LZ Rheinland

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Drei Generationen
arbeiten auf dem
Anrather Spargelhof
zusammen. Auf dem
Bild ist nur ein Teil
der Familie zu sehen (v.l.n.r.): Helene Heintges, Dr. Michael Heintges mit
Ehefrau Dr. Sabine
Braun und dem
jüngsten Sohn
Klaas.
Rheinische Hofgeschichten
Mit Herzblut zum Erfolg
gann auf 2 Morgen im Nebenerwerb mit
dem Spargelanbau. Von Kamp-Lintfort
aus fuhr er dafür damals immer nach
Willich – rund 40 km entfernt. Als sich
die Gelegenheit bot, in Anrath Pachtflächen zu übernehmen, fällten die Heintges die Entscheidung, komplett in die
Landwirtschaft zu gehen. Mangels Hofstelle kamen sie in den ersten Jahren
etwa 3,5 km entfernt bei seinem Cousin
unter. 2008 kauften sie am jetzigen
Standort die Halle eines ehemaligen
Hühnerbetriebes und etwa 1 ha Land.
Bereits ein Jahr später starteten sie mit
dem Spargelverkauf. Inzwischen bewirtschaftet Michael Heintges mit seiner Familie 50 ha Fläche in Kooperation mit zwei weiteren Betrieben. Davon
sind etwa 4 bis 5 ha Spargel – hälftig
Grün- und Bleichspargel. Sie bauen
Frühkartoffeln und Verarbeitungs-Kartoffeln an, welche auch im eigenen Betrieb vorgekeimt werden, dazu Getreide, Zuckerrüben und Mais.
Familie Heintges-Braun hat sich mit dem Anrather
Spargelhof auf Grünspargel spezialisiert
Im Hofladen gibt es
alle Produkte, die
zum Spargel passen, wie Frühkartoffeln, Schinken, Saucen, Wein und dazu
Rezepte.
Michael Heintges fährt zu seinen Spargelflächen. Nur wenige werden zum Ende der Spargelsaison noch beerntet.
„Jetzt ist die Zeit, um nach Schädlingen
zu schauen und wie der Bestand steht,
denn das entscheidet über den Ertrag
im kommenden Jahr“, erklärt er. Der
promovierte Landwirt lebt seinen
Traum. Der 45-Jährige wollte immer
schon Landwirt werden. Es fasziniert
ihn, etwas zu pflanzen, wachsen zu sehen und zu ernten. Einziges Problem –
kein eigener Hof. Den hat er inzwischen.
Gemeinsam mit seiner Ehefrau bewirtschaftet er seit fünf Jahren einen Spargel-Betrieb in Willich-Anrath und das
obwohl beide nicht aus der Landwirtschaft stammen.
▶ Über Umwege zum
eigenen Hof
Eingeschlagen hat Heintges erst einen
ganz anderen Weg. Nach dem Realschulabschluss machte er eine kaufmännische Ausbildung bei der Post, er
war im Innendienst und auch Briefzusteller. „Von Beginn an war mir aber
klar, ich mache die Ausbildung und
mehr nicht“, sagt Heintges heute. Seit
frühester Jugend hatte er seinem Onkel
in der Landwirtschaft geholfen. Das war
sein großer Wunsch. Während seiner
Zeit bei der Post machte er das Abitur
an der Abendschule nach und begann
anschließend das Landwirtschaftsstudium in Bonn. Begeistert waren seine
Eltern nicht. Michael Heintges setzte
seinen Kopf durch. Als er 1996 mit dem
Studium fertig wurde, blieb er an der
Uni für eine Promotion am Landtechnik-Institut. Danach arbeitete er sieben
Jahre lang für eine Saatgutfirma in Vertrieb und Entwicklung. Erst für Deutschland, Österreich und die Schweiz zuständig, war er später weltweit aktiv.
Zeit für die Familie blieb damals wenig
und noch etwas passte ihm nicht: „Warum soll ich anderen Tipps und Anbauempfehlungen geben – das kann ich genauso gut für mich selbst tun.“ Er be-
Diese Grünspargelanlage ist erst ein Jahr alt.
Wie alle anderen auch ist sie zum Schutz vor
Feldhasen und Kaninchen eingezäunt. Michael Heintges kontrolliert auf Schädlinge.
Einfach ist das Wirtschaften nicht. Obwohl das Betriebsleiterwohnhaus inzwischen an der Halle steht, ist die Fahrerei zu den Flächen nicht weniger geworden. Am Betrieb selbst gibt es keine
Spargelfläche. Die erste Spargelfläche
ist Luftlinie 600 m weit weg – das
macht eine Fahrtstrecke von 1,5 km. Die
meisten der Felder der Familie Heintges
liegen zwischen 8 und 15 km entfernt
rund um den Ort verteilt. Überhaupt ist
die Flächensituation das große Problem
für den Betrieb. In den vergangenen
Jahren hat Heintges massiv Pachtfläche
durch Verkäufe verloren. „Wir hatten
immer wieder Existenzängste“, sagt er
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Zum Ende der Spargelsaison werden nur
noch wenige Spargelflächen beerntet.
nachdenklich. „Denn wir sind ein junger
Betrieb im Aufbau, da sind Mittel
knapp, da hilft das Vorkaufsrecht wenig.“ In diesem Jahr haben die Heintges
aber das erste Mal das Gefühl, dass es
der richtige Weg ist. „Man soll ja nicht
immer nur jammern“, sagt Ehefrau Dr.
