Gerupft ARNE DEDERT/DPA Vor den rechten Kritikern einge knickt: Wie aus dem Antidiskrimi nierungsgesetz das Allgemeine Gleichbehandlungsgesetz wurde. Ein Blick in die Geschichte zum zehnten Jahrestag. Von Hanne Schweitzer SEITEN 12/13 GEGRÜNDET 1947 · DONNERSTAG, 18. AUGUST 2016 · NR. 192 · 1,50 EURO (DE), 1,70 EURO (AT), 2,20 CHF (CH) · PVST A11002 · ENTGELT BEZAHLT WWW.JUNGEWELT.DE Minus machen Patienten schröpfen Islamisten vertreiben Frieden zerstören 3 5 6 11 Deutsche Wirtschaft klagt: Politische Entwicklung in der Türkei gefähr det wichtigen Absatzmarkt »Unverändert schlecht«. Kranken Kurdischer Vormarsch: Gotteskrieger hausstatistik gibt Auskunft über ziehen sich aus der eroberten die Lage in Deutschlands Kliniken Stadt Manbidsch zurück Herrschaftsgewinn, Kontrollverlust: Der Dokfilm »Krieg und Spiele« über neueste Militärtechnik Australien schließt Flüchtlingslager Allianz Moskau-Teheran RUSSIAN DEFENCE MINISTRY PRESS SERVICE PHOTO VIA AP DPA Russland nutzt iranische Militärbasis für Angriffe auf Ziele in Syrien. USA schlagen gemeinsames militärisches Vorgehen aus. Von Reinhard Lauterbach Von Hamadan gestartet: Ein russischer Langstreckenbomber vom Typ »TU-22« am Dienstag über Syrien A uch am Mittwoch haben russische Jagdbomber vom Iran aus Ziele in Syrien angegriffen. Bereits am Dienstag berichteten russische Medien, Langstreckenbomber vom Typ »TU-22« sowie »SU-34« seien auf dem westiranischen Flughafen Hamadan stationiert worden, um von dort Angriffe auf Ziele in den Provinzen Aleppo, Idlib und Deir Al-Saur zu starten. Der amtliche Fernsehsender Russia 24 sprach von 60 Einsätzen allein am Dienstag und erklärte, die Verlegung diene dazu, die Anflugroute nach Syrien zu verkürzen und damit häufigere Angriffe mit größerer Bombenlast zu ermöglichen. Ein Zusammenhang mit der Schlacht um Aleppo liegt damit nahe. Die »TU-22« waren auch vorher schon im Einsatz, allerdings damals von der südrussischen Basis Mozdok im Kaukasusvorland aus. Die Entfernung ins Einsatzgebiet ist vom Iran aus nur halb so weit. Rus- sische Maschinen hatten den Flughafen von Hamadan auch früher schon für Zwischenlandungen und Tankstopps genutzt, jedoch nicht als Basis für Angriffe. Wie lange die Stationierung der russischen Maschinen im Iran dauern soll, wurde nicht mitgeteilt. Der Iran bestätigte die engere Zusammenarbeit mit Russland bei der »Terrorbekämpfung«. Die irakische Regierung hat den Überflügen russischer Maschinen nach Angaben aus Bagdad zugestimmt, solange sich diese im Grenzgebiet zur Türkei – das Bagdad faktisch ohnehin nicht kontrolliert – hielten und keine größeren Städte überflögen. Die USA bestätigten, dass Russland vereinbarungsgemäß die vom Iran aus gestarteten Einsätze angekündigt habe, um unerwünschte Konfrontationen im syrischen Luftraum zu vermeiden. Das US-Außenministerium zeigte sich derweil »besorgt« über die Ent- wicklung. Die Nutzung des iranischen Stützpunkts sei »unglücklich, aber nicht unerwartet«, erklärte der Sprecher des Ministeriums in Washington. Er dementierte Äußerungen des russischen Verteidigungsministers Sergej Schoigu, wonach Russland und die USA kurz vor dem Abschluss einer Vereinbarung über ein gemeinsames militärisches Vorgehen gegen den »Islamischen Staat« und die »Front zur Eroberung von Syrien« stünden. Für ein solches Abkommen sei es noch zu früh. »Front zur Eroberung von Syrien« nennt sich seit einigen Wochen die zuvor mit Al-Qaida verbundene AlNusra-Front. Die USA werfen Russland seit langem vor, bei Gelegenheit der Angriffe auf die Islamistenmilizen auch die von ihnen finanzierten »gemäßigten Rebellen« zu bombardieren. Reaktionen deutscher Politiker auf die russisch-iranische Militärzusammenarbeit blieben zunächst aus. Es überwog die Klage darüber, dass Russland bei dem Besuch von Bundesaußenminister Steinmeier bei seinem russischen Kollegen Lawrow am Montag eine Verlängerung der Feuerpausen zur Versorgung der Bevölkerung verweigert habe. Steinmeier erklärte, die Beschränkung der Waffenruhe auf jeweils drei Stunden sei »zynisch«. Auf das russische Argument, dass die gegen Präsident Assad kämpfenden Rebellen längere Feuerpausen in der Vergangenheit nur zur Auffüllung ihrer Reihen und Munitionsvorräte genutzt hätten, ging Steinmeier nicht ein. Aus verschiedenen