E d i to r i a l E ditorial E d i to r i a l E ditorial E d i to r i a l E ditorial E ditorial E ditorial P r o g r a m m – S e p t e m b e r / O k t o b e r Literatur und Biographie Literatur & Biographie Es gibt wohl kaum eine Frage, die Autorinnen und Autoren häufiger zu hören bekommen, als die nach dem autobiographischen Anteil in ihren Werken. Mit unserer Reihe »Biographie & Literatur« geht es uns weniger darum, unsere Lesegäste nach ebendiesen Hintergründen zu befragen, als vielmehr für Sie die unterschiedliche Art und Weise herauszustellen, in der Autoren mit fremden und eigenem biographischen Material literarisch arbeiten. So präsentiert Birgit Dankert im Zusammenhang einer Ausstellung zu den Stationen in Leben und Werk von Michael Ende ihre umfassende, Biographie des Kinder- und Jugendbuchautors. Für den Argentinier César Aira ist die reale Biographie des Malers Johann Moritz Rugendas Ausgangspunkt eines Romans, die bald schon von der Fiktion überlagert wird. Akos Doma schreibt seinen neuen Roman auf der Folie des eigenen historisch-biographischen Hintergrunds, während Arnon Grünberg in »Muttermale« die Zeit von Alter und Pflege als eine spezifische biographische Situation aufnimmt. Als Tagebuch eines Jahres schließlich, das explizit auf eigenes Erleben zurückzugehen scheint, legt Gerbrand Bakker »Jasper und sein Knecht« an. Die eigene oder eine fremde Erfahrungswelt bildet sicherlich auch in den Lesungen außerhalb der Reihe den Ausgang des Erzählens. Über das biographische Moment an dem Bild von Orient und Okzident, das Prix Goncourt-Preisträger Mathias Énard zeichnet, oder in der phantastisch surrealen Maribor-Groteske von Aleš Šteger können wir freilich nur mutmaßen. ¬ Wir freuen uns auf Ihren Besuch — Ihr Literaturhaus-Team César Aira Gerbrand Bakker Arnon Grünberg Akos Doma Der argentinische Autor César Aira (*1949 in Coronel Pringles) gilt als einer der wichtigsten und raffiniertesten lateinamerikanischen Autoren der Gegenwart. In seinem über 80 Titel umfassenden Werk überrascht er immer wieder durch Genresprünge, aberwitzige und riskante Erzählkonstruktionen und Plots. 2015 stand der »Freibeuter der Fantasie« (DIE ZEIT) auf der Shortlist für den Man-Booker-Preis, 2016 eröffnet er das Internationale Literaturfestival Berlin. In Kiel stellt Aira seinen Roman »Eine Episode im Leben des Reisemalers« vor. Erzählt wird, wie der Augsburger Maler Johann Moritz Rugendas 1837 zusammen mit Alexander von Humboldt Lateinamerika erreicht. Als Landschafts- und Naturmaler soll Rugendas die Forschungen durch Illustrationen unterstützen. Er überlebt auf dem Weg nach Buenos Aires einen Blitzschlag und malt von nun an im Morphiumrausch Bilder von atemberaubender Wucht. Außerdem geht es in Airas Lesung um seinen Essayband »Duchamp in Mexiko«, der stilistisch virtuos eine Theorie der modernen Kunst und Literatur entwickelt – und dabei dem Leser unter der Hand einen Schlüssel für Airas eigene Texte reicht. ( 1 2 . 0 9 . ) ¬ Der niederländische Autor und Übersetzer Gerbrand Bakker, der 2010 für seinen Debütroman »Oben ist es still« u.a. mit dem IMPAC Dublin Literary Award ausgezeichnet wurde, ist erneut zu Gast in Kiel und liest aus seinem (Tage)Buch »Jasper und sein Knecht«. Ein Ort verbindet den Hund Jasper und seinen Herrn, einen niederländischen Romanautor – die Eifel. Ein Jahr lang zieht es die beiden in ein Häuschen, wo sie miteinander leben und auskommen müssen. Mit Witz und Humor nimmt Bakker den Leser mit auf eine einjährige Reise in die Eifel, die vom tagtäglichen Zusammenleben zweier ähnlich schwieriger Charaktere und von Vielem, was das private und schriftstellerische Leben des Autors bestimmt hat, erzählt. ( 2 2 . 