2016-09-14 Aufruf KH 26

FÜRDIENSTLEISTUNGSZENTRUM LÄNDLICHER
RAUM
REBSCHUTZDIENST
Rheinhessen-Nahe-Hunsrück
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– Mitteilung 26/2016 für NAHE - MITTELRHEIN -
den 14. Sept. 2016
Das sensationelle, seit mittlerweile drei Wochen anhaltende Spätsommerwetter geht seinem Ende entgegen. Es gab
schon öfters stabile Hochdruckwetterlagen um die Jahreszeit und einzelne Tage mit Temperaturen um und sogar
knapp über 30° noch im September, aber über einen so langen Zeitraum beides zusammen – da finden sich in
unseren Aufzeichnungen keine Parallelen.
Die Bewertung aus weinbaulicher Sicht ist allerdings durchaus differenziert.
•
Die massiven Sonnenbrandschäden in vielen Anlagen fallen zunehmend weniger auf, weil die Beeren sehr
schnell eingetrocknet sind. Der entstandene Platz wird durch andere Beeren genutzt. Für sehr kompakte Trauben ergibt sich dadurch durchaus ein Vorteil, da sich für den Packungsgrad ein ähnlicher Effekt ergibt wie bei
einer Traubenteilung.
•
Die trockene Witterung hat uns vor Botrytis bisher fast vollständig verschont und in der Fläche gesehen auch
die Kirschessigfliege bisher kleingehalten.
•
Der phänologische Rückstand hat sich deutlich verringert und wir bewegen uns mittlerweile im Reifestand in
etwa im Mittel der letzten 25 Jahre. Viele weiße Sorten zeigen, in Anbetracht der intensiven Einstrahlung auch
nicht verwunderlich, eine Beerenfarbe, die bereits auf eine fortgeschrittene physiologische Reife hindeutet.
•
Soweit – so gut. Wären da nicht die zunehmend größer werdenden Flächen, in denen der Trockenstress mittlerweile besorgniserregende Ausmaße angenommen hat. Insbesondere junge Ertragsanlagen zeigen auf flachgründigen, steinigen und sandigen Böden mittlerweile ein übles Bild. Anstatt physiologischer Ausreife muss
hier eher von Notreife mit entsprechenden önologischen Konsequenzen gesprochen werden. Die Säurewerte
sind dort fast schneller gefallen als die Mostgewichte gestiegen sind, da bei starkem Trockenstress die für die
Zuckereinlagerung erforderliche Photosyntheseleistung massiv leidet.
Fazit: Wo die Peronospora nicht zu große Opfer gefordert hat, ist auf Standorten mit guter Wasserhaltekraft bzw.
tiefer Durchwurzelbarkeit die Situation höchst erfreulich und weitaus positiver als noch Mitte August zu erwarten
war. Auf Standorten mit gegensätzlichen Bedingungen ist es jedoch mittlerweile zu viel des Guten an Temperatur
+ Sonne + Trockenheit. Der ohnehin zu erwartende „neidische Herbst“ wird dadurch noch neidischer werden.
Im Laufe des morgigen Tages wird der „Hochsommer im Spätsommer“ mit einer gewittrigen Störung sein Ende
finden. Nach derzeitiger Prognose besteht glücklicherweise kein Unwetterpotenzial. In den Folgetagen bewegen
sich die Temperaturen in jahreszeitgemäßen Größenordnungen, die -lokal gebremst durch Wasserstress- für moderate weitere Mostgewichtsanstiege durchaus ausreichend sind. Die Niederschlagsprognosen der diversen Wetterdienste sind derzeit noch widersprüchlich, aber nach einer längeren Nässephase, die uns einen deutlichen Anstieg des Botrytisdrucks bescheren würde, sieht es nicht aus. In der Summe könnten bis zum Wochenende bis zu
15 l/m² zusammenkommen. Da die Niederschläge aber nicht landregenartigen Charakter haben, sondern eher als
Schauer oder leichte Gewitter fallen, ist es auch möglich, dass mancherorts gar nichts fällt.
