Fünfte Deutsche Mundgesundheitsstudie (DMS V) – Kurzfassung Institut der Deutschen Zahnärzte im Auftrag von Bundeszahnärztekammer und Kassenzahnärztlicher Bundesvereinigung Fünfte Deutsche Mundgesundheitsstudie (DMS V) – Kurzfassung Institut der Deutschen Zahnärzte im Auftrag von Bundeszahnärztekammer und Kassenzahnärztlicher Bundesvereinigung DMS V FÜNFTE DEUTSCHE MUNDGESUNDHEITSSTUDIE vom Institut der Deutschen Zahnärzte 4Vorwort 6DMS V kompakt Ergebnisse im Fokus 8Karies Gesündere Zähne in allen Altersgruppen 14 Parodontalerkrankungen Weiterer Handlungsbedarf 18 Zahnverluste und prothetische Versorgung Zahnlosigkeit halbiert – Trend zu festsitzendem Zahnersatz 21 Menschen mit Pflegebedarf Besondere Herausforderung für die zahnmedizinische Versorgung 24 Mundgesundheitsverhalten Eigenverantwortung für gesunde Zähne unverzichtbar 27 Morbiditätskompression Munderkrankungen verschieben sich immer mehr in das höhere Alter 30 Vergleiche Deutschland weltweit in Spitzenpositionen 33 Vergleiche Angleichung der Mundgesundheit in Ost- und Westdeutschland 36 Anhang 36 Über die Methodik der Studie 37 Autoren 38 Über das IDZ 39 Glossar und Abkürzungsverzeichnis 44 Impressum 4 Vorwort Wie steht es um die Mundgesundheit in Seit fast 25 Jahren liefern die Deutschen Deutschland? Wie entwickeln sich Karies und Mund gesundheitsstudien regelmäßig wichti- Parodontalerkrankungen? Zeigen sich Er ge Erkenntnisse für und über die zahnmedi- folge bisheriger Therapiekonzepte? Welche zinische Versorgung. Zugleich sind sie eine Einflüsse haben soziale Faktoren? Seit der solide Datenbasis für evidenzbasierte Grund- Ersten satzentscheidungen in der gesundheitspoli- Deutschen Mundgesundheitsstudie (DMS I) im Jahr 1989 erforscht das Institut tischen Diskussion und für die Gestaltung der Deutschen Zahnärzte (IDZ) im Auftrag künftiger Versorgungskonzepte. von Kassenzahnärztlicher Bundesvereinigung (KZBV) und Bundeszahnärztekammer (BZÄK) Die vorliegende Broschüre fasst die zentra- die Mundgesundheit der Bevölkerung. In der len Ergebnisse und die wichtigsten Aussagen mittlerweile fünften Auflage der DMS-Studien der mehr als 600 Seiten umfassenden Studie hat das IDZ von Oktober 2013 bis Juli 2014 zusammen. Erfreulich ist, dass sich die Zahn- in insgesamt 90 Untersuchungsgemeinden und Mundgesundheit der Bevölkerung in al- etwa 4.600 Menschen aus allen sozialen len Bereichen und über alle sozialen Schich- Schichten und Altersgruppen in einer reprä- ten hinweg noch einmal verbessert hat, was sentativen Erhebung befragt und zahnmedi- für die zahnärztliche Prävention spricht. zinisch-klinisch untersucht. Die Fünfte Deut- Auch im internationalen Vergleich ist die sche Mundgesundheitsstudie (DMS V) ist da- zahnmedizinische Versorgung in Deutsch- mit die größte repräsentative Erhebung ihrer land vorbildlich: Kinder freuen sich hierzu- Art in Deutschland. lande über die gesündesten Zähne und deutsche Senioren leiden nur noch selten unter völliger Zahnlosigkeit – ein Ergebnis von verstetigter Prophylaxe, Aufklärung und verbesserter Mundhygiene. Die Prävalenz schwerer Paro dontalerkrankungen hat sich zwischen 2005 (DMS IV) und 2014 (DMS V) praktisch 5 Vorwort halbiert. Prognostisch ist jedoch aufgrund Zugleich bestätigt diese Einsicht den bereits des demografischen Wandels zu vermuten, vor Jahren eingeschlagenen Weg der Zahn- dass der Behandlungsbedarf künftig steigt. ärzteschaft in diesen Bereichen. Der Berufsstand ist aufgefordert, sich weiter mit Nach- Mit diesen und anderen Ergebnissen geht druck dem politischen, gesellschaftlichen und aber auch eine wichtige Erkenntnis einher: fachlichen Diskurs im Bereich der Pflege und Infolge der demografischen Entwicklung ver- Betreuung zu stellen. Nur so werden wir un- lagern sich Zahnerkrankungen ins hohe Alter serem Anspruch gerecht, die Mundgesundheit und dabei hauptsächlich auf Menschen mit aller Menschen über den gesamten Lebens- Pflegebedarf. Diese Verlagerung bringt un- bogen hinweg zu fördern und zu verbessern. weigerlich neue Herausforderungen für zahnärztliche Therapie- und Versorgungskonzepte Berlin/Köln, im August 2016 mit sich. Dr. Peter Engel Dr. Wolfgang Eßer Präsident der Bundeszahnärztekammer Vorsitzender des Vorstandes der Kassenzahnärztlichen Bundesvereinigung 6 DMS V kompakt Ergebnisse im Fokus Karies • Acht von zehn der 12-jährigen Kinder (81 Prozent) sind heute kariesfrei. Die Zahl der kariesfreien Gebisse hat sich in den Jahren von 1997 bis 2014 verdoppelt. • Bei den jüngeren Erwachsenen (35- bis Zahnverluste und prothetische Versorgung • Heute ist nur noch jeder achte jüngere Senior (65- bis 74-Jährige) zahnlos, im Jahr 1997 war es noch jeder vierte. • Jüngere Senioren (65- bis 74-Jährige) 44-Jährige) ist die Anzahl der Zähne mit besitzen im Durchschnitt fünf eigene Karieserfahrung seit 1997 um 30 Prozent Zähne mehr als noch im Jahr 1997. zurückgegangen (4,9 Zähne). • Nur noch halb so viele jüngere Erwach • Weil immer mehr jüngere Senioren (65- bis 74-Jährige) ihre eigenen sene (35- bis 44-Jährige) weisen im Zähne länger behalten, besteht für Vergleich zum Jahr 1997 noch eine Zahnärztinnen und Zahnärzte häufiger Karieserkrankung der Zahnwurzel auf. die Möglichkeit, festsitzenden Zahnersatz zu verankern. Parodontalerkrankungen • Die schweren Parodontalerkrankungen haben sich bei den jüngeren Erwachsenen (35- bis 44-Jährige) halbiert. • Bei den jüngeren Senioren (65- bis Menschen mit Pflegebedarf • Ältere Menschen mit Pflegebedarf haben eine höhere Karieserfahrung, weniger eigene Zähne und häufiger 74-Jährige) gibt es einen rückläufigen herausnehmbaren Zahnersatz als die Trend bei der Parodontitis trotz mehr gesamte Altersgruppe der älteren erhaltener Zähne. • Insgesamt steigt der Behandlungsbedarf Senioren (75- bis 100-Jährige). • Knapp 30 Prozent der Menschen mit bei der Parodontitis aufgrund der demo- Pflegebedarf sind nicht mehr selbst in grafischen Entwicklung prognostisch an. der Lage, ihre Zähne und Zahnprothesen eigenständig zu reinigen und zu pflegen. Sie benötigen Unterstützung bei der 7 DMS V kompakt täglichen Mundhygiene. Mit zunehmen- • Das bedeutet gleichzeitig mehr mund dem Pflegebedarf steigt dieser Anteil gesunde Lebensjahre: Jüngere Senioren deutlich an. (65- bis 74-Jährige) haben im Jahr 2014 • 60 Prozent der Menschen mit Pflegebedarf sind nicht mehr in der Lage, einen Zahn- eine bessere Mundgesundheit als ihre Altersgruppe im Jahr 2005. arzttermin zu organisieren und dann die Praxis auch aufzusuchen. Vergleiche • Deutschland erreicht bei der Mundge- Mundgesundheitsverhalten • Jedes zweite Kind (45 Prozent) und jeder sundheit in den Bereichen Karieserfahrung, Parodontitis und völlige Zahnlosig- dritte Erwachsene (31 Prozent) kennen keit im internationalen Vergleich die Empfehlungen zur Zahnpflege und Spitzenpositionen. geben ein gutes Zahnputzverhalten an. • Im Vergleich zum Jahr 1997 geben • Die Mundgesundheit sowohl von Kindern (12-Jährige) als auch jüngeren Erwachse- dreimal mehr jüngere Senioren (65- nen (35- bis 44-Jährige) hat sich in Ost- bis 74-Jährige) an, eine gute Mund und Westdeutschland in den vergangenen hygiene zu haben. 25 Jahren angeglichen. Morbiditätskompression • Krankheitslasten verschieben sich in das höhere Lebensalter: Ältere Senioren (75- bis 100-Jährige) haben im Jahr 2014 einen Mundgesundheitszustand wie die jüngeren Senioren (65- bis 74-Jährige) im Jahr 2005. 