Hotelleriesuisse

Jahrbuch der Schweizer Hotellerie 2009
Impressum
Herausgeber
Redaktion
Projektleitung
Gestaltung
Fotos
Druck
Auflage
© hotelleriesuisse, Bern und
Schweizerische Gesellschaft für Hotelkredit, Zürich
Team hotelleriesuisse und Schweizerische Gesellschaft
für Hotelkredit sowie externe Autoren
Beat Hagmann, hotelleriesuisse
Peter Sennhauser, Stämpfli Publikationen AG, Bern
Sacha Geiser, Liebefeld
Stämpfli Publikationen AG, Bern
6300 Exemplare (4800 deutsch, 1500 französisch)
Wir danken den Mitarbeiterinnen und Mitarbeitern des Lenkerhof alpine resort
für ihre Unterstützung
Printed in Switzerland
Inhaltsverzeichnis
Editorial 3
2008 in Zahlen 5
Wirtschaftliches Umfeld 7
Angebot 13
Nachfrage 21
Beruf und Bildung im Überblick 25
Arbeit 33
Hotel-Benchmark 39
Schwerpunktthemen 51
Zukunft der Bildung 53
Gästebedürfnisse der Zukunft 57
Nachhaltigkeit als Chance für die Schweizer Hotellerie 63
Neue Formen der Hotelfinanzierung 69
Hotellerie – Touristenbeherbergung – Ferienwohnungen? 73
Studien 77
Makrosicht Hochkosteninsel Schweiz 79
Mikrosicht Hochkosteninsel Schweiz 83
Löhne und Produktivität im internationalen Vergleich 89
Satellitenkonto Tourismus 93
Hoteltypen 99
Editorial
Sehr geehrte Leserin
Sehr geehrter Leser
Mit einer Bruttowertschöpfung von 12,6 Milliarden Fran­
ken ist die Tourismuswirtschaft die viertwichtigste Export­
branche der Schweiz. Davon entfallen allein 25 Prozent oder
3,17 Milliarden Franken auf die Beherbergung (ohne Ver­
pflegung). Damit ist die Hotellerie eine der tragenden Säulen
des Tourismus. In den ländlichen Ferienregionen ist der Tou­
rismus in der Regel die einzige Branche mit Wachstums­
potenzial. Für diese Gebiete ist er von strategischer regio­
nalpolitischer Bedeutung.
Aufgrund der hohen Wettbewerbsintensität und der
stets steigenden Ansprüche der Gäste ist die Hotellerie eine
sehr investitions­ und kapitalintensive Branche. Die Investi­
tionsfähigkeit ist also eine Schlüsselgrösse für den Erfolg.
Die Notwendigkeit zur permanenten Innovation wird in der
Praxis oft durch den schwierigen Zugang zum Kapitalmarkt
oder durch das mangelnde Verständnis für die legitimen
Anliegen der Branche, z. B. im Bereich innovativer Hotel­
projekte, erschwert. Aus diesem Grund entschlossen sich
hotelleriesuisse und die Schweizerische Gesellschaft für
Hotelkredit (SGH) vor Jahresfrist zur gemeinsamen Heraus­
gabe eines Jahrbuches der Schweizer Hotellerie.
Das Jahrbuch der Schweizer Hotellerie verfolgt das
Ziel, wichtige Erkenntnisse aus der Theorie und der Hotel­
praxis einer breiten interessierten Leserschaft zuzuführen.
Darüber hinaus sollen über die Steigerung der politischen
und gesellschaftlichen Akzeptanz der Hotellerie die Inte­
ressen und Anliegen der Branche besser vertreten werden.
Die Publikation wendet sich insbesondere an Finanzinsti­
tute und Treuhänder, an die Medien, an politische, wirt­
schaftliche und gesellschaftliche Stakeholder, an Bildungs­
institutionen, aber auch an die Hotelbranche selber.
Das Jahrbuch der Hotellerie ist in drei Teile gegliedert.
Im ersten Teil werden die wichtigsten Eckdaten des ab­
gelaufenen Geschäftsjahres bezüglich Umfeld, Angebot,
Nachfrage, Arbeitsmarkt, Beruf und Bildung sowie Hotel­
Benchmark analysiert und interpretiert. Im zweiten Teil wer­
den aktuelle Fragen und Themen der Hotellerie mit Blick in
die Zukunft vertieft betrachtet. Im dritten Teil werden
Ergebnisse und Erkenntnisse von Studien vorgestellt, die
für die Branche von Bedeutung sind.
Wir wollen mit der vorliegenden Erstausgabe Impulse
für die qualitative Weiterentwicklung der Schweizer Hotel­
lerie geben. Zur Initiierung eines Dialogs laden wir die
kritischen Leser ein, uns ihre Inputs und Anregungen zu­
kommen zu lassen. Diese fliessen dann in die Vorbereitung
der künftigen Jahrbücher ein. Denn auch für uns gilt der
Leitsatz «Wer aufgehört hat, besser zu werden, hat auf­
gehört, gut zu sein». In diesem Sinne wünschen wir Ihnen
eine anregende Lektüre.
Dr. Christoph Juen
Philippe Pasche
CEO hotelleriesuisse
Geschäftsführer Schweizerische
Gesellschaft für Hotelkredit SGH
2008 in Zahlen
Wirtschaftliches Umfeld
Angebot
Nachfrage
Beruf und Bildung im Überblick
Arbeit
Hotel-Benchmark
Wirtschaftliches Umfeld
Michael Kauer, Leiter Beratung, SGH
Allgemeine Entwicklung
Prägend für das Wirtschaftsjahr 2008 war die globale Finanzkrise.
Ging man zu Beginn des Jahres 2008 noch von intakten Wachstumschancen oder allenfalls einer sanften Landung der Schweizer Wirtschaft aus, haben die Turbulenzen an den Börsenmärkten im 2. Semester tiefe Spuren hinterlassen. Im letzten Quartal
2008 schrumpfte das Bruttoinlandprodukt gar um 0,6 Prozent
gegenüber der Vorjahresperiode, was vor allem auf die rückläufigen Exporte und Investitionen zurückzuführen ist. Dank der
stabilen privaten Nachfrage hatte diese Entwicklung noch keine
direkten Auswirkungen auf den Schweizer Tourismus, der wiederum ein «Spitzenjahr» erfahren durfte.
Erst gegen Jahresende verlor auch der private Konsum an
Schwung. Der UBS-Konsumindikator fiel im November auf den
tiefsten Stand seit März 2005. Aufgrund der wachsenden Rezessionsängste schwächten sich sowohl die Verkäufe von Neuwagen
als auch der Geschäftsgang im Detailhandel ab.
Konjunkturelle Rahmenbedingungen
für die Hotellerie
Deutlich verlangsamte Konjunkturdynamik
in der Schweizer Wirtschaft
Das Bruttoinlandprodukt (BIP) stieg im Jahr 2008 um 1,6 Prozent
gegenüber dem Vorjahr. Dies ist ein starker Rückgang, nachdem
das Vorjahr noch um 3,3 Prozent zugelegt hatte.
Berg- und Tal-Fahrt: Schweizer Franken im Vergleich
zu Euro, Dollar und anderen Währungen
Der Euro hat sich gegenüber dem Schweizer Franken bereits 2007
deutlich aufgewertet. Bis im September war der Euro auch durchwegs noch «stark» gegenüber dem Schweizer Franken. Mit der
Ausweitung der Finanzkrise erstarkte der Schweizer Franken als
«Safe-Haven»-Währung erneut, und der Euro verlor gegenüber
dem Schweizer Franken rund 10 Prozent. Ende 2008 pendelte sich
der Euro bei rund 1.50 Franken ein, was einem Verlust von rund
8 Prozent gegenüber dem Vorjahreswert entspricht.
Der US-Dollar befand sich gegenüber dem Schweizer Franken auf einer regelrechten Berg- und Tal-Fahrt. Nach einer deutlichen Schwäche des US-Dollars in den ersten Monaten, wobei er
unter 1 Franken sank, erholte sich die amerikanische Währung im
Herbst vorübergehend mit einem Zuwachs von rund 20 Prozent,
welche sie wegen der Zinssenkung im Dezember wieder verlor.
So bleibt der US-Dollar auf einem relativ tiefen Niveau von rund
1.10 Franken. Diese andauernde Schwäche wirkt sich auf die
Logiernächte von amerikanischen Touristen aus, welche 2008
um 8,8 Prozent abnahmen. Auf Besucher aus den Vereinigten
Staaten entfallen rund 4,1 Prozent der Logiernächte.
Die Exportwirtschaft ist von der negativen Entwicklung am
unmittelbarsten betroffen. Dem Tourismus dürfte 2009 zusätzlich die Verteuerung des Frankens zu schaffen machen. Die Exporte in weiterhin wachsende Länder wie beispielsweise China
bilden zwar ein gewisses konjunkturelles Auffangnetz. Deren
Exportanteile sind aber noch zu gering, um die Rückgänge der
Ausfuhren in die USA und nach Europa zu kompensieren.
Konsum- und Investitionsklima auf neuem Tiefpunkt
Das derzeitige Wirtschaftsumfeld ist geprägt durch grosse Unsicherheiten, die von einem allgemeinen Vertrauensverlust in die
Wirtschaft und volatilen, richtungslosen Finanzmärkten herrühren. Dies widerspiegelt sich unter anderem darin, dass Konsumentenstimmung und Investitionsklima einen neuen Tiefpunkt
erreicht haben.
8
JAHRBUCH 2009 HOTELLERIESUISSE | SCHWEIZERISCHE GESELLSCHAFT FÜR HOTELKREDIT
Interessant ist, dass sich Investoren aufgrund der schlechten
Performance vieler Anlagen in den Immobilienmarkt «flüchten».
So liegen Renditeliegenschaften, zu welchen auch Hotels gehören, wieder hoch im Kurs.
Ölpreis
Anleger flüchteten Anfang Jahr aus dem US-Dollar in das vermeintlich rezessionssichere Rohöl. Die Rekordmarke wurde mit
146 US-Dollar pro Barrel erreicht. Zur Jahresmitte änderte der
Trend. Das über teuerte Öl bremste zunehmend die Weltwirtschaft. Es setzte ein beispielloser Downtrend der Ölpreise ein. Mit
den Crashs von US-Banken im September fiel der Ölpreis unter
die 100-Dollar-Marke zurück. Nachdem die Bankenkrise auf Europa und Asien übergriff, brachen die Ölpreise weiter ein. Von
Juli bis Dezember reduzierten sich die Rohölpreise um 73 Prozent
und schlossen Ende 2008 bei rund 40 US-Dollar pro Barrel ab.
Geringes Deflationsrisiko
Der Erdölpreis hat die Gemüter vor allem in der ersten Hälfte des
Jahres 2008 bewegt. Seit dem Sommer 2008 sind die Erdöl- und
Rohstoffpreise erheblich gefallen, was auch zu einem spürbaren
Rückgang der Inflationsraten geführt hat. In einigen Märkten –
insbesondere in den USA – dürften die Inflationsraten in den kommenden Monaten sogar unter null Prozent fallen. Die drastischen
Zinssenkungen dürften das Risiko einer Deflation abwenden.
Inflationsgefahr gebannt
Das Jahr 2008 war zuerst durch einen starken Anstieg der Inflation gekennzeichnet. Diese erreichte mit 2,9 Prozent den Höchststand, so hoch wie seit fast 15 Jahren nicht mehr. Durch den massiven Rückgang der Erdöl- und Rohstoffpreise hat sich die Lage
aufgrund von Erdölpreis und nachlassender Konjunktur wieder
entspannt. Die Nationalbank hat den entsprechenden Handlungsspielraum bereits genutzt und die Zinsen stark und rasch gesenkt.
Zinsen
Nachdem in den ersten zwei Quartalen des Jahres 2008 aufgrund
der Inflationsängste von eher steigenden Zinssätzen ausgegangen wurde, hat sich die Situation im 3. Quartal schlagartig verändert. Die Schweizerische Nationalbank hat den Leitzins um
0,5 Prozent auf 0,5 Prozent gesenkt und verfolgt so beinahe eine
Null-Zins-Politik. Des Weiteren wurde so die Währung gegenüber
dem Euro um 0,5 Prozent verbilligt.
Ausblick 2009
Einen Ausblick auf das Jahr 2009 zu machen, ist schwierig. Einig
sind sich die Konjunkturexperten darüber, dass die Schweiz 2009
definitiv in eine Rezession fällt. So prognostizierte das SECO Mitte
März 2009, dass die Schweizer Wirtschaft dieses Jahr um 2,2 Prozent schrumpfen wird.
Die Folgen dieser Abkühlung sind schwierig abzuschätzen.
Einerseits verfügt der Schweizer Tourismus über eine relativ stabile Binnennachfrage, andererseits hängt er stark von ausländischen Gästen, insbesondere aus den europäischen Nachbarlän-
dern, ab. Hier spielt die Entwicklung des Wechselkurses zwischen
Euro und Schweizer Franken eine wichtige Rolle. Ein starker
Schweizer Franken könnte mittelfristig gleich zwei negative Folgen
für die Hotellerie haben: einerseits das Ausbleiben von Gästen aus
dem Euroraum, andererseits Schweizergäste, welche vermehrt im
demzufolge «günstigeren» Euroraum die Ferien verbringen. Trotz
dieser Unsicherheiten kann davon ausgegangen werden, dass
allenfalls Kurzaufenthalte in nahe gelegenen Regionen zulegen
werden, während man von grossen Fernreisen aufgrund der
schwachen Konsumentenstimmung absieht.
Abbildung 1 Wechselkursentwicklung
1.90
1.80
1.70
1.60
1.50
1.40
1.30
1.20
1.10
1.00
Januar 1999
EUR
2001
2003
2005
2007
2009
USD
Quelle: SNB
WIRTSCHAFTLICHES UmFELD
Barbara Fellmann, Projektleiterin Branchenanalysen,
hotelleriesuisse
Hotellerie und Gastgewerbe
im internationalen Vergleich
Im Folgenden werden die zentralen Kennzahlen aus der Hotellerie im internationalen Vergleich mit den umliegenden Ländern
Deutschland, Frankreich, Italien und Österreich betrachtet. Dabei
muss beachtet werden, dass die Datenbasis nicht in allen Ländern
dieselbe ist. Somit ist es möglich, dass gewisse Abweichungen zu
anderen Publikationen auftreten können.
9
In Frankreich und Österreich hingegen nahm die Bettenzahl
in den letzen 15 Jahren auf 1 255 650 bzw. 579 758 Betten ab.
Während der Rückgang von 11,3 Prozent in Österreich ziemlich
konstant verlief, verzeichnete Frankreich 1996 und 2001 zwei
starke Einbrüche. Insbesondere seit dem starken Rückgang 2001
nahm die Bettenzahl in Frankreich nur noch sehr leicht zu und
büsste gegenüber 1992 rund 10 Prozent ein. In der Schweiz ging
die Anzahl Betten bis 2003 leicht zurück und ist seither wieder
am Steigen. Das Bettenangebot hat sich mit +0,8 Prozent gegenüber 1992 kaum verändert.
Abbildung 3 Entwicklung der Anzahl Betten
2 500 000
2 000 000
Angebot an Betrieben und Betten
Die Entwicklung der Anzahl Hotelbetriebe ist von Land zu Land
sehr unterschiedlich. In Deutschland, das heute über 36 531 Hotelbetriebe verfügt, stieg diese Zahl von 1993 bis 1997 an. Anschliessend ging die Anzahl Betriebe konstant leicht zurück. Demgegenüber verlief die Entwicklung in Italien umgekehrt. Bis 1999
war die Anzahl Hotelbetriebe konstant rückläufig. Seither zeichnet sich ein leichter, aber kontinuierlicher Aufwärtstrend ab, der
2007 einen Stand von 34 058 Betrieben erreichte.
In Frankreich, Österreich und der Schweiz ist die Anzahl
Betriebe seit 1992 leicht rückläufig. 2008 verzeichnen diese Länder 17 970 (Frankreich), 13 756 (Österreich) bzw. 5582 (Schweiz)
Hotelbetriebe.
1 500 000
1 000 000
500 000
0
1992
1994
Deutschland
1996
Italien
1998
2000
2002
Frankreich
2004
2006 2008
Österreich
Schweiz
Quelle: BFS, Destatis, Eurostat, hotelleriesuisse
Diese gegenläufigen Entwicklungen der Betriebs- und Bettenzahlen führten dazu, dass die mittlere Betriebsgrösse auf Basis der
Betten in allen fünf Ländern gestiegen ist. Heute verfügt ein Hotel durchschnittlich über mehr als 40 Betten. Die kleinsten Betriebe finden sich in Österreich mit im Schnitt 42,1 Betten, gefolgt
von Deutschland (44,3) und der Schweiz (48,5). Italien und Frankreich verfügen mit mehr als 60 Betten pro Betrieb über durchschnittlich fast eineinhalb Mal so grosse Betriebe.
Abbildung 2 Entwicklung der Anzahl Betriebe
40 000
35 000
30 000
20 000
15 000
10 000
Tabelle 1 Mittlere Betriebsgrösse auf Bettenbasis
5 000
Deutschland
Frankreich
Italien
Österreich
1992
31,4
68,2
48,7
34,5
41,4
1995
37,9
57,3
50,7
35,7
43,2
2000
41,3
76,7
55,6
37,9
45,0
0
1992
Deutschland
1994
1996
Italien
1998
2000
Frankreich
2002
2004
2006 2008
Österreich
Schweiz
Quelle: BFS, Destatis, Eurostat, hotelleriesuisse
2005
44,3
67,8
60,5
40,0
47,1
2008
44,3
69,9
*
42,1
48,5
* nicht verfügbar
Die Entwicklung der Anzahl Betten hingegen verzeichnet ganz
andere Verläufe. In Italien nahm das Bettenangebot seit 1992 um
nahezu einen Viertel auf 2 142 786 Betten im 2007 zu. Mit einer
Zunahme um 40,9 Prozent auf 1 618 740 Betten verzeichnet auch
Deutschland eine überdurchschnittliche Zunahme. Dabei handelt
es sich aber um ein rückläufiges Wachstum.
Schweiz
Quelle: BFS, Destatis, Eurostat, hotelleriesuisse
Logiernächte
Die Zuwächse bei den Logiernächten seit 1992 fielen nicht überall gleich stark aus. Frankreich und Italien konnten ihre Logiernächte um rund einen Drittel steigern, und in Deutschland liegt
das Wachstum bei 25 Prozent. Österreich konnte nach einem
10
JAHRBUCH 2009 HOTELLERIESUISSE | SCHWEIZERISCHE GESELLSCHAFT FÜR HOTELKREDIT
leichten Rückgang bis 1997 wieder zulegen und verzeichnet heute rund 2,5 Prozent mehr Logiernächte als 1992. Ähnlich sieht das
Bild in der Schweiz aus, die 1996 ein Tief erreichte. Anschliessend
nahmen die Logiernächte bis zum Jahr 2000 konstant zu, bevor
sie bis 2003 nochmals leicht zurückgingen. Seither sind auch in
der Schweiz die Logiernächtezahlen wieder kräftig am Wachsen.
Gegenüber 1992 konnte die Schweiz bei den Logiernächten um
4 Prozent zulegen.
Abbildung 4 Entwicklung der Logiernächte
300 000 000
250 000 000
200 000 000
150 000 000
100 000 000
50 000 000
0
1992
1994
Deutschland
1996
Italien
1998
2000
Frankreich
2002
2004
2006 2008
Österreich
Schweiz
Quelle: BFS, Destatis, Eurostat, hotelleriesuisse, TourMIS
Italien verzeichnet mit 246,5 Millionen Logiernächten in der Hotellerie absolut gesehen am meisten, gefolgt von Deutschland mit
218,2 Millionen und Frankreich mit 203,9 Millionen Logiernächten. Österreich und die Schweiz reichen nicht an diese Dimensionen heran, können jedoch mit 82,4 bzw. 37,3 Millionen Logiernächten ebenfalls stolze Zahlen ausweisen.
Tabelle 2 Anzahl Logiernächte in Millionen
1992
Deutschland
Frankreich
Italien
Österreich
Schweiz
174,5
151,2
192,4
80,4
35,9
1995
172,3
144,7
208,0
72,5
32,6
2000
198,1
180,5
233,6
71,6
35,0
2005
200,8
198,0
240,3
76,1
32,9
2008
218,2
203,9
246,5
82,4
37,3
chen in Deutschland die Inländer den grössten Anteil an den
Logiernächten in der Hotellerie aus, gefolgt von Frankreich mit
64,5 Prozent und Italien mit 56,8 Prozent. Die Schweiz liegt mit
42,4 Prozent vor Österreich, wo lediglich 26,6 Prozent der Logiernächte von inländischen Gästen generiert werden.
Verglichen mit 1992 sind die Inländeranteile in Österreich
(+6,5 Prozentpunkte) und Frankreich (+4 Prozentpunkte) gestiegen. In der Schweiz (–0,2 Prozentpunkte), Deutschland (–4,4 Prozentpunkte) und Italien (–10,3 Prozentpunkte) dagegen ging der
Anteil der inländischen Gäste am Total der Logiernächte zurück.
Auslastung der Betten
Die Analyse der Brutto-Bettenauslastung zeigt in den betrachteten Ländern sehr unterschiedliche Resultate. In Deutschland lag
die Auslastung 1992 mit 38,9 Prozent weit über den Werten der
anderen Länder. Bis 1997 ging die Auslastung jedoch sehr stark
zurück und erholte sich seither nur moderat. Heute liegt die
Brutto- Bettenauslastung in Deutschland bei 36,5 Prozent und
somit nur knapp über derjenigen in Italien, das mit 32,5 Prozent
(2007) über die schlechteste Auslastung verfügt. Dies hängt damit zusammen, dass das bis 2001 anhaltende Wachstum einbrach
und die Auslastung seither ziemlich konstant blieb. In Österreich
verlief die Brutto-Bettenauslastung bis 1997 rückläufig, entwickelt sich jedoch seither konstant positiv und erreicht 2008 mit
38,8 Prozent den zweitbesten Wert unter den betrachteten Ländern. In der Schweiz ist die Brutto-Bettenauslastung mit 37,7 Prozent nur leicht unter jener von Österreich und gegenüber 1992
kaum verändert. In der Zwischenzeit gab es jedoch zwei Einbrüche, 1996 und 2003/2004, die jedoch beide positive Wachstumstrends als Folge verzeichnen konnten.
Mit einer Brutto-Bettenauslastung von gerade mal 29,3 Prozent wies Frankreich 1992 den schlechtesten Wert aus. Dieser
konnte jedoch zwischen 1998 und 2001 massiv verbessert werden und erreicht 2008 einen Höchstwert von 44,4 Prozent, womit
Frankreich von den fünf betrachteten Ländern punkto BruttoBettenauslastung am besten abschliesst.
Abbildung 5 Entwicklung der Brutto-Bettenauslastung
50%
40%
Quelle: BFS, Destatis, Eurostat, Federalberghi, hotelleriesuisse, TourMIS
30%
Werden die Logiernächte pro Fläche hochgerechnet, präsentiert
sich ein ganz anderes Bild. In diesem Fall folgt die Schweiz mit
904,3 Logiernächten pro km2 knapp auf Österreich, das 981,9 Logiernächte pro km2 verzeichnet, und vor Italien mit 817,9 Logiernächten pro km2. Deutschland (611 Logiernächte pro km2) und
Frankreich (374,8 Logiernächte pro km2) verzeichnen pro Fläche
am wenigsten Logiernächte.
Interessant ist auch, dass die Anteile an in- und ausländischen
Gästen von Land zu Land stark variieren. Mit 79,3 Prozent ma-
20%
10%
0%
1992
1994
Deutschland
1996
Italien
1998
2000
Frankreich
2002
2004
Österreich
2006
2008
Schweiz
Quelle: BFS, Destatis, Eurostat, hotelleriesuisse, TourMIS
Angebot
Barbara Fellmann, Projektleiterin Branchenanalysen,
hotelleriesuisse
Bei der Betrachtung der Angebotsseite der Hotel- und Kurbetriebe in der Schweiz werden grundsätzlich zwei Aspekte analysiert.
Einerseits wird auf die regionalen Unterschiede eingegangen, wobei die Unterteilung gemäss BAK Basel Economics verwendet
wird. Dieses Schema sieht vor, dass die Schweiz in drei Gebiete
unterteilt wird. Die folgende Aufzählung nennt diese Gebiete und
wie sie sich zusammensetzen:
• «Alpenraum»: Berner Oberland, Graubünden, Tessin,
Wallis und Zentralschweiz
• «Grosse Städte»: Basel, Bern, Genf, Lausanne und Zürich
• «Restliche Gebiete»
gern und machen 2008 einen Anteil von 6 Prozent aus. 57,1 Prozent der Hotel- und Kurbetriebe dagegen befinden sich im
Alpenraum und 36,9 Prozent in den restlichen Gebieten.
Die Verteilung der Betriebe im Alpenraum ist relativ ausgeglichen. Spitzenreiter ist die Region Graubünden, in der sich
14,5 Prozent aller Hotel- und Kurbetriebe der Schweiz befinden,
gefolgt vom Wallis (12,6%) und der Zentralschweiz (11,1%). Doch
auch das Berner Oberland (9,6%) und das Tessin (9,4%) steuern
einen wesentlichen Teil bei.
Abbildung 1 Verteilung der Betriebe nach Gebieten
6000
5000
Andererseits werden die unterschiedlichen Entwicklungen nach
den Kategorien der offiziellen Schweizer Hotelklassifikation betrachtet. Diese unterteilt Hotel- und Kurbetriebe in 1-Stern- bis
5-Sterne-Betriebe sowie Betriebe der weiteren Basiskategorien
(Apparthotel/Residenz, International Chain Hotel, Restotel A, B,
C, Unique, Backpacker-Lodge, Berggasthaus/Passantenunterkunft). Alle anderen Betriebe gelten als nicht klassierte Betriebe.
4000
3000
2000
1000
0
1992
Kapazitäten
Betriebe
Die Entwicklung der Hotellerielandschaft in der Schweiz zeigt im
Verlauf seit 1992 interessante Entwicklungen auf. Die Anzahl
Hotel- und Kurbetriebe sank in den letzten 15 Jahren linear um
rund 14 Prozent auf heute 5582 Betriebe.
Bei der Betrachtung der einzelnen Regionen zeigt sich, dass
der Alpenraum (–14,2%) sowie die restlichen Gebiete (–16,2%)
diese Rückgänge mittragen. Die grossen Städte dagegen konnten im angegebenen Zeitraum ihr Angebot um 7,9 Prozent stei-
1994
Restliche Gebiete
1996
1998
2000
Grosse Städte
2002
2004
2006
2008
Alpenraum
Quelle: BFS, hotelleriesuisse
Der Rückgang der Anzahl Betriebe in den letzten 15 Jahren ging
hauptsächlich zulasten der tieferen Sternekategorien. So verzeichnen folgende Kategorien im Vergleich zu 1994 teils starke Rückgänge: 1-Stern-Betriebe (–75,8%), 2-Sterne-Betriebe (–51,4%)
und 3-Sterne-Betriebe (–13,5%). Dennoch machen diese drei
Kategorien nach wie vor rund einen Viertel des gesamten Angebotes aus. Zulegen konnten dagegen die 5-Sterne-Betriebe (4,9%)
sowie die Betriebe der weiteren Basiskategorien (26%).
14
JAHRBUCH 2009 HOTELLERIESUISSE | SCHWEIZERISCHE GESELLSCHAFT FÜR HOTELKREDIT
Abbildung 2 Verteilung der Betriebe nach Sternekategorien
Nicht klassiert 60,1%
1-Stern 0,9%
2-Sterne 5,0%
3-Sterne 17,4%
4-Sterne 8,0%
Insbesondere die weiteren Basiskategorien konnten mit
66,2 Prozent eine massive Steigerung der Anzahl vorhandener
Betten realisieren und ihren Anteil am Total auf 6,6 Prozent ausbauen. Rückgänge um mehr als die Hälfte bzw. rund 40 Prozent
des Angebotes gegenüber 1994 verzeichnen die 1-Stern- und
2-Sterne-Betriebe. Eine Einbusse von rund 14 Prozent gab es auch
bei den 3-Sterne-Betrieben, die mit 22,7 Prozent jedoch nach wie
vor den grössten Anteil der klassierten Betten ausmachen.
5-Sterne 1,5%
Basiskategorie 7,1%
Abbildung 4 Verteilung der Betten nach Sternekategorien
Nicht klassiert 37,8%
1-Stern 1,1%
2-Sterne 4,9%
Quelle: BFS, hotelleriesuisse
3-Sterne 22,7%
Abbildung 3 Anzahl klassierte Betriebe nach Sternekategorien
Basiskategorie 6,6%
971
1000
900
800
4-Sterne 20,2%
5-Sterne 6,7%
700
600
Quelle: BFS, hotelleriesuisse
500
446
397
400
279
300
Abbildung 5 Anzahl Betten in klassierten Betrieben nach Sternekategorien
200
100
86
50
70 000
0
1-Stern
2-Sterne
3-Sterne
4-Sterne
5-Sterne
Basiskat.
Quelle: BFS, hotelleriesuisse
61 424
60 000
54 632
50 000
40 000
Betten
Ein ganz anderes Bild zeichnet sich bei der Entwicklung der in
Schweizer Hotel- und Kurbetrieben vorhandenen Betten. Der
Mitte der 1980er-Jahre einsetzende starke Rückgang des Bettenangebotes konnte von 1992 bis 1995 bei relativ konstanten
270 000 Betten vorübergehend gestoppt werden. Ab 1995 sank
die Bettenzahl erneut, bis sie 2003 den Tiefpunkt von 263 022
vorhandenen Betten erreichte. Seither entwickelte sich die Bettenkapazität wieder positiv und liegt 2008 mit 270 490 vorhandenen Betten leicht (0,8%) über dem Wert von 1992.
Im Alpenraum und in den restlichen Gebieten zeichnen sich
ähnliche Schwankungen ab. Jedoch konnte der Alpenraum die
Werte von 1992 noch nicht wieder erreichen. Er liegt mit einem
Bettenangebot von 159 567 1,8 Prozent tiefer als damals. Dennoch macht er mit 59 Prozent am gesamten Angebot den weitaus grössten Anteil aus.
Die Entwicklung der vorhandenen Betten in den grossen
Städten hingegen verlief bis 1997 leicht rückläufig (30 832) und
nimmt seither konstant zu. 2008 liegt das Bettenangebot in den
grossen Städten bei 35 016, was 12,9 Prozent des gesamten Angebotes ausmacht.
30 000
20 000
18 054
17 822
5-Sterne
Basiskat.
13 334
10 000
3 053
0
1-Stern
2-Sterne
3-Sterne
4-Sterne
Quelle: BFS, hotelleriesuisse
Betriebsstrukturen
Wird die Entwicklung der Anzahl Betriebe mit jener der Betten in
Relation gesetzt, so zeichnet sich klar ein Trend zu grösseren Hotelund Kurbetrieben ab. Lag die Anzahl Betten pro Betrieb 1992 noch
bei 41,4, so liegt dieser Wert 2008 bei 48,5 Betten pro Betrieb.
Dies entspricht einer Zunahme der Betriebsgrösse um 17,1 Prozent.
Angebot
Abbildung 6 Trend zu grösseren Betrieben in der Schweiz
Abbildung 7 Verteilung der Sternekategorien in den grossen Städten
120
Nicht klassiert 29,5%
15
1-Stern 1,5%
110
2-Sterne 5,7%
100
3-Sterne 27,1%
90
80
1992
1994
Anzahl Betten
1996
1998
2000
Anzahl Betriebe
2002
2004
2006
2008
Ø Betriebsgrösse (Basis Betten)
Basiskategorie 5,4%
4-Sterne 23,3%
5-Sterne 7,5%
Quelle: BFS, hotelleriesuisse
Index 1992 = 100
Quelle: BFS, hotelleriesuisse
tabelle 1 Trend zu grösseren Betrieben in der Schweiz
Anzahl Betriebe
Anzahl Betten
Ø Betriebsgrösse
(Basis Betten)
1992
1995
2000
2005
2008
6 482
6 257
5 880
5 663
5 582
268 321
269 993
264 492
266 586
270 490
41,4
43,2
45,0
47,1
48,5
Abbildung 8 Verteilung der Sternekategorien im Alpenraum
Nicht klassiert 54,7%
1-Stern 1,0%
2-Sterne 6,1%
Quelle: BFS, hotelleriesuisse
3-Sterne 20,9%
Ähnliche Entwicklungen gab es im Alpenraum und in den restlichen
Gebieten. Im Alpenraum liegen die Betriebe mit durchschnittlich
50,1 Betten leicht über dem Schweizer Mittel. Etwas kleiner sind die
Betriebe in den restlichen Gebieten mit 36,8 Betten pro Betrieb.
Deutlich grösser sind die Betriebe in den grossen Städten, die über
durchschnittlich 104,7 Betten verfügen. Die mittlere Betriebs­
grösse hat sich hier in den letzten 15 Jahren kaum verändert.
Innerhalb der Sternekategorien haben sich die 3­Sterne­ bis
5­Sterne­Betriebe kaum verändert und verfügen im Durchschnitt
über 63,2 (3­Sterne­Betriebe), 122,4 (4­Sterne­Betriebe) bzw.
209,9 (5­Sterne­Betriebe) Betten pro Betrieb. Anders sieht es bei
den 1­Stern­ und 2­Sterne­Hotels sowie den Betrieben der wei­
teren Basiskategorien aus. Diese konnten die durchschnittliche
Grösse um 25 bis 90 Prozent steigern und verfügen derzeit über
durchschnittlich 61,1 (1­Stern­Betriebe), 47,8 (2­Sterne­Betriebe)
bzw. 44,9 (weitere Basiskategorien) Betten pro Betrieb.
4-Sterne 8,1%
Basiskategorie 7,8%
5-Sterne 1,4%
Quelle: BFS, hotelleriesuisse
Abbildung 9 Verteilung der Sternekategorien in den restlichen Gebieten
Nicht klassiert 73,4%
1-Stern 0,6%
2-Sterne 3,1%
3-Sterne 10,4%
4-Sterne 5,4%
5-Sterne 0,8%
Qualitätsfortschritte
Verteilung der Sternekategorien nach Regionen
Auffallend ist bei der Betrachtung der Verteilung der Sterne nach
Regionen, dass insbesondere in den Städten der Anteil klassier­
ter Betriebe mit 70,5 Prozent einiges höher ist als im Alpenraum
und in den restlichen Gebieten.
In den grossen Städten machen die 3­Sterne­ und 4­Sterne­
Betriebe die Hälfte des Angebotes aus. Im Alpenraum und in den
restlichen Gebieten sind diese beiden Kategorien zwar auch am
stärksten vertreten, machen aber nur 29 Prozent (Alpenraum)
bzw. rund 16 Prozent (restliche Gebiete) aus.
Basiskategorie 6,3%
Quelle: BFS, hotelleriesuisse
16
JAHRBUCH 2009 HOTELLERIESUISSE | SCHWEIZERISCHE GESELLSCHAFT FÜR HOTELKREDIT
Qualitäts-Gütesiegel bei klassierten Betrieben
Beim Vergleich der Anzahl Qualitäts-Gütesiegel in den verschiedenen Kategorien fällt auf, dass die Anzahl Gütesiegel seit 2001
um zwei Drittel zugenommen hat.
Ein kleiner Teil dieser Zunahme lässt sich durch die Einführung des Qualitäts-Gütesiegels Stufe III im Jahr 2003 erklären. Der
grosse Anteil rührt aber daher, dass sich Gäste zunehmend für
Angebote entscheiden, bei denen sie sicher sind, dass die Leistung qualitativ hochstehend und ihren Preis wert ist. Zudem gewinnen weiche Faktoren wie die Atmosphäre im Haus oder
freundliche Mitarbeitende zunehmend an Wichtigkeit. Vgl. dazu
das Kapitel «Gästebedürfnisse der Zukunft».
Abbildung 10 Anzahl Qualitäts-Gütesiegel pro Sternekategorie 2008
1000
900
800
700
600
500
Spezialisierungskategorien
Die Spezialisierungskategorien erleichtern dem Gast die Auswahl
eines Hotels zusätzlich, indem sie weitere Hinweise zum Charakter, zur Ausrichtung auf ein bestimmtes Gästesegment und zur
Infrastruktur eines Hotels geben. Ein Betrieb kann sich mit bis zu
drei Spezialisierungskategorien auszeichnen lassen, sofern er die
erforderlichen Anforderungen erfüllt1.
Der Vergleich der Daten von 2001 mit jenen von 2008 zeigt
auf, dass Spezialisierungskategorien heute ein höherer Stellenwert zukommt. Ein klassierter Betrieb verfügt im Schnitt über 0,8
Spezialisierungskategorien (2001: 0,6). Mit Abstand am meisten
Spezialisierungskategorien haben 5-Sterne-Betriebe mit durchschnittlich 2,3 Spezialisierungen pro Betrieb. Gefolgt von den
4-Sterne-Betrieben mit 1,5 und den 3-Sterne-Häusern mit 0,8
Spezialisierungskategorien pro Betrieb. Diese Entwicklung lässt
sich dadurch erklären, dass es in der Hotellerie immer wichtiger
wird, sich in Nischen zu positionieren, um mit einem konkreten
Angebot eine bestimmte Gästegruppe ansprechen zu können.
Von den rund 1900 verliehenen Spezialisierungskategorien
macht die Kategorie Ferienhotel mit 24,2 Prozent den Löwenanteil
aus, gefolgt von der Kategorie Seminarhotel mit 17,8 Prozent und
den Wanderhotels mit 13,2 Prozent.
400
300
Abbildung 12 Anteile der verschiedenen Spezialisierungskategorien
200
100
Design 2,5%
0
1-Stern
2-Sterne
Ohne Qualitäts-Gütesiegel
3-Sterne
QI
4-Sterne
Q II
5-Sterne
Basiskat.
Familien 2,5%
Kongress 2,7%
Q III
Quelle: hotelleriesuisse
Historisch 2,1%
Oeko 1,0%
Gesundheit 0,9%
Tennis 0,5%
Landgasthof 3,0%
Drive-in 0,5%
Golf 3,5%
Ferien 24,2%
Wellness 4,2%
Abbildung 11 Anzahl Qualitäts-Gütesiegel pro Sternekategorie 2001
1200
Bike 5,7%
1100
Ausgezeichnete
Küche 6,9%
1000
Business 9,0%
Seminar 17,8%
Wandern 13,2%
900
800
700
Quelle: hotelleriesuisse
600
500
400
300
200
100
0
1-Stern
2-Sterne
Ohne Qualitäts-Gütesiegel
3-Sterne
QI
4-Sterne
5-Sterne
Basiskat.
Q II
Quelle: hotelleriesuisse
1
www.hotelsterne.ch
AnGEBOT
BAK Basel Economics: Hochbauprognose 2008–2014, 2008
Hotel- und Restaurantbauten
2008
Reale
Bauaufwendungen2
Bauvorhaben3
2009
2010–2014
–18,0%
+7,8% Ø +3,3% pro Jahr
–24,2%
Ø +3,0% pro Jahr
Historische Entwicklung
Die Bauaufwendungen für Hotels und Restaurants haben in den
Jahren 2006 und 2007 massiv zugenommen. 2007 lagen sie real
um 38 Prozent über dem Niveau von 2005. Diese massive Steigerung lässt sich zum einen auf den Umbau des Grand Hotel Dolder
in Zürich zurückführen, zum anderen aber auch allgemein auf
die Tatsache, dass in der Schweizer Hotellerie aufgrund eher geringer Investitionen in den vergangenen Jahren ein zunehmender
Modernisierungsbedarf besteht. So ist auch die Realisierungsquote in den letzten beiden Jahren angestiegen und lag 2007 bei
107,5 Prozent, beim Umbau sogar bei 113,9 Prozent.
Prognoseindikatoren
Die Nachfrage im Tourismus wächst weiter kräftig an. Die Zahl
der Logiernächte nahm im Jahr 2007 (im Vergleich zum Vorjahr)
um 4,4 Prozent zu, im Jahr 2008 geht der Trend zwar etwas zurück, ist aber immer noch deutlich im Plus (+3,8% in den Monaten Januar bis Juli, im Vergleich zum gleichen Zeitraum 2007). Die
touristische Auslandnachfrage legte in den ersten acht Monaten
2008 im Vergleich zum Vorjahreszeitraum um 4,5 Prozent zu. Für
das Tourismusjahr November 2008 bis Oktober 2009 ist mit einem
Minus der Logiernächte von 3 Prozent zu rechnen.