Interviews, die der Deutschlandfunk in den vergangenen Tagen mit deutschen »Russlandexperten« führte, geht als gemeinsamer Tenor hervor, dass die Bundesrepublik kaum Möglichkeiten habe, Russland zum Nachgeben in Syrien zu zwingen. Es bleibe nichts als das »geduldige Gespräch«. Siehe Kommentar Seite 8 Skandal in Rio Brasilianische Polizei verhaftet ranghohen IOC-Funktionär wegen Schwarzhandels D ie Olympischen Spiele in Rio de Janeiro haben ihren ersten großen Skandal. Am Mittwoch wurde der Ire Patrick Hickey, Mitglied des Internationalen Olympischen Komitees (IOC), wegen des Verdachts auf Schwarzhandel mit Eintrittskarten und Bildung einer kriminellen Vereinigung festgenommen. Das bestätigte die Polizei von Rio de Janeiro. Der Zugriff soll Medienberichten zufolge am Mittwoch morgen (Ortszeit) in einem Hotel im Stadtteil Barra erfolgt sein. Der 71jährige habe über Unwohlsein geklagt und sei zunächst in ein Krankenhaus gebracht worden. Angeblich hat es zuvor einen Fluchtversuch gegeben. Der ehemalige Judoka Hickey gehört zum engsten Machtzirkel des IOC-Präsidenten Thomas Bach und gilt in der IOC-Exekutive als Unterstützer Russlands. Das IOC kommentierte den Vorfall zunächst nicht. Das Irische Olympische Komitee (OCI), dessen Präsident Hickey ist, teilte mit, es wolle zunächst die Situation klären und sich bis dahin jedes Kommentars enthalten. Hintergrund von Hickeys Verhaf- tung sind Unregelmäßigkeiten im Zusammenhang mit Ticketverkäufen über die englische Firma THG Sports, die vor vier Jahren in London noch offizieller Ticketpartner des Organisationskomitees der Spiele war. Hickey soll über eine Firma Tickets vertrieben und diese an THG Sports weitergereicht haben, die die Karten zu überhöhten Preisen weiterverkauften. Zudem wurde THG Sports in Zusammenhang mit vielen gefälschten Tickets gebracht. Gegen vier THG-Mitarbeiter waren bereits zuvor in Brasilien Haftbefehle erlassen worden. Die Firma erklärte am Dienstag, die Vorwürfe entbehrten jeglicher Grundlage. Beim Ticketskandal während der Fußball-WM vor zwei Jahren war bereits ein hochrangiger THG-Mitarbeiter festgenommen worden. Hickey ist ein wichtiger Funktionär des Weltsports: Seit 1995 ist er Mitglied des IOC, seit 2012 sitzt er in dessen Executive Board. Seit 2006 ist er Präsident des Europäischen Olympischen Komitees (EOC) und damit Vizepräsident der Vereinigung Nationaler Olympischer Komitees (ANOC). (dpa/sid/jW) Sydney. Australien hat sich zur Schließung eines seiner exterritorialen Flüchtlingslager bereit erklärt. Dabei handelt es sich um eine Anlage auf der zu Papua-Neuguinea gehörenden Insel Manus. Der Regierungschef von PapuaNeuguinea, Peter O’Neill, teilte am Mittwoch nach Gesprächen mit dem australischen Einwanderungsminister Peter Dutton in Port Moresby mit, der Prozess solle »nicht überstürzt« werden, sondern »geordnet« vor sich gehen. Dutton hob unterdessen hervor, dass Sydney an seiner Asylpolitik festhalte und Bootsflüchtlinge weiterhin grundsätzlich nicht ins Land lassen werde. Das Oberste Gericht von Papua-Neuguinea hatte die Internierung von Flüchtlingen am 26. April für unzulässig erklärt. Sie verstoße gegen das Grundrecht auf persönliche Freiheit und sei verfassungswidrig. (AFP/dpa/jW) SPD-Chef will Parität bei Kassenfinanzierung Berlin. Die SPD will die Unternehmer angeblich wieder stärker an der Finanzierung der steigenden Krankenkassenkosten beteiligen. »Die SPD will, dass die Krankenkassenbeiträge wieder zur Hälfte von Arbeitgebern und Arbeitnehmern getragen werden«, sagte SPD-Chef Sigmar Gabriel Bild (Mittwochausgabe). Die Parität solle auch bei den Zusatzbeiträgen gelten, die Union würde sich dem aber verweigern. Tatsächlich waren es vor rund elf Jahren Sozialdemokraten und Grüne, die die Parität bei den Krankenversicherungsbeiträgen aufhoben. Mitte 2005 trat die Regelung in Kraft, dass die Beschäftigten 0,9 Prozentpunkte mehr zahlen müssen als die Unternehmer. Die Kassen können seit dem vergangenen Jahr einen Zusatzbeitrag erheben, den nur ihre Mitglieder zu zahlen haben. Er liegt für 2016 voraussichtlich bei durchschnittlich 1,1 Prozentpunkten. (dpa/jW) Siehe Seite 5 wird herausgegeben von 1.867 Genossinnen und Genossen (Stand 12.8.2016) n www.jungewelt.de/lpg
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