Aleppo soll nicht befreit werden

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Freitag, 30. September 2016, Nr. 229
Spezial
Freitag, 30. September 2016, Nr. 229
ERIC VIDAL/REUTERS
Protest gegen die Handelsabkommen TTIP und CETA in der Brüsseler Innenstadt, am 20. September 2016
Liebe Leserinnen und Leser,
in der Herbstbeilage dieses Jahres finden Sie wieder unsere
Empfehlungen und Hinweise auf zahlreiche Neuerscheinungen.
Dabei kommen wichtige Publikationen auf den Buchmarkt, so
u. a. die erste deutsche Biographie von Raúl Castro, geschrieben
von dem Journalisten und jW-Autor Volker Hermsdorf, die im
Verlag Wiljo Heinen erscheinen wird (siehe Seite 2 dieser Beilage). Mitte Oktober erscheint von Domenico Losurdo »Der
Klassenkampf oder Die Wiederkehr des Verdrängten?«, eine
EDUARD KORNIYENKO/REUTERS
»Revolution bedeutet, Gespür für den ge-
politische und philosophische Geschichte, wie es im Untertitel heißt. Endlich sind außerdem beide Bände »Deutschland
1933–39« und »Deutschland 1939–45« unseres kürzlich leider
verstorbenen Autors Professor Kurt Pätzold lieferbar. (siehe
ebenfalls Seite 2 dieser Beilage).
Auch eine Reihe von Neuen Filmeditionen ist erschienen. So ist
der Monumentalfilm von Juri Oserow »Befreiung« in neuer HDAbtastung endlich wieder lieferbar (siehe Seite 5). Und nicht zu-
letzt weisen wir in dieser Ausgabe auf ausgewählte Publikationen
hin, die in Kooperation mit dem Verlag 8. Mai GmbH entstanden
sind (siehe Seiten 7 und 8). Wir laden Sie außerdem ein, unseren
Online-Shop zu besuchen (www.jungewelt-shop.de). Wir haben
unser Angebot für Sie dort deutlich ausgeweitet Insbesondere
unser Online-Antiquariat ist weiter beachtlich gewachsen. Wir
wünschen Ihnen eine anregende Lektüre.
Michael Mäde
HELGA REIDEMEISTER/DEUTSCHE KINEMATHEK
THOMAS A. SCHMIDT
TON STEINE SCHERBEN/RIO REISER ARCHIV/ INDIGO
Das sowjetische Filmepos »Befreiung« zeich-
Aus dem Verlag 8. Mai: Die kritische Neuaus-
schichtlichen Augenblick zu haben.« Dieser
Satz trifft auf den kubanischen Revolutionär
net mit beispielloser Detailtreue den Kampf
der Roten Armee gegen die faschistischen
gabe von Lenins »Imperialismus«-Schrift, der
Fotokatalog »Fidel es Fidel» von Robert Chile
duzent an zahlreichen Veröffentlichungen diverser Künstler beteiligt. Gerade hat er mit dem
Raúl Castro wie auf keine andere Persönlichkeit in der heutigen Zeit zu. Volker Hermsdorf
Truppen nach. Außerdem: Klassiker der DEFA,
ein Dokumentarfilm über Janis Joplin, die
und eine hochwertige Mappe zur Ausstellung
»Der saure und der faule Apfel« mit Plastiken
kubanischen Musiker Gerardo Alfonso die »Viva
Cuba«-Tour absolviert. Mit »Unerhört« ist jetzt
hat ein Buch über ihn geschrieben.
DVD-Box »Die Verschworenen« u. v. m.
von Christiane Rößler
sein erstes eigenes Album erschienen.
Politisches Buch n Seiten 2 bis 4
Film und Fernsehen n Seiten 5/6
Projekte des Verlages 8. Mai n Seiten 7/8
Tobias Thiele war bereits als Musiker und Pro-
jW-Empfehlungen n Seite 12
Leseherbst
Empfehlungen und Hinweise für eine
anregende Lektüre: Zahlreiche Neuerscheinungen, darunter Volker Hermsdorfs
Biographie über Raúl Castro, Domenico
Losurdos Studie über den Klassenkampf
sowie zwei Bücher des kürzlich verstorbenen Historikers Kurt Pätzold
12 SEITEN EXTRA
GEGRÜNDET 1947 · FREITAG, 30. SEPTEMBER 2016 · NR. 229 · 1,50 EURO (DE), 1,70 EURO (AT), 2,20 CHF (CH) · PVST A11002 · ENTGELT BEZAHLT
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Schmutzkampagne
Verschlusssache
Prozessfarce
Munitionsdiktator
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DGB hegt erhebliche Zweifel an
CETA. Öffentlichkeit soll
davon aber nichts erfahren
Griechische Justiz fordert Haft für
Spanier, die Flüchtlingen das
Leben gerettet haben. Interview
Erster totaler Krieg: Im Herbst 1916 wurde
das Hindenburg-Programm aufgelegt. Von Otto Köhler
Sudan: Offenbar
Chemiewaffen eingesetzt
ESAM AL-FETORI/REUTERS/FLICKR.COM/JUAN CARLOS OCHOA/MONTAGE: jW
Erdogan
stoppt
Schlümpfe
Türkischer Sicherheitsrat
beschließt Verlängerung des
Ausnahmezustands. Prokurdische
und alevitische Fernsehsender
abgeschaltet. Von Nick Brauns
D
er unter dem Vorsitz von
Staatspräsident Recep Tayyip
Erdogan zusammengetretene
Nationale Sicherheitsrat hat sich am
Mittwoch für eine Verlängerung des
Ausnahmezustandes in der Türkei ausgesprochen. Nach dem gescheiterten
Putschversuch vom 15. Juli war dieser
für zunächst drei Monate verhängt und
dem Staatspräsidenten waren so exekutive Vollmachten gegeben worden.