Für die Entwicklung der inländischen Nachfrage nach Hotelund Restaurantdienstleistungen sind die Primäreinkommen der
2
3
Die realen Bauaufwendungen umfassen sämtliche realisierten Bauten.
Die Bauvorhaben umfassen sämtliche geplanten Bauten.
17
privaten Haushalte ein wichtiger Indikator. Nach einem sehr
kräftigen Wachstum in den vergangenen zwei Jahren dürfte die
Dynamik im Jahr 2008 leicht abnehmen, aber trotzdem noch
stattliche 3,5 Prozent betragen. Nach einer leichten Abschwächung im Jahr 2009 dürften die Wachstumsraten in der mittleren
Frist wieder Werte von über 3 Prozent erreichen.
Die Bauvorhaben für Hotel- und Restaurantbauten weisen
nach drei «fetten» Jahren mit Wachstumsraten im zweistelligen Prozentbereich auf eine starke Korrektur für das Jahr 2008
hin (–24,2%). Die Vorhaben im Umbaubereich gehen dabei weitaus stärker zurück als die Neubauvorhaben. In diesem starken
Rückgang widerspiegelt sich auch die Beendigung der Bauarbeiten am Zürcher Grand Hotel Dolder.
Kurzfristprognosen für die Jahre 2008 und 2009
Bereits der kurzfristige Verlauf der Bauaufwendungen für Hotelund Restaurantbauten wird stark von Grossprojekten geprägt.
Wie bereits erwähnt, schlägt sich die Fertigstellung des Grand
Hotel Dolder in den Bauvorhaben für das Jahr 2008 und entsprechend auch in den realen Bauaufwendungen nieder. Diese dürften im Jahr 2008 mit einem Minus von 18 Prozent einen starken
Rückgang erfahren. Mit einem Rückgang um 27 Prozent ist vor
allem der Umbau davon betroffen.
Bereits im Jahr 2009 kehrt sich die Lage aber mit dem Beginn
von Projekten in Andermatt, auf dem Bürgenstock und in Davos.
So wird für das Jahr 2009 ein Plus von 7,8 Prozent erwartet, der
Neubau dürfte sogar um 19,5 Prozent zulegen. Die Volatilität der
Aufwendungen im Hotel- und Restaurantbau ist eine Folge des
generell tiefen Investitionsniveaus im Verhältnis zum Investitionsvolumen einzelner Projekte. So erforderten nur schon Umbauten
wie diejenigen am Grand Hotel Dolder in Zürich dreistellige Millionenbeträge, und für Projekte wie das Sawiris-Resort in Andermatt werden Hunderte von Millionen aufgewendet.
Mittelfristig zu erwartende Trends
Insgesamt wird das Niveau der Bauaufwendungen für Hotel- und
Restaurantbauten auch mittelfristig stark von Grossprojekten beeinflusst. Es ist aber davon auszugehen, dass die Bauaufwendun-
Abbildung 13 Entwicklung Hotel- und Restaurantbauten 1980–2008: Bautätigkeit, Bauinvestitionen und Realisierungsquote
1500
125%
1300
100%
1100
75%
900
50%
700
25%
0%
500
1980
Bautätigkeit
1982
1984
Bauvorhaben
1986
1988
1990
1992
1994
1996
1998
2000
2002
2004
2006
2008
Realisierungsquote
Linke Skala: reale Bauausgaben und -vorhaben in Mio. CHF (Preisbasis 2007), rechte Skala: Realisierungsquote in %
Quelle: BAK Basel Economics, BFS
18
JAHRBUCH 2009 HOTELLERIESUISSE | SCHWEIZERISCHE GESELLSCHAFT FÜR HOTELKREDIT
Abbildung 14 Entwicklung Bauausgaben Hotel- und Restaurantbauten sowie Betriebsbautentotal 1980–2014 (inkl. Unterhaltsarbeiten)
Prognose
190
180
170
160
150
140
130
120
110
100
90
80
70
1980
1982
1984
Total Betriebsbauten
1986
1988
1990
1992
1994
1996
1998
2000
2002
2004
2006
2008
2010
2012
2014
Hotels und Restaurants
Skala: real, Index 1980 = 100
gen auch unter Ausklammerung aller Grossprojekte mittelfristig
weiter zunehmen. So wird für die Jahre 2010 bis 2014 im Segment der Hotel- und Restaurantbauten ein ausserordentliches
Potenzialwachstum von durchschnittlich 3,0 Prozent pro Jahr
erwartet. Diese Dynamik basiert einerseits auf einer kontinuierlichen Steigerung der touristischen Nachfrage und andererseits
auf dem zunehmenden Modernisierungsbedarf der Schweizer
Hotelanlagen, die im internationalen Vergleich ein höheres Durchschnittsalter aufweisen. Dadurch würde – ebenfalls unter Ausklammerung aller Grossprojekte – das Segment der Umbauten
und Renovationen in den Jahren 2010 bis 2014 um durchschnittlich 3,2 Prozent pro Jahr zulegen. Unter Einbezug der Grossprojekte wird für die Jahre 2010 bis 2014 ein durchschnittliches
Wachstum von 3,3 Prozent erwartet.
Nebst den Projekten in Andermatt und auf dem Bürgenstock
stehen noch zahlreiche weitere Tourismus-Grossprojekte in der
Pipeline. Investoren orten scheinbar in den Schweizer Bergen ein
riesiges Potenzial, was zu einer Vielzahl an Projektideen führt.
Zum Zeitpunkt der Prognoseerstellung waren diese Projekte aber
noch mit erheblicher Unsicherheit behaftet, weshalb sie nicht in
die Prognose eingeflossen sind. Eine Realisierung nur schon eines
Teils dieser Projekte würde aber die Entwicklung der Bauaufwendungen durchaus positiv beeinflussen. Es besteht somit ein deutliches positives Prognoserisiko.
Quelle: BAK Basel Economics, BFS
machten die Ausgaben für Umbau- und Unterhaltsarbeiten jährlich zwei Drittel bis drei Viertel der gesamten Bauaufwendungen
aus. Die Tendenz zeigt, dass sich die realen Bauaufwendungen für
Neubauten in den nächsten Jahren stark den Ausgaben für Umbau- und Unterhaltsarbeiten angleichen und 2014 rund 40 Prozent
der gesamten Bauaufwendungen ausmachen werden.
Die Ausgaben für Neubauten waren von 1980 bis Mitte der
1990er-Jahre stark rückläufig und pendelten sich anschliessend
bei rund 200 Millionen Franken jährlich ein. Seit 2000 zeichnet
sich, mit Ausnahme eines leichten Einbruches im Jahr 2005, bei
den realen Bauaufwendungen für Neubauten ein Aufwärtstrend
ab, der gemäss Prognosen ab 2010 jährliche Neubauausgaben
von über 400 Millionen Franken vorsieht. Dieser Trend lässt sich
hauptsächlich dadurch erklären, dass seit 2000 vermehrt Grossprojekte realisiert werden.
Demgegenüber verzeichnen die realen Bauaufwendungen
für Umbau- und Unterhaltsarbeiten bis Anfang der 1990er-Jahre
einen starken Aufwärtstrend. Seither schwanken diese Ausgaben
jährlichen zwischen 500 und 800 Millionen Franken. Für die Jahre
bis 2014 ist ein stetes leichtes Wachstum prognostiziert.
Abbildung 15 Reale Bauaufwendungen Hotels und Restaurants 1980–2014
1400
1200
1000
Barbara Fellmann, Projektleiterin Branchenanalysen,
hotelleriesuisse
800
600
400
200
Reale Bauaufwendungen
Bis 1985 wurde jährlich mehr Geld für Neubauten ausgegeben
als für Umbau- und Unterhaltsarbeiten. In den Jahren danach
0
1980
Gesamt
1984
1988
Neubau
1992
1996
2000
2004
2008
2012
Umbau und Unterhaltsarbeiten
Skala: in Mio. CHF (Preisbasis 2007)
Quelle: BAK Basel Economics
AnGEBOT
Abbildung 16 Wachstum der realen Bauaufwendungen
Hotels und Restaurants 2005–2014
Bettenzahl
Schatzalp, Davos
60%
Stilli-Park Davos
Suvretta House, St. Moritz
40%
Village Royal, Aminona
geplante
Eröffnung
–
150 Mio.
2010
428
145 Mio.
2011
2025
–
300 Mio.
1 500
200 Mio.
400 Zimmer
400 Mio.
Transmontagne, Nendaz
20%
Baukosten
19
2011
0%
–20%
–40%
2005 2006 2007 2008 2009 2010 2011 2012 2013 2014
Gesamt
Neubau
Umbau und Unterhaltsarbeiten
Skala: Wachstumsrate in %
Quelle: BAK Basel Economics
Grossprojekte
Die folgende Auflistung von geplanten Grossprojekten in der
Schweizer Hotellerie ist zufällig und erhebt keinen Anspruch auf
Vollständigkeit. Die Liste bietet einen Überblick der Grossprojekte, wie sie in der Presse erwähnt wurden. Viele dieser Projekte
sind zurzeit noch in der Pipeline, und ihre Realisation ist von den
örtlichen raumplanerischen Auflagen abhängig. Vermutlich werden die Auswirkungen der Finanzkrise zu Verzögerungen bei der
Realisierung einiger Projekte führen.
Neueintragungen und
Löschungen von Beherbergungsbetrieben
In den letzten Jahren wurden regelmässig mehr Beherbergungsbetriebe4 neu eröffnet als geschlossen. Jährlich wurden zwischen
300 und 350 Betriebe neu eingetragen, im Jahr 2002 lag dieser
Wert sogar bei 374 Neueintragungen. Die Anzahl Löschungen
inkl. Konkurse dagegen stieg bis 2004 von rund 250 auf 300 an
und ist seither rückläufig. 2008 konnten mit 170 Löschungen und
40 Konkursen die tiefsten Werte verzeichnet werden. Dank diesem guten Ergebnis konnte 2008 auch erstmals ein Nettowachstum von über 100 Beherbergungsbetrieben verzeichnet werden,
was verglichen mit 2000 einem Wachstum von über 100 Prozent
entspricht.
Abbildung 17 Neueintragungen, Löschungen und Nettowachstum
400
350
Tabelle 2 Geplante Grossprojekte in der Schweizer Hotellerie
Alpenbad Adelboden
Alpina Gstaad
aquabasilea, Pratteln
Bürgenstock Hotelresort
300
Baukosten
geplante
Eröffnung
91 Zimmer
116 Mio.
2012
124
175 Mio.
2010
200 Zimmer
230 Mio.
2010
100
2011
50
500
300 Mio.
200 Zimmer
200 Mio.
Designhotel Renaissance Zürich
City West
568
200 Mio.
Feriendorf, Mayens-de-Bruson
700
250 Mio.
Ferienresort Val d’Illiez, Champéry
950
150 Mio.
2010
132 Zimmer
200 Mio.
2011
700
300 Mio.
Centre de triposte, Lausanne
Four Points by Sheraton,
Winterthur
Glattpark Kongresszentrum mit
Hotel, Opfikon
Klinik mit Luxushotel, Schönried
–
280 Mio.
Luxusresort Gryon
–
550 Mio.
700
150 Mio.
Projet de Médran, Verbier
Residenz Hertenstein, Weggis
Resort La Moubra, Crans-Montana
Sawiris-Resort, Andermatt
250
Bettenzahl
200
150
0
2000
2011
2001
Neueintragungen
Firmenkonkurse
2002
2003
2004
175 Mio.
2011
200 Mio.
2011
3 000
1 200 Mio.
2012
2007
2008
Quelle: Schweiz. Verband Creditreform SVC
2011
500
2006
Löschungen ohne Konkurse
Nettowachstum
2013
35 Zimmer
2005
4
Hotelbetriebe, Jugendherbergen usw.
Nachfrage
Barbara Fellmann, Projektleiterin Branchenanalysen,
hotelleriesuisse
Die Betrachtung der Nachfrageseite erfolgt aus drei Perspektiven.
Regional nach der Aufteilung der BAK Basel Economics, nach den
Kategorien der offiziellen Schweizer Hotelklassifikation sowie
nach Quellmärkten.
Logiernächte
Die Anzahl Logiernächte in Hotel- und Kurbetrieben ist in den
letzten fünf Jahren konstant gestiegen. Mit 37,3 Millionen Logiernächten knüpft das Jahr 2008 an die bisherigen Höchstwerte von
1981 (37,1 Millionen Logiernächte) und 1990 (37,5 Millionen Logiernächte) an.
Die Detailanalyse nach Regionen zeigt, dass der Alpenraum mit
56,7 Prozent aller Logiernächte den grössten Teil ausmacht, gleichzeitig aber auch die stärksten Schwankungen aufweist. Innerhalb
des Alpenraums liegt die Region Graubünden mit 16,7 Prozent
aller Logiernächte an erster Stelle, gefolgt vom Wallis (12,3%) und
vom Berner Oberland mit 10,5 Prozent der Logiernächte.
Die grossen Städte, die 18,8 Prozent der Logiernächte ausmachen, sind die Einzigen, die seit 1992 um einen Drittel zulegen
konnten und kaum Rückgänge verzeichnen mussten.
Mehr als die Hälfte aller Logiernächte in Hotel- und Kurbetrieben werden in 3-Sterne- und 4-Sterne-Betrieben generiert.
Je ein Zehntel entfällt auf die 5-Sterne-Hotellerie und auf die
1-Stern- und 2-Sterne-Betriebe sowie auf die Betriebe der weiteren Basiskategorien. Auf die nicht klassierten Betriebe entfällt
nur lediglich ein Viertel der Logiernächte.
Abbildung 2 Verteilung der Logiernächte nach Sternekategorien
Nicht klassiert 24,3%
1-Stern 1,3%
Abbildung 1 Logiernächte nach Gebieten
2-Sterne 5,5%
40 000 000
3-Sterne 27,6%
35 000 000
Basiskategorie 5,9%
30 000 000
25 000 000
5-Sterne 8,2%
20 000 000
4-Sterne 27,1%
15 000 000
10 000 000
5 000 000
Quelle: BFS, hotelleriesuisse
0
1992
Schweiz
1994
1996
Grosse Städte
1998
2000
2002
Alpenraum
2004
2006
2008
Restliche Gebiete
Quelle: BFS, hotelleriesuisse
Incoming, Quellmärkte
42,4 Prozent aller Logiernächte werden von Inländern generiert,
währenddem 44,5 Prozent von Gästen aus dem europäischen
Raum stammen. Die restlichen 13,1 Prozent der Logiernächte ge-
22
JAHRBUCH 2009 HOTELLERIESUISSE | SCHWEIZERISCHE GESELLSCHAFT FÜR HOTELKREDIT
nerieren Gäste aus dem aussereuropäischen Raum, wovon ein
Drittel aus den Vereinigten Staaten.
Tabelle 1 Top 10 – Herkunftsländer der Gäste
Herkunftsland
Logiernächte
Anteil am Total
15 825 473
42,4%
Deutschland
6 313 240
16,9%
Grossbritannien, Nordirland
2 281 701
6,1%
USA
1 518 376
4,1%
Frankreich
1 439 158
3,9%
Italien
1 157 902
3,1%
Niederlande
1 080 840
2,9%
Belgien
829 194
2,2%
Japan
493 901
1,3%
Spanien
462 132
1,2%
Russland
456 995
1,2%
Schweiz
Quelle: BFS, hotelleriesuisse
Aufenthaltsdauer
Die mittlere Aufenthaltsdauer sowohl von inländischen als auch
von ausländischen Gästen ist in den letzten 15 Jahren konstant
zurückgegangen. Ein Rückgang, der hauptsächlich den inländischen Gästen zuzuschreiben ist, deren mittlere Aufenthaltsdauer
flächendeckend von 3,06 auf 2,14 Logiernächte gesunken ist. Herr
und Frau Schweizer verbringen mit durchschnittlich 2,41 Logiernächten die längsten Aufenthalte im Alpenraum.
Doch auch die ausländischen Gäste bleiben meist weniger
lang. Grösster Verlierer ist der Alpenraum; hier sank die mittlere
Aufenthaltsdauer um über 10 Prozent auf 2,93 Nächte pro Gast.
Dennoch bleiben auch die ausländischen Gäste nach wie vor am
längsten in diesen Regionen. In den grossen Städten dagegen
bleiben sie trotz einer um 2,4 Prozent längeren Aufenthaltsdauer
lediglich 2,13 Nächte.
Tabelle 4 Aufenthaltsdauer in Logiernächten, nach Herkunft
Das Logiernächteaufkommen von indischen Gästen hat sich seit
1992 vervierfacht und die Gäste aus Irland generieren heute doppelt so viele Logiernächte wie vor 15 Jahren. China kann in diesem Zusammenhang nicht betrachtet werden, da die Logiernächte beim BFS erst seit 1999 einzeln ausgewiesen werden.
Tabelle 2 Top 5 – Wachstum der Logiernächte
Logiernächte
Veränderung
Anteil am Total gegenüber 1992
Indien
327 300
0,88%
388,0%
Irland
97 271
0,26%
183,8%
Zentralamerika, Karibik
89 992
0,24%
116,6%
Portugal
127 719
0,34%
75,1%
Australien, Neuseeland,
Ozeanien
255 666
0,68%
61,3%
Quelle: BFS, hotelleriesuisse
Die stärksten Rückgänge bei den Logiernächten verzeichnen seit
1992 Japan (–39,4%), Israel (–37,2%) und die USA (–19,7%). Bei
den europäischen Ländern, die über 40 Prozent der gesamten Logiernächte ausmachen, verzeichnen Italien (–17,9%) und Belgien
(–14,7%) hohe Rückgänge.
Tabelle 3 Flop 5 – Rückgang der Logiernächte
Logiernächte
Japan
Israel
Veränderung
Anteil am Total gegenüber 1992
493 901
1,3%
–39,4%
170 456
0,5%
–37,2%
USA
1 518 376
4,1%
–19,7%
Italien
1 157 902
3,1%
–17,9%
829 194
2,2%
–14,7%
Belgien
Inländer
1992
1995
2000
2005
2008
3,06
2,77
2,45
2,22
2,14
Europäer1
2,97
2,97
2,80
2,65
2,57
Aussereuropäischer Raum
2,14
2,12
2,10
2,22
2,28
Total
2,86
2,73
2,52
2,39
2,33
Quelle: BFS, hotelleriesuisse
Gäste aus den Philippinen weisen mit durchschnittlich 3,68 Logiernächten die längste Aufenthaltsdauer aus, gefolgt von Gästen aus den Golfstaaten und aus Russland (je 3,49). Am wenigsten lang bleiben Gäste aus dem asiatischen Raum. Taiwan bildet
mit 1,48 Nächten pro Aufenthalt das Schlusslicht, gefolgt von
Korea (1,49) und China (1,66).
Die Detailanalyse nach Sternekategorien zeigt, dass ein Aufenthalt in einem 3-Sterne- oder 5-Sterne-Betrieb im Schnitt 2,32
bzw. 2,34 Nächte, im 4-Sterne-Hotel 2,29 Nächte dauert. Im
2-Sterne-Bereich hingegen ist die mittlere Aufenthaltsdauer 2,09
und im 1-Stern-Hotel sogar lediglich 1,88 Nächte.
Auslastung
Die mittlere Brutto-Bettenauslastung (bezogen auf Kalender tage)
in Hotel- und Kurbetrieben liegt in den klassierten Betrieben bei
45,9 Prozent. In den nicht klassierten Betrieben ist die mittlere
Bettenauslastung mit lediglich 24,3 Prozent um einiges tiefer.
Die Detailanalyse nach Regionen zeigt, dass die mittlere
Bettenauslastung stark von der Lage des Betriebes abhängt. Betriebe in den grossen Städten realisieren mit 54,7 Prozent eine
weit höhere Auslastung als Betriebe im Alpenraum (36,3%) und
in den restlichen Gebieten (32,9%). Dies hängt im Alpenraum insbesondere mit Saisonschliessungen der Betriebe zusammen.
Quelle: BFS, hotelleriesuisse
1
inkl. Russland und Türkei
nACHFRAGE
23
Während die grossen Städte von 1992 bis 2000 konstant höhere Auslastungen realisierten, verzeichneten der Alpenraum und
die restlichen Gebiete bis 1996 rückläufige Zahlen. Ab 1996 bis
2000 legten auch sie bei der mittleren Bettenauslastung wieder
leicht zu. Von 2000 bis 2003 waren die Auslastungen durchgehend rückläufig, bevor erneut ein Aufwärtstrend einsetzte, der
bis heute anhält. Die Städte konnten ihre Auslastung gegenüber
1992 um 19,5 Prozent verbessern, und auch die restlichen Gebiete verzeichnen eine Verbesserung um 4,1 Prozent. Im Alpenraum
wurde die Auslastung von 1992 bis heute nicht wieder erreicht.
Die folgende Abbildung stellt die Marktanteile der Logiernächte
den Marktanteilen der vorhandenen Betten pro Sternekategorie
gegenüber. Bei Hotel- und Kurbetrieben im 3-Sterne- bis 5-Sterne-Segment überwiegt der Marktanteil der Logiernächte den
Marktanteil der vorhandenen Betten. Diese im Verhältnis zu den
vorhandenen Betten ungleiche Verteilung der Logiernächte erklärt die besseren Auslastungen der höher klassierten Betriebe.
Denn je grösser die Differenz zwischen dem Marktanteil der
Logiernächte und dem Marktanteil der vorhandenen Betten ist,
desto höher ist die Bettenauslastung.
Abbildung 3 Bettenauslastung nach Regionen
Abbildung 5 Marktanteile nach Sternekategorien
60%
40%
50%
30%
40%
20%
30%
10%
20%
0%
10%
1-Stern 2-Sterne 3-Sterne 4-Sterne 5-Sterne
0%
1992
Schweiz
1994
1996
1998
Grosse Städte
2000
2002
Alpenraum
2004
2006
2008
Marktanteil vorhandener Betten
Basiskat. Nicht klass.
Marktanteil der Logiernächte
Quelle: BFS, hotelleriesuisse
Restliche Gebiete
Quelle: BFS, hotelleriesuisse
Die mittlere Bettenauslastung konnte in den letzten fünf Jahren
in allen Kategorien gesteigert werden. Dies war nicht immer so.
Bis 2000 verzeichnete die Bettenauslastung fast konstant ein
Wachstum, das jedoch ab 2001 einbrach und 2003 seinen Tiefpunkt erreichte. Die beste Bettenauslastung verzeichnet mit
50,6 Prozent die 4-Sterne-Hotellerie, gefolgt von den 5-Sterne(46,3%) und den 3-Sterne-Betrieben (45,8%). Die 1-Stern- und
2-Sterne-Betriebe verzeichnen mit 44,6 bzw. 42,4 Prozent ebenfalls eine gute mittlere Bettenauslastung. Tiefer hingegen ist
die Auslastung bei den Betrieben der weiteren Basiskategorien
(33,9%) und bei den nicht klassierten Betrieben (24,3%).
Abbildung 4 Bettenauslastung nach Sternekategorien
60%
50%
40%
30%
20%
10%
0%
1994
1-Stern
5-Sterne
1996
1998
2-Sterne
Basiskategorie
2000
2002
2004
3-Sterne
Nicht klassiert
2006
2008
4-Sterne
Quelle: BFS, hotelleriesuisse
Credit Suisse Economic Research: Swiss Issues Regionen,
November 2007
Gästestrukturen
Die Bevölkerung in den Industrieländern altert. Im Jahr 2020 wird
ein Drittel der europäischen Bevölkerung über 50 Jahre alt sein.
Weil wir immer länger leben, konsumieren und reisen wir auch
länger. Mit dem Wandel der Altersstruktur ändert auch das Konsumverhalten. Unter den Touristen geben die Babyboomer zusehends den Ton an. Immer mehr Leute verfügen zudem in der zweiten Lebenshälfte über reichlich Geld und eine gute Gesundheit.
Auch die anderen Wachstumsgruppen wie etwa Singles und
kinderlose Doppelverdiener verfügen über ein höheres Budget
für Freizeitausgaben als klassische Familien. Sie sind daher für die
Tourismusbranche ebenfalls interessant. Der für einige Destinationen des Berner Oberlands wichtige Fernreisemarkt Japan weist
eine noch extremere Altersstruktur auf.
Der demografische Wandel beschert der Schweiz kaufkräftigere, aber gleichzeitig erfahrenere und daher anspruchsvollere
Touristen, welche primär auf hohen Komfort und Wohlbefinden
setzen. Vermehrt gefragt sind luxuriöse Hotels und Restaurants
sowie grosszügige Wellness-Anlagen. Letztere sind deshalb besonders wichtig, weil in einer alternden Industriegesellschaft der
Wert des Gutes Gesundheit generell steigt.
Beruf und Bildung
im Überblick
Karin Blaser, Projektleiterin Beruf und Bildung,
hotelleriesuisse
Einleitung
Dieses Kapitel zeigt erstmals eine quantitative Gesamtschau über
die Bildungsbeteiligung in Hotellerie und Gastronomie auf den
Stufen Sekundär II und Tertiär. Aufgrund von Daten seit 2000 können Entwicklungstendenzen aufgezeigt und die Branche durch
den Vergleich mit den gesamtschweizerischen Zahlen positioniert
werden.
Die Bildungslandschaft in der Schweiz ist geprägt durch zahlreiche Reformen sowie durch veränderte demografische und wirtschaftspolitische Rahmenbedingungen. In der Hotellerie wurde
auf der Sekundarstufe II die Reform der kaufmännischen Berufslehre durchgeführt und per 2003 die neue Lehre Kauffrau/-mann
B/E: Hotel-Gastro-Tourismus eingeführt. Aufgrund des 2004 in
Kraft getretenen neuen Berufsbildungsgesetzes (BBG) mussten
alle bisherigen Lehren innerhalb einer Übergangsfrist von fünf
Jahren angepasst und die vorgesehenen Attestlehren definiert
werden. Die Hotellerie war die erste Branche überhaupt, welche
die neuen Lehren nach dem BBG umgesetzt hat. Seit 2005 können
neu die dreijährigen Lehren Hotelfachfrau/-mann (HOFA) und
Restaurationsfachfrau/-mann (REFA), sowie die zweijährigen Attestlehren Küchenangestellte/-r (küan), Hotellerieangestellte/-r
(hoan) und Restaurationsangestellte/-r (rean) gewählt werden. Als
letzte Lehre wird diejenige der Köchin/des Kochs per 2010 revidiert. Die Revision der Berufsmaturitätsverordnung ist noch in der
zweiten Vernehmlassung (Stand März 2009), und die Projekte zur
Validierung von Bildungsleistungen auf Sekundarstufe II befinden
sich in der Pilotphase.
Auf der Tertiärebene wurde 2008 der neue Rahmenlehrplan
Hotelfachschulen genehmigt. Die Berufsprüfungen und Höheren
Fachprüfungen werden analog der Grundbildungen dem BBG angepasst, und die Studierenden der Ecole hôtelière de Lausanne
(EHL), der bisher einzigen Fachhochschule mit eidgenössisch
anerkannten Abschlüssen in der Hotellerie, studieren ab 2008
erstmals nach dem Bologna-System. Im Zuge der Reformierung
und Professionalisierung des Bildungsbereiches schliesst seit 2006
auch das ehemalige Unternehmerseminar von hotelleriesuisse mit
dem Titel Dipl. Hotelmanager/-in NDS HF ab.
Der folgende Überblick versteht sich als Ergänzung zu
den Jahresberichten von Hotel & Gastro formation (getragen von
den drei Trägerverbänden hotelleriesuisse, GastroSuisse und
Hotel & Gastro Union und den zwei Mitgliederverbänden Swiss
Catering Association und Schweizer Cafetier-Verband), sowie den
Jahresberichten der Schulhotels von hotelleriesuisse und dem
Branchen-Nachschlagewerk «Schweizer Tourismus in Zahlen»
vom Schweizer Tourismus-Verband.
Sekundarstufe II
Neu abgeschlossene Lehrverhältnisse
und demografische Entwicklung
Seit 2003 hat die Zahl der neu abgeschlossenen Lehrverhältnisse
in der Schweiz kontinuierlich zugenommen und erreichte 2007
mit rund 70 200 Lehrverhältnissen einen Höchststand. Gemäss
Prognosen des Bundesamtes für Statistik werden jedoch ab
Sommer 2008 erstmals weniger Jugendliche auf den Lehrstellenmarkt strömen. Diese Entwicklung wird in den nächsten Jahre
anhalten und 2017 mit einem gesamtschweizerischen Rückgang
um rund 11 Prozent einen Höhepunkt erreichen. Dieser Rückgang
verhält sich jedoch nicht in allen Regionen der Schweiz gleich, was
u. a. mit der traditionell unterschiedlich verteilten Lehrabschlussquote erklärt werden kann. So ist beispielsweise die Deutschschweiz stärker von dieser Entwicklung betroffen als die Romandie. Auch die Tourismus- und Saisonregionen werden im Vergleich
zu den Ballungszentren einen überdurchschnittlichen Rückgang
zu verzeichnen haben.
26
JAHRBUCH 2009 HOTELLERIESUISSE | SCHWEIZERISCHE GESELLSCHAFT FÜR HOTELKREDIT
Tabelle 1 Neu abgeschlossene Lehrverhältnisse in der Branche 2000–2007
2000
2001
2002
2003
2004
2005
2006
2007
Hotelfachfrau/-mann (ab 2005)
–
–
–
–
–
327
380
351
Restaurationsfachfrau/-mann (ab 2005)
–
–
–
–
–
718
852
738
3-jährige Lehren
Eidg. Fähigkeitszeugnis (EFZ)
Gastronomiefachassistent/-in1)
275
309
305
319
345
63
56
48
2 165
2 062
1 882
1 937
2 090
2 138
2 144
2 178
Kauffrau/-mann B: Hotel-Gastro-Tourismus (ab 2003)
–
–
–
7
15
10
6
12
Kauffrau/-mann E: Hotel-Gastro-Tourismus (ab 2003)
–
–
–
152
177
169
132
211
Köchin/Koch
Kaufmännische/-r Angestellte/-r Gastgewerbe1)
248
248
215
70
20
22
–
–
2 688
2 619
2 402
2 485
2 647
3 447
3 570
3 538
Hotelfachassistent/-in1)
396
340
270
250
252
10
1
–
Servicefachangestellte/-r1)
813
754
725
668
719
123
6
3
Hotellerieangestellte/-r (ab 2005)
–
–
–
–
–
25
40
33
Restaurationsangestellte/-r (ab 2005)
–
–
–
–
–
66
64
74
Küchenangestellte/-r (ab 2005)
–
–
–
–
–
220
257
293
1 209
1 094
995
918
971
444
368
403
Total 3-jährige Lehren
2-jährige Lehren
Eidg. Fähigkeitszeugnis (EFZ)
Eidg. Berufsattest (EBA)
Total 2-jährige Lehren
Total 2- und 3-jährige Lehren Hotellerie
Total eidg. Fähigkeitszeugnisse (alle Branchen)
3 897
3 713
3 397
3 403
3 618
3 891
3 938
3 941
62 294
62 414
60 476
60 410
62 847
62 548
64 226
67 159
Total eidg. Berufsatteste (alle Branchen)
Total 2- und 3-jährige Lehren (alle Branchen)
1)
–
–
–
–
–
1 406
2 229
3 057
62 294
62 414
60 476
60 410
62 847
63 954
66 455
70 216
Quelle: BFS
werden nicht mehr ausgebildet
Analog der gesamtschweizerischen Entwicklung seit 2003 ist in
der Branche eine Zunahme der neuen Lehrverhältnisse pro Jahr
zu verzeichnen. 2007 sind rund 550 Lehrverhältnisse mehr abgeschlossen worden als im Jahr 2002 (vgl. Abbildung 1). Die
Analyse der einzelnen Lehren zeigt, dass im genannten Zeitraum
die Zahlen für die Kochlernenden etwas gestiegen sind. Auffallend ist, dass im Jahr 2007 knapp ein Drittel mehr Lehrverhältnisse mit Küchenangestellten als zwei Jahre davor abgeschlossen
wurden. Dies gilt als Zeichen der Akzeptanz dieser neuen Attestausbildung. Die Zahlen der neuen Lehren HOFA und REFA sowie
hoan und rean sind schwankend, sodass kein eindeutiger Trend
ausgemacht werden kann. Obwohl seit 2005 immer mehr Lehrstellen besetzt wurden, hat die Branche im Verhältnis zur gesamten Lehrstellensituation in der Schweiz an Terrain verloren.
Der prozentuale Anteil sank von 6,1 Prozent im Jahr 2005 auf
5,6 Prozent im Jahr 2007. Eine ähnliche Entwicklung hat bereits
zwischen 2000 und 2002 stattgefunden, welche die Branche aber
aufgefangen hat.
Eidgenössische Fähigkeitszeugnisse und Berufsatteste
Die Anzahl der erteilten eidgenössischen Fähigkeitszeugnisse (EFZ)
und Berufsatteste (EBA, erste Ausstellung ab 2007) hat seit 2001
nach einem Zwischenhoch von 2006 kontinuierlich abgenommen
(vgl. Abbildung 1).
Abbildung 1 2- und 3-jährige Lehren in der Hotellerie
4000
3000
2000
1000
0
2000
2001
2002
2003
Neu abgeschlossene Lehrverhältnisse
2004
2005
2006
2007
Total EFZ und EBA
Quelle: BFS, hotelleriesuisse
BERUF UnD BILDUnG Im ÜBERBLICK
27
Tabelle 2 Eidg. Fähigkeitszeugnisse und Berufsatteste in der Branche 2000–2007
2000
2001
2002
2003
2004
2005
2006
2007
Hotelfachfrau/-mann (ab 2008)
–
–
–
–
–
–
–
–
Restaurationsfachfrau/-mann (ab 2008)
–
–
–
–
–
–
–
–
3-jährige Lehren
Eidg. Fähigkeitszeugnis (EFZ)
Gastronomiefachassistent/-in1)
46
93
179
263
278
266
309
339
1 520
1 699
1 706
1 672
1 553
1 431
1 505
1 643
Kauffrau/-mann B: Hotel-Gastro-Tourismus (ab 2006)
–
–
–
–
–
–
14
20
Kauffrau/-mann E: Hotel-Gastro-Tourismus (ab 2006)
–
–
–
–
–
–
178
188
Köchin/Koch
Kaufmännische/-r Angestellte/-r Gastgewerbe1)
Total 3-jährige Lehren
199
208
228
257
222
199
48
–
1 765
2 000
2 113
2 192
2 053
1 896
2 054
2 190
2-jährige Lehren
Eidg. Fähigkeitszeugnis (EFZ)
Hotelfachassistent/-in1)
437
415
339
286
211
206
209
13
Servicefachangestellte/-r1)
737
738
682
608
612
562
641
71
Hotellerieangestellte/-r (ab 2007)
–
–
–
–
–
–
–
31
Restaurationsangestellte/-r (ab 2007)
–
–
–
–
–
–
–
63
Küchenangestellte/-r (ab 2007)
–
–
–
–
–
–
–
202
1 174
1 153
1 021
894
823
768
850
380
Eidg. Berufsattest (EBA)
Total 2-jährige Lehren
Total 2- und 3-jährige Lehren Hotellerie
Total eidg. Fähigkeitszeugnisse (alle Branchen)
2 939
3 153
3 134
3 086
2 876
2 664
2 904
2 570
49 151
50 830
50 406
50 734
51 297
51 149
50 737
49 896
Total eidg. Berufsatteste (alle Branchen)
Total eidg. Fähigkeitszeugnisse und Berufsatteste (alle Branchen)
1)
–
–
–
–
–
94
99
1 591
49 151
50 830
50 406
50 734
51 297
51 243
50 836
51 487
Quelle: BFS, Hotel & Gastro formation
werden nicht mehr ausgebildet
Abbildung 1 zeigt generell, dass mit Verlusten zwischen Beginn
und Abschluss der Grundbildung gerechnet werden muss, was
im Vergleich zu anderen Branchen nichts Ungewöhnliches darstellt. Während der Anteil der Branchenabschlüsse an den gesamtschweizerischen Abschlüssen im Jahre 2000 bei 6 Prozent
lag, machte er 2007 noch 5 Prozent aus. Es ist davon auszugehen, dass sich der Anteil der Abschlüsse im Jahr 2008 vergrössern
wird, weil dann die neuen dreijährigen Lehren HOFA und REFA
abschliessen bzw. diese Zahlen in die Statistik einfliessen.
Interkantonale Fach- und überbetriebliche Kurse
Die Schulhotels von hotelleriesuisse sind aus der Saisonhotellerie
entstanden. Sie sind von Bund und Kantonen als Berufsfachschulen anerkannt und werden internatmässig geführt. Bis ins Jahr
2007 wurden die Lernenden Hotelfachleute, Hotellerieangestellte und Restaurationsfachleute in Berufsfachschulunterricht und
den überbetrieblichen Kursen ausschliesslich in Schulhotels unterrichtet. Seit Sommer 2008 haben die Kantone die Möglichkeit,
eine eigene Schulung zu organisieren. Allerdings haben sich die
Kantone mit dem Unterzeichnen der Leistungsvereinbarung bis
2012 entschieden, Lernende weiterhin in die Schulhotels von
hotelleriesuisse zu schicken. Gleichzeitig lassen sie aber den Lernenden die Wahlmöglichkeit. Abbildung 2 zeigt die Zahl der neu
eintretenden Lernenden bis ins Jahr 2007. Auch hier werden die
Zahlen von 2008 zeigen, welche Auswirkungen die neue Regelung auf die Eintrittsquote hat.
Die Zahlen der interkantonalen Fachkurse für Kochlernende,
die Hotel & Gastro formation in der deutschen, französischen und
italienischen Schweiz durchführt, sind schwankend. Seit 2003
bewegen sich die Zahlen zwischen 130 und rund 160 im 1. Lehrjahr1. Im Unterschied dazu sind die Zahlen der neu eintretenden
kaufmännischen Lernenden in die überbetrieblichen Kurse leicht
steigend. Im Jahr 2007 waren es rund 150. Bei den kaufmännischen
Lernenden kommen noch rund 150 Lernende pro Jahr hinzu, welche die Hotel-Handelsschulen hotelleriesuisse absolvieren, aber
nicht die überbetrieblichen Kurse besuchen.
1
Jahresberichte von Hotel & Gastro formation
28
JAHRBUCH 2009 HOTELLERIESUISSE | SCHWEIZERISCHE GESELLSCHAFT FÜR HOTELKREDIT
Abbildung 2 Lernende in den Schulhotels: Hotelfachleute, Hotellerieangestellte und Restaurationsfachleute, 1. Lehrjahr
600
500
400
300
559
486
438
438
454
425
459
403
2000
2001
2002
2003
2004
2005
2006
2007
200
Auffallend und typisch in der Hotellerie ist, dass die Studierenden
vorwiegend und zunehmend das berufsbegleitende Modell nach
der Lehre (BM2) wählen. Diese Tendenz ist mit der Vermeidung
der Doppelbelastung durch Schule und unregelmässige Arbeitszeiten sowie Saisonbetrieb in gastgewerblichen Berufen zu erklären. 2007 wurde das Modell BM2 in 86 Prozent aller Fälle gewählt, gesamtschweizerisch machte die BM2 nur 38 Prozent3 aus.
Aber auch hier zeigt sich eine steigende Beliebtheit dieses Berufsmaturitätsmodells.
100
0
Quelle: Hotel & Gastro formation, hotelleriesuisse
Berufsmaturitätsabschlüsse
Die Berufsmaturität wurde 1994 eingeführt und ist gesamtschweizerisch sehr erfolgreich. Seit 2000 erlebt sie einen Aufschwung
mit einem Anstieg von rund 6500 gesamtschweizerischen Abschlüssen auf rund 10 600 im Jahr 20072. Laut Prognosen vom
Bundesamt für Berufsbildung und Technologie (BBT) wird sich die
Zahl der Abschlüsse auf diesem Niveau einpendeln. In der Branche ist die Anzahl der Berufsmaturitätsabschlüsse noch gering,
was mit der Tatsache zusammenhängt, dass erst 2005 neben der
Kochlehre zwei weitere dreijährige Lehren eingeführt wurden.
Erst seit diesen dreijährigen Lehren ist ein Anschluss an den Berufsmaturitätsunterricht möglich. Festzustellen ist aber, dass sich
die Anzahl der Abschlüsse seit 2000 von 33 auf 82 im Jahr 2007
fast verdreifacht hat. Die gewerbliche und die technische Berufsmaturität sind gut verankert, ebenfalls ist das Interesse an der gesundheitlichen und sozialen Richtung seit der Einführung im Jahr
2003 stetig gestiegen.
