Frühe Nutzenbewertung von Arzneimitteln: Ergebnisse und Wirkung

Frühe Nutzenbewertung von Arzneimitteln:
Ergebnisse und Wirkung
53. Wirtschaftsforum des Deutschen Apothekerverbandes (DAV)
am 28. April 2016 in Berlin
Georg Wager, General Manager
Inhaltsübersicht
• Ziele des AMNOG
• Versorgung der Patienten mit innovativen Arzneimitteln in
der Praxis
• Versorgungsprobleme bei innovativen ZNS-Medikamenten
am Beispiel Epilepsie
• Pharmadialog als Chance?
• Fazit
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Ziele des AMNOG:
„win-win-win“ für Patienten, Kassen und Innovationen
Ziele des Gesetzentwurfes:
1. Den Menschen müssen im Krankheitsfall die besten und wirksamsten
Arzneimittel zur Verfügung stehen.
2. Die Preise und Verordnungen von Arzneimitteln müssen wirtschaftlich
und kosteneffizient sein.
3. Es müssen verlässliche Rahmenbedingungen für Innovationen, die
Versorgung der Versicherten und die Sicherung von Arbeitsplätzen
geschaffen werden.
Quelle: Gesetzentwurf der Bundesregierung, Bundestags-Drucksache 17/2413
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Versorgung der Patienten mit
innovativen Arzneimitteln in der Praxis
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Unterschiedliche Bewertung in der Praxis
Prozent (mittlerer Vergleichspreis = 100)
250
42 Produkte mit
Erstattungsbeträgen
200
15 Vergleichsländer
(gemäß Rahmenvereinbarung)
150
Spannweite der
europäischen
Vergleichspreise
100
Erstattungsniveau in
Deutschland
(Listenpreis abzüglich
Rabatte nach §130a
Abs. 1 und §130b)
50
0
Stand: April 2014
Anonymisierte Darstellung, sortiert nach Höhe des dt. Erstattungsniveaus
•
•
•
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GKV-SV, G-BA, BÄK: Patienten bekommen das, was für sie gut ist zu
angemessenen Preisen
Hersteller: Versorgungsdefizite, Preise unterhalb des europäischen
Durchschnitts, Innovationsbremse
Fachgesellschaften: unzureichende Einbindung und Berücksichtigung
fachlicher Expertise
Quelle: ÖBIG, Lauer-Taxe
Aktuelle Übersicht
AMNOG-Verfahren
Phase I:
Frühe Nutzenbewertung
Gestartete
Verfahren
Phase II:
Festsetzung Erstattungsbetrag
NB-Beschlüsse
21 Marktrücknahmen
Stand: 05.04.2016
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Erstattungsbeträge
Erfahrungen des „lernenden Systems“ aus
Sicht der forschenden Arzneimittelhersteller
1. Restriktive Bewertungspraxis
2. Subgruppenaufteilung („Slicing“) ist im AMNOG die Regel
3. „Zusatznutzen (ZN) nicht belegt“ folgt meist aus Inkongruenz
der Anforderungen an die Nutzenbewertung mit der Zulassung
4. Schlechte Bewertungschancen für chronische Erkrankungen
(v.a. Epilepsie und andere ZNS-Erkrankungen)
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1. Restriktive Bewertungspraxis
Stand: März 2016
Zusatznutzen
kein Zusatznutzen
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Quelle: vfa
Datenbasis: vfa AMNOG-Verfahrensdatenbank;
Angaben des G-BA zur Zielpopulation in 291
Subpopulationen aus 126 abgeschlossenen
Verfahren (Orphan Drugs ausgeschlossen)
2. Subgruppenaufteilung ist die Regel
48%
Beschluss in einer
Population
52%
Beschluss in mehreren
Subgruppen
Stand: Februar 2016
Datenbasis: AMNOG
Verfahrensdatenbank; 155
abgeschlossene Verfahren mit 328
Subpopulationen (mit Orphan Drug)
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3. „ZN nicht belegt“ folgt meist aus Inkongruenz der
Anforderungen gegenüber denen der Zulassung
11,9 Prozent
kein oder
unvollständiges
Dossier
Formale Gründe
74,7 Prozent
13,4 Prozent
Abweichung:
verfügbare Evidenz vs.
