Präparation von WC/Ag Kontakt- materialien

Präparation von WC/Ag Kontaktmaterialien unterschiedlicher
Homogenität
Oswald Schrott
(Technische Universität Wien, Institut
für Industrieelektronik und Materialwissenschaft,
[email protected])
Zusammenfassung
Pulvermetallurgische Kontaktmaterialien werden hauptsächlich in
Schaltanlagen für hohe und mittlere
Spannungen benutzt. Es handelt sich
um Verbundmaterialien, die den Vorteil
eines hohen Schmelzpunktes mit guter elektrischer und thermischer Leitfähigkeiten verbinden. Die physikalischen Eigenschaften und das Schaltverhalten dieser elektrischen Kontakte
hängen wesentlich von der Homogenität ihrer Mikrogefüge ab. Herstellung
und materialografische Präparation
von WC/40Ag Proben (40 Gewichtsprozent Ag) unterschiedlicher Homogenität werden diskutiert. Die Präparation wird sowohl durch die ungleichen
physikalischen Eigenschaften der beiden Komponenten WC und Ag als
auch durch die variablen Mikrogefüge
erschwert.
1 Einführung
Technische Anwendungen erfordern
oft widersprüchliche Materialeigenschaften. In Verbundmaterialien lassen
sich die physikalischen Charakteristika
von zwei oder mehr Materialien vorteilhaft kombinieren.
Die elektrischen Kontakte in Schaltanlagen für hohe und mittlere Spannungen müssen nicht nur gute elektrische
Leitfähigkeit aufweisen, sondern auch
einen hohen Schmelzpunkt besitzen.
Diese Forderungen lassen sich durch
pulvermetallurgische Verbundmaterialien erfolgreich umsetzen.
Im Rahmen der Experimente zur Verbesserung der Homogenität von
Kontaktmaterialien aus Wolframkarbid-Silber, mussten für die materialografische Untersuchung viele Proben
mit unterschiedlichen Mikrogefügen
präpariert werden.
6
2
Das Mikrogefüge pulvermetallurgischer Kontaktmaterialien
Die Ausgangsmaterialien der Pulvermetallurgie sind Metallpulver und auch
Pulver chemischer Verbindungen. Die
Herstellungsschritte umfassen Mischen, Pressen und Sintern (zeitkritische Wärmebehandlung unterhalb des
Schmelzpunktes).
Feuerfeste Metalle bzw. deren Karbide
sowie Kupfer und Silber sind die Rohmaterialien der Pulvermetallurgie der
Kontaktmaterialien. Sie verbinden in
einem Kontaktmaterial einen hohen
Schmelzpunkt mit guter elektrischer
(demzufolge auch thermischer) Leitfähigkeit. Damit bei der Herstellung dieser Materialien vollständige Dichte erreicht wird, ist ein zusätzlicher Schritt
der Verpressung oder Infiltration mit
der flüssigen, gut leitenden Komponente erforderlich.
Das Mikrogefüge von Kontaktmaterialien übt starken Einfluss auf
die physikalischen Eigenschaften und
das Schaltverhalten der elektrischen
Kontakte aus. Allgemein gilt, dass ein
feinkörniges und homogenes Mikrogefüge einen hohen Erosionswiderstand, eine geringe
Verschweißungstendenz, gute elektrische und thermische Leitfähigkeit und
eine hohe Härte bewirkt. Außerdem
kann das Vorliegen von Inhomogenitäten die Abreißfähigkeit einschränken.
Die Homogenität eines Kontaktmaterials wird durch den Gleichförmigkeitsgrad der gemischten Komponenten definiert und lässt sich beeinflussen durch:
- die Korngröße des Ausgangspulvers,
- die verwendeten Mischungsvorgänge, und
- den angewandten Schrumpfungsvorgang.
Die in Schaltanlagen für hohe und
mittlere Spannungen hauptsächlich
verwendeten Kontaktmaterialien bestehen aus WC/Ag, W/Ag, WC/Cu, W/
Cu, und Cu/Cr. Wolframkarbid-Silber
ist das Material der Wahl für Vakuumschütze. Diese Schaltanlagen zeichnen sich durch eine Kompaktbauweise
aus, sind wartungsfrei und werden im
Bereich der elektrischen Spannungsverteilung eingesetzt.
3 Experimente
Für die materialografische Präparation
pulvermetallurgischer Kontaktmaterialien sind Kenntnisse des angewandten Herstellungsprozesses wichtig. Es
folgt eine kurze Beschreibung der Probenherstellung und deren Diskussion.
3.1 Probenherstellung
Ausgangsmaterialien waren die Pulver
von WC und Ag. Die Probenherstellung erfolgte auf dem Weg Pressen –
Sintern – Infiltrieren.