Höhere Berufsbildung
Der Bereich Tertiär B umfasst die Höhere Berufsbildung, welche
die berufsbegleitenden Berufsprüfungen und Höheren Fachprüfungen sowie die Vollzeitstudien an Höheren Fachschulen
beinhaltet. In diesem Segment werden praktische Fähigkeiten mit
fundierten theoretischen Fachkenntnissen erworben und Mitarbeitende auf Führungsfunktionen vorbereitet. Die gesamtschweizerischen Zahlen der an Berufsprüfungen erteilten eidgenössischen Fachausweise von anfänglich rund 8000 im Jahr 2000
sind auf rund 13 000 im Jahr 2006 angestiegen und verzeichneten 2007 einen kleinen Einbruch.
Abbildung 4 Gesamtschweizerische Abschlüsse Höhere Berufsbildung
14 000
12 000
10 000
8 000
6 000
4 000
2 000
Abbildung 3 Gewählte Berufsmaturitätsrichtungen in der Hotellerie
0
2000
90
80
2001
2002
Eidg. Fachausweis (BP)
70
2003
2004
Eidg. Diplome (HFS)
2005
2006
2007
Eidg. Diplome (HFP)
Quelle: BFS, hotelleriesuisse
60
50
40
30
20
10
0
2000
2001
2002
Kaufmännische
Gesundheitl. und soziale
2003
2004
Gestalterische
Technische
2005
2006
2007
Naturwissenschaftliche
Gewerbliche
Quelle: BFS, hotelleriesuisse
2
Bundesamt für Statistik
Die meisten eidgenössischen Berufsprüfungen werden in den Berufen Marketingplaner/-in, Personalfachfrau/-mann, Buchhalter/-in
und Informatiker/-in durchgeführt. Die Anzahl der gesamtschweizerischen eidgenössischen Diplome der Höheren Fachprüfungen
bewegt sich zwischen 2500 und rund 3000 pro Jahr. Die Anzahl
der eidgenössischen Diplome an Höheren Fachschulen ist stabil
bei etwas mehr als 4000 pro Jahr. Bei den eidgenössischen Höheren Fachprüfungen finden sich die meisten Abschlüsse in den
Bereichen Wirtschaftsinformatik, Verkaufsleitung, Finanzanalyse
und Landwirtschaft.
3
Bundesamt für Statistik
BERUF UnD BILDUnG Im ÜBERBLICK
29
Tabelle 3 Abschlüsse Höhere Berufsbildung in der Branche und in der Schweiz 2000–2007
2000
2001
2002
2003
2004
2005
2006
2007
Gastronomieköchin/-koch FA
66
72
77
70
71
49
58
69
Restaurationsleiter/-in FA
12
17
24
10
17
13
17
14
Hauswirtschaftsleiter/-in FA
5
7
7
8
13
8
7
6
Hotelempfangs- und Administrationsleiter/-in FA
0
12
8
0
9
0
8
0
Führungsfachfrau/-mann FA
–
–
–
–
–
42
108
173
Eidg. Fachausweise
Köchin/Koch der S.-, H.- und G.-Gastronomie FA
0
36
21
39
21
23
16
20
83
144
137
127
131
135
214
282
8 082
9 091
9 544
11 210
11 368
12 251
13 194
11 723
1,0
1,6
1,4
1,1
1,2
1,1
1,6
2,4
Eidg. dipl. Küchenchef/-in/Produktionsleiter/-in
0
28
0
45
0
22
0
21
Eidg. dipl. Restaurationsleiter/-in
0
2
0
4
0
1
0
1
Eidg. dipl. Hauswirtschaftsleiter/-in
0
0
0
2
0
4
0
4
Total eidg. Diplome (Höhere Fachprüfung) Hotellerie
0
30
0
51
0
27
0
26
3 232
2 772
2 889
2 971
3 195
2 556
2 919
2 563
0,0
1,1
0,0
1,7
0,0
1,1
0,0
1,0
Total eidg. Fachausweise Hotellerie
Total eidg. Fachausweise (alle Branchen)
Hotellerie zu allen Branchen in %
Eidg. Diplome (Höhere Fachprüfungen)
Total eidg. Diplome (alle Branchen)
Hotellerie zu allen Branchen in %
Eidg. Diplome (Höhere Fachschulen)
Total eidg. Diplome (Höhere Fachschulen) Hotellerie
Total Diplome HF (alle Branchen)
Hotellerie zu allen Branchen in %
394
350
373
326
312
390
387
438
4 151
3 495
3 813
3 712
4 057
4 055
4 140
4 186
9,5
10,0
9,8
8,8
7,7
9,6
9,3
10,5
Quelle: Hotel & Gastro formation
Eidgenössische Fachausweise
Die Abschlusszahlen der sechs Berufsprüfungen der Branche sind
mehr oder weniger stabil und machen im Verhältnis aller Abschlüsse zwischen 1 und 2 Prozent aus (vgl. Abbildung 5). Auffallend ist die starke Zunahme der Berufsprüfung Führungsfachfrau/-mann FA seit der erstmaligen Durchführung im Jahr
2005. Innerhalb von drei Jahren hat sich die Abschlussquote auf
173 vervierfacht. Im Jahr 2007 haben 69 neue Gastronomieköchinnen/-köche FA, 20 Köchinnen/Köche der Spital-, Heim- und
Gemeinschaftsgastronomie FA, 14 Restaurationsleiter/-innen FA
sowie 6 Hauswirtschaftsleiter/-innen FA abgeschlossen. Hotelempfangs- und Administrationsleiter/-innen FA haben im Jahr
2007 keine abgeschlossen, weil nur alle zwei Jahre Prüfungen
stattfinden.
Eidgenössische Diplome (Höhere Fachschulen)
Die sechs anerkannten Höheren Fachschulen in der Branche, kurz
Hotelfachschulen, bilden vollzeitlich junge Menschen in gastronomischer Betriebsführung und im Hotelmanagement aus und
verzeichnen seit 2004 eine stetige Zunahme. Gemäss Auskunft
der Hotelfachschulen ist diese Tendenz anhaltend, sodass Wartelisten von bis zu zwei Jahren geführt werden. Das Jahr 2007 zeigt
einen Höchststand seit 2000. In diesem Jahr schlossen 438 dipl.
Hôteliers-Restaurateurs HF/dipl. Hôtelières-Restauratrices HF ab,
was rund einem Zehntel aller Abschlüsse entspricht (vgl. Abbildung 5).
Abbildung 5 Abschlüsse Höhere Berufsbildung in der Hotellerie
500
Eidgenössische Diplome (Höhere Fachprüfungen)
Aufbauend auf den Berufsprüfungen qualifizieren die Höheren
Fachprüfungen zur selbstständigen fachlichen und betriebswirtschaftlichen Führung des Produktionsbereichs in grösseren Betrieben. Sie sind mit einem hohen zeitlichen, finanziellen und
stofflichen Aufwand verbunden. Die verteilten eidgenössischen
Diplome für alle drei Höheren Fachprüfungen sind schwankend
(vgl. Abbildung 5) und sehr gering, sodass keine konkreten Aussagen über Tendenzen möglich sind. Auch die eidgenössischen
Diplome von Höheren Fachprüfungen entsprechen etwa 1 bis
2 Prozent aller schweizerischen Abschlüsse.
400
300
200
100
0
2000
2001
2002
Eidg. Fachausweis (BP)
2003
2004
Eidg. Diplome (HFS)
2005
2006
2007
Eidg. Diplome (HFP)
Quelle: Hotel & Gastro formation, hotelleriesuisse
30
JAHRBUCH 2009 HOTELLERIESUISSE | SCHWEIZERISCHE GESELLSCHAFT FÜR HOTELKREDIT
Nachdiplomstudium HF Hotelmanagement
Seit 1968 bildet hotelleriesuisse Unternehmerinnen und Unternehmer im Seminar für Unternehmensführung aus. Ambitionierte Führungspersonen erhalten mit dieser fundierten Management-Ausbildung die Sozial- und Methodenkompetenz, um sich
den schnell ändernden und neuen Herausforderungen in der Hotel-Gastro-Tourismus-Branche zu stellen. Am 28. April 2006 hat
hotelleriesuisse zusammen mit der Hotelfachschule Thun vom BBT
auf Antrag der eidgenössischen Kommission für Höhere Fachschulen den geschützten Titel dipl. Hotelmanager/-in NDS HF erhalten. Für das Jahr 2008 kann aufgrund des neu anerkannten
Diploms eine Zunahme verzeichnet werden, es haben 20 Teilnehmende erfolgreich abgeschlossen.
Fachhochschulen
Der Bereich Tertiär A umfasst die Fachhochschulen und die universitären Hochschulen. Mit der Bologna-Deklaration hat sich die
Schweiz verpflichtet, bis 2010 flächendeckend auch die Diplomstudiengänge durch zweistufige Bachelor- und Master-Studiengänge zu ersetzen, um national und international vergleichbare
Titel und verbesserte Mobilität zu erreichen. Das Bachelor-Studium
tritt an die Stelle der bisherigen Fachhochschul-Diplom-Ausbildung. Die FH-Diplome bleiben geschützt, und Inhaberinnen und
Inhaber eines altrechtlichen FH-Diploms dürfen ab 1. Januar 2009
den neuen Bachelor-Titel tragen. Die gesamtschweizerischen Zahlen zeigen eine Vervierfachung der FH-Diplome seit 20004. Die
Anzahl betrug 2007 knapp 10 000 bei einem Ausländeranteil von
16 Prozent. Im Schweizerischen Hochschulinformationssystem
(SHIS) zählen als Ausländerinnen und Ausländer auch in der
Schweiz niedergelassene Personen ausländischer Nationalität. Es
ist deshalb schwierig, abzuschätzen, wie hoch der Anteil derjenigen ausländischen Studierenden ist, welche ihren Wohnsitz in der
Schweiz haben und voraussichtlich auch nach Abschluss in der
Schweiz bleiben, und derjenigen, deren Fachkompetenz Bund,
Kantonen und Wirtschaft verloren geht, weil sie nach Abschluss
der Ausbildung die Schweiz verlassen (müssen).
Fachhochschul-Diplome in der Branche
In der Hotellerie kann an der EHL, Teil der Fachhochschule Westschweiz HES-SO und Verbandsschule von hotelleriesuisse, ein eidgenössischer Abschluss auf Ter tiär A gemacht werden. Bis 2003
wurde das Fachhochschul-Diplom, ab 2004 der Bachelor of Science
in International Hospitality Management verliehen. Ab 2008 wird
der Studiengang nach dem Bologna-System strukturiert, wonach
die Studierenden nur einmal pro Jahr im Herbst beginnen. Der Einbruch 2004 hängt damit zusammen, dass im Jahr 2001 nur im
Frühling Studierende aufgenommen wurden, weil der Studiengang revidiert wurde.
4
Bundesamt für Statistik
Abbildung 6 Fachhochschul-Diplome in der Hotellerie
250
200
150
100
50
171
244
177
104
219
251
224
2001
2002
2003
2004
2005
2006
2007
0
Quelle: BFS, hotelleriesuisse
Im Jahr 2008 wird sich erneut eine Unregelmässigkeit in der Abschlussquote zeigen, da sich durch den Herbstbeginn im Jahr 2008
die Prüfungen auf das nächstfolgende Jahr verschieben.
Die Zahlen aus Abbildung 7 zeigen den Anteil ausländischer
Studierender. Im Durchschnitt lag der Anteil der schweizerischen
Studierenden zwischen 40 und 50 Prozent. Ebenso viele Studierende kamen aus Westeuropa, dazu ein kleiner Teil aus Mittelund Osteuropa, Nord- und Südamerika, Asien und dem Mittleren Osten. Gemäss Angaben der EHL wäre ein grosser Teil
daran interessiert, in der Schweiz zu arbeiten.
Abbildung 7 Schweizerische und ausländische Studierende
der FH-Diplomlehrgänge in der Hotellerie
100%
80%
96
134
105
71
124
124
136
75
110
72
33
95
127
88
2001
2002
2003
2004
2005
2006
2007
60%
40%
20%
0%
Schweizerinnen und Schweizer
Ausländerinnen und Ausländer
Quelle: BFS, hotelleriesuisse
Ab 2009 wird es möglich sein, ein eidgenössisch anerkanntes
Hospitality-Studium auf Bachelor-Ebene an der neuen privaten
Fachhochschule Les Roches-Gruyère, einer Partnerschule von
hotelleriesuisse, zu beginnen.
Arbeit
Barbara Fellmann, Projektleiterin Branchenanalysen,
hotelleriesuisse
Abbildung 1 Erwerbstätige (gem. ETS) nach Branchen
Erwerbstätige
Beschäftigung
im Gastgewerbe
Die Beschäftigung im Gastgewerbe kennzeichnet sich durch verschiedene Eigenheiten. Basierend auf den Daten der Erwerbstätigenstatistik (ETS)1, der Schweizerischen Arbeitskräfteerhebung
(SAKE)2 und der Beschäftigungsstatistik (BESTA)3 des Bundesamtes für Statistik werden einige dieser Aspekte aufgezeigt.
Die präsentierten Kennzahlen handeln zunächst von Erwerbstätigen und anschliessend von Beschäftigten. Zwei Bezeichnungen, die gemäss Bundesamt für Statistik auseinandergehalten
werden müssen, denn «Eine erwerbstätige Person kann […] mehreren Beschäftigungen nachgehen (Beschäftigung = eine besetzte
Arbeitsstelle)».
Von den rund 4,5 Millionen Erwerbstätigen in der Schweiz
arbeiten 72,7 Prozent im tertiären Sektor. Das Gastgewerbe beschäftigt mit gut 250 000 Erwerbstätigen 5,7 Prozent des Gesamtvolumens. Dies entspricht einem Anteil von 7,9 Prozent aller
Erwerbstätigen des tertiären Sektors.
Gesamtheit und Einheit: Erwerbstätige gemäss dem Inlandkonzept;
Referenzperiode: letzter Arbeitstag des jeweiligen Quartals
2 Gesamtheit und Einheit: ständige Wohnbevölkerung ab 15 Jahren;
Referenzperiode: 2. Quartal (April bis Juni)
3 Gesamtheit und Einheit: Beschäftigte (gemäss Inlandkonzept, ab
6 Stunden pro Woche) in den Betrieben des sekundären und tertiären
Sektors, in denen mindestens 20 Stunden pro Woche gearbeitet wird.
Ausgeklammert werden: Beschäftigte des primären Sektors und «ausserbetrieblich Beschäftigte» (Angestellte von Privathaushalten, Selbstständigerwerbende ohne Betrieb);
Referenzperiode: letzter Arbeitstag des jeweiligen Quartals
1
Sektor III
Gastgewerbe
7,9%
Sektoren
I und II
27,3%
Sektor III
72,7%
Andere Branchen
Sektor III
92,1%
Quelle: BFS, hotelleriesuisse
45 Prozent der Erwerbstätigen aller Wirtschaftsbranchen sind
Frauen. Die Betrachtung der Branchen des tertiären Sektors zeigt
ein anderes Bild. Hier machen die Frauen mit 52,9 Prozent mehr
als die Hälfte aus. Im Gastgewerbe ist der Frauenanteil mit
56,7 Prozent sogar noch höher.
Abbildung 2 Erwerbstätige (gem. ETS) nach Geschlecht
Sektor III
Männer
47,1%
Gastgewerbe
Frauen
52,9%
Männer
43,3%
Frauen
56,7%
Quelle: BFS, hotelleriesuisse
34
JAHRBUCH 2009 HOTELLERIESUISSE | SCHWEIZERISCHE GESELLSCHAFT FÜR HOTELKREDIT
Für die Analyse des Ausländeranteils wurden die Daten der SAKE
ausgewertet. Diese Statistik weist im Gegensatz zur ETS lediglich
4,2 Millionen Erwerbstätige in der Schweiz aus. Diese Differenz
von rund 267 000 Erwerbstätigen hängt von der Definition der
«Gesamtheit und Einheit» ab, die bei der SAKE bestimmte Per­
sonengruppen, unter anderem Kurzaufenthalter/­innen, nicht ein­
schliesst. Bei der folgenden Analyse muss der Tatsache Rechnung
getragen werden, dass Kurzaufenthalter insbesondere in der Sai­
sonhotellerie einen nicht zu vernachlässigenden Anteil ausmachen
und der effektive Ausländeranteil somit noch höher sein dürfte.
In der Schweiz sind rund ein Fünftel aller Erwerbstätigen
Ausländer. Im tertiären Sektor hingegen ist der Ausländeranteil
mit 20,6 Prozent leicht tiefer als im Gesamtdurchschnitt aller
Branchen. Bei den Erwerbstätigen im Gastgewerbe ist dieser
Anteil mit 42,6 Prozent mehr als doppelt so hoch.
Der im Vergleich zum tertiären Sektor tiefere Anteil an Teilzeit­
beschäftigten hängt höchstwahrscheinlich damit zusammen, dass
der Ausländeranteil im Gastgewerbe zweimal so hoch ist wie im
tertiären Sektor, der Frauenanteil jedoch nur minimal höher ist.
Rund 70 Prozent der gut 3,3 Millionen Vollzeitäquivalente4
in der Schweiz sind im tertiären Sektor beschäftigt. Mit über
180 000 Vollzeitäquivalenten bietet das Gastgewerbe Arbeit für
5,6 Prozent aller Beschäftigten. Dies entspricht einem Anteil von
8 Prozent des tertiären Sektors.
Abbildung 5 Vollzeitäquivalente nach Branchen
Vollzeitäquivalente
Sektor III
Gastgewerbe
8,0%
Sektor II
29,8%
Abbildung 3 Erwerbstätige (gem. SAKE) nach Nationalität
Sektor III
Gastgewerbe
Sektor III
70,2%
Andere Branchen
Sektor III
92,0%
Ausländer
42,6%
Ausländer
20,6%
Quelle: BFS, hotelleriesuisse
Schweizer
57,4%
Schweizer
79,4%
Quelle: BFS, hotelleriesuisse
Die Schweiz zählt rund 4 Millionen Beschäftigte im sekundären
und tertiären Sektor, wovon knapp ein Drittel Teilzeit arbeiten. Im
tertiären Sektor liegt der Anteil der Teilzeitbeschäftigten mit
38 Prozent einiges höher. Das Gastgewerbe liegt mit 35 Prozent
Teilzeitbeschäftigten leicht unter dem Mittel des tertiären Sek­
tors, aber ebenfalls um einiges höher als der Gesamtdurchschnitt
aller Branchen.
Abbildung 4 Beschäftigte nach Beschäftigungsgrad
Sektor III
Gastgewerbe
Teilzeit
38,0%
Vollzeit
62,0%
Teilzeit
35,0%
Vollzeit
65,0%
«Die Beschäftigung in Vollzeitäquivalenten resultiert aus der Umrechnung des Arbeitsvolumens (gemessen als Beschäftigte oder Arbeitsstunden)
in Vollzeitbeschäftigte. Die Beschäftigung in Vollzeitäquivalenten ist definiert als das Total der geleisteten Arbeitsstunden dividiert durch das
Jahresmittel der Arbeitsstunden, die durch Vollzeitbeschäftigte erbracht
werden.» Vgl. Bundesamt für Statistik
4
Quelle: BFS, hotelleriesuisse
ARBEIT
Marc Kaufmann, Leiter Rechtsdienst, hotelleriesuisse
Sozialpartnerschaft:
Der Landes-Gesamtarbeitsvertrag des Gastgewerbes –
eine Erfolgsgeschichte
Einleitung
Der Landes-Gesamtarbeitsvertag des Gastgewerbes (L-GAV) ist
die Erfolgsgeschichte eines klassischen nationalen GAV: Abgesehen von wenigen kurzen Unterbrüchen, sogenannten vertragslosen Phasen, existiert er seit 1974. Der heute gültige Vertrag wurde bereits 1998 unterzeichnet und gilt seither beinahe
unverändert. Dem grössten schweizerischen L-GAV sind rund
250 000 Arbeitnehmende und 30 000 Betriebe unterstellt, die
von einem branchenspezifisch massgeschneiderten Arbeitsrecht
profitieren. Das Vertragswerk wird ausschliesslich zwischen den
Sozialpartnern, zu denen auch hotelleriesuisse gehört, verhandelt. Die anderen Sozial- und Vertragspartner sind auf Arbeitgeberseite GastroSuisse und Swiss Catering Association, bei den
Arbeitnehmenden die Berufsorganisation Hotel & Gastro Union
sowie die beiden Gewerkschaften Unia und Syna. Während die
Hotel & Gastro Union von jeher Sozialpartner war, sind die Unia
und Syna zu Beginn des 21. Jahrhunderts in den L-GAV aufgenommen worden.
Sinn und Zweck eines GAV
Der L-GAV ermöglicht den Sozialpartnern, branchenspezifische
Rahmenbedingungen für die einzelnen Arbeitsverhältnisse zu
schaffen. Der L-GAV kann somit den Besonderheiten einer Branche
und den Bedürfnissen von Arbeitgebern und -nehmern besser
gerecht werden als die arbeitsrechtlichen Regelungen, welche der
Gesetzgeber vorsieht und die in der Regel pauschal und für alle
Berufsrichtungen identisch gelten.
Weiter garantiert ein funktionierendes Vertragswerk den sozialen Frieden und somit auch ein störungsfreies Wirtschaften der
Betriebe. Während der Laufzeit eines Gesamtarbeitsvertrages gilt
eine Friedenspflicht, d. h., jegliche «Kampfmassnahmen» sind untersagt. Ein weiterer Vorteil von Gesamtarbeitsverträgen ist eine
Reduktion von individuellen und zeitaufwändigen Verhandlungen mit den Arbeitnehmenden über Arbeitsbedingungen. Zudem
führt das Vertragswerk zu einheitlichen Rahmenbedingungen für
alle Betriebe in den definierten Wirtschaftsräumen, was einen
fairen Konkurrenzkampf ermöglicht und im Rahmen der flankierenden Massnahmen zu den bilateralen Verträgen mit der EU die
politische Glaubwürdigkeit erhöht. Dies erlaubt der Branche, Herr
im eigenen Haus zu sein und zu bleiben, ohne Einmischung der
Behörden, was auch zu einer positiven Signalwirkung gegenüber
dem Gesetzgeber führt.
35
Trotzdem bewegt sich ein Gesamtarbeitsvertrag nicht in
einem rechtsfreien Raum: Leitplanken der möglichen, sozialpartnerschaftlichen Abmachungen bilden immer und zwingend Gesetze wie das Arbeitsgesetz und seine Verordnungen oder das
schweizerische Obligationenrecht. Diese dürfen nicht verletzt
werden.
Die Allgemeinverbindlichkeit – Wirkung und Bedeutung
Als grösster Gesamtarbeitsvertrag der Schweiz ist der L-GAV von
jeher allgemeinverbindlich. Eine Allgemeinverbindlichkeit bedeutet, dass der Vertrag nicht nur für die Mitglieder der unterzeichnenden Verbände gilt, sondern für alle Betriebe der Branche, die
für den Geltungsbereich des Vertrages zu definieren sind.
Die Allgemeinverbindlichkeit eines GAV wird durch den Bundesrat ausgesprochen und setzt voraus, dass
• sie notwendig sein muss, weil ohne sie erhebliche Nachteile für die beteiligten Arbeitnehmer und Arbeitgeber zu
erwarten wären;
• der L-GAV weder das Gesamtinteresse noch die berechtigten Interessen anderer Wirtschaftsgruppen und Bevölkerungskreise beeinträchtigt;
• der L-GAV den Minderheitsinteressen im betreffenden
Wirtschaftszweig oder Beruf, die sich aus regionalen
oder betrieblichen Verschiedenheiten ergeben, Rechnung
trägt;
• der GAV weder die Rechtsgleichheit noch zwingendes
Recht von Bund und Kantonen verletzt, noch die Koalitionsfreiheit beeinträchtigt.
Seit der Annahme des Freizügigkeitsabkommens und den dazugehörigen flankierenden Massnahmen ist eine Allgemeinverbindlichkeitserklärung (AVE) als Folge des Abkommens der Schweiz
mit der EU schon bei einer Beteiligung von mindestens 30 Prozent aller Arbeitgeber vorgesehen, bei denen mindestens 30 Prozent aller Arbeitnehmenden beschäftigt sind. Damit wird einem
allfälligen Lohn-Dumping vorgebeugt. Weiter hat der Bundesrat
die Möglichkeit, bei «besonderen Verhältnissen» vom Erfordernis
der Mehrheit der beteiligten Arbeitnehmenden abzusehen.
Von dieser Ausnahmeregelung hat der Bundesrat im Gastgewerbe Gebrauch gemacht: Obwohl die Arbeitnehmenden im
Gastgewerbe einen im Vergleich zu anderen Branchen ausgesprochen tiefen Organisationsgrad verzeichnen, wurde die AVE erteilt.
Umso wichtiger ist deshalb, dass die aus verschiedenen Gründen
schlecht organisierten Arbeitnehmenden in der Sozialpartnerschaft durch in der Branche stark verankerte Organisationen vertreten sind. Grund für die gewährte Ausnahme des Bundes ist,
dass der L-GAV ein überaus grosses Volumen an Betrieben und
Arbeitnehmenden umfasst und es im Sinne einer einheitlichen
Regelung unerlässlich ist, dass die Branche identischen Spielregeln
unterliegt. Die AVE garantiert damit gleich lange Spiesse für alle
Arbeitgeber, was ein grosses Plus darstellt.
36
JAHRBUCH 2009 HOTELLERIESUISSE | SCHWEIZERISCHE GESELLSCHAFT FÜR HOTELKREDIT
Mindestlöhne und deren Entwicklung
In der Schweiz ist in den GAVs das Mindestlohnsystem vorherrschend: Ein Mindestlohn ist ein in der Höhe festgeschriebenes,
kleinstes rechtlich zulässiges Arbeitsentgelt. Eine Mindestlohnregelung kann sich sowohl auf einen Stundensatz als auch auf
einen Monatslohn bei Vollzeitbeschäftigung beziehen. Im LandesGesamtarbeitsvertrag des Gastgewerbes sind in Art. 10 verschiedenste Mindestlöhne vorgesehen, die sich für 2009 in einer Bandbreite zwischen 3383 Franken für ungelernte Mitarbeitende und
6919 Franken für gewisse Kadermitarbeitende bewegen.
Gemäss Artikel 34 L-GAV verhandeln die Vertragspartner
jährlich über eine Anpassung der Mindestlöhne. Falls die Verhandlungen bis Ende Juni nicht zu einem Ergebnis führen, gelten die
Verhandlungen als gescheitert, und es kommt zu einem Verfahren vor der eidgenössischen Einigungsstelle zur Beilegung von kollektiven Arbeitsstreitigkeiten. Dieses Schiedsgericht entscheidet
verbindlich und endgültig über die Entwicklung der Mindestlöhne
für das nächste Jahr.
Die Lohnentwicklung der letzten zehn Jahre zeigt die Anstrengungen, die unternommen wurden, um den Mitarbeitenden
auch in finanzieller Hinsicht attraktive Arbeitsbedingungen zu bieten. Mit einem Lohnsprung von fast 20 Prozent im Jahr 2002 für
ungelernte Mitarbeitende konnte ein alter Kritikpunkt an der
Branche entschärft werden.
Die nachfolgende Abbildung gibt einen Überblick über die
Lohnentwicklung seit 19985:
Lohnkategorie I: Mitarbeitende ohne Berufslehre. Bis 2001 wurde
in dieser Kategorie zwischen a) Hilfsarbeiten/ohne Berufspraxis und
b) qualifizierter Berufsarbeit/Anlehre unterschieden.
Lohnkategorie II: Mitarbeitende mit Berufslehre (berufliche Grundbildung)
oder gleichwertiger Ausbildung. Seit 2007 wird in dieser Kategorie
zwischen a) zweijähriger beruflicher Grundbildung mit eidgenössischem
Berufsattest und b) drei- bis vierjähriger beruflicher Grundbildung mit
eidgenössischem Fähigkeitszeugnis oder zweijähriger beruflicher Grundbildung mit eidgenössischem Berufsattest und sieben Jahren Berufspraxis
(inkl. Lehre) unterschieden.
Lohnkategorie III: Mitarbeitende mit höherer Ausbildung, besonderer Verantwortung oder langjähriger Berufspraxis. Seit 1. Juli 2005 wird in dieser
Kategorie zwischen a) Berufslehre mit eidgenössischem Fähigkeitszeugnis
und sieben Jahren Berufspraxis (inkl. Lehre), b) Berufslehre mit eidgenössischem Fähigkeitszeugnis und zehn Jahren Berufspraxis (inkl. Lehre),
c) Kader, die regelmässig mindestens einen Mitarbeitenden (inkl. Lernende
oder Teilzeitmitarbeitende) führen, und d) Berufsprüfung nach Art. 27 lit. a
BBG unterschieden.
Lohnkategorie IV: Regelmässiges Führen von Mitarbeitenden gemäss lit. c)
oder Höhere Fachprüfung nach Art. 27 lit. a BBG. Es wird zwischen a) regelmässigem Führen von Mitarbeitenden gemäss lit. c) oder gleichwertiger
Kaderfunktion und b) Höherer Fachprüfung nach Art. 27 lit. a BBG mit
regelmässigem Führen von Mitarbeitenden gemäss lit. c) während mindestens fünf Jahren oder gleichwertiger Kaderfunktion oder Ausbildung
unterschieden.
5
Abbildung 6 Entwicklung der Mindestlöhne
7000
6000
5000
4000
3000
2000
1000
0
1999 2000 2001 2002 2003 2004 2005 2006 2007 2008 2009
Lohnkategorie I
Lohnkategorie II
Lohnkategorie III
Lohnkategorie III d)
Lohnkategorie I a)
Lohnkategorie II a)
Lohnkategorie III a)
Lohnkategorie IV a)
Lohnkategorie I b)
Lohnkategorie II b)
Lohnkategorie III b)
Lohnkategorie IV b)
Quelle: hotelleriesuisse
Vollzug des L-GAV
Mit dem Abschluss des L-GAV verpflichten sich die Vertragsverbände, dafür besorgt zu sein, dass der L-GAV eingehalten wird.
Die paritätische Aufsichtskommission überwacht als Vollzugsorgan des L-GAV die Durchführung des Vertrages und entscheidet bei Grundsatzproblemen und Auslegungsfragen.
Als ausführendes Organ der Aufsichtskommission ist die
Kontrollstelle für den L-GAV des Gastgewerbes mit Sitz in Basel
eingesetzt. Diese hat das Recht und die Pflicht, auf Beschwerde,
auf Antrag eines vertragsschliessenden Verbandes oder auf Weisung der Aufsichtskommission, in den Betrieben Kontrollen durchzuführen und zu prüfen, ob die Bestimmungen des L-GAV eingehalten werden.
Die Kontrollstelle unterhält aber auch präventiv einen unentgeltlichen Beratungs-, Auskunfts- und Dokumentationsdienst.
Täglich wird eine Vielzahl von mündlichen, schriftlichen und persönlichen Auskünften über den L-GAV erteilt.
Mit dem Vollzug des L-GAV sind neben der paritätischen
Aufsichtskommission und der Kontrollstelle auch tagtäglich die
Vertragspartner beschäftigt: Dazu betreibt hotelleriesuisse – wie
die anderen vertragsschliessenden Verbände auch – die Rechtsberatung, die im Jahr 2007 4051 Rechtsauskünfte an Arbeitgeber und -nehmer erteilte und somit einen wesentlichen Beitrag
zum Vertragsvollzug leistete und leistet und damit zur Aufrechterhaltung des sozialen Friedens im Gastgewerbe beiträgt.
Arbeit
barbara Fellmann, Projektleiterin Branchenanalysen,
hotelleriesuisse
Funktion
Best-Practice-Löhne
Die in der Folge abgebildeten Daten repräsentieren die effektiv
bezahlten Löhne im Jahr 2007/2008 für ausgewählte Funktionen.
Die Daten wurden im Rahmen der Erfa-Arbeit erhoben und können statistisch keinen Anspruch auf Repräsentativität und Vollständigkeit erheben. Sie liefern jedoch aus dem Bereich der führenden und grösseren Betriebe wertvolle Hinweise.
Pro Position sind jeweils das erste Quartil (25% aller Löhne
in dieser Kategorie liegen unter diesem Wert), der Median
(50% aller Löhne in dieser Kategorie weisen einen tieferen bzw.
höheren Wert aus) und das dritte Quartil (25% aller Löhne in dieser Kategorie liegen über diesem Wert) ausgewiesen.
37
Anz.6
1. Quartil
Median
3. Quartil
Chef de réception
63
5 134.70
5 500.00
6 200.00
Réceptionist/-in (max.)
66
4 000.00
4 200.00
4 485.00
Réceptionist/-in (min.)
62
3 730.00
3 730.00
3 887.50
Night Auditor
51
3 850.00
4 382.00
4 700.00
Generalgouvernante
41
5 400.00
5 800.00
6 500.00
Gouvernante
60
4 052.50
4 500.00
4 825.00
Zimmermitarbeiter/-in
(max.)
63
3 400.00
3 600.00
3 825.00
Zimmermitarbeiter/-in
(min.)
58
3 242.00
3 300.00
3 400.00
Lingeriemitarbeiter/-in
(max.)
45
3 350.00
3 600.00
4 000.00
Lingeriemitarbeiter/-in
(min.)
30
3 035.00
3 275.00
3 394.25
Stundenlohn brutto (max.)
42
25.00
28.00
30.83
Stundenlohn brutto (min.)
40
19.78
21.00
22.40
Quelle: hotelleriesuisse
tabelle 1 Best-Practice-Löhne
Funktion
6
Anz.6
1. Quartil
Median
3. Quartil
Vizedirektor/-in
Direktionsassistent/-in
46
6 000.00
6 950.00
8 170.50
F & B-Manager/-in
33
5 500.00
5 956.00
7 400.00
Salesmanager/-in
29
5 200.00
5 650.00
6 850.00
Bankettmanager/-in
21
5 250.00
5 800.00
6 750.00
Buchhalter/-in
24
5 237.50
5 800.00
7 050.00
Personalchef/-in
31
5 845.00
6 500.00
7 300.00
Küchenchef/-in
62
6 712.50
7 500.00
8 537.50
Sous-chef
56
4 996.15
5 200.00
6 000.00
Chef de partie (max.)
55
4 398.50
4 500.00
4 800.00
Chef de partie (min.)
50
4 000.00
4 125.00
4 300.00
Patissier/-ière
38
4 500.00
4 650.00
5 537.50
Commis de cuisine (max.)
50
3 730.00
3 800.00
3 950.00
Commis de cuisine (min.)
42
3 685.00
3 730.00
3 760.00
Küchen-OfficeMitarbeiter/-in (max.)
61
3 300.00
3 450.00
3 650.00
Küchen-OfficeMitarbeiter/-in (min.)
48
3 182.00
3 300.00
3 300.00
Buffetmitarbeiter/-in (max.)
35
3 300.00
3 520.00
3 758.50
Buffetmitarbeiter/-in (min.)
29
3 000.00
3 300.00
3 300.00
Maître d’hôtel
35
5 352.00
6 067.00
6 875.00
Chef de service
60
4 643.50
5 075.00
5 500.00
Chef de rang (max.)
57
4 080.00
4 300.00
4 500.00
Chef de rang (min.)
53
3 730.00
3 850.00
4 008.00
Commis de rang (max.)
39
3 663.00
3 730.00
3 800.00
Commis de rang (min.)
33
3 300.00
3 680.00
3 730.00
Anz. = Anzahl Nennungen
tabelle 2 Mindestlöhne gemäss L-GAV
Lohnkategorie i
ohne Berufslehre
2007
Normalsatz
Einführungsrabatt7
IHG-Region8
3 242.00
3 079.90
2 917.80
3 135.00
2 970.00
2008
3 300.00
Lohnkategorie ii a)
berufliche Grundbildung
mit eidg. Berufsattest
2007
3 661.00
2008
3 480.00
Lohnkategorie ii b)
berufliche Grundbildung
mit eidg. Fähigkeitszeugnis
2007
3 661.00
2008
3 730.00
Lohnkategorie iii a)
Berufslehre mit sieben
Jahren Berufspraxis
2007
3 986.00
2008
4 070.00
Praktikantenlohn
2007
2 075.00
2008
2 115.00
Quelle: hotelleriesuisse
Die Mindestlöhne 2008 gemäss L-GAV gelten für Jahresbetriebe
seit dem 1. Januar 2008. Für Saisonbetriebe hingegen gelten diese seit Sommersaison 2008.
Lohnkategorie i: Für ungelernte Mitarbeitende im Service kann während
der Einführungszeit von höchstens sechs Monaten ein um maximal 5 Prozent tieferer Mindestlohn vereinbart werden, sofern dies in einem schriftlichen Einzelarbeitsvertrag geschieht. Arbeitet der Mitarbeitende die ersten
sechs Monate im Gastgewerbe und leistet keine qualifizierte Berufsarbeit,
kann der Mindestlohn um höchstens 5 Prozent tiefer vereinbart werden.
8 Lohnkategorie i: Leistet der Mitarbeitende keine qualifizierte Berufsarbeit gemäss L-GAV Art. 10 Ziff. 2, kann ein um 10 Prozent tieferer Mindestlohn vereinbart werden, wenn der Betrieb in einem förderungsbedürftigen Gebiet nach dem Bundesgesetz über Investitionshilfe für Berggebiete
(IHG) liegt.
7
Hotel-Benchmark
Barbara Fellmann, Projektleiterin Branchenanalysen,
hotelleriesuisse
Best-Practice-Erfa-Gruppen
Seit mehr als 65 Jahren organisiert und koordiniert hotelleriesuisse
den Erfahrungsaustausch unter seinen Mitgliedern in sogenannten Erfa-Gruppen. Eine Erfa-Gruppe ermöglicht den Austausch
und Vergleich wichtiger Betriebskennzahlen, erörtert gemeinsam
Probleme und sucht nach geeigneten Lösungen. Einige allgemeine
Trends aus der Erfa-Bewegung möchte hotelleriesuisse einem weiteren Kreis zugänglich machen. Die Resultate aus der Erfa-Arbeit
können statistisch keinen Anspruch auf Repräsentativität und
Vollständigkeit erheben. Sie liefern jedoch aus dem Bereich der
führenden und grösseren Betriebe wertvolle Hinweise über den
Verlauf des jeweiligen Geschäftsjahres. Ein Vergleich über die vergangenen Jahre ist mit der nötigen Vorsicht zu interpretieren, da
sich die Zusammensetzung der einzelnen Erfa-Gruppen im Verlauf der Jahre verändert und insbesondere der Einbezug neuer
Betriebe oder Erfa-Gruppen das Resultat in der entsprechenden
Kategorie zum Teil erheblich beeinflussen kann. Von den rund
160 Erfa-Mitgliedern konnten 138 Abschlüsse in die Auswertung
aufgenommen werden. Da die einzelnen Hotelbetriebe unterschiedliche Abschlussdaten haben, ist der Zeithorizont der ausgewerteten Daten nicht mit dem Kalenderjahr identisch. Je nach
Bilanzstichdatum (z. B. 30. April 2007, 31. Oktober 2007 oder
31. Dezember 2007) beinhalten die Auswertungen noch Daten
aus dem Jahr 2006. Der Einfachheit halber wird in der Analyse
jeweils vom Jahr 2007 bezüglich der aktuellen Daten respektive
vom Jahr 2006 als Referenzgrösse für das Vorjahr gesprochen.
Auf die Publikation der Werte der 3-Sterne-Garnibetriebe
wird verzichtet, da es sich bei dieser Betriebskategorie um einen
Sonderfall handelt und die Daten nur beschränkt mit den anderen Kategorien vergleichbar sind.
Im Jahr 2005 haben die beiden Branchenverbände hotelleriesuisse und GastroSuisse gemeinsam mit der Schweizerischen
Gesellschaft für Hotelkredit den «Neuen Kontenrahmen für die
Hotellerie und das Gastgewerbe» publiziert. In der Zwischenzeit
haben bereits verschiedene Hotelbetriebe umgestellt und ihre
Abschlüsse nach dem neuen Kontenplan abgegeben. Damit
hotelleriesuisse die Resultate dieser Betriebe mit den andern vergleichen kann, wurden alle Abschlüsse nach dem im Fachbuch
vorgegebenen Umwandlungsschlüssel sowohl nach altem wie
auch nach neuem Kontenrahmen ausgewertet. Dabei mussten
gewisse Annahmen und Schätzungen vorgenommen werden, die
unter Umständen nicht ganz den Tatsachen entsprechen. Demzufolge sind die Kennzahlen und ausgewiesenen Ergebnisse mit
der entsprechenden Vorsicht zu geniessen.
