Der Kunde weist den Weg - Familienunternehmer-News

BLICKPUNKT
Daten und Big Data zu befassen, denn die Digitalisierung mit
ihren Möglichkeiten der automatisierten Datenanalyse ist das
Mittel, um sich künftig vom Wettbewerb zu unterscheiden,
Kundenbedürfnisse schnell zu erkennen und zu erfüllen. Big
Data kehrt das Prinzip des Rückblicks um. Bisher konnte das
Ergebnis von betrieblichen Entscheidungen nur im Rückblick
betrachtet werden. Man wusste erst im Nachhinein, ob eine
Marketingentscheidung erfolgreich war oder nicht. Mit den
heutigen Analysetools kann man das sozusagen in Echtzeit
beobachten und sofort reagieren. Die Technologie führt Datenmengen aus Vergangenheit und Gegenwart sowie aus unterschiedlichen internen und externen Quellen zusammen, setzt
sie in Beziehung zueinander und deckt Muster und Korrelationen auf. Damit wird es möglich, Ergebnisse von Entscheidungen vorauszuberechnen.
Revolutionär werden
Der Kunde weist den Weg
Viele Mittelständler nutzen die Digitalisierung hauptsächlich
dazu, ihre internen Prozesse zu beschleunigen oder ihre Produkte digital zu veredeln. Kritiker monieren, der Mittelstand
bleibe bei der Sensorik stehen. Er konzentriere sich auf Industrie 4.0, vernetze seine Maschinen und meine, damit sei
es getan. Es gehe jedoch nicht darum, mit Hilfe der digitalen
Technik immer etwas besser zu werden, sondern es gehe um
radikale Veränderung. Es gehe darum, die bisherigen Geschäftsmodelle in Frage zu stellen und neue zu entwickeln. Es
sei kein Zufall, dass die erfolgreichen digitalen Geschäftsmodelle fast alle aus den USA kämen. „Blödsinn“, schallt es dann
vom Mittelstand zurück. „Wir sind innovativ wie sonst kaum
einer, wir sind schnell und haben das Ohr ganz nah am Kunden.“ Mag sein und niemand verlangt, bewährte Geschäftsmodelle über den Haufen zu werfen, doch die Märkte stagnieren,
die Produktlebenszyklen werden immer kürzer und die Kunden immer anspruchsvoller. So gesehen kann es nicht schaden, sich Gedanken über digitale Geschäftsmodelle und Daten
als Profitquelle zu machen. Doch das verlangt Veränderungen
im Denken, in der Organisation und der Führung. Denn wer
nur in seinem eigenen Universum kreist, wird kaum revolutionäre Ideen entwickeln, aber genau darum geht es. Das hat
auch Daimler-Chef Dieter Zetsche erkannt. In einem Interview
mit der „Wirtschaftswoche“ antwortete er auf die Frage, ob er
bereit sei, das eigene Geschäftsmodell zu beerdigen, wenn es
einem neueren Ansatz im Weg stehe: „Absolut. Wir leben in
einer disruptiven Welt. Wir wollen lieber der Disruptor sein als
der Disrupierte.“
Keine Angst vor der Datenflut
Daten sind nichts Neues. Jedes Unternehmen
nutzt sie jeden Tag, ohne dass man weiter darüber
nachdenken würde. Mit der Digitalisierung erreicht
die Datenflut allerdings ein nie gekanntes Ausmaß
und die Unsicherheit über die sinnvolle Nutzung
dieser Daten ist groß.
VON ANDREA PRZYKLENK
90
Vorausschau statt Rückschau
Diese Zahlen sollen verdeutlichen, dass wir uns von Daten nicht einfach abwenden
können. Wenn Unternehmen weiterhin erfolgreich sein möchten, müssen sie Daten
klug nutzen. Es gibt kein Unternehmen, das es sich leisten kann, sich nicht mit
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GRAFIK: SHUTTERSTOCK
Prozent aller gespeicherten Daten wurden in den letzten zwei Jahren erzeugt. Die gespeicherte Datenmenge steigt um 40 Prozent
pro Jahr und wächst viermal schneller als die Weltwirtschaft. 90
Prozent dieser Daten sind unstrukturiert – Tweets, Fotos, Sprachaufzeichnungen und ähnliches. Drei Milliarden Menschen nutzen heute das Internet
und erzeugen 2,5 Trillionen Byte an Daten pro Tag. 1992 waren es gerade einmal 100
GB täglich, 2013 schon 28.875 GB pro Sekunde und 2018 werden es voraussichtlich
50.000 GB pro Sekunde sein. Bis 2020 werden durch das Internet der Dinge und Big
Data rund 50 Milliarden Geräte vernetzt sein, das sind doppelt so viele wie 2015.
