Leitfaden Prävention in stationären Pflegeeinrichtungen

Leitfaden
Prävention in stationären
Pflegeeinrichtungen
nach § 5 SGB XI
Impressum
Herausgeber:
GKV-Spitzenverband
Reinhardtstraße 28
10117 Berlin
Verantwortlich: Abteilung Gesundheit
Gestaltung: BBGK Berliner Botschaft, Gesellschaft für Kommunikation mbH
Fotonachweis: Photographee.eu/Fotolia (Titel li.), p!xel66/Fotolia (Titel re.)
Stand: August 2016
2
Der GKV-Spitzenverband ist der Spitzenverband Bund der Krankenkassen nach § 217a des Fünften
­ ches­Sozialgesetzbuch­(SGB­V).­Er­ist­zugleich­der­Spitzenverband­Bund­der­Pflegekassen­nach­§­53­
Bu
SGB XI. Der GKV-Spitzenverband ist eine Körperschaft des öffentlichen Rechts mit Selbstverwaltung.
Name,­Logo­und­Reflexstreifen­sind­geschützte­Markenzeichen­des­GKV-Spitzenverbandes.
Inhalt
1. Einleitung . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . .4
2. Gesetzliche Grundlagen . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . 6
3. Der Gesundheitsförderungsprozess in der stationären Pflege . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . 7
4. Differenzierung von Leistungen zur Prävention und Gesundheitsförderung . . . . . . . . . . . . . . 10
5. Umsetzungs- und Ausschlusskriterien . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . 11
6. Präventionsziele in der stationären Pflege . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . 13
7. Handlungsfelder . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . 14
7.1 Ernährung . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . 14
7.2 Körperliche Aktivität . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . 15
7.3­­Stärkung­kognitiver­Ressourcen . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . 16
7.4 Psychosoziale Gesundheit . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . 16
7.5 Prävention von Gewalt . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . 17
8. Dokumentation, Messung der Zielerreichung und Berichtswesen . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . 19
9. Evaluation . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . .20
3
1. Einleitung
In­Deutschland­werden­(Stand­2013)­etwa­
764.000­Pflegebedürftige­in­13.030­Einrichtungen­
der­stationären­Pflege­von­etwa­685.000­Beschäftigten­versorgt.­94­Prozent­der­Pflegeheime­
betreuen überwiegend ältere oder hochaltrige
Menschen;­69­Prozent­der­Bewohnerinnen­und­
Bewohner sind über 80 Jahre alt.1­Pflegebedürftig­
keit ist aber nicht vom Erreichen eines bestimm­
ten­Alters­abhängig.­Aufgrund­des­demografischen­
Wandels ist zu erwarten, dass trotz des Grund­
satzes „ambulant vor stationär“ der Anteil der Be­
völkerung,­der­in­der­stationären­Pflege­versorgt­
wird, tendenziell steigen wird: Hochaltrigkeit ist
mit­einem­höheren­Risiko­von­Pflegebedürftig­
keit verbunden. In Regionen mit abnehmender
Bevölkerungsdichte und einem steigenden Anteil
von Einzelhaushalten sinkt zugleich das Potenzial
einer­familiären­Versorgung­Pflegebedürftiger­im­
häuslichen Umfeld.2
Pflegebedürftige­sind­aufgrund­körperlicher,­kog­
nitiver oder psychischer Beeinträchtigungen und
Erkrankungen auf Hilfe bei Aktivitäten im Alltag,
bei der Gestaltung von Lebensbereichen und bei
sozialer Teilhabe angewiesen. Beeinträchtigte,
multimorbide­und­pflegebedürftige­Menschen­
verfügen dennoch über Gesundheitspotenziale,
die gefördert werden können. Voraussetzung für
die Umsetzung einer Prävention und Gesund­
heitsförderung­in­stationären­Pflegeeinrichtungen­
ist, dass die Lebensbedingungen entsprechend
nachhaltig gestaltet werden. Prävention in der
stationären­Pflege­muss­deshalb­konsequent­dem­
4
1­ Statistisches­Bundesamt­(2015):­Pflegestatistik­2013,­
Wiesbaden.
2 Berufsgenossenschaft für Gesundheitsdienst und
Wohlfahrtspflege­–­BGW­(2007):­Sieht­die­Pflege­bald­
alt­aus?­BGW-Pflegereport­2007,­Hamburg,­www.bgw­
online.de/SharedDocs/Downloads/DE/Medientypen/
bgw-themen/TS-AP07-11_Pflegereport2007_Download.
pdf?__blob=publicationFile,­Zugriff­13.11.2015.
Ansatz der Gesundheitsförderung in Lebenswelten
(Settings) folgen.3
Die­starke­Abhängigkeit­Pflegebedürftiger­vom­
Handeln­der­Beschäftigten­in­Pflegeeinrichtun­
gen­lässt­es­sinnvoll­erscheinen,­Maßnahmen­
der­Prävention­für­Pflegebedürftige­in­der­
stationären­Pflege­mit­Maßnahmen­betrieblicher­
Gesundheitsförderung nach § 20b SGB V in der
Pflegeeinrichtung­zu­verbinden,­um­eine­nachhal­
tige Wirkung zu erreichen.
Zur Prävention und Gesundheitsförderung in Le­
benswelten gehört der Anspruch, die Zielgruppen
an der Ermittlung von Gesundheitsrisiken und
-potenzialen, an der Entwicklung von Lösungsstra­
tegien und der Evaluation des Prozesses geplanter
organisatorischer Veränderungen zu beteiligen
(Partizipation).4­In­stationären­Pflegeeinrichtungen­
bietet­sich­an,­zusätzlich­zu­den­Pflegebedürftigen­
ggf. auch Heimbeiräte, Angehörige sowie gesetzli­
che Betreuerinnen und Betreuer einzubeziehen.5
Mit­dem­Präventionsgesetz­wurde­die­Verpflich­
tung­der­Pflegekassen­eingeführt,­Leistungen­zur­
Prävention­in­voll-­und­teilstationären­Pflege­
einrichtungen nach § 71 Abs. 2 SGB XI für in
der­sozialen­Pflegeversicherung­Versicherte­zu­
erbringen.­Damit­leisten­die­Pflegekassen­auch­
einen zusätzlichen Beitrag zur Förderung der
Mobilität­von­Pflegebedürftigen,­der­den­Gedan­
3­ Rosenbrock­R,­Hartung­S­(2015):­Settingansatz­/­Lebens­
weltansatz, in: BZgA (Hrsg.): Leitbegriffe der Gesund­
heitsförderung, www.bzga.de/leitbegriffe/?id=angebote&i
dx=131,­Zugriff:­12.11.2015.
4­ Stark­W,­Wright­M­(2010):­Partizipation­-­Mitwirkung­und­
Mitentscheidung­der­Bürgerinnen­und­Bürger,­in:­BZgA­
(Hrsg.): Leitbegriffe der Gesundheitsförderung, www.bzga.
de/leitbegriffe/?id=angebote&idx=178, Zugriff: 12.11.2015.
5­ Heimbeiräte­sind­die­offiziellen­Vertreterinnen­und­
Vertreter­der­Pflegebedürftigen­in­der­stationären­Versor­
gung;­gesetzliche­Betreuerinnen­und­Betreuer­haben­die­
Aufgabe, für diejenigen zu sprechen, die sich selbst nicht
in solche Entscheidungsprozesse einbringen können.
Einleitung
ken­des­neuen­Pflegebedürftigkeitsbegriffs­(siehe­
Modul­1­„Mobilität“­des­neuen­Begutachtungsas­
sessments) aufgreift.
Für den Präventionsbericht nach § 20d Abs. 4
SGB­V­berichtet­die­soziale­Pflegeversicherung­als­
einer der Träger der Nationalen Präventionskon­
ferenz (NPK) nach § 20e SGB V entsprechend der
Beschlüsse der NPK.
Der vorliegende Leitfaden legt gemäß § 5 Abs. 1
Satz­3­SGB­XI­die­Kriterien­für­die­Leistungen­der­
Pflegekassen­zur­Prävention­und­Gesundheits­
förderung­in­stationären­Pflegeeinrichtungen­fest­
und­soll­den­Pflegekassen­Hilfestellungen­bei­der­
Entwicklung und Unterstützung der Umsetzung
von Vorschlägen für Angebote zur Prävention
und Gesundheitsförderung geben. Der Leitfaden
wurde durch den GKV-Spitzenverband in Abstim­
mung­mit­den­Verbänden­der­Pflegekassen­auf­
Bundesebene­unter­Beteiligung­des­Medizinischen­
Dienstes des Spitzenverbandes Bund der Krankenkassen­(MDS)­erstellt.