8 Karies Gesündere Zähne in allen Altersgruppen Karies ist eine der häufigsten chronischen stiegene Zahl der gesunden, eigenen Zähne Erkrankungen. Nach einem Ranking der Welt- verdeutlicht diese Entwicklung und bringt ei- gesundheitsorganisation nen Gewinn an Lebensqualität für alle Bevöl- (WHO) zu den Behandlungskosten für chronische Erkran kerungsgruppen mit sich. kungen steht die Karies weltweit an vierter Stelle. Die Verbreitung von Karies in der Kinder Bevölkerung wird nach dem international ge- Die Mundgesundheit von Kindern hat sich im bräuchlichen DMFT-Index gemessen. DMFT Vergleich zur DMS IV (2005) noch einmal steht für die Anzahl der kariösen (Decayed), weiter verbessert. Acht von zehn 12-jährigen fehlenden (Missing) und gefüllten (Filled) Kindern (81,3 Prozent) sind heute vollkom- Zähne (Teeth). Der Index beschreibt das men kariesfrei. Die Zahl der kariesfreien Ausmaß der sogenannten Karieserfahrung, Gebisse hat sich damit in den Jahren 1997 in dem akut kariös erkrankte Zähne und die bis 2014 praktisch verdoppelt. Die durch- möglichen Folgen (Zahnfüllungen, Zahnver- schnittliche Karieserfahrung beträgt in dieser luste) zusammengefasst werden. Altersgruppe 0,5 DMF-Zähne. Damit steht Die Ergebnisse der DMS V zeigen – vom Kindesalter an bis zu den mobilen Senioren – Deutschland an der Weltspitze. Als Ursachen für den weiteren Karies- eindrucksvoll die Erfolge eines grundlegen- rückgang den Paradigmenwechsels („vorsorgen statt orientierte Besuche in Zahnarztpraxen und können regelmäßige, kontroll versorgen“) in der zahnmedizinischen Ge- die Versiegelung der Backenzähne ausge- sundheitsversorgung in Deutschland. Dem- macht werden: 70,3 Prozent der 12-Jährigen nach konnte die Karieslast in der Bevölke- in Deutschland weisen Fissurenversiegelun- rung zudem über alle sozialen Schichten gen auf und Kinder ohne Fissurenversiege- hinweg gesenkt werden. Die Zahnärzteschaft lungen haben eine dreifach erhöhte Karies hat damit einen wichtigen Grundstein gelegt, erfahrung (0,3 vs. 0,9 DMF-Zähne). um mit Vorsorge möglichst alle sozialen Besonders erfreulich ist, dass die Ent- Milieus zu erreichen. Insbesondere die ge wicklung über alle sozialen Schichten hinweg 9 Karies positiv verläuft. Auch Kinder mit einem ver- Kinder und andere Risikogruppen. Flächen- gleichsweise niedrigen Sozialstatus haben deckende, früh einsetzende Präventions- heute wesentlich gesündere Zähne als noch maßnahmen, solidarisch finanziert durch die vor 20 Jahren. Die Zahnmedizin zeigt damit gesetzlichen Krankenkassen, zahlen sich für beispielhaft, dass Prävention, die früh greift, alle Menschen aus, unabhängig von sozialen gesundheitliche Ungleichheiten reduzieren Schichten. Dennoch haben Angehörige der kann. Die engmaschige Gruppen- und Indivi- verschiedenen Sozialschichten weiterhin eine dualprophylaxe erfasst auch benachteiligte sehr unterschiedliche Karieserfahrung. Die Entwicklung der Karieserfahrung (DMFT)1 bei Kindern DMS I/II2 (1989/92) DMS III (1997) DMS IV (2005) DMS V (2014) hoher Sozialstatus 4,9 0,3 0,4 0,7 1,7 0,7 1 2 Sozialschichtabhängigkeit 0,5 mittlerer Sozialstatus niedriger Sozialstatus DMFT: Anzahl der kariösen (Decayed), fehlenden (Missing) und gefüllten (Filled) Zähne (Teeth) 13-/14-Jährige Sinkende Karieserfahrung bei Kindern (12-Jährige): Sozialschichtabhängigkeit der Sinkende Karieserfahrung bei Kindern (12-Jährige): Sozialschichtabhängigkeit der Karieserfahrung, alle sozialen Schichten haben der Prävention Karieserfahrung, aberaber alle sozialen Schichten haben von der von Prävention profitiert profitiert Karies 10 Kariespolarisation (Schieflage der Kariesver- der zahnärztlichen Prävention. In der DMS IV teilung) zeigt, dass das Drittel mit der höchs- aus dem Jahr 2005 wurde bei dieser Alters- ten Karieserfahrung dreimal mehr erkrankte gruppe erstmalig ein Rückgang der Karies Zähne aufweist (1,4 DMF-Zähne). erfahrung festgestellt. Dieser Trend hat sich nun verstärkt, sodass heute durchschnittlich Jüngere Erwachsene 11,2 Zähne eine Karieserfahrung aufweisen. Auch bei den jüngeren Erwachsenen (35- bis Im Jahr 1997 (DMS III) waren dies noch 44-Jährige) zeigen sich die positiven Effekte 16,1 Zähne. Außerdem hat sich der Anteil Entwicklung der kariesfreien Gebisse bei Kindern DMS I/II1 (1989/92) DMS III (1997) DMS IV (2005) 70,1 % 41,8 % 13,3 % 1 DMS V (2014) 81,3 % 88 % 82 % 75 % Sozialschichtabhängigkeit hoher Sozialstatus mittlerer Sozialstatus niedriger Sozialstatus 13-/14-Jährige Zunahme kariesfreier Gebisse bei Kindern (12-Jährige): Sozialschichtabhängigkeit der Zunahme kariesfreier Gebisse bei Kindern (12-Jährige): Sozialschichtabhängigkeit Karieserfahrung, aber alle sozialen SchichtenSchichten haben vonhaben der Prävention der Karieserfahrung, aber alle sozialen von der profitiert Prävention profitiert 11 Karies der kariesfreien jüngeren Erwachsenen seit bei der Karieslast sowohl durch weniger Fül- 1997 verdreifacht. lungen als auch durch einen Rückgang von Interessant ist in diesem Zusammen- Zahnverlusten bedingt ist. hang, dass diese jetzt untersuchte Alters- Der Kariessanierungsgrad zeigt bei jün- gruppe erstmalig in ihrer Kindheit und im geren Erwachsenen ein außerordentlich hohes Jugendalter nachhaltig in die Gruppen- und Niveau. Durchschnittlich 93,7 Prozent der an Individualprophylaxe eingebunden war. Da- Karies erkrankten Zähne sind in Deutschland bei ist bemerkenswert, dass der Rückgang zahnmedizinisch versorgt. Damit verfügen Entwicklung der Karieserfahrung (DMFT)1 bei jüngeren Erwachsenen DMS III (1997): 16,1 DMS IV (2005): 11,7 1 14,6 DMS V (2014): 11,7 8,6 3,9 2,4 2,1 0,5 0,5 0,5 DMFT: Anzahl der kariösen (Decayed), fehlenden (Missing) und gefüllten (Filled) Zähne (Teeth) 11,2 kariöse Zähne fehlende Zähne Sinkende beijüngeren jüngeren Erwachsenen bis 44-Jährige) Sinkende Karieserfahrung Karieserfahrung bei Erwachsenen (35-(35bis 44-Jährige) gefüllte Zähne Karies 12 die jüngeren Erwachsenen über 23,6 primär Jüngere Senioren gesunde oder restaurierte, funktionstüchtige Wie in den anderen Altersgruppen verstetigt eigene Zähne. sich der Kariesrückgang auch bei den jünge- Die Erhebungen zur Mundgesundheit der ren Senioren (65- bis 74-Jährige): Während jüngeren Erwachsenen belegen zudem, dass der Kariesindex im Jahr 1997 noch bei 23,6 die Prävention alle sozialen Schichten erreicht. Zähnen lag, beträgt er nun 17,7 Zähne. Hier Die 35- bis 44-Jährigen haben heute über liegt die Ursache vor allem darin, dass heute alle Schichten hinweg eine deutlich geringere deutlich weniger Zähne wegen Karies verlo- Karieserfahrung. ren gehen und somit die zahnerhaltenden Erfreulich ist darüber hinaus, dass die professionellen Maßnahmen greifen: In den Karieserkrankungen der Zahnwurzel um die Jahren 1997 bis 2014 ist eine deutliche Zu- Hälfte zurückgegangen sind – von 22,1 Pro- nahme eigener Zähne um mehr als sechs zent der Altersgruppe im Jahr 1997 (DMS III) Zähne zu verzeichnen. Diese Steigerung der auf 11,8 Prozent. Mundgesundheit kann über alle sozialen Schichten hinweg festgestellt werden. Bei den jüngeren Senioren zeigt sich ebenfalls ein sehr hoher Kariessanierungsgrad von 90,6 Prozent. Sie verfügen über 16,4 primär gesunde oder restaurierte eigene Zähne. Trotz mehr erhaltener Zähne ist der Anteil in der Bevölkerung mit einer Wurzelkaries im Vergleich zur DMS IV (2005) wieder stark rückläufig und liegt nun bei 28,0 Prozent. 