Spanischer Krieg SPANISCHER KRIEG Spezial Donnerstag, 1. September 2016, Nr. 204 Eine gemeinsame Beilage von n Seite 2: Front kontra Volksfront. »Nichteinmischung« und die Spanische Republik. Von Peter Rau n Seite 4: Zu Hause verfolgt: Dänen in den Internationalen Brigaden. Von Albert Scherfig n Seite 5: Die Schlacht im East End. Im Oktober 1936 wurden britische Faschisten aus Londoner Arbeiterviertel vertrieben. Von Phil Katz n Seite 8: Die verlängerte Diktatur. Kirche und Staat im heutigen Spanien wollen nicht an Opfer Francos erinnert werden. Von Carmela Negrete Von Anfang an waren die faschistischen Mächte am angeblichen Bürgerkrieg in Spanien beteiligt. Parallelen zur Gegenwart sind kein Zufall. Von Arnold Schölzel PICTURE ALLIANCE/EVERETT COLLECTION V or 80 Jahren begann mit dem Militärputsch in der Nacht zum 18. Juli 1936 der Spanische Krieg, der zu Unrecht als Bürgerkrieg bezeichnet wird. Ausländische Mächte waren von Anfang an auf den Schlachtfeldern beteiligt. Deutschland und Italien, die über die Pläne der spanischen Armeeführung informiert waren (und über ihre Quellen in beiden faschistischen Staaten auch die sowjetische Aufklärung), lieferten sofort Unterstützung, Waffen und Soldaten. Die Westmächte förderten dies unter dem Deckmantel der Nichteinmischung. Der Zweite Weltkrieg, lässt sich rückblickend sagen, begann nicht am 1. September 1939, sondern in Wirklichkeit im Sommer und Herbst 1936. jW hat das Geschehen vor 80 Jahren zum Anlass für diese Beilage genommen. Von unseren Kollegen beim Dagbladet Arbejderen in Kopenhagen, Morning Star in London und der Zeitung vum Lëtzebuerger Vollek aus Luxemburg erhielten wir dazu Beiträge über die Unterstützung von Internationalisten ihrer Länder für die Spanische Republik und den Widerstand gegen Faschisten in ihren Ländern. Für jW befassen sich Peter Rau und Carmela Negrete mit der Haltung der europäischen Länder zu den Ereignissen und dem Umgang des heutigen spanischen Staates damit. Hingewiesen sei auch auf den Artikel Peter Raus über die Hilfe der Sowjetunion für die Republik, den jW am 18. Juli veröffentlichte. Die UdSSR gibt es nicht mehr. Mit ihrem Untergang existierte kaum noch Widerstand gegen das kriegerische Wesen des Imperialismus, erst seit kurzem bildet sich eine internationale Staatenfront gegen die neokolonialen Feldzüge des Westens. Der Antikriegstag am heutigen 1. September wird daher mitten in einer Kriegszeit begangen. Im Mainstream von Politik, Medien und Öffentlichkeit der BRD wird dennoch permanent das Gegenteil behauptet. »Wir leben seit Bestehen der Bundesrepublik im Frieden« ist die Floskel, die verbreitet wird. Tatsächlich geht aber seit dem Anschluss der DDR 1990 wieder Krieg von deutschem Boden aus. Es gelingt der hiesigen Propagandamaschinerie – in der für alle Feldzüge mit Bundeswehrbeteiligung zumeist sorgfältig das Wort Krieg vermieden wird – das aus den Köpfen vieler Menschen zu verdrängen. Erst recht gilt das für die verdeckte oder wenig sichtbare Teilnahme an den Angriffskriegen im Irak, in Libyen, Syrien oder in der Ukraine. Und insbesondere wird das bei den Aggressionsplänen gegen Russland verschleiert, die auf dem NATO-Gipfel in Warschau Anfang Juli 2016 verabschiedet wurden. Die offizielle Wiederaufnahme der Abschreckungsdoktrin