Wesentliche Grundlage für den Leitfaden Präven­
tion in stationären Einrichtungen nach § 5 SGB XI
war die gesetzlich vorgesehene Einbeziehung
unabhängigen Sachverstandes. Hierfür hat der
GKV-Spitzenverband im Jahr 2015 einen Auftrag
zur Entwicklung von Vorschlägen für Kriterien
der Prävention, insbesondere hinsichtlich Inhalt,
Methodik,­Qualität,­wissenschaftlicher­Evaluation­
und­der­Messung­der­Erreichung­der­mit­den­Leis­
tungen verfolgten Ziele vergeben. Die Ergebnisse
lagen Ende 2015 in Form einer Expertise vor und
sind­in­den­Leitfaden­eingeflossen.
5
2. Gesetzliche Grundlagen
Die gesetzlichen Regelungen zu den Leistungen
der­Pflegekassen­zur­Prävention­in­stationären­
Pflegeeinrichtungen­nach­§­5­SGB­XI­lauten­wie­
folgt:
6
1. Die­Pflegekassen­sollen­Leistungen­zur­Präven­
tion­in­stationären­Pflegeeinrichtungen­nach­
§­71­Absatz­2­für­in­der­sozialen­Pflegeversi­
cherung Versicherte erbringen, indem sie un­
ter­Beteiligung­der­versicherten­Pflegebedürf­
tigen­und­der­Pflegeeinrichtung­Vorschläge­zur­
Verbesserung der gesundheitlichen Situation
und zur Stärkung der gesundheitlichen Res­
sourcen und Fähigkeiten entwickeln sowie
deren­Umsetzung­unterstützen.­Die­Pflichten­
der­Pflegeeinrichtungen­nach­§­11­Absatz­1­
bleiben unberührt. Der Spitzenverband Bund
der­Pflegekassen­legt­unter­Einbeziehung­
unabhängigen Sachverstandes die Kriterien für
die Leistungen nach Satz 1 fest, insbesondere
hinsichtlich­Inhalt,­Methodik,­Qualität,­wissen­
schaftlicher­Evaluation­und­der­Messung­der­
Erreichung der mit den Leistungen verfolgten
Ziele.
2. Die­Ausgaben­der­Pflegekassen­für­die­Wahr­
nehmung ihrer Aufgaben nach Absatz 1 sollen
insgesamt im Jahr 2016 für jeden ihrer Versi­
cherten­einen­Betrag­von­0,30­Euro­umfassen.­
Die Ausgaben sind in den Folgejahren ent­
sprechend der prozentualen Veränderung der
monatlichen Bezugsgröße nach § 18 Absatz 1
des Vierten Buches anzupassen. Sind in einem
Jahr die Ausgaben rundungsbedingt nicht an­
zupassen, ist die unterbliebene Anpassung bei
der Berechnung der Anpassung der Ausgaben
im Folgejahr zu berücksichtigen.
3.­ Bei der Wahrnehmung ihrer Aufgaben nach
Absatz­1­sollen­die­Pflegekassen­zusammen­
arbeiten und kassenübergreifende Leistungen
zur­Prävention­erbringen.­Erreicht­eine­Pflege­
kasse den in Absatz 2 festgelegten Betrag in
einem Jahr nicht, stellt sie die nicht verausgab­
ten­Mittel­im­Folgejahr­dem­Spitzenverband­
Bund­der­Pflegekassen­zur­Verfügung,­der­die­
Mittel­nach­einem­von­ihm­festzulegenden­
Schlüssel­auf­die­Pflegekassen­zur­Wahrneh­
mung der Aufgaben nach Absatz 1 verteilt, die
Kooperationsvereinbarungen zur Durchführung
kassenübergreifender Leistungen geschlossen
haben. Auf die zum Zwecke der Vorbereitung
und Umsetzung der Kooperationsvereinba­
rungen nach Satz 2 gebildeten Arbeitsgemein­
schaften­findet­§­94­Absatz­1a­Satz­2­und­3­des­
Zehnten Buches keine Anwendung.
Erläuterung:
In § 5 Abs. 1 SGB XI macht der Gesetzgeber die
Prävention und Gesundheitsförderung in der statio­
nären­Pflege­als­Sollvorschrift­zu­einer­gesetzlichen­
Aufgabe­der­Pflegekassen­mit­stark­verpflichten­
dem Charakter. Die Leistungen beziehen sich dabei
auf einen partizipativen Organisationsentwick­
lungsprozess und sollen sich von den Aufgaben der
Pflegeeinrichtungen­insbesondere­nach­§­11­SGB­XI,­
der­aktivierenden­Pflege,­abgrenzen.­Für­die­
Ausgaben nach § 5 Abs. 1 SGB XI gilt ein jährlich
anzupassender Sollwert pro Kopf der Versicherten.
§­5­Abs.­3­SGB­XI­stellt­dabei­klar,­dass­die­Pflege­
kassen diese Leistungen in Kooperation erbringen
sollen. Die Art und Ebene der Kooperation ist nicht
festgelegt.
3.­­ Der­Gesundheitsförderungsprozess­
­ ­ in­der­stationären­Pflege
Prävention und Gesundheitsförderung in der
Lebenswelt­der­stationären­Pflege­stellen­einen­
Prozess dar, der die Elemente
• Bedarfsermittlung einschließlich vorhandener
Risiken und Potenziale,
• eine daraus abgeleitete Zielbestimmung und
• Entwicklung­von­Vorschlägen­und­Maßnah­
men zur Verbesserung gesundheitsrelevanter
Verhältnisse und Verhaltensweisen sowie
• die Unterstützung von deren Umsetzung,
jeweils unter Beteiligung der in der stationären
Pflegeeinrichtung­befindlichen­Menschen­und­den­
Verantwortlichen, umfasst. Bei einer nachhaltigen
Etablierung von Prävention und Gesundheitsförde­
rung­in­stationären­Pflegeeinrichtungen­wieder­
holt sich dieser Prozess im Sinne eines Lernzy­
klus: An die Umsetzung schließt sich wiederum
eine Analysephase an, in der die Ergebnisse der
bereits­durchgeführten­Maßnahmen,­z.­B.­aus­
definierten­Handlungsfeldern,­bewertet­werden.­
Darauf­aufbauend­können­weitere­Maßnahmen­
erarbeitet und umgesetzt werden (vgl. Abbil­
dung 1).
Der Präventions- und Gesundheitsförderungspro­
zess gliedert sich in die Schritte „Vorbereitung“,
„Nutzung­von­Strukturen“,­„Analyse“,­„Maßnah­
menplanung“, „Umsetzung“ und „Evaluation“. Die
Sensibilisierung aller Beteiligten für die Prävention
und­Gesundheitsförderung­von­pflegebedürftigen­
Menschen­in­der­stationären­Pflegeeinrichtung­
sowie die interne Öffentlichkeitsarbeit stellen
kontinuierliche Aufgaben während des gesamten
Prozesses dar.
1 . Vorbereitungsphase: Durch persönliche
und/oder mediengestützte Information und
Beratung­unterstützen­die­Pflegekassen­das­
Interesse­der­in­den­stationären­Pflegeeinrich­
tungen Verantwortlichen für die Prävention/
Gesundheitsförderung. In der persönlichen
Beratung interessierter Verantwortlicher kön­
nen diese für das Thema Prävention/Gesund­
heitsförderung­pflegebedürftiger­Menschen­in­
der­stationären­Pflegeeinrichtung­sensibilisiert­
und für ein gemeinsames Verständnis von
Prävention/Gesundheitsförderung nach dem
Setting-Ansatz vorbereitet werden. Am Ende
der Vorbereitungsphase steht die Grundsatz­
entscheidung­der­stationären­Pflegeeinrich­
tung, in einen Präventions- und Gesundheits­
förderungsprozess einzutreten. Es erfolgt eine
Klärung von Auftrag und Zielsetzung.
2 . Nutzung von Strukturen: Zu Beginn von
Maßnahmen­der­Prävention/Gesundheitsför­
derung­in­der­stationären­Pflegeeinrichtung­
ist es wichtig, die relevanten Akteure zu­
sammenzubringen. Dabei wird empfohlen,
dass­Pflegekassen­sich­möglichst­in­bereits­
vorhandene Strukturen einbringen, sodass ein
untereinander abgestimmtes Handeln erfolgen
kann.­Es­empfiehlt­sich,­unter­Berücksich­
tigung vorhandener Strukturen aus dem
Qualitätsmanagement­ein­Steuerungsgremium­
aufzubauen bzw. vorhandene Gremien dem
Ziel entsprechend zu erweitern und anzupas­
sen. Das Steuerungsgremium hat die Aufgabe,
die Analyse des Bedarfs, die Festlegung von
Zielen,­die­Planung­und­Umsetzung­der­Maß­
nahmen sowie die Evaluation zu koordinieren.