In der kommenden Woche nimmt die Niederschlagsneigung voraussichtlich schon wieder ab und die Temperaturen
bleiben bei sonnigem Wetter deutlich kühler als derzeit im jahreszeitgemäßen Bereich. An dem Problem Trockenstress wird sich also vermutlich nicht allzu viel ändern. Die Wahrscheinlichkeit, dass es sich noch weiter verschärft,
erscheint sogar größer als das Gegenteil. Wer die Möglichkeit dazu hat, könnte in betroffenen Anlagen mit späten
Sorten mit ca. 10-15 l Wasser pro Rebe für einen Zeitraum von ca. 7-10 Tagen für etwas Entspannung sorgen.
Botrytis:
Wetterbedingt besteht weiterhin weitgehende Funkstille.
Für einen Großteil der Anlagen hat sich das Thema Botrytizideinsatz in Anbetracht des derzeit zu erwartenden Lesetermins und der notwendigen Wartezeiten erledigt. Nur
auf späten Rieslingstandorten kann noch ein Einsatz erwogen werden. Die derzeitige Wetterprognose lässt aber auch
dort vorläufig noch keinen merklichen Anstieg der Botrytisrisiken erwarten.
Aus jetziger Sicht erwarten wir im Raum Bad Kreuznach bei
Riesling einen Lesetermin um den 15. bis 20. Oktober, bei
weiterhin zügiger Reifeentwicklung oder deutlicher -derzeit
nicht absehbarer- Zunahme des Botrytisdrucks um den 10.
Oktober. Je nach Standort im Dienstbezirk ist diese „Grobpeilung“ um ca. -4 bis +10 Tage anzupassen!
Wer ausgehend von diesen Überlegungen noch einen
Botrytizideinsatz vornehmen möchte, muss bei der Wartezeit für den Fall einer deutlich von der Norm abweichenden
weiteren Entwicklung noch ein Sicherheitspolster einplanen!
Kommt ein Botrytizideinsatz nicht mehr infrage, können bereits entstandene Fäulnisnester durch den Einsatz Kaliumbi(=hydrogen)carbonat, also Kumar oder Vitisan etwas
eingedämmt werden. Die derzeitige Zulassung der beiden
Produkte erstreckt sich zwar ausschließlich auf Oidium, ein
später Einsatz gegen Oidium führt jedoch auch zu einer
sehr beachtlichen durch Versuchsergebnisse belegten Nebenwirkung gegen Botrytis.
Für den Fall eines noch geplanten Botrytizideinsatzes wären Produkte mit nur noch 21 Tagen Wartezeit zu bevorzugen. Beachten Sie dabei weiterhin das Anti-Resistenzmanagement.
Kirschessigfliege (KEF):
Im Großen und Ganzen ist die Befallslage nach wie vor entspannt, im Einzelfall jedoch auch problematisch. Prinzipiell
entspricht die Entwicklung in etwa den Erwartungen.
Die Fangzahlen in den Fallen sind seit Beginn letzter Woche rückläufig, vermutlich eine Reaktion auf die Wetterlage.
Das lässt die Hoffnung aufkommen, dass wir es in den letzten Tagen und derzeit nicht mit einer deutlichen Zunahme
der Eiablage zu tun haben. Die prognostizierte Wetteränderung wird der KEF allerdings das Leben wieder etwas
leichter machen und die Eiablageraten erhöhen.
Die Zahl der Flächen, in denen wir zu Beginn dieser Woche
Eiablage und/oder erste Larven beobachtet haben (großer
Dank an die Kollegin Iris Führ für die zeitaufwändigen Auswertungen), ist angestiegen. Im Wesentlichen handelt es
sich um sehr frühe rote Sorten mit bereits hohen Mostgewichten wie z.B. Acolon oder Dunkelfelder sowie um Trauben anderer gefährdeter Sorten mit Vorschädigungen.
Dort, wo ein Teil der Trauben der Peronospora zum Opfer
gefallen ist, ist ein besonders zügiger Mostgewichtsanstieg
zu beobachten und die verbliebenen Trauben sind besonders kompakt bzw. verletzungsgefährdet. Auch aus diesen
Merkmalen ergibt sich ein erhöhtes Befallsrisiko.
