Tier 43 ■ BAUERNBLATT | 17. September 2016 Besichtigungs- und Informationsfahrt des Kompetenznetzwerks Aquakultur Auf „Aquakul-Tour“ Der Verband der Binnenfischer und Teichwirte in Schleswig-Holstein und das Kompetenznetzwerk Aquakultur (Knaq) haben zuletzt eine Besichtigungs- und Informationsfahrt für ihre Mitglieder angeboten. Im Rahmen dieser Tour wurden verschiedene Fischereiund Aquakulturbetriebe in Mecklenburg-Vorpommern, Brandenburg und Niedersachsen besichtigt. rung, bevor sie auf Trockenfutter umgestellt und in größere Mastbecken umgesetzt werden. Dort wachsen die Tiere über einen Zeitraum von weniger als zwölf Monaten auf über 1 kg Körpergröße heran und können dann entweder ganz oder als Filetware vermarktet werden. Von der herausragenden Qualität dieses Produktes konnten sich die Teilnehmer bei der Verkos- zig kleiner Kalksteine im Ohrapparat der Fische, kann das Alter der Tiere bestimmt werden. Das ist vor allem dann wichtig, wenn der Erfolg von Besatzmaßnahmen und das Bestandsmanagement beurteilt und optimiert werden sollen. Dem Aal sieht man sein Alter nämlich von außen nicht an. Im Anschluss konnten die Teilnehmer der Tour die Versuchs-Kreislaufan- produktion in geschlossener Kreislaufanlage mit dem Gemüseanbau unter Glas. Durch die Nutzung des nährstoffreichen Wassers aus der Fischzucht in der Bewässerung und Düngung des Gewächshauses ließen sich nicht nur Produktionskosten sparen, sondern außerdem noch ein Beitrag für die Umwelt leisten, erklärt Betriebsleiter Nicolas Leschke. Denn ECF vermark- Die Tour wurde in Kooperation mit dem Niedersächsischen Landesfischereiverband für Berufspraktiker der beiden Verbände und für weitere Interessierte aus dem Umfeld des Knaq angeboten. Der Verband ist bereits seit fünf Jahren Mieter in den Räumlichkeiten der Landwirtschaftskammer Schleswig-Holstein, und das Knaq wird seit Mai 2016 als Projekt an der Landwirtschaftskammer geführt. Die Kammermitarbeiter Gabriele Witt, Albrecht Hahn und Dr. Stefan Meyer aus dem Fachbereich Fischerei begleiteten die Tour. Zander hat großes Potenzial Am ersten Tag der Tour stand eine Besichtigung der Warmwasserkreislaufanlage der Landesforschungsanstalt Mecklenburg-Vorpommern (LFA) in Hohen Wangelin auf dem Programm. In dieser Forschungs- und Entwicklungsanlage werden ganzjährig Zander in geschlossenen Systemen erzeugt. Institutsleiter Carsten Kühn und Anlagenleiter Gregor Schmidt erklärten, dass der Zander ein hochpreisiger Speisefisch ist, der sich aufgrund seines schnellen Wachstums und seiner guten Marktstellung als Kandidat für Kreislaufanlagen eignet. Die Produktion dieses Fisches stellt jedoch große Anforderungen an die Technik und Qualifikation der Produzenten. Viele Fragen der Haltung, zum Beispiel zur optimalen Fütterung, müssen noch weiter erforscht werden. Deswegen beschäftigt sich die LFA schon seit mehreren Jahren intensiv mit dieser Art. In dieser Anlage werden die Elterntiere ohne Einsatz von Hilfsstoffen bis zu sechsmal im Jahr zum natürlichen Ablaichen stimuliert und die Gelege erbrütet. Die frisch geschlüpften Zanderlarven erhalten zunächst Naturnah- In der Forschungs- und Entwicklungsanlage der Landesforschungsanstalt Mecklenburg-Vorpommern in Hohen angelin werden Zander in Kreislaufanlagen vom Ei bis zur Schlachtgröße herangezogen. In einer solchen KreisW laufanlage schwimmen die Fische in Tanks, und das Wasser wird durch biologische und mechanische Filter aufbereitet. Es kommt ausschließlich extrudiertes Hochenergiefutter zum Einsatz, sodass