In der Steuerungsgruppe müssen die Leitung
der Einrichtung und die Zielgruppe vertreten
sein, um Beteiligung zu gewährleisten. Die
Steuerungsgruppe koordiniert die Bedarfser­
mittlung,­Zieldefinition,­Planung­und­Umset­
zung­von­Maßnahmen­und­die­Evaluation.
Anzustreben ist die Beteiligung von :
• Einrichtungsleitungen und
Verantwortlichen­für­das­Qualitäts­
management
• Pflegefachkräften­als­zentrale­
Beschäftigtengruppe
• Mitarbeiterinnen­und­Mitarbeitern­der­
Betreuung
• Pflegebedürftigen­und­ihren­Angehörigen
• Heimbeiräten
• gesetzlichen Betreuerinnen und Betreuern
7
Der­Gesundheitsförderungsprozess­in­der­stationären­Pflege
3 . Analyse: Hierbei werden Bedarfe und Bedürf­
nisse­der­Pflegebedürftigen­in­den­einzelnen­
Handlungsfeldern sowie vorhandene Struktu­
ren analysiert. Zur Erfassung von Bedarf und
Angebot­sowie­zur­Evaluation­setzen­Pflege­
kassen geeignete Instrumente ein. In wissen­
schaftlich­begleiteten­Modellprojekten­sollten­
insbesondere­Methoden­der­Beteiligung­auch­
der­Gruppen­von­Pflegebedürftigen­entwickelt­
werden,­die­sich­nicht­von­sich­aus­adäquat­
in Entscheidungsprozesse über die Gestaltung
der­Pflegeeinrichtung­einbringen.­
4 . Maßnahmenplanung: Das Steuerungsgremi­
um interpretiert und bewertet die gesammel­
ten Informationen und leitet daraus Interven­
tionsziele ab. Diese werden in Abstimmung
priorisiert­und­fließen­in­einen­Maßnahmen­
plan für die einzelnen Handlungsbereiche ein.
Dieser­Maßnahmenplan­sollte­sowohl­verhal­
tens-­als­auch­verhältnisbezogene­Maßnahmen­
enthalten, die zur Stärkung von Ressourcen
der Zielgruppen beitragen. Er bringt die
Maßnahmen­nach­Priorität­und­Machbarkeit­
in eine Reihenfolge und legt die Rollen/Ver­
antwortlichkeiten der Akteure und Koopera­
tionspartner für die Gestaltung der einzelnen
Interventionen und Interventionsschritte
fest.­Im­Rahmen­der­Qualitätssicherung­der­
Maßnahmen­enthält­er­die­in­Abstimmung­
getroffenen (Zwischen-)Ergebnisparameter
und Bewertungsmaßstäbe von Interventionen
sowie Routinen für die Dokumentation. Ferner
sind darin die Zeitplanung und einzelne Fris­
ten festgelegt. Das Steuerungsgremium wirkt
auf die Realisierung des Plans hin.
8
5 . Umsetzung: Die von den Projektverantwort­
lichen/vom Steuerungsgremium beschlosse­
nen verhältnis- und verhaltenspräventiven
Maßnahmen­werden­entsprechend­dem­
Maßnahmenplan­schrittweise­umgesetzt.­In­
der­Umsetzung­von­Maßnahmen­muss­ein­
Schwerpunkt im Aufbau nachhaltiger Struk­
turen liegen. Dazu gehört auch der Auf- und
Ausbau von Kooperationen mit externen
Anbietern wie z. B. geeigneten Physiothera­
piepraxen oder Sportvereinen und Trägern der
Erwachsenen- und Seniorenbildung.
6 . Evaluation: Die Evaluation sollte institutions­
bezogen mindestens den Grad der Umsetzung
geeigneter­Maßnahmen­sowie­die­Beteiligung­
der­Pflegebedürftigen,­differenziert­nach­dem­
Grad­der­Pflegebedürftigkeit,­erfassen.­Zur­
Weiterentwicklung können unter Einbezug
wissenschaftlicher Expertise die Entwicklung
von­Erhebungsinstrumenten­von­für­Pflege­
bedürftige relevanten Eckpunkten (z. B. den
Dimensionen gesundheitsbezogener Lebens­
qualität)­entwickelt­werden.­In­den­einzelnen­
Handlungsfeldern sind Vorschläge für geeigne­
te Indikatoren formuliert.
Der­Gesundheitsförderungsprozess­in­der­stationären­Pflege
Abbildung 1:
Der­Gesundheitsförderungsprozess­in­stationären­Pflegeeinrichtungen
Vorbereitungsphase
Nutzung von
Strukturen
Analyse
Maßnahmenplanung
Umsetzung
Evaluation
Information und
Beratung der stationären­Pflegeeinrichtungen
Vernetzung von
externen und
internen Akteuren
Analysen zur
Ermittlung von
Wünschen und
Bedürfnissen der
pflegebedürftigen­
Menschen,­
Erkenntnisse
über sinnvolle
Maßnahmen­in­
den einzelnen
Handlungsfeldern
und von
vorhandenen
Strukturen
Interpretation
und Diskussion
der AnalyseErgebnisse im
Steuerungsgremium
Maßnahmen,­z.­B.­
organisatorische
Maßnahmen,­
strukturelle oder
gestalterische
Veränderungen,
Informationsfluss
Grad der
Umsetzung
geeigneter
Maßnahmen
Sensibilisierung
und­Motivierung­
der in der
stationären
Pflegeeinrichtung­
verantwortlichen
Personen
Entscheidung
zum Einstieg in
einen Gesundheitsförderungsprozess
Aufbau bzw.
Erweiterung
des Steuerungsgremiums
Sicherung von
Nachhaltigkeit,
Verstetigung
Systematische
Ableitung von
Maßnahmen­
nach Zielsetzung,
Dringlichkeit
und verfügbaren
Ressourcen
Unterstützung/
Umsetzung zu
den einzelnen
Handlungsfeldern
Beteiligung der
Pflegebedürftigen­
etc.
Systematischer
Einsatz von
Methoden/
Instrumenten
Analyse von
Ressourcen
Auftragsklärung/
grundsätzliche
Zielsetzung
Entwicklung eines
gemeinsamen
Gesundheitsförderungsverständnisses
Partizipation und Empowerment der Zielgruppe
Kontinuierliche interne Information
9
4. Differenzierung von Leistungen zur
Prävention und Gesundheitsförderung
Pflegeeinrichtungen­sind­mit­ihren­Leistungen­in­
der­Pflege,­der­Betreuung­und­hauswirtschaft­
lichen Versorgung bereits präventiv tätig. Nach
§ 11 SGB XI haben Inhalt und Organisation der
Leistungen­eine­humane­und­aktivierende­Pflege­
zu gewährleisten. Der weitgehende Erhalt der
Gesundheit­der­Pflegebedürftigen­sowie­die­Stär­
kung der körperlichen, psychischen und geistigen
Fähigkeiten gehören damit zum Ziel der stationä­
ren­Pflege.­
Die­Inhalte­der­von­den­stationären­Pflegeeinrich­
tungen zu erbringenden Leistungen werden ge­
setzlich­nach­§§­41,­42,­43­und­87b­(ab­01.01.2017:­
§­43b)­SGB­XI­bestimmt­und­durch­die­Landes­
rahmenverträge­nach­§­75­SGB­XI,­die­Maßstäbe­
und Grundsätze zur Sicherung und Weiterent­
wicklung­der­Pflegequalität­nach­§­113­SGB­XI­
sowie durch die Betreuungskräfte-Richtlinien nach
§­87b­(ab­01.01.2017:­§­53c)­SGB­XI­konkretisiert.­
So­sollen­Pflegeinterventionen­erkennbar­auf­
Wohlbefinden,­Unabhängigkeit,­Lebensqualität,­
Gesundheitsförderung und Prävention gerichtet
sein­(Maßstäbe­und­Grundsätze­für­die­stationäre­
Pflege­nach­§­113­SGB­XI,­Ziffer­4­Ergebnisquali­
tät).­Hierzu­gehören­z.­B.­Hilfen­bei­der­Mobilität­
zur Förderung von Beweglichkeit und zum Schutz
vor Selbst- und Fremdgefährdung oder prophy­
laktische­Maßnahmen­gegen­Druckgeschwüre,­
Pneumonien,­Stürze,­Kontrakturen­und­Mangeler­
nährung.
