39. Woche - Industriemuseum Region Teltow

Verein Industriemuseum
Region Teltow e.V.
Teltow, den 28. September 2016
Industriemuseum aktuell
Sie finden uns am
Montag 03. Oktober 12:00 bis 17:00 Uhr Zum Stadtfest Teltow beim
Markt der Möglichkeiten
Dienstag 11. Oktober 16:00 Uhr Vortrag: Erdbeobachtung aus dem All mit dem
Satelliten ERS-1
Herr Dr. Michael Sölter, CSS Internationales
Handelszentrum , Senior Projektmanager
Leiter DGLR-Fachausschuss „Projektmanagement,
Qualitätsmanagement“
Neues aus dem Industriemuseum
Fernsehtechnik aus Berlin
Einen Ausflug in die Geschichte der Fernsehtechnik, die im Anfangsstadium maßgeblich durch die
wissenschaftliche Erfinderarbeit von Akteuren in der deutschen Hauptstadt geprägt wurde, erlebten
die interessierten Zuhörer am 20. September in einem Vortrag durch Herrn Dipl.Ing. Peter Salomon.
Herr Salomon umriss in seinem Vortrag den Zeitraum von der Erfindung der Nipkow- Scheibe
durch Paul Nipkow im Jahr 1883, über die ersten Versuche der elektronischen Bilderfassung durch
Manfred von Ardenne bis zur Aufnahme des regulären Fernsehsendebetriebes in Berlin im
Zusammenhang mit den Olympischen Spielen 1936.
Bei der technischen Realisierung des Fernsehen stand am Anfang die prinzipielle Frage: Wie kann
man überhaupt ein Bild oder eine ganze Bildersequenz (Film) von einem Ort zu einem anderen
übertragen?
Peter Salomon startete bei der Nipkow-Scheibe und die eher zufällige Entdeckung Paul Nipkows
am Heiligabend 1983 in seiner Wohnung in Berlin-Mitte, wo ihm beim Licht einer Petroleumlampe
die Idee gekommen ist, mit einer spiralförmig gelochten Scheibe ein Bild „mosaikartig in Punkte
und Zeilen“ zu zerlegen. Für diese Scheibe beantragte er beim Kaiserlichen Patentamt in Berlin
ein Reichspatent für ein „Elektrisches Teleskop zur elektrischen Wiedergabe leuchtender Objekte“
in der Rubrik „Elektrische Apparate“. Es wurde ihm am 15. Januar 1885 rückwirkend zum 6. Januar
1884 erteilt. Da zur damaligen Zeit kein Interesse an der praktischen Umsetzung dieses Patents
hatte, verfiel es nach 15 Jahren.
Im Vortrag wurde dann auf den allgemeinen technischen Fortschritt 40 Jahre nach der Erfindung der
Nipkow-Scheibe eingegangen. Insbesondere die Erfindung der Elektronenröhre zur Verstärkung
elektrischer Signale, der Braunschen-Röhre zur Bildwiedergabe und des Ikonoskops zur
Bildaufnahme bildeten die technischen Voraussetzungen für eine Übertragung bewegter Bilder über
große Entfernungen. Geniale Erfinder wie Siegmund Loewe und Manfred von Ardenne leisteten
-2entscheidende Vorarbeiten bei Elektronenröhren und den mit ihnen gebauten unbedingt
notwendigen Breitbandverstärkern. Die Kathodenstrahlröhre wurde 1897 von Karl Ferdinand
Braun entwickelt, weshalb sie auch Braun'sche Röhre genannt wird.
Manfred von Ardenne hat sich auch große Verdienste bei der Weiterentwicklung der Braun'schen
Röhre zur Fernsehbildröhre erworben.
Das Ikonoskop als Bildaufnahmeröhre, wurde von dem russisch-amerikanischen Wissenschaftler
Zworykin entwickelt und 1923 patentiert, jedoch von dem amerikanischen Physiker Philo
Farnsworth umgesetzt. Das elektronische Abtastverfahren des Ikonoskops löste das mechanische
Abtastverfahren der Nipkow-Scheibe ab.