die Tiere bereits nach einem Jahr verarbeitet werden können. Fotos: Dr. Stefan Meyer tung von Sashimi, das heißt hauchdünn geschnittenem, rohem Filet mit einem Spritzer Sojasoße, selbst überzeugen. Am zweiten Tag der Tour wurde das Institut für Binnenfischerei in Potsdam-Sacrow besichtigt. Dort wird seit dem Jahr 1922 an den aktuellen Herausforderungen der Fluss- und Seenfischerei, der Fischund Gewässerökologie, der Aquakultur und Fischzucht geforscht, gelehrt und gearbeitet. Bei einer Führung durch die Räumlichkeiten stellte Dr. Andreas Müller-Belecke die verschiedenen Arbeitsbereiche vor. Sein Kollege Janek Simon gab einen Einblick in seine aktuelle Forschungsarbeit zur Altersbestimmung beim Europäischen Aal. Mithilfe der Otolithen, also win- lage des Institutes besichtigen, wo ebenfalls Zander gehalten und beforscht werden. Bei diesen Arbeiten stehen vor allem der Einsatz von alternativen Futtermittelrohstoffen und die Optimierung der Wasserqualität im Fokus. Fischzucht und Gemüsebau Im Anschluss machte sich die Tour auf den Weg in die Berliner Innenstadt, genauer gesagt in den Stadtteil Berlin-Schöneberg. Dort befindet sich mitten in der Millionenstadt auf dem umstrukturierten Gelände einer Mälzerei die Fischfarm der Firma ECF. Diese noch junge Anlage kombiniert die bereits besichtigte Form der Fisch- tet ihre Produktion vollständig im eigenen Hofladen und im Einzelhandel vor Ort, sodass Transportwege kurz und die CO2 -Emission gering gehalten werden. Der produzierte Fisch wurde auf den Namen „Hauptstadtbarsch“ getauft und wird neben den selbst erzeugten Tomaten, Kräutern und Salaten erfolgreich an die Berliner Kundschaft gebracht. Beim gemeinsamen Mittagessen konnten sich die Teilnehmer auch hiervon aufs Genüsslichste überzeugen lassen. Am Nachmittag stand dann der Besuch des Deutschen Fischereitages und insbesondere der Mitgliederversammlung des Verbandes der Binnenfischerei und Aquakultur (VDBA) auf dem Programm. Diese Veranstaltung ist das alljähr- 44 Tier BAUERNBLATT | 17. September 2016 ■ liche Stelldichein der bundesweit agierenden Berufsverbände der Fischerei in Deutschland. Die Teilnehmer konnten sich dort auf den aktuellsten Stand der Verbandsaktivitäten auf Bundes- und EU-Ebene bringen lassen und ihre Meinung dazu kundtun. ten als Filet und Rogen vermarktet. Das Wasser der Anlage wird durch Biofilter aufbereitet, und mit einem Trommelsieb werden Kot und andere Partikel aus dem Wasser entfernt. Durch eine intensive Belüftung des Wassers werden eine optimale Strömungsgeschwindigkeit in den Fließkanälen und eine Anreicherung des Wassers mit dem lebensnotwendigen Sauerstoff erreicht. Traditionelle Teichwirtschaft Am dritten und letzten Tag der Tour wurden zwei niedersächsische Fischereien besichtigt. Die Teichwirtschaft Nabein in Warenholz ist ein traditioneller Betrieb der extensiven Produktion von Karp fen und anderen Nebenfischarten (Schleie, Forelle, Hecht, Zander und so weiter) in Naturteichen. Auf 56 ha Fläche werden dort in 29 Teichen Speise- und Satzfische produziert, verarbeitet und veredelt. Beim ausgiebigen Fischbuffet in der zugehörigen Teichgutschenke konnten die Teilnehmer nicht nur das abwechslungsreiche Angebot genießen, sondern sich auch von Betriebsleiter Werner Nabein die auf das Jahr 1919 zurückreichende Familiengeschichte des Standortes näherbringen lassen. Im aktuellen Spannungsfeld zwischen landwirtschaftlicher Nutzung der Kulturlandschaft und den Belangen des Naturschutzes steht dieser Betrieb vor großen