13 Karies Entwicklung der Karieserfahrung (DMFT)1 bei jüngeren Senioren DMS III (1997): 23,6 DMS IV (2005): 5,8 17,6 0,3 1 DMFT: Anzahl der kariösen (Decayed), fehlenden (Missing) und gefüllten (Filled) Zähne (Teeth) 22,1 DMS V (2014): 7,7 17,7 6,1 14,1 11,1 0,3 0,5 kariöse Zähne fehlende Zähne Sinkende Karieserfahrung bei jüngeren Senioren (65- bis 74-Jährige) Sinkende Karieserfahrung bei jüngeren Senioren (65- bis 74-Jährige) gefüllte Zähne 14 Parodontalerkrankungen Weiterer Handlungsbedarf Ein besonders erfreuliches Ergebnis der erkrankungen in ein höheres Lebensalter ein DMS V: Die Zahl der Menschen mit Parodon- steigender Behandlungsbedarf zu prognosti- talerkrankungen nimmt in Deutschland ab. zieren. Mithilfe eines neuen methodischen Messverfahrens kann auf der anderen Seite die tat- Jüngere Erwachsene sächliche Krankheitslast in der Bevölkerung Der Anteil der 35- bis 44-Jährigen mit schwe- besser abgeschätzt werden. Für die Zukunft rer Parodontitis hat sich seit dem Jahr 2005 ist aufgrund der demografischen Entwick- halbiert (DMS IV: 17,4 Prozent; DMS V: 8,2 lung und der Verlagerung chronischer Mund Prozent). Auch das Ausmaß der Erkrankungen Parodontalerkrankungen1 bei jüngeren Erwachsenen 29,0 % keine/milde Parodontitis 48,4 % 2,7 53,6 % 17,4 % moderate Parodontitis schwere Parodontitis DMS IV (2005) 1 43,4 % Zähne sind in der DMS V durchschnittlich parodontal erkrankt 8,2 % DMS V (2014) CDC/AAP-Fallklassifikation Schwere Parodontalerkrankungen bei jüngeren Erwachsenen (35- bis (3544-Jährige) halbiert Schwere Parodontalerkrankungen bei jüngeren Erwachsenen bis 44-Jährige) halbiert 15 Parodontalerkrankungen (Anzahl der betroffenen Zähne) ist bei den Senioren jüngeren rückläufig. Obwohl ältere Menschen immer länger eigene Dennoch ist jeder zweite jüngere Erwachse- Zähne haben, ergibt sich ein deutlich rück ne (52 Prozent) von einer parodontalen läufiger Trend beim Auftreten der schweren Erkrankung betroffen, davon weisen 43,4 Parodontitis in der Gruppe der 65- bis Prozent eine moderate Parodontitis und rund 74-Jährigen (DMS IV: 44,1 Prozent; DMS V: jeder Zehnte eine schwere Parodontitis auf. 19,8 Prozent). Zudem geht auch bei den Erwachsenen leicht jüngeren Senioren das Ausmaß der moderaten und schweren Parodontalerkrankungen Parodontalerkrankungen1 bei jüngeren Senioren 8,0 % keine/milde Parodontitis 35,3 % 47,9 % moderate Parodontitis 44,1 % DMS IV (2005) 1 schwere Parodontitis 3,1 44,8 % Zähne sind in der DMS V durchschnittlich parodontal erkrankt 19,8 % DMS V (2014) CDC/AAP-Fallklassifikation Schwere Parodontalerkrankungen bei jüngeren Senioren (65- bis (6574-Jährige) halbiert Schwere Parodontalerkrankungen bei jüngeren Senioren bis 74-Jährige) halbiert Parodontalerkrankungen 16 zurück. Dennoch weist jeder zweite jüngere Bei den älteren Senioren – also den 75- bis Senior (65 Prozent) eine parodontale Erkran- 100-Jährigen – verstärkt sich dieser Trend. kung auf. Insgesamt hat fast jeder Zweite in Hier weisen sogar neun von zehn Menschen dieser Altersgruppe eine moderate (44,8 eine moderate bzw. schwere Parodontitis auf. Die nach aktuellen, internationalen Emp- Prozent) und jeder Fünfte eine schwere Paro dontitis. fehlungen in der DMS V durchgeführten Untersuchungen zur Parodontitis legen nahe, Prognostizierter parodontaler Behandlungsbedarf durch demografischen Wandel Frauen 2030 100 Männer Frauen Alter Männer Alter 2014 100 0 Einwohner 0 Einwohner Parodontalerkrankungen sind altersassoziiert. Moderate und schwere Parodontalerkrankungen bei jüngeren Erwachsenen (35- bis 44-Jährige) heute: 51,6 Prozent und bei jüngeren Senioren (65bis 74-Jährige) heute: 64,6 Im Jahr 2030 wird der und Großteil der Bevölkerung Parodontalerkrankungen sindProzent altersassoziiert. Moderate schwere Senioren sein. Trotz abnehmender Prävalenzen ist daher derzeit Zunahme des Parodontalerkrankungen bei jüngeren Erwachsenen (35- mit bis einer 44-Jährige) heute: parodontalen zu rechnen. 51,6 % undBehandlungsbedarfs bei jüngeren Senioren (65- bis 74-Jährige) heute: 64,6 %. Im Jahr 2030 werden der Großteil der Bevölkerung Senioren sein. Trotz abnehmender Prävalenzen ist daher derzeit mit einer Zunahme des parodontalen Behandlungsbedarfs zu rechnen 17 Parodontalerkrankungen dass die Erkrankung in der Bevölkerung so- Um der grundsätzlich hohen Erkrankungslast gar eher weiter verbreitet ist, als bislang von angenommen: Demzufolge ist davon auszu- Bevölkerung entgegenzuwirken, bedarf es gehen, dass die bisherigen Schätzungen zur Maßnahmen der primären und besonders der parodontalen Erkrankungslast in der Bevöl- sekundären Prävention, die in der gesamten kerung – methodisch bedingt – eher auf zu Breite der Bevölkerung verstärkt eingesetzt niedrigen Werten basiert haben. werden. Parodontalerkrankungen Neben der Inanspruchnahme in der kontroll orientierten zahnärztlicher Dienst Prävention von Parodontitis leistungen Die Ergebnisse der DMS V legen des Weite- reinigung (PZR) eine seit Jahren bewährte ren nahe, dass sich präventive Maßnahmen präventive Maßnahme. Für die Zahnärzte positiv auf parodontale Erkrankungen aus- schaft gilt es nun, ein zeitgemäßes, dem wirken können. Demnach sind Menschen, die Stand regelmäßig Präventionsangebote in der Zahn- Therapiekonzept zu entwickeln und in der arztpraxis in Anspruch nehmen, seltener von Versorgung umzusetzen. Für die nachhaltige Parodontitis betroffen. Bei diesen Patienten Sicherung von Behandlungserfolgen ist in sind die Parodontalerkrankungen zugleich diesem Zusammenhang unter anderem eine auch weniger schwer. Dabei kommt der Rei- Unterstützende Parodontitistherapie (UPT) nigung der Zahnzwischenräume eine positive unverzichtbar. präventive Bedeutung zu. der ist die Profes sionelle Wissenschaft Zahn entsprechendes 18 Zahnverluste und prothetische Versorgung Zahnlosigkeit halbiert – Trend zu festsitzendem Zahnersatz Immer mehr jüngere Senioren (65- bis 74- Jahr 1997 (DMS III: 10,4 vs. DMS V: 16,9 Jäh rige) behalten ihre eigenen Zähne. War Zähne). Zahnerhaltende Therapien und die noch im Jahr 1997 (DMS III) jeder vierte jünge konsequente Präventionsorientierung in der re Senior zahnlos (24,8 Prozent), so ist es zahnmedizinischen Versorgung haben in den vergangenen 17 Jahren deutliche Erfolge ge- heute nur noch jeder achte (12,4 Prozent). Eine vergleichbar positive Entwicklung zeigt. Mit dieser überaus positiven Entwick- gibt es auch bei den Zahnverlusten: Jüngere lung nimmt Deutschland im internationalen Senioren besitzen heute im Durchschnitt min Vergleich derzeit eine Spitzenposition ein. destens fünf eigene Zähne mehr als noch im Zahnverluste und Zahnersatz bei jüngeren Senioren völlige Zahnlosigkeit 24,8 % DMS III (1997) 12,4 % 22,6 % DMS V (2014) DMS IV (2005) Sozialschichtabhängigkeit bei der Zahnlosigkeit 16,4 % 6,7 % 3,8 % niedriger Sozialstatus mittlerer Sozialstatus hoher Sozialstatus Halbierung der Zahnlosigkeit bei jüngeren Senioren (65- bis 74-Jährige): Sozialschichtabhängigkeit bei Zahnverlusten Halbierung der Zahnlosigkeit bei jüngeren Senioren (65- bis 74-Jährige): Sozialschichtabhängigkeit bei Zahnverlusten 19 Zahnverluste und prothetische Versorgung