10
Von­diesen­Pflegeinterventionen­und­Betreuungs­
leistungen sind nunmehr die durch das Präventionsgesetz­vorgesehenen­Leistungen­der­Pflegekas­
sen zur Prävention und Gesundheitsförderung in
stationären­Pflegeeinrichtungen­nach­§­5­SGB­XI­
abzugrenzen.­Pflegekassen­sollen­ihre­Aufgaben­
der Prävention und Gesundheitsförderung durch
die­Beratung­und­zeitlich­begrenzte­(finanzielle)­
Unterstützung­von­Pflegeeinrichtungen­erfül­
len, die geeignete Angebote zur Prävention und
Gesundheitsförderung­­unter­Beteiligung­der­Pfle­
gebedürftigen entwickeln, implementieren und
evaluieren. Diese Angebote zur Prävention und
Gesundheitsförderung im Sinne des § 5 SGB XI
sollen sich insbesondere dadurch auszeichnen,
dass sie alle Bewohnerinnen und Bewohner oder
zumindest Gruppen von Bewohnerinnen und Be­
wohnern des Settings betreffen und mit weniger
spezifischen­Maßnahmen­als­den­am­individuel­
len­Pflegeprozess­orientierten­Pflegeinterventio­
nen­viele­Menschen­erreichen.
Die­Maßnahmen­zielen­auf­die­Verhältnispräven­
tion und damit den Aufbau von gesundheitsför­
dernden­Strukturen­in­Pflegeeinrichtungen­ab­
und­können­auch­Maßnahmen­der­Verhaltensprä­
vention in bestimmten Handlungsfeldern (siehe
Kapitel­7)­beinhalten.­Individuelle­Maßnahmen­
zur­Beseitigung,­Minderung­oder­Verhütung­einer­
Verschlimmerung­der­Pflegebedürftigkeit­(§­18­
Abs. 1 Satz 4 SGB XI) sind hiervon ausgenommen.
Entsprechend­wird­mit­Mitteln­nach­§­5­SGB­XI­
die Umsetzung von präventiven und gesundheits­
fördernden­Maßnahmen­unterstützt,­deren­Inhalt­
sich entweder von der individuell notwendigen
Leistungserbringung­bei­Pflege,­Betreuung­und­
hauswirtschaftlicher Versorgung im Rahmen des
Pflegeprozesses­abgrenzt­oder­über­deren­Maß­hi­
nausgeht­(zusätzliche­qualitätsgesicherte­Angebo­
te, z. B. Gruppenangebote im Bereich Bewegung).
Darüber hinaus können zur Förderung von
innovativen­Ansätzen­aus­Mitteln­nach­§­5­SGB­XI­
Interventionskonzepte für die Lebenswelt der
stationären­Pflegeeinrichtungen­entwickelt­und­
ggf. auch weiterentwickelt werden. Hierbei soll
auch über eine begleitende Dokumentation und
Evaluation­die­Wirkung­präventiver­Maßnahmen­
überprüft werden.
5. Umsetzungs- und
Ausschlusskriterien
Die folgenden Kriterien für unterstützungsfähige
Maßnahmen­zur­Prävention­und­Gesundheits­
förderung­in­stationären­Pflegeeinrichtungen­
orientieren sich an den Förder- und Ausschluss­
kriterien, die grundsätzlich für den Setting-Ansatz
nach § 20a Abs. 1 SGB V6­definiert­worden­sind.­
Darüber hinaus gelten für Aktivitäten im Setting
„stationäre­Pflegeeinrichtungen“­spezifische­
Anforderungen und Kriterien.
•
•
Voraussetzung für Leistungen zur Prävention
und Gesundheitsförderung nach § 5 SGB XI sind
Vereinbarungen­zwischen­stationären­Pflegeein­
richtungen­und­Pflegekassen,­die­mindestens­den­
Umfang und die zeitliche Dauer der Unterstützung
durch­die­jeweilige­Pflegekasse­festlegen.
Pflegekassen­sollen­ihre­Aufgaben­der­Prävention­
und Gesundheitsförderung durch die Beratung
von­Pflegeeinrichtungen­und­durch­Unterstützung­
mittels­Einbringen­von­Ressourcen­erfüllen.­Mög­
liche­Leistungen­der­Pflegekassen­nach­§­5­SGB­XI­
im­Setting­Pflegeeinrichtung­können­z.­B.­Bera­
tung,­Moderation­und­Projektmanagement­sein;­
ebenso­können­Pflegekassen­qualitätsgesicherte­
Konzepte und Programme unter Beteiligung der
versicherten­Pflegebedürftigen­und­der­jeweiligen­
Pflegeeinrichtung­entwickeln.
Maßnahmen­zur­Prävention­und­Gesundheits­
förderung­in­stationären­Pflegeeinrichtungen­
können­auf­der­Grundlage­von­qualitätsgesicher­
ten Konzepten und Programmen durch eigene
Fachkräfte­der­Pflegekassen­oder­durch­von­ihnen­
beauftragte­Dritte­durchgeführt­bzw.­finanziell­
unterstützt werden. Sie müssen grundsätzlich die
nachstehenden Kriterien erfüllen:
Anforderungen:
• Offener­Zugang:­Die­Maßnahmen­stehen­
grundsätzlich allen Bewohnerinnen und
6 GKV-Spitzenverband (2014): Leitfaden Prävention, Hand­
lungsfelder und Kriterien des GKV Spitzenverbandes zur
Umsetzung der §§ 20 und 20a SGB V vom 21. Juni 2000 in
der Fassung vom 10. Dezember 2014.
•
­
•
•
Bewohnern­von­voll-­und­teilstationären­Pfle­
geeinrichtungen offen, unabhängig davon, bei
welcher­Pflegekasse­sie­versichert­sind.­Dies­
gilt­auch,­wenn­nicht­alle­Pflegekassen­bei­der­
jeweiligen­Maßnahme­beteiligt­sind.­
Ausrichtung: Die geplanten Aktivitäten sollen
die gesundheitlichen Ressourcen und Fähig­
keiten der Bewohnerinnen und Bewohner in
Pflegeeinrichtungen­stärken.
Vielfalt/Diversität7: Die Vielfalt/Diversität der
Bewohnerinnen­und­Bewohner­in­Pflegeein­
richtungen wird berücksichtigt.
Qualifikation:­Fachkräfte­der­Pflegekassen­
oder­von­Pflegekassen­beauftragte­Fachkräfte,­
die die in den einzelnen Handlungsfeldern
(s. Kapitel 7) aufgeführten verhaltenspräventi­
ven­Maßnahmen­durchführen,­verfügen­über­
folgende grundsätzlichen Voraussetzungen:
~ Grundqualifikation:­staatlich­anerkannter­
Berufs- oder Studienabschluss im jeweili­
gen Handlungsfeld
~ Zusatzqualifikation:­spezifische,­in­der­
Fachwelt anerkannte Fortbildung8
~ Einweisung­in­die­durchzuführende­Maß­
nahmen9
Die­jeweilige­Anerkennung­der­Qualifikation­
obliegt­den­Pflegekassen.
Partnerschaften: Vorhandene Strukturen, Ein­
richtungen, Netzwerke und Akteure werden
möglichst genutzt bzw. eingebunden.
Konzeptionierung: Vorlage eines Konzeptes zur
Beschreibung­der­Maßnahme,­insbesondere
~ deren­Zielrichtung­(Zieldefinition­erfolgt­
möglichst­operationalisiert;­dabei­ist­die­
Ausrichtung auf die Prävention/Gesund­
heitsförderung zu beachten),
~ deren Dauer (Kontinuität und Regelmäßig­
keit sollten gewährleistet sein),
~ die­geeignete­Qualifikation­der­Ausführen­
den,
7­ Relevante­Merkmale­der­Vielfalt/Diversität­sind­u.­a.­Alter,­
Geschlecht,­Migrationshintergrund.
8­ Diese­kann­ggf.­in­der­Grundqualifikation­enthalten­sein­
und ist durch aussagefähige Unterlagen nachzuweisen.
9­ Diese­kann­ggf.­in­der­Grundqualifikation­enthalten­sein­
und ist durch aussagefähige Unterlagen nachzuweisen.
11
Umsetzungs- und Ausschlusskriterien
~ die Kosten einschließlich eines Finanzie­
rungskonzeptes,
~ die­Qualitätssicherungsmaßnahmen,­
~ die­Evaluation­der­Maßnahme­sowie
~ die Beschreibung der Nutzung vorhandener
Strukturen.
• Partizipation: In den gesamten Präventions-/
Gesundheitsförderungsprozess sollten die
Bewohnerinnen und Bewohner und ihre Ange­
hörigen aktiv einbezogen werden.
