Am Messeerfolg gemessen
MESSEBAU Die auf individuelle Standbauten spezialisierte Expomobilia AG gehört zu den führenden Messebaufirmen in Europa. 2013 feiert das weltweit tätige Unternehmen mit Hauptsitz in Effretikon sein 40-JahreJubiläum. Grund genug, um dem Rezept dieser Schweizer Erfolgsgeschichte auf den Grund zu gehen.
VON URS SEILER
Nicht weniger als vier Jahrzehnte ist es her, dass sich der ge­
lernte Bauingenieur Hanno Taverna mit einem eigenen Messebauunternehmen selbstständig machte.
Noch von zu Hause aus baute er zunächst als Einzelperson das Unternehmen auf, das heute zu den grossen Namen im Messebau gehört.
«Ich war im wahrsten Sinne des
Wortes eine One-Man-Show», erinnert er sich heute. «Zu Beginn hat
mir nur meine Nachbarin geholfen. Sie hat die Offerten für mich
geschrieben und Telefonate entgegengenommen, wenn ich nicht da
war – damals noch mit einem quer
durch den Garten gespannten Telefonkabel», erzählt Taverna nicht
ohne ein Schmunzeln.
Die heutige Firma, für die Taverna so den Grundstein legte, hat
mit dieser anfänglichen Einfachheit nichts mehr gemein. Doch
auch wenn die Mitarbeiter- und
Kundenzahlen ebenso gestiegen
sind wie die Professionalität, hat
sich in den vergangenen 40 Jahren
nicht alles verändert. Es gibt einige Konstanten in der Firmenge-
schichte, die massgeblich am Erfolg des Unternehmens beteiligt
sind und die dazu beitrugen, dass
auch die Klippen von Krisen und
Herausforderungen sicher umschifft werden konnten.
Autos, Luxusgüter und
Industrie
Sechs Jahre nach der Gründung
wandelte Taverna die Einzelfirma in eine Aktiengesellschaft um.
Die Expomobilia AG begann stetig
zu wachsen. Schnell wurde die
Automobilbranche zu einem ersten wichtigen Standbein. Doch
versuchte Taverna schon früh,
ein Klumpenrisiko zu mindern,
indem er verschiedene Säulen
aufbaute. «Der Autosalon wurde
zu übermächtig, weshalb wir uns
auch in andere Richtungen orien­
tieren mussten», erläutert Taverna. Aus diesen Überlegungen
heraus erweiterte Expomobilia
ihren Wirkungsbereich auf die Luxusgüter sowie die Industriebranche. «Dennoch ist der Autosalon
etwas Besonderes geblieben, denn
die nationalen Messestände für
Honda, Nissan und Renault baut
Expomobilia seit über 30 Jahren»,
erzählt er.
Generell erfreut sich die Expomobilia eines treuen Kundenstammes. «Ich wollte nie möglichst schnell viel Geld verdienen», verrät der Firmengründer
einen der Gründe für diese Treue.
«Ich habe seit jeher versucht, den
Kunden gegenüber immer fair zu
operieren. Ich bin der Meinung,
dass es sich auszahlt, wenn man
ehrlich ist.» Ganz ähnlich verhält
es sich mit dem Vertrauen in seine
Mitarbeitenden. So schätzte er es
immer, wenn zwischen den Projektleitern und dem Kunden ein
guter und persönlicher Kontakt
besteht. Das Risiko, dass ein Mitarbeiter das Unternehmen verlassen und seine Kunden mitnehmen
könnte, ist er dafür eingegangen.
Ein Meilenstein in der Geschichte von Expomobilia war
schliesslich auch der Bezug des
neuen Firmensitzes. 1999 wurde
mit dem neuen Gebäude auch ein
Teil dessen geschaffen, was heute
die Marke selbst ausmacht. «Tatsächlich hat dies sogar die Akquise erleichtert, denn wenn die Kunden zu uns kommen, können wir
sie durch alle Abteilungen führen
und unsere Arbeit veranschaulichen – von der Metallbearbeitung
bis zur Schreinerei und dem Digitaldruck. So können wir zeigen,
dass wir nicht nur über ein gutes
Hanno Taverna, Gründer der
Expomobilia
Netz an Zulieferern verfügen, sondern auch alles im eigenen Haus
und aus einer Hand liefern können», so Taverna.
Nachdem Taverna das Unternehmen im Jahr 2007 an die MCH
Group AG verkauft hatte, übernahm CEO Jean-Marc Devaud die
Leitung. Der Gründer selbst ist
aber nach wie vor mit einem reduzierten Pensum in der Firma aktiv.
Die Krise brachte einen Knick
Verändert haben sich in den letzten Jahren vor allem die allgemeinen wirtschaftlichen Vorzeichen.