Keine soziale Ungleichheit zahnprothetische Versorgung zu Lasten der bei der Versorgung mit Zahnersatz gesetzlichen Krankenversicherung über ein Die steigende Anzahl eigener Zähne bis ins seit Jahren akzeptiertes und bewährtes Fest- hohe Alter ermöglicht immer mehr Patien- zuschusssystem in Anspruch zu nehmen. ten, sich für einen festsitzenden Zahnersatz Das ist im internationalen Vergleich außerge- wie Brücken, Kronen oder Implantate zu ent- wöhnlich. scheiden. Unabhängig von der Art des Zahn So zeigen die Ergebnisse der DMS V, dass ersatzes und dem Sozialstatus hat jeder Ver- der Anteil prothetisch ersetzter Zähne in al- sicherte in Deutschland die Möglichkeit, eine len sozialen Schichten vergleichbar hoch ist. Eigene Zähne und Zahnersatz bei jüngeren Senioren Anzahl eigener Zähne 16,9 10,4 DMS V (2014) 13,8 DMS III (1997) DMS IV (2005) keine Sozialschichtabhängigkeit beim Zahnersatz (Anteil prothetisch ersetzter Zähne) 85,9 % 81,1 % 79,7 % niedriger Sozialstatus mittlerer Sozialstatus hoher Sozialstatus Steigende Anzahl eigener Zähne bei jüngeren Senioren (65- bis 74-Jährige), keine sozialen Ungleichheiten bei der Versorgung mitbei Zahnersatz Steigende Anzahl eigener Zähne jüngeren Senioren (65- bis 74-Jährige), keine sozialen Ungleichheiten bei der Versorgung mit Zahnersatz Zahnverluste und prothetische Versorgung Wie in keinem anderen Land der Welt lässt sich für Deutschland eine besonders bemerkenswerte Feststellung treffen: Der soziale Status des Menschen lässt sich nicht an der Zahl der Zahnlücken erkennen. Immer mehr Patienten mit festsitzendem Zahnersatz Nach den Ergebnissen der DMS V verfügen Patienten heute zehnmal häufiger über Implantate als noch im Jahr 1997. Auch diese Entwicklung unterstreicht den Trend zum festsitzenden Zahnersatz. 86,7 Prozent der jüngeren Senioren geben an, sehr zufrieden oder zufrieden mit ihrem eigenen Zahnersatz zu sein. Diese Ergebnisse stehen in direktem Zusammenhang mit der Abnahme der völligen Zahnlosigkeit. Da immer mehr Menschen ihre eigenen Zähne behalten, verbessern sich die Voraussetzungen dafür, dass Zahnersatz fest verankert werden kann. Eine der zentralen Schlussfolgerungen der DMS V lautet daher: Je früher und präven tionsorientierter die zahnärztliche Versorgung stattfindet, desto langfristiger kann die Mundgesundheit im Alter erhalten werden. 20 21 Menschen mit Pflegebedarf Besondere Herausforderung für die zahnmedizinische Versorgung Ältere Menschen mit Pflegebedarf weisen Schlechtere Mundgesundheit eine schlechtere Zahn- und Mundgesundheit bei Menschen mit Pflegebedarf auf als die gesamte Altersgruppe der älteren Ältere Menschen mit Pflegebedarf haben eine Senioren (75- bis 100-Jährige). Dieses wich- höhere Karieserfahrung (24,5 vs. 21,6 DMF- tige Ergebnis der DMS V bedeutet, dass Zähne) und weniger eigene Zähne (22,4 vs. künftig ein besonderes Augenmerk der zahn- 17,8 fehlende Zähne) als die gesamte Alters- ärztlichen Prävention und Therapie auf Men- gruppe der älteren Senioren. Während ledig- schen mit Pflegebedarf gelegt werden muss. lich ein Drittel der 75- bis 100-Jährigen keine Mundgesundheit von älteren Senioren mit Pflegebedarf 83,0 % 69,2 % 46,5 % 64,3 % Kariessanierungsgrad Zahnfleischbluten 32,8 % 53,7 % 68,2 % 38,8 % völlige Zahnlosigkeit Kontrollorientierte Inanspruchnahme zahnärztlicher Dienste Hilfe bei der Mundhygiene erforderlich Mundgesundheit ältere Senioren 6,7 % 29,8 % Mundgesundheit ältere Senioren mit Pflegebedarf Ältere mitmit Pflegebedarf (75- bis 100-Jährige) weisen eine schlechtere ÄltereSenioren Senioren Pflegebedarf (75bis 100-Jährige) weisen eine schlechtere Mundgesundheit auf und benötigen mehr Hilfe bei der Mundhygiene Mundgesundheit auf und benötigen mehr Hilfe bei der Mundhygiene Menschen mit Pflegebedarf 22 eigenen Zähne mehr hat, ist heute bei den schränkt zahnmedizinisch behandelt werden. Menschen mit Pflegebedarf in dieser Alters- Dagegen kann noch jeder zweite ältere Seni- gruppe jeder Zweite zahnlos. Die verbleiben- or der gesamten Altersgruppe uneinge- den eigenen Zähne sind weniger funktions- schränkt zahnmedizinisch behandelt werden. tüchtig und weisen auch einen höheren Behandlungsbedarf auf. Verminderte Therapiefähigkeit Auffällig ist zudem, dass pflegebedürftige Bei Pflegebedürftigkeit steigt der Behand- ältere Senioren zwar prothetisch versorgt sind, lungsbedarf, die Therapiefähigkeit nimmt im Vergleich aber häufiger über einen heraus- zugleich ab. Jeder zweite Mensch mit Pflege- nehmbaren Zahnersatz verfügen. Dies ist bedarf ist in seiner Therapiefähigkeit in der beim Betreuungsaufwand für pflegende Ange- Regel eingeschränkt. Teilweise kann eine hörige und Pflegende besonders zu beachten. zahnmedizinische Behandlung unter ambulanten Bedingungen nicht mehr stattfinden. Eingeschränkte Handlungsfähigkeit Deshalb müssen zahnärztliche Behandlungs- von Menschen mit Pflegebedarf strategien entsprechend angepasst werden. Mit zunehmender Pflegebedürftigkeit sind äl- Durch kürzere Dauer der Zahnarzttermine, tere Menschen weniger belastbar – das gilt durch besondere zahnmedizinische Ver sor auch für die zahnmedizinische Versorgung. gungs konzepte und durch Zahnpro thesen, Die drei Kriterien, die die sogenannte zahn- die auch von den Pflegenden korrekt heraus- medizinisch funktionelle Kapazität ausma- genommen werden können. chen, nehmen stark ab: Die Therapiefähigkeit sinkt, die Mundhygienefähigkeit nimmt Verminderte Mundhygienefähigkeit ab und die Eigenverantwortung – zum Bei- 29,8 Prozent der Menschen mit Pflegebedarf spiel bei der Vereinbarung und der Einhal- können sich nicht mehr selbst um die Pflege tung eines Zahnarzttermins – ist in hohem ihrer Zähne und Zahn prothesen kümmern Maße eingeschränkt. Nur 17,5 Prozent der und benötigen Hilfe bei der täglichen Mund- Menschen mit Pflegebedarf können uneinge- hygiene. 23 Menschen mit Pflegebedarf Verminderte Eigenverantwortung Verbesserung der aufsuchenden Betreuung 60 Prozent der Menschen mit Pflegebedarf und das Präventionsmanagement genannt. sind nicht mehr in der Lage, eigenständig einen Zahnarzttermin zu organisieren und selbstständig eine Praxis aufzusuchen. Sie benötigen dafür Unterstützung. Mit dem Anstieg der Pflegebedürftigkeit wächst die Anforderung an eine zahnmedizinische Therapiestrategie, die den besonderen Ansprüchen der Menschen mit Pflegebedarf bei der präventiven und zahnärztlichen Versorgung sowie der Unterstützung beim Erhalt der Mundgesundheit durch die pflegenden Personen Rechnung trägt. Auf diese Aufgabe für den gesamten Berufsstand weisen die zahnärztlichen Institutionen bereits seit einigen Jahren hin und haben mit ihrem Konzept „Mundgesund trotz Handicap und hohem Alter“ ein entsprechendes Maßnahmenpaket entwickelt. Die Ergebnisse der DMS V bestätigen, dass die Zahnärzteschaft in diesem Bereich die Weichen richtig gestellt hat: Das sogenannte AuBKonzept adressiert die entscheidenden, durch den Gesetzgeber zum Teil bereits aufgegriffen Aspekte. Als Beispiele seien die 24 Mundgesundheitsverhalten Eigenverantwortung für gesunde Zähne unverzichtbar Die Zahn- und Mundgesundheit ist den be- davon überzeugt, viel oder sehr viel für fragten sehr die Gesundheit der eigenen Zähne tun zu wichtig. Ihnen ist in der Regel bewusst, dass können. Dazu gehören auch Mundgesund- gesunde Zähne auch das Ergebnis von heits-Checkups: Mehr als drei von vier eigenverantwortlichem sind: Befragten gaben an, den Zahnarzt regel Immerhin zwischen 70 und 85 Prozent der mäßig zur Kontrolle aufzusuchen. Demnach Befragten sind – je nach Altersgruppe – liegt Menschen in Deutschland Handeln der Anteil der kontroll orientierten Selbstwirksamkeitsüberzeugung zur eigenen Zahngesundheit „Wie viel kann man selbst tun, um die Gesundheit seiner Zähne zu erhalten oder zu verbessern?