Anforderungen des
IQWiG / G-BA
(Evidenz nicht
herangezogen)
Bewertung und
Abwägung der
Studienergebnisse
(Evidenz
herangezogen)
Inkongruenz
Inhaltliche Gründe
Zusatznutzen gilt als nicht belegt
Stand 10.03.2016
Datenbasis: Tragende Gründe zu G-BA Beschlüssen zu abgeschlossenen Verfahren
(ohne Zusatznutzen bewertet: 202 Subpopulationen, ohne Erstverfahren bei Verfahrenswiederholungen)
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4. Schlechte Bewertungschancen für
chronische Erkrankungen – ZNS
Produktebene
- generell -
Bewertungschancen
für ZNS-Medikamente
15%
54%
46%
85%
Stand: März 2016
Zusatznutzen
kein Zusatznutzen
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Datenbasis: vfa AMNOG-Verfahrensdatenbank;
Angaben des G-BA zu 13 abgeschlossenen
Verfahren im Bereich ZNS-Erkrankungen (ohne
Erstverfahren bei Verfahrenswiederholungen)
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Versorgungsprobleme bei innovativen
ZNS-Medikamenten am Beispiel Epilepsie
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Fycompa – Innovatives Antiepileptikum
• Fycompa (Perampanel) ist der erste und einzige Vertreter einer neuen
Wirkstoffklasse für die Epilepsiebehandlung und wirkt über die selektive
Blockade postsynaptischer Glutamatrezeptoren vom Typ AMPA.
• In Deutschen Epilepsiezentren wurde nach
Zulassung bei 15% hoch therapierefraktärer
Patienten Anfallsfreiheit erreicht.
(Steinhoff et al., Epilepsy Res. 2014;108(5):986-8)
• Bewertung G-BA: „Ein Zusatznutzen ist nicht belegt.“
• Prof. Josef Hecken, unparteiischer Vorsitzender des G-BA:
„Wenn wir zu dem Ergebnis kämen, dass die für die chronischen Erkrankungen
zur Verfügung gestellten Wirkstoffe, partiell niemals die Evidenz bringen
könnten, die sie bräuchten, um einen vernünftigen Zusatznutzen zu generieren,
dann muss der Gesetzgeber nach meiner Einschätzung darüber nachdenken,
ob es nicht einen Mittelweg geben kann.“ (market access & health policy, Ausgabe 06/14)
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Petitionsverfahren im Deutschen Bundestag zur
Arzneimittelversorgung von Epilepsiepatienten
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Wie geht es weiter?
• Aktuelles Bewertungsverfahren zu einem weiteren
Antiepileptikum
• Bis Mai 2016: Bericht des IQWiG*
• Voraussichtlich im August 2016: Entscheidung des G-BA
• Auswirkungen auf die Versorgung?
* Institut für Qualität und Wirtschaftlichkeit im Gesundheitswesen
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Pharmadialog der Bundesregierung
„Wir wollen einen ressortübergreifenden Dialog unter
Beteiligung von Wissenschaft und Arzneimittelherstellern
einrichten, um den Standort Deutschland für Forschung
und Produktion zu stärken.“
Koalitionsvertrag zwischen CDU, CSU und SPD
16. Dezember 2013
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Pharmadialog als Chance?
Gemeinsame Beratung der pharmazeutischen Hersteller
„Um die Beratung weiter zu verbessern und – soweit
arzneimittelrechtlich möglich – um sowohl Antworten auf die
Fragen der Zulassung als auch Fragen der Bewertung des
Zusatznutzens zu geben, haben der G-BA und die
Zulassungsbehörden eine Vereinbarung für eine engere
Zusammenarbeit und wechselseitige Beteiligung bei den
Beratungsgesprächen getroffen.“
Bericht zu den Ergebnissen des Pharmadialogs, 12. April 2016
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Pharmadialog als Chance?
Mehr Flexibilisierung der Vereinbarkeit des
Erstattungsbetrages, wenn kein Zusatznutzen
festgestellt wurde
„Das Bundesministerium für Gesundheit wird einen Vorschlag
für eine Regelung erarbeiten, der im Einzelfall eine flexiblere
Auswahl der für die Erstattungsbetragsverhandlung
maßgeblichen wirtschaftlichen und zweckmäßigen
Vergleichstherapie ermöglicht.“
Bericht zu den Ergebnissen des Pharmadialogs, 12. April 2016
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Fazit
• Arzneimittelhersteller sind Partner in der Gesundheitsversorgung und
leisten ihren Beitrag für eine wirtschaftliche Versorgung mit innovativen
Arzneimitteln.
• Das bisherige AMNOG-Verfahren läuft nicht rund und kann insbesondere
bei chronischen Erkrankungen zu Versorgungslücken führen.
• Es bedarf des guten Willens, um den Zugang der Patienten zu
innovativen Arzneimitteln weiterhin zu gewährleisten.
• Der Anreiz für Innovationen muss erhalten bleiben.
• Es erfordert ein ausgewogenes Zusammenspiel von Herstellern, Ärzten,
Apothekern und Kassen mit einem gemeinsamen Ziel –
der patientenorientierten Versorgung mit innovativen Arzneimitteln.
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