«Wir spüren den Budgetdruck
zum Teil deutlich», erklärt Devaud. Dennoch sind die Erwartungen an den Messebau gross.
«Viele Firmen haben sich im
Stile der Automobilbranche professionalisiert und fordern hohe
Leistung zu einem tiefen Preis.»
Messebau damals und heute: Nissan 1990 und 2012.
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KOMMUNIKATION
Marketing & Kommunikation 2/13
Der Knick für die Messebaubranche kam mit der Krise, die dazu
führte, dass die Messebudgets
stark zusammengestrichen wurden. «Der harte Ton im Einkaufswesen, der in der Automobilbranche insbesondere von deutschen
Herstellern schon vor zwanzig
Jahren kultiviert wurde, ist dann
zehn Jahre später auch bis Japan
durchgedrungen», so Devaud. Mit
der Wirtschaftskrise übertrug sich
dies nach und nach auch auf alle
anderen Branchen.
Dennoch kann man bei Expomobilia zufrieden sein. Devaud:
«Wir haben sehr früh re­agiert und
die Krise durch Antizi­pation gemeistert.» Die veränderte Auftragslage löste man mit Offenheit.
Unter anderem wurden mit den
Mitarbeitenden gemeinsam Lösungen gefunden. Der harte Sommer 2009 wurde so überbrückt,
dass ein Teil der Belegschaft die
Gelegenheit für einen ausgedehnten Urlaub nutzte und später an ihren Arbeitsplatz zurückkehrte. Damit konnte mehrheitlich auf Entlassungen zugunsten
von temporären Beurlaubungen
verzichtet werden. Zwar mussten
während der Krise Stellen abgebaut werden und die Mitarbeiterzahl reduzierte sich von 120 auf
rund 110, doch ist Expo­mobilia
jetzt wieder beim ­gleichen Belegschaftsstamm angekommen.
Kreativität statt Preisdruck
Die Mitarbeitenden sind sowohl
für Taverna als auch für Devaud
ein grosser Erfolgsfaktor. Dass das
Unternehmen hier eine hohe Zufriedenheit erreicht hat, zeigt sich
nicht zuletzt an der geringen Fluktuation. So sind heute noch Mitarbeitende im Betrieb, die in den
Anfangsjahren zum Unternehmen
gestossen sind. Für die MarketingLeiterin Irene Graven-Koller ist
dies auch das grosse Plus: «Was
Ex­pomobilia so erfolgreich gemacht hat, ist das 100%ige Vertrauen in die Mitarbeiter, denen
man viel zutraut und gleichzeitig
volle Rückendeckung gibt.»
Was von der Krise aber geblieben ist, ist vor allem der Preisdruck, weiss Devaud: «Aber man
hat Möglichkeiten: Dem steigenden Preisdruck kann vor allem
mit Kreativität begegnet werden.
Marketingleute wollen Produkte
möglichst gut in Szene setzen und
erstellen den Anforderungskatalog
an den Messebau. Die Einkaufsabteilung wiederum hat zumeist das
Ziel, möglichst wenig dafür auszugeben. Das sind seitens unserer
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Nachhaltiger Messebau
Irene Graven-Koller, Marketing
Director Expomobilia
Jean-Marc Devaud, CEO Expomobilia
Kunden zwei ganz unterschiedliche Anspruchshaltungen, die
wir dann vereinen müssen.»
Die Diskussion um Teilnahme-Honorare bei Pitches kann
Devaud nicht unterstützen. «Die
Hoffnung, die Welt so organisieren zu können, dass alle Kunden
einen Betrag für Ausschreibungen
bezahlen, ist zwar lobenswert,
aber ein unerfüllbarer Traum.»
Auch Taverna, der mehrere Jahre als Präsident der Interessengemeinschaft Schweizer Standbaufirmen amtete, kann bestätigen:
«Das war schon immer ein grosses
Thema. Doch obwohl sogar einige wenige Kunden dazu bereit
sind, jedem Wettbewerbsteilnehmer eine Aufwandsentschädigung
zu zahlen, gibt es auf der anderen
Seite auch immer Firmen, die es
ohne machen.»
In den wichtigen Punkten
trumpfen
Doch auch wenn der Preis immer
wichtiger geworden ist, macht er
selbst in Pitching-Verfahren nicht
immer alleinig die Entscheidung
aus. «Zunächst ist es wichtig, im
Gespräch herauszuhören, was
dem Kunden wirklich wichtig ist.
Dann muss man auch den Markt
und die Mitbewerber mit ihren
Stärken und Schwächen kennen.