“ ? 86,0 % Kinder 85,5 % jüngere Erwachsene „sehr viel“ oder „viel“ 75,6 % jüngere Senioren 70,3 % ältere Senioren ! Selbstwirksamkeitsüberzeugung (Grundüberzeugung, selbst wirkungsvoll Einfluss auf die eigene Zahngesundheit nehmen zu können): bis ins hohe Alter sehr hoch Selbstwirksamkeitsüberzeugung (Grundüberzeugung, selbst wirkungsvoll Einfluss auf die eigene Zahngesundheit nehmen zu können): bis ins hohe Alter sehr hoch 25 Mundgesundheitsverhalten Inanspruchnahme von Vorsorgeuntersuch Positiver Trend ungen bei Kindern bei 82 Prozent, bei Das Mundgesundheitsverhalten ist nach An- Erwachsenen bei 72 Prozent und bei Senioren gaben der Befragten gut und hat sich in sogar bei 90 Prozent. Mit einer Z unahme der Teilen sogar verbessert. Jedes zweite Kind Zahnzahl eine (45 Prozent) und jeder dritte Erwachsene stärkere Ausbildung der „dentalen Aware (31 Prozent) kennt die Empfehlungen zur ness“ einher. Mundpflege und gibt ein gutes Zahnputzver- geht offensichtlich auch Positiver Trend bei der häuslichen Mundhygiene DMS III (1997) DMS IV (2005) DMS V (2014) Positive Entwicklungen bei der häuslichen Mundhygiene bei jüngeren Erwachsenen (35- bis 44-Jährige) und jüngeren Senioren (65- bis 74-Jährige) von 1997 2014: mehr Benutzung Positive Entwicklungen bei der häuslichen Mundhygiene beibis jüngeren Erwachsenen von Zahnseide, Zahnzwischenraumbürsten, Mundspüllösungen und elektrischen Zahnbürsten (35bis 44-Jährige) und jüngeren Senioren (65- bis 74-Jährige) von 1997 bis 2014: mehr Benutzung von Zahnseide, Zahnzwischenraumbürsten, Mundspüllösungen und elektrischen Zahnbürsten Mundgesundheitsverhalten 26 halten an. Die Ergebnisse in diesen Alters- Gesundheit im Fokus gruppen sind stabil. Ein deutlich positiver In diesem Zusammenhang ist ein neuer, Trend lässt sich bei den jüngeren Senioren wert voller Ansatz, die sogenannte Saluto erkennen: Im Vergleich zum Jahr 1997 hat genese, zu nennen. Diese Neuausrichtung sich die Zahl der Personen mit einer guten erlaubt dem Zahnarztteam eine bessere Ein- Mundhygiene bei den 65- bis 74-Jährigen schätzung seiner Patienten sowie eine ad - fast verdreifacht (32 Prozent). Dies hängt ins- äquate Kommunikation entsprechend der besondere damit zusammen, dass jüngere persönlichen Haltung des Patienten zur eige- Senioren heutzutage mehr eigene Zähne be- nen Mundgesundheit. Die Ermittlung und sitzen als früher. Einschätzung der Selbstwirksamkeitserwar- Generell lässt sich in dieser Altersgruppe tung der Patienten bieten sowohl für die ein deutlich gestiegenes Bewusstsein für zahnmedizinische Prävention als auch für die die eigene Mundgesundheit konstatieren. So Risikokommunikation neue Ansätze und er- gibt zum Beispiel jeder vierte jüngere Senior lauben es, Versorgungsziele adäquat zu be- an, regelmäßig eine Professionelle Zahnreini- stimmen. Die mögliche Neuausrichtung er- gung (PZR) in Anspruch zu nehmen. Zudem laubt geht diese Gruppe der Befragten nicht nur Behandlungsteam, spezifisch zu kommuni- bei Beschwerden zum Zahnarzt, sondern zieren und individuell mit den Patientinnen nutzt zunehmend die Möglichkeiten der regel- und Patienten Präventions- und Therapiezie- mäßigen zahnärztlichen Kontrolluntersuchung le festzulegen. (90 Prozent). Präventionsorientierung und Aufklärung sowie damit verbunden die Verbesserung der „dentalen Awareness“ und des Mundgesundheitswissens in der Bevölkerung zahlen sich also offensichtlich aus. auch dem zahnärztlichen 27 Morbiditätskompression Munderkrankungen verschieben sich immer mehr in das höhere Alter Bei der Mundgesundheit in Deutschland ist Dieser Trend zieht sich im Erhebungszeit- ein wichtiger Trend in bemerkenswertem raum der Jahre 2005 (DMS IV) bis 2014 Ausmaß zu erkennen: Sowohl bei der Karies (DMS V) durch sämtliche untersuchte Bevöl- als auch bei der Parodontitis zeigt sich in den kerungsgruppen, alle Altersgruppen und alle vergangenen neun Jahren ein erheblicher sozialen Schichten. Allerdings scheint sich Rückgang gleichermaßen in der Anzahl der künftig die Hauptlast dieser beiden oralen Erkrankungen wie auch in ihrer Schwere. Haupterkrankungen in das höhere Alter zu Mundgesundheit bleibt länger erhalten (Morbiditätskompression) 92,0 % 64,6 % moderat: 47,9 % 22,1 schwer: 44,1 % moderat: 22,6 % 44,8 % schwer: 12,4 % 19,8 % jüngere Senioren der DMS IV (2005) Karieserfahrung (DMFT) 17,7 jüngere Senioren der DMS V (2014) moderate und schwere Parodontalerkrankungen völlige Zahnlosigkeit Morbiditätskompression zeigt sich einerseits darin, dass jüngere Senioren (65- bis 74-Jährige) Morbiditätskompression zeigt sich einerseits darin, dass jüngere Senioren (65im Jahr 2014 in vielen Bereichen eine bessere Mundgesundheit haben als im Jahr 2005: bis 74-Jährige) im Jahr 2014 in vielen Bereichen eine bessere Mundgesundheit mehr mundgesunde Lebensjahre haben als im Jahr 2005: mehr mundgesunde Lebensjahre Morbiditätskompression 28 verschieben, wodurch der Behandlungsbedarf denen Menschen ihr Leben lang an chroni- infolge des demografischen Wandels pro schen Erkrankungen und Behinderung leiden, gnostisch steigt. Dieser Effekt nennt sich kontinuierlich abnehmen werden. Die Grün- „Morbiditätskompression“ und bedeutet vor de sind Veränderungen des Lebensstils, die allen Dingen, dass dem Erkrankungsbeginn der Gesundheit förderlich sind. Dazu zählen mehr gesunde Lebensjahre vorausgehen. zum Beispiel Veränderungen in der Ernäh- Konkrete Hinweise auf die Morbiditäts- rungsweise, bei der Fluoridzufuhr oder dem kompression gibt das Erkrankungsprofil der Tabakkonsum – Faktoren, die für die Mund- heute 75- bis 100-Jährigen: Es entspricht in gesundheit eine wesentliche Rolle spielen. etwa dem der 65- bis 74-Jährigen im Jahr Die Morbiditätskompression ist also in der 2005. Bei der Zahnkaries von Kindern und Zahnmedizin ein deutlicher Effekt der stark Jugendlichen setzt sich der Rückgang schon verbesserten Prävention auf allen Inter seit Anfang der 1980er-Jahre unverändert ventionsebenen. fort, entsprechend dem internationalen Trend Aus der DMS V ergeben sich weitere Ver- in anderen Industrienationen. Demgegen- änderungen des Lebensstils, die sich auch über lagen die Parodontalerkrankungen bei spezifisch auf die Verbesserung der Mund jüngeren Erwachsenen lange auf konstant gesundheit beziehen lassen. Immerhin sind hohem Niveau. Ein rückläufiger Trend zeigt 75 bis 85 Prozent der Menschen in Deutsch- sich in diesem Bereich erst für die vergange- land der Überzeugung, selbst etwas für ihre nen neun Jahre von 2005 bis 2014. Mundgesundheit tun zu können (Selbstwirksamkeitsprinzip). Dazu zählen die regelmä- Befund und Verhalten ßige Mundpflege (Häufigkeit, Zeitpunkt und Die Tendenzen bei den beiden Hauptkrank- Dauer), der vermehrte Einsatz von Hilfsmit- heiten der Zahnmedizin sprechen deutlich für teln bei der Mundhygiene wie Zahnseide, re- das