5988 Herausgegeben von der Deutschen Gesellschaft für Agrarrecht AGRAR- UND UMWELTRECHT Zeitschrift für das gesamte Recht der Landwirtschaft, der Agrarmärkte und des ländlichen Raumes 8 AUR · AUGUST 2016 46. JAHRGANG 2016 · ISSN 0340-840X AUFSÄTZE Roßkopf, Die Veranlagungsentscheidung in der landwirtschaftlichen Unfallversicherung – zugleich Anmerkung zum Urteil des BayLSG vom 27.01.2016, Az. L 2 U 394/15 – Schulz, Schäden an Bäumen – Zum Baumwert in Schadensersatzfällen AUR-FORUM (KURZBEITRÄGE, BERICHTE, NACHRICHTEN) Helfrich, Zum Begriff der „getrennten Aufzucht“ von Ferkeln bei der Beurteilung der immissionsschutzrechtlichen Genehmigungsbedürftigkeit von Tierhaltungsanlagen – geschichtliche Wertung einer Rechtsentwicklung 8. Berliner Forum Lebensmittelkennzeichnung – zwischen Schutzpflicht des Staates und gesellschaftlichen Erwartungen – 27. September 2016 Erzeugerpreisindex ZEITSCHRIFTENSCHAU BÜCHERSCHAU Stüer/Probstfeld, Die Planfeststellung (Nies) RECHTSPRECHUNG BGH, Beschl. v. 29.4.2016 – BLw 2/15 – zur ungesunden Verteilung von Grund und Boden im Bereich der Landpacht Booth, Die Verpachtung landwirtschaftlicher Grundstücke im Zusammenhang mit der Veräußerung selbiger an Nichtlandwirte – Die Beanstandung solcher Landpachtverträge gemäß § 4 LPachtVG – Anmerkungen zum Beschluss des Bundesgerichtshofes vom 29.04.2016, BLw 2/15 BVerwG, Urt. v. 17.3.2016 – 3 C 4.15 – zur Verzinsung von zu Unrecht gezahlter Beihilfen BVerwG, Urt. v. 17.3.2016 – 3 C 7.15 – zur Verjährung von öffentlich-rechtlichen Zinsansprüchen, die nicht nur nach nationalem Recht geschuldet werden BVerwG, Urt. v. 17.3.2016 – 7 CN 1.15 – Zum Begriff der im Rang unter dem Landesgesetz stehenden Rechtsvorschriften im Sinne des § 47 Abs. 1 Nr. 2 VwGO LSG München, Urt. v. 27.1.2016 – L 2 U 394/15 – zur Veranlagung in der land- und forstwirtschaftlichen Unfallversicherung IMPRESSUM AGRAR- UND UMWELTRECHT. Zeitschrift für das gesamte Recht der Landwirtschaft, der Agrarmärkte und des ländlichen Raumes (AUR). Herausgegeben von der Deutschen Gesellschaft für Agrarrecht (DGAR). ISSN 0340-840 X Schriftleitung: Erster Schriftleiter: Prof. Dr. José Martinez Institut für Landwirtschaftsrecht Platz der Göttinger Sieben 6, 37073 Göttingen, Tel. (05 51) 39 74 15 Zweiter Schriftleiter: LLD Volkmar Nies, Manheimer Str. 21, 50170 Kerpen, Tel. (0 22 75) 9 19 99 10, Fax. (0 22 75) 33 25 34 Assistenz der Schriftleitung: Irina Valeska Schell E-Mail der Schriftleitung: [email protected] Manuskripte: Mit der Zusendung von Manuskripten bekundet der Einsender, dass er alleiniger Inhaber der Urheberrechte oder über das Manuskript ganz zu verfügen berechtigt ist und dass er keine Rechte Dritter verletzt. Die Deutsche Gesellschaft für Agrarrecht erwirbt mit der Annahme zur Veröffentlichung vom Verfasser alle Rechte. 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L 2 U 394/15 – 287 | Schulz, Schäden an Bäumen – Zum Baumwert in Schadensersatzfällen AUR-FORUM (KURZBEITRÄGE, BERICHTE, NACHRICHTEN) 295 | Helfrich, Zum Begriff der „getrennten Aufzucht“ von Ferkeln bei der Beurteilung der immissionsschutzrechtlichen Genehmigungsbedürftigkeit von Tierhaltungsanlagen – geschichtliche Wertung einer Rechtsentwicklung 297 | 8. Berliner Forum Lebensmittelkennzeichnung – zwischen Schutzpflicht des Staates und gesellschaftlichen