„SportInterKulturell“ – Vielfalt im Sport aktiv

Fachbeitrag zur Qualifizierungsmaßnahme: „SportInterKulturell“ – Vielfalt im
Sport aktiv mitgestalten
Tabea Gutschmidt und Ingo Wagner
Programm „Integration durch Sport“ im Bayerischer Landes-Sportverband e. V.
Warum interkulturelles Lernen im Sport?
Sport erreicht weite Teile der Bevölkerung in Deutschland. Im Sport – insbesondere dem
Vereinssport – steckt ein großes Integrationspotenzial: Sport vermittelt Verhaltens- und
Orientierungsmuster und trägt zur Integration in die Gesellschaft bei. Demokratische
Mitwirkung und gemeinwohlorientiertes bürgerschaftliches Engagement sind in den Vereinen
gelebter Alltag. Sportliche Betätigung ist für alle – egal welche Altersgruppe – eine sinnvolle
Freizeitgestaltung.
Im Sporttreiben und in den vielfältigen geselligen Aktivitäten werden Werte wie Teamgeist,
Fair Play und gegenseitige Wertschätzung vermittelt und erfahren, die sich positiv auf das
Verhalten im Alltagsleben auswirken. Es werden Begegnungen, Kooperationen und der
Erfahrungsaustausch von Menschen unterschiedlicher sozialer, kultureller und ethnischer
Herkunft gefördert und Vorurteile im gemeinsamen Erleben abgebaut.
Sport wirkt nicht per se integrativ
Integration im Sport findet aber nicht automatisch statt. Der Integrationsprozess muss aktiv
gestaltet werden. Ebenso wenig wie die Einbürgerung in die Bundesrepublik Deutschland
selbstverständlich zu Integration und Partizipation führt, bedeutet auch die Teilnahme in
eigenethnischen und gemischtethnischen Sportvereinen nicht zwingend, dass Migranten/innen ihre Interessen gleichberechtigt wahrnehmen, in Kontakt mit anderen
Vereinsmitgliedern kommen und gar auf der Funktionärsebene eine Rolle spielen können.
Integrationspotentiale des Sports müssen durch gezielte Maßnahmen angeregt und
gefördert werden. Integrationserfolge lassen sich insbesondere an der Bereitschaft zur
interkulturellen Öffnung ablesen. Aufmerksamkeit, Aufgeschlossenheit, Neugierde und
Interesse sind hierfür wichtige Voraussetzungen. Gleiches gilt für die Bereitschaft aller, sich
mit Differenz und Vielfalt auseinandersetzen zu wollen. Ein wichtiger Schritt, Integration im
Sport zu fördern und zu begleiten, ist die interkulturelle Sensibilisierung von Mitgliedern,
Übungsleitern und Vorständen und die damit verbundene Vermittlung interkultureller
Kompetenz.
Interkulturelle Handlungskompetenzen
Interkulturelle Kompetenz bezeichnet die Fähigkeit, mit Menschen anderer Kulturkreise
sicher und erfolgreich umgehen zu können (zu „interagieren“). Interkulturell kompetent ist,
wer nicht vertraute Ansätze der Wahrnehmung, des Denkens, Fühlens und Handelns aus
anderen Kulturkreisen vorurteilsfrei erfasst und begreift. Die Bereitschaft zum ständigen
Dazulernen ist hierfür unverzichtbar. Folgende sozialen Kompetenzen gehören dazu:
•
Empathiefähigkeit: Fähigkeit, sich in ein Gegenüber hinein zu versetzen und dessen
Gefühle nachzuempfinden
•
Perspektivenwechsel: Das Nachvollziehen des Verhaltens anderer aus deren
Blickwinkel. Es ist gekoppelt mit der Bereitschaft, sich selbst und das eigene
Verhalten zu reflektieren und dessen Kulturgebundenheit zu akzeptieren.
•
Konfliktfähigkeit: Fähigkeit, Kritik zu üben und entgegen zu nehmen. Auch gehört
dazu, Konflikte zuzulassen, auszuhalten und bei Konflikten zwischen anderen zu
vermitteln und zu moderieren
•
Ambiguitätstoleranz: Fähigkeit, offensichtlich unüberbrückbare
Widersprüchlichkeiten, kulturell bedingte Unterschiede oder mehrdeutige
Informationen, die schwer verständlich oder sogar inakzeptabel erscheinen,
wahrzunehmen und nicht negativ oder (häufig bei kulturell bedingten Unterschieden)
vorbehaltlos positiv zu bewerten
•
Offenheit und Flexibilität: Fähigkeit, sich selbst zu verändern – ohne sich selbst
aufzugeben; Unvoreingenommenheit
Durch verschiedene Übungen und Spielformen werden Möglichkeiten geschaffen,
gemeinsame Erfahrungen zu machen und eigene Erlebnisse aus der Sportpraxis
einzubringen. Die so geschaffenen Lernsituationen haben das Ziel, die Teilnehmer/-innen für
das Thema zu sensibilisieren und Anregungen für die Sportpraxis zu geben. Dabei geht es
nicht einfach nur um die Vermittlung von Rezepten. Durch eigenes Erleben sollen die
Teilnehmenden dazu gebracht werden, ihr Handeln in der sportpraktischen Arbeit mit
Menschen verschiedener (kultureller) Hintergründe zu überdenken, um damit sensibel auf
den Einzelnen reagieren zu können.
Den „roten Faden“ der Qualifizierung „SportInterKulturell“ bilden fünf Spielfelder, die sich mit
der Erarbeitung der Grundbegriffe des interkulturellen Lernens beschäftigen:
1. Gefühle, Irritation, Fremdheit
2. (Kulturelle) Ressourcen
3. Wahrnehmung und Kommunikation
4. Werte und Konflikte
5. Kulturelle Vielfalt im Sport
Die im Rahmen des Sportkongresses vorgestellte Fortbildung vermittelt einen ersten
Eindruck und behandelt einen Auszug der Gesamtqualifizierungsmaßnahme.
Zusammenfassung
Interkulturelles Lernen im Sport ist eine Form des sozialen Lernens. Gegenstand dieses
Lernens sind die eigene und fremde Kultur, das kulturell geprägte eigene und fremde
Handeln durch:
•
Reflexion des eigenen kulturellen Hintergrunds
•
Relativierung und Erweiterung eigener Sichtweisen
•
Andere, uns fremde Kulturen verstehen lernen
•
Nichtverstehen und Unsicherheit (Fremdheit) aushalten
•
Unterschiede und Gemeinsamkeiten entdecken
•
Zwischen Kultur und Individuum differenzieren
•
Offenheit entwickeln und Grenzen setzen lernen
•
Bedingungen für einen gleichberechtigten Dialog schaffen
•
Gesellschaftspolitische Aspekte thematisieren
Hinweis
Das Programm „Integration durch Sport“ im Bayerischen Landes-Sportverband e. V. bietet
Fortbildungen zum Thema an. Termine und weitere Informationen unter
www.sportintegration.de