Durch eine Verlängerung könnten
die bislang ergriffenen Maßnahmen
»weiterhin auf effektive Weise umgesetzt werden«, um »die Demokratie,
die Rechtsstaatlichkeit und die Rechte
und Freiheiten der Bürger zu schützen«, heißt es in einer Erklärung des
Sicherheitsrates. Die Regierung muss
der »Empfehlung« des aus den Spitzen
von Staat und Militär gebildeten Gremiums noch formell zustimmen.
Richtete sich der Ausnahmezustand
anfangs gegen vermeintliche Anhänger der als Drahtzieher des Putsches
geltenden Gülen-Bewegung, so nutzt
Erdogan seine Sondervollmachten inzwischen zu einem verschärften Vorgehen gegen die Kurden. Per Dekret
ließ die Rundfunkbehörde RTÜK am
Mittwoch die Ausstrahlung von zehn
prokurdischen oder der alevitischen
Glaubensgemeinschaft nahestehenden
Privatsendern stoppen. Abgeschaltet
wurde etwa der für seine regierungskritischen Beiträge bekannte linke Sender Hayatin Sesi TV. Auch das einzige
kurdische Kinderfernsehen Zarok TV
wurde wegen »Staatsgefährdung« geschlossen. Der Sender hatte Zeichentrickserien wie die »Schlümpfe« und
»Biene Maja« in kurdischer Sprache
ausgestrahlt.
Mit der Kreisstadt Ergani in der
südostanatolischen Provinz Diyarbakir
wurde am Mittwoch die 26. von der
kurdischen Demokratischen Partei der
Regionen (DBP) regierte Kommune
unter Zwangsverwaltung gestellt. An
die Stelle der bereits unter dem Vor-
wurf der »Unterstützung einer Terrororganisation« inhaftierten Bürgermeisterin Aygün Taskin trat ein Staatsbürokrat. Nach Angaben der regierungsnahen Tageszeitung Sabah von Dienstag
sollen bis zu 40.000 Angestellte des
öffentlichen Dienstes aufgrund angeblicher Verbindungen zur Arbeiterpartei Kurdistans PKK entlassen werden.
Bereits in den letzten Wochen waren
mehr als 50.000 Beamte ohne jeden
Prozess suspendiert worden, darunter
neben vermeintlichen Gülen-Anhängern auch 11.000 in der linken Bildungsgewerkschaft »Egitim Sen« organisierte Lehrer.
In einem Gefängnis der südostanatolischen Stadt Sirnak kam es in der
Nacht zum Mittwoch nach Informationen der Nachrichtenagentur Firat
zu einem Aufstand. Die Insassen forderten ein Ende des Besuchsverbots
für Angehörige und Anwälte. Ein Gefangener kam ums Leben, als Feuer
ausbrach. Nach Angaben von Justiz-
minister Bekir Bozdag wurden in Zusammenhang mit dem Putschversuch
bislang 32.000 Menschen in Untersuchungshaft genommen.
Am Mittwoch berichtete ein Rechtsanwalt, der inhaftierte mutmaßliche
Mitglieder der Hackergruppe »Red
Hack« vertritt, von Folterungen seiner
Mandanten zur Aussageerzwingung.
Symbol der kommunistischen Hacker,
die Dokumente von Polizei und Geheimdienst veröffentlicht hatten, ist
übrigens »Papa Schlumpf« mit Hammer und Sichel an der roten Mütze.
Der Gouverneur der mittelanatolischen Provinz Yozgat ließ derweil
unter Berufung auf den Ausnahmezustand alle Bars schließen, in denen
Alkohol ausgeschenkt wurde. Die mit
dem Schutz der öffentlichen Ordnung
begründete Maßnahme dürfte in der
mehrheitlich von konservativen Sunniten bewohnten Region insbesondere
Aleviten treffen, deren Glauben kein
Alkoholverbot kennt.
