SWR2 Tagesgespräch

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Liebe Kolleginnen und Kollegen,
nachfolgend bieten wir Ihnen eine Meldung an.
Gisela Splett (Grüne), Staatssekretärin im
baden-württembergischen Finanzministerium,
gab heute, 23.09.16, dem Südwestrundfunk ein
Interview zum Thema Grundsteuer.
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Datum:
23.09.2016
Das „SWR2 Tagesgespräch“ führte Marion Theis.
Mit freundlichen Grüßen
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Baden-Württemberg will Grundstücksspekulationen erschweren
Baden-Baden: Die baden-württembergische Finanz-Staatssekretärin Gisela Splett, Grüne,
bestreitet, dass die geplante Reform der Grundsteuer das Wohnen verteuern wird. Es gehe
darum, die veralteten Regeln zu aktualisieren, um eine gerechtere Besteuerung zu erreichen,
erklärte Splett im SWR (Südwestrundfunk). Künftig würde die Höhe der Grundsteuer an einem
pauschalierten Wert festgemacht, einer Kombination von Boden- und Gebäudewert.
Splett kündigte an, dass Baden-Württemberg demnächst einen zusätzlichen Antrag im
Bundesrat einbringen werde. Damit sollen Spekulationen mit brachliegenden Grundstücken
erschwert werden. Kommunen erhielten dann die Möglichkeit, für erschlossene, aber nicht
baulich genutzte Grundstücke eine höhere Steuer zu erheben. Das soll einen Anreiz dafür
geben, solche Flächen zur Nutzung freizugeben.
Die Grünen-Politikerin geht davon aus, dass die reformierte Grundsteuer nicht von heute auf
morgen umzusetzen sei. Es dauere noch mindestens zehn Jahre, bis die Steuerbescheide nach
den neuen Regeln erlassen würden, so Splett.
Wortlaut des Live-Gesprächs:
Theis: Wenn der Staat eine Steuerreform macht, zahlt der Bürger in der Regel hinterher
drauf. Wird das dieses Mal auch so sein?
Splett: Das ist erklärt nicht das Ziel dieser Steuerreform. Erklärtes Ziel ist, dass das Aufkommen
insgesamt so bleiben soll, wie es jetzt ist. Aber es geht darum, die Regeln zu aktualisieren, um
eine gerechtere Besteuerung zu erreichen.
Theis: Selbst wenn das Aufkommen so bleibt wie es ist: Die Steuer soll sich doch an den
tatsächlichen Verkaufspreisen von Häusern oder Wohnungen orientieren, an den
heutigen. Und die sind in Stuttgart oder Frankfurt viel höher als in Hohenlohe oder der
Westpfalz. Müssen dann die Preise und Mieten in den Ballungsräumen nicht
zwangsweise steigen?
Der SWR ist Mitglied der Arbeitsgemeinschaft der öffentlich-rechtlichen Rundfunkanstalten der Bundesrepublik Deutschland (ARD)
Splett: Das Modell, das jetzt vorliegt im Bundesrat, geht nicht von den Verkaufspreisen aus. Es
geht aber davon aus, was tatsächlich das Grundstück und die Immobilie wert ist. Wobei der
Wert der Immobilie pauschaliert ermittelt wird.
Theis: Dann ist das Ergebnis aber das Gleiche – es wird teurer.
Splett: Es ist eine pauschalierte Annahme, also nach dem Motto: Es ist ein Einfamilienhaus, so
und so groß, hat im Herstellungswert diese Größenordnung und hat ein gewisses Alter. Damit
sinkt der Wert wieder. Also insoweit schlägt die Nachfragesituation nicht in der Weise zu, wie es
beim Verkaufswert der Fall wäre. Aber richtig ist, dass die Steuer sich eben am Wert von
Grundstück und Immobilie bemessen soll. Und es ist eben notwendig, diese Reform bei der
Steuer durchzuführen, weil bisher die Grundsteuer nach den so genannten Einheitswerten
erhoben wird. Und die basieren auf Wertverhältnissen in den alten Bundesländern von 1964
und in den neuen Bundesländern sogar aus dem Jahr 1935. Das sind einfach komplett veraltete
Werte, so dass es dringend notwendig ist und seit Jahren darüber diskutiert wird, dass hier eine
Änderung erfolgen muss.
