Hinter den Kulissen

MITTELBADISCHE PRESSE
www.bo.de
Donnerstag, 29. September 2016
ORTENAU-REPORTAGE
Testfahrt am Morgen: Das Riesenrad wird bei einer Leerfahrt überprüft, die Aufhängung der Gondeln gefettet. Das garantiert den Passagieren dann die Sicherheit
beim laufenden Betrieb. M
orgens um 7 ist
die Welt noch in
Ordnung. Dann
erwachen
die
Offenburger
Messehallen ganz langsam zu
neuem Leben, wenn die Lie­
feranten mit frischen Lebens­
mitteln auftauchen. »Sie dür­
fen früher aufs Gelände als die
anderen, weil sie mehr vorzu­
bereiten haben«, erklärt Ale­
xander Fritz. Messeleiter der
Oberrheinmesse.
Unter anderem können die
Bäcker etwas früher anliefern:
Sie bringen ihr Brot an den
Stand der Innung, zur Brot­
prüfung. In diesem Jahr wird
es aufgrund der großen Nach­
frage erstmals verkauft. »Der
Erlös kommt dem Spitalverein
zugute, der einen Kinderspiel­
platz plant«, sagt Annette Ritt,
Geschäftsführerin der Bäcker­
innung Ortenau.
G
egen 8.30 Uhr beginnt
der Schließdienst syste­
matisch, alle Hallentü­
ren zu öffnen. Ab 9 Uhr trudelt
nämlich das Gros der Schau­
steller ein. »Viele bauen abends
ihre Stände zurück und müs­
sen am nächsten Morgen dann
alles wieder herrichten«, er­
klärt Fritz. Gelegentlich kann
ein Anruf kommen, weil je­
mand nicht pünktlich zur Öff­
nung da sein kann. »Meist pas­
siert so etwas in den ersten
Tagen, wenn man noch nicht
genau weiß, wie lange man für
die Anfahrt benötigt«, sagt er.
Dann schaut der Messeleiter
danach, dass der Stand nicht
gänzlich unbetreut bleibt. »Die­
Hinter den Kulissen
Derzeit läuft in Offenburg die Oberrheinmesse.
Wie selbstverständlich nehmen die Besucher an, dass alles funktioniert.
Doch dahinter steckt eine ganze Menge Arbeit.
Von B ettina K ühne (T ext)
ses Jahr hatten wir das aber
noch nicht – trotz der ganzen
Baustellen rundum«, betont er.
Über die Hallentechnik
wird ab morgens die Tempera­
tur in den Hallen geregelt. »In
den Hallen mit Gastro­betrieb
stellen wir sie meist niedriger
ein als in solchen, in denen et­
wa Kleidung anprobiert wird«,
sagt Fritz. Trotzdem ist das
Wohlfühlklima das sensibels­
te Thema »Es ist eben so sub­
jektiv, wie warm oder kühl
man es gerne mag«, meint er.
Da das Wetter bislang recht gut
ist, wird morgens geheizt, dann
aber wieder gedrosselt.
W
ir machen jeden Mor­
gen eine technische
Prüfung«, sagt Hans
Goebel. Der Schausteller ist
mit einem 38 Meter hohen Rie­
senrad nach Offenburg gekom­
men, vier solcher Giganten be­
treibt die Familie insgesamt.
und
»Eine Leerfahrt am Morgen
ist ein Muss«, findet er. Zudem
werden die Aufhängungen der
Gondeln gefettet. Dann bewe­
gen sie sich ebenso geräusch­
arm wie der moderne Motoran­
trieb. Überhaupt: Mussten die
Mitarbeiter früher noch regel­
mäßig Birnchen austauschen,
ist man mit der LED Beleuch­
tung das Problem weitgehend
los, »und das mit nur noch zehn
Prozent des früheren Energie­
verbrauchs«, so Goebel.
Aber auch abends lässt er
das Riesenrad noch einmal
leer fahren, um alle Gondeln
zu kontrollieren. »Nicht aus­
zudenken, wenn da versehent­
lich jemand drin vergessen
würde«, sagt er. Sollte es bei
den Besuchern nicht rundlau­
fen, können diese eine Service­
Ein Video zu diesem Thema
finden Sie unter:
www.mibatv.de | Videocode: 17274
C hristoph B reithaupt (F otos)
hotline nutzen. »Sie wird extra
für die Zeit der Oberrheinmes­
se eingerichtet«, erklärt Fritz.