Das alles muss im Angebot berücksichtigt werden, damit man
in den für den Kunden wichtigen
Punkten trumpfen kann», so Devaud. Im Ergebnis ist alles eine
Frage der Kommunikation. Getreu
dem Motto «We listen, we understand, we act» muss alles berück-
Herausforderungen
Ausschliesslich eitel Sonnenscheint herrscht aber auch bei Ex-
«Marketingleute wollen Produkte
möglichst gut in Szene setzen
und erstellen den Anforderungskatalog an den Messebau.»
sichtigt werden, bis der Kunde sagen kann: «Das Paket ist eventuell
ein bisschen teurer, aber es sagt
mir mehr zu.» Deshalb darf und
muss man auch mal selbstbewusst
sein, ist Devaud überzeugt.
Was so einfach klingen mag,
ist aber alles andere als leicht. Die
essenzielle Fähigkeit, die Kundenbedürfnisse zu erkennen und diesen zu folgen, hatte bereits Taverna
von Beginn an gepflegt. «Gut zuhören ist das Erfolgsrezept», lässt
er wissen. Denn Kundenorientierung darf nicht nur eine leere
Worthülse sein. Expomobilia verfolgt konsequent die Strategie, individuell auf die Kunden einzugehen und ihnen einen Service zu
bieten, der weit über das eigentliche Kerngeschäft hinausreicht.
pomobilia nicht. Auch hier sieht
man sich immer wieder mit Herausforderungen konfrontiert. Ein
Beispiel dafür ist der neue Gesamtarbeitsvertrag für Schreiner. «Wir
bedauern sehr, dass der GAV ohne
Dialog mit der Messe- und EventBranche durchgesetzt wurde»
kommentiert Devaud. Das grösste
Problem ist die maximal festgelegte
Arbeitszeit und dass Sonntags-,
Abend- und Nachtarbeitszuschläge
sofort ausbezahlt werden müssen
und nicht mehr flexibel kompensiert werden können. «Dies verteuert das Marketing-Instrument
Messe, welches aber volkswirtschaftlich einen hohen Stellenwert
hat.» Hinzu kommt, dass die Währungssituation den internationalen
Wettbewerb verstärkt.
Was bleibt, sind die Vorteile des
Labels «Swiss made». Attribute
wie Verlässlichkeit, ein gelebter
Service-Gedanke, das Auge für Details und die technischen Kompetenzen bringen wichtige Punkte.
Expomobilia sammelt weitere mit
ihrem Konzept des umweltschonenden Messebaus. So sind nicht
nur der Firmensitz und eines der
Aussenlager mit einer Photovoltaik-Anlage ausgestattet, sondern
man betreibt auch eine durchdachte Wiederverwertung der
Baumaterialien. «Es gibt natürlich
keinen Null-Emissions-Messebau,
aber wir versuchen, die Wegwerfmentalität auszuklammern», so
Taverna, der auch Verwaltungsrat
der Umwelt-Arena ist. «Bei uns
wird ein Stand nach der Messe
nicht einfach eingerissen, sondern
wieder abgebaut, und 7⁄8 der eingesetzten Materialien werden eingelagert und wiederverwertet»,
ergänzt Irene Graven-Koller.
Neue Dimensionen
Devaud kann heute ohne Umschweife sagen: «Von den vierzig
Jahren Firmengeschichte habe
ich nun fünf miterlebt. Für mich
war es, abgesehen von den Bedingungen der Weltwirtschaftskrise,
eine sensationelle Ausgangslage.
Denn der Standbau lebt vom Mitarbeiter-Know-how, der Reputa­
tion und dem Kundenstamm. Und
Expomobilia war in all diesen
Bereichen bereits hervorragend.»
Woraus diese Ausgangslage resultierte, ist ihm ebenso klar. «Ich
habe ausserordentlichen Respekt
vor dem ganzen Team und im Speziellen vor Hanno Taverna, denn
ihm ist es gelungen, die Vergangenheit mit der Zukunft zu verbinden», fasst Devaud zusammen,
wie bei Expomobilia gleichzeitig
Kreativität praktiziert und an den
Kernwerten festgehalten wurde.
Entsprechend positiv gestimmt blickt Jean-Marc Devaud
in die Zukunft: «Auf uns wartet
eine Reihe extrem toller Projekte,
die uns vom Ausmass und der
Ausbauqualität her in eine neue
Dimension befördern werden. Damit werden wir im High-End-Bereich die Marktführerschaft übernehmen können. Ich kann noch
nicht zu viel verraten, aber eines
kann ich bereits jetzt sagen: Wer
an Architektur und Design interessiert ist, sollte unbedingt die
‹Baselworld 13› besuchen, denn
dann werden viele der grossen
Marken ein neues Standdesign
präsentieren.» n
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