0 9 . ) ¬ Arnon Grünberg (geb. 1971 in Amsterdam), seit seinem in 17 Sprachen übersetzten Debüt »Blauer Montag« (1994) einer der wichtigsten und international erfolgreichsten niederländischen Schriftsteller, dessen Lesungen unvergessliche Erlebnisse sind, und Eröffnungsredner bei der Frankfurter Buchmesse 2016 mit dem Schwerpunkt Niederlande / Flandern, präsentiert in Kiel seinen neuen Roman »Muttermale«. Der Psychiater Otto Kadoke muss eines Tages erkennen, dass seine pflegebedürftige Mutter auf seine Hilfe angewiesen ist, und entschließt sich, wieder in das Eltern- haus zu ziehen. Schon bald bemerkt Kadoke, dass er der Situation alleine nicht gewachsen ist, und stellt kurzerhand eine seiner Patientinnen als Pflegekraft ein. Eine berührende Geschichte über die fortwährende Bindung zwischen Mutter und Sohn, die Grünberg gewohnt temporeich und komisch-ironisch Verdrängungen und Selbstbetrug bei den Pflegehelfern entlarvend erzählt. ( 0 8 . 1 0 . ) ¬ Um ein neues Leben anzufangen, gibt es nur einen Weg: das alte aufgeben. So ergeht es den Eltern Teréz und Károly, die mit ihren zwei Kindern Misi und Borbála aus dem sozialistischen Ungarn fliehen wollen. Von der Flucht nach Deutschland und dem Weg über ein Auffanglager in Italien erzählt Akos Doma, geboren 1963 in Budapest und u.a. ausgezeichnet mit dem Adelbert-von-Chamisso- Förderpreis 2012, in »Der Weg der Wünsche«. Doma, selbst als Jugendlicher mit seiner Familie nach Deutschland emigriert und zunächst als Übersetzer u.a. von Péter Nádas und Sándor Márai be- kannt geworden, erzählt in seinem dritten Roman die mitreißende und leidvolle Geschichte einer Flucht im 20. Jahrhundert. ( 1 9 . 1 0 . ) Michael Ende in Bild und Leben Istanbul und Aleppo, Maribor, Wien und die schottischen Highlands Eine Ausstellung und Birgit Dankerts Biographie über den Schriftsteller Michael Ende (1929 – 1995) hat mit seinen phan- tastischen Kinder- und Jugendromanen Generationen von Lesern auf der ganzen Welt begeistert. Doch er war nicht unumstritten: Weltfern und realitätsblind lautete der Vorwurf. Eine reich bebilderte Ausstellung präsentiert Stationen aus seinem Leben und Werk und vermittelt einen lebendigen Eindruck seiner Entwicklung als Schriftsteller. ( 2 6 . 0 9 . – 0 3 . 11 . ) ¬ Zur Eröffnung wird Birgit Dankert, Literaturwissenschaftlerin und Kinderbuchexpertin, ihre umfassende Biographie »Michael Ende. Gefangen in Phantásien« vorstellen. Darin zeichnet sie ein differenziertes Bild Michael Endes und erzählt von seiner Kindheit im Dritten Reich bis zu seinem Durchbruch als Autor, aber auch von privaten Krisen und dem Neuanfang in späten Jahren. ( 2 6 . 0 9 . ) Kirschblüten und rote Bohnen Die Japanischübersetzerin Ursula Gräfe, u.a. mit Romanen Haruki Murakamis mehrfach im Litera- turhaus zu Gast, liest aus dem Roman »Kirschblüten und rote Bohnen« von Durian Sukegawa dessen Verfilmung bereits 2015 in deutschen Kinos lief. Pfannkuchen mit Fertigpaste – Tag ein Tag aus hat Sentaro das Gebäck Dorayaki mit einer süßen roten Bohnenpaste zu bestreichen, immer den roten Kirschbaum vor der Tür des Imbisses im Blick. Sein Leben verläuft eintönig, bis eines Tages die alte Dame Tokue ihm ein Rezept für eine bessere Bohnenpaste zeigt. ( 0 6 . 