vor 30 Jahren aufgesetzte Konzept der gelmäßige Zahnarztbesuche „zur Kontrolle“ Morbiditätskompression. Es besagt, dass seit und zur frühzeitigen Intervention sowie die Anfang des 19. Jahrhunderts die Zeiten, in steigende Nachfrage nach Professioneller 29 Morbiditätskompression Zahnreinigung (PZR). Dies alles trägt zu e iner Parodontitis zu erkranken, sinkt für einen deutlichen Senkung des Risikos einer oralen Menschen Erkrankung bei. Lebensjahr rechnerisch um den Faktor 3,4, Der enge Zusammenhang von „Verhalten wenn er zwischen dem 65. und Kontrolluntersuchungen der Zahnarztpraxis Parodontitis bei jüngeren Senioren illus und seine Zahnzwischenräume regelmäßig trieren. pflegt und reinigt. Risiko, an einer schweren nicht in und Befund“ lässt sich anhand der Daten zur Das wahrnimmt, 74. raucht Munderkrankungen verschieben sich in das höhere Lebensalter (Morbiditätskompression) 22,1 92,0 % 90,0 % moderat: moderat: 47,9 % schwer: 44,1 % 22,6 % 21,6 jüngere Senioren der DMS IV (2005) Alter 65 Karieserfahrung (DMFT) 70 45,7 % schwer: 32,8 % 44,3 % ältere Senioren der DMS V (2014) 75 moderate und schwere Parodontalerkrankungen 80 völlige Zahnlosigkeit Morbiditätskompression zeigt sich andererseits darin, dass ältere Senioren (75- bis Morbiditätskompression zeigt sich andererseits darin, dass ältere Senioren (75- bis 100-Jährige) im Jahr 2014 in vielen Bereichen einen Mundgesundheitszustand wie die 100-Jährige) im Jahr 2014 in vielen Bereichen einen Mundgesundheitszustand wie jüngeren Senioren (65- bis 74-Jährige) im Jahr 2005 haben: Verschiebung der die jüngeren Senioren (65- Lebensalter bis 74-Jährige) im Jahr 2005 haben: Verschiebung der Krankheitslasten in das höhere Krankheitslasten in das höhere Lebensalter 30 Vergleiche Deutschland weltweit in Spitzenpositionen Der internationale Vergleich von Mundge- geringere Karieserfahrung als Kinder in ande- sundheit ist aufgrund der Heterogenität der ren verschiedenen Länder nicht einfach. Die Kanada weist mit 1,0 einen doppelt so hohen Unterschiede liegen unter anderem in der DMFT-Wert aus wie Deutschland. Ländern. Bereits das drittplatzierte Verfügbarkeit und Aktualität der Daten, den Bezüglich der Karieserfahrung bei jünge- Strukturen der jeweiligen Gesundheitssys ren Erwachsenen (35- bis 44-Jährige) nimmt teme und in den unterschiedlichen sozio Deutschland demografischen Verhältnissen. Die DMS V 11,2 einen guten Mittelplatz ein. Über diese hat dennoch eine Gegenüberstellung zu sol- Altersgruppe gibt es weltweit weniger ein chen Ländern vorgenommen, die einen mit heitliches und aktuelles Datenmaterial als Deutschland vergleichbaren soziodemogra über die der Kinder. Lediglich Spanien weist fischen Hintergrund haben. Aus den kontras- bei jüngeren Erwachsenen mit 6,8 einen tiven Daten ergeben sich auch Erkenntnisse einstelligen DMFT-Wert auf. mit einem DMFT-Wert von über die Leistungsfähigkeit von Gesundheits- Auch die aktuelle Datenlage zur Karies systemen – mit einem klar erkennbaren erfahrung bei jüngeren Senioren (65- bis 74- Ergebnis: Die Mundgesundheit in Deutsch Jährige) ist weltweit geringer als die für die land hat sich in den letzten Jahrzehnten Gruppe der Kinder. Im internationalen Ver- deutlich verbessert und nimmt in wichtigen gleich teilt sich Deutschland mit einem Bereichen die führende Rolle ein. DMFT-Wert von 17,7 einen der vorderen Im Folgenden wird ein Vergleich der G7Staaten dargestellt. Plätze mit den USA. Bemerkenswert: Die USA weisen in dieser Altersgruppe bei gleichem Karieswert deutlich weniger fehlende Karies im internationalen Vergleich Zähne aus: USA 8,3 – Deutschland 11,1. International liegt Deutschland beim Ver- International zählt Deutschland mit deut- gleich der Karies bei Kindern vorn: Mit einem lich weniger Karieserfahrungen als in den DMFT-Wert von 0,5 haben Kinder im Alter meisten anderen vergleichbaren Ländern von 12 Jahren hierzulande eine deutlich also zu den Spitzenreitern. Dies ist umso 31 Vergleiche mehr eine positive Nachricht, da Karies als Parodontitis im die weltweit häufigste Krankheit gilt. Global internationalen Vergleich leiden mehr als 2,4 Milliarden Menschen an Zum internationalen Vergleich der Parodon- unbehandelter Karies. talerkrankungen fokussiert die DMS V auf die Altersgruppen der 35- bis 44-Jährigen und Internationale Vergleiche (G7-Staaten) Karieserfahrung (DMFT)1 schwere moderate Parodontitis2 Parodontitis2 völlige Zahnlosigkeit 0,5 48 % 10 % 12 % 1,0 52 % 21 % 22 % 1,2 13 % 10 % 16 % 1,1 36 % 12 % 13 % 1,4 23 % 4% 0,7 62 % 13 % 1,2 – Kinder 3 3 3 3 – jüngere Erwachsene 1 – 15 % 26 % jüngere Senioren DMFT: Anzahl der kariösen (Decayed), fehlenden (Missing) und gefüllten (Filled) Zähne (Teeth) 2 CPI - Fallklassifikation 3 Regionaldaten Deutschland erreicht im internationalen Vergleich Spitzenpositionen bei der Karieserfahrung und der Zahnlosigkeit Quelle: WHO, CAPP (Country/Area Profile Project), 2014 Vergleiche 32 der 65- bis 74-Jährigen. Bei Kindern sind Pa- Bei den jüngeren Senioren (65- bis 74- rodontalerkrankungen zu selten und für die Jährige) platziert sich Deutschland im inter- Altersgruppe der 75- bis 100-Jährigen ist die nationalen Vergleich mit 25 Prozent schwerer Datenlage international nicht ausreichend Parodontitis und 51 Prozent moderater Paro- für eine vergleichende Betrachtung. dontitis nur auf den hinteren Plätzen. Hier Mehr als die Hälfte der jüngeren Erwach- muss allerdings berücksichtigt werden, dass senen leiden unter Parodontitis; allerdings zu nur 10 Prozent unter schwerer Parodontitis wenige aktuelle Vergleichsdaten vorliegen. diesem Krankheitsbild weltweit nur (Sondierungstiefen der Zahnfleischtaschen ab 6 mm). Bei den schweren Parodontaler- Zahnlosigkeit im krankungen liegt Deutschland gemeinsam internationalen Vergleich mit Frankreich damit auf dem zweiten Platz Erfreulicher ist ein anderes Ergebnis in dieser hinter Japan mit lediglich 4 Prozent schweren Altersgruppe: Lediglich 12 Prozent der jün- Parodontalerkrankungen. Bei der moderaten geren deutschen Senioren (65- bis 74-Jährige) Parodontitis (Sondierungstiefen der Zahn- haben keine eigenen Zähne mehr. Insbeson- fleischtaschen von 4 bis 5 mm) nimmt der dere für die Versorgung mit Zahnersatz spielt Wert bei den jüngeren Erwachsenen dann das insofern eine Rolle, als bei diesen Patien- allerdings rapide zu (48 Prozent) und weist ten nur noch herausnehmbarer Zahnersatz Deutschland damit einen Platz im hinteren (Vollprothesen) verwendet werden kann. Mit Drittel zu. Spitzenreiter sind Frankreich, diesem Wert führt Deutschland im interna Japan und Italien. tionalen Vergleich vor Italien und Groß britannien. 