DKK
Dänische Krone
EBRD
Europäische Bank für Wiederaufbau und Entwicklung
EE
Erneuerbare Energien
EEA
Europäische Umweltagentur
EEGErneuerbare-Energien-Gesetz
EIA
Energy Information Agency, eine Behörde des US-Energieministeriums
EPR
European Pressurized Water Reactor
ESM
Europäischer Stabilitätsmechanismus
EU
Europäische Union
EWEA
European Wind Energy Association
GBP
Britisches Pfund
GW
Gigawatt = 1,000 MW = 1,000,000 kW = 1,000,000,000 Watt
GWhGigawattstunde
GWEC
Global Wind Energy Council
IEA
Internationale Energieagentur
IWEA
Irish Wind Energy Association
kW
Kilowatt = 1,000 Watt
kWhKilowattstunde
LCoE
Levelized Cost of Energy
MW
Megawatt = 1,000 kW = 1,000,000 Watt
MWhMegawattstunde
NCC
National Control Commission for Prices and Energy (Litauen)
NVE
Norges Vassdrags- og Energidirektorat (Norwegen)
p.a.
per annum = pro Jahr
PPA
Power Purchase Agreement
PSO
Public Service Obligation
REFIT
Renewable Energy Feed-in Tariff
REN21
Renewable Energy Policy Networkfor the 21st Century
RO
Renewables Obligations
ROC
Renewables Obligation Certificate
SDE
Stimulering Duurzame Energieproductie
TRL
Türkische Lira
TW
Terawatt = 1,000 GW = 1,000,000 MW = 1,000,000,000 kW
TWhTerawattstunde
UNEP
United Nations Environment Programme
VREG
Vlaamse Regulator van de Elektriciteits- en Gasmarkt (Belgien)
CWaPE
Commission Wallonne Pour L’Energie (Belgien)
WEAWindenergieanlage
HSH NORDBANK.DE
BRANCHENSTUDIE WINDEnERGIE
September 2016
seite 77
IMPRESSUM
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