Zur Verbesserung der Homogenität
des WC/40Ag Kontaktmaterials (40
Gewichtsprozent Ag) wurden unterschiedliche Behandlungsvorgänge der
Pulvermischung untersucht: Mischen,
Kugelmahlen und Planeten-Kugelmahlen. Als Parameter wurde die
Verweilzeit in der Mühle und der Füllgrad des Mühlenbehälters variiert.
Nach der Aufbereitung der Pulvermischung wurden die Kontakte
kaltgepresst, gesintert und zum
Schluss mit flüssigem Silber infiltriert,
so dass völlige Dichte erlangt wurde.
Abbildung 1 zeigt schematisch das
benutzte Herstellungsverfahren mit
Variationen der Pulveraufbereitung.
Die geschrumpften Proben besitzen
zylindrische Geometrie und werden
auf das Sollmaß für Vakuumschütze
abgedreht (Durchmesser 25 mm,
Höhe 5 mm).
Die Abmessungen der Kontakte sind
für das Trennen, der ersten Stufe der
Präparation, wesentliche Parameter.
3.2 Probenpräparation
Eine materialografische Präparation
sollte die Untersuchung des wahren
Mikrogefüges eines Materials ermöglichen. Die wesentlichen Stufen bestehen aus Trennen, Einbetten, Schleifen
und Polieren. In diesem Artikel steht
die Diskussion möglicher Schleif- und
Polierprobleme im Vordergrund.
Zuerst müssen die Proben für die wei-
WC Pulver
Mischen
Ag Pulver
Kugelmahlen
Abb.1: Hauptsächlicher Herstellungsweg für
WC/Ag Kontaktmaterialien mit Variationen der
Pulveraufbereitung.
40
Planeten
Kugelmahlen
Präparation von WC/Ag Kontaktmaterialien
unterschiedlicher Homogenität
Pressen
Sintern
Infiltrieren
Bearbeiten
Kontaktmaterial
tere Präparation in passende Größen
getrennt werden. Die Geometrie der
Kontakte vereinfachte diesen Schritt
beträchtlich; die Proben wurden in
zwei Halbzylinder getrennt.
Die abgetrennten Proben sind in der
Regel beim Schleifen und Polieren nur
mit Mühe sicher festzuhalten und ihre
Form könnte für die Untersuchungen
ungeeignet sein. Die Einbettung der
getrennten Kontaktproben in eine Einbettmasse löst diese Probleme.
Schleifen und Polieren stellen sehr
wichtige Stufen der Probenpräparation
dar. Sie dienen der Beseitigung von
Spuren mechanischer Schädigungen
aus vorherigen Arbeitsgängen - so
weit dies möglich ist – und erzeugen
eine plane und glatte Oberfläche.
Beim Schleifen und Polieren von pulvermetallurgischen Kontaktmaterialien
mit unterschiedlichen Homogenitäten
können folgende Schwierigkeiten auftreten:
- Die bekannten Probleme jeder
materialografischen Präparation, bei
spielsweise die Beseitigung von
Kratzern.
- Probleme verursacht durch ungleiche
physikalische Eigenschaften der bei
den Komponenten des Verbundmaterials, z.B. Schmieren des weichen Materials über das harte.
- Probleme verursacht durch unter
schiedliche Homogenitäten der Ma-
terialien, beispielsweise die Anhäufung
von WC in Ausbrüchen.
In diesem Zusammenhang soll erwähnt werden, dass die elektrische
Leitfähigkeit eines Kontaktmaterials
stark von der Porosität abhängt. Deshalb ist die korrekte Wiedergabe von
Poren äußerst wichtig.
Die Komponenten des untersuchten
Verbundmaterials sind WC und Ag;
Tabelle 1 enthält ihre sehr unterschiedlichen physikalischen Eigenschaften.
Insbesondere können die ungleichen
Härtewerte beim Schleifen und Polieren viele Probleme verursachen. Eine
typische Schwierigkeit ist das Schmieren von weichem Material, das nicht
nur hartes Material überdecken kann,
sondern auch Poren. Dies führt zu einem unwahren Mikrogefüge mit zu geringem Porenanteil und einer zu optimistischen Einschätzung der elektrischen Leitfähigkeit.
Wie zuvor erwähnt, beeinflussten der
gewählte Herstellungsvorgang und die
variierende Homogenität des Kontaktmaterials die Präparation. Abbildung 2
bis Abbildung 4 zeigen die Mikrogefüge ausgewählter Kontaktproben,
die das optimale Ergebnis jeder Mischung bezüglich der Mahltechnik (Mischen, Kugelmühle und PlanetenKugelmühle) darstellt.