Erwartungen – 27. September 2016 297 | Erzeugerpreisindex RECHTSPRECHUNG 298 | BGH, Beschl. v. 29.4.2016 – BLw 2/15 – zur ungesunden Verteilung von Grund und Boden im Bereich der Landpacht 300 | Booth, Die Verpachtung landwirtschaftlicher Grundstücke im Zusammenhang mit der Veräußerung selbiger an Nichtlandwirte – Die Beanstandung solcher Landpachtverträge gemäß § 4 LPachtVG – Anmerkungen zum Beschluss des Bundesgerichtshofes vom 29.04.2016, BLw 2/15 303 | BVerwG, Urt. v. 17.3.2016 – 3 C 4.15 – zur Verzinsung von zu Unrecht gezahlter Beihilfen 305 | BVerwG, Urt. v. 17.3.2016 – 3 C 7.15 – zur Verjährung von öffentlich-rechtlichen Zinsansprüchen, die nicht nur nach nationalem Recht geschuldet werden 309 | BVerwG, Urt. v. 17.3.2016 – 7 CN 1.15 – Zum Begriff der im Rang unter dem Landesgesetz stehenden Rechtsvorschriften im Sinne des § 47 Abs. 1 Nr. 2 VwGO 311 | LSG München, Urt. v. 27.1.2016 – L 2 U 394/15 – zur Veranlagung in der land- und forstwirtschaftlichen Unfallversicherung 319 | ZEITSCHRIFTENSCHAU Druck: Griebsch & Rochol Druck GmbH, Hamm Erscheinungsort und Gerichtsstand: Münster Copyright © 2016 by Landwirtschaftsverlag GmbH, D-48084 Münster-Hiltrup Bankverbindung: Volksbank Münster eG., Kto. 1004031300, (BLZ 40160050) IBAN: DE16401600501004031300, BIC: GENODEM1MSC Anzeigenpreise: Zurzeit ist Anzeigenpreisliste Nr. 39 vom 1. 1. 2016 gültig. 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In Schadensersatzfällen ist bei Anwendung der Methode Koch (impliziert in § 251 BGB) eine Ausgangsgröße zu wählen, die für einen Geschädigten noch naheliegen würde. Diese ist deutlich größer als würde man den Garten üblicherweise neu anlegen. Bei der Sachwertermittlung nach der Methode Koch ist nach wie vor ein Zinsfuß in Höhe von 4 % (orientiert am langfristigen, weitgehend inflationsbereinigten Liegenschaftszins) anzusetzen. Bei Teilschadensberechnungen sind Änderungen bei der Abzinsung erforderlich, bis sich die Zinsverhältnisse nachhaltig geändert haben. Der Unterzeichner empfiehlt, die in den FLL-Gehölzwertermittlungsrichtlinien empfohlenen 6 % auf 1 % zu reduzieren (gegebenenfalls auch ganz auf einer Abzinsung zu verzichten) und diese Änderung zu erklären. Den ZierH dürfte die Rechtsbasis fehlen. AUR-FORUM Zum Begriff der „getrennten Aufzucht“ von Ferkeln bei der Beurteilung der immissionsschutzrechtlichen Genehmigungsbedürftigkeit von Tierhaltungsanlagen – geschichtliche Wertung einer Rechtsentwicklung Lukas Helfrich (1) Die Beurteilung der immissionsschutzrechtlichen Genehmigungsbedürftigkeit von Tierhaltungsanlagen richtet sich nach den in Nr. 7.1 der Anlage 1 zur Vierten Verordnung zur Durchführung des BundesImmissionsschutzgesetzes (Verordnung über genehmigungsbedürftige Anlagen – 4. BImSchV) festgelegten maßgeblichen Leistungsgrenzen. Bei Anlagen der Schweinehaltung (Nr. 7.1.7, 7.1.8 und 7.1.9 der Anlage 1 zur 4. BImSchV) entsteht dabei für zumindest einige Genehmigungsbehörden ein nicht selten vorkommendes Beurteilungsproblem. Es stellt sich die Frage, welche Hinweise das BImSchG bzw. die 4. BImSchV dafür liefert, ob und unter welchen Umständen Ferkel, die mit den Muttersauen in der gleichen Anlage aber ggf. in getrennten Ställen gehalten werden, bei der Beurteilung der immissionsschutzrechtlichen Genehmigungsbedürftigkeit von