Um das gesamte Spektrum aufzuzeigen, veröffentlicht hotelleriesuisse neben den Mittelwerten auch die Quartile jeder Kategorie. Somit kann sich jeder Betrieb besser gegenüber den Kennzahlen benchmarken.
Auswertungen
der allgemeinen Kennzahlen
Zunahme der Logiernächte um 5,3 Prozent
Die Logiernächteentwicklung in der Schweiz verlief in den letzten Jahren äusserst positiv. Diese Tendenz hat sich auch im Jahr
2007 weitergezogen, und das Logiernächtevolumen nahm gesamtschweizerisch gegenüber dem Jahr 2006 um 4,4 Prozent zu.
Die Erfa-Betriebe konnten im Jahr 2007 die Logiernächte um rund
5,3 Prozent erhöhen und lagen somit deutlich über dem gesamtschweizerischen Durchschnitt. Am besten haben dabei die Stadtbetriebe abgeschnitten, wobei auch die Saisonbetriebe ein kräftiges Wachstum vermelden konnten. Dennoch profitierten nicht
alle Betriebe von der grösseren Nachfrage.
40
JAHRBUCH 2009 HOTELLERIESUISSE | SCHWEIZERISCHE GESELLSCHAFT FÜR HOTELKREDIT
Abbildung 1 Veränderung der Logiernächte
Abbildung 3 Zimmerbelegung in Prozent
12%
80%
10%
70%
60%
8%
50%
6%
40%
4%
30%
2%
20%
0%
–2%
10%
3-Sterne 4-Sterne 5-Sterne
3-Sterne 4-Sterne 5-Sterne
Ferien
Stadt
2005
2006
0%
3-Sterne 4-Sterne 5-Sterne
3-Sterne 4-Sterne 5-Sterne
Ferien
Stadt
Mittelwert
2005
2007
2006
Mittelwert
2007
Quelle: hotelleriesuisse
Quelle: hotelleriesuisse
Mit Ausnahme der 3-Sterne-Stadtbetriebe lag bei rund einem
Viertel aller Betriebe die Zunahme der Logiernächte unter 2 Prozent (1. Quartil). Die 5-Sterne-Ferienhotellerie musste sogar ein
negatives Wachstum von –0,3 Prozent hinnehmen. Die Detailanalyse zeigt erfreulichere Ergebnisse. So konnte ein Viertel aller
Betriebe ihre Logiernächte um über 6,3 Prozent steigern (3. Quartil). Die 3-Sterne- und die 4-Sterne-Stadtbetriebe glänzten sogar
mit einer Zunahme der Logiernächte um mehr als 11 Prozent.
Die Detailanalyse zeigt, dass rund ein Viertel aller Betriebe eine
Zimmerbelegung von unter 61 Prozent auswies (1. Quartil),
damit aber noch immer deutlich über dem gesamtschweizerischen Durchschnitt von 45,8 Prozent lag.
Rund ein Viertel aller Betriebe (3. Quartil) wies eine Auslastung von über 78,1 Prozent aus, mit Ausnahme der 5-SterneStadthotellerie (76,4%) und der 5-Sterne-Ferienhotellerie (75%),
die das Schlusslicht bildeten.
Abbildung 2 Veränderung der Logiernächte – 2007
Abbildung 4 Zimmerbelegung in Prozent – 2007
12%
80%
10%
70%
60%
8%
50%
6%
40%
4%
30%
2%
20%
0%
–2%
10%
3-Sterne
4-Sterne
5-Sterne
Ferien
1. Quartil
Median
3-Sterne
4-Sterne
5-Sterne
0%
3-Sterne
1. Quartil
3. Quartil
4-Sterne
5-Sterne
Ferien
Stadt
Median
3-Sterne
4-Sterne
5-Sterne
Stadt
3. Quartil
Quelle: hotelleriesuisse
Quelle: hotelleriesuisse
Zimmerbelegung auf 71,5 Prozent verbessert
Die Zimmerbelegung konnte im Jahr 2007 gegenüber dem Vorjahr
erneut gesteigert werden und erreichte sensationelle 71,5 Prozent. Die höchste Zimmerbelegung erzielte die 3-Sterne-Stadthotellerie mit 73,3 Prozent, gefolgt von den 4-Sterne-Ferienbetrieben mit 72 Prozent.
Während in der Ferienhotellerie die bessere Belegung unter
anderem auf den höheren Anteil an ausländischen Feriengästen
zurückzuführen ist, gilt es für die 3-Sterne- und 4-Sterne-Stadthotellerie die überdurchschnittliche Vertretung von Betrieben aus
der Stadt Zürich zu berücksichtigen.
Zimmer-Moyenne mit 248 Franken erneut gestiegen
Der durchschnittliche Ertrag pro Zimmer hat gegenüber dem Vorjahr (236 Franken) zugenommen und erreichte 248 Franken. Die
Unterschiede zwischen den einzelnen Kategorien sind jedoch
markant. Die 3-Sterne-Hotellerie konnte eine Zimmer-Moyenne
von 150 Franken (Stadt) bzw. 153 Franken (Ferien) ausweisen. Bei
den 4-Sterne-Betrieben beträgt diese 206 Franken (Stadt) resp.
242 Franken (Ferien) und in der 5-Sterne-Hotellerie 480 Franken
(Stadt) und 505 Franken (Ferien). Die Tatsache, dass die Preise in
den Ferienhotels in allen Kategorien leicht höher sind, ist darauf
zurückzuführen, dass diese Zimmer meist doppelt belegt sind.
HOTEL-BEnCHMARK
41
Dieser Wert beträgt für die Betriebe aus den Erfa-Gruppen
179 Franken und hat gegenüber dem Vorjahr um satte 16 Franken zugelegt. Erfreulich ist die Tatsache, dass der durchschnittliche RevPAR in allen Kategorien dank höherer Belegung und besserer Zimmer-Moyenne markant gesteigert werden konnte.
Abbildung 5 Zimmer-Moyenne in Franken
700
600
500
400
Abbildung 7 RevPAR in Franken
300
450
200
400
100
0
350
3-Sterne 4-Sterne 5-Sterne
3-Sterne 4-Sterne 5-Sterne
Ferien
Stadt
2005
2006
300
Mittelwert
2007
250
200
Quelle: hotelleriesuisse
150
100
Die differenzierte Betrachtung der Zimmer-Moyenne zeigt die
Unterschiede zwischen den Kategorien deutlich auf. In der
3-Sterne-Kategorie wies rund ein Viertel aller Betriebe einen
durchschnittlichen Zimmerpreis von unter 116 Franken aus
(1. Quartil). Nur ein Viertel der 3-Sterne-Betriebe konnte Werte
von über 167 Franken erzielen (3. Quartil). Demgegenüber beträgt
die Zimmer-Moyenne bei der Hälfte aller 5-Sterne-Hotels über
465 Franken und bei rund einem Viertel sogar über 610 Franken
(3. Quartil). Auch Spitzenwerte von über 770 Franken sind in
dieser Kategorie keine Seltenheit.
Abbildung 6 Zimmer-Moyenne in Franken – 2007
700
600
500
50
0
3-Sterne 4-Sterne 5-Sterne
3-Sterne 4-Sterne 5-Sterne
Ferien
Stadt
2005
2006
Mittelwert
2007
Quelle: hotelleriesuisse
Die Detailanalyse zeigt die unterschiedliche Wertschöpfung in den
einzelnen Kategorien auf. In der 3-Sterne-Hotellerie hatte nur
gerade ein Viertel der Betriebe einen Ertrag pro Zimmer und Öffnungstag von mehr als 134 Franken. In der 4-Sterne-Stadthotellerie erwirtschafteten rund drei Viertel aller Betriebe einen RevPAR
von weniger als 184 Franken, und selbst in der 5-Sterne-Kategorie müssen sich 25 Prozent aller Betriebe mit einem RevPAR von
weniger als 227 Franken begnügen. Dabei gilt es jedoch festzuhalten, dass rund ein Viertel aller 5-Sterne-Hotels einen RevPAR
erzielte, der über 438 Franken liegt.
400
Abbildung 8 RevPAR in Franken – 2007
300
200
450
100
0
400
3-Sterne
4-Sterne
5-Sterne
Ferien
1. Quartil
Median
3-Sterne
4-Sterne
5-Sterne
Stadt
350
300
250
3. Quartil
200
Quelle: hotelleriesuisse
150
100
RevPAR auf 179 Franken erhöht
Der sogenannte RevPAR (Revenue per available room) wird auch
im internationalen Vergleich ausgewiesen. Diese Kennzahl sagt
aus, wie viel Beherbergungsumsatz pro vorhandenes Zimmer und
Öffnungstag effektiv erzielt wird. Da dieser Wert auch die Öffnungstage des Betriebes berücksichtigt, ist er ein aussagekräftiger Massstab für die effektive Wertschöpfung pro Zimmer.
50
0
3-Sterne
4-Sterne
5-Sterne
Ferien
1. Quartil
Median
3-Sterne
4-Sterne
5-Sterne
Stadt
3. Quartil
Quelle: hotelleriesuisse
42
JAHRBUCH 2009 HOTELLERIESUISSE | SCHWEIZERISCHE GESELLSCHAFT FÜR HOTELKREDIT
Tabelle 1 Zusammenfassung der allgemeinen Kennzahlen
3-Sterne
Ferien
Anzahl ausgewertete Betriebe
3-Sterne
Stadt
4-Sterne
Ferien
4-Sterne
Stadt
5-Sterne
Ferien
5-Sterne
Stadt
Alle
Kategorien
9
22
31
44
12
12
138 *
Anzahl Betten
58,4
84,2
122,9
135,1
231,2
243,4
134,0
Anzahl Zimmer
32,6
50,1
65,9
84,2
126,5
133,9
77,6
Öffnungstage
285,7
358,7
282,7
361,5
252,0
365,0
329,5
Veränderung Beherbergungsertrag zum Vorjahr
4,0%
10,1%
8,0%
10,6%
8,1%
12,9%
9,7%
Veränderung Logiernächte zum Vorjahr
3,5%
7,8%
3,9%
5,4%
2,9%
6,1%
5,3%
Beherbergung
Bettenbelegung auf die Öffnungsdauer
69,6%
60,6%
68,5%
58,9%
68,9%
56,7%
63,1%
Zimmerbelegung auf die Öffnungsdauer
69,2%
73,3%
72,0%
71,1%
70,9%
70,1%
71,5%
moyennes
Beherbergungsertrag pro Zimmer
31 241
40 128
47 868
54 366
84 298
127 788
57 199
87.10
113.80
136.50
156.40
288.35
338.95
165.20
Logement-Moyenne (Beherbergungsertrag pro Logiernacht)
Zimmer-Moyenne (Beherbergungsertrag pro Zimmernacht)
153.15
150.30
241.65
206.00
504.55
480.15
247.90
RevPAR (Beherbergungsertrag pro Zimmer und Öffnungstag)
111.65
111.50
172.35
149.65
355.60
350.10
178.95
Quelle: hotelleriesuisse
Alle Angaben in Franken ohne MWSt, Jahr = 365 Tage, *Total ausgewertete Betriebe inkl. 3-Sterne-Garnibetriebe
Auswertungen der Kennzahlen
nach altem Kontenrahmen
Umsatz um 8,2 Prozent gesteigert
Im Durchschnitt konnten die Erfa-Betriebe den Gesamtumsatz
im Jahr 2007 um rund 8,2 Prozent steigern. Die guten Logiernächtezahlen wirkten sich positiv auf den Beherbergungsertrag
(+9,7%) aus, und auch der Umsatz in der Restauration steigerte
sich um 6,2 Prozent. Dabei konnte die 5-Sterne-Stadthotellerie
mit einer Zunahme von 10 Prozent den grössten Umsatzzuwachs
verzeichnen.
Die Detailanalyse zeigt, dass bei einem Viertel der Betriebe in allen
Kategorien der Umsatz um maximal 5,3 Prozent zunahm (1. Quartil), während ein Viertel aller Betriebe den Umsatz um über 10 Prozent steigern konnte (3. Quartil). In der 5-Sterne-Stadthotellerie
realisierten sogar rund 50 Prozent aller Betriebe einen Umsatzanstieg von über 10,6 Prozent.
Abbildung 10 Veränderung Betriebsertrag in Prozent – 2007
16%
14%
12%
10%
Abbildung 9 Veränderung Betriebsertrag in Prozent
8%
6%
16%
14%
4%
12%
2%
10%
0%
3-Sterne
4-Sterne
5-Sterne
Ferien
8%
1. Quartil
6%
Median
3-Sterne
4-Sterne
5-Sterne
Stadt
3. Quartil
Quelle: hotelleriesuisse
4%
2%
0%
2005
3-Sterne 4-Sterne 5-Sterne
3-Sterne 4-Sterne 5-Sterne
Ferien
Stadt
2006
Mittelwert
2007
Quelle: hotelleriesuisse
F & B-Rendite mit 68,7 Prozent gleich gut wie im Vorjahr
Die Food & Beverage-Rendite (F & B-Rendite) liegt im Jahr 2007
gleich dem Vorjahr bei 68,7 Prozent. Den höchsten Wert weisen
die 3-Sterne-Stadtbetriebe mit 72,4 Prozent aus, dies sowohl dank
einer sehr hohen Küchenrendite als auch einer massiv überdurch-
HOTEL-BEnCHmARK
43
schnittlichen Kellerrendite. Den tiefsten Wert erzielten die 3-Sterne-Ferienbetriebe mit 66,1 Prozent.
die Tatsache, dass der Personalaufwand in allen Kategorien gegenüber dem Vorjahr gesenkt werden konnte.
Abbildung 11 Food & Beverage-Rendite in Prozent
Abbildung 13 Personalaufwand in Prozent
80%
50%
40%
60%
30%
40%
20%
20%
0%
10%
3-Sterne 4-Sterne 5-Sterne
3-Sterne 4-Sterne 5-Sterne
Ferien
Stadt
2005
2006
0%
3-Sterne 4-Sterne 5-Sterne
3-Sterne 4-Sterne 5-Sterne
Ferien
Stadt
Mittelwert
2005
2007
2006
Mittelwert
2007
Quelle: hotelleriesuisse
Quelle: hotelleriesuisse
Die Tatsache, dass in allen Kategorien die Hälfte aller Stadtbetriebe eine F & B-Rendite von 70,8 Prozent oder mehr auswies ist darauf zurückzuführen, dass die Restauration in Stadtbetrieben in
der Regel als öffentliche A-la-carte-Restaurants betrieben wird,
die keine Pensionsmenüs für Hotelgäste anbieten müssen. Bei der
F & B-Rendite für die Ferienhotellerie gilt es einen Vorbehalt betreffend Vergleichbarkeit und Aussagekraft anzubringen, da diese
Kennzahl durch die Umbuchungen der Arrangementpreise beeinflusst wird.
Die Detailanalyse zeigt, dass die einzelbetrieblichen Ergebnisse
zum Teil stark von den Durchschnittswerten abweichen. Während
rund ein Viertel der Hotels in nahezu allen Kategorien einen Personalaufwand von unter 35,8 Prozent erreichte (1. Quartil), liegt
dieser Wert bei 25 Prozent aller Betriebe zum Teil deutlich über
39,1 Prozent. Bei den 3-Sterne- und 5-Sterne-Stadthotels sogar
über 41,8 Prozent.
Diese teils grossen Unterschiede zwischen den Kategorien
lassen sich dadurch erklären, dass die höhere Wertschöpfung im
Logement-Bereich, insbesondere in der 5-Sterne-Hotellerie, durch
die vermehrten Zusatzangebote im Bereich Wellness ohne hohen
Wertschöpfungsanteil kompensiert wird. Einen wesentlichen Einfluss hat natürlich auch der Anteil des personalintensiveren Restaurationsertrages am Gesamtumsatz.
Abbildung 12 Food & Beverage-Rendite in Prozent – 2007
80%
60%
Abbildung 14 Personalaufwand in Prozent – 2007
40%
50%
40%
20%
0%
30%
3-Sterne
4-Sterne
5-Sterne
Ferien
1. Quartil
Median
3-Sterne
4-Sterne
5-Sterne
Stadt
20%
3. Quartil
Quelle: hotelleriesuisse
10%
0%
Personalaufwand unter 38 Prozent
Der durchschnittliche Personalaufwand im Verhältnis zum Umsatz konnte gegenüber dem Vorjahr von 38,9 auf 37,9 Prozent
gesenkt werden. Den mit Abstand geringsten Personalaufwand
weisen die 5-Sterne-Ferienbetriebe mit 37,3 Prozent aus. Die
übrigen Kategorien liegen nahe dem Durchschnitt. Erfreulich ist
3-Sterne
4-Sterne
5-Sterne
Ferien
1. Quartil
Median
3-Sterne
4-Sterne
5-Sterne
Stadt
3. Quartil
Quelle: hotelleriesuisse
44
JAHRBUCH 2009 HOTELLERIESUISSE | SCHWEIZERISCHE GESELLSCHAFT FÜR HOTELKREDIT
Übriger direkter Betriebsaufwand bei 14,4 Prozent
Der übrige direkte Betriebsaufwand umfasst sämtliche mit der
Geschäftstätigkeit unmittelbar verbundenen «variablen» Kosten
wie Energie, Reinigung und Entsorgung, Betriebsmaterial, Werbung sowie Buchhaltungs- und Verwaltungsaufwand. Dieser
Betrag ist in der Hotellerie wegen des Beherbergungsanteils tendenziell höher als in der reinen Gastronomie (rund 10%).
Im Jahr 2007 betrug der übrige direkte Betriebsaufwand im
Verhältnis zum Umsatz 14,4 Prozent (–0,4 Prozentpunkte gegenüber dem Vorjahr). Die 5-Sterne-Hotellerie weist mit 15,5 Prozent
(Ferien) bzw. 17,2 Prozent (Stadt) die höchsten Werte aus. In diesen Betrieben fallen vor allem die hohen Energiekosten (WellnessAnlagen) und der hohe Werbeaufwand ins Gewicht.
Betriebsergebnis I auf 32,4 Prozent verbessert
Das Betriebsergebnis I (BE I) ist eine der wichtigsten Kennzahlen
für die Hotellerie und stellt einen direkten Gradmesser für die
Effizienz des Managements dar. Das BE I berücksichtigt alle direkt
beeinflussbaren und mehrheitlich variablen Betriebskosten wie
Waren, Löhne und übriger direkter Betriebsaufwand. Gleichzeitig
steht es in direkter Abhängigkeit zum Anteil F & B am Gesamtumsatz, da der F & B-Bereich ein BE I von 20 bis 25 Prozent, das
Logement hingegen Werte von 35 bis 55 Prozent erzielt.
Im Geschäftsjahr 2007 stieg das BE I im Durchschnitt aller
Betriebe auf 32,4 Prozent. Das höchste BE I wiesen die 5-SterneFerienhotels mit 33,4 Prozent aus. Den tiefsten Wert realisierten
die 3-Sterne- Ferienbetriebe mit einem BE I von 29,4 Prozent.
Abbildung 15 Übriger direkter Betriebsaufwand in Prozent
Abbildung 17 Betriebsergebnis I in Prozent
20%
45%
18%
40%
16%
35%
14%
30%
12%
25%
10%
20%
8%
15%
6%
10%
4%
2%
5%
0%
0%
3-Sterne 4-Sterne 5-Sterne
3-Sterne 4-Sterne 5-Sterne
Ferien
Stadt
2005
2006
3-Sterne 4-Sterne 5-Sterne
3-Sterne 4-Sterne 5-Sterne
Ferien
Stadt
Mittelwert
2005
2007
2006
Mittelwert
2007
Quelle: hotelleriesuisse
Quelle: hotelleriesuisse
In allen Kategorien wird die Wäschereinigung vermehrt auswärts
gegeben. Dadurch können zwar Personalkosten gespart werden,
jedoch erhöht sich die Position des Wäscheaufwands im übrigen
direkten Betriebsaufwand. Den tiefsten direkten Betriebsaufwand
weist die 4-Sterne-Stadthotellerie aus; mehr als 50 Prozent der
Betriebe erreichten einen Aufwand unter 13 Prozent (Median).
Einige Hotels kämpfen mit ernsthaften Rentabilitätsproblemen:
Bei einem Viertel der Betriebe lag das BE I unter 24,6 Prozent
(1. Quartil). Rund 25 Prozent der Hotels hingegen realisierten Werte über 32,2 Prozent (3. Quartil). Insbesondere die 4-Sterne- und
5-Sterne-Stadtbetriebe erwiesen sich als Kostenoptimierer.
Abbildung 18 Betriebsergebnis I in Prozent – 2007
Abbildung 16 Übriger direkter Betriebsaufwand in Prozent – 2007
45%
40%
20%
18%
35%
16%
30%
14%
25%
12%
20%
10%
15%
8%
10%
6%
4%
5%
2%
0%
0%
3-Sterne
4-Sterne
5-Sterne
Ferien
1. Quartil
Median
3-Sterne
4-Sterne
3-Sterne
Stadt
3. Quartil
4-Sterne
5-Sterne
Ferien
5-Sterne
1. Quartil
Median
3-Sterne
4-Sterne
5-Sterne
Stadt
3. Quartil
Quelle: hotelleriesuisse
Quelle: hotelleriesuisse
HOTEL-BEnCHmARK
45
Tabelle 2 Zusammenfassung der Kennzahlen nach altem Kontenrahmen
3-Sterne
Ferien
3-Sterne
Stadt
4-Sterne
Ferien
4-Sterne
Stadt
5-Sterne
Ferien
5-Sterne
Stadt
Alle
Kategorien
Food & Beverage
Veränderung Küchenertrag zum Vorjahr
Veränderung Kellerertrag zum Vorjahr
Veränderung Food & Beverage zum Vorjahr
9,1%
8,6%
9,9%
5,4%
7,2%
6,9%
7,7%
11,8%
2,7%
1,9%
2,7%
6,2%
6,2%
2,4%
9,6%
6,0%
6,7%
4,6%
7,2%
6,3%
6,2%
Küchenrendite
66,0%
71,4%
66,6%
70,0%
69,1%
67,8%
68,1%
Kellerrendite
66,6%
75,5%
63,7%
74,7%
70,7%
76,6%
68,5%
Food & Beverage-Rendite
66,1%
72,4%
66,7%
71,5%
69,5%
70,5%
68,7%
Food & Beverage-Rendite II*
25,0%
33,0%
20,3%
28,8%
19,7%
21,0%
26,4%
18,6
32,2
53,5
61,9
162,9
182,0
68,7
mitarbeitende (mA)
Total Anzahl MA
Durchschnittlicher Umsatz pro MA im Jahr
161 483
161 679
154 453
160 157
174 634
169 528
166 058
Beherbergungsertrag pro Beherbergungs-MA
177 867
169 084
181 006
218 382
219 895
276 005
206 276
Food & Beverage-Ertrag pro Food & Beverage-MA
103 054
138 248
90 065
119 414
78 016
126 249
116 429
Personalaufwand pro MA im Jahr
60 684
59 456
58 953
58 875
64 778
66 408
60 787
Beherbergungslöhne in % vom Beherbergungsertrag
27,1%
33,5%
24,5%
26,6%
17,8%
21,6%
26,1%
Food & Beverage-Löhne in % vom Food & Beverage-Ertrag
41,2%
39,4%
46,4%
42,7%
49,8%
49,5%
42,4%
Personalaufwand in % des Umsatzes
37,7%
38,7%
38,6%
38,4%
37,3%
39,6%
37,9%
Veränderung Personalaufwand zum Umsatz
–0,7%
–0,2%
–0,7%
–1,2%
–0,2%
–1,9%
–1,0%
2 322 766
4 748 379
6 341 990
9 725 282
19 312 330
31 657 193
10 007 198
7,2%
7,8%
7,5%
7,9%
8,5%
10,0%
8,2%
Erfolgsrechnung
Umsatz in absoluten Zahlen
Veränderung des Umsatzes zum Vorjahr
Total direkter Waren- und Dienstleistungsaufwand
20,6%
16,0%
16,8%
15,0%
13,9%
13,5%
15,3%
Total Personalaufwand
37,7%
38,7%
38,6%
38,4%
37,3%
39,6%
37,9%
Total übriger Betriebsaufwand
12,3%
12,9%
14,7%
13,7%
15,5%
17,2%
14,4%
Betriebsergebnis I
29,4%
32,4%
29,8%
33,0%
33,4%
29,8%
32,4%
Aufwand Unternehmungsleitung
6,6%
4,9%
4,7%
4,5%
4,0%
2,8%
4,8%
Total Unterhalt und Ersatz
7,9%
4,8%
6,1%
6,2%
9,1%
6,6%
6,3%
14,9%
22,9%
18,9%
22,7%
20,5%
20,4%
21,5%
Gross Operating Profit (GOP)
Alle Angaben in Franken ohne MWSt, Jahr = 365 Tage, *Die F&B-Rendite II berücksichtigt zusätzlich zum Waren-, auch den Personalaufwand im F&B-Bereich
Quelle: hotelleriesuisse
Einleitung
neuer Kontenrahmen
Der neue Kontenrahmen für die Hotellerie und das Gastgewerbe1
berücksichtigt die verschiedenen Neuerungen in der Rechnungslegung und übernimmt die branchenunabhängige Darstellung der
operativen Ergebniskennzahlen wie Gross Operating Income
(GOI), Gross Operating Profit (GOP), Ergebnis vor Abschreibungen, Zinsen und Steuern (EBITDA) und Ergebnis vor Zinsen und
Der neue Kontenrahmen kann als Fachbuch in Deutsch oder Französisch
bei hotelleriesuisse bezogen werden.
1
Steuern (EBIT). Mit der gleichzeitigen Anlehnung an den amerikanischen Branchenkontenrahmen «Uniform System of Accounts
for the Lodging Industry» (USALI) wird neu nicht nur ein branchenübergreifender, sondern auch ein internationaler Benchmark
innerhalb der Hotellerie möglich. Nachfolgend seien kurz die
wesentlichen Änderungen aufgeführt.
Umsatz
Der neue Kontenrahmen übernimmt die internationale Darstellung, die unter dem Umsatz alle Erträge erfasst. Neben dem Restaurations- und Beherbergungsertrag wird eine dritte Sparte
«Nebenleistungen» und eine weitere Sparte «Übrige Erträge» gebildet. In der Sparte «Nebenleistungen» werden je nach Betrieb
46
JAHRBUCH 2009 HOTELLERIESUISSE | SCHWEIZERISCHE GESELLSCHAFT FÜR HOTELKREDIT
Wellness-Einnahmen, Mieterträge aus Kongress- und Seminarveranstaltungen oder Kioskerträge zusammengefasst. In den
«Übrigen Erträgen» werden unter anderem ausserordentliche
bzw. periodenfremde Erträge ausgewiesen.
Da insbesondere die Mieterträge und die übrigen Erträge im
alten Kontenrahmen in den Kontenklassen 8 und 9 ausgewiesen
wurden, ist der Gesamtumsatz nach neuem Kontenrahmen nicht
identisch mit demjenigen in der Darstellung nach altem Kontenrahmen.
Betriebsaufwand
Beim Betriebsaufwand wird zwischen den direkten Kosten und
dem übrigen Betriebsaufwand unterschieden. Der direkte Aufwand (Warenaufwand, Personalkosten und übriger direkter Betriebsaufwand) wird den Profitcenters oder Hauptkostenstellen
Restauration, Beherbergung, Nebenleistungen und übrige Leistungen zugeteilt. Daraus kann eine Profitcenter-Rechnung mit dem
entsprechenden Bruttobetriebserfolg (GOI) abgeleitet werden.
Für den nicht direkt zuteilbaren Personalaufwand und den
grössten Teil des übrigen Aufwandes werden neu fünf Kategorien gebildet, die die Transparenz erhöhen sollen: diese sind Verwaltungsaufwand, Marketingaufwand, Unterhaltsaufwand, Energieaufwand und übriger Betriebsaufwand. Dadurch wird das
Bruttobetriebsergebnis oder GOP ermittelt. Dieses ist aufgrund
der unterschiedlichen Zusammensetzung des Gesamtumsatzes
und der Umgruppierung der Aufwandpositionen nicht identisch
mit dem GOP nach altem Kontenrahmen.
Tabelle 3 Aufbau neuer Kontenrahmen
Erfolgsrechnung
Kto.
Ertrag Restauration
3
Ertrag Beherbergung
3
Ertrag Nebenleistungen
3
Liegenschaftsertrag
3
Übriger Ertrag
3
Gesamtumsatz
Warenaufwand
4
Direkter Personalaufwand
4
Direkter Betriebsaufwand
4
Bruttobetriebserfolg (GOI)
Aufwand Verwaltung inkl. Personalaufwand
6
Aufwand Marketing inkl. Personalaufwand
6
Aufwand Unterhalt inkl. Personalaufwand
6
Aufwand Energie und Entsorgung
6
Übriger Aufwand
6
Bruttobetriebsgewinn (GOP)
Aufwand Mieten und Leasing
6
Aufwand Management- und Incentive-Honorare
6
EBITDA (Ergebnis vor Abschreibungen, Zinsen und Steuern)
Veräusserungsgewinne und Abschreibungen
6
EBIT (Ergebnis vor Zinsen und Steuern)
Finanzertrag und Finanzaufwand
7
EBT (Ergebnis vor Steuern)
Steuern
7
Unternehmungsergebnis
Kennzahlen
Obwohl erst eine Minderheit der Erfa-Betriebe den neuen Kontenrahmen verwendet, hat hotelleriesuisse im Interesse der Vergleichbarkeit alle Auswertungen nach altem und neuem Kontenrahmen vorgenommen. Zu diesem Zweck wurden die jeweiligen
Erfolgsrechnungen nach dem im Fachbuch «Neuer Kontenrahmen» vorgegebenen Überleitungsschlüssel umgewandelt. Dabei
mussten gewisse Annahmen und Schätzungen vorgenommen
werden, die unter Umständen nicht ganz den Tatsachen entsprechen. Demzufolge sind die Kennzahlen und ausgewiesenen Ergebnisse mit der entsprechenden Vorsicht zu geniessen. In einigen Jahren wird hotelleriesuisse jedoch über eine genügend
grosse Datenbasis verfügen, um zuverlässigere Aussagen über die
Kennzahlen nach dem neuen Kontenrahmen zu machen.
Struktur Profitcenter-Rechnung
PC A
PC B
Ertrag
X
X
PC C
X
Warenaufwand
X
X
X
Direkter Personalaufwand
X
X
X
Übriger direkter Aufwand
X
X
X
X
X
X
Bruttobetriebserfolg (GOI)
Quelle: Neuer Kontenrahmen
Vorteile und Nutzen des neuen Kontenrahmens:
• anwendbar für jede Betriebsgrösse von Kleinst- bis
Grossbetrieben
• Möglichkeit für den Ausweis einer Sparten- oder Profitcenter-Rechnung
• Ausweis wesentlicher Ergebnisstufen wie GOP, EBITDA,
EBIT oder EBT
• Basis für ein aussagekräftiges Management-Informations-System (MIS)
• hohe Transparenz, fördert Vertrauen
• Vorteil für Banken-Rating und damit günstigere Finanzierungskosten
• wesentlicher Beitrag für die Corporate Governance
HOTEL-BEnCHmARK
Auswertungen der Kennzahlen
nach neuem Kontenrahmen
GOI Beherbergung im Durchschnitt bei 62,4 Prozent
Der Bruttobetriebserfolg der Beherbergung stellt die operative
Ergebniskennzahl der Beherbergung dar. Er berücksichtigt die der
Beherbergung direkt zurechenbaren Personalkosten inkl. Sozialleistungen sowie den direkten Betriebsaufwand wie Kur taxen,
Betriebsmaterial, Dekoration und Wäsche.
Für den GOI Beherbergung wird ein Richtwert von 60 bis
70 Prozent empfohlen. Dieser wurde nicht von allen Betrieben
erreicht. Die 3-Sterne-Stadthotellerie war mit 53,3 Prozent klar
tiefer. Die übrigen Kategorien haben den Richtwert im Durchschnitt deutlich erreicht.
47
GOI Food & Beverage mit 17,2 Prozent deutlich zu tief
Der Bruttobetriebserfolg des F&B-Bereichs stellt das operative Ergebnis der Restauration dar. Diese Kennzahl ist in etwa dem BE I
nach altem Kontenrahmen für die Restauration gleichzusetzen.
Der GOI berücksichtigt den gesamten direkten Warenaufwand,
die dem F&B direkt zurechenbaren Personalkosten inkl. Sozialleistungen sowie den übrigen direkten Betriebsaufwand. Nicht enthalten sind Werbung, Energie und Administration.
Für den GOI F & B wird ein Richtwert von 25 bis 30 Prozent
empfohlen. Dieser Benchmark wurde von mehr als der Hälfte aller
Betriebe nicht erreicht. Mit durchschnittlichen 17,2 Prozent ist der
GOI F & B als tief einzustufen.
Abbildung 21 Bruttobetriebserfolg (GOI) Food & Beverage in Prozent
35%
Abbildung 19 Bruttobetriebserfolg (GOI) Beherbergung in Prozent
30%
25%
80%
20%
70%
60%
15%
50%
10%
40%
5%
30%
0%
20%
10%
0%
3-Sterne 4-Sterne 5-Sterne
3-Sterne 4-Sterne 5-Sterne
Ferien
Stadt
2005
3-Sterne 4-Sterne 5-Sterne
3-Sterne 4-Sterne 5-Sterne
Ferien
Stadt
2005
2006
2006
Mittelwert
2007
Quelle: hotelleriesuisse
Mittelwert
2007
Rund die Hälfte aller 5-Sterne-Ferienbetriebe lag mit einem GOI
Beherbergung von über 73,4 Prozent auf einem sehr hohen Niveau (1. Quartil). Demgegenüber stehen die 3-Sterne-Stadtbetriebe, von denen rund ein Viertel einen GOI Beherbergung von unter 51,3 Prozent ausweisen mussten (1. Quartil).
Die 5-Sterne-Ferienhotellerie bildete mit 11,1 Prozent das Schlusslicht, und selbst das beste Viertel der Betriebe dieser Kategorie
lag mit 16,4 Prozent unter dem Richtwert. Rund die Hälfte der
3-Sterne-Stadtbetriebe hatte einen GOI F & B von über 24,6 Prozent, und ein Viertel dieser Betriebe erreichte gar einen GOI F & B
von über 32,9 Prozent (3. Quartil). Dabei gilt es zu berücksichtigen, dass in dieser Kategorie eine überdurchschnittliche Vertretung von Betrieben aus der Stadt Zürich vorhanden ist.
Abbildung 20 Bruttobetriebserfolg (GOI) Beherbergung in Prozent – 2007
Abbildung 22 Bruttobetriebserfolg (GOI) Food & Bev. in Prozent – 2007
80%
35%
70%
30%
60%
25%
Quelle: hotelleriesuisse
50%
20%
40%
15%
30%
10%
20%
5%
10%
0%
3-Sterne
4-Sterne
5-Sterne
Ferien
1. Quartil
Median
3-Sterne
4-Sterne
5-Sterne
0%
3-Sterne
1. Quartil
3. Quartil
Quelle: hotelleriesuisse
4-Sterne
5-Sterne
Ferien
Stadt
Median
3-Sterne
4-Sterne
5-Sterne
Stadt
3. Quartil
Quelle: hotelleriesuisse
48
JAHRBUCH 2009 HOTELLERIESUISSE | SCHWEIZERISCHE GESELLSCHAFT FÜR HOTELKREDIT
GOI erreicht mit 44,6 Prozent einen guten Wert
Der Bruttobetriebserfolg des gesamten Unternehmens wird von
verschiedenen Faktoren beeinflusst, wie dem Anteil der rentable­
ren Beherbergung am Gesamtumsatz, den Nebenleistungen und
ihrem Bruttobetriebserfolg (im Spa­Bereich oft negativ) sowie all­
fälligen Mieterträgen. Ohne detaillierte Analyse der einzelnen Pro­
fitcenter ist der Unternehmens­GOI wenig aussagekräftig.
Im Durchschnitt erreichten die Erfa­Mitglieder einen GOI von
44,6 Prozent, einen Wert, der als gut zu betrachten ist und den
von Experten empfohlenen Richtwert von 42 bis 50 Prozent er­
reicht. Trotz zum Teil markanten Unterschieden zwischen den
Kategorien lagen bezüglich der Durchschnittswerte nur geringe
Diskrepanzen vor.
Abbildung 23 Bruttobetriebserfolg (GOI) in Prozent
60%
50%
40%
30%
GOP mit 23,6 Prozent über dem Richtwert
Der GOP stellt das Bruttobetriebsergebnis oder den Brutto­
betriebsgewinn dar. Im Gegensatz zum BE I nach altem Konten­
rahmen berücksichtigt der GOP auch den Unternehmerlohn und
den Unterhalt. Dieser Ansatz geht davon aus, dass das Manage­
ment auch diese Kosten beeinflussen kann und daher der GOP
der eigentliche Massstab für die Leistung der Unternehmensfüh­
rung und für die operative Ertragskraft eines Betriebes darstellt.
Der Richtwert für diese Kennzahl liegt bei 20 bis 25 Prozent.
Mit rund 23,6 Prozent lag der GOP im Durchschnitt aller Erfa­
Betriebe im Benchmark. Den höchsten GOP wiesen die 4­Sterne­
Stadtbetriebe mit 24,7 Prozent aus. Dies vor allem dank dem
hohen Anteil Logement, der aufgrund der Kostenstruktur eine
bessere Rendite erwirtschaftet.
Bei der Analyse des GOP gilt es jedoch zu berücksichtigen,
dass dieser auch von fiskalischen Überlegungen beeinflusst wird.
Je nach Ergebnis wird ein Teil der Ersatzinvestitionen aus steuer­
lichen Gründen direkt über den Unterhalt gebucht, um ein mög­
lichst tiefes Nettoresultat auszuweisen. Dies hat einen entspre­
chenden Einfluss auf den GOP.
Abbildung 25 Bruttobetriebsgewinn (GOP) in Prozent
20%
35%
10%
0%
30%
3-Sterne 4-Sterne 5-Sterne
3-Sterne 4-Sterne 5-Sterne
Ferien
Stadt
2005
2006
25%
Mittelwert
2007
Quelle: hotelleriesuisse
20%
15%
10%
Erfreulich ist das gute Resultat der 5­Sterne­Ferienhotellerie, die
mit durchschnittlich 48,2 Prozent das beste Ergebnis ausweisen
konnte. Rund ein Viertel dieser Betriebe war unter 45,6 Prozent
einzuordnen (1. Quartil). Die oberen 25 Prozent der 5­Sterne­
Ferienbetriebe hatten einen GOI von mehr als 49,5 Prozent.