geht einher mit einer als »Modernisierung« bezeichneten Erneuerung der atomaren Bewaffnung des Paktes. So will der Westen die Verhältnisse in der Welt erneut wie vor über 35 Jahren mit dem sogenannten NATO-Doppelbeschluss per Aufrüstung und Androhung kompletter Zerstörung bestimmen. Zugleich spitzt sich auf den Schlachtfeldern der »Wertegemeinschaft« die Konfrontation der Großmächte zu. Die Situation im Nahen und Mittleren Osten hat einen derartigen Grad an Unberechenbarkeit erreicht, dass jederzeit ein direkter Zusammenstoß etwa zwischen Russland und den USA möglich ist. Ähnlich ist die Lage in der Ukraine. Wer die in Kiew Regierenden als Freunde hat, braucht keine Feinde mehr – das scheint sich selbst in NATO-Außenministerien herumzusprechen. Und auch der angebliche Bürgerkrieg in Syrien wurde wie seinerzeit in Spanien von Anfang an von außen gelenkt und geschürt. Insofern ist das, was vor 80 Jahren begann, eine aktuelle Mahnung für die Gegenwart. Der Spanische Krieg war der Beginn einer die Welt umfassenden Katastrophe, die hätte verhindert werden können. Beginn einer Spanische Anti-Franco-Postkarte aus den Jahren 1936/37 Katastrophe Weltfriedenstag Vor 80 Jahren begann mit dem Militärputsch vom 18. Juli 1936 der Spanienkrieg. Er wird zu Unrecht als Bürgerkrieg bezeichnet. Die Tageszeitungen Arbejderen, Morning Star, Zeitung vum Lëtzebuerger Vollek und junge Welt gestalteten zum Antikriegstag eine gemeinsame Beilage. ACHT SEITEN EXTRA GEGRÜNDET 1947 · DONNERSTAG, 1. SEPTEMBER 2016 · NR. 204 · 1,50 EURO (DE), 1,70 EURO (AT), 2,20 CHF (CH) · PVST A11002 · ENTGELT WWW.JUNGEWELT.DE Logistikzentrum Putschdrohung Vetternwirtschaft Abstiegsängste 3 7 9 12 Das türkische Gaziantep ist seit Beginn des Syrien-Krieges eine Operationsbasis des IS Venezuelas Opposition mobilisiert für heute zu einer Großdemonstra tion gegen die Regierung Versteigerung von TV-Lizenzen, gescheiterte Gasprivatisierung: Athen verschont die Reichen Das Konzept »Industrie 4.0«: Jobver nichtung und Profitmaximie rung. Von Theo Wentzke Manöver für alle Fälle Türkei: Keine Waffenruhe mit Kurden Istanbul. Der türkische Europaminister Ömer Celik bestreitet, dass sich sein Land mit einem von den kurdischen Volksschutzeinheiten YPG angeführten Militärbündnis in Nordsyrien auf eine Waffenruhe geeinigt hat. Aussagen von »so manchen Ländern« über eine »Versöhnung oder Waffenruhe« mit den YPG »akzeptieren wir definitiv nicht«, sagte Celik am Mittwoch der staatlichen Nachrichtenagentur Anadolu. Man könne die Türkei nicht mit einer »Terrororganisation« gleichstellen, daher könne es auch kein »Abkommen oder eine Einigung zwischen diesen beiden« geben, sagte er. Der US-Militärsprecher John Thomas hatte am Dienstag verkündet, dass die Türkei und die syrischen Kurden eine Einstellung ihrer Kämpfe im Norden Syriens vereinbart hätten, um sich auf den Kampf gegen die Dschihadistenmiliz »Islamischer Staat« (IS) zu konzentrieren. Es handele sich vorerst jedoch nur um eine »lose Vereinbarung für die nächsten Tage«. (AFP/dpa/jW) Polizei und Bundeswehr sollen im Februar gemeinsam für Großeinsätze im Inneren üben. Offiziell gegen Terroristen, vielleicht auch bei sozialen Unruhen. Von Claudia Wangerin BUNDESWEHR / SEBASTIAN WILKE P Siehe Seiten 2,3 und 4 Soldaten des deutschen