1 0 . ) Mathias Énard Isabel Bogdan Aleš Šteger Marjana Gaponenko Der französische Schriftsteller Mathias Énard (geb. 1972 in Niort), bereits 2013 mit seinem Roman über illegales Leben und Islamismus in Barcelona »Straße der Diebe« zu Gast, stellt nun seinen mit dem Prix Goncourt 2015 hochausgezeichneten Roman »Kompass« vor. Istanbul, Aleppo, Damaskus – in der Nacht, nachdem der Musikwissenschaftler Franz Ritter mit schlechten Nachrichten be- züglich seiner Gesundheit nach Hause kommt, träumt er sich zurück an die Orte, die er auf seinen Forschungsreisen besucht hat. Mit ihnen verbunden sind die Erinnerungen an seine große Liebe, die Orientalistin Sarah. Énard erzählt von der jahrhundertelangen Passion des Westens für die orientalische Kultur und von Fakten, Romanzen und Geschichten, die alle von dem Beitrag des Orients zur westlichen Kultur und Identität zeugen. ( 3 1 . 1 0 . ) ¬ Isabel Bogdan, geboren 1968 in Köln und als Übersetzerin u.a. von Nick Hornby und Jasper Fforde wie als »Bloggerin des Jahres« ausgezeichnet, liest aus ihrem ersten Roman »Der Pfau«. Lord und Lady McIntosh betreiben in den schottischen Highlands eine Ferienanlage, zu der auch fünf Pfauen gehören. Eines Tages wird einer der Pfauen verrückt, ihn erzürnt die Farbe Blau. Als Liz, die Chefin einer Investmentabteilung und im Besitz eines blaumetallic- farbenen Sportwagens, samt ihrer Belegschaft zum Teambuilding in die Ferienanlage einzieht, nimmt das Drama in den schottischen Bergen seinen Lauf. Bogdan erzählt eine subtile Komödie in bester britischer Manier. ( 1 0 . 1 0 . ) ¬ Mit seinem Roman »Archiv der toten Seelen« lädt der slowenische Autor Aleš Šteger, der als Lyriker schon für sein »Buch der Dinge« mit dem Best Translated Book of the Year Award ausgezeichnet wurde, den Leser in die fantastische Welt von Maribor, der »Kulturhauptstadt 2012«, ein. Ein Netz aus Korruption und Lügen liegt über der slowenischen Stadt. Politiker und Bürger versuchen mit allen Mitteln aus dem Kulturhauptstadt-Projekt möglichst viel Profit zu schlagen. Mittendrin befinden sich der Dramaturg Adam Bely und die Journalistin Rosa Portero, die eine Verschwörung aufzudecken suchen und die Drahtzieher, die dreizehn Hüter des Geheimnisses, entlarven wollen. Doch wem können die beiden vertrauen und wer kann ihnen nützliche Informationen liefern? Eine Geschichte, in der Gutes und Böses nicht mehr klar von einander zu scheiden sind. ( 2 6 . 1 0 . ) ¬ Die u.a. mit dem Adelbert-von Chamisso-Preis für ihren Roman »Wer ist Martha?« ausgezeichnete Schriftstellerin Marjana Gaponenko, geboren1981 in Odessa und seit 1996 auf deutsch schreibend, präsentiert ihren neuen Roman »Das letzte Rennen«. In ihrem Roman geht es um Kaspar, einen jungen Studenten, der in der guten Wiener Gesellschaft aufwächst. Das vermeintlich wohlhabende Leben, welches er nicht zuletzt seinem aus Polen stammenden Vater Adam, einem Selfmade-Ingenieur und Pferdefanatiker, zu verdanken hat, verläuft jedoch nicht gerade nach Plan. Mit Frauen und seinem Vater hat es Kaspar nicht leicht, sein Studium verläuft ohne ersichtliches Ziel und zu allem Übel ver- ändert sich sein Leben auf einen Schlag, als er einen Kutschunfall mit seinem Vater hat. Eine Geschichte über eine etwas andere Vater-Sohn-Beziehung, die zwischen Kutschen und Pferden ihren glanzvollen Anfang und zugleich ihr nachdenkliches Ende findet. ( 0 1 . 