Vernunft statt Aktionismus
Der deutsche Mittelstand ist von Perfektionismus und höchsten
Qualitätsansprüchen getrieben, doch hier gibt es kaum noch
Spielraum zur Unterscheidung und Perfektion dauert zu lange.
Die Digitalisierung eröffnet solche Spielräume, zwingt aber
auch zu Agilität und Flexibilität. Schnelligkeit ist unerlässlich.
Dabei kann Big Data unterstützen. Die Erfahrung zeigt, dass
Schnelligkeit bei einem ersten Big-Data-Projekt nicht im Vordergrund stehen sollte, sondern Vernunft und Gründlichkeit.
Im ersten Schritt sollte man sich damit befassen, welche Daten
es im Unternehmen gibt, ob und wie man einen Nutzen daraus ziehen kann. Für eine solche Analyse müssen die Fachabteilungen zusammenarbeiten. Ein Big-Data-Projekt ist kein
IT-Projekt, sondern betrifft die ganze Organisation. Nach der
Analyse der vorhandenen Daten muss nach Anwendungsfällen gesucht werden. Dabei sollte man sich nicht in komplexen
oder zu vielen Szenarien verstricken, sondern sich beschränken und mit einfachen Lösungen beginnen. Für die technische
Umsetzung gibt es mehrere Möglichkeiten, die je nach Anforderung ausgewählt werden. Ein typisches Data-Projekt ist zum
Beispiel Predictive Maintenance. Dafür werden über Sensoren
Daten aus Maschinen oder Anlagen übermittelt, mit anderen
Daten abgeglichen, um daraus Muster für Störungen und Ausfälle abzuleiten. Das System kann dann zum Beispiel berechnen, welche Teile präventiv ausgetauscht werden sollten, um
Störungen und Ausfallzeiten zu vermeiden.
Kundennutzen entscheidet
Bei allen Überlegungen zu digitalen Geschäftsmodellen und
Big-Data-Projekten sollte man jedoch nie den Kundennutzen
aus den Augen verlieren. Sollen Daten dem Unternehmen
neues Geschäft generieren, müssen sie dem Kunden Nutzen
bieten. Der richtige Weg ist es deshalb, zuerst die Kundenbedürfnisse zu identifizieren, sich dann über entsprechende Geschäftsmodelle Gedanken zu machen und daraus die Anforderungen an Produktion, IT und Mitarbeiter abzuleiten. Das
schönste Daten-Projekt ist sinnlos, wenn es dem Kunden keinen Mehrwert bietet. Digitalisierung ist der Enabler, um Kundenwünsche schneller, besser und passgenauer zu erfüllen.
Deshalb sollte man auch stets die gesamte Wertschöpfungskette beziehungsweise Customer Journey betrachten. An jedem
einzelnen Punkt könnte es Möglichkeiten geben, ihre Kunden
zu überraschen. Auf der Website des Bundeswirtschaftsministerium (www.
bmwi.de) finden sich Informationen über Förderprogramme
im Bereich Digitalisierung für den Mittelstand und Veröffentlichungen zum Download. Die Website www.smartdata-programme.de befasst sich mit der Gewinnung von
Smart Data. Das Bundeswirtschaftsministerium fördert
mit dem Programm „Smart Data – Innovationen aus Daten“ 13 Forschungsprojekte in ganz Deutschland, die innovative Smart-Data-Entwicklungen in den Anwendungsfeldern Industrie, Mobilität, Energie und Gesundheit zum
Ziel haben. Auf der Website werden die Projekte vorgestellt
– eine gute Anregung.
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