Stand: 21. Juli 2016 Stellungnahme und Handlungsempfehlungen Sportveranstaltungen – Impulsgeber für eine nachhaltige Entwicklung Einführung Sportgroßveranstaltungen begeistern Millionen von Menschen und sind wichtige Ereignisse für die Ausrichterstädte, Zuschauer und Sportaktiven. Zugleich stellen sie eine umweltpolitische Herausforderung dar. Eine nachhaltige Planung und Durchführung ist von großer Bedeutung für Sportveranstaltungen. Auf diese Weise sind sie Katalysatoren für eine zukunftsfähige Stadtund Sportentwicklung und verankern umweltpolitische Leitbilder in der Breite der Gesellschaft. Die Bundesregierung hat sich im Rahmen der 5. Weltkonferenz für Sportminister 2013 mit über 120 weiteren Staaten der UNESCO zur Nachhaltigkeit von Sportgroßveranstaltungen bekannt und alle Interessengruppen aufgerufen, sicherzustellen, dass Investitionen in Infrastrukturen und Sportstätten im Einklang mit sozialen, wirtschaftlichen, kulturellen und ökologischen Nachhaltigkeitsanforderungen stehen. Der Beirat „Umwelt und Sport“ beim Bundesministerium für Umwelt, Naturschutz, Bau und Reaktorsicherheit (BMUB) sieht es daher als notwendig an, einen möglichst hohen Standard im Bereich „Sportveranstaltungen und Nachhaltigkeit“ anzustreben. Er vertritt hierzu auf der Basis von langjähriger Praxiserfahrung, Forschungsergebnissen und aktuellen gesellschaftlichen Herausforderungen nachfolgende Standpunkte und Forderungen. Grundposition Sport sowie Natur- und Umweltschutz sind von enormer Bedeutung für die zukünftige Entwicklung der Gesellschaft. In hohem Maße können beide politischen Handlungsfelder zu 1 von 6 | www.bmub.bund.de einer nachhaltigen Gestaltung der Gesellschaft beitragen – vor Ort in Deutschland sowie in internationalen Zusammenhängen. Sport fördert Inklusion, Bildung und Gesundheit, bringt Lebensfreude und Spaß, vermittelt Werte wie Toleranz, Fairness und Teamgeist und verbessert ganz allgemein die Lebensqualität. Sportveranstaltungen sind einzigartige Ereignisse für Athleten und Zuschauer, aber auch eine Herausforderung für die Idee der Nachhaltigkeit: heute so zu handeln, dass kommende Generationen in ihrer Entwicklung nicht beeinträchtigt werden oder sogar profitieren. Das gemeinsame Ziel von Sportveranstaltern und -organisationen sowie von Bund, Ländern, Kommunen und der Sportwirtschaft muss sein, Sportveranstaltungen so zu planen und durchzuführen, dass sie einer generationenübergreifenden Verantwortung für eine ökonomisch, ökologisch und sozial tragfähige Entwicklung in der Stadt, aber auch im ländlichen Raum gerecht werden. Auch wenn diese Zieldimensionen in besonderer Weise auf Großveranstaltungen wie z. B. Olympische Spiele oder Fußball-Welt- und Europameisterschaften zutreffen, gelten sie im Grundsatz auch für kleinere Veranstaltungen des Leistungs- und Breitensports. Die Erhaltung der natürlichen Lebensgrundlagen muss auch bei Sportveranstaltungen handlungsleitend sein. Die Idee der Nachhaltigkeit erfordert in allen Bereichen ein Umdenken zugunsten langfristiger Tragfähigkeit und gerechter Verteilung von Lasten, Chancen und Risiken. Sportgroßveranstaltungen können so zugleich Fortschrittstreiber und Motor für die zukunftsfähige, nachhaltige Stadt-, Stadtteil- bzw. Regionalentwicklung sein. So sollen mit Veranstaltungen bleibende Werte für die Bürgerinnen und Bürger vor Ort geschaffen werden. Das häufig als zu abstrakt empfundene Leitbild der Nachhaltigkeit kann durch das Medium Sport in der Breite der Gesellschaft verankert werden. Umfassendes Nachhaltigkeitsverständnis vertreten Ein umfassendes Nachhaltigkeitsverständnis von Sportveranstaltungen basiert auf einer Gesamtschau aller ökologischen, ökonomischen und sozialen Aspekte von Zukunftsfähigkeit. Dieses zeitgemäße Nachhaltigkeitsverständnis stellt sicher, dass zentrale Vorstellungen und Lösungsansätze vor, während und nach der Veranstaltung ökologisch verantwortbar, sozial verträglich und wirtschaftlich tragfähig sind. Dabei gilt es auch, ein Bildungskonzept als Schlüsselfaktor für die nachhaltige Entwicklung von Sportveranstaltungen zu realisieren. 