Sabine Braun und lacht. Die 42-jährige
Tierärztin hat ihren Beruf ihrem Mann
zuliebe hinten angestellt.
▶ Kunden schätzen Qualität
und Transparenz
Wein und Erdbeeren. Diese Idee kommt
an. Der Hofverkauf macht derzeit ein
Viertel der Vermarktung aus. „Wir sind
ja noch im Aufbau und machen auch
kaum Werbung“, erklärt die HofladenBetreiberin und ihr Mann fügt stolz hinzu: „Die beste Werbung geht sowieso
über das Produkt. Dieses Jahr kamen
viele Kunden, die berichteten, uns wurde gesagt: Fahrt zum Anrather Spargelhof, dort gibt es leckeren Spargel.“ Trotz
des späten und zögerlichen Starts der
diesjährigen Spargelsaison und der
niedrigeren Erträge sind die Heintges
zufrieden. „Klar hätte es unter dem
Strich mehr sein können“, sagt Michael
Heintges, „aber es war akzeptabel und
wir hatten gute Qualität, konnten kontinuierlich liefern und hatten in der Vermarktung keinen Preisdruck.“ Und was
fast genauso wichtig ist, keinen Hagelschaden, das hätte beim Grünspargel
einen Totalausfall bedeutet.
Unterstützt werden die beiden von Michael Heintges Eltern, sie kümmern sich
mit um die Aufbereitung und den Verkauf des Spargels. Ohne sie würde es
nicht gehen. Dazu kommen Saisonarbeitskräfte aus Polen. Durch den Saisonbetrieb bleibt auch etwas mehr Zeit
für die Familie und anderes: Michael
Heintges engagiert sich als Ortslandwirt, in Fachausschüssen des RLV und
im Vorstand der Rheinischen Erzeugergemeinschaft Kartoffeln. Und seine
Frau plant schon für die Zeit, wenn ihr
kleiner Sohn Klaas in den Kindergarten
kommt. Sie macht eine Weiterbildung
im Bereich Osteopathie für Hunde und
Beide waren sich einig, dass sie nur einen Saisonbetrieb machen würden.
Tierhaltung kam nicht in Frage. Sie
suchten sich eine Nische und fanden
sie mit Grünspargel. Schnell mussten
sie aber erkennen, dass es der weiße
Spargel ist, der die Kunden anzieht.
Deshalb begannen sie auch mit dem
Anbau von Bleichspargel. Parallel bauten sie die Vermarktung auf. Das ist der
Part von Sabine Braun. Neben den beiden zehn und zwei Jahre alten Söhnen
kümmert sie sich um den Hofladen und
um weitere Abnehmer. Sie koordiniert,
wer wie viel Spargel bekommen kann,
spricht neue potenzielle Abnehmer an
und bringt den Spargel dann auch
selbst zu Wiederverkäufern und Restaurants ins Ruhrgebiet, nach Kamp-Lintfort, Düsseldorf und Krefeld.
Im eigenen Hofladen verkaufen die
Heintges zusätzlich zum Spargel alles
das, was man für eine „Mahlzeit“
braucht, also Kartoffeln, Saucen, Schinken vom Metzger aus dem Ort, Käse,
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Katzen. „Das war immer schon mein
Faible“, lächelt die Tierärztin.
▶ Den Betrieb familiär stemmen
Natürlich wurden sie und ihr Mann gerade zu Beginn auch von den Berufskollegen kritisch beäugt. „Viele Betriebe
hören auf – ihr fangt an … das kam öfters“, erinnert sich der Agraringenieur.
Aber er hat die Einstellung: Alles was
man mit Herzblut macht, ist auf Dauer
auch eine Erfolgsgeschichte. „Man
braucht aber einen langen Atem“, setzt
er direkt dazu. „Denn gerade am Anfang
macht man Fehler und die kosten Geld.“
Der Spargel ist keine einfache Kultur –
die Heintges haben einiges an Lehrgeld
bezahlt. Aber auch vieles richtig gemacht: Die Kunden kommen gerne zum
Anrather Spargelhof. Natürlich wegen
der guten Spargel-Qualität, aber auch
wegen ihrer Philosophie: „Wir sind ein
offener Betrieb – bei uns können die
Kunden alles anschauen“, sagt Michael
Heintges. Und wie sieht die Zukunft
aus? Das ist bei einem Pachtbetrieb
nicht vorherzusehen. Aber der Betriebsleiter weiß auch: „Bei einem Betrieb,
der sich nicht entwickelt, da ist etwas
falsch.“ Für Familie Heintges-Braun ist
aber auch klar: „Wir wollen nicht der
größte Spargelbetrieb hier werden, wir
wollen es familiär noch stemmen können.“ Geplant ist, dass alle Investitionen abgeschlossen sind, wenn das Paar
im Rentenalter ist. Sie wollen ihren
Söhnen eine freie Berufswahl ermöglichen, das was sie selbst auch hatten.
Kirsten Engel
Michael Heintges Eltern oder Saisonarbeitskräfte übernehmen die Aufbereitung des
Spargels, also das Waschen, Schneiden, Sortieren und Verpacken.
Die alte Halle hat
Familie Heintges
umgebaut. Sie bietet jetzt Platz für
den Hofverkauf, die
Aufbereitung und
Kühlung des Spargels, aber auch für
Räume der Saisonarbeitskräfte und
Maschinen.
Eine gute Investition: Vor drei Jahren
hat die Familie eine
Spargelschälmaschine gekauft.
Fotos: Kirsten Engel.