Bedeutung sein könnten. Anhand der Rechtsentwicklung der Nr. 7.1 der Anlage 1 zur 4. BImSchV soll daher im Folgenden die entsprechende Rechtsauslegung eindeutig geklärt werden. Umfasst zum Beispiel ein geplantes Vorhaben sowohl einen Ferkelaufzuchtstall für Ferkel bis weniger als 30 kg Lebendgewicht sowie einen Zuchtsauenstall mit Abferkelplätzen als gemeinsame Anlage und soll der zuerst Genannte die produzierten Ferkel nach einer Umstallung von Zweitem aufnehmen, stellt sich bei der Beurteilung der Genehmigungsbedürftigkeit des geplanten Vorhabens die Frage, ob das Vorhaben insgesamt der Nr. 7.1.8 des Anhang 1 der 4. BImSchV – „Anlagen zum Halten oder zur Aufzucht von Sauen BEITRÄGE /AUR-FORUM 295 einschließlich dazugehörender Ferkelaufzuchtplätze (Ferkel bis weniger als 30 kg Lebendgewicht)“ – zuzuordnen ist. In diesem Fall müssten die Ferkel(plätze) nach der Umstallung nicht zusätzlich zu den Sauenplätzen kumulativ beachtet werden, wenn sich die daraus ergebende Emissionsrelevanz in der Anzahl der Sauenplätze vom Normgeber bereits berücksichtigt worden ist. Dem entgegen könnte es jedoch richtig sein, lediglich einen Teil der gemeinsamen Anlage (Zuchtsauenstall mit Abferkelplätzen) der Nr. 7.1.8 des Anhangs 1 der 4. BImSchV und den anderen Anlagenteil des Vorhabens (Ferkelaufzuchtstall) durch die Umstallung separat der Nr. 7.1.9 des Anhang 1 der 4. BImSchV – „Anlagen zum Halten oder zur Aufzucht von Ferkeln für die getrennte Aufzucht (Ferkel von 10 kg bis 30 kg Lebendgewicht)“ – zuzuordnen. Dabei wäre zusätzlich zu den Zuchtsauenplätzen der Ferkelaufzuchtstall mit den Ferkelaufzuchtplätzen addierend zu betrachten. Dies würde dazu führen, dass die Schwelle zur Genehmigungsbedürftigkeit nach dem BImSchG deutlich früher erreicht wäre. Zunächst könnte man denken, diese Frage unter Anwendung von § 2 Abs. 2 der 4. BImSchV lösen bzw. beantworten zu können. Danach ist, wenn eine Anlage vollständig verschiedenen Anlagenbezeichnungen des Anhangs 1 zugeordnet werden kann, jeweils die speziellere Anlagenbezeichnung maßgebend. Dazu muss jedoch tatsächlich bei genauerer Auslegung des Wortlautes, die gesamte Anlage verschiedenen Bezeichnungen zugeordnet werden können. (2) Bei o.g. Beispiel handelt es sich um eine gemeinsame Anlage im immissionsschutzrechtlichen Sinne („...eine Anlage...“). Dementsprechend müssten auch Sauen und Ferkel „vollständig“ zusammen betrachtet werden. Vollständig kann die Anlage jedoch nur einer und nicht verschiedenen Bezeichnungen zugeordnet werden, denn die speziellere und maßgebliche Anlagenbezeichnung eines entsprechend geschilderten Vorhabens ist die Bezeichnung als „Anlagen zum Halten oder zur Aufzucht von Sauen einschließlich dazugehörender Ferkelaufzuchtplätze (Ferkel bis weniger als 30 kg Lebendgewicht)“, aber nur insoweit die Ferkel nach der Umstallung von Nr. 7.1.8 noch erfasst sind. Es ist damit fraglich, ob mit „getrennter Aufzucht“ lediglich die getrennte Aufzucht der Ferkel von den Muttersauen in einem anderen Anlagenteil ein und derselben Anlage oder doch die getrennte Aufzucht der Ferkel abgesetzt von der gesamten Anlage zu verstehen ist. In der Praxis der Genehmigungsbehörden wird zumeist ersteres angenommen, auch gibt es, u. a. in der Kommentarliteratur, nach wie vor Stimmen, die sich dem anschließen. Denn Sinn bzw. Umfang