AI Chatbots

Ausgabe 39 | 28.09.2016 | Seite 1
AI Chatbots
AI Chatbots beginnen gerade, sich als transformative Interaktionsart für Unternehmen und
Marken zu entwickeln. Unter Chatbots verstehen wir vereinfacht Programme der
Künstlichen Intelligenz (Artificial Intelligence/AI), die Konversationen mit Menschen über
Chat-Interfaces ermöglichen.
Chatbots können in der digitalen Plattform einer Marke implementiert, auf ihren Webseiten oder in
Apps eingebunden sein. Immer häufiger findet man Bots dort, wo die Menschen mehr und mehr
ihrer Zeit verbringen – in Messaging Apps. Rund 60 Milliarden Nachrichten werden inzwischen
jeden Tag über WhatsApp, Facebook Messenger und dergleichen versandt – drei Mal mehr als
SMS.
Oder wie es das Magazin „Wired“ ausgedrückt hat: “Da entwickelt sich gerade ein neues User
Interface Paradigma, das maßgeblich auf Messaging basiert.”
Wir sind davon überzeugt, dass wir uns am Anfang eines neuen großen Plattform-Shifts befinden.
Wir erlebten bereits den Übergang von Browsern zu Apps als wichtigsten Zugang zu
Informationen. Und nun verläuft alles in Richtung Bots. Der Start von „Bots for Messenger“ auf der
f8 (Facebook Developer Conference) im April dokumentiert Facebook’s überzeugtes Bekenntnis zu
diesem Trend.
Marken sollten sich deshalb spätestens jetzt mit der Vorstellung einer Welt auseinandersetzen, in
der Millionen unabhängiger AI-Agenten mit ihren Kunden kommunizieren und Entscheidungen im
Namen ihres Unternehmens treffen.
Was können Marken von den Chatbots erwarten?
Das Aufkommen der Bots eröffnet kundenzentrierten Organisationen eine Reihe neuer
Möglichkeiten, um das Kundenerlebnis und die Kosteneffizienz zu steigern.
In erster Linie führen Bots Marken noch näher an ihre Kunden heran, indem sie ihre Präsenz in
deren bevorzugten Umfeldern (messaging apps) erhöhen und auf die Art mit ihnen interagieren, die
diese zunehmend präferieren (Chat). Letztendlich bedeutet das, dass die Marken in der Lage sind,
ihren Kunden ein besseres und schnelleres Markenerlebnis zu ermöglichen – weniger Zeit wird
darauf verschwendet, auf einen Operator zu warten, der einen durch das Callcenter-Menü führt.
Probleme werden spürbar schneller gelöst.
Entscheidend dabei ist, dass dadurch natürlich auch Einsparpotenziale im operationalen Bereich
geschaffen werden. IBM Watson geht davon aus, dass in den meisten Unternehmen ein relativ
kleiner Anteil an Anfragen die meiste Zeit der Callcenter-Mitarbeiter beansprucht. Wenn Bots nun
aber Standard-Anfragen zu Rechnungen, Bezahlung oder Lieferung übernehmen können, werden
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bei den Callcenter-Mitarbeitern zusätzliche Kapazitäten für kompliziertere Anfragen frei, was die
Wertschöpfung des Unternehmens generell steigert.
Wie entwickelt man einen Chatbot?
1. Definition der Aufgabenstellung
Wenn Marken für sich AI Chatbots entwickeln wollen, müssen sie erst einmal zu den
Kernprinzipien des Marketings zurückkehren und hinterfragen, welche Bedürfnisse der Bot in
der Customer Journey erfüllen soll.
AI Chatbots können spezielle Funktionen anbieten (z.B. Abwicklung von Lieferanfragen,
Produktempfehlungen) oder ein genereller Zugang zur Navigationsauswahl sein – eine
Einstiegspforte, von der aus die User Zugang zu allem haben, was sie suchen und wollen.
In dieser anspruchsvolleren ‘Gateway’-Rolle führen die Bots die Menschen genau dorthin, wo
sie das bekommen, was sie brauchen, und steuern damit die effiziente Ressourcenverteilung
hinter den Kulissen. Der Bot kann sich um eine Anfrage kümmern oder einen Link anbieten, der
mit einer API, einem Chat oder schließlich mit einem Mitarbeiter verbunden ist.
Bei der Entwicklung einer Vertriebsstrategie für eine Marke können Bots entscheidend sein. Ein
guter Ausgangspunkt ist die Platzierung in den markeneigenen Plattformen (Website oder App).
Es wird aber immer wahrscheinlicher, dass sich der Bot zu einer Art „Speerspitze“ entwickelt
und wie ein Omni-Channel Markenpförtner agiert, der mit den Kunden über die verschiedenen
Plattformen hinweg interagiert, einschließlich dem Einzelhandel.
2. Fokus auf Vertrauenswürdigkeit
Bei der Implementierung von Bots wird das Thema Vertrauen eine der wichtigsten
Herausforderungen für jede Marke sein. Es bildet die Grundlage eines guten Kundenservices.
So haben Umfragen ergeben, dass 76% der Menschen Vertrauen für den Schlüssel zu einem
guten Kundenservices halten. Und diese Vertrauensbasis muss geschaffen sein, bevor die User
eine engere Beziehung zur Marke eingehen.
