Drucksache 16/12880

LANDTAG NORDRHEIN-WESTFALEN
16. Wahlperiode
Drucksache
16/12880
08.09.2016
Kleine Anfrage 5111
des Abgeordneten Christof Rasche FDP
Schlechte Rahmenbedingungen des Landes für schulische Inklusion in Lippstadt – wie
reagiert Rot-Grün auf die deutliche Kritik an mangelhafter Ausgestaltung?
Landesweit beklagen Eltern und Lehrkräfte die unzureichenden Rahmenbedingungen für eine
erfolgreiche Umsetzung der Inklusion an den Schulen. Diese von Rot-Grün überstürzten und
z.B. ohne Qualitätsstandards begonnenen Veränderungen belasten nicht nur in hohem Maße
die Pädagoginnen und Pädagogen, sondern gehen letztlich zulasten aller Kinder und
Jugendlichen, wobei gerade diejenigen mit Handicaps unter der vielfach mangelhaften
Unterstützung und Ausgestaltung leiden.
Über die unzureichenden Rahmenbedingungen und deren Folgen wurde vor wenigen Tagen
auch im Schulausschuss von Lippstadt debattiert. Unter dem Titel „Macht Inklusion Kinder zu
Schülern zweiter Klasse?“ wurde laut Presse berichtet, die Inklusion in der Schule funktioniere
„in der Praxis offenbar nicht so wie es Schulministerin und Bildungsbürokratie gern darstellen“.
Dies sei im Schulausschuss deutlich geworden. Unzureichende Rahmenbedingungen an
allgemeinen Schulen bzw. die „nicht so gelungene Inklusion“ führen demnach zu deutlich
steigenden Schülerzahlen an den städtischen Förderschulen; dies unterstreicht wiederum, wie
wichtig die Sicherstellung einer Wahlmöglichkeit für Eltern ist.
So sei demnach die Zahl der Schülerinnen und Schüler an dem einen Schulstandort von 115
im Schuljahr 2013/2014 auf aktuell 154 gestiegen, insbesondere im Primarbereich habe sich
die Zahl von 29 auf 55 nahezu verdoppelt. An der anderen Förderschule sei die Zahl von 178
auf 208 Schülerinnen und Schüler angestiegen, dort würden doppelt so viele Kinder
aufgenommen, wie im Sommer entlassen worden seien. Zwar sei dieser Anstieg auch auf die
– bekanntermaßen von Rot-Grün durch Änderungen an der Mindestgrößenverordnung
herbeigeführte – Schließung anderer Förderschulen im Kreis Soest zurückzuführen. Laut einer
Förderschulleiterin sei jedoch die Gruppe derjenigen, die in der Regelschule nicht
zurechtkämen, „überraschend hoch“.
Die Schulleiterin, die grundsätzlich eine Befürworterin der Inklusion sei, betonte, dass es „in
der Praxis hake“. Dies läge jedoch nicht an den Lehrkräften, sondern an den unzureichenden
Rahmenbedingungen. Dies etwa, wenn keine zusätzliche sonderpädagogische Lehrkraft zur
Datum des Originals: 07.09.2016/Ausgegeben: 08.09.2016
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spezifischen sonderpädagogischen Förderung vorhanden sei. Darüber hinaus wird die
Einschätzung geschildert, dass Schulwechsel von allgemeinen Schulen an Förderschulen
darauf zurückzuführen seien, dass Kinder mit Handicaps im Regelunterricht merken würden,
„dass sie nicht mitkommen“. Und zur vorherigen Situation an den allgemeinen Schule wird
ausgeführt: „Sie erleben sich als defizitär, am Rande stehend und bekommen das von ihren
Mitschülern gespiegelt, sprich: sie gelten in der Inklusionsklasse als Verlierer“. Ebenfalls wird
von massivem Mobbing, Demoralisierungen und im Einzelfall sogar Selbstmordgedanken
berichtet.
Inklusion soll eine bestmögliche individuelle Förderung aller Kinder und Jugendlichen
ermöglichen. Eine solche kindgerechte Ausgestaltung bedarf insbesondere entsprechender
qualitativer und quantitativer Rahmenbedingungen wie Fachpersonal oder auch
Zeitressourcen, um auf die Bedürfnisse der Kinder eingehen und sie unterstützen zu können.
Solche Rahmenbedingungen bestehen laut einer Vielzahl von Rückmeldungen aus dem
ganzen Land gegenwärtig an vielen Schulen aufgrund der rot-grünen Umsetzung nicht
ansatzweise.
Vor diesem Hintergrund frage ich die Landesregierung:
1.
Welche, auch quantitativen Informationen zu Schulwechseln von allgemeinen Schulen
auf Förderschulen im Kreis Soest liegen der Landesregierung seit Verabschiedung des
9. Schulrechtsänderungsgesetzes vor (bitte für die jeweiligen Schuljahre aufgeschlüsselt
darstellen)?
2.
Sieht die Landesregierung einen inhaltlichen Zusammenhang zwischen den
Schulwechseln von allgemeinen Schulen auf Förderschulen und der rot-grünen
Umsetzung der Inklusion (wenn nein, worauf führt sie diese geschilderte Entwicklung
ansonsten zurück)?
3.
Wie stellt sich aus Sicht der Landesregierung die gegenwärtige quantitative und
qualitative Landesunterstützung der allgemeinen Schulen im Kreis Soest bei der
Umsetzung der Inklusion dar (bitte z.B. für sonderpädagogisches Fachpersonal,
multiprofessionelle Unterstützung etc. auch im Vergleich zu anderen vergleichbaren
Kreisen erläutern)?
4.
Da ein vielfach „defizitäres Selbstbild“, „Mobbing“ und „Selbstmordgedanken“ bei
Schülerinnen und Schülern traurige und dramatische Signale sind: Wo sieht sich die
Landesregierung bei solchen Situationen in der Pflicht, unterstützend tätig zu werden?
5.
Was wird die Landesregierung zeitnah unternehmen, um den Schulen im Kreis Soest
bessere Rahmenbedingungen für eine erfolgreiche Umsetzung der Inklusion zu
ermöglichen (bitte sowohl für allgemeine Schulen als auch für die Förderschulen
darlegen)?
Christof Rasche
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