des Wortlautes von Nr. 7.1.8 des Anhang 1 der 4. BImSchV – „Anlagen zum Halten oder zur Aufzucht von Sauen einschließlich dazugehörender Ferkelaufzuchtplätze (Ferkel bis weniger als 30 kg Lebendgewicht)“ – , sowie Nr. 7.1.9 des Anhang 1 der 4. BImSchV – „Anlagen zum Halten oder zur Aufzucht von Ferkeln für die getrennte Aufzucht (Ferkel von 10 kg bis 30 kg Lebendgewicht)“ – ergeben sich nicht ohne Weiteres aus der Formulierung selbst und könnten daher auch nicht durch Auslegung des Wortlautes ermittelt werden. 1) Stud. Jur., Mitarbeiter am Institut für Landwirtschaftsrecht der jur. Fakultät der Georg-August-Universität Göttingen. Bei diesem Beitrag handelt es sich um eine Auskopplung aus dem Göttinger Onlinebeitrag zum Agrarrecht Nr. 01/2016 „Genehmigung von Intensivtierhaltungsanlagen nach den Vorschriften des Immissionsschutzrechts“, Herausgegeben von Univ.-Prof. Dr. José Martínez, abrufbar im Internet unter http:// www.uni-goettingen.de/de/485011.html. 2) Vgl. dazu auch Engelhardt BImSchG, Bd. 2, Teilbd.1, § 2 Rn. 2 und Hansmann/Röckinghausen, in: Landmann/Rohmer (Hrsg.) UmweltR, Bd. II, 4. BImSchV § 2 Rn. 5. 296 AUR-FORUM So beginnt laut Feldhaus die getrennte Aufzucht genau dann, wenn das Ferkel von der (Mutter)Sau räumlich getrennt, „also in einem eigenen Stall oder Stallbereich aufgezogen würde“ und nicht bei der Sau verbliebe. (3) Warum dieser Ansicht nicht gefolgt werden sollte, soll im Folgenden anhand der historischen Entwicklung der Bezeichnung und den entsprechenden Begründungen des Verordnungsgebers gezeigt werden: In ihrer ursprünglichen Fassung vom 14.02.1975 (BGBl. 1975 I S. 499, ber. S. 727) enthielt die Vierte Verordnung zur Durchführung des Bundes-Immissionsschutzgesetzes (Verordnung über genehmigungsbedürftige Anlagen – 4. BImSchV) in § 2 Nr. 45 Bestimmungen zu Tierhaltungsanlagen. Insbesondere waren danach Anlagen zur Haltung oder zur Aufzucht von Schweinen mit mehr als 700 Mastschweineplätzen oder 280 Sauenplätzen immissionsschutzrechtlich genehmigungsbedürftig. Mit Art. 1 Verordnung zur Änderung und Neufassung von Verordnungen zur Durchführung des Bundes-Immissionsschutzgesetzes (4) wurde die 4. BImSchV vom 14.02.1975 aufgehoben und neugefasst. Die Neufassung umfasste dann in Spalte 1 unter Nr. 7.1. des Anhang 1 weiterführende Bestimmungen für Anlagen zum Halten oder zur Aufzucht von Geflügel oder zum Halten von Schweinen. Expressis verbis sah die Neufassung jedoch keine Möglichkeit der Zuordnung von Ferkeln vor. Unter Nr. 7.1. Buchst. d) waren lediglich Mastschweineplätze und unter Nr. 7.1. Buchst. e) Sauenplätze aufgeführt. Es war hierbei jedoch die Intention des Verordnungsgebers, die Ferkel den Muttersauen zuzuordnen. (5) Denn die sich daraus ergebende Emissionsrelevanz wurde bereits durch ein Herabsetzen der Anzahl der Sauenplätze auf 250 im Rahmen o.g. Neufassung berücksichtigt. In der Verwaltungspraxis führte es jedoch zu Schwierigkeiten, da sich diese Intention nicht ohne weiteres aus dem Wortlaut von Nr. 7.1 ergab. Daher wurde 1993 das BVerwG mit der Thematik beschäftigt, welches im sog. „Ferkelurteil“, entgegen der Intention des Verordnungsgebers, die verschiedenen Entwicklungsstufen Ferkel, Läufer und Mastschwein allesamt unter „Mastschweine“ definierte, da seiner Ansicht nach die Verordnung zwischen Ferkeln und