• Transparenz: Die Akteure informieren sich
gegenseitig laufend über den jeweils aktuellen
Sachstand­bzgl.­der­jeweiligen­Maßnahme.
12
Ausgeschlossen sind insbesondere:
• Leistungen­der­stationären­Pflegeeinrichtun­
gen,­die­im­Rahmen­der­aktivierenden­Pflege­
gemäß § 11 SGB XI bzw. aufgrund individuel­
ler Bedarfe und Bedürfnisse im Rahmen der
Pflege,­Betreuung­(einschließlich­zusätzlicher­
Betreuung) und hauswirtschaftlichen Versor­
gung­nach­§§­41,­42,­43­und­87b­(ab­2017:­43b­
i. V. m. § 85 Abs. 8) SGB XI zu erfolgen haben
• Maßnahmen­zur­Beseitigung,­Minderung­oder­
Verhütung­einer­Verschlimmerung­der­Pflege­
bedürftigkeit im Sinne von § 18 Abs. 1 Satz 4
SGB XI
• Leistungen,­die­zu­den­Pflichtaufgaben­ande­
rer Einrichtungen oder die in den Zuständig­
keitsbereich­anderer­Leistungsträger­gehören;­
insbesondere die Finanzierung von Heil- und
Hilfsmitteln­nach­§§­32­ff.­SGB­V
• Finanzierung­von­Pflegehilfsmitteln­nach­
§ 40 SGB XI
• Finanzierung von Baumaßnahmen, Einrich­
tungsgegenständen,­Mobiliar­und­technischen­
Hilfsmitteln
• Finanzierung­beruflicher­Ausbildungen
• Finanzierung­von­Qualifizierungsmaßnahmen,­
die­nicht­an­die­Maßnahme­gebunden­sind
• Finanzierung­von­Qualifizierungsmaßnahmen,­
deren Kosten bereits in den vereinbarten
Pflegesätzen­der­Pflegeeinrichtungen­enthal­
ten sind
• Regelfinanzierung­von­auf­Dauer­angelegten­
Stellen, z. B. in Beratungseinrichtungen
• auf einzelne Bewohnerinnen und Bewohner
bezogene­Abrechnung­von­Maßnahmen
• isolierte, d. h. nicht in ein Gesamtkonzept
eingebundene­Maßnahmen
• Forschungsprojekte/Screenings ohne Interven­
tionsbezug
• Aktivitäten von politischen Parteien sowie
parteinahen Organisationen und Stiftungen
• Aktivitäten, die Werbezwecken für kommer­
zielle Einrichtungen, Organisationen oder
Produkte dienen
• ausschließlich öffentlichkeitsorientierte Akti­
onen, Informationsstände oder ausschließlich
mediale Aufklärungskampagnen
• Angebote, die weltanschaulich nicht neutral
sind
6. Präventionsziele in der
­ ­ stationären­Pflege
Die Bundesrahmenempfehlungen der Nationalen
Präventionskonferenz­nach­§­20d­Abs.­3­SGB­V­
vom 19.02.2016 beschreiben unter dem Ziel
„Gesund im Alter“ für die Zielgruppe Bewohnerinnen­und­Bewohner­von­stationären­Pflegeeinrichtungen Präventionsthemen, bei deren
Umsetzung­die­stationären­Pflegeeinrichtungen­
von­den­Pflegekassen­gemäß­§ 5 SGB XI unterstützt werden können.
Ziel präventiver/gesundheitsfördernder Leistungen
in­Pflegeeinrichtungen­ist,­die­gesundheitliche­
Situation­der­Pflegebedürftigen­und­deren­gesundheitliche­Ressourcen­unter­Beteiligung­der­Pflegebedürftigen zu verbessern. Das Oberziel ist dabei
die Stärkung der gesundheitsfördernden Potenziale
von­Pflegeeinrichtungen.­Zur­Umsetzung­wird­den­
Pflegekassen­daher­empfohlen,­in­den­Pflegeeinrichtungen Steuerungsgremien zu unterstützen, die
sich mit der Prävention und Gesundheitsförderung
in­der­Pflegeeinrichtung­befassen­(Teilziel­1).­
Oberziel der Prävention in der stationären Pflege:
Stärkung der gesundheitsfördernden Potenziale von Pflegeeinrichtungen
Teilziel 1:
Die Anzahl der Pflegeeinrichtungen mit einem Steuerungsgremium, das sich mit der Prävention
und Gesundheitsförderung ihrer Bewohnerinnen und Bewohner befasst, ist erhöht.
Die­konkreten­Maßnahmen­sollten­sich­an­den­folgenden­inhaltlichen­Teilzielen­(2.1­bis­2.5)­orientieren.10­Mit­dem­vorliegenden­Leitfaden­werden­die­Zielformulierungen­konkretisiert.­
Teilziele 2.1 bis 2.5:
Teilziele der Pflegekassen für die einzelnen Handlungsfelder
Teilziel 2.1 (Ernährung): Die­Anzahl­der­Pflegeeinrichtungen,­die­ein­auf­anerkannten­Qualitätsstandards­(z.­B.­DGE-Qualitätsstandard­für­die­Verpflegung­in­stationären­Senioreneinrichtungen)­beruhendes­Konzept­zur­Verpflegung­vorweisen­und­Maßnahmen­des­Konzepts­umsetzen,­ist­erhöht.
Teilziel 2.2 (Körperliche Aktivität): Die­Anzahl­der­Pflegeeinrichtungen,­die­ein­Konzept­zur­Förderung­der­körperlichen­Aktivität­und­Mobilität­vorweisen­und­Maßnahmen­des­Konzepts­umsetzen,­ist­
erhöht.
Teilziel 2.3 (Kognitive Ressourcen): Die­Anzahl­der­Pflegeeinrichtungen,­die­ein­Konzept­zur­Förderung­kognitiver­Leistungen­vorweisen­und­Maßnahmen­des­Konzepts­umsetzen,­ist­erhöht.
Teilziel 2.4 (Psychosoziale Gesundheit): Die­Anzahl­der­Pflegeeinrichtungen,­die­ein­Konzept­zur­
Stärkung­psychosozialer­Gesundheit­vorweisen­und­Maßnahmen­des­Konzepts­umsetzen,­ist­erhöht.
Teilziel 2.5 (Gewalt):­Die­Anzahl­der­Pflegeeinrichtungen,­die­einrichtungsinterne­Handlungsleitlinien­
oder­ein­Konzept­zur­Prävention­von­Gewalt­in­der­Pflege­vorweisen­und­die­Handlungsleitlinien­oder­
die­Maßnahmen­des­Konzepts­umsetzen,­ist­erhöht.
Die­vorgenannten­Teilziele­werden­im­Zuge­der­Evaluation­der­Maßnahmen­zur­Prävention­und­Gesundheitsförderung ggf. weiterentwickelt.
10 Diese berücksichtigen die Ziele „Gesund älter werden“ (siehe www.gesundheitsziele.de).
13
7. Handlungsfelder
Maßnahmen­der­Prävention­und­Gesundheits­
förderung­in­stationären­Pflegeeinrichtungen­
umfassen die Handlungsfelder
• Ernährung,
• körperliche Aktivität,
• kognitive Ressourcen,
• psychosoziale Gesundheit und
• Gewalt.
Die Empfehlungen zu den Handlungsfeldern ba­
sieren auf dem Expertenurteil der einbezogenen
Wissenschaftlerinnen und Wissenschaftler. Da die
zugrundeliegende Literaturauswertung für die ein­
zelnen Handlungsfelder insgesamt geringe Evidenz
guter­Qualität­für­Maßnahmen­der­Prävention­und­
Gesundheitsförderung im Sinne des § 5 SGB XI
ergab, besteht grundsätzlicher Forschungsbedarf
zur Wirksamkeit von gesundheitsfördernden und
präventiven Interventionen im Setting der statio­
nären­Pflege­mit­für­Pflegebedürftige­relevanten­
Outcomes. Aufgrund des teilweise fehlenden
Erkenntnisstandes werden von den Experten auch
Interventionen empfohlen, deren Wirksamkeit
angenommen wird. In solchen Projekten sollte die
Umsetzung wissenschaftlich begleitet werden.
