040. Sitzung des 6. Sächsischen Landtages, 1.09.2016 Rede von MdL Susanne Schaper zur Einbringung in 1. Lesung des Gesetzentwurfes der Fraktion DIE LINKE in Drs 6/5530 „Gesetz zur Neuregelung der Verwendung der Lotterie- und Glücksspielerträge für soziale Zwecke sowie zur Verbesserung der Glücksspielsuchtprävention“ Es gilt das gesprochene Wort! Anrede, „Spielen macht Spaß und unterhält, es ist gesellig und trägt zur Entspannung bei. Glücksspiele – Spiele um Geld, die vom Zufall entschieden werden – haben eine weitere Komponente: Sie können für betroffene Menschen zur Krankheit werden mit enormen Konsequenzen für Betroffene und Angehörige. Glücksspielprobleme sind daher ernst zu nehmen, denn ein frühzeitiges Erkennen und Eingreifen kann den persönlichen und finanziellen Ruin verhindern. Spielsucht ist eine psychische Erkrankung und somit behandlungsbedürftig. Darüber hinaus besteht aber auch die Gefahr, dass Menschen außerhalb ihrer finanziellen Möglichkeiten am Glücksspiel teilnehmen und sich und ihrer Familie dabei erheblichen Schaden zufügen, obwohl keine Spielsucht im engeren Sinne vorliegt.“ Dies sind nicht meine Worte, sondern ist die begrüßenswerte Selbsterkenntnis der Sächsischen LOTTO-GmbH in einer Broschüre aus dem Jahr – Achtung – 2011. Ungeachtet dessen finden sich in den derzeitigen landesgesetzlichen Regelungen des „Sächsischen Ausführungsgesetz zum Glücksspielstaatsvertrag“ weder konkrete Vorgaben zur gebotenen Prävention und Erforschung der Glücksspielsucht, noch verbindliche Regelungen zur ziel- und zweckgerichteten Verwendung der Lotterieerträge genau für diese dringend gebotenen suchtpräventiven Zwecke. Die Spielsucht ist in Sachsen ein wachsendes Problem: zum 31. Dezember 2015 lebten in Sachsen 1.064 Menschen, die offiziell als spielsüchtig gelten. Das waren 300 Menschen mehr als 2014. Die Dunkelziffer liegt wie bei allen Suchterscheinungen deutlich höher, denn nur wer sich seiner Sucht bewusst ist und sich diese vermeintliche Schwäche eingesteht, sucht entsprechende Hilfe auf. Gerade weil man beim Glücksspiel keine der bei anderen Suchtproblemen üblichen gesundheitlichen Folgen zu befürchten hat, ist der Übergang vom regelmäßigen Spielen bis zur Sucht relativ fließend. Aufklärung über Risiken findet in der Öffentlichkeit jedoch nur unzureichend statt. Und das Kleingedruckte nach dem Motto „Glücksspiel kann süchtig machen.“ macht ebenso wenig Eindruck wie der Aufdruck „Rauchen schadet der Gesundheit“ auf den Zigarettenschachteln. Eine maßgebliche Grundlage dafür, dass die staatliche Finanzierung erforderlicher Maßnahmen zur Suchtprävention und entsprechender wissenschaftlicher Forschungen deutlich verbessert werden kann, ist nach Auffassung meiner Fraktion mit der – zeitlich längst überfälligen – Neuregelung des Sächsischen Ausführungsgesetzes zum Glücksspielstaatsvertrag zu schaffen. Hierfür trägt der sächsische Gesetzgeber, tragen also die Mitglieder des Landtages unmittelbare Verantwortung. Der hierzu von meiner Fraktion vorgelegte Gesetzentwurf sieht vor, die Verwendung der Lotterie- und Glücksspielerträge für soziale Zwecke sowie zur Verbesserung der Glücksspielsuchtprävention neu zu regeln. Dem liegt auch die Feststellung zu Grunde, dass die derzeitige gesetzliche Bestimmung des Paragrafen 10 des Sächsischen Ausführungsgesetzes zum Glücksspielstaatsvertrag schon ihrem eher Unbestimmten Wortlaut nach keine Garantie für eine wirksame und ausreichende Glücksspielsuchtprävention bietet. Ich zitiere: „Aus dem Reinertrag der vom Freistaat Sachsen veranstalteten Sportwetten, Lotterien und Ausspielungen […] [sollen] die Bereiche Suchtprävention, Sport, Kultur, Umwelt, Jugend und Wohlfahrtspflege nach Maßgabe des Haushaltsplans des Freistaates Sachsen gefördert“ werden Insbesondere die Haushaltspraxis des Staatsministeriums der Finanzen, die Reinerträge auch dazu zu nutzen, landeseigene Haushaltsmittel einzusparen, ist mit dem Sinn dieser gesetzlichen Verwendungsregelung im Interesse der Lotto- und Glücksspielerinnen und spieler nicht vereinbar. Würden – zugespitzt gesagt – die Sachsen dem Lotto oder dem Glücksspiel entsagen, stünden für die Bereiche Sucht-prävention und Wohlfahrtspflege gar keine Mittel mehr zur Verfügung. Hinzu kommt: Der neu gefasste Glücksspielstaatsvertrag von Dezember 2011, der durch den Ministerpräsidenten Tillich für den Freistaat Sachsen unterzeichnet worden ist, bestimmt in seinem Paragrafen 1, Nummer 1, ausdrücklich, dass „das Entstehen von Glücksspielsucht und Wettsucht zu verhindern ist und die Voraussetzungen für eine wirksame Suchtbekämpfung zu schaffen“ sind. Diesem staatsvertraglichen Ziel und Zweck tragen weder die derzeitigen Regelungen des sächsischen Ausführungsgesetzes, noch die diesbezügliche Verteilungspraxis Rechnung. Daher braucht es konkrete landesgesetzliche Regelungen, die sowohl erforderliche Maßnahmen der Suchtforschung und -prävention rechtsverbindlich festlegen als auch die Verteilung des Lotterie-Reinertrages regeln, und zwar zuvörderst sozialer Zwecke. Deshalb unser Gesetzentwurf. Mit einem neuen Paragrafen 5 „Suchtprävention und Suchtforschung“ soll eine Bestimmung in das Ausführungsgesetz aufgenommen werden, mit der der Freistaat verpflichtet werden soll, die wissenschaftliche Forschung zur Vermeidung und Abwehr von Suchtgefahren durch Glücksspiele, die Suchtprävention und -hilfe sowie die Glücksspielaufsicht als öffentliche Aufgaben wahrzunehmen. Mit der Neufassung des Paragrafen 10 Abs. 2 unseres Gesetzentwurfes soll sichergestellt werden, dass der bisher im Haushaltsvollzug des Finanzministers übliche Aderlass bei den Lotteriemehrerträgen, mit dem die eigenen steuerbasierten Einnahmen des Landes geschont werden sollen, ein für alle Mal unterbunden wird. Wir wollen daher eine verbindliche Regelung, mit der die geplanten Lotterie-Erträge künftig zu je einem Drittel auf die drei Bereiche 1. Suchtprävention, 2. Jugend und Wohlfahrtspflege und 3. Sport, Kultur und Umwelt aufgeteilt und mit dem Haushaltsgesetz im Haushaltsplan neben den aus anderen Einnahmen (vor allem Steuern) aufgebrachten Haushaltsmitteln des Landes veranschlagt werden. Folgt man dieser Gesetzesänderung nicht, bleibt das bisherige Haushalts-Dilemma weiter bestehen. Die von uns geforderten Änderungen sind mehr als überfällig. Vielen Dank für die Aufmerksamkeit!
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