5%
0%
3-Sterne 4-Sterne 5-Sterne
3-Sterne 4-Sterne 5-Sterne
Ferien
Stadt
2005
2006
Mittelwert
2007
Quelle: hotelleriesuisse
Abbildung 24 Bruttobetriebserfolg (GOI) in Prozent – 2007
Abbildung 26 Bruttobetriebsgewinn (GOP) in Prozent – 2007
60%
35%
50%
30%
40%
25%
30%
20%
20%
15%
10%
0%
10%
3-Sterne
4-Sterne
5-Sterne
Ferien
1. Quartil
Median
3-Sterne
4-Sterne
5-Sterne
Stadt
5%
0%
3-Sterne
3. Quartil
4-Sterne
5-Sterne
Ferien
Quelle: hotelleriesuisse
1. Quartil
Median
3-Sterne
4-Sterne
5-Sterne
Stadt
3. Quartil
Quelle: hotelleriesuisse
HOTEL-BEnCHMARK
49
Tabelle 4 Zusammenfassung der Kennzahlen nach neuem Kontenrahmen
3-Sterne
Ferien
3-Sterne
Stadt
4-Sterne
Ferien
4-Sterne
Stadt
5-Sterne
Ferien
5-Sterne
Stadt
Alle
Kategorien
Zusammensetzung Umsatz
Ertrag Beherbergung
44,1%
45,0%
51,6%
47,5%
55,4%
50,1%
50,9%
Ertrag Food & Beverage
52,9%
51,2%
41,2%
45,2%
34,9%
39,8%
42,4%
Ertrag Nebenleistungen
2,3%
3,0%
2,5%
5,0%
3,4%
5,4%
3,7%
Ertrag Mieten und übrige Erträge
0,7%
0,2%
1,4%
1,8%
2,2%
1,6%
1,4%
2 332 615
4 724 932
6 430 747
9 862 815
19 712 331
32 117 501
10 145 560
6,2%
7,3%
7,1%
8,0%
9,1%
9,2%
8,0%
Umsatz in absoluten Zahlen
Veränderung des Umsatzes zum Vorjahr
Sparten Profitcenter Ergebnisse
Details Beherbergung
Ertrag Beherbergung
100%
100%
100%
100%
100%
100%
100%
Personalaufwand Beherbergung (inkl. Sozialaufwand)
31,7%
37,9%
27,6%
30,3%
19,6%
22,6%
29,4%
Übriger direkter Aufwand Beherbergung
Bruttobetriebserfolg (GOI) Beherbergung
6,6%
8,8%
7,2%
9,1%
6,1%
8,6%
8,2%
61,72%
53,33%
65,17%
60,63%
74,28%
68,79%
62,38%
Details Food & Beverage
Ertrag Food & Beverage
100%
100%
100%
100%
100%
100%
100%
Warenaufwand Food & Beverage
33,9%
27,6%
33,3%
28,5%
30,5%
29,5%
31,3%
Personalaufwand Food & Beverage (inkl. Sozialaufwand)
47,6%
44,5%
52,3%
48,4%
55,7%
51,8%
47,5%
2,0%
2,4%
2,6%
2,5%
2,8%
5,1%
4,1%
16,6%
25,5%
11,8%
20,6%
11,1%
13,7%
17,2%
Übriger direkter Aufwand Food & Beverage
Bruttobetriebserfolg (GOI) Food & Beverage
Zusammenfassung
Gesamtumsatz
100%
100%
100%
100%
100%
100%
100%
Warenaufwand
19,3%
15,2%
15,4%
14,0%
12,7%
13,0%
14,3%
Direkter Personalaufwand (inkl. Sozialaufwand)
36,9%
38,0%
36,6%
35,3%
33,8%
33,4%
35,4%
Übriger direkter Betriebsaufwand
Bruttobetriebserfolg (GOI)
Verwaltungsaufwand (inkl. Personalaufwand)
3,8%
5,6%
5,1%
5,5%
5,2%
7,4%
5,7%
39,9%
41,3%
42,8%
45,2%
48,2%
46,2%
44,6%
9,0%
8,3%
8,3%
7,8%
8,2%
8,5%
8,3%
Marketingaufwand (inkl. Personalaufwand)
2,8%
2,5%
3,4%
3,5%
4,4%
5,3%
3,4%
Unterhaltsaufwand (inkl. Personalaufwand)
8,2%
4,9%
6,3%
6,4%
9,3%
6,7%
6,4%
Energieaufwand
2,9%
2,3%
3,2%
2,4%
3,0%
2,2%
2,6%
Übriger Aufwand
0,1%
0,03%
0,3%
0,3%
0,04%
–0,2%
0,2%
16,9%
23,3%
21,3%
24,7%
23,3%
23,7%
23,6%
Bruttobetriebsgewinn (GOP)
Alle Angaben in Franken ohne MWSt, Jahr = 365 Tage
Quelle: hotelleriesuisse
Schwerpunktthemen
Zukunft der Bildung
Gästebedürfnisse der Zukunft
Nachhaltigkeit als Chance für die Schweizer Hotellerie
Neue Formen der Hotelfinanzierung
Hotellerie – Touristenbeherbergung – Ferienwohnungen?
Zukunft der Bildung
Françoise Aramendi, Leiterin Beruf und Bildung,
hotelleriesuisse
Peter B. Grossholz, Leiter Weiterbildung, hotelleriesuisse
Strategie «Beruf und Bildung»
Die Schweizer Hotellerie verdankt ihren herausragenden Ruf ihren
Mitarbeiterinnen und Mitarbeitern, die den Hotelaufenthalt durch
ihre Kompetenz und ihr Engagement erst zu einem einzigartigen
Erlebnis machen. Das schönste Hotel in der attraktivsten Tourismusregion mit dem effizientesten Marketing-Mix ist nichts ohne
den Mehrwert, den die Mitarbeitenden einbringen. Die Qualität
des Personals ist ein entscheidender Erfolgsfaktor.
Die Hotellerie verlangt ihren Mitarbeitenden sehr viel ab:
Nicht nur gefestigte Fach- und Sprachkompetenzen, sondern auch
eine ganze Reihe an Softskills werden vorausgesetzt. Gefragt ist
die Verbindung von Menschen- und Sachkenntnis. Die Hotellerie
braucht kommunikative, qualitätsbewusste, verhandlungsgewandte, effiziente, disziplinierte und auf die Bedürfnisse unserer
Zeit ausgerichtete Mitarbeitende. Diese Anforderungen können
nur durch eine solide Berufsbildung und ein praxisorientiertes
Aus- und Weiterbildungssystem erfüllt werden.
Aus diesem Grund hat sich hotelleriesuisse immer für eine
erstklassige Aus- und Weiterbildung im Bereich Hotellerie eingesetzt und die Bildungslandschaft aktiv mitgeprägt – als Gründerin von Hotelfachschulen, Schulhotels und Hotel-Handelsschulen
sowie als Anbieterin und Partnerin von massgeschneiderten Ausbildungen.
Die Hotelbranche und hotelleriesuisse sind sich bewusst, dass
sie den Folgen der demografischen Entwicklung entgegenwirken
müssen, denn diese führt zu einem verlangsamten Bevölkerungswachstum, das einen Mangel an Qualifikationen und Kompetenzen nach sich zieht.
Es ist wesentlich, dass sich die Hotelbranche für das lebenslange Lernen einsetzt, um künftigen Herausforderungen gewachsen zu sein:
• die Attraktivität der Branche aufzeigen;
• Jugendliche zu einer Lehre in diesem Bereich ermutigen;
• neue Mitarbeitende langfristig einbinden;
• die Kundenbindung fördern;
• die Berufsbildung an die Veränderungen im Hotelbereich
anpassen.
hotelleriesuisse muss einerseits ihre bestehenden Aktivitäten in
den drei Landessprachen ausbauen, wie die seit 2006 existierenden Schnupper-Camps, die Präsenz bei Berufsmessen sowie die
Informationsveranstaltungen für Jugendliche, Eltern, Lehrer und
Berufsberater. Andererseits ist es unerlässlich, neue Zielpublika
anzusprechen, insbesondere Personen, die eine berufliche Umorientierung oder die Rückkehr ins Berufsleben anstreben.
Ausserdem müssen die duale Lehrlingsausbildung in der
Hotellerie, die höhere Berufsbildung und die Weiterbildung besser aufeinander abgestimmt werden, um die berufliche Weiterentwicklung innerhalb der Branche zu ermöglichen (vgl. Abbildung 1). Nationale und internationale Schnittstellen können durch
einen globalen Ansatz entwickelt werden.
hotelleriesuisse setzt sich für die Förderung der gewerblichen
Berufsmaturität ein, die den Zugang zu Ausbildungen der Tertiärstufe A eröffnet, insbesondere zu Fachhochschulen und zur
Hotelfachhochschule Lausanne. Eine weitere Übergangsmöglichkeit ist auch das seit 2003 angebotene Nachdiplomstudium in
Hotelmanagement (NDS HF), das den direkten Zugang zum Executive Master an der EHL ermöglicht.
Um auf internationaler Ebene wettbewerbsfähig und herausragend zu bleiben, konzentriert sich die Schweizer Hotellerie auf
die Qualitäten und Kompetenzen, die die Swissness ausmachen,
sowie auf die strategische Bedeutung der Human Resources.
54
JAHRBUCH 2009 HOTELLERIESUISSE | SCHWEIZERISCHE GESELLSCHAFT FÜR HOTELKREDIT
Abbildung 1 Aus- und Weiterbildung in der Hotellerie – eidgenössisch anerkannte Abschlüsse
Darstellung: hotelleriesuisse, Februar 2009
In ihrer Berufsbildungspolitik «Vision 2020» verfolgt hotelleriesuisse die folgende Zielsetzung: «Die Schweizer Hotellerie beschäftigt und fördert die besten Mitarbeitenden und innovativsten
Manager mit Unternehmergeist und bindet sie an die Branche.»
Bei der Umsetzung dieser Vision spielt die Berufsbildungspolitik
des Geschäftsfeldes «Beruf und Bildung» eine zentrale Rolle. Dazu
wurde eine neungliedrige Strategie für die nächsten Jahre festgelegt, die die Voraussetzungen zur Befriedigung der zukünftigen
Bedürfnisse der Branche schaffen soll:
• Durch gezielte Massnahmen gegen die Folgen der demografischen Entwicklung wirken.
• Durch eine transparente und konsistente höhere Berufsbildung in der nationalen und internationalen Hotellerie.
• Mittels Passerellen in die Fachgebiete der Hotellerie,
des Tourismus und der Wirtschaft.
• Durch die Definition einer Förderungs- und Finanzpolitik
der Bildung von hotelleriesuisse.
• Durch die Definition von neuen Zielgruppen für Nachwuchs und Weiterbildung.
• Durch Management- und Coaching-Ausbildungen
(Führungskräfte ab 40, Management-Diplome in Hotellerie NDS HF auch in der Romandie).
• Durch ein massgeschneidertes Mentoring.
• Mit einem angebots- und nachfrageorientierten internationalen Markt im Bereich der Bildung.
• Durch eine Zusammenarbeit mit eidgenössischen und
kantonalen Behörden, Verbänden, Organisationen
der Arbeitswelt und Unternehmen.
Bei der Umsetzung der Vision 2020 muss berücksichtigt werden,
dass sich die von den Hoteliers geforderten Schlüsselkompetenzen verändern. Zusätzlich zu den Fach- und Managementkompetenzen (HR, Marketing, Investitionen) wird heute grossen Wert
auf Softskills gelegt. Ein Manager bzw. eine Managerin muss
situativ und vorausschauend handeln, Situationen systematisch
erfassen, innovativ sein und Unternehmergeist besitzen, um den
zahlreichen und immer komplexeren Herausforderungen gewachsen zu sein. Zudem muss er/sie in der Lage sein, sein/ihr Team zu
coachen, und muss sich auf dieses verlassen können. Er/sie muss
auch in der Lage sein, Emotionen zu vermitteln.
Die Bildung der Zukunft –
erste Erkenntnisse
Um dieser Strategie, welche die Bildung als Grundlage für Wettbewerbsfähigkeit in den Vordergrund rückt, Nachdruck zu verleihen, wurden an einem nationalen Workshop diese Anforderungen thematisiert. Dabei stellten Wissenschaft und Wirtschaft die
Konsequenzen für den Arbeitsmarkt dar. Aus diesen Überlegungen und Erkenntnissen lassen sich wiederum klare und verbindliche Massnahmen ableiten, welche auch von den Bildungsinstitutionen aufgenommen werden müssen und erfreulicherweise
teils bereits angepackt werden.
ZUKUnFT DER BILDUnG
Die Erkenntnisse verblüffen nicht, stehen nun aber klar belegt im Raum:
• Die einheimische Hotel-Gastro-Tourismus-Branche wird
ohne gut ausgebildete und entsprechend weitergebildete
resp. ohne bestqualifizierte Mitarbeitende den Marktanforderungen nicht genügen können.
• Nur richtig qualifizierte Arbeitskräfte können die komplexen Tätigkeiten ausüben, welche unsere anforderungsreiche Produktions- und Dienstleistungsbranche charakterisieren.
• Die jetzige Strategie, auf billige Arbeitskräfte zu setzen,
wird scheitern, da der Zustrom abreissen wird und weil
mit unqualifizierten Mitarbeitenden die im Tourismus
vorgegebenen Qualitätsstandards nicht erfüllt werden
können.
• Die vergleichsweise zu tiefe Produktivität in der Hotellerie
kann nur durch zielgerichtete und konsequente Weiterentwicklung der Mitarbeitenden erhöht werden.
• Nur fachlich und praktisch gut qualifizierte Arbeitskräfte
haben eine Chance auf dem Arbeitsmarkt.
hotelleriesuisse ist dank ihrer Berufsbildungsstrategie gewappnet
und bereit, diesen Erkenntnissen Rechnung zu tragen und die
wettbewerbswilligen Mitglieder nach Kräften zu unterstützen.
Und so sehen die Schlüssel für die Zukunft aus, die bei der verantwortlichen Führung der Betriebe liegen:
• Nur Betriebe, die ausbilden, sichern ihre eigene Zukunft.
Diese Tatsache muss ins Blickfeld der Ökonomie gerückt
werden, damit ihr die nötige Beachtung zuteil wird.
55
• Die Zahl von Ausbildungsplätzen muss massiv erhöht
werden. Dazu braucht es auch kompetente Führungskräfte und kompetitive Unternehmen.
• Nur Betriebe, denen es gelingt, ihre Mitarbeiter langfristig an sich zu binden, können die von den Kunden
erwarteten Standards erfüllen.
• Neue Lohnmodelle, welche die Produktivität von HighSkill-Workers berücksichtigen, bilden die Grundlage für
vom Markt erwartete Leistungen.
• Beim Kampf um die Talente verstärkt hotelleriesuisse
die Bemühungen um Nachwuchs auf allen Ebenen und
fördert die Attraktivität der Berufe und Berufsabschlüsse.
• hotelleriesuisse setzt auf die berufsorientierte Fachausbildung als Schlüssel zum Erfolg. Dabei liegt der Akzent
auf der permanenten Weiterentwicklung insbesondere
im Führungsbereich bewährter und angehender Kader.
Was die Aus- und Weiterbildung angeht, werden die nächsten
Jahre ereignisreich und für die Schweizer Hotellerie entscheidend
sein. Die Herausforderung für uns besteht darin, die besten Mitarbeitenden und die innovativsten Manager mit Unternehmergeist dauerhaft an die Branche zu binden, um die Schweizer
Hotellerie mit ihren exzellenten Massstäben zu positionieren. Dies
ganz im Sinne des Philanthropen George Peabody, der die Bildung als «eine Verpflichtung der jetzigen Generation gegenüber
den nachfolgenden Generationen» bezeichnete.
Gästebedürfnisse
der Zukunft
Annette Stoffel, Leiterin Mitgliederservice und
Klassifikation, hotelleriesuisse
Der Gast von morgen:
Konsequenzen für Hotel-Marketing und Klassifikationsnormen
Die Finanzmarktkrise und die ungewissen Folgen für die Tourismuswirtschaft trüben die Aussichten der Schweizer Hotellerie.
Dass dies die Branche momentan beschäftigt, ist verständlich. Aus
strategischer Sicht ist es jedoch wichtiger, das Augenmerk bereits
heute auf den Gast von morgen zu richten. Denn einen dauerhaften Wettbewerbsvorteil kann sich die Schweizer Hotellerie nur
sichern, wenn sie die Bedürfnisse, Sehnsüchte und Erwartungen
der Gäste konsequent ins Zentrum ihrer Aktivitäten rückt.
Was aber genau wünscht sich der Gast von morgen? Und
was folgt daraus für die Positionierung und das Hotel-Marketing?
Die Studie «Gästebedürfnisse der Zukunft», die das Zürcher
Strategieberatungsunternehmen zehnvier für den Branchenverband hotelleriesuisse durchgeführt hat, schafft Klarheit. Die künftigen Bedürfnisse der Gäste wurden mithilfe einer repräsentativen Erhebung untersucht. Innerhalb eines Zeitraums von vier
Wochen wurden insgesamt 2746 webbasierte Einzelinterviews
mit potenziellen künftigen Schweizer Hotelgästen geführt. Befragt wurden Geschäfts- und Urlaubsreisende aus den fünf grössten Quellmärkten Schweiz, Deutschland, Grossbritannien, USA
und Frankreich im Alter zwischen 18 und 70 Jahren. Die Ergebnisse der Studie helfen den Hoteliers bei der Positionierung, der
Angebotsgestaltung und der Kommunikation. Sie geben aber
auch wertvolle Denkanstösse für die Normenrevision der Schweizer Hotelklassifikation.
Neue Positionierungsoptionen: Second
Home, Hightech, Green Living und mehr
Die Untersuchung geht zunächst der Frage nach, welche Rolle das
Hotel in Zukunft für den Gast spielt. Es zeigt sich, dass die Reisenden Hotels vor allem als Ruhepol betrachten – und sich ein «zweites Zuhause auf Zeit» wünschen. 62 Prozent der Geschäfts- und
61 Prozent der Urlaubsreisenden hegen den Wunsch nach einem
«Home away from home». Für die Schweizer Hoteliers ist dies ein
konkreter Ansatzpunkt zur Positionierung des eigenen Hauses.
Freilich muss das Versprechen eines zweiten Zuhauses auf Zeit
auch eingelöst werden, indem Gäste z. B. ihr Lieblingszimmer
buchen, Kleider bis zum nächsten Aufenthalt deponieren oder
sogar bei der Zimmereinrichtung mitreden können.
Eine weitere attraktive Option liegt im Thema «Hightech».
Besonders Geschäftsreisende fühlen sich von Hotels mit modernster Kommunikations- und Unterhaltungstechnologie angesprochen: 20 Prozent der befragten Geschäftsreisenden geben an,
dass sie bei der Wahl eines Hotels in der Schweiz am meisten auf
«Hightech» achten, weitere 44 Prozent bezeichnen HightechHotels als «interessant». Damit liegt das Thema in der Gunst
der Geschäftsreisenden direkt hinter klassischen Themen wie
«Business» und «City» (vgl. Abbildung 1).
Angezogen fühlen sich die Reisenden auch vom Thema
«Green Living». Für 47 Prozent der befragten Geschäftsreisenden
sind umwelt-, energie- und klimaschonende Hotels «interessant»,
13 Prozent sehen «Green Living» gar als Topthema bei der Buchung. Ähnlich gross ist das Interesse der Urlaubsreisenden (44%
bzw. 9%). Auch hier gilt: Die Positionierung als «grünes Hotel»
ist glaubwürdig umzusetzen. Eine durchdachte Abfallentsorgung,
eine energieeffiziente Bauweise und eine umweltschonende Ausstattung werden dabei ebenso erwartet wie passende gastronomische Angebote und Mitarbeitende, die in umweltgerechtem
Handeln geschult sind.
58
JAHRBUCH 2009 HOTELLERIESUISSE | SCHWEIZERISCHE GESELLSCHAFT FÜR HOTELKREDIT
Abbildung 1 Topthemen bei der Hotelwahl (Geschäftsreisende)
Antworten auf die Frage: Welche dieser Hotelthemen wären für Sie besonders interessant; welche würden Sie bei der Buchung berücksichtigen?
23
Business
49
22
City
20
Hightech
13
47
Green Living
13
47
Wellness
13
Luxus
8
8
Boutique
5
Historisch
5
Unikat
4
Sports & Adventure
4
3
Top of the Mountain
3
Kultur pur
2
Airport
2
Design & Lifestyle
2
Wandern
2
Golf
2
Kongress
1
Backpacker-Lodge
1
47
52
53
39
48
44
49
46
56
39
49
47
62
34
66
30
79
18
61
36
67
31
65
33
61
37
77
21
82
16
0%
Topthema
38
39
4
Familie
No-frills
40
43
9
Natur pur
28
40
49
10
Cheap & Chic
36
58
Typically Swiss
Seminar
29
44
14
Ausgezeichnete Küche
28
49
Interessant, aber nicht top
52
47
80
19
20%
40%
60%
80%
100%
Zum Teil interessant
Angaben in % der Befragten, Basis: n = 854 Geschäftsreisende, gewichtet
Quelle: hotelleriesuisse
Anhand der Interessenlagen der Reisenden lassen sich noch
weitere Stossrichtungen für eine Marktpositionierung identifizieren. Vielversprechend kann es sein, sich als Designhotel zum
Schnäppchenpreis zu profilieren oder mit einer spitzen Positionierung gezielt auf Themen wie «Kultur pur» zu setzen. Daneben
untermauern die Resultate, dass einige klassische Themen – etwa
«Ausgezeichnete Küche» oder «Familie» – interessant bleiben.
Faktoren künftig 20 Prozent ihres Hotelentscheids ausmachen
(vgl. Abbildung 2). Für die Urlaubsreisenden sind die weichen Faktoren genauso bedeutend. Sie spielen zudem für Gäste aller betrachteten Quellmärkte und in allen Sternekategorien die gleich
wichtige Rolle.
Kurzum: Die Qualität und der Erfolg eines Hotels hängen
nicht nur mit mehr Investitionen in die Infrastruktur zusammen,
auf Atmosphäre, Stil, Farben, Lichtgestaltung und Düfte ist ebenso zu achten. Gerade der letzte Gesichtspunkt ist offensichtlich:
Ein rauchfreies Ambiente im Zimmer und in der Gastronomie ist
eine der wichtigsten Erwartungen der befragten Geschäfts- und
Urlaubsreisenden.
Angebotsgestaltung: von der Infrastruktur
zu Wohlfühlelementen
Die Studie zeigt nicht nur neue Positionierungsmöglichkeiten auf,
sie enthält auch klare Hinweise für die künftige Angebotsgestaltung. So ist es z. B. auch in Zukunft unerlässlich, bei Standardleistungen eine exzellente Qualität zu bieten. Sauberkeit, bequeme
Betten, verschiedene Zahlungsmöglichkeiten sowie ein ruhiges
Zimmer werden auch künftig zu den wichtigsten Erwartungen
der Gäste beim Hotelaufenthalt zählen. Besonders ins Auge fällt
ein weiterer Aspekt: Weiche Faktoren – wie die Atmosphäre
eines Hauses oder die Freundlichkeit der Mitarbeitenden – nehmen im Entscheidungsprozess der Gäste in Zukunft einen festen
Platz ein. Neben der Ausstattung des Hotels und dem Preis bilden sie den dritten wesentlichen Faktor bei der Hotelwahl. Die
befragten Geschäftsreisenden sind der Ansicht, dass weiche
Kommunikation:
«What you see is what you get»
Nützlich sind die Resultate der Studie auch punkto Kommunikation. Sie legen Schwerpunkte für die länderspezifische Hotelkommunikation nahe. In Frankreich, Grossbritannien und den USA
beispielsweise stossen «Swissness» und Bergthemen auf besondere Gästeresonanz. Briten, Amerikaner und Franzosen legen ein
grösseres Augenmerk auf Qualitätssiegel wie z. B. das Q-Gütesiegel für den Schweizer Tourismus. Es bietet sich also an, entsprechende Qualitätszeichen in französischen und englischspra-
GäSTEBEDÜRFnISSE DER ZUKUnFT
Abbildung 2 Key Decision Factors (Geschäftsreisende)
Antworten auf die Frage: Welchen Anteil an der Entscheidung für ein
konkretes Hotel haben die nachfolgenden Faktoren?
Ausstattungsmerkmale
(z.B. Zimmer, Restaurant,
Wellnessbereich)
32%
100%
Weiche Faktoren
(z.B. Atmosphäre, Freundlichkeit des Personals)
Zusätzliche Dienstleistungen
(z.B. Shuttle Service,
Wäscheservice, Kinderhort)
20%
Qualitätssiegel
(z.B. Qualitätssiegel des
Schweizer Tourismus, ISO)
Auch der bereits 2003 eingeschlagene Weg zur verstärkten
Integration der «Softskills» und des Qualitäts-Managements
grundsätzlich wird konsequent weiterverfolgt. So sind beispielsweise Mysterychecks bei allen 5-Sterne-Hotels obligatorisch, und
weitere systematische Instrumente werden mit hohen Punktzahlen belohnt.
Erste Folgerungen für die Normenentwicklung der Schweizer Hotelklassifikation
Preis
26%
59
12%
10%
Ø-Werte, Basis: n = 854 Geschäftsreisende, gewichtet
Die aktuellen, noch bis mindestens ins Jahr 2010 geltenden Klassifikationsnormen werden in einem nächsten Schritt anhand
von strategischen Leitsätzen gründlich überarbeitet. Die Revision
liegt in der Verantwortung der Expertengruppe Normenrevision
(ENOR), welche sich aus internen und externen Spezialisten aus
verschiedenen Fachbereichen (Hotellerie, Tourismus, Konsumenten, Umwelt- und Qualitäts-Management) zusammensetzt. Sie
wurde von der Verbandsleitung dazu mandatiert.
Quelle: hotelleriesuisse
Strategische Leitsätze für die Gesamtrevision 2011–2015
chigen Kommunikationsmitteln – z. B. Hotelbroschüren und
Websites – besonders hervorzuheben.
Im Hinblick auf Broschüren und Websites fördert die Studie
noch ein weiteres wichtiges Ergebnis zutage: Die Gäste von morgen legen grössten Wert darauf, dass ihr Hotelzimmer hinsichtlich Ausstattung, Grösse und Stil tatsächlich dem entspricht, was
im Netz und auf dem Papier offeriert wird. Ganz nach dem Motto:
«What you see is what you get» resp. «Es lebe das virtuelle
Zwillingshotel»!
Ein kurzer Blick nach Deutschland
Der Deutsche Hotel- und Gaststättenverband (DEHOGA), der bundesweit fast 8000 Hotels klassifiziert hat, führte nach 1998 und
2003 eine weitere Gästebefragung durch. 1300 deutsche Gäste
wurden im Frühsommer 2008 zu ihren Erwartungen an Hotels
der unterschiedlichen Sternekategorien befragt.
Top-Positionen des Rankings der Gästeerwartungen gehören «Dusche/Bad und WC» (Platz 1), «Ruhiges Schlafen» (Platz 2)
und «Frühstücksbuffet» (Platz 3). Die Ausstattungsmerkmale
«Fernseher auf dem Zimmer» (Platz 4), «Zimmergrösse» (Platz 5)
sowie die «Äussere Erscheinung» (Platz 6) werden von den Hotelbesuchern darüber hinaus als besonders wichtig angesehen.
Die grössten Veränderungen gab es im Vergleich zu früheren Umfragen bei den Kriterien rund um das Thema Wohlfühlen/
Freizeit. So kletterte das «Hallenbad/beheizte Freibad» von
Platz 13 auf Platz 9. Der Punkt «Sauna/Dampfbad» rückte um
fünf Plätze von Rang 24 auf 19 vor. Die Bedeutung von WellnessAngeboten allgemein stieg sogar um elf Plätze – von Platz 33
auf Platz 22. Auch das Vorhandensein von Nichtraucherzimmern
gewann weiter an Gewicht (neu auf Platz 11).
Die strategische Ausrichtung der Schweizer Hotelklassifika tion wird im Unternehmensleitbild von hotelleriesuisse festgehalten: «Wir haben eine konsequente Marktsicht, erkennen die Entwicklungen und Trends und werden diesen in der
Normenentwicklung und -anwendung gerecht.» An diesem
Grundsatz orientieren sich die Leitsätze, an denen das Ergebnis der Gesamtrevision der Hotelklassifikation letztlich gemessen wird:
• Die zu entwickelnden Normen nehmen Einfluss auf die
Qualitätssteigerung und Rentabilität der klassierten
Häuser, indem die Minimalnormen angehoben und neue
Soft-Faktoren eingeführt werden.
• Bei der Entwicklung der Normen werden Inputs aus
Marktforschung (Gästesicht/-wünsche), von Mitgliedern
und der Ombudsstelle berücksichtigt.
• Zur Erarbeitung der Normen können Experten aus
Wissenschaft und Tourismuswirtschaft beigezogen
werden, um eine breite Akzeptanz im Markt zu finden.
• Spezialisierungen werden unabhängig von den Normen
der Sterneklassifikation überarbeitet und in einem marktgerechten Zyklus weiterentwickelt.
• Bei der Normenentwicklung sind, wo möglich und
sinnvoll, bestehende Normen und Standards anderer
spezialisierter Institutionen mit zu berücksichtigen,
insbesondere in den Bereichen Umwelt, Energie und
Qualitäts-Management.
Die in den einzelnen Punkten enthaltenen Gestaltungsfreiräume
werden mit weiteren Expertisen, Prinzipien, Studien sowie Normen
und Standards, insbesondere der Hotelverbände aus Deutschland
und Österreich, ergänzt. Wichtig ist ebenfalls der Einbezug der
Erfahrungen der Auditoren von hotelleriesuisse, die jährlich rund
600 Hotelbesuche und Klassifikationsberatungen vornehmen.
60
JAHRBUCH 2009 HOTELLERIESUISSE | SCHWEIZERISCHE GESELLSCHAFT FÜR HOTELKREDIT
Das Klassifikationserhebungsformular mit sämtlichen zu erfüllenden und zu prüfenden Kriterien wird erst ganz am Ende des
Prozesses entstehen. Möglicherweise kann bei diesem Thema von
den Nachbarländern Deutschland und Österreich gelernt werden.
In deren Antragsformularen sind alle Sternekategorien in ein Dokument integriert, und mit dem Punktesystem steht die endgültige Sternekategorie erst nach dem Audit und der Kalkulation der
erreichten Punkte fest. Dabei handelt es sich um einen spannenden Ansatz, den es zu prüfen gilt.
Mögliche Umsetzung der Studienergebnisse
in die Normen
In einer ersten vorsichtigen Einschätzung und ohne die Arbeit der
ENOR vorwegnehmen zu wollen, zeichnen sich bereits heute
mögliche Tendenzen und Verschiebungen in der Normengewichtung der künftigen Schweizer Hotelklassifikation ab. Der Erfolg
der Arbeit der ENOR wird im Wesentlichen davon abhängen,
wie es ihr gelingt, schlüssige Antworten zu finden auf zentrale
Fragen, bei denen die künftigen Gästebedürfnisse im Zentrum
stehen.
• Von der Basiskategorie zur Spezialisierung
– Was erwarten die Gäste in den entsprechenden
Sternekategorien bspw. hinsichtlich Infrastruktur,
Dienstleistungen, Komfort, Qualität?
– Welche gemeinsamen Nenner über alle Sternekategorien hinweg werden vorausgesetzt, bspw. Sicherheitsaspekte, Soft-Faktoren, und welche Differenzierungen
und Anreize für Investitionen und Marketing sollen
geschaffen werden?
– Welche Spezialisierungen (z. B. Wellness, Business oder
Familie) geben dem Hotel eine klare Positionierung und
sind vermarktbar?
• Von Soft-Faktoren zur Nachhaltigkeit
– Wie können entsprechende Instrumente integriert
und beurteilt werden, unter Berücksichtigung von
Äquivalenzen?
– Welche Rolle spielen die bestehenden Labels wie
bspw. Q-Gütesiegel, Umwelt- und Energiezertifikate
und ähnliche?
• Künftige Rolle des Hotels und Hotelaufenthalts
– Wie soll die Infrastrukturlastigkeit (quantitative
Normen) zugunsten von Wohlfühlelementen wie
bspw. Geruch, Farben/Licht, Materialien, Individualität und Authentizität reduziert werden?
– Wie sollen gewisse subjektive Erwartungen wie
Sauberkeit, Schlafkomfort und Sicherheit gewichtet
und auditiert werden?
• Hotelthemen
– Welche bestehenden Spezialisierungen schaffen es in
die neuen Normen, welche neuen könnten ins Auge
gefasst werden, und welche sind Streichkandidaten?
Diese offenen Fragen haben keinen Anspruch auf Vollständigkeit.
Sie sollen zum jetzigen Zeitpunkt lediglich Treiber sein zur Reflexion und Innovation, zum Querdenken und Abstrahieren. Denn
die neuen Normen per 2011 gedeihen zunächst mal auf der grünen Wiese.
Nachhaltigkeit als Chance
für die Schweizer Hotellerie
Beat Hagmann, Projektleiter Wirtschaftspolitik,
hotelleriesuisse
Nachhaltigkeit –
eine Begriffsklärung
Spätestens seit der UNO-Konferenz von Rio de Janeiro im Jahre
1992 ist «Nachhaltigkeit» zu einem Schlüsselbegriff der gesellschaftlichen Diskussionen um die Zukunft geworden. In Anlehnung an den Brundtland-Bericht (Report of the World Commission on Environment and Development, «Our Common Future»,
Genf, 1987) wird unter «gesellschaftlicher» Nachhaltigkeit im
Folgenden eine Entwicklung verstanden, die «die Bedürfnisse der
Gegenwart deckt, ohne zukünftigen Generationen die Grundlage für deren Bedürfnisbefriedigung zu nehmen». Die drei zentralen Dimensionen einer nachhaltigen Entwicklung sind «Umwelt», «Wirtschaft» und «Gesellschaft». Nachhaltigkeit wird oft
auch treffend mit «Enkeltauglichkeit» umschrieben.
Abbildung 1 Die drei Dimensionen nachhaltiger Entwicklung –
allgemeine und betriebliche Betrachtung
Ertragskraft und Rentabilität
e
lt
lls
w
ch
Um
Ressourceneffizienz und
Umweltverträglichkeit
t s c haf t
aft
W ir
Ge
se
Mitarbeiterförderung und
gesellschaftliches
Engagement
Auch in der Tourismuswirtschaft gewinnt das Thema an Aktualität.
Als nachhaltig wird Tourismus dann angesehen, wenn – entlang
der Wertschöpfungskette – ökonomische, soziale und ästhetische
Bedürfnisse der relevanten Stakeholders gedeckt werden. Gleichzeitig erfolgt der Umgang mit betroffenen Ressourcen in einer
effizienten und schonenden Art und Weise. Das trägt zur Erhaltung und Stärkung der kulturellen Integrität, essenzieller ökologischer Vorgänge, der Biodiversität und somit der Lebens- und
Produktionsgrundlagen für künftige Stakeholders bei.
Keiner der drei Nachhaltigkeitsdimensionen kann mittel- bis
langfristig gegenüber den beiden anderen eine grössere Bedeutung oder wichtigere Aufgabe zugeschrieben werden. Nur so, darin sind sich Fachleute einig, kann Nachhaltigkeit funktionieren.
Das Nachhaltigkeitsprinzip, das in Wirtschaftskreisen stetig
an Bedeutung gewinnt, wird in der aktuellen ManagementTheorie und -Praxis oft unter dem Begriff der «unternehmerischen
Verantwortung» (= Corporate Responsibility) abgehandelt und
umgesetzt. Die für den Tourismussektor wichtigsten Teilbereiche
und Elemente von Corporate Responsibility sind in der folgenden
Darstellung (vgl. Abbildung 2) exemplarisch aufgeführt.
Unter dem Dach von Corporate Governance wird definiert,
mit welchen Grundsätzen eine gute und verantwortungsvolle
Unternehmensführung sichergestellt werden soll. Wichtig sind
dabei Transparenz- und Verantwortlichkeitsregeln, um ein ausgewogenes Verhältnis zwischen unternehmerischer Führung und
Kontrolle zu erlangen und somit die «Licence to Operate» zu
sichern. Corporate Social Responsibility umfasst sämtliche Geschäftstätigkeiten und -prozesse, mittels derer ethisch, sozial und
ökologisch verantwortungsvolles Unternehmertum gegen innen
und aussen praktiziert wird. Wirkungsvolle Corporate Social
Responsibility trägt zur langfristigen Wettbewerbsfähigkeit eines
Unternehmens bei und gilt als Qualitätslabel für Nachhaltigkeit.
Unter Corporate Citizenship werden schliesslich das philanthropische Engagement, Freiwilligeneinsätze oder «Pro-Bono»-Projekte von Unternehmungen verstanden, die über das eigentliche
Kerngeschäft hinausgehen, jedoch zur Stärkung der Glaubwürdigkeit und zur Reputation des Unternehmens beitragen.
64
JAHRBUCH 2009 HOTELLERIESUISSE | SCHWEIZERISCHE GESELLSCHAFT FÜR HOTELKREDIT
Abbildung 2 Corporate Responsibility und ihre Elemente
Corporate Responsibility
Corporate
Governance
Corporate
Citizenship
Corporate
Social Responsibility
Ökonomische
Verantwortung
Umweltverantwortung
Soziale
Verantwortung
Transparenz
Investor-Relation
Energieeffizienz
Kompensation
Ressourceneffizienz
Klimaschutz
Mitarbeiterorientierung
Ausserbetriebliches
Engagement in
Kundenbeziehungen
CO2-Footprint
Arbeitsplatzsicherheit
und -gesundheit
Bildung / Forschung
Aus- und
Weiterbildung
Kultur
Gesetzeskonformität
Risiko-Management
Lieferantenbeziehungen
Abfall-Management
Wasser-Management
Biodiversität
Medienbeziehungen
Politik
Sozialwesen
Fokussierung auf
regionale Produkte
Gesundheit
Naturschutz
Stakeholders: Kunden, Mitarbeiter, Politik, NGO, Aktionäre, Öffentlichkeit, Medien, Rating-Agenturen
Quelle: CSR und Wirtschaftlichkeit – ein Widerspruch?, GATE e.V. Symposium Corporate Social Responsibility im Tourismus, 9.–10. Mai 2008, Hamburg
(leicht modifiziert)
Abbildung 3 Die drei Dimensionen nachhaltiger Entwicklung –
allgemeine und betriebliche Betrachtung
Ertragskraft
und Rentabilität
ch
e
lt
lls
w
Ressourceneffizienz und
Umweltverträglichkeit
t s c haf t
aft
W ir
Um
Tourismuswirtschaft und nachhaltige Entwicklung –
eine Herausforderung?
Zweifelsohne ist der Tourismus, und als tragende Säule davon, die
Hotellerie für viele Regionen der zukunftsträchtigste Wirtschaftssektor (Arbeitsplätze, lokales Gewerbe, Infrastruktur usw.). Dabei
sind umwelt- und soziokulturelle Faktoren wichtige Erfolgstreiber.
Andererseits beeinträchtigt die Tourismusbranche ebendiese teilweise massiv. Im Vordergrund stehen dabei ökologische Auswirkungen bspw. auf Naturlandschaften und den Wasserhaushalt,
die (in)direkten Folgen der Mobilität und der erhebliche Ressourcenverbrauch. In der ökonomischen Dimension (Rentabilität und
Ertragskraft) sind aber auch problematische Auswirkungen auf
soziokulturelle Werte und Strukturen der lokalen Gemeinschaft
und der Mitarbeitenden zu berücksichtigen, wie beispielsweise
die (saisonal) grosse Zahl von Gästen und Arbeitnehmern aus verschiedensten Kulturen, die vorherrschenden Arbeitsbedingungen
oder auch die höheren Lebenshaltungskosten insgesamt in Tourismusregionen.
Die Hotellerie muss diese Herausforderungen proaktiv angehen: Der Fokus sollte in einem ersten Schritt auf dem Schnittbereich der Eckpunkte «Rentabilität und Ertragskraft» und
«Ressourceneffizienz und Umweltverträglichkeit» liegen. Aufgrund der gesetzlichen Rahmenbedingungen, und vor allem auch
des hohen Umsetzungsniveaus der entsprechenden Gesetze, wird
der Handlungsbedarf insbesondere im Bereich der Ressourceneffizienz als prioritär eingestuft und steht in den nachfolgenden
Kapiteln im Vordergrund.
Ge
se
Mitarbeiterförderung und
gesellschaftliches
Engagement
nACHHALTIGKEIT ALS CHAnCE FÜR DIE SCHWEIZER HOTELLERIE
Auf dem Weg zur nachhaltigen
Hotellerie: Schlüsselbereich
Ressourceneffizienz
und Umweltverträglichkeit
65
«1. Die Sicherstellung einer wirtschaftlichen und umweltverträglichen Bereitstellung und Verteilung der Energie.
2. Die sparsame und rationelle Energienutzung.
3. Die verstärkte Nutzung von einheimischen und erneuerbaren Energien.»
Die Schweizer Energiepolitik basiert auf vier Säulen:
In den nachfolgenden Betrachtungen wird aufgezeigt, dass durch
die Steigerung der Ressourceneffizienz und im Speziellen der Energieeffizienz die längerfristige Wettbewerbsfähigkeit, sowie die
Glaubwürdigkeit und somit der nachhaltige Unternehmenserfolg
der Hotellerie deutlich verbessert werden können.