Eine der Hauptüberlegungen beim Aufbau von Vertrauen ist es, die richtigen Voraussetzungen
für eine Loslösung vom menschlichen Kundenbetreuer zu identifizieren. 79% stimmen der
Aussage zu, dass „ich wissen muss, dass ich auch einen Menschen erreichen kann, wenn ich
nach einem frage“.
3. Die Tonlage auf die Branche und Marke abstimmen
Bei der Programmierung eines Bots kommt es maßgeblich darauf an, welche Tonlage
eingesetzt wird und vor allem wie „menschlich“ diese sein soll.
Tests haben gezeigt, dass nur wenige Leute eher eine „chatty“ Version bevorzugen, eine –
wenn auch kleine – Mehrheit aber eine direktere Version favorisierte. Viele fanden die
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Chat-Version unnötig abweisend, herablassend oder sogar gruselig. Oder wie es ein Befragter
formulierte: „Die Chat-Version ist wie mein Vater, wenn er Emoticons benutzt – es ist gruselig.“
Je anspruchsvoller AI wird, umso reizvoller wird es auch für die Techniker, Bots zu
programmieren, die mehr menschliche Eigenschaften aufweisen. Allerdings sind wir der
Meinung, dass Marken nicht krampfhaft versuchen sollten, ihre Bots nun so lebensecht wie nur
irgend möglich klingen zu lassen.
Vielmehr sollten sie sich darauf konzentrieren, die Bedürfnisse und Ansprüche ihrer Kunden
auf eine einfache, direkte Art zu erfüllen und eine Artikulation einzusetzen, die flexibel,
kontextuell und personalisiert auf verschiedene User und Situationen reagiert. Das bedeutet
auch, dass neben den Programmierern auch Texter eingesetzt werden sollten, um einen
konsistenten Stil und Ton zu schaffen.
4. Leute wie Menschen fühlen lassen
Die Klassifizierung einer AI als „menschlich“, hängt nicht davon ab, wie menschlich die AI zu
sein scheint oder wie realitätsnah ihre Interaktionen sind. Vielmehr hängt es vom direkten
Erlebnis ab – es wird daran gemessen, wie sich eine Person beim Umgang mit der AI fühlt, und
nicht an einer wie auch immer gearteten intrinsischen Humanität in der Technologie.
Dies ähnelt (oder auch nicht) einer Verbindung mit einer künstlichen Intelligenz, die einen
Avatar, einen Namen oder ein Geschlecht hat. Was ein menschliches Erlebnis aber wirklich
ausmacht, ist die Fähigkeit, sich wie ein Mensch zu fühlen.
Die Herausforderung ist es, die richtige Balance zu finden und dem User das Gefühl einer
menschlichen Erfahrung zu vermitteln. Und, ganz entscheidend, keinen Bot zu entwickeln, der
für Gruseln sorgt bei dem krampfhaften Versuch, Menschen nachzuahmen.
5. Entwickelt für eine kontinuierliche Verbesserung
So, wie die AI von den Menschen lernt, so entwickelt sie auch ihr Verständnis für deren
Bedürfnisse und Wünsche. Der Aufbau dieses Wissen ermöglicht es den Marken, effizienter
und engagierter mit ihren Kunden zu interagieren. Dies erfordert einen „Feedback Loop“, über
den die Menschen der AI wichtige Informationen für die Zukunft liefern.
Hier besteht die Herausforderung darin, einfache Feedback-Mechanismen zu entwickeln, um
den Lernprozess der Maschine zu unterstützen, dies aber auf eine Art und Weise, die die User
möglichst nicht irritiert. 52% stimmen dem Statement zu, dass „ich nach einer Chatbot
Konversation sehr gerne ein schnelles Feedback gebe“. Wichtig ist, dass es hierzu gar nicht
eine riesige Anzahl von Usern braucht.
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Fazit
Von AI wird erwartet, der treibende Technologie-Trend dieses Jahrhunderts zu werden. Ihre
Anhänger versprechen sich davon, die größten Probleme der Menschheit damit lösen zu können,
wie etwa Krebs oder Armut. Ihre Kritiker halten dagegen, dass es das Ende der Humanität
bedeuten könnte. Klar ist, dass der Einfluss von AI bedeutend sein wird. Während die Vorhersagen
ihrer Anhänger wie Kritiker noch in der Ferne vieler Jahre oder Jahrzehnte liegen, sollten wir alle
damit beginnen, uns mit der direkten Interaktion von AI auseinanderzusetzen, ob nun in virtueller
oder physischer Form.
Alle Unternehmen müssen mit ihren Kunden direkt interagieren. Und Chatbots sind die erste
Erscheinungsform von AI, die die Interaktion treibt. Entscheidend werden dabei Umsetzungen sein,
die sich nicht einzig und allein auf die Kostenersparnis fokussieren, sondern den Konsumenten
auch eine schnellere, bessere und befriedigendere Interaktion bieten können. Der Schlüssel dazu
ist der Respekt gegenüber dem Endkonsumenten und der Anspruch, in eine positive und
menschliche Interaktion treten zu wollen.
Quellenangaben (auch zu den verwendeten Bildern):
Mindshare UK – Humanity in the machine
Life+ (Mindshare’s global wearable technology group)
Goldsmiths College, University of London
Mindshare GmbH | Darmstädter Landstraße 112 | 60598 Frankfurt am Main
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