Faktenblatt Verbraucherfälle

VIELE FÄLLE –
UNTERSCHIEDLICHE MAßNAHMEN
Beispiele für Verbraucherbeschwerden aus den Frühwarnnetzwerken des
Marktwächters Finanzen und des Marktwächters Digitale Welt und verschiedene
Maßnahmen der Marktwächter
Seit Projektstart der Marktwächter im März 2015 wurden für den Finanzmarkt und
die Digitale Welt zwei Frühwarnnetzwerke aufgebaut, die ihre Arbeitsleistung
sukzessive ausbauen. Die Frühwarnnetzwerke sind die qualitative Sammlung
besonders auffälliger Fälle aus der Verbraucherberatung in bundesweit rund 200
Beratungsstellen. Verbraucherzentralen aus allen 16 Bundesländern melden dort
besondere Beschwerden: Insgesamt konnten so bereits über 6.800 auffällige
Meldungen von Verbrauchern gesammelt werden, das entspricht seit Start der
Netzwerke im Oktober 2015 wöchentlich etwa 100-200 Meldungen. Dazu zählen
beispielsweise Fälle mit hohem Schaden für Verbraucher, Fälle mit bestimmten
Zielgruppen im Fokus, besonders häufige Fälle, Dauerbrenner oder neue Themen.
Für die Weiterverarbeitung der Erkenntnisse aus dem Frühwarnnetzwerk nutzen
die Marktwächter unterschiedliche Maßnahmen.
Im Folgenden finden sich Beispiele für drei Wege, wie Verbraucherbeschwerden
aus dem Netzwerk nach Analyse durch die Marktwächterexperten verfolgt werden
können.
MAßNAHME: ÖFFENTLICHE MARKTWÄCHTERWARNUNG
Beispiele für Fälle aus den Frühwarnnetzwerken, in denen öffentliche
Marktwächterwarnungen an Verbraucher ausgesprochen wurden.
1. Marktwächterwarnung vor Rückabwicklern von Versicherungen:
Vorsicht vor teuren Dienstleistern
Verbraucher meldeten:
Eine Verbraucherin wurde von ihrem alten Versicherungsmakler
kontaktiert. Es ging um zwei laufende Lebensversicherungsverträge, die
bei dem entsprechenden Makler abgeschlossen worden waren. Beide
Verträge werden bei Ablauf zur Darlehenstilgung dringend benötigt,
finanziellen Spielraum hat die Verbraucherin nicht. Der Makler bot ihr einen
Vertrag eines weiteren Dienstleisters an. Dieser könne einen Mehrwert
durch Rückabwicklung von 20.000 € rausholen.
Der fragwürdige Dienstleister würde zunächst eine kostenlose
Erstüberprüfung der Widerspruchsbelehrung vornehmen. Anschließend
würde ein Anwalt den Rechtsstreit kostenpflichtig mit der Versicherung
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führen. Im Erfolgsfall bekäme der Dienstleister einen Anteil an dem
Mehrwert, der für die Verbraucherin erzielt wurde. Dadurch können
Verbraucher im Einzelfall bis zu 50 Prozent der Rückzahlungen verlieren,
die sie aufgrund des Rechtsstreits erhalten würden.
Das Verhalten des Maklers und die Konditionen kamen der Verbraucherin
unseriös vor und sie wandte sich damit an die Beratungsstelle der
Verbraucherzentrale in Hamburg.
Analyse der Marktwächterexperten ergab:
Verbraucher, die zwischen 1995 und 2007 eine private Kapitallebens- oder
Rentenversicherung abgeschlossen haben, können dem Vertrag unter
bestimmten Voraussetzungen noch immer widersprechen – und zwar
selbst dann, wenn sie ihn zuvor bereits gekündigt hatten. Das hatte der
Bundesgerichtshof 2014 entschieden.
Die Möglichkeit, alten Verträgen zu widersprechen hat fragwürdige Anbieter
auf den Plan gerufen. Diese versprechen Verbrauchern Hilfe, wenn sie von
ihrem Widerspruchsrecht für Versicherungsverträge Gebrauch machen
wollen. Sie bieten eine kostenlose rechtliche Prüfung der
Widerspruchsmöglichkeit an. Es steht zudem zu befürchten, dass
wirtschaftliche Aspekte außer Acht gelassen werden. In der heutigen
Situation ist es häufig trotz Widerspruchsmöglichkeit nicht sinnvoll, alte
kapitalbildende Versicherungsverträge zu kündigen. Im Frühwarnsystem
der Verbraucherzentralen nahmen Fälle zu, die zeigten, dass diese
Hilfestellung oft keinen Mehrwert für die Verbraucher bietet.
Das Marktwächterteam warnte am 7. Juni 2016 öffentlich vor der Masche
und empfahl Verbrauchern diese Angebote zu meiden.
