`Die blutrote Kammer`

'Die blutrote Kammer'
- Darstellung der Symbiose von Macht und Gewalt
in Robert Musils <Die Verwirrungen des Zöglings Törleß>
Shin, Hyeseon (HUFS)
Jede Klasse ist in einem solchen Institute
ein kleiner Staat für sich.
Robert Musil
Ⅰ. Einleitung
Musils erstes Werk Die Verwirrungen des Zöglings Törleß wird seit seiner
Erscheinung aufgrund seiner psychologischen, soziologischen und philosophischen
Andeutungen und Elementen unter sehr unterschiedlichen Blickwinkeln
interpretiert.1) Eine sehr zu beachtende Perspektive beleuchtet diesen Roman als
Kadettengeschichte. Im Allgemeinen kritisiert die Kadettenliteratur die autoritäre
1) Darunter sind zwei Hauptrichtungen hervorzuheben: Zum einen wird dieser Roman aus
psycho-soziologischer Sicht im Rahmen der Kadettenliteratur als eine Variante der
Schulgeschichte oder des Schulromans erfasst, zum anderen als ‘philosophischer Roman’
verstanden, “in dem die vordergründige Handlung eine vergleichsweise nebensächliche
Rolle spielt” (Koemer 2004, 12). Dabei werden die "philosophischen Episoden, wie
Törleß’ Konfrontation mit der Unendlichkeit, seine Beschäftigung mit den imaginären
Zahlen und mit der Philosophie Kants" zum Mittelpunkt des Interesses. Dazu gehören die
Untersuchungen auch wie Aler (1971), Herwig (1972), Gargani (1984), Söder
(1993/1994) und Pestalozzi (1989). In weiteren Forschungen wird dieser Roman auch als
‘psychologischer Roman’ aufgefasst.
196 독일어문학 제73집
Erziehung in militärischen Institutionen und äußert weitergehend eine Warnung vor
einer Militarisierung der Gesellschaft. Auch diese Abhandlung knüpft an diesen
Diskurs an, in dem er sich auf die zwischenmenschlichen Verhältnisse und
Konflikte der Kadetten im Konvikt zu W., einer militärischen Realschule im
Roman, fokussiert. Jedoch wird im Roman nicht nur auf die Bildungskritik am
Militärschulwesen eingegangen, sondern zugleich dessen soziokulturelle Reflexion
mitbeleuchtet. Ein wichtiges Indiz dafür ist die gesellschaftskritische Darstellung
der Militärschule als Gesellschaft mitsamt ihren machtschöpfenden Institutionen.
Auch der sexuelle Missbrauch und die unmenschliche Erniedrigung, die
machtbessenene Kadetten an einen weiteren Zögling ausüben, sollte nicht auf eine
Erscheinung jugendlicher Devianz reduziert werden. Diese Handlungen sollen im
Kontext eines tieferen Aspekt des Machtverhältnisses, und zwar der verflochtenen
Spiele von Sadomasochismus und Gewalt gesehen werden.
Diese Abhandlung untersucht den Zusammenhang von Macht und Gewalt im
Roman, setzt sich mit deren differenzierter Darstellung auseinander. Sie versucht
zugleich die als fiktive Realität geschilderte Gewaltausübung in Blick auf den
soziohistorischen Zusammenhang zu beleuchten.
Ⅱ. Macht und Gewalt
Als wäre ihm das Schicksal bewusst, dass die nachfolgenden Literaturkritiker
und Leser die Szenen der Belästigung von den Schülern an Basini hervorheben
würden, betont Musil, dass dem homosexuellen Verhältnis von Jugendlichen kein
großes Gewicht beigelegt werden solle. Mehr will er "das Gespenstische des
Geschehens" darstellen, denn er interessiert sich nicht für "die reale Erklärung des
realen Geschehens", sondern für "das geistig Typische" (Musil 1955, 785).
Ich will nicht Päderastie begreiflich machen. Sie liegt mir von allen Abnormitäten