Loewe und von Ardenne forcierten die Entwicklungsarbeiten, so dass am 14.Dezember 1930 das
erste vollelektronische Bild (eine Schere auf einem weißen Untergrund) übertragen wurde. Damit
war die technische Machbarkeit bewiesen! Jedoch bestand sowohl bei der deutschen Industrie als
auch bei der damaligen Regierung kein Interesse an einer breiten praktischen Umsetzung des
Fernsehens. Man setzte damals verstärkt auf das ebenfalls neue, aber in der Realisierung wesentlich
preiswertere Radio.Erst der Besuch der Nazi-Führungsspitze auf der 10.Funkausstellung 1933 in
Berlin brachte neuen Schwung in die Fernsehentwicklung. Reichspropagandaminister Goebbels
soll nach dem Messebesuch in Ergänzung zu den Möglichkeiten des Rundfunks mit dem eben
vorgestellten "Volksempfänger" in seinen Tagebüchern auch das Fernsehen als nur mehr eine Frage
von Monaten notiert haben.
Am 22. März 1935 wurde mit dem Deutschen Fernseh-Rundfunk des Fernsehsenders „Paul
Nipkow“in Berlin-Witzleben (Funkturm) der regelmäßige Programmbetrieb als Liveübertragung
aufgenommen. Deutschland veranstaltete damit den „ersten regelmäßigen Fernsehprogrammdienst
der Welt“. Allerdings gab es in Berlin und Umgebung nur etwa 250 Fernsehempfänger.
Ab 1936 strahlte England als zweites Land einen regelmäßigen Fernseh-Programmdienst aus. 1937
folgten Frankreich sowie 1939 die Vereinigten Staaten von Amerika. Japan startete 1954 als erstes
Land Asiens einen regelmäßigen Fernsehversuchsdienst und Australien ab 1956.
Eine praktische Bewährungsprobe erfuhr das neue Medium Fernsehen durch die XI.Olympischen
Sommerspiele. Die Olympiade 1936 in Berlin war nicht nur ein sportliches, sondern auch ein
technisches Großereignis. Telefunken entwickelte für die Spiele die erste fahrbare Fernsehkamera.
Die vollelektronische Ikonoskop-Kamera, damals „Fernseh-Kanone“ genannt, beeindruckte mit
einer Bildauflösung von 180 Zeilen nicht nur durch ihre Leistungsfähigkeit, sondern auch durch
ihre Größe (Objektiv: 1,60 m Brennweite, Linsendurchmesser: 40 cm, Gewicht: 45 kg,
Gesamtlänge: 2,20 m). Erstmals wurde auch das Zwischenbildverfahren eingesetzt.
Dabei wird ein zu übertragendes Ereignis zunächst auf einem kontinuierlich durchlaufenden Film
aufgenommen, direkt in einem Schnellverfahren entwickelt und fixiert, danach abgetastet und dann
gesendet. Das erfolgte während der Olympiade in einem fahrbaren Speziallabor im Stadion.Der
„Zwischenfilmgeber“ verkürzte die Pause zwischen der Aufnahme des Films und seiner
Übertragung durch den Fernsehsender auf wenige Minuten, so dass man sich einer LiveÜbertragung annäherte. Nach der Olympiade stagnierte die Ausbreitung des Fernsehens in
Deutschland.
Im Juli 1939 wurde jedoch zur Großen Deutschen Rundfunk- und Fernsehrundfunk-Ausstellung
Berlin der Deutsche Einheitsfernsehempfänger E1 vorgestellt, der sich durch vielfache technische
Innovationen auszeichnete.
-3Aufgrund der politischen und wirtschaftlichen Situation (nur einen Monat später begann
Deutschland den Zweiten Weltkrieg) kam es zu keiner Serienherstellung, da die Produktion aller
zivilen Geräte eingeschränkt wurde. Nur etwa 50 Exemplare des E1 waren fertiggestellt und wurden
auf Lazarette und zur Truppenbetreuung auf verschiedene Dienststellen verteilt.
Nach dem Kriegsbeginn wurde die Fernsehentwicklung in Deutschland nahezu ausschließlich für
militärische Zwecke fortgesetzt; unter anderem wurde das Fernsehen auch auf seine Eignung für die
Luftaufklärung geprüft. Dieser Teil der deutschen Fernsehtechnikgeschichte beleuchtet das
Industriemuseum in seinem Ausstellungsteil „Reichspostforschungsanstalt auf der Kleinmachnower
Hakeburg“ ausführlich .Im Winter 1944 wurde das deutsche Fernsehprogramm eingestellt.
Die Vortragsreihe „Fernsehtechnik aus Berlin“wird im 1. Quartal 2017 mit einem Vortrag über die
Anfänge der Bauelementeproduktion in Berlin-Oberschöneweide nach dem 2. Weltkrieg
fortgesetzt.
Lothar Starke
Vorsitzender
Verein Industriemuseum Region Teltow e.V.
www.imt-museum.de
e-mail: [email protected]
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