Beim reinen Mischen neigen beide
Rohmaterialien (WC und Ag Pulver)
während der Verarbeitung zur Bildung
WC
Ag
Schmelzpunkt [°C]
>2800
961
Elektr. Leitfähigkeit
(20°C) [MS/m]
2.3
62.9
Therm. Leitfähigkeit
(20 °C) [W/(m K)]
40
419
Dichte [g/cm³]
15
10.49
Kontakthärte
[kN/mm²]
2
0.3 - 0.7
Tab.1: Physikalische Eigenschaften von
WC und Ag
von Agglomeraten, was durch die kleinen Korngrößen verursacht wird. Die
Mischerenergie ist zu gering, um diese
Agglomerate zu zerschlagen. Die
Kontaktmaterialien im Schrumpfzustand zeigen inhomogene Mikrogefüge
mit relativ großen WC-Agglomeraten
und Ag-Clustern. Diese Inhomogenitäten sind gleichförmig über den ganzen Querschnitt der Kontaktprobe verteilt (Abbildung 2). Bei stärkerer Vergrößerung konnten die im Gefügebild
erkennbaren dunklen Punkte als WCAgglomerate identifiziert werden.
Der Energieeintrag beim Kugelmahlen
ist groß genug, um die Größe der WCAgglomerate zu reduzieren. Die AgAgglomerate lassen sich homogenisieren, allerdings ohne Reduktion ihrer
Größe. Im Gefügebild ist eine verbesserte Homogenität erkennbar (Abbildung 3).
Beim Mahlen in der Planetenmühle
werden die WC- und Ag-Agglomerate
Abb. 2: WC/40Ag
Kontaktmaterial
durch Mischen
hergestellt. Die
großen dunklen
Flecke sind WCAgglomerate und
keine Poren.
7
Tab. 2:
Erfassung der
Homogenität
Größe von WCAgglomeraten [µm]
Größe von AgClustern [µm]
Abb. 3: WC/40Ag Kontaktmaterial durch Kugelmahlen hergestellt.
Die großen dunklen Flecke sind WC-Agglomerate und keine Poren.
nach kurzem Mahlvorgang zerschlagen. Die geschrumpften Proben sind
frei von Inhomogenitäten, und beide
Komponenten sind gut gemischt (Abbildung 4).
Zur Feststellung der Homogenität wurde die Größe der WC-Agglomerate
und der Ag-Cluster bestimmt. Tabelle
2 zeigt die Ergebnisse.
Die Homogenität der Kontaktmaterialien beeinflusst das Schleifen
und Polieren. In der Umgebung größerer WC-Agglomerate können WC-Körner ausbrechen. Dies kann zu einem
unwahren Mikrogefüge führen mit zu
hohem Porenanteil und zu pessimistischer Einschätzung der elektrischen
Leitfähigkeit.
4 Zusammenfassung
WC/Ag Kontaktmaterialien sind metallurgische Verbundmaterialien, die einen
hohen Schmelzpunkt mit guter elektrischer und thermischer Leitfähigkeit
verbinden. Ihre Rohmaterialien bestehen aus WC- und Ag-Pulvern, und die
Herstellung erfolgt über Mischen,
Pressen und Sintern, wobei in den
meisten Fällen noch mit flüssigem Ag
infiltriert wird. Für die physikalischen
Eigenschaften und das Schaltverhalten elektrischer Kontakte ist ein
homogenes Mikrogefüge wesentlich.
8
Mischen
Kugelmühle
PlanetenKugelmühle
< 100
< 50
< 10
< 150
(teilw. 200)
< 100
< 20
Abb. 4: WC/40Ag Kontaktmaterial durch Mahlen in der PlanetenKugelmühle hergestellt.
Viele WC/40Ag Proben (40 Gewichtsprozent Ag) unterschiedlicher Homogenität wurden für die materialografische Untersuchung präpariert. Das
Schleifen und Polieren wurde nicht nur
durch die ungleichen physikalischen
Eigenschaften der beiden Komponenten WC und Ag erschwert, sondern
auch durch die variierenden Mikrogefüge. Beim Präparieren von Kontaktmaterialien muss insbesondere auf
die korrekte Wiedergabe von Poren
Wert gelegt werden, denn die elektrische Leitfähigkeit hängt stark von der
Porosität ab.
Bei der Entwicklung neuer Kontaktmaterialien für Schaltanlagen hoher
und mittlerer Spannung ist es sehr
wichtig, auf eine sorgfältige materialografische Präparation zu achten.
5 Danksagung
Ich möchte mich bei Ing. Robert Grill,
PLANSEE AG (Reutte, Österreich), Dr.
Frank E. H. Mueller und Peter Kläusler,
ELEKTRO-METALL AG (Seon,
Schweiz) sowohl auch bei Prof. Dr.
Hans Hauser vom Institut für Industrielle Elektronik und Materialwissenschaften der Technischen Universität
Wien für Ihre Unterstützung und die
gute Zusammenarbeit bedanken.