Anrufer erreichen den Emp­
fangsschalter im Verwaltungs­
gebäude. Am häufigsten mel­
den sich die Besucher, wenn
sie etwas verloren haben. Das
reicht vom Kind über das Han­
dy bis hin zum frisch getätig­
ten Einkauf. »Momentan ist
noch nicht viel los«, sagt Sa­
rah Sutter und zeigt eine Box,
in der das »Fundbüro«nicht ab­
geholte Gegenstände sammelt.
Ein glitzerndes Täschchen, ei­
ne Kappe, Kleinigkeiten. »Han­
dys und Geldbörsen werden
meist sehr schnell wieder abge­
holt«, berichtet sie.
Zudem flanieren regelmä­
ßig die Helfer des DRK, um
nach dem Rechten zu sehen.
Die Feuerwehr sitzt in ihrem
Aufenthaltsraum, zwei Kame­
raden sind bei der Modenschau
in der Oberrheinhalle zugegen.
»Das erfordert die Bühnenver­
ordnung«, so Fritz.
Wenn die Messe mal am
Laufen sei, gebe es nicht
mehr so viel zum Nachjustie­
ren, ergänzte er. Während des
Aufbaus fehlten manchmal
Sachen: Kabelbinder, Kleb­
streifen oder Ähnliches seien
dann gefragt. »Bei größeren
Anforderungen erklären wir
die Wege zu den umliegenden
Baumärkten«, so Fritz.
I
n der ersten Phase ent­
puppt sich auch, was sonst
noch benötigt wird: Mehr­
fachstecker und Hussen für die
Stehtische führen die Hitliste
an. Zudem können die Ausstel­
ler Stühle oder anderes Mobili­
ar gegen Gebühr ausleihen.
Auch bei den Ortenauer
Truck- und Schiffsmodellbaufreunden steht ein Tisch, die
Hobbybastler und Technik­
freaks sind nämlich den gan­
zen Tag vor Ort. Sie haben eine
Baustelle eingerichtet, die wie
in der Realität arbeitet: Erde
wird ausgebaggert, eine Brü­
cke angeschüttet. Dazu müs­
sen die Modellbauer darauf
achten, dass die Akkus nie leer
werden. »Manche halten den
Tag, andere nur ein, zwei Stun­
den«, sagt der Vorsitzende Ru­
ben Schäfer. Beim Mini-CATBagger, dessen Schaufel mit 20
bar druck bewegt wird, ist der
Saft schneller alle. Wichtiger
als der Strom ist aber, dass auf
der »Baustelle« nichts passiert.
Falls ein Laster kippt, stellen
wir den nicht einfach so wieder
auf«, erklärt Schäfer. Ehrensa­
che, dass da dann der ADACAbschleppwagen kommt – en
miniature.
A
uch wenn morgens alles
gut ist, geht Fritz häufi­
ger auf Rundgang: die
neuen Aussteller begrüßen,
die bewährten nach ihrer Zu­
friedenheit fragen, langjäh­
rige ehren. »Dieses Jahr sind
gleich zwei dabei, die die Ober­
rheinmesse seit 65 Jahren be­
reichern«, freut er sich über die
langjährige Treue und bringt
eine Urkunde vorbei. Denn sie
ist auch ein Zeichen, »dass un­
ser Konzept funktioniert«. Bei
solchen Rundgängen kann es
dann auch zum schönsten Lob
kommen, das Fritz sich vor­
stellen kann: »Die Blanko-Un­
terschrift für die Buchung des
Standes im kommenden Jahr.«
Nächste Woche lesen Sie:
Gefängnis­alltag – ein Tag in der
Offenburger Justizvollzugsanstalt
Damit auf der Oberrheinmesse alles rundläuft: Sarah Sutter (Mitte) sitzt im Empfang des Messeverwaltungsgebäudes am Telefon, um bei Fragen weiterzuhelfen. Auch betreut sie das Fundbüro.
Rechtes Foto: Kevin Rill (links) und Roland Steurer von den Ortenauer Truck- und Modellbaufreunden passen auf, damit es auf der Baustelle keine Unfälle gibt, und laden regelmäßig Akkus.