Theis: Notwendig ist schön, das ist ja auch einsehbar. Die Frage ist, ob es am Ende
gerecht ist, weil bei der neuen Grundsteuer, wenn es um höhere Werte geht und höhere
Steuern, heißt das nicht, dass zum Beispiel auch Eigentümer, die ihre Häuser aufwendig
energetisch sanieren lassen am Ende noch dafür bestraft werden und das einer
vernünftigen Klimapolitik widerspricht?
Splett: Also diese Sorge, dass durch eine energetische Sanierung da die Grundsteuer in die
Höhe schnellt, die teile ich so nicht. Weil, wie gesagt, es eine pauschalierte Wertermittlung ist,
bei der nicht jede Modernisierung sich auswirkt. Im Grunde genommen ist aber die Grundsteuer
natürlich so angesetzt, dass sie am Objekt festgemacht ist und wenn das Objekt eben einen
hohen Wert hat, ist auch die Grundsteuer höher, als wenn das Objekt einen geringen Wert hat.
Im Grunde genommen ist das schon Gerechtigkeit, die da hergestellt wird. Jedenfalls ist das,
was wir jetzt haben, eine Bemessung nach uralten Werten, die überhaupt nichts mehr
aussagen, die ist jedenfalls nicht gerecht. Und deswegen steht diese Grundsteuer, so wie sie
jetzt ist, eben auch schon seit Jahren unter Kritik und es ist zu befürchten, dass das
Bundesverfassungsgericht irgendwann sagt, so kann es nicht bleiben, es muss geändert
werden.
Theis: Deswegen muss schnell etwas passieren. Der Mieterbund argumentiert aber, dass
der jetzige Gesetzentwurf vor allem die Interessen derjenigen schützt, die Grundstücke
leer stehen lassen und auf steigende Grundstückspreise spekulieren. Lässt sich das den
umgehen?
Splett: Wir meinen, dass sich das umgehen lässt. Aber ich muss da noch mal einen Schritt
zurück gehen. Es wurde in den letzten Jahren diskutiert, woran man die Höhe der Grundsteuer
festmachen soll, nur am Bodenwert, am Immobilienwert, dort am Verkaufswert oder an einem
solchen pauschalierten Wert wie er jetzt zur Diskussion steht. Also da gab es mehrere Jahre
lang Diskussionen. Und jetzt hat sich ein Großteil der Länder auf ein Modell geeinigt, das ich
geschildert habe. Das kombiniert den Bodenwert mit dem Gebäudewert. Wir haben jetzt aber
vor, das haben wir auch im Koalitionsvertrag in Baden-Württemberg so vereinbart, dass wir da
noch ein Element einbauen wollen in die Grundsteuer, dass wir nämlich den Kommunen
Möglichkeiten geben wollen, den Hebesatz zu differenzieren. Die Kommunen legen ja den
Hebesatz für diese Steuer fest. Das wird auch zukünftig so sein. Und wir möchten, dass die
Kommune die Möglichkeit erhält, gerade für Grundstücke, die erschlossen sind, aber nicht
baulich genutzt werden, dass dort eine höhere Steuer erhoben werden kann, um einen Anreiz
zu schaffen, diese Flächen in die Nutzung zu bekommen.
Theis: Also, davon versprechen Sie sich, dass Grundstücke in guten Lagen nicht einfach
leer stehen. Ist das richtig?
Der SWR ist Mitglied der Arbeitsgemeinschaft der öffentlich-rechtlichen Rundfunkanstalten der Bundesrepublik Deutschland (ARD)
Splett: Genau. Und wir werden versuchen, mit so einem Vorschlag in den Finanzausschuss des
Bundesrats zu gehen und werden versuchen, dann auch Mehrheiten zu erhalten für diesen
Vorschlag. Insgesamt ist es ja nicht so, dass die Grundsteuer jetzt von heute auf morgen
geändert wird. Wenn der Beschluss gefasst wird, wie die Bewertungsregeln in Zukunft
aussehen werden, dann wird es noch einige Jahre dauern, bis wirklich alle 35 Millionen Objekte
auch neu bewertet sind. Also man kann davon ausgehen, dass es noch mindestens zehn
Jahren dauert, bis die Steuerbescheide dann auch wirklich nach den neuen Regeln erlassen
werden.
- Ende Wortlaut -
Der SWR ist Mitglied der Arbeitsgemeinschaft der öffentlich-rechtlichen Rundfunkanstalten der Bundesrepublik Deutschland (ARD)