Energiepolitische Rahmenbedingungen
Die Energie- und Klimapolitik der Schweiz wird im Wesentlichen
im Energiegesetz vom 1. Januar 1999 und im CO2 -Gesetz vom
1. Mai 2000 festgehalten. Gemäss Energiegesetz, Art. 1, verfolgt
die Energiepolitik drei Ziele:
Paul Scherrer Institut: Die 2000-Watt-Gesellschaft: Norm oder Wegweiser?, 2007
2 Energietrialog Schweiz (www.energietrialog.ch)
1
Abbildung 4 Vier Säulen der Energiepolitik
Energieaussenpolitik
Grosskraftwerke
Erneuerbare Energie
Energiepolitik Schweiz
Energieeffizienz
Das globale Reservoir an fossilen Energien, insbesondere Erdöl,
leert sich zunehmend und bei anhaltendem Bevölkerungs- und
Wirtschaftswachstum rascher, was sich in den letzten Jahren in
deutlichen Preissprüngen äusserte. Dieser Trend dürfte mittelfristig weiter anhalten. Ein ähnliches Bild zeigt sich im übrigen Energie- und Mobilitätsbereich. Insgesamt werden Energieeinsparungen durch Effizienzsteigerungen vorderhand durch den anhaltend
steigenden Konsum mehr als kompensiert, was sich ebenfalls in
steigenden Gesamtkosten niederschlägt. Ein folgenschwerer
Effekt der aktuellen Wirtschaftsweise ergibt sich aus der Treibhausgas-Problematik: In den letzten 125 Jahren hat sich allein
die Kohlendioxid-Konzentration in der Atmosphäre um mehr
als 35 Prozent erhöht1. Die Folgen der dadurch verursachten
Klimaerwärmung werden auch die Schweiz – vor allem die Berggebiete – betreffen. Es werden erhebliche Auswirkungen beispielsweise auf die für den Tourismus bedeutenden Wintersportgebiete, aber auch auf Wasserhaushalt, Naturlandschaft
und deren Biodiversität erwartet.
Zentrale Handlungsfelder für die Hotellerie in der Schweiz auf
dem Weg hin zu einer nachhaltigen Ressourcennutzung und
Umweltverträglichkeit liegen in den folgenden Kernbereichen2:
• Effizienz in der Ressourcennutzung, -entsorgung und
evtl. -produktion unter Vermeidung/Verminderung
negativer Effekte auf Mensch und Umwelt.
• Effizienz in Mobilität/Transport unter Vermeidung/
Verminderung negativer Effekte auf Mensch und
Umwelt.
• Aktiver Schutz der natürlichen Lebensgrundlagen
(z. B. Klima und Naturlandschaft) und der Gesundheit
der Menschen.
• Stärkung der Innovationskraft der Branche.
Quelle: BFE
Durch die Fokussierung ihrer energiepolitischen Aktivitäten auf
die beiden Schwerpunkte «Energieeffizienz» und «erneuerbare
Energien» leistet die Hotellerie einen Beitrag zur Erreichung der
energie- und umweltpolitischen Ziele der Schweiz.
Das CO2 -Gesetz bildet das Kernstück der schweizerischen
Klimapolitik. Bis zum Jahr 2010 soll der Ausstoss des klimawirksamen Kohlendioxids (CO2) aus der Nutzung fossiler Energieträger
um 10 Prozent gegenüber dem Wert von 1990 gesenkt werden.
Dabei sollen die Brennstoffe gesamthaft um 15 Prozent, die Treibstoffe gesamthaft um 8 Prozent vermindert werden. Die angestrebte Reduktion der CO2 -Emissionen soll in erster Linie durch
freiwillige Massnahmen von Unternehmen und Privaten erreicht
werden. Da diese Vorgaben nicht erreicht wurden, hat der Bund
per 1. Januar 2008 eine Lenkungsabgabe auf fossilen Energieträgern, die sogenannte CO2 -Abgabe auf Brennstoffen, eingeführt.
Die Schweizer Hotellerie setzt weiterhin auf freiwillige Massnahmen zur Senkung des CO2 -Ausstosses und wird u. a. die Zusammenarbeit mit der Energieagentur der Wirtschaft (EnAW) verstärken.
Trends
Verschiedene Entwicklungen deuten darauf hin, dass konsequente Anstrengungen im Bereich der wirksamen Steigerung der
Ressourcen- und Energieeffizienz und der Reduktion der Umweltbelastung von zentraler Bedeutung sind für die künftige Wettbewerbsfähigkeit der Schweizer Hotellerie:
• Steigende Energiekosten aufgrund der fragilen
Versorgungssicherheit aus fossilen Energiequellen
Seit 2001 hat sich der Erdölpreis massiv erhöht. Dies wirkt
sich nicht nur auf die Heizkosten beträchtlich aus, sondern
spiegelt sich vor allem auch in höheren Transport- und
66
JAHRBUCH 2009 HOTELLERIESUISSE | SCHWEIZERISCHE GESELLSCHAFT FÜR HOTELKREDIT
• Erwartungshaltung der Anspruchsgruppen
(Stakeholders)
– Gäste
Gemäss der Ende Oktober 2008 erstellten repräsentativen hotelleriesuisse-Studie «Hotellerie der Zukunft»
in den fünf Quellmärkten Schweiz, Deutschland, Frankreich, Grossbritannien und USA zählen «intakte Natur»
und «Green Living» (Lifestyle of Health and Sustainability = LOHAS) zu den wichtigsten Entscheidkriterien bei
der Wahl eines Hotels oder einer Destination. LOHAS
orientieren sich zwar ebenfalls am Preis von Produkten
und Dienstleistungen, sie verlangen aber gleichzeitig
beste Qualität. Für LOHAS spielt «Gesundheit» eine zentrale Rolle. Zudem achten sie auf ökologische Aspekte –
sie wollen mit gutem Gewissen konsumieren und geniessen. Sie möchten mit ihrem Kaufverhalten einen Beitrag
zur Nachhaltigkeit leisten. Laut dem Soziologen Paul
H. Ray und der Psychologin Ruth Anderson umfasste dieses Segment schon vor zehn Jahren bereits 50 Millionen
erwachsene Amerikaner und gilt weltweit als das am
schnellsten wachsende Kundensegment6. Diese Werteszene ist auch in der Schweiz stark auf dem Vormarsch.
So ergab eine Untersuchung von Ernst & Young 2007,
dass Attribute wie «Bio», «aus fairem Handel» und «aus
nachhaltiger Produktion» die Kaufentscheidungen der
Schweizer Konsumenten mehr denn je beeinflussen7.
Dieses schnell wachsende Marktsegment bietet für die
Tourismusbranche ein immenses Zukunftspotenzial.
– Organisationen der Zivilgesellschaft (nGOs)
Nach der Bestätigung des Verbandsbeschwerderechtes
durch den Souverän kann davon ausgegangen werden,
dass insbesondere die Umweltverbände auch weiterhin
ein ernst zu nehmender Stakeholder für die Schweizer
Hotellerie sein werden, gerade auch, wenn es um Neubauten geht. Beispiele wie das Mega-Tourismus-Resort
in Andermatt von Samih Sawiris verdeutlichen, dass ein
proaktives Einbeziehen dieser Verbände den Planungsund Bewilligungsprozess deutlich vereinfachen und verkürzen kann, was sich auch finanziell lohnt. Es ist zu
erwarten, dass die vorgeschlagenen Massnahmen zur
Effizienzsteigerung von Umweltverbänden grundsätzlich
begrüsst und allenfalls auch unterstützt werden.
– Bauwirtschaft
Das lokale Gewerbe dürfte gerade im sich abzeichnenden schwierigeren Marktumfeld ein grosses Eigeninteresse an energetischen Gebäudesanierungen haben.
Im Rahmen der sich abzeichnenden weiteren Konjunkturprogramme des Bundes ist zu verfolgen, ob energetische Sanierungen von Gebäuden von Bund und Kantonen zusätzlich gefördert werden, um über diesen
Hebel Gewerbe und Umwelt gleichermassen zu stärken.
Mobilitätskosten. Im Rahmen der Strommarktderegulierung sollen auch die Strompreise ab 2009 z. T. stark steigen. Angesichts des z. T. veralteten, energieineffizienten
Schweizer Hotelparks (Immobilien, Anlagen, Geräte) stellt
dies die Branche vor grosse infrastrukturelle, finanzielle, betriebliche und z. T. existenzielle Herausforderungen.
• Hohe Energieabhängigkeit der Schweiz
Die Schweiz importiert 80 Prozent der benötigten Energie.
Bei den fossilen Energieträgern ist die Schweiz vollständig,
bei der Elektrizität zu 40 Prozent vom Ausland abhängig
(Uranimporte). Aufgrund der längerfristig unsicheren politischen Verhältnisse in den Beschaffungsmärkten liegt die
effizientere Verwendung und Substituierung der importierten Energieträger im Interesse der längerfristigen Sicherstellung der Energieversorgung der Schweiz.
• Klimawandel und seine Kosten
Zahlreiche Studien belegen, dass sich mit dem steigenden
globalen Verbrauch fossiler Energieträger der Ausstoss
an Treibhausgasen, insbesondere von CO2, kontinuierlich
erhöht und das Weltklima aus den Fugen zu geraten
scheint3. Davon zeugen heute schon schmelzende Gletscher, die steigende Permafrostgrenze, abnehmende
Schneesicherheit, häufigere Wetterextrema, die zu Murgängen, Hochwasser, Bergstürzen, Dürren, Veränderungen
der Naturlandschaft bis hin zu wachsenden globalen Migrationsströmen («Klimaflüchtlinge»4) führen – ganz zu
schweigen von massiven volkswirtschaftlichen Schäden,
die die Weltwirtschaft belasten werden. Je nach Szenario
sollen sich die Kosten des Klimawandels bis 2035 auf 5 bis
20 Prozent des weltweiten Bruttoinlandproduktes belaufen, wenn nicht bereits heute gehandelt wird. Modellberechnungen zeigen ebenfalls auf, dass es fünfmal billiger kommt, die Folgen des Klimawandels heute zu verhindern als abzuwarten, bis diese eintreten.
Der Tourismus ist doppelt gefordert: Einerseits als Opfer
der oben erwähnten Folgen des Klimawandels. Andererseits werden 5 Prozent des weltweiten CO2 -Ausstosses von
der energieintensiven Tourismuswirtschaft verursacht5.
Nicolas Stern, Review on the Economics of Climate Change, 2006; OECDBericht «Climate Change Impacts and Adaptation in Winter Tourism», 2007
oder die Berichte des «Intergovernmental Panel on Climate Change» IPPC
der UNO, welche in regelmässigen Abständen den weltweit aktuellen Wissensstand zu den unterschiedlichen Aspekten der Klimaproblematik zusammenfassen, daraus die wahrscheinlichen Folgen von Klimaänderungen für
Umwelt und Gesellschaft evaluieren und entsprechende Vermeidungs- oder
Anpassungsstrategien vorschlagen.
4 Gemäss Sir John Holmes, Untergeneralsekretär für humanitäre Angelegenheiten bei der UNO, haben bereits heute weltweit 90 Prozent der
Umweltkatastrophen mit dem Klima zu tun. Extremes Wetter ist die «neue
Normalität» geworden, in: Das Magazin, Nr. 49/2008. Die International
Organization for Migration IOM schätzt zudem, dass bis 2050 200 Millionen Personen zu Umweltflüchtlingen werden – bis Ende des Jahrhunderts
könnten es eine Milliarde sein; aus: «Migration and Climate Change»,
Genf 2008
5 Davos Declaration, in: UNWTO, UNEP, WMO, WEF, «Climate Change and
Tourism – Responding to Global Challenges», Madrid 2008
3
Ray, Paul H.; Anderson, Ruth: «The Cultural Creatives. How 50 Million
People Are Changing the World», New York 2000
7 Ernst & Young, «LOHAS Lifestyle of Health and Sustainability», 2007
6
nACHHALTIGKEIT ALS CHAnCE FÜR DIE SCHWEIZER HOTELLERIE
Möglicherweise werden attraktive Finanzierungsmodelle ermöglicht, die der vorgeschlagenen Stossrichtung zusätzliche Schubkraft verleihen könnten.
Eine branchenweite Strategie in der Hotellerie fördert
die Erarbeitung und Verbreitung von weiteren «GoodPractice»-Beispielen, was sich letztlich auch positiv auf
die Kosten auswirken wird, die zur Realisierung energetischer Modernisierungen aufzuwenden sind. Dank einer
solchen Strategie kann die Hotellerie gegenüber ihren
Anspruchsgruppen mit einer deutlich stärkeren Verhandlungsmacht auftreten.
• Zunehmende Bedeutung der «nachhaltigkeitsthematik» in der Öffentlichkeit
Nicht nur die Gäste, auch die Tourismuswirtschaft beschäftigt sich zusehends mit dem Thema Nachhaltigkeit und
Klimawandel im Speziellen. So hat Schweiz Tourismus (ST)
anlässlich des Ferientages 2008 die Studie «2030: der
Schweizer Tourismus im Klimawandel» vorgestellt. Im
Aktionsplan dieser Studie wird konkret gefordert, dass die
Leistungsträger und Mitgliederorganisationen von ST in
Koordination mit übergeordneten Massnahmen einen
branchenspezifischen Klima-Aktionsplan erarbeiten. Dieser soll Verminderungs- und Anpassungsstrategien sowie
Massnahmen beinhalten. Zudem werden die Verbände
aufgefordert, ihre Mitglieder bei der Planung und Umsetzung zu unterstützen.
Folgerung für die Hotellerie
Für die Hotellerie bestehen erhebliche Opportunitäten. Durch die
rasche Lancierung und branchenweite Umsetzung wirkungsstarker Massnahmen zum schonenden Umgang mit Ressourcen
können mittelfristig nicht nur Kosten deutlich gesenkt werden.
Die Schweizer Hotellerie kann sich auf diese Weise auf dem internationalen Markt, besonders im kaufkräftigen LOHAS-Segment,
aber auch gegenüber anderen relevanten Stakeholder-Gruppen
glaubwürdig positionieren. Diese Glaubwürdigkeit wird dadurch
gefördert, dass die Schweiz international betreffend Energieeffizienz (nachhaltiges Bauen, öffentlicher Verkehr) und Umweltschutz bereits heute zu den Vorreitern gehört und ein entsprechend positives Image hat.
67
Chancen und Risiken
Eine Strategie zur Verbesserung der Ressourcen- und Energieeffizienz resp. zur Senkung des CO2 -Ausstosses und deren Umsetzung birgt Chancen, aber auch Risiken in sich. Chancen liegen
in der Verbesserung der preislichen und qualitativen Wettbewerbsfähigkeit der Schweizer Hotellerie, im internationalen Imagegewinn im Bereich «Green Living» und somit in der Sicherung von
rund 70 000 Vollzeitarbeitsplätzen in der Hotellerie. Allfällige
Hindernisse bzw. Risiken sind die fehlende Finanzierung der Programme und Projekte, die mangelnde Innovations- und Handlungsbereitschaft der Hotelbetriebe oder sich verschlechternde politische und wirtschaftliche Rahmenbedingungen.
Werden abschliessend nochmals die eingangs aufgeführten
potenziellen Kosten des Klimawandels vor Augen gehalten, wird
klar: Die Hotellerie kann es sich schlicht nicht leisten, nichts zu
tun. Vor dieser Ausgangslage, und mit Blick auf die relevanten
Trends im Tourismusumfeld, sind die rasche Steigerung der Ressourceneffizienz und die Verbesserung der Umweltverträglichkeit
Kernelemente zur Stärkung der zukünftigen Wettbewerbsfähigkeit und glaubwürdigen Positionierung der Schweizer Hotellerie
im internationalen Wettbewerb.
hotelleriesuisse ist überzeugt, dass der skizzierte Weg zur
Steigerung der Ressourcen- und insbesondere der Energieeffizienz zur Senkung der Betriebskosten und des CO2 -Austosses
mittel- und längerfristig der richtige ist. hotelleriesuisse hält sich
an das Zitat, das dem chinesischen Philosophen Laotse zugeschrieben wird: «Verantwortlich ist man nicht nur für das, was man tut,
sondern auch für das, was man nicht tut.»
Neue Formen
der Hotelfinanzierung
Peter Gloor, Leiter Finanzierung, SGH
Hat die Schweizer Hotellerie ein Finanzierungsproblem? Diese
Frage wird öfters in Gesprächen mit Finanzierungsfachleuten gestellt, kann aber nicht global beantwortet werden. Nachfolgend
wird deshalb differenziert auf diese Thematik eingegangen.
Statistische Werte als Ausgangslage
Die Kreditstatistik der SNB zeigt, dass sich die Ausleihungen im
Gastgewerbe (Hotellerie und Restauration) seit 1997 von rund
12,5 Milliarden Franken auf aktuell rund 9,9 Milliarden Franken
reduziert haben. Im Zeitraum von 2004 bis Oktober 2008 hat das
Ausleihungsvolumen stagniert. Mit mehr als 5,3 Milliarden Franken haben Betriebe mit bis zu 9 Mitarbeitern hier den grössten
Anteil am Volumen! Betriebe bis zu 50 Mitarbeiter beanspruchen
noch 2,1 Milliarden Franken, der Rest verteilt sich auf die Grossbetriebe mit einer Mitarbeiterzahl von 50 bis mehr als 250.
Im gleichen Zeitraum ist die Zahl der Betriebe von über 6000
auf rund 5500 zurückgegangen. Die durchschnittliche Betriebsgrösse hat sich jedoch verbessert und liegt derzeit bei 48 Betten.
Nach wie vor ist der Grossteil der Betriebe bei weniger als 25 Betten, und nur jeder vierte Betrieb zählt mehr als 50 Betten.
Schweizer Hotellerie = klassische KMUs
Aus den vorangehenden Zahlen ist klar ersichtlich, dass die
Schweizer Hotellerie aus klassischen KMUs besteht. Es handelt
sich vorwiegend um traditionelle Familienbetriebe, teilweise schon
über mehrere Generationen bestehend. Die Strukturen zeigen
ebenfalls die typischen Merkmale: hauptsächlich Kleinbetriebe,
zahlreiche mit Investitionsstau, sinkenden Renditen und ungelösten Nachfolgeregelungen. Oft bleibt in solchen Situationen leider
nur der Verkauf oder die Schliessung. So erstaunt es nicht, dass
in den letzten Jahren viele Betriebe verschwunden sind und die
Liegenschaften vielfach umgenutzt wurden.
Branche mit hohem Investitionszyklus
Investitionen sind ein Muss, um konkurrenzfähig zu bleiben. Die
Hotelbranche ist äusserst anlageintensiv und zudem immer wieder auch Markttrends unterworfen. Dies bedingt, einen hohen
Anteil des Cashflows im Betrieb wieder zu investieren. Wenn nun
auch die Tatsache berücksichtigt wird, dass eine Vielzahl von
Betrieben der Schweizer Hotellerie immer noch durch eine
schwache Ertragskraft und eine schmale Eigenkapitalbasis gekennzeichnet ist, kann davon abgeleitet werden, dass auch künftige
Investitionen immer wieder durch Fremdmittel finanziert werden
müssen. Diese Gratwanderung bedarf einer klaren Positionierung
des Betriebes und einer klaren Ausrichtung der Investitionen,
wobei diese einen Mehrwert schaffen müssen.
Finanzierungsparameter in der Hotellerie
Die heutigen Beurteilungskriterien fast aller Finanzierungspartner
liegen in der Beurteilung und Bewertung der künftigen Erträge,
d. h. der vom Betrieb selber erarbeiteten und frei verfügbaren Mittel (Free Cashflow). Entscheidend ist damit, dass Investitionsprojekte attraktive Ertragspotenziale versprechen, die langfristig
betrachtet sowohl die Kapitalverzinsung, die Amortisationen als
auch die notwendigen Ersatzinvestitionen zulassen.
Finanzierungsformen
In der klassischen KMU-Hotellerie ist in der Regel der Liegenschaftseigentümer identisch mit dem Betreiber, es wird also vom
Eigentümerbetrieb gesprochen. Die Mehrheit der Finanzierungen
ist somit vielfach persönlich über den Inhaber und zusätzlich durch
die Bestellung von Grundpfandrechten sichergestellt.
Die Finanzierung kann in zwei Finanzierungsgruppen unterteilt werden: die klassische Betriebsmittelfinanzierung mittels Kreditlimite auf einem Bankkonto und die Finanzierung von Investitionen, d. h. Anlagevermögen (Immobilien und Sachanlagen).
Neben der vorerwähnten, klassischen Hypothek bietet sich als
Alternative in diesem Bereich das Leasing an. Grossinvestitionen
im Bereich von Küchen oder Haustechnik sind für diese Finanzierungsform speziell geeignet. Das Leasing schont im Beschaffungs-
70
JAHRBUCH 2009 HOTELLERIESUISSE | SCHWEIZERISCHE GESELLSCHAFT FÜR HOTELKREDIT
zeitpunkt die Liquidität, und die fixen Raten vereinfachen den
Finanzplan. Zu beachten gilt hier, dass das Eigentum an der Sache
bis am Schluss beim Lieferanten bzw. Leasing-Geber bleibt. Ein
weiterer Vorteil des Leasings ist die Anschaffung ohne Eigenkapitalanteil.
Neben den klassischen Arten der Bank- und Leasing-Finanzierungen werden heute auch vielfach Mittel durch Investoren zur
Verfügung gestellt. Dabei handelt es sich in der Regel um Darlehen mit Eigenkapitalcharakter. Die grossen Hotelketten finanzieren sich zudem direkt über den Geld- und Kapitalmarkt.
Spezielle Finanzierungsformen
Wie bereits erwähnt, handelt es sich bei der Mehrheit der Schweizer Hotelbetriebe um klassische Eigentümerbetriebe. Insbesondere in der Ferienhotellerie sind die Betriebe starken saisonalen
Schwankungen und damit verbundenen tiefen Auslastungen über
das ganze Jahr ausgesetzt. Diese Faktoren zeigen sich in wesentlich tieferen Kennzahlen gegenüber der Stadthotellerie. Damit
verbunden sind in der Regel auch die Finanzierungsnormen der
Banken vorsichtiger bemessen. Vielfach entsteht eine sogenannte Finanzierungslücke zwischen der Bankfinanzierung und dem
vorhandenen Eigenkapital.
Diese Finanzierungslücke kann beispielsweise mit einer Finanzierung durch die Schweizerische Gesellschaft für Hotelkredit
(SGH) abgedeckt werden. Die SGH ist eine gemischtwirtschaftlich finanzierte Genossenschaft des öffentlichen Rechts, operiert
auf der Basis des Bundesgesetzes über die Förderung der Beherbergungswirtschaft vom 20. Juni 2003 und ist direkt vom Bund
finanziert. Sie gewährt Darlehen im Nachgang zur Bankfinanzierung. Finanziert werden alle Arten von Beherbergungsbetrieben
in den touristischen Regionen der Schweiz.
Neben diesen Fremdmittelmöglichkeiten bieten teilweise
auch Kantone unverzinsliche Darlehen oder auch Zinsvergünstigungen im Rahmen ihrer Förderprogramme an. Stellvertretend
seien hier die Kantone Graubünden und Wallis erwähnt. Im Kanton Graubünden werden über die bestehenden Verfügungen
zinsgünstige, amortisierbare Darlehen gewährt, teilweise auch
A-fonds-perdu-Beiträge. Im Kanton Wallis besteht die Möglichkeit, zinslose Darlehen zu beantragen. Diese sind in der Regel innerhalb von 10 bis 15 Jahren zurückzuzahlen.
Mit der Gewährung von Bürgschaften (Kautionen) erleichtern im Weiteren die gewerblichen Bürgschaftsgenossenschaften
KMUs den Zugang zu Bankdarlehen. Seit dem 15. Juli 2007 hat
der Bundesrat eine neue, griffige gesetzliche Grundlage zum
Bürgschaftswesen in Kraft gesetzt, welche Bürgschaftskredite für
KMUs noch attraktiver machen. Verbürgt werden können Kreditbeträge bis 500 000 Franken.
Hotellerie –
Touristenbeherbergung –
Ferienwohnungen?
Philippe Pasche, Geschäftsführer, SGH
Die Entwicklung und die Diversifizierung der Kundenerwartungen, die Herausbildung neuer Tendenzen in der Hotellerie, das
Bedürfnis einer gezielten Profilierung von Angeboten und Destinationen, die Suche nach Lösungen im Kampf gegen kalte Betten, die wirtschaftliche Lage der Tourismusbranche, die Chancen
auf dem Immobilienmarkt sowie die Internationalisierung des
Tourismusmarktes führen zu gemischten Beherbergungs- und Immobilienkonzepten, den sogenannten hybriden Beherbergungsformen. In diesem Kontext ist die Bereitschaft von Promotoren
und Investoren − vor allem aus dem Ausland − grosse Tourismusprojekte in der Schweiz umzusetzen, einzuordnen.
In Betrachtung des Bundesgesetzes über den Erwerb von
Grundstücken durch Personen im Ausland (BewG) sowie aufgrund
der Tatsache, dass die Regelungen von Kantonen und Gemeinden darauf abzielen, die Zunahme von Zweitwohnungen zu
drosseln, stellt sich die Frage nach der Differenzierung in Wohneinheiten, die eine Zweitwohnung darstellen oder einer Betriebsstätte zugehörig sind. Die Schweizerische Gesellschaft für Hotelkredit ist im BewG − sowie im Rahmen verschiedener kantonaler
Erlasse und Praxen – als Expertin vorgesehen und verfügt über
eine ausgewiesene Erfahrung in diesem Bereich.
Umfeld
Die Beherbergungswirtschaft der Schweiz, und insbesondere in
den touristischen Regionen, befindet sich in einem strukturellen
und wirtschaftlichen Wandlungsprozess.
Viele traditionelle Ferienorte, vor allem in den Bergen, sehen
sich mit der doppelten Herausforderung von überalterten Beherbergungsbetrieben und der Zunahme an Zweitwohnungen und
kalten Betten konfrontiert. Die Folge davon sind ein Verlust an
Attraktivität und Wettbewerbsfähigkeit, sowie eine ungenügende
dauerhafte Wertschöpfung, insbesondere in Bezug auf die zur
Erhaltung der Infrastrukturen und für die Entwicklung des touristischen Angebots notwendigen Investitionen. Hinzu kommt, dass
die Investoren aufgrund der geringen Rentabilität, des in solche
Hotels investierten Kapitals, sowie der geringen Aussicht auf
attraktive Kapitalerträge, andere Anlageformen vermehrt vorziehen könnten.
Die Kundenerwartungen steigen ständig und führen zu einer
Anpassung und Diversifizierung der Dienstleistungen und Beherbergungsstrukturen der Hotellerie und Parahotellerie. Zwischen
dem traditionellen Hotelzimmer und der Zweitwohnung für den
Privatgebrauch entsteht eine ganze Reihe neuer Angebote, die
sich in Grösse und Ausstattung der Beherbergungseinheit, in
ihrem Standard und Dienstleistungsgrad, unterscheiden.
Die Entwicklung von Resorts, ein Konzept, das − insbesondere in Nordamerika − schon lange Verwendung findet, hat sich
seit einigen Jahren auch in Europa etabliert und gibt eine wirtschaftliche und attraktive Antwort auf dieses vielseitige Bedürfnis. Durch ihre Grösse, Unübersehbarkeit und Lage können sie
zum Zugpferd der gesamten touristischen Aktivität und dadurch
zu einem Kommunikations- und Vermarktungsträger für eine
ganze Region werden.
Der «Rückstand» der Schweiz in der Entwicklung von grossen Beherbergungs- und touristischen Projekten, die Verfügbarkeit von Kapital auf den internationalen Märkten, die Eigenschaften des Immobilienmarktes, die Auswirkungen in Anbetracht
der vorgesehenen Aufhebung der Lex Koller sowie der politische
Wille zur Förderung von warmen Betten liessen bei den Investoren frischen Wind aufkommen. Dabei herrscht der Immobiliencharakter oft vor, und die durch den Verkauf der Beherbergungseinheiten erwarteten Gewinne tragen zur Mitfinanzierung der
Beherbergungs- und der touristischen Investitionen bei.
Diese verschiedenen Tatsachen führen zu hybriden Beherbergungs- und Immobilienprojekten, die sich auszeichnen durch neue
Finanzierungsformen sowie die Trennung von:
• Immobilie und Dienstleistungen.
• Betrieblichen Strukturen und Beziehungen.
• Eigentums-/Besitzverhältnissen und Benutzungs-/
Nutzungsrechten.
• Hotel- und Immobilienanteilen.
74
JAHRBUCH 2009 HOTELLERIESUISSE | SCHWEIZERISCHE GESELLSCHAFT FÜR HOTELKREDIT
Problematik
Wenn die ursprünglichen Investoren eines Beherbergungsprojekts
oder die Erwerber von Beherbergungseinheiten Personen im
Ausland im Sinne des BewG sind, ist eine kantonale Bewilligung
erforderlich. Eine solche Bewilligung ist jedoch hinfällig, wenn das
Grundstück als Betriebsstätte dient. «Grundstücke, die für einen
wirtschaftlichen Zweck genutzt werden (die sogenannten Betriebsstätte-Grundstücke, z. B. … Hotel …), können ohne Bewilligung erworben werden … Dabei spielt es keine Rolle, ob das
Grundstück dem Unternehmen des Erwerbers dient oder einem
Dritten für die Ausübung einer wirtschaftlichen Tätigkeit vermietet oder verpachtet wird. Solche Grundstücke können somit auch
als blosse Kapitalanlage erworben werden … Keine wirtschaftliche Tätigkeit … liegt vor, wenn Wohnraum erstellt, vermietet oder
verpachtet oder damit Handel getrieben wird … Hotelmässig bewirtschafteter Wohnraum gilt hingegen als Betriebsstätte und
kann bewilligungsfrei erworben oder erstellt werden»1.
Der Kanton kann natürlichen Personen in festgelegten touristischen Gebieten im Rahmen des Kontingents den Erwerb einer
Ferienwohnung oder einer Wohneinheit in einem Apparthotel
bewilligen. «Ferienwohnungen dürfen nicht ganzjährig, aber
periodisch vermietet werden. Der Erwerber muss sie jederzeit zum
geltend gemachten Zweck selber benutzen können»2.
Der Entscheid in der Angelegenheit des Feriendorfes in
Champéry (Lex Champéry) lässt zu, dass «auch ein einzelnes
Hotelappartement für sich allein als so genannte Betriebsstätte
im Sinne der Lex Koller qualifiziert werden und entsprechend ohne
Bewilligung und ohne Anrechnung an das kantonale Kontingent
für Ferienwohnungen an eine Person im Ausland verkauft werden kann. Vorausgesetzt wird unter anderem, dass die Appartements dauernd dem Hotelbetreiber zur hotelmässigen Bewirtschaftung überlassen werden …»3. Demzufolge «verzichten die
Eigentümer auf die Nutzung ihres Grundstückes, die ausschliessliche Nutzung wird dem Hotelbetreiber zugewiesen. Als Gegenleistung garantiert der Hotelbetreiber dem Investor ein minimales
Fixeinkommen»4.
Die zentrale Frage, die sich stellt, betrifft die Anwendung des
Begriffs «Hotel» auf das Konzept der Betriebsstätte bzw. die Definition eines Hotels.
Was ist ein Hotel, was ist eine Touristenbeherbergung?
Vorab muss gesagt werden, dass es in der Schweiz keine normalisierte, rechtliche oder geschützte Definition dieser Begriffe gibt.
Um transparente und deutliche Gutachtenkriterien sowie eine
gerechte Behandlung garantieren zu können, stützt sich die SGH
auf einen Korpus an allgemein gültigen Definitionen, Richtlinien
und Praktiken. Nicht abschliessend kann gesagt werden:
• Die von hotelleriesuisse erlassenen professionellen Standards und Klassifikationen gelten als allgemeine Referenz.
Merkblatt, Erwerb von Grundstücken durch Personen im Ausland,
Bundesamt für Justiz, Bern, 1. April 2005
2 Ibidem
3 Medienmitteilung, Feriendorf in Champéry, Bundesamt für Justiz,
Bern, 3. Juli 2007
4 Richtlinie, Hotelkomplex – Betriebsstätte, Departement für Volkswirtschaft und Raumentwicklung, Kanton Wallis, 7. August 2008
1
Sie beziehen sich auf bauliche Aspekte (Flächen, Mindestanzahl an Räumen usw.), auf die Inneneinrichtung und die
Umgebung, sowie auf die erbrachten Dienstleistungen. Die
Beurteilungskriterien können quantitativer und/oder qualitativer Natur sein.
• Für Ferienwohnungen wirbt der Schweizer Tourismus-Verband für ein nationales Klassifikationssystem, bei dem ein
bis fünf Sterne vergeben werden.
• Durch die Gesetzgebung und die Praxis wurden gewisse
Konzepte geschaffen. Zum Beispiel: Die Dienstleistungen
müssen gegenüber der simplen Zurverfügungstellung von
Ferienwohnungen überwiegen; der Nutzungszweck als Beherbergungsbetrieb hat dauerhaft zu sein; es genügt nicht,
lediglich Hoteldienstleistungen anzubieten, die Kunden
müssen diese auch in Anspruch nehmen.
• Internationale und nationale Tendenzen in der Touristenbeherbergung anhand von konkreten Beispielen, anerkannten Studien und Forschungstätigkeiten.
• Zu Zwecken der Durchsetzung der Ziele der SGH5 verfasste diese ihre eigene Definition. Als Beherbergungsbetriebe
gelten: Hotels, Gasthöfe, Motels und Beherbergungsbetriebe der Parahotellerie (Jugendherbergen, Ferienzentren
für Familien und ähnliche Unterkünfte) mit den dazugehörigen konzeptkonformen Grundstücken, Bauten, Räumlichkeiten, Installationen und Einrichtungen, die sich normalerweise durch die folgenden Merkmale auszeichnen:
– Ausrichtung auf die professionelle und kurzzeitige Beherbergung von Gästen (im Mittel bis 2 Wochen und weniger als 90 Tage).
– Sicherstellung, direkt oder mittels Kooperationspartnern,
weiterer hotelmässiger Dienstleistungen, die auch von
der Mehrheit der Kunden beansprucht werden.
– Entsprechende Positionierung mit gezielter Bewerbung
von kurzzeitigen (transienten) Gästen.
– Vorhandensein von mindestens 15 Zimmern (Beherbergungseinheiten) oder eventuell 30 Betten, mit Einheitlichkeit in Bezug auf das Konzept und/oder den Standort.
– Vorhandensein eines eigenständigen, wirtschaftlichen
Hotelteils bei gemischtwirtschaftlichen Betrieben (z. B.
Agrotourismus, Spitalhotel).
– Bei hybriden Formen (rechtlich oder wirtschaftlich) muss
die Nutzung als ein einheitlicher Betrieb rechtlich und
wirtschaftlich sichergestellt sein.
– Ausgeschlossen sind Erziehungsinstitute, Ferienwohnungen nur mit Vermittlung, Zwischen- und Endreinigung.
Vorgehensweise bei Gutachten
Das BewG und die Praxis sehen vor, dass bei der Prüfung, ob bei
einem spezifischen Projekt eine Betriebsstätte vorliegt, nach vier
Konformitätskriterien vorgegangen wird: angemessenes Dienstleistungsangebot, entsprechende bauliche und betriebliche Eignung sowie mutmassliche Wirtschaftlichkeit.
Bundesgesetz vom 20. Juni 2003 über die Förderung der Beherbergungswirtschaft, SR 935.12
5
HOTELLERIE – TOURISTEnBEHERBERGUnG – FERIEnWOHnUnGEn?
Die Begriffe «Hotel» und «Touristenbeherbergung» können
nicht schematisch nach Standard- oder starren Kriterien definiert
und überprüft werden. Dies umso weniger, als jedes Projekt
andere Eigenschaften aufweist, die eine besondere und kontextbezogene Herangehensweise erfordern. Die Anträge werden auf
der Basis von Bewertungszielen beurteilt, die aus den oben erwähnten Konformitätskriterien hervorgehen.
• In baulicher Hinsicht wird beurteilt:
– Ob das Projekt und sein Umfeld einer Basisinfrastruktur
für die Beherbergung entsprechen und welche hotelmässigen Dienstleistungen erbracht werden können, im absoluten Sinn sowie in Zusammenhang mit anderen Konformitätskriterien.
– Möglichkeiten zur Verwendung und alternativen Nutzung
des Baus, sowohl aus Sicht der baulichen Aspekte als
auch im gesetzlichen und regulatorischen Rahmen.
– In groben Zügen die Kohärenz der getätigten Investitionen im Beherbergungs- und Hotelbereich sowie die Finanz- und Finanzierungspläne.
– Durch das Projekt verursachte Anpassungen an das
lokale Umfeld.
• Beim Dienstleistungsangebot wird beurteilt:
– Ob die angebotenen Dienstleistungen als Hoteldienstleistungen betrachtet werden können, und zwar in Bezug
auf professionelle Standards, die beobachteten Tendenzen in der Entwicklung von Nachfrage, Angebot und
Wertschöpfung für Kunden, im absoluten Sinn sowie im
Zusammenhang mit anderen Konformitätskriterien.
– Ob das Dienstleistungsangebot mit gezielter und hauptsächlicher Vermarktung an kurzzeitige Gäste erfolgt.
– Ob das Dienstleistungsangebot die lokalen und regionalen Eigenschaften und Potenziale berücksichtigt und der
Nachfrage entspricht.
• In betrieblicher Hinsicht wird beurteilt:
– Ob die Projektpartner und -träger über Referenzen, Erfahrung und Know-how im Bau, der Vermarktung und
der Führung von Beherbergungsbetrieben und/oder Hoteldienstleistungen verfügen, im absoluten Sinn sowie in
Zusammenhang mit anderen Konformitätskriterien.
– Ob ein beständiger und dauerhafter gesetzlicher, regulatorischer und vertraglicher Rahmen vorliegt, der die
Parteien bindet, um die Umsetzung des Projekts und den
Betrieb sicherzustellen. Es werden dabei keine Rechtsansichten abgegeben und auch keine Meinungen über
Machbarkeit und rechtliche Risiken geäussert, es werden
ausschliesslich der Wille der Parteien in Bezug auf die
vorgesehene Art der Beziehung zwischen den Parteien
und das vorgesehene Betriebsmodell beurteilt.
– Die Vertragsbedingungen für Vermietung, Zurverfügungstellung und Nutzung sowie die Aufteilung der Verantwortlich- und Zuständigkeiten unter den Parteien,
insbesondere hinsichtlich laufender Neuinvestitionen für
die Wartung von Infrastrukturen und Einrichtungen.
– Ob die verfügbaren Ressourcen und Mittel das Erbringen der vorgesehenen Dienstleistungen erlaubt.
75
– Ob das entwickelte Betriebsmodell als Hotelbetrieb betrachtet werden kann und eine wirtschaftliche Tätigkeit
vorliegt, und zwar in Bezug auf professionelle Standards,
beobachtete Tendenzen in der Entwicklung von Nachfrage, Angebot und Mehrwert für die Kunden.
• In Bezug auf die Wirtschaftlichkeit wird beurteilt:
– Das Betriebsbudget mittels Plausibilisierung von Hypothesen.
– Schlüssel- und kritische Elemente der Budgetierung.
Einige Herausforderungen
Auch wenn die Chancen und Vorteile von grossen hybriden Beherbergungsformen bereits viele Male dargelegt wurden, ist ein
besonderes Augenmerk auf einige damit verbundene Herausforderungen und Risiken zu richten.
Die Immobilienwertsteigerung ist allgemein ein Hauptpfeiler
des Wirtschaftsmodells und der Schaffung von Mehrwert. Deshalb
ist besonders auf die wirtschaftliche Nachhaltigkeit zu achten. Ein
nützlicher, wenn auch ungenügender und nicht entscheidender,
Indikator ist der Wille bzw. die Notwendigkeit, eine hohe und dauerhafte Auslastung und Rotationsquote zu gewährleisten, um die
erhofften Renditen für die Investoren zu erzielen; oder ob die erwarteten Erträge aus den Immobilienverkäufen genügend sind.
Wenn die gesamte Finanzierung auf dem Verkauf der Beherbergungseinheiten nach dem Konzept der «Lex Champéry»
beruht, ist zu berücksichtigen, dass der Verkehrswert durch die
Zurverfügungstellung beeinträchtigt wird und vom vertraglich vereinbarten Ertrag abhängt. Dieser Immobilienmarkt ist wahrscheinlich enger und weniger effizient als der globale. Deshalb ist es
absolut notwendig, sich über Vorverkäufe abzusichern, damit das
gesamte Projekt ordnungsgemäss zu Ende geführt werden kann
und sich nicht in eine Industriebrache verwandelt.