2 von 6 | www.bmub.bund.de Konkrete Nachhaltigkeitsstrategien entwickeln und umsetzen Sportorganisationen, Veranstalter und Organisationskomitees in Deutschland sind aufgefordert, Nachhaltigkeitsstrategien für Sportveranstaltungen – insbesondere bei Großveranstaltungen möglichst in einem partizipativen Prozess – zu entwickeln. Bund, Länder, Kommunen und nationale wie internationale Sportverbände müssen dies in geeigneter Form unterstützen. Hierbei sind in besonderer Weise von Bedeutung: - Informationen zu bundes- und landesrechtlichen Bestimmungen - Einhaltung ökologischer, ökonomischer und sozialer Standards - Impulsgeber für gesellschaftliche und soziale Integration sowie für eine nachhaltige Regional-, Stadt- und Sportentwicklung - Generierung von Vorbildern im nationalen und internationalen Kontext - Werbung für das Nachhaltigkeitsleitbild im und durch Sport - Erweiterung des Zugangs zu Sport für alle Menschen, insbesondere für Kinder und Jugendliche - Management von Zielkonflikten mit Hilfe von Kosten-Nutzen-Bewertungen und Innovationen Dialogprozesse bei Großveranstaltungen Sportgroßveranstaltungen sind eine große Herausforderung, nicht nur für teilnehmende Sportlerinnen und Sportler, sondern genauso für Organisatoren, Behörden und Institutionen auf Bundes-, Länder- und lokaler Ebene sowie für Teile der Bevölkerung. Ohne einen angemessenen Dialogprozess untereinander und Beteiligung von Öffentlichkeit und Bevölkerung sind solche Aufgaben nicht mehr zu meistern. Wir erwarten für alle Fragen rund um das Nachhaltigkeitskonzept und die Nachhaltigkeitsstrategie einen fortlaufenden, transparenten und dialogorientierten Prozess unter Einbeziehung aller beteiligten und betroffenen Gruppen sowie der Bürgerinnen und Bürger. Glaubwürdigkeit Die verbindliche Umsetzung der Arbeiten und Maßnahmen sind bestimmende Faktoren für die Glaubwürdigkeit des Konzepts auf lokaler Ebene, bei Veranstaltungen mit deutschlandweiter Bedeutung aber auch aus nationaler Sicht. Je verbindlicher, konkreter und 3 von 6 | www.bmub.bund.de überprüfbarer die wesentlichen Bausteine des Gesamtkonzepts und die Formulierung und Steuerung des Prozesses sind, umso authentischer und überzeugender wird das Konzept. Langfristige Nutzung Wo immer möglich und soweit die sportfunktionalen Anforderungen erfüllt werden können, besitzt die Nutzung bereits bestehender, ggf. durch Sanierungs- bzw. Modernisierungsmaßnahmen ertüchtigter Sport-und Veranstaltungsstätten mit ihrer Infrastruktur für Großveranstaltungen oberste Priorität. Bei der Frage, ob eine Wettkampfstätte dauerhaft oder temporär errichtet wird, ist die Nachnutzbarkeit das entscheidende Kriterium. Ist eine spätere Nutzung nicht wirtschaftlich, sollen Anlagen entweder nur temporär konzipiert oder danach für eine stadtverträgliche Nachnutzung umgestaltet werden. Unterstützung durch Erfahrung aus erster Hand Sportveranstalter, Sportverbände und politische Entscheidungsträger finden auf der vom BMUB und dem Deutschen Olympischen Sportbund (DOSB) zur Verfügung gestellten Internetplattform für nachhaltige Sportveranstaltungen GREEN CHAMPIONS 2.0 (www.green-champions.de) konkrete Unterstützung in deutscher und englischer Sprache mit aktuellen Hinweisen und Tipps. Forderungen und Anregungen Der Beirat „Umwelt und Sport“ beim Bundesministerium für Umwelt, Naturschutz, Bau und Reaktorsicherheit - empfiehlt Bund, Ländern, Kommunen, Sportorganisationen, Umweltverbänden sowie der Sportbranche die vielfältigen