Mastschweinen nicht unterschied. (6) In Reaktion darauf wurde schlussendlich durch die Bundesregierung für eine „besondere sachgerechte Lösung“, und um ihren Willen diesmal eindeutiger auszudrücken, mit der Zweiten Verordnung zur Änderung der Verordnung über genehmigungsbedürftige Anlagen (4. BImSchV) vom 12.01.1996 vorgeschlagen und beschlossen, Nr. 7.1. Buchst. e) Spalte 1 des Anhang 1 der 4. BImSchV „Mastschweine“ mit dem Zusatz „Schweine von 30 kg oder mehr Lebendgewicht“, zu konkretisieren sowie Nr. 7.1. Buchst. f) Spalte 1 des Anhang 1 der 4. BImSchV „Sauenplätze“ mit dem Zusatz „einschließlich dazugehörender Ferkelaufzuchtplätze (Ferkel bis weniger als 30 kg Lebendgewicht)“, zu versehen. (7) Weiterhin war vorgesehen, Nr. 7.1. Buchst g) Sauenplätze „einschließlich dazugehörender Ferkelaufzuchtplätze (Ferkel bis weniger als 10 kg Lebendgewicht)“ und Nr. 7.1. Buchst. h) Ferkelplätze „für die getrennte Aufzucht (Ferkel 10 kg bis weniger als 30 kg Lebendgewicht)“ in Nr. 7.1. Spalte 1 des Anhang 1 der 4. BImSchV mit aufzunehmen. Der Bundesrat entschloss sich am 01.03.1996 dem Beschluss der Bundesregierung vom 12.01.1996 nur nach Maßgabe gewisser Änderungen zuzustimmen. (8) Danach sollte die Änderung neben differierenden Auslöseschwellen in Nr. 7.1. in Spalte 1 der Anlage 1 zur 4. BImSchV den von der Bundesregierung vorgeschlagenen Buchst. g), Sauenplätze „einschließlich dazugehörender Ferkelaufzuchtplätze (Ferkel bis weniger als 10 kg Lebendgewicht)“, nicht enthalten. Darüber hinaus sollte eine Spalte 2 eingeführt werden, um kleinere Anlagen der Intensivtierhaltung dem vereinfachten Genehmigungsverfahren zu unterwerfen. AGRAR- UND UMWELTRECHT 8/2016 Daraufhin beschloss die Bundesregierung am 25.07.1996 die Zweite Verordnung zur Änderung der Verordnung über genehmigungsbedürftige Anlagen erneut, übernahm aber die durch den Bundesrat beschlossenen Änderungen (insb. die vorgeschlagene Spalte 2) nicht. (9) Stattdessen kehrte sie zu ihrem ursprünglichen Vorschlag zurück, jedoch mit angepassten Tierplatzzahlen (zum Angleichen der Genehmigungsgrenzen der 4. BImSchV an die zu diesem Zeitpunkt zu erwartende IVU Richtlinie 96/61/EG des Rates vom 24.09.1996 über die integrierte Vermeidung und Verminderung der Umweltverschmutzung). Sie betonte dabei erneut, dass mit den von ihr vorgeschlagenen Buchst. f) und g) klargestellt werde, dass Ferkel der entsprechenden Gewichtsklassen zu den Sauen gehörten und damit bei den Stallplätzen nicht gesondert anzurechnen seien. (10) Der Bundesrat stimmte dem Vorschlag der Bundesregierung am 08.11.96 nur mit der Maßgabe zu, dass der Vorschlag des Nr. 7.1. Buchst g), zur Schaffung von Kongruenz mit der zum Zeitpunkt des Beschlusses bereits verabschiedete IVU Richtlinie 96/61/EG sowie aufgrund der Tatsache, dass Ferkel unter 10 kg ohnehin ein Teil der Ferkel unter 30 kg und somit bereits mitberücksichtigt seien, nicht in die Änderungsverordnung mitaufgenommen werde. (11) Somit wurde die 4. BImSchV und mit ihr die Formulierung „getrennte Aufzucht“ schlussendlich zum 16.12.1996 gem. dem Beschlusse des Bundesrates vom 08.11.1996 geändert und zum 01.02.1997 am 14.03.1997 als Neufassung bekannt gemacht. (12) Sowohl Bundesregierung als auch Bundesrat äußerten sich in den abschließenden Begründungen zu den Beschlüssen zur „getrennten