33 Vergleiche Angleichung der Mundgesundheit in Ost- und Westdeutschland Unterschiede in der Untersuchungen zeigte das zahnmedizini Mundgesundheit in Ost und West sche Leistungsvermögen der unterschied Die Erste Deutsche Mundgesundheitsstudie lichen Gesundheitssysteme und die mögliche (DMS I) aus dem Jahr 1989 wurde nach der Bedeutung von Risikofaktoren. deutschen Einheit um eine Querschnitts Die staatlich organisierte Gesundheits- studie zum Mundgesundheitszustand und fürsorge – insbesondere durch die Kindersto- -verhalten in Ostdeutschland (DMS II) im matologie – in der DDR zeigte bei den Kindern Jahr 1992 ergänzt. Der Vergleich beider (12-Jährige) gute Erfolge: Durchschnittlich wie- Ost-West-Vergleich der Mundgesundheit in Deutschland bei jüngeren Erwachsenen DMS I/II (1989/92) DMS III (1997) DMS IV (2005) Karieserfahrung (DMFT)1 16,7 13,4 16,1 15,0 16,0 14,4 fehlende Zähne 4,7 3,8 5,2 ersetzte Zähne (%) 1 60,5 38,3 West Ost DMS V (2014) 12,2 11,1 3,3 3,9 2,1 2,6 1,7 58,3 50,3 53,8 42,5 41,8 38,1 DMFT: Anzahl der kariösen (Decayed), fehlenden (Missing) und gefüllten (Filled) Zähne (Teeth) Seit der deutschen Einheit ist es bei jüngeren Erwachsenen (35- bis 44-Jährige) Seit der deutschen Einheit ist es bei jüngeren Erwachsenen (35- bis 44-Jährige) zu einer Angleichung der Mundgesundheit gekommen zu einer Angleichung der Mundgesundheit gekommen Vergleiche 34 sen die Kinder in Ostdeutschland fast einen führen. Auch die jüngeren Erwachsenen (35- Zahn weniger mit Karieserfahrung auf. Auch bis 44-Jährige) wiesen drei Zähne mehr ohne der Anteil der 12-Jährigen mit kariesfreien Karieserfahrung auf als in Westdeutschland. Gebissen war damals höher als in West- Auf der anderen Seite waren bei der deutschland. Diese Entwicklung ist unter an- prothetischen Versorgung erhebliche Unter- derem auf den verbreiteten Einsatz von Fluo schiede festzustellen. Der Anteil prothetisch riden in Form von Tabletten oder zum Teil auch ersetzter Zähne lag in Westdeutschland um auf die Trinkwasserfluoridierung zurückzu- 22 Prozentpunkte höher. Hinzu kam, dass im Ost-West-Vergleich der Mundgesundheit in Deutschland bei Kindern DMS I/II1 (1989/92) Karieserfahrung (DMFT)2 kariesfrei (%) 1 2 DMS III (1997) 5,1 4,3 2,6 1,4 16,0 12,4 48,4 23,2 DMS IV (2005) 1,1 0,7 72,4 52,5 West Ost DMS V (2014) 0,6 0,4 82,3 76,1 13-/14-Jährige DMFT: Anzahl der kariösen (Decayed), fehlenden (Missing) und gefüllten (Filled) Zähne (Teeth) Seit der deutschen Einheit ist es bei Kindern (12-Jährige) zu einer Angleichung Seit der deutschen Einheit ist es bei Kindern (12-Jährige) zu einer Angleichung der Mundgesundheit gekommen der Mundgesundheit gekommen 35 Vergleiche Alter von 35 bis 44 Jahren den Ostdeutschen tausendwende deutlich. Die völlige Neuaus- durchschnittlich bereits ein Zahn mehr fehlte richtung des medizinischen Versorgungs als den Menschen im Westen. systems in den neuen Bundesländern könnte dafür ein Grund sein. Entwicklung der Mundgesundheit Mittlerweile ist aber doch eine nachhaltige in Ost und West Entwicklung hin zu einem West-Ost-Angleich Seit den ersten beiden DMS-Studien ist es bei der Mundgesundheit zu erkennen, sodass aufgrund der Wiedervereinigung zu tiefgrei- sich Kariesfreiheit und Karieserfahrung bei fenden Veränderungen der wirtschaftlichen Kindern in Deutschland nur noch geringfügig und gesundheitspolitischen Situation in den unterscheiden. Bei Erwachsenen zeigt sich sogenannten neuen Bundesländern, aber eine klare Angleichung bei der Karieserfah- auch in Westdeutschland gekommen. Mit der rung und bei der Anzahl fehlender Zähne. Einführung der Individual- und Gruppenpro- Auch das Bild bei der zahnprothetischen Ver- phylaxe für Kinder und Jugendliche sowie sorgung ist annähernd gleich. durch die breitere Verfügbarkeit von Fluoriden in den Zahnpasten trat ein dramatischer Rückgang bei den Karieserkrankungen ein. Dieser hat sich 1997 in der Dritten Deutschen Mundgesundheitsstudie (DMS III) sowohl bei der Karieserfahrung als auch beim Anteil karies freier Gebisse gezeigt – und zwar in West- wie in Ostdeutschland. Dennoch kann man an den DMS-III- Ergebnissen erkennen, dass die Mundgesundheit in Ost und West nicht unmittelbar auf einen West-Ost-Angleich zusteuerte, vielmehr wird dieser Trend erst ab der Jahr- Anhang 36 Über die Methodik der Studie Die Deutschen Mundgesundheitsstudien des Haupterkrankungen wurden Karies und Paro IDZ liegen aktuell in der fünften Auflage vor dontitis detailliert erfasst. Daneben finden (DMS V). Als sozialepidemiologische Groß- sich andere nichtkariöse Zahnhartsubstanz- studien erlauben die Untersuchungen als defekte wie beispielsweise Erosionen oder einzige eine repräsentative Beschreibung der die Versorgung mit Zahnersatz in der Studie Mundgesundheit der gesamten Bevölkerung wieder. Schließlich sind auch Mundschleim- in Deutschland. hauterkrankungen erfasst, womit klinische Die Feldphase mit den zahnmedizinischklinischen Untersuchungen und sozialwissen schaftlichen Befragungen wurde im S ommer 2014 erfolgreich abgeschlossen. Untersuchungsaspekte zurückliegender DMSStudien aufgegriffen wurden. Weil sich die DMS-Studien als sozialepide Befragt miologische Surveys verstehen, werden die wurden insgesamt 4.600 Teilnehmer per Zu- zahnmedizinischen Erhebungen immer auch fallsauswahl aus den Einwohnermeldeämtern von einem Fragebogen begleitet. Dadurch von 90 Untersuchungs gemeinden. Die Un- können wichtige Aussagen zu verhaltensbe- tersuchungen wie die E rhebungen zum Ge- zogenen und krankheitsbedingten Zusam- sundheitsverhalten waren freiwillig und ha- menhängen herausgearbeitet werden. Die ben die Daten schutzvorgaben des Bundes - repräsentativen datenschutzgesetzes erfüllt. schen Erkenntnisse aus der DMS V liefern Im Anschluss an die Interpretation der versorgungsepidemiologi- wesentliche Informationen, um bestehende Daten durch das IDZ und einen zahn medi Behandlungsbedarfe zinischen Expertenkreis wurde die Studie im fokus sieren und den Präventionsgedanken, August 2016 in einer umfang reichen For der in den vergangenen Jahrzehnten durch schungsmonografie der Öffentlichkeit vorge Individual- und Gruppenprophylaxe vor a llem stellt. bei Kindern und Jugendlichen zu sehr guten Die DMS V orientiert sich methodisch an zu identifizieren, zu Ergebnissen bei der Mundgesundheit geführt den Vorgängerstudien und ermöglicht damit hat, auf den gesamten Lebensbogen auszu- Vergleiche über längere Zeiträume. Als orale weiten. 37 Anhang Autoren Gesamtbearbeitung Prof. Dr. Thomas Kocher, Greifswald PD Dr. A. Rainer Jordan, MSc. Dr. Wolfgang Micheelis, Köln Wissenschaftlicher Direktor des IDZ, Köln Prof. Dr. Ina Nitschke, Zürich Dr. Wolfgang Micheelis, Dipl.-Sozw. Sozialwissenschaftlicher Berater des IDZ, Sarah Noffz, München Köln Linda Scharf, München Autoren Prof. Dr. Ulrich Schiffner, Hamburg Dr. Constanze Cholmakow-Bodechtel, Dr. Svenja Schützhold, Greifswald München Prof. Dr. Helmut Stark, Bonn Elisabeth Füßl-Grünig, München Prof. Dr. Stefan Zimmer, Witten Prof. Dr. Siegfried Geyer, Hannover Prof. Dr. Katrin Hertrampf, Kiel Prof. Dr. Thomas Hoffmann, Dresden Dr. Birte Holtfreter, Greifswald PD Dr. A. Rainer Jordan, Köln Anhang 38 Über das IDZ Das Institut der Deutschen Zahnärzte (IDZ) Institut der Deutschen Zahnärzte mit dem Zentrum Zahnärztliche Qualität (ZZQ) Universitätsstraße 73, 50931 Köln ist eine gemeinsame, organisatorisch eigen- www.idz-koeln.de ständige Einrichtung der Bundeszahnärztekammer (BZÄK) und der Kassenzahnärztlichen Bundesvereinigung (KZBV). Das IDZ betreibt praxisrelevante Forschung und wissenschaftliche Beratung im Rahmen der Aufgabenbereiche von BZÄK und KZBV. 39 Anhang Glossar und Abkürzungsverzeichnis Altersgruppen der DMS V CDC/AAP-Fallklassifikation • Kinder: 12-Jährige Vierstufige Beschreibung von Parodontal • Jüngere Erwachsene: 35- bis 44-Jährige erkrankungen, gemeinsam erarbeitet vom • Jüngere Senioren: 65- bis 74-Jährige Centers for Disease Control and Prevention • Ältere Senioren: 