Gestaltungspotenziale von Sportveranstaltungen zum Ausgangspunkt der jeweiligen Bewertungen zu machen. - fordert Sportorganisationen, Veranstalter und Organisationskomitees auf, für Sportveranstaltungen Nachhaltigkeitskonzepte auf Basis dieser Handlungsempfehlungen und der Hilfestellungen von GREEN CHAMPIONS 2.0 zu entwickeln und umzusetzen. - empfiehlt Bund und Ländern, Sportgroßveranstaltungen zukünftig noch gezielter zu fördern, wenn Veranstalter Nachhaltigkeitskonzepte vorlegen. - regt Kommunen dazu an, bei den notwendigen kommunalen Unterstützungsleistungen von Sportveranstaltungen zukünftig noch gezielter auf die Entwicklung und Umsetzung von Nachhaltigkeitskonzepten zu achten. 4 von 6 | www.bmub.bund.de - empfiehlt der Bundesregierung, durch geeignete Maßnahmen, wie z. B. die Entwicklung von Managementsystemen, Wettbewerbe, Förderung von Modellvorhaben und wissenschaftlichen Untersuchungen etc., auf eine systematische Weiterentwicklung nachhaltiger Sportveranstaltungen hinzuwirken. - fordert den DOSB und die Bundessportfachverbände auf, sich in ihren Verbänden sowie gegenüber dem Internationalen Olympischen Komitee (IOC) und internationalen Sportverbänden für eine Bedeutungssteigerung des Nachhaltigkeitsansatzes, insbesondere bei den Vergabeentscheidungen, einzusetzen. 5 von 6 | www.bmub.bund.de Der Beirat „Umwelt und Sport” in der 18. Legislaturperiode beim Bundesministerium für Umwelt, Naturschutz, Bau und Reaktorsicherheit: Ordentliche Mitglieder: Prof. Dr. Ralf Roth, Deutsche Sporthochschule Köln (DSHS), Sprecher des Beirats Detlef Berthold, Ministerium für Familie, Kinder, Jugend, Kultur und Sport des Landes Nordrhein-Westfalen Prof. Dr. Franz Brümmer, Verband Deutscher Sporttaucher e.V., Kuratorium Sport und Natur e.V. (stellv. Sprecher) Ute Dicks, Deutscher Wanderverband (DWV) Bernd Düsterdiek, Deutscher Städte- und Gemeindebund e.V. (DStGB) Nicole Espey, Bundesverband der Deutschen Sportartikel-Industrie e.V. (BSI) Tilmann Heuser, Bund für Umwelt und Naturschutz Deutschland e.V. (BUND) Andreas Klages, Deutscher Olympischer Sportbund e.V. (DOSB) Torsten Kram, Ministerium für Umwelt, Energie, Ernährung und Forsten des Landes Rheinland-Pfalz Helmut Opitz, Naturschutzbund Deutschland e.V. (NABU) Dr. Hartmut Stahl, Öko-Institut e.V. Axel Welge, Deutscher Städtetag Ludwig Wucherpfennig, Deutscher Naturschutzring e.V. (DNR) Ständige Gäste: Bundesinstitut für Bau-, Stadt- und Raumforschung (BBSR), Dr. Brigitte Adam Bundesamt für Naturschutz (BfN), Thomas Graner Umweltbundesamt (UBA), Hans-Joachim Hermann Bundesministerium des Innern (BMI), Katrin Schenk Kontakt: Beirat „Umwelt und Sport” beim Bundesministerium für Umwelt, Naturschutz, Bau und Reaktorsicherheit Prof. Dr. Ralf Roth (Sprecher) Stresemannstraße 128 – 130, 10117 Berlin E-Mail: [email protected] Der Beirat „Umwelt und Sport“ Der Beirat „Umwelt und Sport“ ist seit 1994 als Beratungsgremium der Bundesregierung beim Bundesministerium für Umwelt, Naturschutz, Bau und Reaktorsicherheit (BMUB) angesiedelt. Er hat die Aufgabe zunehmende Konflikte, Defizite und Potenziale im Bereich „Nachhaltige Sportentwicklung“, insbesondere im Bereich der Stadtentwicklung, des Schutzes der Biodiversität, der Natur und des Klimas, zu identifizieren, Steuerungsinstrumente aufzuzeigen und sich für nachhaltige Sportveranstaltungen einzusetzen. Er berät das BMUB in diesen Fragen und bewertet aktuelle Forschungsergebnisse. Dem Beirat gehören Sachverständige für Fragen der nachhaltigen Sportentwicklung aus den Bereichen Umwelt-, Sport- und Kommunalverwaltung, Wissenschaft, Wirtschaft, Natur- und Umweltschutz sowie dem organisierten Sport in Deutschland an. Er besteht aus 13 ehrenamtlichen Mitgliedern. 6 von 6 | www.bmub.bund.de
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