Besondere Aufmerksamkeit gilt auch den rechtlichen Konditionen und den Vertragsbeziehungen, um eine eventuelle Blockierung der wirtschaftlichen Nutzung oder der Erneuerung von Installationen durch eine Minderheit zu verhindern. In diesem Sinne
ist es vorteilhaft, das eingerichtete System durch die Simulation
von verschiedenen Problemen, die die Umsetzung des Projekts
behindern könnten (wirtschaftliche, technische, rechtliche Faktoren), zu «testen», um dessen Beständigkeit bzw. Widerstandsfähigkeit sicherzustellen. Hoffentlich wurde durch die Probleme
der Appart-Hotels der 1970er-Jahre etwas dazugelernt!
Unabhängig von einem eventuellen Aufbau von strukturellen Überkapazitäten sind grosse Projekte eher eine Herausforderung aufgrund von Unterkapazität, qualifiziertem Personal, Mitarbeiterunterkünften, öffentlichen Infrastrukturen, Dienstleistungsqualität usw.
Eine Frage, die hier offengelassen wird, ist diejenige nach der
Auswirkung dieser Projekte auf das Image und die Positionierung
des Tourismus und der Hotellerie sowie nach dem Risiko, die Differenzierung gegenüber dem internationalen Tourismusangebot
aufs Spiel zu setzen. Mit dieser Frage wird aber auch gleich
bestätigt, dass die Schweiz ihre Standort- und Umweltvorteile
besonders hervorhebt und die Swissness, durch die sich unser
Tourismus auszeichnet, aufrechterhalten muss.
Studien
Makrosicht Hochkosteninsel Schweiz
Mikrosicht Hochkosteninsel Schweiz
Löhne und Produktivität im internationalen Vergleich
Satellitenkonto Tourismus
Hoteltypen
Makrosicht Hochkosteninsel
Schweiz: Preise und Kosten
im internationalen Vergleich
Christian Hunziker / Thomas Schoder,
BAK Basel Economics, im Auftrag von hotelleriesuisse
Abbildung 1 Relatives Preisniveau in der Tourismuswirtschaft
120
Im Schweizer Tourismus ist das Preis- und Kostenniveau ein Dauerthema. Höhere Preise werden als zentraler Nachteil im internationalen Wettbewerb angeführt, und bei der Lohngestaltung
steht häufig das Argument der im internationalen Vergleich überdurchschnittlichen Schweizer Arbeitskosten im Zentrum der Diskussionen.
Ziel der Studie «Preise und Kosten der Schweizer Tourismuswirtschaft im internationalen Vergleich» ist es, für die Schweizer
Tourismuswirtschaft einen systematischen internationalen Preisund Kostenvergleich durchzuführen. Zudem werden Szenarioanalysen gemacht, welche die Auswirkungen von Veränderungen bei
den Rahmenbedingungen und bei den Produktionsstrukturen der
Schweizer Tourismuswirtschaft aufzeigen. Basierend auf den identifizierten Preis- und Kostendifferenzen sowie auf den Resultaten
der durchgeführten Simulationen werden wirtschaftspolitische
Schlussfolgerungen abgeleitet.
Analyse der Preisunterschiede
Der internationale Vergleich der Preise in der Schweizer Tourismuswirtschaft zeigt auf, dass nach wie vor erhebliche Preisdifferenzen bestehen. So ergibt sich zum EU4-Mittelwert im Jahr 2007
eine Preisdifferenz von 12 Prozentpunkten, d. h., die Preise in der
Tourismuswirtschaft liegen in den umliegenden vier Ländern um
durchschnittlich 12 Prozent unter denjenigen der Schweiz. Die
grössten Preisdifferenzen zeigen sich im Vergleich mit Österreich.
Die Preise in der österreichischen Tourismuswirtschaft liegen um
15 Prozent tiefer als jene in der schweizerischen.
Werden die einzelnen touristischen Branchen analysiert, stellt
man deutliche Unterschiede fest. Beim Gastgewerbe (Beherbergung und Restauration) sowie bei den Freizeitdienstleistungen
sind die Preisdifferenzen zwischen der Schweiz und den umlie-
100
80
60
100 100
75 88
75 88
78 94
77 85
71 86
CH
EU4
GER
FR
AUT
IT
40
20
0
2000
2007
Relative Preisniveauindizes, Schweiz = 100
Quelle: BAK Basel Economics, Eurostat, nationale statitische Ämter
genden vier Ländern mit 13 Prozent bzw. 16 Prozent überdurchschnittlich gross. Im touristischen Bereich des Detailhandels sind
die Preisunterschiede zwischen den EU4-Ländern und der Schweiz
mit 8 Prozent deutlich kleiner. Am geringsten fallen die Preisunterschiede mit nur 7 Prozent im Verkehrssektor aus. Eine dynamische Betrachtung der relativen Preisentwicklung zeigt, dass sich
die touristischen Preisdifferenzen zwischen der Schweiz und den
umliegenden Ländern in der jüngeren Vergangenheit deutlich verringert haben. Die Preisdifferenzen gingen zwischen 2000 und
2007 um rund 13 Prozentpunkte zurück. Dies bedeutet, dass die
preislichen Wettbewerbsnachteile der Schweizer Tourismuswirtschaft zwischen 2000 und 2007 um mehr als die Hälfte abgebaut
werden konnten. Die preisliche Wettbewerbssituation hat sich
also seit der Jahrtausendwende deutlich verbessert, und dies gegenüber sämtlichen Nachbarländern. Ein Teil der Verbesserung
der preislichen Wettbewerbsfähigkeit ist auf die Veränderung des
Wechselkursverhältnisses zwischen dem Schweizer Franken und
dem Euro zurückzuführen. Aber auch bei einem gleich gebliebenen Wechselkurs würde sich immer noch eine Reduktion der Preisdifferenzen um knapp 9 Prozentpunkte ergeben. Auf der Ebene
80
JAHRBUCH 2009 HOTELLERIESUISSE | SCHWEIZERISCHE GESELLSCHAFT FÜR HOTELKREDIT
der einzelnen touristischen Branchen konnte im Gastgewerbe der
grösste Abbau der Preisdifferenzen realisiert werden (–15,6 Prozentpunkte inkl. Wechselkurseffekt). Auch im tourismusrelevanten Teil des Detailhandels gingen die Preisdifferenzen um knapp
14 Prozentpunkte zurück. Im Verkehrssektor (–8,1 Prozentpunkte) und bei den Freizeitdienstleistungen (–9,1 Prozentpunkte) fiel
der Abbau der Preisdifferenzen etwas geringer, aber immer noch
beachtlich hoch aus.
Abbildung 3 Die wichtigsten Kostenfaktoren der Tourismuswirtschaft
120
100
80
91
83
72
73
100
74
99
79
56
62
100
84
85
86
84
81
CH
EU4
GER
FR
AUT
IT
100
80
60
40
Abbildung 2 Veränderung der Comparative Price Levels
in der Tourismuswirtschaft in % (2000–2007)
20
0
Gastgewerbe
–15,6%
Detailhandel
–13,8%
Freizeitindustrie
–9,1%
Verkehr
–8,1%
Tourismuswirtschaft
–13,8%
Gesamtwirtschaft
–11,0%
–16
–12
–8
–4
Vorleistungskosten
0
Relative Veränderung der Schweizer Preise
im Vergleich zum Durchschnitt EU4 in Prozentpunkten
Quelle: BAK Basel Economics, Eurostat, nationale statistische Ämter
Arbeitskosten (Lohnkosten)
Lesehilfe: Der Wert über den Säulenstapeln gibt die relativen Kosten
insgesamt an, d. h., im EU4-Durchschnitt betragen die Vorleistungs- und
Arbeitskosten relativ zur Schweiz 80 Prozent. Die Teilsäulen geben zum
einen durch die Höhe den Beitrag des jeweiligen Kostenfaktors an den
Gesamtkosten im entsprechenden Land an, zum anderen steht der Indexwert relativ zur Schweiz in der Säule. So ist beispielsweise abzulesen, dass
die Vorleistungskosten in der deutschen Tourismuswirtschaft 85 Prozent
derjenigen der Schweizer Tourismuswirtschaft betragen.
Indizes: Schweiz = 100 ( 2007)
Quelle: BAK Basel Economics
Analyse der Kostenunterschiede
Synthese von Preis- und Kostenvergleichen
Werden die beiden wichtigsten Kostenblöcke der Tourismuswirtschaft (Vorleistungs- und Arbeitskosten) zusammengefasst, zeigt
sich für die Tourismuswirtschaft der umliegenden Länder im
Durchschnitt ein Kostenvorteil von 20 Prozent. Die Arbeitskostenunterschiede fallen dabei viel deutlicher aus als die Differenzen
bei den Vorleistungskosten. Die deutlichsten Nachteile ergeben
sich im Vergleich mit der österreichischen Tourismuswirtschaft,
welche mit 44 Prozent tieferen Arbeitskosten und 16 Prozent tieferen Vorleistungskosten wirtschaften kann.
Bei der Betrachtung der Entwicklung der Kostenunterschiede zwischen 2000 und 2007, wird bei den beiden wichtigsten
Kostenfaktoren, den Vorleistungen und den Arbeitskosten, eine
gegenläufige Entwicklung festgestellt. Bei den Vorleistungskosten konnten die Nachteile der Schweizer Tourismuswirtschaft zwischen 2000 und 2007 um erfreuliche 9 Prozentpunkte abgebaut
werden. Bei den um die Stundenproduktivität bereinigten Arbeitskosten (Lohnstückkosten) musste hingegen eine Verschlechterung
für die Schweizer Tourismuswirtschaft um 5 Prozentpunkte hingenommen werden.
Die Synthese der Preis- und Kostenvergleiche zeigt, dass ein Grossteil der beobachteten Preisunterschiede mit den analysierten Kostenfaktoren sowie der Mehrwertsteuerdifferenz erklärt werden
kann. Im EU4-Schnitt sind die Unterschiede bei den untersuchten
Kostenfaktoren insgesamt ähnlich wie die Preisunterschiede. Die
nachfolgende Abbildung zeigt für die einzelnen Kostenfaktoren,
welchen Beitrag sie zur «Hochpreisinsel» leisten, oder anders gesagt: um wie viel Prozent die Preise in der Schweizer Tourismuswirtschaft ceteribus paribus (d. h. alle anderen Faktoren werden
jeweils als konstant angenommen) jeweils hypothetisch sinken
könnten, wenn der betrachtete Kostenfaktor dasselbe Preisniveau
wie der EU4-Durchschnitt aufweisen würde.
Abbildung 4 Zerlegung der touristischen «Hochpreisinsel» Schweiz in %
Mehrwertsteuer
–6%
Sonstige Faktoren
–2%
Vorleistungskosten
9%
Arbeitskosten
11%
Tourismuswirtschaft
12%
–6
–4
–2
0
2
4
6
8
10
12
Beitrag zur Preisdifferenz gegenüber
dem EU4-Durchschnitt, in Prozentpunkten, 2007
Quelle: BAK Basel Economics
MAKROSICHT HOCHKOSTEnInSEL SCHWEIZ: PREISE UnD KOSTEn IM InTERnATIOnALEn VERGLEICH
81
Die Zerlegung der Hochpreisinsel Schweiz in die einzelnen Komponenten impliziert, dass die Konsumentenpreise in der Tourismuswirtschaft in den umliegenden Ländern Deutschland, Frankreich,
Österreich und Italien gegenüber der Schweiz im Durchschnitt:
• Um 11 Prozent tiefer sind aufgrund niedrigerer Arbeitskosten.
• Um 9 Prozent tiefer sind aufgrund niedrigerer Vorleistungskosten.
• Um 6 Prozent höher sind aufgrund höherer Mehrwertsteuersätze.
• Um 2 Prozent höher sind aufgrund sonstiger Faktoren.
Schlussfolgerungen und Empfehlungen
Szenarioanalysen
Verbesserung wirtschaftspolitischer Rahmenbedingungen
Zur Verbesserung der wirtschaftspolitischen Rahmenbedingungen braucht es sowohl eine möglichst weitgehende Liberalisierung des internationalen Warenhandels als auch eine Liberalisierung und Deregulierung des Schweizer Binnenmarktes. Bei der
Liberalisierung des internationalen Warenhandels geht es aus Sicht
der Tourismuswirtschaft um den Abbau von Zöllen (v. a. Agrarzöllen) sowie den Abbau von nicht tarifären Handelshemmnissen.
Beim Schweizer Binnenmarkt stehen Liberalisierungsmassnahmen
in wichtigen Deregulierungsbranchen wie Energie, Verkehr, Kommunikation und Landwirtschaft im Vordergrund.
Die Resultate der vorliegenden Untersuchung haben gezeigt, dass
die kostenbedingten Wettbewerbsnachteile der Schweizer Tourismuswirtschaft im internationalen Vergleich sehr deutlich ausfallen. Vor diesem Hintergrund stellt sich die Frage, wie sich verschiedene wirtschaftliche und wirtschaftspolitische Veränderungen
auf die Preis- und Kostenunterschiede zwischen der Schweizer
Tourismuswirtschaft und derjenigen der umliegenden Länder
auswirken würden.
Hierzu wurden drei Szenarien entwickelt und durchgerechnet. Das Szenario «Freihandel» geht von einer vollständigen Eliminierung der Importbarrieren im Nahrungsmittelbereich aus. Das
Szenario «Freihandel und Deregulierung» geht zusätzlich zum
Abbau der Importbarrieren von einer Deregulierung auf dem
Binnenmarkt in den vier grössten Deregulierungsbranchen Verkehr, Telekommunikation, Energie und Landwirtschaft aus. Das
dritte Szenario beschäftigt sich mit der Produktivität in der
Tourismuswirtschaft und zeigt auf, welche Effekte eine Produktivitätssteigerung auf die Preise der Tourismuswirtschaft haben
könnte.
Die Resultate der Szenariorechnungen zeigen, dass eine Eliminierung der Importbarrieren die Preisunterschiede zwischen der
Schweizer Tourismuswirtschaft und derjenigen der umliegenden
Länder um 1,4 Prozentpunkte reduzieren würde, wenn die erzielten Kostensenkungen vollständig an die Kunden weitergegeben
würden.
Bei einer zusätzlichen Liberalisierung des Binnenmarktes ergeben sich deutlich höhere Kostensenkungspotenziale. Der Preissenkungsspielraum der Schweizer Tourismuswirtschaft gegenüber
den vier umliegenden Ländern würde sich in diesem Szenario auf
5,2 Prozentpunkte belaufen. Bei einer gleichzeitigen aussenwirtschaftlichen Öffnung und einer Deregulierung des Binnenmarktes würde sich somit die internationale Wettbewerbsfähigkeit der
Schweizer Tourismuswirtschaft deutlich verbessern.
Im dritten Szenario, einem Anstieg der Produktivität im
Schweizer Gastgewerbe auf das Niveau in den umliegenden
Ländern, ergäbe sich ebenfalls eine deutliche Verbesserung der
Wettbewerbsposition der Schweizer Tourismuswirtschaft. Der
Preissenkungsspielraum gegenüber dem EU4-Durchschnitt dürfte
sich in diesem Szenario auf 1,9 bis 4,8 Prozentpunkte belaufen.
Die Schweizer Tourismuswirtschaft weist hinsichtlich internationaler preislicher Wettbewerbsfähigkeit Schwächen auf, welche
sich auf ungünstige kostenseitige Produktionsbedingungen zurückführen lassen. Die kostenseitigen Nachteile der Schweizer
Tourismuswirtschaft basieren sowohl auf den wirtschaftspolitischen Rahmenbedingungen als auch auf branchenendogenen
Faktoren. Zur Steigerung der internationalen Wettbewerbsfähigkeit der Schweizer Tourismuswirtschaft gilt es demnach, die wirtschaftspolitischen Rahmenbedingungen zu verbessern und Strukturreformen in der Tourismuswirtschaft in die Wege zu leiten.
Strukturreformen in der Tourismuswirtschaft
Bei den notwendigen Strukturreformen in der Schweizer Tourismuswirtschaft steht die Steigerung der Arbeitsproduktivität –
insbesondere im Gastgewerbe – im Zentrum. Zur Steigerung
der Arbeitsproduktivität im Schweizer Gastgewerbe braucht es
verschiedene Massnahmen: Der Arbeitseinsatz sollte flexibilisiert
und die Qualifikationsstruktur erhöht werden. Gleichzeitig gilt es,
die Investitionstätigkeit zu erhöhen und Grössenersparnisse zu
realisieren. Eine weitere wichtige Handlungsachse zur Steigerung
der Arbeitsproduktivität ist die Steigerung der Auslastung der
Produktionskapazitäten. Dazu dürfen Marktaustritte nicht konkurrenzfähiger Betriebe nicht behindert werden, und es ist ein
intensiver Wettbewerb zwischen den einzelnen touristischen Leistungserbringern sicherzustellen. Wesentlich für eine erhöhte Auslastung ist zudem eine intensive und effiziente Bearbeitung der
touristischen Nachfragemärkte mittels geeigneter Marketing- und
Verkaufsinstrumente.
Reformpaket anstelle von Einzelmassnahmen
Die Effekte der einzelnen Liberalisierungsschritte beim wirtschaftspolitischen Umfeld und die Strukturreformen durch die Tourismuswirtschaft selbst, liefern alle einen Beitrag zur Verbesserung
der internationalen Wettbewerbsfähigkeit des Tourismuslandes
Schweiz. Ihre gesamthafte Wirkung lässt sich hingegen nur dann
maximieren, wenn sie koordiniert und aufeinander abgestimmt
geplant und umgesetzt werden. Anstelle einzelner Massnahmen
wäre daher die Formulierung eines eigentlichen Reformpakets
mit möglichst verbindlichen Inhalten und Umsetzungszeitplänen
(Reformagenda) zu bevorzugen.
Mikrosicht Hochkosteninsel
Schweiz: Hotels
im Preiswettbewerb*
Dr. Jürg Kuster / Peder Plaz / Maria Hug-Sutter /
Michael Rütimann, BHP – Hanser und Partner AG
Eine Studie der BHP – Hanser und Partner AG aus dem Jahr 20031
zeigte, dass das Preisniveau der Ferienhotellerie im österreichi­
schen und im italienischen Alpenraum (Südtirol) im Jahr 2000 mit
rund 30 Prozent deutlich unter dem Preisniveau von vergleich­
baren Schweizer Hotels lag. Die BHP – Hanser und Partner AG
wurde von hotelleriesuisse beauftragt, zu analysieren, wie sich
die Kosten und die Preise heute präsentieren.
Der Finanzaufwand des Schweizer Modellhotels ist markant ge­
sunken. Der Kostenunterschied zu Österreich ist beinahe elimi­
niert, nicht aber jener zu Südtirol.
Abbildung 1 Entwicklung der Aufwandpositionen
in den 4-Sterne-Modellhotels (Vergleich 2000/2006)
140
120
100
80
Kostenvergleich in der 4-Sterne- und
3-Sterne-Ferienhotellerie
60
40
20
Verringerung der Kostenunterschiede in 4-Sterne-Betrieben
Wie in der Studie im Jahr 2003 wurde zur Untersuchung der Kos­
tenunterschiede mit einem «Modellhotel» gearbeitet. Basierend
auf den vorhandenen Datengrundlagen wurde je ein typisches
3­Sterne­ und 4­Sterne­Modellhotel definiert, das in der Schweiz,
in Österreich und in Südtirol unter den jeweiligen Rahmenbedin­
gungen betrieben wird.
Das Schweizer 4­Sterne­Modellhotel wies im Jahr 2006 be­
deutend höhere Kosten auf als die Modellhotels in Österreich und
Südtirol. Im Einzelnen sind folgende Tendenzen ersichtlich:
• Der rückläufige Warenaufwand im Schweizer und Süd­
tiroler Hotel lässt vermuten, dass der Warenkorb im Ver­
gleich zu Österreich verbilligt oder reduziert wurde.
• Die Entwicklung der Personalkostenunterschiede
zeigt kaum eine verbesserte Wettbewerbsposition
der Schweizer 4­Sterne­Ferienhotellerie.
* Analyse der Kosten und Preise der Schweizer Hotellerie im internationalen Vergleich
BHP – Hanser und Partner AG (2003): Tourismusdestination Schweiz:
Preis- und Kostenunterschiede zwischen der Schweiz und der EU, Studie im
Auftrag des Staatssekretariates für Wirtschaft (SECO), Bern
1
0
Waren
Schweiz, 00
06
Personal
übrige, inkl. URE*
Österreich, 00
Index Schweiz, Jahr 2000 = 100
* Unterhalt, Reparatur und Ersatz
06
Finanz
Südtirol, 00
06
Darstellung und Berechnungen: BHP
Daten: BFS, ÖHT, WIFO
Umsatz und Cashflow in der 4-Sterne-Hotellerie
unterschiedlich
• Während der Betriebsertrag (Preis) im Schweizer Modell­
hotel konstant blieb, konnten ihn die Hotels in Österreich
und in Südtirol deutlich erhöhen.
• Der Cashflow war in der Schweiz zwischen 2000 und
2006 nur leicht rückläufig, während er in Österreich
deutlich sank und in Südtirol stark zugenommen hat.
84
JAHRBUCH 2009 HOTELLERIESUISSE | SCHWEIZERISCHE GESELLSCHAFT FÜR HOTELKREDIT
Sinkender Umsatz und Cashflow in 3-Sterne -Betrieben
In allen drei Ländern ist der Betriebsertrag im 3-Sterne-Hotel zwischen 2000 und 2006 um ca. 10 Indexpunkte rückläufig. Zurückgegangen war in den drei Ländern ebenfalls der Cashflow, wobei das Schweizer Hotel im Vergleich einen geringeren Einbruch
erlitt.
Abbildung 2 Entwicklung des Betriebsertrages, -aufwandes und
Cashflows in 4-Sterne-Modellhotels ( Vergleich 2000/2006)
120
100
80
Abbildung 4 Entwicklung des Betriebsertrages, -aufwandes und
Cashflows in 3-Sterne-Modellhotels (Vergleich 2000/2006)
60
40
140
20
120
0
Betriebsertrag
Schweiz, 00
06
Aufwand ohne Abschreib.
Österreich, 00
Index Schweiz, Jahr 2000 = 100
06
100
Cashflow
Südtirol, 00
06
Darstellung und Berechnungen: BHP
Daten: BFS, ÖHT, WIFO
80
60
40
20
Leichte Annäherung der Kosten in der 3-Sterne -Hotellerie
Zwischen 2000 und 2006 konnten die Kostenunterschiede im
3-Sterne-Modellhotel leicht verringert werden.
• Die Reduktion des Warenaufwandes in der Schweiz und
Südtirol bei gleichzeitig gestiegenen Preisniveau-Indizes
für Lebensmittel in allen Ländern lässt einen Abbau des
Gastronomieangebotes vermuten.
• Die Personalkosten sind im Schweizer Modellhotel nach
wie vor beinahe doppelt so hoch wie in den Vergleichsländern.
• Der Finanzaufwand konnte im Schweizer Modellhotel
deutlich gesenkt werden.
Abbildung 3 Entwicklung der Aufwandpositionen
in den 3-Sterne-Modellhotels ( Vergleich 2000/2006)
140
120
100
80
60
40
20
0
Waren
Schweiz, 00
06
Personal
übrige, inkl. URE
Österreich, 00
Index Schweiz, Jahr 2000 = 100
06
Finanz
Südtirol, 00
06
Darstellung und Berechnungen: BHP
Daten: BFS, ÖHT, WIFO
0
Betriebsertrag
Schweiz, 00
06
Aufwand ohne Abschreib.
Österreich, 00
Index Schweiz, Jahr 2000 = 100
06
Cashflow
Südtirol, 00
06
Darstellung und Berechnungen: BHP
Daten: BFS, ÖHT, WIFO
Fazit: Die Welt bewegt sich langsam
Insgesamt konnte der Kostennachteil der Schweizer Hotels gegenüber Österreich und Südtirol zwischen 2000 und 2006 leicht
reduziert werden:
• Die deutlichste Veränderung fand beim Finanzaufwand
statt. Das 3-Sterne- sowie das 4-Sterne-Ferienhotel konnten den Finanzaufwand auf das Niveau der österreichischen Wettbewerber drücken.
• Die Schweizer Modellhotels konnten den Cashflow dank
einem höheren Umsatz und tieferen Kosten stabilisieren.
Dies lässt eine für die Zukunft im Vergleich mit den Wettbewerbern bessere Investitionsfähigkeit der Schweizer
Hotels vermuten.
• Insgesamt kann festgestellt werden, dass sich die
Schweizer 4-Sterne-Hotellerie in den meisten Punkten
leicht den Wettbewerbern annähern konnte.
• Die Lage der 3-Sterne-Hotellerie präsentiert sich in allen
Ländern in etwa gleich schwierig. Während das Schweizer Hotel den Cashflow halten konnte, mussten die
Hotels in Österreich und Südtirol deutliche Einbussen
verzeichnen.
• Insgesamt verstärkt die Verwendung der zeitpunktspezifischen Wechselkurse die erkannten Veränderungen, da der Euro in der Vergleichsperiode gegenüber
dem Franken aufgewertet wurde. Würde der Wechselkurs stabil gehalten, würden die gleichen Trends dominieren. Diese wären aber etwas weniger ausgeprägt
( jeweils ca. 3 Indexpunkte weniger).
MIKROSICHT HOCHKOSTEnInSEL SCHWEIZ: HOTELS IM PREISWETTBEWERB*
Preise der Schweizer Ferienhotellerie
im internationalen Vergleich
Differenzierung nach Produkten und Jahreszeiten
Der Preisvergleich wurde so angelegt, dass verschiedene Hoteltypen zu verschiedenen Jahreszeiten analysiert und miteinander
verglichen werden können. Deshalb wurden acht unterschiedliche Hoteltypen analysiert. Um saisonale Unterschiede zu prüfen,
wurden die Preise für die einzelnen Monate zwischen Sommer
2008 und Frühling 2009 erhoben. Pro Zeitpunkt wurden pro Hotel die Preise für die günstigste, mittlere und die teuerste Zimmerkategorie erhoben.
Vergleichsregionen
Ferienhotels aus den Alpenregionen der Schweiz, Österreichs und
des Südtirols wurden verglichen. Deutschland (Bayern) und Frankreich (Rhône-Alpes) wurden punktuell miteinbezogen. Insgesamt
wurden die Preise von 725 Hotels erhoben und analysiert.
Ausländische Preise sind 20 bis 30 Prozent tiefer
Im Mittel der untersuchten Hoteltypen liegen die Preise der Österreicher und Südtiroler Hotels 20 bis 30 Prozent tiefer als diejenigen der Schweizer Hotellerie, wobei die Unterschiede je nach
Hoteltyp stark variieren. Folgende produktspezifische Preisunterschiede sind auszumachen:
• In der 3-Sterne-Hotellerie sind die Preisunterschiede am
grössten. Sie liegen bei 30 bis 40 Prozent.
• Die Preisunterschiede bei den 4-Sterne-Hotels (Familienund Wellnesshotels) sind deutlich geringer. Die Österreicher und Südtiroler Hotels sind im Mittel nur rund
10 Prozent günstiger als die vergleichbaren Hotels im
Schweizer Alpenraum.
• Auch die Preisunterschiede in der 5-Sterne-Hotellerie
sind wesentlich geringer als in der 3-Sterne-Hotellerie,
aber grösser als in der 4-Sterne-Hotellerie.
85
Viele 4-Sterne- und 5-Sterne-Hotels in der Schweiz
sind preislich ebenbürtig
Die Untersuchung zeigt, dass trotz den generell höheren mittleren Preisen der Schweizer Hotellerie eine grosse Zahl von Schweizer Hotels ähnliche Preise aufweist wie die Hotels in den Vergleichsregionen Österreich und Südtirol. Die Zimmerpreise dieser
Schweizer Hotels liegen in derselben Preisspanne wie die preislich mittleren 80 Prozent der Hotels in Österreich und Südtirol.
Dies gilt insbesondere für die 4-Sterne-Wellness-Hotellerie
(vgl. Abbildung 6) und die 4-Sterne-Familienhotellerie, bei welchen sich die Preismediane der Schweiz, des Südtirols und Österreichs nur um rund 10 Prozent unterscheiden. Ähnliches gilt auch
für die Luxushotellerie, obwohl die mittleren Preisunterschiede ein
wenig höher sind.
Schweizer 3-Sterne-Hotels deutlich teurer
Im Gegensatz zur 4-Sterne- und 5-Sterne-Hotellerie präsentiert
sich das Bild bei den 3-Sterne-Hotels deutlich anders. Die Südtiroler und die Österreicher Hotels sind im Mittel 30 bis 40 Prozent günstiger als diejenigen in der Schweiz. Höchstens einige
wenige Schweizer Hotels bieten Zimmer an, die in derselben Preisspanne liegen wie die preislich mittleren 80 Prozent der Hotels in
Österreich und Südtirol. Dieses Bild zeigt sich sowohl bei den konventionellen 3-Sterne-Hotels als auch bei den 3-Sterne-Familienhotels und den 3-Sterne-Sporthotels.
Schweizer Spezialität der 5-Sterne-Hotellerie
ist das High-End-Segment
Eine Besonderheit der Schweizer Hotellerie sind die Angebote im
High-End-Bereich. Dies gilt im Speziellen für Luxus- und 5-Sterne-Wellnesshotels (vgl. Abbildung 6). In diesen Kategorien finden
sich in der Schweiz Betriebe, die als Ganzes oder mit einem Set
von Zimmern in einem High-End-Bereich positioniert sind, der in
Österreich und in Südtirol nicht in derselben Art ersichtlich ist.
Vergleichbare Preise in Low-Cost- und Appartement-Hotels
Obwohl nur wenige Hotels zum Vergleich zur Verfügung standen, deuten die Ergebnisse der Analyse darauf hin, dass die
Schweizer Low-Cost- und Appartement-Hotels im Vergleich mit
Hotels in den Wettbewerbsregionen ein ähnliches Preisniveau
aufweisen.
Abbildung 5 Preisniveau verschiedener Hoteltypen
Ermittelte Preismediane mittlere Zimmerkategorie
100
80
Fazit für die Schweizer Ferienhotellerie
im internationalen Vergleich
60
40
20
0
1
Schweiz
2
Österreich
3
4
5
6
Südtirol
(1) Konventionelles Hotel, 3-Sterne | (2) Familien-Hotel, 3-Sterne
(3) Familien-Hotel, 4-Sterne | (4) Wellness-Hotel, 4-Sterne
(5) Wellness-Hotel, 5-Sterne | (6) Luxus-Hotel
Index Schweiz, Jahr 2000 = 100
Auswertung: BHP
Positive Aussichten für 4-Sterne- und 5-Sterne-Hotellerie
Die Analysen haben gezeigt, dass die Preis- und Kostenunterschiede zwischen der Schweiz und dem Ausland tendenziell abnehmen. Dieser Prozess schreitet jedoch nur langsam voran.
Von dieser Entwicklung konnten gut strukturierte Schweizer
Hotels (tendenziell: 4-Sterne-Hotels, Luxushotels) profitieren.
Hotels, die über betriebswirtschaftlich ungünstige Strukturen verfügen, konnten deutlich weniger bis kaum profitieren (tendenziell: traditionelle klein strukturierte 3-Sterne-Hotels).
86
JAHRBUCH 2009 HOTELLERIESUISSE | SCHWEIZERISCHE GESELLSCHAFT FÜR HOTELKREDIT
Abbildung 6 Preisspanne der analysierten Wellnesshotels Februar 2009 in CHF (1 Übernachtung für 2 Personen in Halbpension)
5000
4500
4000
3500
3000
2500
2000
1500
1000
500
0
Österreich
Preisspanne 3-Sterne-Hotel
Preisspanne 4-Sterne-Hotel
Schweiz
Südtirol
Deutschl.
Preisspanne 5-Sterne-Hotel
Auswertung: BHP
Trend zu Nebenerwerbsbetrieben im 3-Sterne-Bereich
Der Vergleich der 3-Sterne-Ferienhotellerie lässt vermuten, dass
der regionale/nationale Wettbewerb weiterhin mehr Druck auf
die Preise ausübt als der internationale Wettbewerb. Aufgrund
der erkennbaren Tendenzen wird davon ausgegangen, dass manche kleinere Häuser mangels Expansions- und Diversifikationsmöglichkeiten im Laufe der Zeit in Nebenerwerbsbetriebe umgewandelt werden.
Diese Entwicklung (in Österreich und der Schweiz) führt dazu,
dass das Preis-Leistungs-Verhältnis in diesem Segment eher abnehmen dürfte und die internationale Wettbewerbsposition der
Schweiz damit weiterhin schwierig bleibt.
Höhere Auslastung nur mit tieferen Preisen möglich
Die Analyse zeigt, dass der Kostennachteil in der Schweiz nicht
zwingend eine tiefere Auslastung nach sich zieht, aber die Expansion der Anzahl Hotels verhindert. Um Profitabilität und Lohnqualität in der Hotellerie zu erhöhen, hat – aufgrund der hohen
Saisonalität der Ferienhotellerie und des intensiven regionalen/
nationalen Wettbewerbs – neben der Schaffung gleich langer
Spiesse (z. B. bei Waren- und Personalkosten) im internationalen
Wettbewerb die Ausdehnung der Hochsaison eine grosse Bedeutung.
Löhne und Produktivität
im internationalen Vergleich
Thomas Allemann, Leiter Wirtschaft und Recht,
Mitglied der Geschäftsleitung, hotelleriesuisse
Löhne und Produktivität
im internationalen Vergleich
Im Rahmen der von hotelleriesuisse in Auftrag gegebenen Studie1 hat BAK Basel Economics Ende 2007 einen internationalen
Vergleich der Produktivität im Gastgewerbe vorgenommen. Dieser umfasst die vier wichtigsten Nachbarländer. Dabei werden das
Lohnniveau und die Stundenarbeitsproduktivität im Schweizer
Gastgewerbe mit denjenigen im Österreichischen, Deutschen, Italienischen und Französischen Gastgewerbe verglichen. Bei diesem
Vergleich werden jeweils die Werte der Schweiz (Index 100) mit
dem Durchschnitt der vier Länder (EU4) respektive dem entsprechenden Wert der einzelnen Länder verglichen.
Internationaler Vergleich der Löhne und Arbeitskosten
Der internationale Vergleich befasst sich einerseits mit den Kosten der Arbeit, welche eine wichtige Determinante der preislichen
Wettbewerbsfähigkeit darstellen. Andererseits interessieren auf
Arbeitnehmerseite die effektiv ausgezahlten Löhne.
Zunächst werden die Bruttolohnkosten im Gastgewerbe verglichen. Hier spiegelt sich das Bild des Hochlohnlandes Schweiz
wider: Das Schweizer Gastgewerbe weist gegenüber den EU4Ländern 30 Prozent höhere Bruttolohnkosten aus. In Frankreich
liegen die Bruttolohnkosten 17 Prozent tiefer, gefolgt von Italien
mit 32 Prozent und Deutschland mit rund 34 Prozent tieferen Bruttolohnkosten. Am «billigsten» ist der Faktor Arbeit bei einer reinen
Betrachtung der Bruttolöhne in Österreich. Verglichen mit dem
Lohnniveau im Schweizer Gastgewerbe betragen die Bruttolöhne
in Österreich nur 63 Prozent von denjenigen in der Schweiz.
BAK Basel Economics, Produktivität und Löhne in der Schweizer
Hotellerie – Analyse der historischen Entwicklung und Prognose, 2007
1
Werden neben den Bruttolöhnen auch die Lohnnebenkosten
die bei der Beschäftigung anfallen, berücksichtigt verbessert sich
die Position des Schweizer Gastgewerbes deutlich. Dies weil die
Lohnnebenkosten in allen Vergleichsländern höher sind als in der
Schweiz.
Abbildung 1 Internationaler Vergleich der Bruttoarbeitskosten
120
100
80
100
87
81
105
80
82
CH
EU4
GER
FR
AUT
IT
60
40
20
0
Bruttoarbeitskosten im Gastgewerbe 2006
Indexiert CH = 100
Quelle: BAK Basel Economics
In Frankreich sind die Bruttoarbeitskosten (Bruttolöhne + Lohnnebenkosten) um 5 Prozent höher als in der Schweiz. In den drei
anderen Vergleichsländern zeigt sich ein sehr ausgeglichenes Bild.
Die Differenz der Bruttoarbeitskosten zwischen dem Schweizer
Gastgewerbe und demjenigen in Österreich, Deutschland und
Italien liegt zwischen 18 und 20 Prozent.
Auf Arbeitnehmerseite interessieren weniger die Kosten der
Arbeit, sondern vielmehr das, was die Beschäftigten für ihre Arbeit
ausgezahlt erhalten und, im Speziellen, was sie sich damit leisten
können. Eine Grösse, welche diese Art des Lohnniveauvergleichs
besonders gut abdeckt, ist der kaufkraftbereinigte Nettolohn.
90
JAHRBUCH 2009 HOTELLERIESUISSE | SCHWEIZERISCHE GESELLSCHAFT FÜR HOTELKREDIT
Abbildung 2 Internat. Vergleich der kaufkraftbereinigten Nettolöhne
100
80
60
100
79
66
94
72
85
CH
EU4
GER
FR
AUT
IT
40
20
0
Kaufkraftbereinigte Nettolöhne im Gastgewerbe 2006
Indexiert CH = 100
Quelle: BAK Basel Economics
Dass im Schweizer Gastgewerbe generell die höchsten Nettolöhne
gezahlt werden, überrascht in Anbetracht der Hochlohn- und
Hochpreisinsel Schweiz nicht sonderlich. Dass aber auch die kaufkraftbereinigten Nettolöhne deutlich höher liegen, ist schon eher
überraschend. Für ausländische Arbeitskräfte ist es also in finanzieller Hinsicht durchaus interessant, im Schweizer Gastgewerbe
zu arbeiten. Die Differenzen der kaufkraftbereinigten Nettolöhne
zu den umliegenden Ländern betragen im Durchschnitt 21 Prozent. Die deutlichsten Unterschiede sind im Vergleich mit Deutschland zu beobachten.
Internationaler Vergleich der Produktivität
Ein wichtiger Indikator in Zusammenhang mit den Lohnkosten ist
die Arbeitsproduktivität. Diese ist im Endeffekt entscheidend für
die Ertragskraft und Rentabilität einer Branche. Insgesamt liegt
die Arbeitsproduktivität je Stunde in den umliegenden Ländern
durchschnittlich um fast einen Viertel höher als im Schweizer Gastgewerbe. Die deutlichsten Differenzen sind im Vergleich mit
Frankreich und Österreich zu beobachten.
Seit der Jahrtausendwende hat sich die Situation im Vergleich mit
den umliegenden Ländern deutlich verschlechtert. Wie die Analyse der Entwicklung der Bruttowertschöpfung zeigt, ist in den
umliegenden Ländern die Bruttowertschöpfung in den letzten
Jahren deutlich angestiegen. Dies ist einerseits auf eine unterschiedliche Entwicklung der Nachfrage sowie höhere Vorleistungskosten (Hochkosteninsel) in der Schweiz zurückzuführen.
Gleichzeitig wurden in den vier EU-Ländern die Arbeitskapazitäten nicht stark nach oben angepasst, sodass die Produktivität
deutlich zulegen konnte. In der Schweiz hingegen hat die Bruttowertschöpfung im gleichen Zeitraum abgenommen. Weil das
Arbeitsvolumen aber nicht im gleichen Ausmass abnahm, führte
dies zu einer rückläufigen Produktivitätsentwicklung. Offensichtlich ist es im Gastgewerbe schwierig, die Arbeitskapazitäten zeitnah der Entwicklung einer abnehmenden Nachfrage anzupassen.
Zusammenhang zwischen Stundenlöhnen
und Stundenproduktivität im internationalen Vergleich
Für die kombinierte Analyse von Produktivität und Entlöhnung
des Input-Faktors Arbeit werden wiederum die Lohnstückkosten
herangezogen. Sie können im internationalen Vergleich auch als
Messgrösse für die effektiven Kostenunterschiede für den Faktor
Arbeit herbeigezogen werden. Denn nur wenn in den Kosten die
dafür geleistete Arbeit miteinbezogen wird, können die wirklichen Kosten des Faktors Arbeit verglichen werden.