7.1 Ernährung
Bei­pflegebedürftigen­Menschen­tragen­krank­
heitsbedingte Faktoren, die entweder die Nah­
rungsaufnahme einschränken oder den Energieund Nährstoffbedarf erhöhen, dazu bei, dass das
Risiko­für­Mangelernährung­erhöht­ist.­In­Einrich­
tungen­der­stationären­Pflege­sind­bis­zu­zwei­
Drittel­der­Pflegebedürftigen­davon­betroffen.­
Mangelernährung­kann­wiederum­dazu­führen,­
dass sich Erkrankungen verschlimmern und Ge­
brechlichkeit zunimmt.11
14
11­ Volkert­D,­Bauer­JM,­Frühwald­T,­Gehrke­I,­Lechleit­
ner­M,­Lenzen-Großimlinghaus­R,­Wirth­R,­Sieber­C­
und­das­DGEM­Steering­Committee­(2013):­Leitlinie­der­
Deutschen­Gesellschaft­für­Ernährungsmedizin­(DGEM)­
in Zusammenarbeit mit der GESKES, der AKE und
der DGG. Klinische Ernährung in der Geriatrie. Aktuel
Ernahrungsmed­2013;­38:­e1­–­e48;­DOI­http://dx.doi.
org/10.1055/s-0033-1343169,
www.dnqp.de/38093.html,­Zugriff­30.09.2015.
Insbesondere für die individuelle Planung von
Maßnahmen­des­Ernährungsmanagements­liegt­
ein Expertenstandard „Ernährungsmanagement in
der­Pflege“­des­Deutschen­Netzwerkes­für­Qua­
litätsentwicklung­in­der­Pflege­(DNQP)­aus­dem­
Jahr 2010 vor.12­Er­beschreibt­den­pflegerischen­
Beitrag zum Ernährungsmanagement mit dem Ziel
der Sicherung und Förderung einer bedarfs- und
bedürfnisgerechten Ernährung durch angemessene
Unterstützung bei der Aufnahme von Speisen und
Getränken­sowie­der­Gestaltung­der­Mahlzeiten.­
Aufgabe der Prävention und Gesundheitsförde­
rung nach § 5 SGB XI kann die Verbesserung des
Ernährungsangebotes und der Esssituationen
insgesamt­sein.­Pflegekassen­können­Einrichtun­
gen­diesbezüglich­in­der­Umsetzung­–­beispiels­
weise in Anlehnung des auf Konsens beruhenden
„DGE-Qualitätsstandards­für­die­Verpflegung­in­
stationären­Senioreneinrichtungen“­–­beraten­und­
unterstützen.
Ziel:
Verbesserung der Ernährungssituation
der Pflegebedürftigen
Maßnahme:
Umsetzung­anerkannter­Qualitätsstandards­(z. B.
DGE-Qualitätsstandards­für­die­Verpflegung­in­
stationären Senioreneinrichtungen)
Evidenz:
Der­DGE-Qualitätsstandard­für­die­Verpflegung­
in stationären Senioreneinrichtungen beruht auf
starkem Konsens.
Erfolgsindikatoren (Teilziel 2.1):
Die­Anzahl­der­Pflegeeinrichtungen,­die­ein­auf­
anerkannten­Qualitätsstandards­(z.­B.­DGE-Qua­
litätsstandard­für­die­Verpflegung­in­stationären­
Senioreneinrichtungen) beruhendes Konzept zur
Verpflegung­vorweisen­und­Maßnahmen­des­
Konzepts umsetzen, ist erhöht.
Indikatoren für Wirksamkeit:
Ernährungsstatus­(z.­B.­mit­dem­Mini­Nutritional­
Assessment­MNA)­und­gesundheitsbezogene­
Lebensqualität
12­ www.dnqp.de/38093.html,­Zugriff­30.09.2015.
Handlungsfelder
7.2 Körperliche Aktivität
Körperliche­Aktivität­bei­Pflegebedürftigen­ist­
hochrelevant für den Erhalt körperlicher Leis­
tungen, für die Durchführbarkeit der Aktivitäten
des täglichen Lebens und zudem unterstützend
in der Prävention zusätzlicher Erkrankungen. Die
plausible Vermutung, dass körperliche Aktivität
auch zum Erhalt der kognitiven Leistungsfähig­
keit13 und zur Sturzprophylaxe14 beitragen kann,
ist in systematischen Übersichtsarbeiten bisher
nicht bestätigt worden. Zur Vorbeugung von
Sturzereignissen und Sturzfolgen existiert ein
Expertenstandard­zur­Sturzprophylaxe.­Mitte­2016­
werden weiterhin die Ergebnisse der modellhaf­
ten Implementierung des Expertenstandards nach
§­113a­SGB­XI­zur­„Erhaltung­und­Förderung­der­
Mobilität­in­der­Pflege“­vorliegen.­Unter­Mobilität­
wird dort in Anlehnung an das fachliche Ver­
ständnis­von­Pflegebedürftigkeit­die­körperliche­
Fähigkeit verstanden, sich über kurze Strecken
selbständig fortzubewegen und selbständig La­
geveränderungen des Körpers vorzunehmen. Der
Erhalt­der­Mobilität­einzelner­Pflegebedürftiger­im­
Rahmen­des­individuellen­Pflegeprozesses­wird­
als­Aufgabe­aktivierender­Pflege­verstanden.­Die­
Prävention gemäß § 5 SGB XI zur Förderung der
körperlichen Aktivität ist damit nicht abgedeckt.
13 Crocker T, Forster A, Young J, Brown L, Ozer S, Smith J,
Green J, Hardy J, Burns E, Glidewell E, Greenwood D.C.
(2013):­Physical­rehabilitation­for­older­people­in­long­
term care (Review). Cochrane Database of Systematic
Reviews 2: 1-269.
Littbrand­H,­Stenvall­M,­Rosendahl­E.­(2011):­Applicability­
and effects of physical exercise on physical and cognitive
functions and activities of daily living among people with
dementia. A systematic review. American Journal of Physi­
cal­Medicine­&­Rehabilitation­90,­6:­495-518.
14 Vlaeyen E, Coussement J, Leysens G, van der Elst E,
Delbaere K, Cambier D, Denhaerynck K, Go-emaere S,
Wertelaers­A,­Dobbels­F,­Dejaeger­E,­Milisen­K­(2015):­
Characteristics and effectiveness of fall prevention
programs in nursing homes: a systematic review and
meta-analysis of randomized controlled trials. Journal of
the­American­Geriatrics­Society­63:­211-221.
Cameron­ID,­Gillespie­LD,­Robertson­MC,­Murray­GR,­Hill­
KD, Cumming RG, Kerse N. (2012): Interventions for pre­
venting falls in older people in care facilities and hospitals
(Review). Cochrane Database of Systematic Reviews 12:
1-181.
Pflegekassen­können­die­Pflegeeinrichtungen­
darin unterstützen, Bewegungsprogramme in
Gruppen anzubieten, die progressives Wider­
standstraining, funktionelles Training moderater
Intensitäten und Gleichgewichtstraining mitein­
ander­kombinieren.­Pflegebedürftige­sollten­die­
Möglichkeit­haben,­mindestens­fünf­Mal­pro­Wo­
che­insgesamt­150­Minuten­an­solchen­Angeboten­
teilzunehmen, die ihrer körperlichen Leistungsfä­
higkeit und ihrem Bedarf entsprechen.
Ziel:
Steigerung der körperlichen Aktivität
der Pflegebedürftigen
Maßnahme:
Anzustreben sind Angebote an Bewegungspro­
grammen­in­Gruppen,­in­denen­fünf­Mal­pro­
Woche­mit­insgesamt­150­Minuten­progressives­
Widerstandstraining mit funktionellem Training
moderater Intensität und mit Gleichgewichtstrai­
ning kombiniert wird.
Evidenz:
Es liegt moderate Evidenz dafür vor, dass progres­
sives Widerstandstraining, funktionelles Training
oder deren Kombination in moderater Intensität
eine Verbesserung der funktionellen Leistungsfä­
higkeit und der Durchführbarkeit von Aktivitäten
des täglichen Lebens bewirken kann.15, 16, 17, 18
Gleichgewichtsübungen können alleine oder in
Kombination mit Krafttraining einen positiven
Effekt­auf­die­Gleichgewichtsfähigkeit­Pflegebe­
dürftiger­in­der­stationären­Pflege­haben.19, 20
Erfolgsindikatoren (Teilziel 2.2):
Die­Anzahl­der­Pflegeeinrichtungen,­die­ein­Kon­
zept zur Förderung der körperlichen Aktivität und
Mobilität­vorweisen­und­umsetzen,­ist­erhöht.
Indikatoren für Wirksamkeit:
Funktionelle Leistungsfähigkeit, Durchführbar­
keit der Aktivitäten des täglichen Lebens und
gesundheitsbezogene­Lebensqualität­(körperliche­
Leistungsfähigkeit­und­Wohlbefinden)
15­Valenzuela­M­(2012):­
Efficacy­of­progressive­
resistance training inter­
ventions in older adults
in nursing homes: a sys­
tematic review. Journal
of­the­American­Medical­
Directors­Association­13:­
418-428.