Aufzucht“ nicht explizit. Demgegenüber war es jedoch Konsens und wurde in den Begründungen der Änderungsvorschläge und Änderungsverordnungen wiederholt betont, dass bei der Beurteilung der Genehmigungsbedürftigkeit die Ferkel der entsprechenden Gewichtsklassen (Ferkel bis weniger als 30 kg Lebendgewicht) zu den Sauen gehörten und damit bei den Stallplätzen nicht gesondert anzurechnen seien, da die sich daraus ergebende Emissionsrelevanz bereits in den Platzzahlen der Sauen berücksichtigt sei. (13) Folglich muss mit dem Begriff der „getrennten Aufzucht“ i. S. d. Nr. 7.1.9 des Anhang 1 der 4. BImSchV, die separate Aufzucht der Ferkel, abgesetzt von der gesamten Anlage und ohne in einem anderen Anlagenteil der gesamten Anlage befindliche Muttersauen, zu verstehen sein. Die Zuordnung von Ferkelaufzuchtplätzen zu Zuchtsauenplätzen setzt im Umkehrschluss somit voraus, dass es sich dabei um die biologische Nachzucht der Muttersauen mit diesen in einer gemeinsamen Anlage handelt sowie die Bedingung einer Betreiberidentität erfüllt ist. Hinweise für diese Auslegung lassen sich dem BImSchG sowie der 4. BImSchV nicht explizit entnehmen, dennoch sind sie durch historische Auslegung und unter Zuhilfenahme der Verordnungsbegründungen ermittelbar. Eine bestätigende obergerichtliche Entscheidung 3) Feldhaus BImSchG B 2.4 Rn. 15, 17. 4) Verordnung vom 24.07.1985 (BGBl. 1985 I S. 1586), vorgeschlagen und beschlossen durch die Bundesregierung am 09.05.1985 (BR-Drucks. 226/85 A) und der gem. § 80 Abs. 2 GG benötigten Zustimmung des Bundesrates vom 05.07.1985. 5) Vgl. hier und im Folgenden: BR-Drucks. 226/85 B S. 52. 6) BVerwG, Beschl. v. 02.07.1993 – 7 B 87/93. 7) Vgl. hier und im Folgenden: BR-Drucks. 27/96, S. 2f,, 9. 8) Vgl. hier und im Folgenden: BR-Drucks. 27/96 (Beschluss) S. 3ff. 9) Vgl. hier und im Folgenden: BR-Drucks. 576/96 A S. 3f., B S. 11 f. 10) Vgl. hierzu: BR-Drucks. 576/96 B S. 11 f. 11) Vgl. hierzu: BR-Drucks. 576/96 (Beschluss) S. 3. 12) Beschuss des Bundesrates: BGBl. 1996 I S. 1959; Neufassung: BGBl. 1997 I S. 504 13) vgl. BR-Drucks. 226/85 B S. 52; BR-Drucks. 576/96 B S. 11 f. AGRAR- UND UMWELTRECHT 8/2016 AUR-FORUM hierzu könnte dies für zukünftige Beurteilungen solcher Fälle jedoch noch verdeutlichen, Regelungsbedarf von Seiten des Gesetzgebers existiert dennoch nicht. (14) 13:30 Uhr Ausklang des Gedankenaustausches beim gemeinsamen Imbiss Die Genehmigungsbehörden sollten dies bei der Beurteilung der Genehmigungsbedürftigkeit beachten. Veranstalter 14) Das OVG Münster bestätigte dies bereits schon in einem kurzen Satz in seinem Urteil vom 16.03.2016 – 8 A 1576/14, Rn. 56. 8. Berliner Forum Lebensmittelkennzeichnung – zwischen Schutzpflicht des Staates und gesellschaftlichen Erwartungen – 27. September 2016 Mit der Reihe „Berliner Forum“ geben die drei Veranstalter – Deutscher Bauernverband e.V., Deutsche Gesellschaft für Agrarrecht e.V. und die Edmund Rehwinkel-Stiftung – Anstöße für die rechtspolitische Diskussion zu aktuellen Themen aus der Land- und Ernährungswirtschaft. In diesem Jahr befasst sich der Gesprächskreis erstmalig mit dem Lebensmittelrecht. Dabei soll die spannende Frage beantwortet werden, wie weit die Schutzpflicht des Staates als Rechtsgrund für die Lebensmittelkennzeichnung und die gesellschaftlichen Erwartungen deckungsgleich