Abbildung 4 Lohnstückkosten im internationalen Vergleich
120
100
80
60
40
Abbildung 3 Internationaler Vergleich der Stundenarbeitsproduktivität
100
74
101
71
52
71
CH
EU4
GER
FR
AUT
IT
20
0
160
140
Lohnstückkosten 2006
Indexiert CH = 100
120
100
Quelle: BAK Basel Economics
80
60
100 100
104 124
75 80
120 148
119 154
103 116
40
20
0
CH
EU4
GER
FR
AUT
IT
Nominelle Arbeitsproduktivität je Stunde im Gastgewerbe
2000
2006
Quelle: BAK Basel Economics
Die Lohnstückkosten im Schweizer Gastgewerbe liegen deutlich
über dem Durchschnitt der umliegenden Länder. Zwischen den
Vergleichsländern sind dabei deutliche Unterschiede auszumachen: Während in Deutschland die Lohnstückkosten ähnlich ausfallen wie in der Schweiz, liegen sie in Österreich fast um die Hälfte
tiefer.
LöHnE UnD PRODUKTIVITäT IM InTERnATIOnALEn VERGLEICH
Erfolgsfaktoren
für Produktivitätssteigerungen
in der Schweizer Hotellerie
Kontinuierliche Produktivitätssteigerungen sind für die im internationalen Wettbewerb stehende Schweizer Hotellerie eine absolute Notwendigkeit. Vor dem Hintergrund des hohen Kostenund Preisniveaus in der Schweiz sind Produktivitätssteigerungen
notwendig, um ein international konkurrenzfähiges Preis-Leistungs-Verhältnis zu erreichen bzw. aufrechtzuerhalten. Die im
Vergleich zu den umliegenden Ländern deutlich höheren Lohnstückkosten sind ein untrügliches Zeichen dafür, dass Verbesserungen notwendig sind. Eine Senkung der Arbeitskosten in der
Schweizer Hotellerie muss in erster Linie über eine Steigerung der
Arbeitsproduktivität erreicht werden. Die Erfolgsfaktoren für Produktivitätssteigerungen sind sowohl die direkten Input-Faktoren
der Betriebe als auch die Rahmenbedingungen, unter denen die
Hotelbetriebe ihren Umsatz erarbeiten. Im Folgenden wird auf einige zentrale Erfolgsfaktoren für Produktivitätssteigerungen in
der Schweizer Hotellerie eingegangen.
Flexibilisierung der Arbeitskapazitäten
Wie die Analyse der Produktivitätsentwicklung im Schweizer Gastgewerbe im Vergleich mit derjenigen in den umliegenden Ländern
gezeigt hat, liegt ein zentrales Problem bei der ungenügenden
Anpassung der Arbeitskapazitäten an die Nachfrageentwicklung.
Werden die Produktionskapazitäten in Perioden mit einer schwachen Nachfrage nicht genügend nach unten angepasst, führt dies
zu Produktivitätseinbussen pro eingesetzte Einheit der InputFaktoren. Eine Flexibilisierung der Kapazitäten würde also einen
wichtigen Beitrag zu den notwendigen Produktivitätssteigerungen leisten. Ein Ansatz zur Flexibilisierung des Arbeitseinsatzes
könnte die gemeinsame Bildung von Arbeitskräfte-Pools durch
mehrere (touristische) Anbieter sein. Dies könnte insbesondere
zwischen touristischen Anbietern funktionieren, deren Nachfrageverlauf und damit auch deren Arbeitskräftebedarf unterschiedliche Schwankungen aufweist.
Erhöhung der Qualifikationsstruktur der Beschäftigten
Für eine positive Entwicklung der Produktivität sind kontinuierliche Verbesserungen der Qualifikationsstruktur der Beschäftigten
unabdingbar. Die Qualität der erbrachten Leistungen wie auch
die Innovationsfähigkeit der Hotelbetriebe hängen entscheidend
von den Qualifikationen der Beschäftigten ab. Dies wiederum hat
einen zentralen Einfluss auf die Produktivität im Gastgewerbe. Die
Aus- und Weiterbildung der Mitarbeiter ist für die Erhöhung der
Qualifikationsstruktur der Beschäftigten zentral. Entsprechend
müssen Aus- und Weiterbildungsangebote laufend weiterentwickelt und die Beteiligung der Mitarbeiter bei diesen Angeboten
erhöht werden.
Steigerung der Attraktivität der Arbeitsplätze
Eine grosse Herausforderung für die Schweizer Hotelleriebranche
ist die Erhaltung und Stärkung der Attraktivität als Arbeitgeber
91
innerhalb der Gesamtwirtschaft. Nur wenn die Attraktivität der
Arbeitsplätze in der Hotellerie hoch ist, gelingt es der Branche, im
Wettbewerb um die besten Mitarbeiter bestehen zu können. Wie
eine Studie des FIF zeigt,2 führen die Restauration und die Hotellerie das Ranking der Aussteigerquote an. Als wichtigster Grund,
dem Gastgewerbe den Rücken zu kehren, wird die Entlöhnung
genannt. Wird zudem die Tatsache berücksichtigt, dass die Lohndifferenzen mit steigendem Qualifikationsniveau zunehmen, so
überrascht es nicht, dass vor allem gut ausgebildete bzw. die
talentiertesten Arbeitskräfte die Branche wechseln (Brain Drain).
Hingegen bietet das Schweizer Gastgewerbe – wie der Vergleich
der kaufkraftkorrigierten nominalen Nettolöhne zeigt – vorteilhafte Arbeitsbedingungen für ausländische Arbeitskräfte.
Intensivierung der Investitionstätigkeit
Um die Arbeitsproduktivität in der Hotellerie zu steigern, muss
die Investitionstätigkeit erhöht werden. Gezielte Investitionen,
welche auf effizientere Betriebsprozesse ausgerichtet sind, ermöglichen Produktivitätsgewinne. Zu fordern ist entsprechend, dass
die Investitionen in der Schweizer Hotellerie erhöht werden sowie das Verhältnis der Input-Faktoren Arbeit und Kapital zugunsten des Kapitaleinsatzes verschoben wird. Die unterdurchschnittlichen Investitionen in den 1990er-Jahren und zu Beginn des
Jahrtausends wirken sich heute negativ auf die Arbeitsproduktivität aus.
Hotelkooperationen und Economies of Scale
Economies of Scale ermöglichen Umsatz- und Wertschöpfungssteigerungen ohne zusätzlichen Input von Arbeitskapazitäten.
Entsprechend führen Skalenerträge zu einer höheren Arbeitsproduktivität. Grosse Betriebe können über Mengenvorteile beim
Wareneinkauf, aber auch durch eine grössere Spezialisierung der
Mitarbeiter Kosten- und Effizienzvorteile erwirtschaften. Skalenerträge sind aber nicht nur über grössere Betriebe zu bewerkstelligen. Hotelkooperationen können die gleichen Effekte bewirken.
Vorteilhaft ist auch die zunehmende Expansion der Systemhotellerie. Die internationalen Hotelketten können mit ihren Wachstums- und Markenstrategien eine wichtige Vorreiterrolle im Konsolidierungsprozess in der Schweizer Hotellerie spielen.
Marktmechanismen spielen lassen
Ein zentraler Aspekt im Zusammenhang mit Produktivitätssteigerungen ist die Erhöhung der Auslastung der Produktionskapazitäten. Der Strukturwandel muss weiter gehen, nicht konkurrenzfähige Anbieter mit entsprechend tiefer Auslastung sollten den
Marktmechanismen folgend aus dem Markt austreten. Dieser
Prozess darf nicht behindert werden, und es sollte sichergestellt
werden, dass der Wettbewerb unter den touristischen Leistungserbringern spielt. Ein intensiver Wettbewerb erhöht den Druck zu
Innovationen sowie Produktivitätssteigerungen und verbessert
mittelfristig die internationale Wettbewerbsfähigkeit.
2
hotel revue (htr), Ausgabe 36, 6. September 2007.
Satellitenkonto Tourismus
der Schweiz, 2001 und 2005
Thomas Baumann / Hüseyin Dagdas, BFS
Die wirtschaftliche Bedeutung
des Tourismus
Am 18. November 2008 veröffentlichte das Bundesamt für Statistik (BFS), zusammen mit dem Staatssekretariat für Wirtschaft
(SECO), die neuesten Zahlen des Satellitenkontos Tourismus.
Das Ziel des Satellitenkontos Tourismus ist es, aus ökonomischer Perspektive Antworten zu Stand und Entwicklung des Tourismus in der Schweiz zu geben. Erhoben werden die drei Kerngrössen: touristische Verwendung (entspricht dem touristischen
Gesamtkonsum), touristische Wertschöpfung und touristische
Beschäftigung. Auf der Basis der letzten zwei Variablen lässt sich
dann der Anteil des Tourismus an der gesamtwirtschaftlichen
Wertschöpfung und Beschäftigung berechnen.
Das Satellitenkonto Tourismus basiert auf der Methodik der
volkswirtschaftlichen Gesamtrechnung. Da der Tourismus als solcher aber in der Nomenklatur der volkswirtschaftlichen Gesamtrechnung nicht enthalten ist, müssen die benötigten Informationen aus den tourismusbezogenen Komponenten verschiedenster
Branchen extrahiert und in einem separaten Konto, dem «Satellitenkonto Tourismus» (Englisch: tourism satellite account TSA) zusammengefasst werden. Im Falle des Gastgewerbes stellt sich dies
beispielsweise so dar: Das Gastgewerbe umfasst hauptsächlich
die Dienstleistungen Beherbergung und Restauration. Während
die Beherbergungsleistungen beinahe ausschliesslich von touristischen Besuchern konsumiert werden, lassen sich bei der Restauration ein touristischer und nicht touristischer Teil unterscheiden,
wobei der touristische Teil die Restaurantbesuche touristischer
Besucher und der nicht touristische Teil die Restaurantbesuche
der ortsansässigen Bevölkerung umfasst.
Touristische Verwendung nach Produkten
Im Jahr 2005 belief sich die gesamte touristische Verwendung
in der Schweiz, d. h. der touristische Gesamtkonsum, auf rund
32,6 Milliarden Franken, knapp 2 Prozent oder 504 Millionen
Franken mehr als im Jahr 2001.
Nach touristischen Produkten geordnet, entfiel ein Drittel der
Verwendung auf die klassischen Tourismusprodukte Beherbergung und Verpflegung in Gaststätten und Hotels sowie rund
18 Prozent auf die Passagierverkehrsdienstleistungen (vgl. Abbildung 1). Zwischen den einzelnen Tourismusprodukten lassen sich
dabei unterschiedliche Entwicklungen feststellen: Während die
Nachfrage in der Restauration zwischen 2001 und 2005 leicht
rückläufig war, nahm die touristische Verwendung von Beherbergungsleistungen leicht zu. Diese unterschiedliche Entwicklung
erklärt sich dadurch, dass der Anstieg bei den Beherbergungsleistungen überproportional auf das Konto der selbst bewohnten
Ferienwohnungen ging, welche eine deutlich geringere Nachfrage
nach Restaurationsleistungen generieren als die übrigen Beherbergungsformen. Am deutlichsten war der Rückgang jedoch bei
den Passagierverkehrs-Dienstleistungen. Dieser ist vollumfänglich
den Veränderungen in der Luftverkehrsbranche zuzuschreiben,
deren Aktivitäten nach den Terroranschlägen vom 11. September
2001 und dem Konkurs der Swissair im Herbst 2001 nur auf einem
tieferen Niveau fortgeführt werden konnten.
Touristische Nachfrage nach Besuchern
Von der gesamten touristischen Verwendung entfielen im Jahr
2005 30,4 Milliarden Franken auf die direkte touristische Nachfrage und 2,1 Milliarden Franken auf die übrigen Komponenten
der touristischen Verwendung.
Die übernachtenden Besucher waren dabei für rund zwei
Drittel der Nachfrage verantwortlich (vgl. Abbildung 2). Während
die Nachfrage bei den Inländern stagnierte, ging die Nachfrage
bei den übernachtenden ausländischen Besuchern zwischen 2001
und 2005 deutlich zurück. Gleichzeitig stieg die Nachfrage der
in- und ausländischen Tagesbesucher.
94
JAHRBUCH 2009 HOTELLERIESUISSE | SCHWEIZERISCHE GESELLSCHAFT FÜR HOTELKREDIT
Abbildung 1 Touristische Verwendung in der Schweiz nach Produkten (zu laufenden Preisen in Mio. CHF)
Beherbergung
Verpflegung in Gaststätten und Hotels
Passagierverkehr
Reisebüros und Tourismusvereine
Kultur
Sport und Unterhaltung
Diverse Dienstleistungen
Tourismusverwandte Produkte
Nicht tourismusspezifische Produkte
0
2001 (Total 32 057 Mio. CHF)
1000
2000
3000
4000
5000
6000
7000
8000
9000
2005 (Total 32 561 Mio. CHF)
Quelle: BFS
Abbildung 2 Direkte touristische Nachfrage in der Schweiz nach Besuchertypen (zu laufenden Preisen in Mio. CHF)
Übernachtende Besucher (Ausländer)
Übernachtende Besucher (Inländer)
Tagesbesucher (Ausländer)
Tagesbesucher (Inländer)
Geschäftstourismus (Inländer)
0
2001 (Total 30 176 Mio. CHF)
2 000
4 000
6 000
8 000
10 000
12 000
2005 (Total 30 448 Mio. CHF)
Quelle: BFS
Abbildung 3 Touristische Bruttowertschöpfung in der Schweiz nach Produkten (zu laufenden Preisen in Mio. CHF)
Beherbergung
Verpflegung in Gaststätten und Hotels
Passagierverkehr
Reisebüros und Tourismusvereine
Kultur
Sport und Unterhaltung
Diverse Dienstleistungen
Tourismusverwandte Produkte
Nicht tourismusspezifische Produkte
0
2001 (Total 12 413 Mio. CHF)
500
1000
1500
2000
2500
3000
3500
2005 (Total 12 647 Mio. CHF)
Quelle: BFS
SATELLITEnKOnTO TOURISMUS
95
Abbildung 4 Touristische Beschäftigung in der Schweiz nach Produkten, in Vollzeitäquivalenten
Beherbergung
Verpflegung in Gaststätten und Hotels
Passagierverkehr
Reisebüros und Tourismusvereine
Kultur
Sport und Unterhaltung
Diverse Dienstleitungen
Tourismusverwandte Produkte
Nicht tourismusspezifische Produkte
0
2001 (Total 143 633 VZÄ)
5 000
10 000
15 000
20 000
25 000
30 000
35 000
40 000
2005 (Total 138 203 VZÄ)
Quelle: BFS
Touristische Wertschöpfung
Die 32,6 Milliarden Franken touristische Verwendung im Jahr 2005
generierten eine Wertschöpfung von rund 12,6 Milliarden Franken (vgl. Abbildung 3). Dies sind knapp 2 Prozent oder 234 Millionen Franken mehr als im Jahr 2001. Weil jedoch im gleichen Zeitraum die gesamtwirtschaftliche Wertschöpfung mit einem
Wachstum von beinahe 8 Prozent deutlich stärker zunahm, ging
der Tourismusanteil an der gesamten Wertschöpfung von 3,1 Prozent auf 2,9 Prozent zurück. Mit einem Anteil von rund 3 Prozent
an der gesamten Wertschöpfung handelt es sich beim Tourismus
um eine mittelgrosse Branche der schweizerischen Volkswirtschaft, in der Grössenordnung vergleichbar mit den Branchen
Nachrichtenübermittlung, Maschinenbau oder Herstellung medizinischer und optischer Geräte und Uhren.
Die traditionellen Tourismusprodukte Beherbergung und Verpflegung in Gaststätten und Hotels sind dabei überdurchschnittlich wertschöpfungsintensiv, denn sie vereinigen 44 Prozent der
gesamten touristischen Wertschöpfung auf sich – gegenüber
«nur» 32 Prozent an der touristischen Verwendung. Da demgegenüber der Luftverkehr nicht sehr wertschöpfungsintensiv ist,
fällt der prozentuale Rückgang der touristischen Wertschöpfung
beim Passagierverkehr deutlich geringer aus als der Rückgang bei
der touristischen Verwendung.
Die im Vergleich zur übrigen Volkswirtschaft unterdurchschnittliche Performance des Tourismussektors zwischen 2001
und 2005, welche sich durch den sinkenden Anteil des Tourismus
an der gesamtwirtschaftlichen Wertschöpfung manifestiert, erklärt sich durch verschiedene Faktoren: Zum einen handelt es
sich dabei um politische oder wirtschaftliche Ereignisse, wie die
Terroranschläge vom 11. September 2001 oder der Bankrott der
Swissair. Aber auch die allgemein schleppende Konjunktur in den
wichtigsten Herkunftsländern sowie der starke Schweizer Franken gegenüber dem US-Dollar und dem Yen hatten grosse Aus-
wirkungen auf die Besucherzahl aus dem Ausland: Die beiden
Währungen fielen von 1.78 Franken (Juni 2001) auf 1.14 Franken
(Dezember 2004) bzw. von 1.63 Franken (November 2000) auf
1.10 Franken (November 2005).
Touristische Beschäftigung
Bei der touristischen Beschäftigung werden ebenfalls nur die tourismusinduzierten Anteile der Beschäftigung bei den einzelnen
Produkten dem Tourismus zugeordnet. Die touristische Beschäftigung, ausgedrückt in vollzeitäquivalenten Stellen, ging zwischen
2001 und 2005 um 3,8 Prozent zurück (vgl. Abbildung 4) und
machte damit 4,6 Prozent (2001) bzw. 4,4 Prozent (2005) an der
gesamtwirtschaftlichen Beschäftigung aus.
50 Prozent der Gesamtbeschäftigung entfielen dabei auf die
arbeitsintensiven Tourismusprodukte Beherbergung und Verpflegung in Gaststätten und Hotels. Während im Bereich der Beherbergung die gesamte Beschäftigung tourismusinduziert ist,
beträgt der Anteil der touristischen Beschäftigung an der Gesamtbeschäftigung bei der Verpflegung in Gaststätten und Hotels
nur rund 28 Prozent.
Der Anteil der tourismusinduzierten Beschäftigung ging zwischen dem Jahr 2001 und 2005 von 143 633 auf 138 203 vollzeitäquivalente Stellen zurück. Bei gleichzeitiger – wenn auch nur
geringer – Steigerung der Wertschöpfung erzielte der Tourismussektor damit eine Arbeitsproduktivitätssteigerung, welche nur unwesentlich unter derjenigen der Gesamtwirtschaft lag. Einen positiven Einfluss auf das Gesamtresultat des Tourismussektors
hatte dabei der Anstieg der nominalen Arbeitsproduktivität in
den Branchen Transporte (Landverkehr, Schifffahrt, Luftfahrt) und
Gross- und Detailhandel, welcher höher ausfiel als jener der Gesamtwirtschaft und somit die Stagnation der Arbeitsproduktivität der Branche Gastgewerbe kompensierte.
96
JAHRBUCH 2009 HOTELLERIESUISSE | SCHWEIZERISCHE GESELLSCHAFT FÜR HOTELKREDIT
Die neusten Zahlen des Satellitenkontos Tourismus beziehen sich
auf die Referenzjahre 2001 und 2005. Das erste TSA der Schweiz
mit dem Referenzjahr 1998 wurde im Jahr 2003 veröffentlicht.
Derzeit kann, aufgrund der Datenlage, nur alle 3 bis 4 Jahre ein
Satellitenkonto Tourismus erstellt werden.
Das Satellitenkonto Tourismus basiert auf einem System von
mehreren Tabellen. Zuerst wird die direkte touristische Nachfrage von in- und ausländischen Besuchern ermittelt. Die übrigen Komponenten der touristischen Verwendung (z. B. Beiträge
der öffentlichen Hand an das Transport-, Gesundheits- und
Kulturwesen oder fiktive Mieterträge von selbst bewohnten
Ferienwohnungen) ergeben zusammen mit der direkten Nachfrage die gesamte touristische Verwendung – anstelle von touristischer Verwendung kann auch von touristischem Konsum
gesprochen werden. Der nächste – zentrale – Schritt im Tabellensystem besteht darin, der gesamten touristischen Verwendung
das gesamte inländische Aufkommen gegenüberzustellen –
wobei das inländische Aufkommen der inländischen Bruttoproduktion entspricht. Darauf basierend werden, mithilfe der
Input-Output-Tabelle für die Schweiz und des Produktionskontos der volkswirtschaftlichen Gesamtrechnung, die touristische Bruttowertschöpfung und Beschäftigung berechnet.
Das TSA ist – wie auch die volkswirtschaftliche Gesamtrechnung
insgesamt – eine Synthesestatistik. Als Synthesestatistik führt es
keine eigenen Erhebungen durch, sondern beruht auf der Verwendung verschiedener, bereits vorhandener, Basisstatistiken.
Bei diesen Basisstatistiken handelt es sich zum Beispiel um Befragungen von Haushalten oder touristischen Besuchern oder um
Erhebungen bei Unternehmen. In der Regel sind die Resultate
dieser Basisstatistiken nicht miteinander kohärent und können
daher nicht einfach verwendet werden, sondern müssen erst miteinander verglichen, aufeinander abgestimmt und harmonisiert
werden. Die hauptsächlichen Basisstatistiken des Satellitenkontos
Tourismus sind, neben der Input-Output-Tabelle für die Schweiz,
die Beherbergungsstatistik (HESTA) und die Statistik des öffentlichen Verkehrs des BFS sowie die Erhebung zum Reiseverhalten
der schweizerischen Wohnbevölkerung und die Mikrozensen zum
Verkehrsverhalten. Daneben werden Daten aus einer Vielzahl
anderer Basisstatistiken und Quellen verwendet. Dabei handelt
es sich, unter anderem, um Geschäftsberichte von Unternehmen,
administrative Daten von Bundesämtern und Aufsichtsorganen,
Studien von Hochschulen und Daten von Branchenorganisationen.
Da für die Erstellung des Satellitenkontos Tourismus somit eine
grosse Zahl von Basisstatistiken verwendet wird, deren eigene
Erstellung oft ebenfalls relativ zeitintensiv ist, ist die Publikation
der definitiven Werte des Satellitenkontos Tourismus erst mit
relativ grosser zeitlicher Verzögerung möglich.
Hoteltypen
Christian Laesser, Institut für Öffentliche Dienstleistungen und Tourismus; Universität St. Gallen
Abbildung 1 Dreidimensionalität der Entwicklung
Was ist ein Hotel?
Beitrag zu einer adaptierten
Definition von «Hotel»
Umfangreich
Die Beherbergungsbranche befindet sich international in einem
fundamentalen Wandel. Aufgrund sich ändernder Nachfragebedürfnisse entstehen neben klassischen Übernachtungsformen
(Hotels und Zweitdomizile) zusehends Mischformen zwischen
klassischer Hotellerie und Parahotellerie, sogenannte hybride Formen der Beherbergung. Bislang klare Grenzen von Beherbergungstypologien lösen sich deshalb auf. Diese Entwicklung macht
auch vor der Schweiz nicht halt. Es ist deshalb notwendig, die Terminologie innerhalb der Beherbergungsbranche anzupassen. Im
vorliegenden Beitrag wird – gestützt auf die Ergebnisse eines von
hotelleriesuisse finanzierten Projekts – ein Diskussionsvorschlag
für eine adaptierte Nominaldefinition von «Hotel» präsentiert.
Einleitung
Heute haben sich die Anforderungen an Beherbergungsformen
im Tourismus gewandelt. Von der Belle Epoque bis in die 1970erJahre standen grosse repräsentative Gesellschaftsräume im Vordergrund des Kundennutzens. Die Gäste wollten eine Bühne für
gesellschaftliche Kontakte und ihre Auftritte haben. Seit den
1970er-Jahren und speziell auch der Ausdifferenzierung der touristischen Bedürfnisse in der Multioptionsgesellschaft sind insgesamt drei Entwicklungen feststellbar (vgl. Abbildung 1):
Dienstleistungen
( Leistungsmodell )
Eigentums- und
Nutzungsmodell
( Beziehung der Eigentümer zum Objekt)
Reduziert
Infrastruktureigenschaften
( Konfiguration)
Eher kleinräumig
(z.B. Zimmer)
Eher grossräumig
(z.B. Wohnungen,
Häuser, Cabins)
Quelle: Bieger und Laesser ( 2007)
1 Infrastrukturkonfiguration: Raumbedürfnisse nehmen
auch ausserhalb des Hauptdomizils zu und unterscheiden sich
zusehends nach Kundentyp, Reiseart und Aufenthaltsdauer (Individualisierung des Wohnens auch ausserhalb des Wohnorts). Damit verschieben sich Teile der Nachfrage in Richtung eines vielfältiger nutzbaren Raumkonzepts (Hovey, 2002).
2 Dienstleistungsmodell: Diese differenzierten Raumbedürfnisse bedingen zusehends auch massgeschneiderte Servicekonzepte mit unterschiedlichen Dienstleistungsniveaus. Es flexibilisieren sich auch die Bedürfnisse in Bezug auf Services wie bspw.
Reinigung, Food & Beverage, Concierge für die Bestellung und
Organisation von touristischen Leistungen oder den Butler für die
Reinigung von Sportgeräten oder das Füllen von Kühlschränken.
3 Eigentums- und nutzungsmodell: Die mitunter hohen
Investitionen in eine adäquate Übernachtungsinfrastruktur bedingen zusehends eine – international bereits seit längerem
übliche – Trennung des Eigentums an der Immobilie (einer bis
100 JAHRBUCH 2009 HOTELLERIESUISSE | SCHWEIZERISCHE GESELLSCHAFT FÜR HOTELKREDIT
mehrere Eigentümer) und deren Betrieb (auf Basis eines Pacht-,
Management- oder Franchising-Vertrags). Folge dieses Trends ist
die Tendenz zur Finanzierung von Beherbergungsinfrastrukturen
über den Verkauf von Wohnungen oder Wohnungsanteilen (Fractional Ownership).
Die Hotellerie in der Schweiz steht als grösste kommerzielle
Beherbergungsbranche quasi inmitten dieser Entwicklung und
damit vor der Herausforderung, sich in Zukunft eindeutig, aber
dennoch so flexibel wie möglich, von anderen Beherbergungstypen abzugrenzen. Eine erste, von der Grösse abhängige Abgrenzung wird durch das BFS vorgenommen welche besagt, dass
ein Hotel mindestens fünf Zimmer haben muss. Diese Definition
greift im Lichte obiger Entwicklungen jedoch zu kurz. Es ist deshalb notwendig, eine auch grössenunabhängige und international kompatible Anpassung der Definition «Hotel» zu finden.
Grundlagen
Hinsichtlich der Grundlagen für eine adaptierte Definition von
«Hotel» wird in der Folge unterschieden zwischen (1) lexikalischen
und (2) formalen/legalen Definitionen.
Lexikalische Definitionen
Gemäss unterschiedlicher lexikalischer Definitionen (Brockhaus,
Encyclopedia Britannica, Wikipedia deutsch und englisch) ist ein
Hotel eine Einrichtung zur Übernachtung transienter Gäste, welche minimal folgende Kernleistungen anbietet: (1) Empfang, (2)
für den Gast während einer vereinbarten Zeitspanne privatisierbare Räumlichkeiten sowie (3) minimale gastronomische Einrichtungen und/oder Dienstleistungen (bspw. für ein Frühstück). Diese Kernleistungen sind theoretisch wie praktisch auf die Ebene
Infrastruktur/Ausstattung und Dienstleistungen ausdehnbar. Ein
Junktim bzgl. der Leistungen, welche ein Gast beanspruchen und
bezahlen muss, ist nicht gegeben. Dies bedeutet insbesondere,
dass zum Beispiel in Sachen Verpflegungsleistungen kein Konsumationszwang besteht.
Formale/legale Definitionen
Kennzeichnend für die Definition von «Hotel» auf europäischer
Ebene ist die diesbezügliche Uneinigkeit: Während der Arbeiten
zur Ausarbeitung eines EU-Standards (1998–2003) stellte HOTREC
fest, dass sehr wenig Einverständnis darüber bestand, wie ein
Hotel zu definieren sei. Schliesslich, und in Folge unterschiedlicher
Sichtweisen, einigte man sich auf einen sehr minimalen Standard,
der sodann in CEN/ISO 1851:2003 festgehalten ist. Gemäss dem
standardisierten Wörterbuch Tourismus des DIN lautet die Definition wie folgt: «Hotel: Betrieb mit Rezeption, Dienstleistungen
und zusätzlichen Einrichtungen, in dem Unterkunft und in den
meisten Fällen Mahlzeiten verfügbar sind.» Abgegrenzt werden
Hotels gegenüber «Similar Establishments» bzw. «Other collective
Accommodation Establishments» schwergewichtig auf der Ebene
Service Level. Sämtliche Betriebe, unabhängig von der Grösse und
Konfiguration der Keys (= letzte vorübergehend privatisierbare
Einheit; bspw. Zimmer), welche mehr als nur minimales House-
keeping (Zimmerreinigung usw.) anbieten, werden automatisch
zu den Hotels gezählt. In vielen Fällen handelt es sich hier um voll
ausgebaute und möblierte Wohneinheiten, welche dem Nutzer
auch eine weitgehende Autonomie verschaffen. Interessanterweise – und dies legt die Undeutlichkeit bzw. Uneinigkeit offen –
werden jedoch Guest Houses, obschon viele dieser bspw. auch
einen Abendessen-Service anbieten, zu «Similar Establishments»
gezählt. Gewisse Länder machen darüber hinaus minimale
Grössenvorgaben (bspw. im Falle von Deutschland 20 Keys; vgl.
DEHOGA, 2005).
Die europäischen Definitionen unterscheiden – anders als in
den lexikalischen oder auch bei den US-Definitionen diskutiert
(vgl. nachstehend) – allerdings nicht zwischen Gästetypen. Es
spielt also keine Rolle, ob ein Betrieb etwa einen transienten
(durchreisenden) oder residenten (länger wohnhaften) Gast anspricht bzw. beherbergt.
In Nordamerika (USA und Kanada) wird unter Hotel zunächst
ein Betrieb verstanden, welcher der Öffentlichkeit eine Übernachtungsgelegenheit, teilweise im Verbund mit einer Mahlzeit, anbietet («The term hotel means an establishment known to the
public as a hotel, which is primarily engaged in providing lodging
or lodging and meals for the general public. Included are hotels
operated by membership organizations and open to the general
public and apartment hotels which provide accommodations for
transients.», vgl. US Dept. of Labor). Wie bei der europäischen
Definition ist diese Definition unabhängig von der Konfiguration
des Keys (Grösse und Ausstattung); allerdings werden, anders als
im europäischen Fall, die Kunden insofern klar abgegrenzt, als
diese transient und nicht resident sind. Die Unterscheidung zwischen einem Hotel und Nichthotel wird – darauf gestützt – wie
folgt gezogen:
• Die maximale Aufenthaltsdauer überschreitet nicht drei
Monate.
• Bei einem Hotel müssen mindestens 50 Prozent der Einnahmen durch Übernachtungen transienter Gäste stammen, welche mehr oder minder unlimitierten Zugang zum
Objekt haben.
• Ausgeschlossen als Hotels sind Privatresidenzen/Feriendomizile im engeren Sinn. Resorts dagegen gelten als Hotels.
Verschiedene kanadische Regelungen umschreiben zusätzlich
spezielle Eigenheiten von Hotels relativ klar. Zu einem Hotel gehören insbesondere (vgl. hierzu die Property Tax Classification of
Short Term Overnight Commercial Accommodation Properties
[STOCAP] oder auch der Registration of Guests Act in Ontario):
• Physische Attribute wie Lobby, Réception, gesicherte
Schlafräume (Keys), private Badezimmer, individualisierte
Temperaturkontrolle und Telefone im Gebäude.
• Dienstleistungen, so etwa tägliches Housekeeping, ein residenter/greifbarer Manager, Spezialdienstleistungen wie
Weckruf, Réceptions- oder Concierge-Dienstleistungen
oder andere generelle Dienstleistungen. F & B-Fazilitäten
werden dagegen nicht vorausgesetzt (Kann-Ansatz).
HOTELTyPEn
• Basis-Geschäftsmodell: Die Fazilitäten werden in den Medien derart beworben, dass eine Übernachtungsgelegenheit
für transiente Gäste angeboten wird, unabhängig von der
infrastrukturellen und Dienstleistungskonfiguration.
• Mindestgrösse: 6 Einheiten (uneinheitlich).
Der Vollständigkeit halber sei hier noch die Schweizer Definition
angeführt. hotelleriesuisse, der Unternehmerverband der Schweizer Hotellerie unterscheidet im Wesentlichen drei Kategorien von
Hotels: (1) Vollhotels, Hotels nur mit Frühstück, (2) andere Basiskategorien wie Unique, Appart-Hotel, Berggasthaus oder Backpacker- Lodge sowie (3) eine Reihe von Spezialisierungskategorien.
Im Wesentlichen unterscheidet hotelleriesuisse bei ihren bestehenden Definitionen nach Infrastruktur (Grösse und Konfiguration der Keys) sowie in Sachen Dienstleistungen v. a. nach Verpflegungsleistungen. Hinsichtlich Dienstleistungen wird davon
ausgegangen, dass ein Vollhotel neben der Einrichtung für die Unterkunft zwingend auch Einrichtungen für die Verpflegung von
Gästen beinhalten muss. Dagegen darf ein Hotel nur mit Frühstück eine solche Einrichtung nicht beinhalten. Der Branchenverband geht damit bzgl. Verpflegung weiter als die Mehrheit der
betrachteten Definitionsalternativen, welche Verpflegung mehrheitlich als optional betrachten. Ausnahme bildet allein die Kategorie Hotel nur mit Frühstück. Zu guter Letzt sei angefügt, dass
Betriebe, um minimal als Hotel zu gelten, mindestens fünf Keys
haben müssen. Nicht unterschieden wird in der Schweiz jedoch
bislang zwischen transienten oder residenten Gästen. Dies wird
allerdings im Zuge der früher beschriebenen Entwicklungen ebenfalls wichtig.
Vorschlag einer adaptierten Definition
Gestützt auf die oben beschriebenen Konzepte/Definitionen sowie unter Berücksichtigung alternativer Eigentumsmodelle sollte
eine adaptierte Definition von Hotel nachstehende Attribute
beinhalten:
aus einer Angebotsperspektive:
• bzgl. Räumlichkeiten:
– Empfangsraum bzw. Empfangslokalität (dies kann bspw.
auch eine Bar sein) mit minimal besetzter oder mit anderen technischen Hilfsmitteln erreichbarer Réception
(Voraussetzung minimaler Dienstleistungen für Gäste).
– Mindestens fünf schliessbare und wenigstens vorübergehend privatisierbare Keys (der Key ist die letzte privatisierbare Einheit und kann aus einem bis mehreren Units
bestehen).
– Nach Möglichkeit Badezimmer in allen Keys (nicht Voraussetzung).
– Nach Möglichkeit Key-spezifische Temperaturregelung
(nicht Voraussetzung; dies ist in vielen Hotels nicht möglich oder nur im Verbund mit sehr hohen Investitionen).
101
• bzgl. Dienstleistungen (bzgl. einer möglichen Differenzierung):
– Vor, während und nach dem Aufenthalt minimale, mit
einer Übernachtung verbundene Dienstleistungen,
zumindest während lokalen Bürozeiten erreichbare
Schliess- und Informationsdienste (inkl. Entgegennahme von Buchungen) sowie Housekeeping.
– Kein Junktim bzw. gezwungene Verbindung einer Übernachtung mit Verpflegungsleistungen in Restaurants. Es
wird jedoch sichergestellt, dass dem Gast drei Varianten
der Verpflegung offen sind: (1) Restauration ausserhalb
des Hotelperimeters in Nähe Hotel, (2) Restauration innerhalb des Hotelperimeters, (3) Kochmöglichkeit im Key
(Befähigung auf Basis einer minimalen Kücheninfrastruktur
sowie Möglichkeiten zum Einkauf von Lebensmitteln).
aus einer nachfrageperspektive:
• Grundsatz: mehrheitlich reisende Öffentlichkeit, d. h. Ausrichtung auf «Touristen» bzw. Reisende ausserhalb ihrer
gewohnten Wohn- und Arbeitsumgebung1.
• Hauptzielgruppe: transiente Gäste.
• Mindestens fünf Keys (vgl. statistische Minimalgrösse eines
Hotels), und über 50 Prozent aller Keys müssen transienten Gästen zur Verfügung stehen und die entsprechenden
Einnahmen auch von transienten Gästen stammen. Die
restliche Fläche und die damit verbundenen Einnahmen
sind frei nutz- bzw. erzielbar. Transient ist gleichbedeutend
mit einer zusammenhängenden Aufenthaltsdauer von
maximal drei Monaten. Diese Abgrenzung kann mit der
bewilligungsfreien oder durch Visa begrenzten Aufenthaltsdauer von Ausländern begründet werden.
• Eindeutigkeit des Angebotes: Die für ein Hotel für transiente Gäste verfügbaren Keys sind ausdrücklich öffentlich
zugänglich zu machen. Der entsprechende Nachweis kann
verschiedenartig erfolgen, so z. B. durch die explizite
– Kommunikation dieses Angebotes in Print, Web-Auftritt
oder anderen Medien.
– Tage- oder wochenweise Buchbarkeit der Angebote
(online, schriftlich oder auch am Telefon).
– Bewerbung der Fazilitäten an transiente Gäste durch
hierfür geeignete Massnahmen.
Die traditionelle Abgrenzung gegenüber (Zweit-)Wohnsitzen erfolgt nicht aufgrund infrastruktureller Gegebenheiten, sondern
auf Basis des Zugangs des Nutzers zum Key. Grundsätzlich ist als
Hotel und deren Einheiten (Keys) als solches zu bezeichnen, wenn
mindestens fünf Keys und mehr als 50 Prozent aller Keys weniger
als drei aufeinanderfolgende Monate vom gleichen Nutzer gemietet werden können, unabhängig davon, an wie vielen dieser
Tage er physisch präsent oder absent ist.
Die Welttourismus-Organisation (UNWTO) gibt folgende Definition:
Touristen sind Personen, «die zu Orten ausserhalb ihres gewöhnlichen
Umfeldes reisen und sich dort für nicht mehr als ein Jahr aufhalten aus
Freizeit- oder geschäftlichen Motiven, die nicht mit der Ausübung einer
bezahlten Aktivität am besuchten Ort verbunden sind.»
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102 JAHRBUCH 2009 HOTELLERIESUISSE | SCHWEIZERISCHE GESELLSCHAFT FÜR HOTELKREDIT
Zusammengefasst ist ein Hotel demnach …
… eine Betriebsstätte zur Beherbergung übernachtender Personen mit mindestens fünf Keys (privatisierbaren Sphären) und
einem minimalen Dienstleistungsangebot, bestehend aus
einem Schliess- und Informationsdienst sowie Reinigung der
Keys. Mindestens fünf und mehr als 50 Prozent aller Keys stehen
ausschliesslich transienten Gästen zur Verfügung, wobei transient gleichbedeutend ist mit einer tage- oder wochenweisen
Buchbarkeit des Angebotes und einer zusammenhängenden
Aufenthaltsdauer von maximal drei Monaten.
Auf Basis dieser Definitionen sind sodann Definitionen von Untergruppen von «Hotel» denk- und auch definierbar, wie etwa
Backpacker, Self catered Unit, Hotel, Serviced Apartment, Suites
Hotel, Resort usw.
Fazit
Es zeigt sich, dass aufgrund verschiedener internationaler Entwicklungen eine Anpassung der Nomenklatur der Übernachtungsbranche notwendig ist. Die obige Definition von «Hotel» schafft
Klarheit, wie Hotels bzw. hotelähnliche Betriebe in Zukunft abgegrenzt werden können von anderen Unterkunftsformen, insbesondere von Zweitwohnungen. Die rigide Unterscheidung zwischen einem transienten und einem residenten Gast schafft hier
klare Verhältnisse. In Hinblick auf die Sicherstellung der Wettbewerbsfähigkeit der Branche werden dagegen lediglich minimale Vorgaben bzgl. Infrastrukturkonfiguration und Service- Level
entwickelt. Dieser Ansatz schafft damit neue Differenzierungspotenziale, welche auf Basis neuer, bzw. ebenfalls angepasster
Geschäftsmodelle, nutzbar gemacht werden können.
Quellen
Bieger, Th. und Laesser, Ch. (2007). Neue, hybride Formen der Beherbergung – Implikationen für Raumplanung, Destinationsentwicklung
und Investoren. St.Gallen: IDT-HSG. Download unter
http://www.alexandria.unisg.ch/Publikationen/38498.
DEHOGA (2005). Kriterienkatalog 2005. Deutsche Hotelklassifizierung.
Berlin: DEHOGA.
hotelleriesuisse (2006). Handbuch Hotelklassifikation.
Bern: hotelleriesuisse.
Hovey, M. (2002). Is timeshare ownership an investment product?
Journal of Financial Services Marketing, 7(2): 141–160.