75- bis 100-Jährige (CDC) und der American Academy of Periodontology (AAP). Die Klassifikation AuB verwendet eine Kombination von parodon Alters- und Behindertenzahnheilkunde talen Sondierungstiefen und Attachment verlusten. AuB-Konzept Konzept Mundgesund trotz Handicap und CPI-Fallklassifikation hohem Alter zur vertragszahnärztlichen Community Periodontal Index. Vierstufige Versorgung von Pflegebedürftigen und Beschreibung von Parodontalerkrankungen, Menschen mit Behinderung aus dem Jahr verwendet von der Weltgesundheits 2010. Von Bundeszahnärztekammer, organisation. Die Klassifikation beruht Kassenzahnärztlicher Bundesvereinigung, unter anderem auf parodontalen Deutscher Gesellschaft für Alterszahn Sondierungstiefen. Medizin und Bundesverband Deutscher Oralchirurgen. DMFT-Index International gebräuchlicher Index zur Dentale Awareness Feststellung der Karieserfahrung. Mundgesundheitsbezogene Der Index gibt die Summe der kariösen Selbstaufmerksamkeit (D = Decayed), fehlenden (M = Missing) und gefüllten (F = Filled) Zähne (T = Teeth) BZÄK Bundeszahnärztekammer pro Person an. Anhang 40 DMS-Studien Kariespolarisation Deutsche Mundgesundheitsstudien des Statistische Bezeichnung für ein spezielles Instituts der Deutschen Zahnärzte im Verteilungsmuster des Kariesbefalls in einer Auftrag von Kassenzahnärztlicher Bundes Bevölkerungsgruppe. Gemeint ist hier eine vereinigung und Bundeszahnärztekammer. sogenannte Schieflage in der Verteilung, Die Untersuchungen sind bevölkerungs bei der wenige Personen eine überdurch repräsentativ und werden seit dem Jahr schnittliche Menge der beobachteten 1989 regelmäßig erstellt: DMS I (1989), Karieswerte auf sich vereinigen. DMS II (1992), DMS III (1997), DMS IV (2005), DMS V (2014). Kariessanierungsgrad Errechnet sich aus dem Verhältnis der IDZ gefüllten Zähne zur Gesamtzahl der Institut der Deutschen Zahnärzte kariösen plus der gefüllten Zähne. Der in Prozent ausgedrückte Wert gibt Aufschluss Karieserfahrung darüber, wie hoch der Anteil der erkrankten Gesamtheit der durch Karies oder Zähne ist, der bereits zahnmedizinisch Kariesfolgen (Füllungen oder andere versorgt wurde. Restaurationen, Zahnverluste) betroffenen Zähne eines Gebisses Krankheitslast Ausmaß der Erkrankung in einer bestimm Kariesindex ten Alters- oder Bevölkerungsgruppe Siehe DMFT-Index KZBV Kassenzahnärztliche Bundesvereinigung 41 Anhang Morbidität Im Unterschied zur Gingivitis, die reversibel Häufigkeit einer Krankheit in einer ist, stellt die Parodontitis einen irreversiblen bestimmten Bevölkerungsgruppe Schaden des Zahnhalteapparates dar. Beide Erkrankungen werden ursächlich durch Morbiditätskompression Bakterien im oralen Biofilm (Plaque) Verschiebung von Krankheitslasten in ausgelöst. das höhere Lebensalter. Damit verbunden sind mehr gesunde Lebensjahre. Prävalenz Häufigkeit des Auftretens einer Erkrankung, Mundgesundheitsverhalten eines Symptoms, eines Risikofaktors zu Sammelbegriff für persönliches Verhalten, einem bestimmten Zeitpunkt. das einen Beitrag zur Gesunderhaltung der Zähne und des Mundes leistet, zum Beispiel Prävention Zähneputzen, aber auch Zuckereinnahme Vorsorge oder die Verwendung von fluoridiertem Speisesalz. Primäre und sekundäre Prävention Bei der primären Prävention geht es um den Parodontitis Erhalt der Gesundheit und die Vorbeugung Parodontitis ist eine entzündliche von Krankheiten. Sie richtet sich an den Erkrankung des Zahnhalteapparates, gesunden Menschen und setzt ein, bevor die unbehandelt zum Zahnverlust führen eine Erkrankung eintritt. Bei der sekundären kann. Im Rahmen der DMS-Studien wurden Prävention geht es um Früherkennung und zwei parodontale Haupterkrankungen das Verhindern der Verschlimmerung einer untersucht: Zahnfleischentzündung Erkrankung, sie richtet sich also an den (Gingivitis) und die sich daraus bereits erkrankten Menschen. entwickelnde entzündliche Zerstörung des Zahnhalteapparates (Parodontitis). Anhang 42 Prophylaxe Salutogenese Vorbeugung von Mund- und Zahnerkran Das Konzept der Salutogenese stellt im kungen. Dazu gehören unter anderem der Gegensatz zum Pathogenesegedanken regelmäßige Zahnarztbesuch zur Kontrolle (der klassischen Schulmedizin) nicht die der Mundgesundheit (Individualprophylaxe) Frage, was krank macht, sondern oder eine Vorsorgeuntersuchung zum Bei umgekehrt, was gesund erhält. Es geht spiel von Schulkindern durch einen Zahnarzt insofern von einer gewissen Gesundheits- in der Schule (Gruppenprophylaxe). dynamik aus. Als zentrales Merkmal dieser Gesundheitsdynamik wird das sogenannte PZR Kohärenzgefühl (Sense of Coherence, SOC) Professionelle Zahnreinigung. eines Menschen genannt, dass sich wie Hochwirksame Intensivreinigung, die als derum aus drei Merkmalen zusammensetzt: Präventionsleistung in der Zahnarztpraxis Verstehbarkeit, Bewältigbarkeit und Sinn von entsprechend geschultem Personal haftigkeit im Hinblick auf innere und/oder durchgeführt wird. Die PZR kann Karies äußere Anforderungsereignisse. und Parodontitis effektiv vorbeugen und gleichzeitig das Aussehen der Zähne UPT verbessern. Unterstützende Parodontitistherapie, die sich als langfristige Behandlungsmaßnahme an die antiinfektiöse Therapie der Parodontitis anschließt. 43 Anhang Wurzelkaries Zahnputzmuster Kariesbefall der Zahnwurzeln. Kann nur Das Zahnputzmuster ist in der DMS V ein entstehen, wenn die Zahnwurzeloberflächen kombinierter Verhaltensindex aus Häufigkeit freiliegen, sich also Zahnfleisch (mindestens zweimal täglich), Zeitpunkten zurückgebildet hat. (nach einer Mahlzeit oder vor dem Ins-BettGehen) und Dauer (mindestens zwei Prothetische Versorgung Zahnersatz, der nach dem Verlust natür licher Zähne in verschiedenen Formen Verwendung findet. Ein typisches Beispiel für eine festsitzende prothetische Versorgung ist die Brücke. Ein typisches Beispiel für eine herausnehmbare prothe tische Versorgung ist die Vollprothese. Zudem existieren Mischformen. Zahnmedizinisch funktionelle Kapazität Die zahnmedizinische funktionelle Kapazität wird zur Messung der Belastbarkeit älterer Menschen bei der zahnärztlichen Behand lung, ihrer Mundhygienefähigkeit und ihrer mundgesundheitsbezogenen Eigenverant wortlichkeit durch den Zahnarzt eingesetzt. Sie wird in vier Belastbarkeitsstufen angegeben. Minuten) des Zähneputzens. 44 Impressum Herausgeber Produktion Kassenzahnärztliche Bundesvereinigung, orangeblue relations, Berlin Körperschaft des öffentlichen Rechts Bundeszahnärztekammer – Infografiken Arbeitsgemeinschaft der Deutschen dpa-infografik, Berlin Zahnärztekammern e. V. (BZÄK) Titelbild Redaktion hobbit / Shutterstock.com Abteilung Presse- und Öffentlichkeitsarbeit der KZBV Druck Abteilung Presse- und Druckerei Nienstedt, Hamburg Öffentlichkeitsarbeit der BZÄK PD Dr. A. Rainer Jordan, Copyright Wissenschaftlicher Direktor des IDZ BZÄK/KZBV, 1. Auflage Berlin/Köln, August 2016 Kassenzahnärztliche Bundesvereinigung Körperschaft des öffentlichen Rechts Universitätsstraße 73, 50931 Köln Telefon (0221) 40 01-0, Fax (0221) 40 40-35, E-Mail [email protected] www.kzbv.de Bundeszahnärztekammer Arbeitsgemeinschaft der Deutschen Zahnärztekammern e. V. (BZÄK) Chausseestraße 13, 10115 Berlin Telefon (030) 400 05-0, Fax (030) 400 05-200, E-Mail [email protected] www.bzaek.de
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