sind oder abweichen. Zugleich soll das Instrumentarium des Staates – vom Ordnungsrecht bis zum Nudging (staatliche Motivationshilfen in Form z. B. von Ampelregelungen) – darauf überprüft werden, ob es rechtlich geboten und zur Zweckerreichung auch geeignet oder vielmehr Ausdruck eines überzogenen Paternalismus ist. Programm 10:30 Uhr Begrüßung Dr. Horst Reinhardt Vorsitzender des Vorstands der Landwirtschaftlichen Rentenbank, Frankfurt 10:45 Uhr Einführung – Sicht der Landwirtschaft als erstes Glied der Lebensmittelkette Werner Hilse Vizepräsident des Deutschen Bauernverbandes 11:00 Uhr Verhaltenslenkung durch Nudging/Kennzeichnung Prof. Dr. Britta Renner Fachbereich Psychologie, Universität Konstanz 11:30 Uhr Lebensmittelkennzeichnung – zwischen Schutzpflicht des Staates und gesellschaftlichen Erwartungen Prof. Dr. Martin Holle Fakultät Life Sciences, Hochschule für Angewandte Wissenschaften Hamburg 12:00 Uhr Ansprüche der Verbraucher an die Lebensmittelkennzeichnung Sophie Herr Leiterin Team Lebensmittel der Verbraucherzentrale Bundesverband, Berlin 12:30 Uhr Diskussion mit Eröffnungsimpulsgebung durch MinDirig Dr. Klaus Heider Leiter der Abteilung 2 im Bundesministerium für Ernährung und Landwirtschaft, Berlin 13:15 Uhr Schlusswort Prof. Dr. José Martinez Institut für Landwirtschaftsrecht, Universität Göttingen 297 Deutsche Gesellschaft für Agrarrecht e.V. www.dgar.de Deutscher Bauernverband e.V. www.bauernverband.de Edmund Rehwinkel-Stiftung der Landwirtschaftlichen Rentenbank www.rehwinkel-stiftung.de Anmeldung Die Teilnahme an der Veranstaltung ist kostenlos, eine Anmeldung ist bis spätestens 20. September 2016 erforderlich. Bitte benutzen Sie zur Anmeldung den folgenden Link: www.bauernverband.de/berliner-forum-2016 Ansprechpartner Kerstin Schönberg Tel.: 030/31904 – 406 E-Mail: [email protected] Fax: 030/31904 – 496 Veranstaltungsort Thomas-Dehler-Haus Reinhardtstraße 14 10117 Berlin-Mitte Erzeugerpreisindex I. Index der Erzeugerpreise landwirtschaftlicher Produkte (einschl. MwSt. 1)) Deutschland 2010 = 100 ± % gegen ± % gegen Wi.-Jahresdurchschnitt 2014/15 = 106,0 April 2016 = 105,9 Vorjahr Vormonat – 14,2 – 0,1 – 0,6 II. Index der Einkaufspreise landwirtschaftlicher Betriebsmittel (einschl. MwSt. 2)) Deutschland 2010 = 100 Wi.-Jahresdurchschnitt 2014/15 = 112,5 April 2016 = 109,9 ± % gegen Vorjahr ± % gegen Vorquartal – 3,0 – 2,9 – 0,3 ± % gegen Vorjahr ± % gegen Vormonat + 0,3 – 0,1 – 0,4 III. Verbraucherpreisindex für Deutschland 2010 = 100 Jahresdurchschnitt 2015 April 2016 = 106,9 = 106,9 Achtung: Neues Basisjahr 2010 = 100 beim Index I. Für privatrechtliche Verträge, die Wertsicherungsklauseln auf Basis eines dieser Verbraucherpreisindizes enthalten, ist ein rechnerischer Übergang auf den Verbraucherpreisindex für Deutschland erforderlich. Damit der Umstieg einfach und nutzerfreundlich vollzogen werden kann, bietet das Statistische Bundesamt unter folgender Adresse ein Internetprogramm zur Berechnung von Schwellenwerten an (http://www.destatis.de/wsk/). 1) Mehrwertsteuersatz pauschalierender Landwirte. 2) Im innerlandwirtschaftlichen Verkehr Mehrwertsteuersatz pauschalierender Landwirte, sonst Regelsteuersatz. Quelle: Zeitreihenservice des Statistischen Bundesamtes in Wiesbaden
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