Herausforderungen. Durch die extensive und nachhaltige Bewirtschaftung der Teiche ist ein attraktiver Lebensraum für seltene Pflanzen, Amphibien und Wasservögel entstanden, die Nabein durch die geschickte Bewirtschaftung der Teiche und die Schaf- Netzwerke intensiv geknüpft Die Teichanlage von Werner Nabein ist ein Traditionsbetrieb seit dem Jahre 1919. In und um die extensiv bewirtschafteten Teiche finden sich viele seltene Tier- und Pflanzenarten, die sich in diesem kultivierten Lebensraum sehr wohl fühlen. Für den Betrieb ist diese Naturnähe einerseits ein Segen, da viele Gäste und Besucher hier Erholung suchen. Andererseits wird die traditionelle Arbeitsweise durch zunehmende Naturschutzauflagen eingeschränkt. fung von Naherholungsqualitäten für seine Gäste mit seiner Betriebs praxis in Einklang bringt. Als letzte Etappe der Tour wurde die Forellenzucht der Familie Rengstorf in Walsrode besucht. Dieser Betrieb ist ein Musterbeispiel für den Quereinstieg eines landwirtschaftlichen Familienunternehmens in die Fischproduktion. Ausgehend vom traditionellen Spargelanbau (Familienbetrieb seit über 100 Jahren) begann die Familie Rengstorf im Jahr 2010 mit der Forellenproduktion in einer Teilkreislaufanlage. Die ursprünglich aus Dänemark stammende Technik beruht im Großen und Ganzen auf den Prinzipien der bereits zu Beginn der Tour besichtigen Kreislaufanlagen, wird hier jedoch unter freiem Himmel, das heißt ohne Halle und Einhausung, umgesetzt. Die Fische werden in folienbespannten Fließkanälen innerhalb von 18 Monaten zur Schlachtreife (zirka 1 bis 3 kg) gezogen und in den Wintermona- Die beiden Berufsverbände aus Schleswig-Holstein und Niedersachsen und das Kompetenznetzwerk Aquakultur bedanken sich bei allen besichtigten Betrieben und Institutionen für die Gastfreundschaft und den offenherzigen Empfang. In diesen drei Tagen haben die Teilnehmer nicht nur interessante Betriebe besichtigt und dort neue Ideen und Anregungen mit nach Hause genommen, sondern auch die Zeit intensiv zum Netzwerken untereinander genutzt. Auf der Internetseite des Kompetenznetzwerk Aquakultur (www.knaq-sh.de) finden sich der Bericht und eine ausführliche Fotostrecke der dreitägigen Tour. Für Rückfragen stehen die beiden Fachberater der Landwirtschaftskammer, Albrecht Albrecht Hahn und Dr. Stefan Meyer, gerne zur Verfügung. Dr. Stefan Meyer Knaq Tel.: 0 43 31-94 53-433 [email protected] „Wer ein Hähnchen für 2,79 Euro kauft, gibt an der Supermarktkasse das Recht ab, sich über Massentierhaltung zu beschweren.“ Lebensmittelskandale, EU-Subventionen, Massentierhaltung: Die Landwirtschaft steht in der Kritik. Bauern werden als engstirnige Hinterwäldler abgestempelt oder geraten als rücksichtslose Naturräuber in Verruf. Doch was steckt wirklich hinter der Legende vom gierigen Bauern? Wer melkt unsere Kühe, erntet unser Getreide und pflückt unsere Äpfel? Wie kann es sein, dass 500 Gramm Katzenfutter mehr kosten als ein ganzes Huhn? Und hat eigentlich jemals einer von uns „mündigen Verbrauchern” mit einem Bauern darüber gesprochen? Lassen wir ihn doch einfach selbst zu Wort kommen: Wutbauer Willi schreibt über faire Preise, gesundes Essen und erklärt, wo der Bauer Urlaub 330 Seiten € macht, wenn wir Urlaub auf dem Bauernhof machen. 14,99 Bestellungen an: Bauernblatt GmbH Postfach 740 · 24751 Rendsburg Tel. 0 43 31/12 77- 822 · Fax 0 43 31/12 77- 833 E-Mail: [email protected] Besuchen Sie auch unseren Online-Shop: www.shop-bauernblatt.com
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