Kosovo-Einsatzkontingents KFOR bei einer Übung im Lager »Nothing Hill« im März München am 22. Juli in Bereitschaft versetzt, weil die Polizei zunächst von einer »akuten Terrorlage« ausging. Kritik an der für Februar geplanten Großübung kam sowohl von der Linksfraktion im Bundestag als auch von der Gewerkschaft der Polizei (GdP), während der Deutsche Bundeswehrverband das Vorhaben begrüßte. »Die Stoßrichtung ist klar: Das verfassungsmäßige Verbot von Inlandseinsätzen der Bundeswehr wird in der Praxis systematisch immer weiter unterlaufen«, so die innenpolitische Sprecherin der Linksfraktion, Ulla Jelpke, am Mittwoch im Gespräch mit junge Welt. »Dabei sind Soldaten von ihrer Ausbildung her völlig ungeeignet für Polizeieinsätze«. Im SWR warnte auch GdP-Chef Oliver Malchow vor dem Versuch, rein polizeiliche Aufgaben in militärische Hand zu geben. Für das, was bei der Übung Bundeswehr-Feldjägern zugedacht sei, hätten ausschließlich Polizistinnen und Polizisten die nötige »hochqualifizierte« Ausbildung. Jelpke äußerte gegenüber jW die Vermutung, »dass nicht die Abwehr von Terroranschlägen, sondern die Niederschlagung sozialer Protestbewegungen in der Zukunft die wahre Intention hinter den immer neuen Vorstößen zum Einsatz des Militärs im Inland ist«. Der Deutsche Bundeswehrverband scheint sich dagegen auf neue Auf- gaben zu freuen. Verbandschef André Wüstner erklärte am Mittwoch im RBB-Inforadio, die Art und Weise der komplexen Zusammenarbeit müsse geprobt werden. Zugleich warnte er aber vor einer Überbelastung der Streitkräfte durch zusätzliche Einsätze bei der inneren Sicherheit: »Es kann nicht sein, dass die Bundeswehr als Lückenfüller für eine falsche Innenpolitik im Bereich des Polizeiabbaus geradestehen muss.« Vizekanzler Sigmar Gabriel (SPD) hatte Anfang August gefordert, den Aufgabenbereich der Bundeswehr nicht weiter auszudehnen und statt dessen die Bundespolizei besser auszustatten. Die Linke: CETA sofort beerdigen Studie zu Auswirkungen von Freihandel auf NRW warnt vor Demokratieabbau und Stellenverlust D ie geplanten »Freihandelsabkommen« der EU mit den USA und Kanada sind gefährlicher als bisher angenommen. Dies ist die Quintessenz einer Studie, die der Handelsexperte Thomas Fritz im Auftrag der Partei Die Linke im EU-Parlament erarbeite hat und die am Mittwoch in Düsseldorf vorgestellt wurde. Darin werden die Auswirkungen des Comprehensive Economic and Trade Agreement (CETA) und der Transatlantic Trade and Investment Partnership (TTIP) auf Nordrhein-Westfalen untersucht. CETA: Bisher größte Bürgerklage eingereicht Während CETA vor der Ratifizierung steht, dauern die ins Stocken geratenen Verhandlungen über TTIP offiziell noch an. Zu Wochenbeginn hatten der französische Staatspräsident François Hollande und BRDWirtschaftsminister Sigmar Gabriel TTIP verbal in Frage gestellt. CETA soll nach dem Willen Gabriels indes unbedingt ratifiziert werden. »Frau Kraft und Herr Gabriel müssen jetzt die Reißleine ziehen und nicht nur (…) TTIP, sondern auch CETA, beerdigen«, kommentierte der Abgeordnete Fabio De Masi die Er- gebnisse. Das Abkommen zwischen der EU und Kanada sei »der kleine Bruder von TTIP« und ermögliche Konzernen über Zweigniederlassungen im nördlichen Nachbarland der USA »sogar günstigere Bedingungen als mit TTIP angestrebt«. Deshalb sei die geplante vorläufige Anwendung von CETA ohne Beteiligung der nationalen Parlamente »nicht hinnehmbar«. Ähnlich äußerte sich die stellvertretende ver.di-Landesleiterin Corinna Groß: »CETA soll das Trojanische Pferd sein, um TTIP faktisch durchzu- setzen.