16 Littbrand H, Stenvall
M,­Rosendahl­E­(2011):­
Applicability and effects
of physical exercise on
physical and cognitive
functions and activities of
daily living among people
with dementia. A syste­
matic review. American
Journal of Physical
Medicine­&­Rehabilitation­
90, 6: 495-518.
17 Weening-Dijksterhuis E,
de­Greef­MHG,­Scherder­
EJA, Slaets JPJ, van der
Schrans CP (2011): Frail
institutionalized older
persons. A comprehen­
sive review on physical
exercise,­physical­fitness,­
activities of daily living
and­quality-of-life.­Ame­
rican Journal of Physical
Medicine­&­Rehabilitation­
90, 2: 156-168.
18­van­Malderen­L,­Mets­T,­
Gorus­E­(2013):­Interven­
tions­to­enhance­the­qua­
lity of life of older people
in residential long-term
care: a systematic review.
Ageing Research Reviews
12: 141-150.
19 Crocker T, Forster A,
Young J, Brown L, Ozer S,
Smith J, Green J, Hardy J,
Burns E, Glidewell E,
Greenwood­D.C.­(2013):­­
Physical rehabilitation for
older people in long-term
care (Review). Cochrane
Database of Systematic
Reviews 2: 1-269.
20Weening-Dijksterhuis E,
de­Greef­MHG,­Scherder­
EJA, Slaets JPJ, van der
Schrans CP (2011): Frail
institutionalized older
persons. A comprehen­
sive review on physical
exercise,­physical­fitness,­
activities of daily living
and­quality-of-life.­Ame­
rican Journal of Physical
Medicine­&­Rehabilitation­
90, 2: 156-168.
15
Handlungsfelder
7.3 Stärkung kognitiver Ressourcen
7.4 Psychosoziale Gesundheit
Aufgrund des hohen Anteils dementiell verän­
derter Bewohnerinnen und Bewohner und dem
generellen Risiko kognitiver Einbußen bei hochalt­
rigen­Pflegebedürftigen­ist­die­Stärkung­kognitiver­
Ressourcen ein relevantes Thema der Prävention
und­Gesundheitsförderung­in­stationären­Pflege­
einrichtungen. Reines Gedächtnistraining scheint
einen geringeren Schutz zu bieten als kognitive
Übungen mit komplexeren mentalen Leistungen.21
Die­psychosoziale­Gesundheit­pflegebedürftiger­
Menschen­in­der­stationären­Pflege­zu­erhal­
ten, zu stärken oder wiederherzustellen ist eine
besondere Herausforderung. Neurodegenerative
Erkrankungen wie die Alzheimer-Demenz und die
Parkinsonsche­Erkrankung­sind­besonders­häufig­
mit Depressionen verbunden. Depressionen gelten
als relevanteste psychische Erkrankung in der
stationären­Pflege.­Es­muss­von­einer­Prävalenz­
depressiver Symptome bei von bis zu 50 Prozent
und von schwerer Depression bei bis zu 20 Pro­
zent­der­Pflegebedürftigen­ausgegangen­werden.26
21­ ­Gates­NJ,­Sachdev­PS,­Fiatarone­Singh­MA,­Valenzuela­M­
(2011): Cognitive and memory training in adults at risk of
dementia:­A­Systematic­Review.­BMC­Geriatrics,­11­(55):­
1-14.
22­ Valenzuela­M,­Sachdev­
PS (2009): Can Cognitive
Exercise Prevent the
Onset of Dementia?
Systematic Review of
Randomized Clinical
Trials with Longitudinal
Follow-up. The American
Journal of Geriatric Psy­
chiatry­17­(3):­179–187.
23­ Wang­HX,­Xu­W,­Pei­JJ­
(2012): Leisure activities,
cognition and dementia.
Biochimica et biophysica
acta­1822­(3):­482–491.
24 Gates NJ, Sachdev PS,
Fiatarone­Singh­MA,­
Valenzuela­M­(2011):­
Cognitive and memory
training in adults at
risk of dementia: A
Systematic­Review.­BMC­
Geriatrics, 11 (55): 1-14.
25 Woods B, Aguirre E,
Spector AE, Orrell
M­(2012):­Cognitive­
stimulation to improve
cognitive functioning in
people with dementia.
The Cochrane database
of systematic reviews 2:
CD005562.
Ziel:
Erhalt der kognitiven Leistungsfähigkeit der
Pflegebedürftigen
Maßnahme:
Anzustreben sind Angebote mit kognitiven Ak­
tivitäten zur Stärkung kognitiver Ressourcen an
fünf Tagen pro Woche, die sich nicht auf reines
Gedächtnistraining beschränken.
Evidenz:
Es liegt geringe bis moderate Evidenz dafür vor,
dass sich mentale Aktivität generell fördernd und
protektiv auf die kognitive Leistungsfähigkeit22,­23,
bei­älteren­Menschen­mit­milden­kognitiven­
Einschränkungen24 und bei dementiell veränder­
ten Personen verbessernd25 auf die kognitiven
Leistungen auswirken können. Bei dementiell
Veränderten sind positive Auswirkungen auf die
gesundheitsbezogene­Lebensqualität­wahrschein­
lich.
Erfolgsindikatoren (Teilziel 2.3):
Die­Anzahl­der­Pflegeeinrichtungen,­die­ein­Kon­
zept zur Förderung kognitiver Leistungen vorwei­
sen und umsetzen, ist erhöht.
Indikatoren für Wirksamkeit:
Kognitive Fähigkeiten, gesundheitsbezogene
Lebensqualität­(kognitive­Leistungsfähigkeit­und­
Wohlbefinden)
16
Eine Übersichtsarbeit27 geringer methodischer
Qualität­kommt­zu­dem­Ergebnis,­dass­psycho­
soziale Interventionen zur primären Prävention
depressiver Symptome einen schwachen Effekt
aufweisen. Soziale Aktivitäten könnten hier be­
sonders erfolgreich sein, allerdings sind zu wenige
Studien in die Übersichtsarbeit einbezogen, um
eine Empfehlung abgeben zu können. Aus theo­
retischen Überlegungen lässt sich ableiten, dass
die­Stärkung­von­Resilienz­und­des­Empfindens­
von Kohärenz sinnvolle Ansätze zur universellen
Prävention sein könnten. Daraus ergibt sich die
Empfehlung,­Pflegebedürftigen­die­Teilhabe­an­
sozial anerkannten Aktivitäten zu ermöglichen.
Der­hohe­Anteil­von­Menschen­mit­Suchterkrankungen­in­Pflegeeinrichtungen­kann­einen­Bedarf­
an Therapie und individueller Prävention sowie
eine­Optimierung­des­Medikationsprozesses­in­
der­stationären­Pflege­begründen.­Empfehlungen­
zur Prävention und Gesundheitsförderung für
diese Zielgruppe im Sinne des § 5 SGB XI kön­
nen mangels geeigneter Studien nicht gegeben
26­ Wittchen­HU,­Jacobi­F,­Klose­M­und­Ryl­L­(2010):­Depres­
sive Erkrankungen, Gesundheitsberichterstattung des
Bundes, Heft 51, RKI: Berlin.
27 Forsman AK, Schierenbeck I, Wahlbeck K (2011): Psycho­
social interventions for the prevention of depression in
older adults: systematic review and meta-analysis J Aging
Health.­23(3):387-416.
Handlungsfelder
werden. Von Expertinnen und Experten wird hier
ebenfalls die Stärkung von Resilienz empfohlen.
Ziel:
Stärkung der psychosozialen Gesundheit
durch Stärkung der Resilienz
Maßnahme:
Förderung­der­Teilhabe­Pflegebedürftiger­an­sozial­
anerkannten Aktivitäten
Evidenz:
Expertise;­es­liegen­keine­methodisch­hinreichend­
guten Übersichtsarbeiten vor.
Erfolgsindikatoren (Teilziel 2.4):
Die­Anzahl­der­Pflegeeinrichtungen,­die­ein­
Konzept zur Stärkung psychosozialer Gesundheit
vorweisen und umsetzen, ist erhöht.
Indikatoren für Wirksamkeit:
Gesundheitsbezogene­Lebensqualität­
(Wohlbefinden)
Anmerkung:
Dieses Ziel kann auch für die Suchtprävention
hilfreich sein.
7.5 Prävention von Gewalt
Gewalt­gegenüber­alten­Menschen­sind­nach­
einer­Definition­der­Weltgesundheitsorganisation28
einmalige oder wiederholte Handlungen oder
das Unterlassen gebotener Handlungen, die bei
den Betroffenen zu Schaden oder Leid führen.