Aleppo soll nicht befreit werden
USA drohen Russland mit Terror und wollen Dschihadisten mit modernen Waffen aufrüsten
I
m Streit zwischen Russland und
den USA um die Syrien-Politik
wird der Tonfall schärfer. Außenstaatssekretär Sergej Rjabkow sagte
am Donnerstag in Moskau, die jüngsten Äußerungen kämen einer Unterstützung des Terrorismus gleich. Ein
Sprecher des US-Außenministeriums
hatte erklärt, Russland selbst müsse
ein Interesse daran haben, die Gewalt
in dem Land zu stoppen. Andernfalls
könnten Extremisten das Machtvakuum ausnutzen und sogar russische
Städte angreifen. »Diese kaum verhohlene Aufforderung, Terrorismus
als Waffe gegen Russland einzusetzen,
zeigt, wie weit sich die US-Regierung
im Nahen Osten und besonders in
Syrien herabgelassen hat«, kritisierte
­Rjabkow.
Kremlsprecher Dmitri Peschkow
sagte zudem am Donnerstag, die Androhung Washingtons, die Friedensverhandlungen abzubrechen, sei ungeschickt. Die Vorwürfe dienten nur
dazu, den fehlenden Einfluss der USA
auf die Lage in der umkämpften Stadt
Aleppo zu kaschieren. Während die
USA ihre Zusagen zu Syrien nicht einhielten, setze die syrische Armee in
New York. Die sudanesische Regierung geht nach Recherchen der
Menschenrechtsorganisation Amnesty International offenbar mit
Chemiewaffen gegen Bewohner
der Region Darfur vor. Das Militär
des ostafrikanischen Landes habe
bei Einsätzen gegen Rebellen in
einer Gebirgsregion zwischen Januar und September dieses Jahres
mehr als 30mal mit Chemiewaffen
angegriffen, erklärte die Organisation am Donnerstag. Vermutlich
seien dadurch »zwischen 200 und
250 Menschen« getötet worden.
Der Amnesty-Bericht enthält Fotos von Kindern mit chemischen
Verbrennungen, Satellitenbilder
von zerstörten Dörfern und Flüchtlingen sowie Interviews mit mehr
als 200 Überlebenden. Dem Dokument zufolge sind die Angriffe Teil
eines Militäreinsatzes gegen die
Rebellenbewegung »Sudanesische
Befreiungsarmee – Abdul Wahid«
(SLA/AW), der von Khartum Angriffe auf Militärkonvois und Zivilisten vorgeworfen werden. (AFP/jW)
Aleppo ihren Kampf gegen Terroristen
fort, erklärte er.
Die US-Regierung ist über Moskau
verärgert, weil die russische Luftwaffe
die syrische Armee bei ihrer Offensive in Aleppo unterstützt. US-Außenminister John Kerry hatte am Vortag
von seinem russischen Kollegen Sergej
Lawrow gefordert, Russland solle seine Luftangriffe auf die Aufständischen
einstellen.
Die USA erwägen Regierungskreisen zufolge inzwischen auch militärische Optionen wie eine bessere Ausrüstung der islamistischen Verbände
durch US-Verbündete in der Region.
Diskutiert wird beispielsweise, ob der
Geheimdienst CIA Waffensysteme
liefern solle, mit denen die Islamisten
syrische und russische Artilleriepositionen aus größerer Entfernung angreifen könnten, berichtete das Wall Street
Journal am Donnerstag unter Berufung
auf Regierungsmitarbeiter. Überlegt
werde auch, ob Verbündeten in der Region wie der Türkei oder Saudi-Arabien
grünes Licht gegeben werden solle, unter anderem mit Flugabwehrsystemen
auszurüsten.
(dpa/Reuters/jW)
Siehe Seite 8
Asylbehörde: 2017 noch
über 200.000 alte Anträge
WOLFGANG KUMM/DPA-BILDFUNK
Großbritannien: Parteirechte akzeptiert
Labour-Votum für Corbyn nicht
und plant seine Demontage
Nürnberg. Trotz des deutlich verringerten Flüchtlingszuzugs nach
Deutschland wird die oberste
Asylbehörde voraussichtlich über
200.000 unerledigte Asylanträge
mit in das Jahr 2017 nehmen. Diese
Einschätzung nannte der Chef des
Bundesamtes für Migration und
Flüchtlinge (BAMF), Frank-Jürgen
Weise (Foto), am Donnerstag in
Nürnberg. »Wir werden bis Ende
des Jahres etwa 700.000 Anträge
entscheiden«, sagte er. »Wir hätten
dann einen Überhang von 200.000
bis 250.000«. Der Antragsrückstau
werde im Frühjahr 2017 abgearbeitet sein.
Ende August waren beim Bamf
noch rund 567.500 Asylanträge unerledigt. Das hatte das Bundesinnenministerium Anfang September
in seiner monatlichen Statistik
mitgeteilt. (Reuters/jW)
wird herausgegeben von
1.874 Genossinnen und
Genossen (Stand 20.9.2016)
n www.jungewelt.de/lpg