Bayerische Staatskanzlei Rede des Bayerischen Ministerpräsidenten Horst Seehofer, MdL, anlässlich der Grundsteinlegung für das Sudetendeutsche Museum am 16. September 2016, um 11.00 Uhr in München Manuskriptfassung: Es gilt das gesprochene Wort. - Anrede Heimat bewahren, Zukunft gestalten – das ist der Auftrag des neuen Sudetendeutschen Museums. Heute legen wir den Grundstein für einen Ort der Erinnerung und der Begegnung. Mit dem Sudetendeutschen Museum in zentraler Lage schaffen wir etwas Neues und Besonderes: ein markantes Symbol der Sudetendeutschen Volksgruppe – mitten in der Stadt, mitten im Leben. Ein Leuchtturmprojekt im Bayerischen Kulturkonzept. Ein Herzensanliegen für mich ganz persönlich. Herzlich willkommen! Vergelt’s Gott den Böhmerwälder Musikanten Sehr geehrte Damen und Herren, der im vergangenen Jahr verstorbene Alt-Bundespräsident Richard von Weizsäcker hat einmal gesagt: „Geschichte kann Heimat sein.“ Wer wüsste das besser als Bayerns „vierter Stamm“? Die Sudetendeutschen blicken auf eine 800-jährige Geschichte in Böhmen, Mähren und Sudetenschlesien zurück. Sie haben diesen europäischen Kulturraum mitgestaltet und mitgeprägt. Nach dem Unrecht der Vertreibung haben unsere sudetendeutschen Landsleute in Bayern eine neue Heimat gefunden. Seit 70 Jahren pflegen sie ihren kulturellen Schatz und eine lebendige Erinnerung: in ihren Heimatstuben, in ihren Landsmannschaften, bei den Sudetendeutschen Tagen an Pfingsten. Heimat lebt für viele Sudetendeutsche auch in der Geschichte, wird durch die Erinnerung lebendig. Die Pflege von Identität und Geschichte im eigenen Land ist das Leuchtfeuer für die Zukunft. Der kulturelle Schatz der Sudetendeutschen, das Schicksal der Vertreibung, ihr großartiger Beitrag zur Erfolgsgeschichte unseres Landes – dieses Erbe ist ein Vermächtnis für alle Menschen in Bayern. Gerade unsere jungen Leute können von den Sudetendeutschen lernen, was Fleiß, Ideenreichtum, und Mut bewirken können. Welche Kraft eine starke Identität und feste Werte entfalten. Wie wir aus eigener Anstrengung eine erfolgreiche Zukunft gestalten können. Erst vor wenigen Tagen hat die Süddeutsche Zeitung über die einmalige Erfolgsgeschichte von Neugablonz berichtet. Gegen viele Widerstände haben sich vor 70 Jahren dort über 10.000 Heimatvertriebene aus der heutigen Tschechischen Republik angesiedelt. Mit ihrem Können haben sie das Trümmerfeld in einen brummenden Industriestandort verwandelt. Ärmel hochkrempeln und anpacken: Das ist das Markenzeichen der Vertriebenen bis heute. So entstand die weltberühmte Gablonzer Glas- und Schmuckindustrie – ein starkes Stück Landes- und Industriegeschichte! Deshalb mauern wir Sudetendeutsches Glas später auch mit der Zeitkapsel in den Grundstein des Museums ein. Es ist Symbol und Fundament für die Erfolgsgeschichte der Sudetendeutschen in Bayern. Die Süddeutsche Zeitung schreibt: „Bis heute profitiert das Allgäu vom Wissen und Fleiß der Vertriebenen.“ Sie wissen, es kommt selten vor – aber ich gebe der Presse in diesem Fall einmal uneingeschränkt Recht! Mit dem Sudetendeutschen Museum wollen wir Schicksal und Leistungen der Sudetendeutschen bei uns in Bayern lebendig halten. Wir wollen die Fackel der Erinnerung an unsere Kinder und Enkel weiterreichen. Wir wollen die breite Bevölkerung, Jung und Alt, Einheimische und Neubürger in Bayern und in Deutschland über Schicksal, Kultur und Geschichte unseres „vierten Stammes“ informieren. Andere Landsmannschaften haben bereits eigene Museen: die Schlesier in Görlitz, die Ostpreußen in Lüneburg, die Donauschwaben in Ulm, die Siebenbürger Sachsen in Gundelsheim und die Pommern in Greifswald. Deshalb habe ich bereits 2008 in meiner Regierungserklärung festgeschrieben: Wir in Bayern wollen ein zentrales Sudetendeutsches Museum in München. 