Damit sind Formen emotionaler, körperlicher und
sexualisierter Gewalt sowie Vernachlässigung
gemeint.­Gewalt­gegen­und­durch­Pflegebedürfti­
ge bedingen sich oft wechselseitig. Die Relevanz
des Themas ist unter Expertinnen und Experten
unbestritten.
In wenigen Bundesländern (z. B. Hessen) be­
stehen­explizite­Verpflichtungen­in­den­Heim­
gesetzen,­Konzepte­für­gewaltfreie­Pflege­vor­
zulegen.­Primär­sollten­Pflegeeinrichtungen­bei­
der Implementierung geeigneter Konzepte in
28 WHO (2002): The Toronto declaration on the global
prevention of elder abuse. WHO. Genf.
Kooperation mit der jeweiligen Heimaufsicht und
dem Träger der Kranken- bzw. Unfallversicherung
unterstützt werden.
Während mit partizipativen Ansätzen zur Prä­
vention­von­Gewalt­in­Pflegeeinrichtungen­erste­
Erfahrungen vorliegen29, ist die Erkenntnisla­
ge­zur­Wirksamkeit­präventiver­Maßnahmen­
noch unbefriedigend. Eine Übersichtsarbeit zur
Gewaltprävention­in­der­Pflege30 konnte lediglich
eine kontrollierte Studie zur Wirksamkeit eines
Schulungsprogramms­identifizieren­und­kommt­
zu dem Schluss, dass diese Studie aufgrund
erheblicher methodischer Schwächen und
mangelnder Übertragbarkeit keine zuverlässigen
Schlüsse über die Wirksamkeit von Interventionen
zur Gewaltprävention zulässt. Das hat sicherlich
auch­damit­zu­tun,­dass­sich­Maßnahmen­zur­
Gewaltprävention­in­der­stationären­Pflege­nicht­
nur auf einen singulären Aspekt beziehen können,
sondern auf Systemebene, an den Strukturen
einer­stationären­Pflegeeinrichtung­ansetzen­
müssen. Dementsprechend muss ein Konzept
zur Gewaltprävention ein Bündel unterschiedli­
cher­Maßnahmen­enthalten.31,­32 Hierzu gehören
neben einer Sensibilisierung und regelmäßigen
Schulung­von­Mitarbeiterinnen­und­Mitarbeitern­
29­ Müller­B­(2008):­Gute­Lösungen­in­der­Pflege­II.­
Beispiele guter Praxis einer gesundheitsgerechten und
qualitätsfördernden­Arbeitsgestaltung­von­Pflegearbeits­
plätzen­in­Krankenhäusern,­Altenpflegeheimen­und­am­
bulanten­Pflegediensten.­Bundesanstalt­für­Arbeitsschutz­
und Arbeitsmedizin, Dortmund/Dresden.
30­ Meyer­G,­Abraham­J­(2013):­Gewaltprävention­in­der­
Pflege.­Übersichtsarbeit­zu­Voraussetzungen­und­wirk­
samen­Maßnahmen­zur­Vermeidung­von­Gewalt­in­der­
Pflege.­Abschlussbericht­für­das­Zentrum­Qualität­in­der­
Pflege­November­2013.­www.zqp.de/upload/content.000/
id00148/attachment01.pdf­,­Zugriff­31.08.2015.
31­ Schempp­N,­Brucker­U,­Kimmel­A­(2012):­Monitoring­in­
Long-Term­Care­–­Pilot­Project­on­Elder­Abuse.­MILCEA­
Final­Report.­Essen:­Medizinischer­Dienst­des­Spitzenver­
bandes­Bund­der­Krankenkassen­e.V.­(MDS),­www.milcea.
eu/pdf/120712_final_report_milcea.pdf,­Zugriff:­08.01.2016.
32­ Müller-Hergl­C­(2011):­Gewalt­und­Vernachlässigung­(Elder­
Abuse):­Stand­der­Diskussion­[Mai­2011].­Witten:­Landes­
initiative Demenz-Service NRW, http://www.uni-wh.de/
fileadmin/media/g/pflege/dzd/Downloads/Arbeitspapiere/
Gewalt-und-Vernachlaessigung_Elder_Abuse.pdf, Abruf
08.07.2015.
17
Handlungsfelder
zum Thema auch die Entwicklung und Festlegung
von einrichtungsinternen Handlungsleitlinien
zum Umgang mit Verdachtsfällen und bei aktuell
verübter Gewalt. Übereinstimmend wird auch den
Pflegeeinrichtungen­empfohlen,­eine­Beauftragte­
bzw. einen Beauftragten für Prävention in den sta­
tionären­Pflegeeinrichtungen­vorzusehen,­die­bzw.­
der­den­Mitarbeiterinnen­und­Mitarbeitern­als­
Ansprechs- und Beratungsinstanz zur Verfügung
steht und sie bei dem Ziel unterstützt, Übergriffe
und Gewalt zu verhindern.33 34
Ziel:
Vermeidung von Gewaltereignissen und
gesundheitlichen Folgen
Maßnahme:
Partizipative Entwicklung von Konzepten
gewaltfreier­Pflege
Evidenz:
Expertise;­in­methodisch­moderaten­
Übersichtsarbeiten konnte keine Studie
methodisch­hinreichend­guter­Qualität­identifiziert­
werden.
Erfolgsindikatoren (Teilziel 2.5):
Die­Anzahl­der­Pflegeeinrichtungen,­die­
einrichtungsinterne Handlungsleitlinien oder ein
Konzept­zur­Prävention­von­Gewalt­in­der­Pflege­
vorweisen und umsetzen, ist erhöht.
Indikatoren für Wirksamkeit:
Gesundheitsbezogene­Lebensqualität­
(Wohlbefinden)
18
33 Schempp et al. (2012).
34­ Siegel­M,­Gahr­B,­Mazheika­Y,­Mennicken­R,­­Ritz-Timme­
S (2014) Intervention zur Prävention von Gewalt in der
Pflege:­Von­der­Sensibilisierung­zur­Handlungskompetenz.­
Palliativmedizin­2014,­15­(03):­PD­335.­
8.­ Dokumentation,­Messung­der­
Zielerreichung und Berichtswesen
Die­nach­§­5­SGB­XI­von­den­Pflegekassen­erbrach­
ten Leistungen sind durch diese zu dokumentieren.
Insbesondere zum Zweck der Berichterstattung
gemäß § 20d Abs. 4 SGB V (Präventionsbericht
der Nationalen Präventionskonferenz) i. V. m. § 5
Abs.­5­SGB­XI­und­der­Messung­der­Erreichung­der­
Präventionsziele­in­der­stationären­Pflege­erfolgt­die­
Dokumentation jährlich und umfasst insbesondere
die:
• Anzahl­der­erreichten­Pflegeeinrichtungen,­dif­
ferenziert nach Zugangsweg (Setting): vollstati­
onär,­Kurzzeitpflege,­Tages-­oder­Nachtpflege­
• Art,­Dauer­und­Anzahl­der­von­den­Pflegekas­
sen­(z.­B.­finanziell)­unterstützten­Maßnahmen­
zur Prävention und Gesundheitsförderung
• Anzahl der direkt und indirekt (z. B. über
Multiplikatoren)­erreichten­pflegebedürftigen­
Menschen
• Zielgruppen
• Angaben­zur­Qualitätssicherung­
• Kooperationspartner
• Höhe­der­verausgabten­Mittel
Die Dokumentation erfolgt in der zwischen dem
GKV-Spitzenverband­und­den­Verbänden­der­Pfle­
gekassen auf Bundesebene abgestimmten Weise
im­Onlinesystem­des­Medizinischen­Dienstes­des­
Spitzenverbandes­Bund­bzw.­in­pflegekasseneige­
nen Dokumentationssystemen.
Die Nationale Präventionskonferenz erstellt den
trägerübergreifenden Präventionsbericht nach
§ 20d Abs. 4 SGB V. Nach den Bundesrahmen­
empfehlungen­nach­§­20d­Abs.­3­SGB­V­be­
schließen die Träger die erforderlichen Angaben
in trägerübergreifend abgestimmter Form. Die
Pflegekassen­stellen­dem­GKV-Spitzenverband­die­
erforderlichen Daten und Auskünfte zur Verfü­
gung.
19
9. Evaluation
Der GKV-Spitzenverband vergibt in regelmäßigen
Abständen Aufträge über die wissenschaftliche
Evaluation­der­Leistungen­der­Pflegekassen­zur­
Prävention­in­stationären­Pflegeeinrichtungen­nach­
§ 5 SGB XI.
20
21
GKV-Spitzenverband
Reinhardtstraße 28
10117 Berlin
Telefon:­030­206288-0
Telefax:­030­206288-88
www.gkv-spitzenverband.de