11 . ) SPOKENWORDS.SH: Kiel features Nantes PoiSon d’Avril Monsieur Mouch Björn Högsdal Zum siebten Mal sind zwei Slampoeten aus der Partnerregion Pays de la Loire zu Gast, um in öffentlichen Auftritten und bei Workshops in Schulen die französische Variante der Spoken-Word-Poetry zu vermitteln. Ihren ersten Auftritt in Kiel haben Monsieur Mouch und PoiSon d’ Avril im Literaturhaus in deutscher und französischer Sprache, moderiert von Björn Högsdal. Dem folgen noch weitere Auftritte in SH, denn die Veranstaltung im Literaturhaus ist zugleich ein Warm up für SPOKENWORDS.SH, das erste Internationale Festival für Bühnenliteratur vom 22.–25.09. ( 2 1 . 0 9 . ) Junges Literaturhaus In der Schreibwerkstatt »Texte unter der Lupe« mit Christopher Ecker haben Jugendliche und junge Erwachsene Gelegenheit, eigene und fremde Texte zu diskutieren und Anregungen für das eigene Schreiben zu finden. ( 0 7 . 0 9 . u n d 0 5 . 1 0 . ) Bei den »Leseratten des Literaturhauses« lesen Kinder und Jugend- liche Neuerscheinungen aus der Welt der Kinder- und Jugendbücher, schreiben Rezensionen und stellen die »Lesetipps« zu- sammen. ( 1 9 . 0 9 . ) Jeweils dienstags sind nach Vereinbarung Kindergarten- und KITA-Gruppen zu Vorlesevormittagen zu Gast. Dank der Vorlesepatinnen vom Freundeskreis des Literaturhauses wird Literatur greifbar und zu etwas ganz Besonderem. LeseLounge – Zwei AutorInnen und ein Live-Hörspiel Im Herbst wird die LeseLounge ein besonderes Hörerlebnis mit Gedichten, in denen das Echo zweistimmig singender Vögel mit Menschengesicht nachhallt und Ulrike Almut Sandig Jakob Nolte einem Roman, der als Live-Hörspiel Highschool-Mystery-Klänge aus den 90er Jahren anstimmt. ¬ »wir befinden uns tief in der Zukunft der Märchen / wir sind die Enkel unserer eigenen Vorstellungskraft«. Ulrike Almut Sandig präsentiert in ihrem neusten Lyrikband »ich bin ein Feld voller Raps verstecke die Rehe und leuchte wie dreizehn Ölgemälde übereinandergelegt« Gedichte als kunstvolle Ohrwürmer. Angelehnt an die Grimm’schen Märchen, wurzeln sie fest in einer Gegenwart, die Sandig mit dem Echolot ihrer Verse und dem Klangorgan ihrer ganz eigenen Sprache erfasst. So begeben wir uns mit ihr in die Untiefen zeitgeschichtlicher Unheimlichkeit, zwischen denen der utopische Gegenentwurf eines Heimatlandes anklingt. Für ihre Gedicht-, Prosa- und Hörspielarbeiten wurde Sandig mit zahlreichen Preisen ausgezeichnet. ¬ Jakob Nolte, dem Kieler Publikum bereits als Co-Autor von Bühnenstücken wie »Das Tierreich« bekannt, begleitet in seinem Debütroman »ALFF« sonderbare Protagonisten beim abgründigen Prozess des Erwachsenwerdens. Als Benjamin McNash Opfer des Serienmörders »der Vollstricker« wird, werden seine Mitschüler zu Detektiven und Reportern, fallen vor Lust übereinander her oder nehmen ihre Eltern als Geiseln. Dieser wortgewaltige Roman ist gleichzeitig eine rasante Groteske über die USA der 90er Jahre. In der LeseLounge wird Nolte mit dem Musiker und Schauspieler Moritz Löwe ein Live-Hörspiel seines Debütromans darbieten (»ALFF in Moll«). ( 0 2 . 11 . )
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