In Dornfelderanlagen mit intakten Trauben waren wir in der
letzten Woche noch nicht fündig geworden. Hier gibt es
mittlerweile erste Flächen, die die typischen unübersehbaren Kennzeichen eines Befalls in Form von Saftaustritt aufweisen. Schauen Sie sich dabei nicht nur die Trauben
selbst, sondern auch andere Rebteile unterhalb von Trauben an.
Verräterische Spuren eines KEF-Befalls (Fotos: Götz, G.)
wegen hoher Erträge in der Reife noch deutlich zurückhängen. Die Spannbreite bei Dornfelder in unserem Dienstbezirk war am Montag dieser Woche mit Werten zwischen 51
und 77 °Oe (∅ 63 °Oe) sehr hoch. In Rheinhessen fand
sich auch noch Portugieser (bei uns nicht in der Reifemessung) mit 47 °Oe. Je nach Standort, Behang und davon abhängiger Reifeentwicklung dürfte eine befriedigende Reife
bei Dornfelder wohl überwiegend zwischen ca. Ende kommender Woche und Monatsende erreicht werden. Sehr
weit zurückhängende Portugieser werden wohl noch bis ca.
zum 5. Oktober benötigen, um eine befriedigende Reife zu
erzielen.
Anlagen, die bis Ende kommender Woche eine befriedigende Reife erreichen und bisher keinerlei Befallssymptome zeigen, haben es gepackt. Dort kann nicht mehr viel
anbrennen.
Wo im Einzelfall bereits Saftaustritte in größerem Umfang
beobachtet wird, ist der Zug für einen Insektizideinsatz abgefahren. Wenn die wünschenswerte Reife noch nicht erreicht ist, kann das Dilemma „Essig oder unreif“ nur durch
Selektion bei der Lese abgemildert werden.
Ansonsten sind für einen eventuellen Insektizideinsatz der
zu erwartende befriedigende Reifetermin und der aktuelle
Zustand der Trauben die entscheidenden Kriterien. Eine
Kontrolle der Eiablage ist für eine präzise Abschätzung des
Risikos unerlässlich.
Die Zahl der Flächen, die noch für einen Insektizideinsatz
infrage kommen, wird jetzt mit jedem Tag geringer. Karate
Zeon hat den Vorteil einer kürzeren Wartezeit, der allerdings insbesondere bei unsachgemäßem Einsatz mit dem
bereits mehrfach erwähnten Risiko einer massiven Raubmilbenschädigung verknüpft ist.
Im Übrigen ist es illusorisch, zu glauben, dass in Anlagen
mit hohem Befallsdruck durch den Insektizideinsatz eine
Befallsfreiheit zu erreichen sei. Schon allein die dafür erforderliche Applikationsqualität ist unerreichbar. Die Wirkungsgrade aus vorliegenden Versuchen bewegen sich in
einem überschaubaren Rahmen. Befallsdämpfung aber
keine Befallsvermeidung!
Eine ausführliche Darstellung der Insektizidstrategie findet
sich in unserem Hinweis vom 24. August.
Falls sich in den nächsten Tagen an der in diesem Hinweis geschilderten Situation nichts Wesentliches ändert, ist dies der letzte Weinbau-/Rebschutzhinweis für
dieses Jahr.
Wir danken allen Winzern, die uns mit ihren Beobachtungen „gefüttert“ haben. Da wir aus personellen Gründen nicht die Möglichkeit haben, die Weinbau- und
Rebschutzsituation im Dienstbezirk halbwegs regelmäßig und flächendeckend zu überwachen, sind diese Informationen aus der Praxis für uns von unschätzbarem
Wert.
Wir drücken Ihnen die Daumen, dass zumindest dort,
wo er nicht aufgrund der immensen Peronosporaprobleme bereits frühzeitig verloren ging, der „Kampf um
die Ernte 2016“ ein gutes Ende findet. Selten zuvor bedurfte er so großer Anstrengungen. Wir hoffen, dass
wir Sie dabei unterstützen konnten.
gez. Edgar Müller
Hinsichtlich des Ausmaßes derartiger Beobachtungen verbietet sich allerdings ein Vergleich mit 2014.
Das weitere Vorgehen hängt vom zu erwartenden Lesetermin ab. Das größte Gefährdungsrisiko sehen wir für Dornfelder- und Portugieseranlagen, die standortbedingt oder