« Das Abkommen gestatte internationalen Konzernen mit schlechten Löhnen und Arbeitsbedingungen den freien Zugang zu den deutschen Märkten und gefährde so Arbeitsplätze in der Bundesrepublik. Fazit des Studienautors Fritz: Die Abkommen »verstärken die soziale Ungleichheit und können zum Beispiel durch Klagedrohungen von Investoren demokratisch beschlossene Gesetze aushebeln«. (jW) http://www.dielinke-europa.eu/ article/10667.ceta-und-ttip-an-rheinund-ruhr.html ULI DECK/DPA olizei und Bundeswehr sollen im Februar erstmals gemeinsame Einsätze für den Fall eines größeren Terrorangriffs im Inland üben. Das teilte Bundesinnenminister Thomas de Maizière (CDU) am Mittwoch nach einem Treffen mit Verteidigungsministerin Ursula von der Leyen (CDU) und den Innenministern des Saarlands, Nordrhein-Westfalens und Mecklenburg-Vorpommerns in Berlin mit. Nordrhein-Westfalens Ressortchef mit SPD-Parteibuch, Ralf Jäger, soll damit einverstanden sein, obwohl es in seiner Partei bisher Vorbehalte gegen Bundeswehr-Einsätze im Innern gab. Ein Sprecher des Düsseldorfer Innenministeriums bestätigte am Mittwoch laut Nachrichtenagentur dpa die Teilnahme Nordrhein-Westfalens und Bremens an der geplanten Übung. Darauf hätten sich SPD-geführte Bundesländer geeinigt. Im Fokus stehe dabei eine logistische Unterstützung der Polizei durch die Bundeswehr, so ein Sprecher des Innenministeriums von NRW. So könnten Kräfte der Polizei mit Hubschraubern der Bundeswehr schnell an den Einsatzort gebracht werden. De Maizière führte am Mittwoch aus, es sei vorstellbar, »dass wir komplizierte, über Tage andauernde und schwierige Terrorlagen bekommen«. Für diesen Fall solle geprobt werden. »Das ist eine kluge Vorsorge für eine unwahrscheinliche, aber denkbare Situation«, fügte der CDU-Politiker hinzu. Dabei sei klar, dass ein solcher Einsatz immer nur von der Polizei angefordert und geführt werde. An der gemeinsamen Übung sollen zudem zwei unionsgeführte Länder teilnehmen. Wehrministerin von der Leyen hatte Feldjäger und Sanitäter der Bundeswehr bereits beim Amoklauf von Karlsruhe. Stellvertretend für mehr als 125.000 Mitkläger hat ein Bündnis gegen das »Freihandelsabkommen« CETA die größte Bürgerklage in der Geschichte des Bundesverfassungsgerichts eingereicht. Die Vollmachten, die gut 70 Kartons füllen, waren per Lkw nach Karlsruhe gebracht worden. Etwa 200 Unterstützer reichten die Kartons bei der Aktion am Mittwoch in einer Menschenkette bis vor das Gerichtsgebäude weiter. Dort wurden sie unter Jubel und Applaus zu dem großen Schriftzug »125.000 gegen CETA« gestapelt. Per Eilantrag wollen die Initiatoren verhindern, dass das Abkommen mit der für Ende Oktober geplanten Unterzeichnung für vorläufig anwendbar erklärt wird. Dahinter stehen auch die Vereine Campact und Mehr Demokratie. Es ist bereits die fünfte Verfassungsbeschwerde gegen CETA. (dpa/jW) wird herausgegeben von 1.867 Genossinnen und Genossen (Stand 12.8.2016) n www.jungewelt.de/lpg
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