2012 haben wir das Museum als Leuchtturmprojekt in das Bayerische Kultur-konzept aufgenommen. Für Bau und Einrichtung stellen wir insgesamt 20 Millionen Euro bereit. Versprochen – gehalten! Sehr geehrte Frau Prof. Grütters, der Bund hat sich bereiterklärt, das Museum mit bis zu 10 Millionen Euro zu unterstützen. Herzlichen Dank für diesen Beitrag! Sie machen sich stark für die Pflege des Kulturguts der deutschen Heimatvertriebenen. Wir sehen: Wenn sich München und Berlin einig sind, können wir gemeinsam Großartiges auf den Weg bringen! Lieber Bernd Posselt, so wie ein Bauvorhaben viele helfende Hände benötigt, hat auch eine Idee oft viele Väter. Du bist einer der wichtigsten Ideengeber für das Sudetendeutsche Museum gewesen. Leidenschaftlich hast du dich schon vor vielen Jahren für die Errichtung des Museums eingesetzt. Dass wir heute den Grundstein legen können, ist auch dein Erfolg. Vergelt’s Gott für Deinen unermüdlichen Einsatz für Deine sudetendeutschen Landsleute! Sehr geehrter Herr Dr. Kotzian, Ihr Vorgänger Herr Pany hat das Museum mit Verhandlungsgeschick und Begeisterung angekurbelt. Sie setzen sein Werk mit ebenso großem Engagement und viel Herzblut fort. Gemeinsam mit meiner Kabinettskollegin Emilia Müller treiben Sie die Planungen voran. Ihnen und allen, die an der Konzeption und Errichtung des Sudetendeutschen Museums beteiligt sind, ein herzliches Vergelt’s Gott für diesen großartigen Einsatz! Zusammen mit dem angrenzenden Sudetendeutschen Haus und dem Haus des Deutschen Ostens schaffen wir in bester Lage ein neues Herzstück für die Kulturpflege der deutschen Heimatvertriebenen. Ich bin mir sicher: Wir werden hier Maßstäbe setzen für eine moderne und innovative Museumsund Erinnerungskultur. Ein Glanzlicht im Kulturstaat Bayern! Sehr geehrte Damen und Herren, regional, lebendig, einzigartig – Bayerns Seele ist seine reiche Kultur. Kultur heißt „Pflege“, Kultur heißt Verantwortung über das Hier und Heute hinaus. Für mich als Ministerpräsident ist es deshalb ein Herzensanliegen, das kulturelle Fundament Bayerns zu stärken und weiter auszubauen. Mit unserem Kulturplan fördern wir die kulturellen Schätze des Freistaats in ihrer ganzen Breite und Vielfalt. Wir investieren allein in diesem und im letzten Jahr über 100 Millionen Euro zusätzlich in das Kulturleben unseres Landes. Jeder Regierungsbezirk erhält ein Landesmuseum in staatlicher Trägerschaft. Im Juni haben wir das Richtfest für das Museum der Bayerischen Geschichte in Regensburg gefeiert. Heute legen wir den Grundstein für das Sudetendeutsche Museum. Diese Schatzkammern bayerischer Geschichte zeigen: Der Kulturstaat Bayern blüht! In Museen begegnen die Menschen unserem kulturellen Erbe. Sie werden sich bewusst, welche Leitwerte und Ideen unser Land, unsere Identität geprägt haben. Und ich sage ausdrücklich: Zu dieser Leitkultur gehören auch Geschichte und Kultur der deutschen Heimatvertriebenen! Museen sind aber auch lebendige Orte der Auseinandersetzung, Orte des kulturellen Dialogs, der Kommunikation. Kommunikation zwischen den Generationen und Kommunikation zwischen den Kulturen. Ein solcher Ort der Erinnerung und des Austauschs entsteht mit dem Sudetendeutschen Museum. Seine Botschaft lautet: Gestalten wir aus der Kenntnis unserer reichen Vergangenheit verantwortungsvoll unsere Zukunft! Ziehen wir Kraft aus den großartigen Leistungen unserer Vorfahren. Gehen wir mit Schwung in die Zukunft! Ich wünsche allen, die bei Bau, Konzeption und Einrichtung des Sudetendeutschen Museums beteiligt sind, allzeit Glück und einen unfallfreien Baufortschritt!
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