2. Slimsticks: Marktwächterwarnung vor unfreiwilligen Käufen im
Internet
Verbraucher meldeten:
Ein Verbraucher gelangte über einen Link bei Facebook auf die
Internetseite www.slimsticks.de. Dort bestellte er eine kostenlose
Probelieferung des Nahrungsergänzungsmittels Slimsticks. Laut
Verbraucher erfolgte keine Lieferung, aber er erhielt eine Rechnung über
die Probelieferung und für ein angebliches Abo. Für den Verbraucher war
nicht ersichtlich, dass weitere Lieferungen bzw. ein Abo
Vertragsbestandteil waren. Nach der Rechnung kam sofort ein
Inkassoschreiben.
Verbraucher beschwerten sich vermehrt, dass sie auf den Internetseiten
slimsticks.de und slimsticks-gratis.de unbewusst kostenpflichtige
Bestellungen ausgelöst hätten und es dadurch zu unfreiwilligen Käufen und
Abonnements von einem Nahrungsergänzungsmittel mit dem Namen
Slimsticks kam. Verbraucher hatten teilweise auf eine Anzeige bei
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Facebook geklickt, auf der mit Gratisproben für Slimsticks geworben
wurde. Von Januar bis Juni 2016 kamen über 50 Fälle aus 13
Bundesländern zusammen.
Analyse der Marktwächterexperten ergab:
Auf www.slimsticks.de wurden Verbraucher aufgefordert, Namen und
Zustelladresse einzugeben. Nach Klick auf den Button „Weiter“ wurde
sofort eine Bestellung ausgelöst. Informationen über den Gesamtpreis
erfolgten im Bestellprozess nicht. Diese müssen dem Verbraucher aber
rechtmäßig vor dem Kauf zur Verfügung gestellt werden. Außerdem muss
der „Weiter“-Button durch eine eindeutige Formulierung wie beispielsweise
„kostenpflichtig bestellen“ ersetzt werden.
Das Marktwächterteam warnte am 2. Juni 2016 öffentlich vor dieser
Masche und empfahl Verbrauchern, diese Angebote zu meiden. Es laufen
aktuell drei Abmahnverfahren gegen den Anbieter.
MAßNAHME: MELDUNG AN AUFSICHTSBEHÖRDE
Beispielfall aus dem Frühwarnnetzwerk, in denen der Marktwächter Finanzen eine
Aufsichtsbehörde informiert hat.
3. Keine Zulassung: Marktwächter meldet BaFin unerlaubte
Bankgeschäfte
Verbraucher meldeten:
Im Juni 2016 gaben zwei Leipziger Verbraucher der Verbraucherzentrale
Sachsen den Hinweis zur niederländischen SPS Bank N.V.. Diese waren
im Internet auf die Werbebotschaften des Anbieters aufmerksam
geworden: „Sofortkredit online: Schnell und unbürokratisch. Mit
Sofortzusage“. Die Verbraucher interessierten sich für ein Darlehen in
Höhe von 5.000 Euro, sollten aber vorab 450 Euro auf ein niederländisches
Konto überweisen. Sie wurden misstrauisch, informierten die sächsischen
Verbraucherschützer, und der Fall wurde im Frühwarnnetzwerk des
Marktwächters auffällig.
Analyse der Marktwächterexperten ergab:
Bei der Prüfung des Falls stellten die Marktwächtermitarbeiter fest: Bei den
auf den Internetseiten der SPS Bank N.V. angegebenen Aufsichtsbehörden
– unter anderem der BaFin – ist die Bank nicht gelistet. Trotzdem bietet der
Anbieter auf seiner Homepage erlaubnispflichtige Bankgeschäfte an – so
beispielsweise die Ausgabe von Darlehen oder das Führen von Konten.
Über diese Erkenntnisse informierten die Marktwächtermitarbeiter die
BaFin. Die Aufsichtsbehörde stellte fest, dass die SPS Bank N.V. in
Deutschland unerlaubt tätig ist. Sie untersagte das unerlaubt betriebene
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Einlagen- und Kreditgeschäft und ordnete die unverzügliche Abwicklung
der unerlaubt betriebenen Geschäfte an.
MAßNAHME: Dialog mit Anbietern
Beispielfall aus dem Frühwarnnetzwerk, in denen der Marktwächter Finanzen den
Dialog mit dem betreffenden Unternehmen gesucht hat.
4. Kosten für Girokonto nicht erkennbar
Ein Fintech-Unternehmen warb mit einem kostenlosen Girokonto. Wirklich
kostenfrei war das Konto aber nicht: Für Bareinzahlungen ab einem
Freibetrag von nur 100 € wurde ein Entgelt fällig. Über das
Frühwarnnetzwerk gingen beim Marktwächter Finanzen hierzu
Verbraucherbeschwerden ein. Das sächsische Marktwächter-Team
forderte das Unternehmen auf, die Kosten für das Konto auf der Homepage
deutlich erkennbar darzustellen.
Das Unternehmen kam der Forderung umgehend nach.
Für weitere Informationen
Timo Beyer | Referent Presse- und Öffentlichkeitsarbeit für die Marktwächter
Verbraucherzentrale Bundesverband (vzbv)
Tel. (030) 258 00-529
[email protected]
Ariane Jordan | Referentin Presse- und Öffentlichkeitsarbeit für die Marktwächter
Verbraucherzentrale Bundesverband (vzbv)
Tel. (030) 258 00-515
[email protected]