Teil 2: Einsatz von Drohnen in der Praxis

36
Technik
BAUERNBLATT | 6. August 2016 ■
Aufsteiger mit Bodenhaftung – Teil 2
Einsatz von Drohnen in der Praxis
zugängliche und unübersichtliche
Geländebereiche aus der Luft zu
erfassen. Dies möchte sich die Agrarverwaltung zunutze machen.
So berichtet Bernd Haberecht
vom Landwirtschaftsamt Leinefelde-Worbis über Tests zum Einsatz
dieser Technologie bei Kontrollen
der Fördervoraussetzungen für die
Zahlung von Beihilfen an Landwirte und des Fachrechts, etwa beim
Pflanzenschutz. Die Ansprüche an
die Überprüfung, ob die entsprechenden Vorgaben eingehalten
werden, seien mit der neuen Förderperiode der EU-Agrarpolitik
gestiegen. Dies betreffe insbesondere das Integrierte Verwaltungsund Kontrollsystem (lnVeKoS), die
Cross-Compliance-Bestimmungen
aber ebenso die KULAP-Regularien.
„Besonders arbeitsintensiv sind
die genauen Messungen von Flächengröße und Flächenanteilen
sowie die geforderte exakte Datenerfassung zur landwirtschaftlichen Nutzung“, informiert Haberecht. Am Beispiel von Flächen, die
von der Behörde probeweise mit
einer Drohne vermessen wurden,
erläuterte Haberecht die Möglichkeiten dieser Technologie bei der
präzisen Erfassung von Landschaftselementen und der
Trennung zwischen
beihilfefähigen und
nicht
beihilVorführung einer drohnengestützten 3-D-Flächenvermessung durch die CIS GmbH. Ausgelegte
fefähigen FläMesstafeln erleichtern die spätere Georeferenzierung der Luftbilder. Fotos: Carmen Rudolph
chenteilen. So
Spezialisten aus der Land- und Anfang. Noch fehlten Standards könnten die Flugzeigten die von
der
fliegenForstwirtschaft diskutierten zu- und Vorschriften für eine rechts- geräte in Mutterkletzt in Jena über den Einsatz und sichere Verwertung der gewonne- uhherden die Abden Kamera in
die Möglichkeiten unbemannter nen Informationen.
kalbung kontrolniedriger Höhe
Flugsysteme. Dieser Beitrag zeigt
Das TLL hat zum Thema Droh- lieren und beim Marker für die spätere Zuordnung aufgenommeEinsatzmöglichkeiten von Droh- nen eine Umfrage unter Landwir- Auffinden
von der Luftbilder werden eingesetzt, nen Bilder einen in der Land- und Forstwirt- ten durchgeführt. Demnach sehen Tieren in unüber- wo andere Geländepunkte fehlen, ner stark strukschaft anhand der auf der Tagung die Praktiker die Chancen für de- sichtlichem Gelän- zum Beispiel in einem großen Ge- turierten Agvorgestellten Praxisanwendungen. ren Einsatz hauptsächlich in der Be- de helfen. Als Ein- treidefeld.
rarfläche Verstandsüberwachung und -führung satzmöglichkeiten
buschungen,
Für die digitale Agrarstrategie sowohl im Pflanzenbau als auch in nennen die befragten Landwirte die bei der Fernerkundung nicht
Landwirtschaft 4.0 ist nach Über- der Weidetierhaltung.
zudem die Detektion von Dräna- erkannt wurden. Eine Software
zeugung von Dr. Armin Vetter der
Im Ackerbau wurden der Pflan- gen, Flächenmessungen für den rechnet diese Bereiche automaEinsatz unbemannter Flugsyste- zenschutz, besonders bei der Be- GIS-Antrag, die Erfassung von Bo- tisch heraus. Der so ermittelte Anme (UAS) unverzichtbar. „Nur mit kämpfung des Maiszünslers, so- denerosionsschäden und die Kont- teil kann ausschlaggebend sein,
Drohnen lassen sich die dafür not- wie die Düngebedarfsermittlung rolle von Anlagen und Gebäuden. da Flächen mit einer Verbuschung
wendigen hochauflösenden Daten auf der Grundlage des Biomassevon über 25 % nicht beihilfefähig
tagesaktuell und kostengünstig screenings als mögliche Anwensind. „Der Gesetzgeber fordert
Agrarflächen
beschaffen“, so der stellvertreten- dungen genannt. Tierwirte bezur Zeit eine Messgenauigkeit von
exakt erfassen
de Präsident der Thüringer Landes- trachten der Umfrage zufolge
mindestens 1,25 m. In der Praxis
anstalt für Landwirtschaft (TLL). Al- Drohnen als künftiges Hilfsmittel
Eine Stärke der Drohnen liegt können Drohnen aber bereits viel
lerdings stehe die Technologie am bei der Weideflächenkontrolle. So zweifellos in ihrer Fähigkeit, schwer genauere Werte liefern“, sagt Ha-
Technik 37
■ BAUERNBLATT | 6. August 2016
Demonstration des Abwurfs einer Trichogramma-Kapsel (roter Kreis) zur Be- Experten gehen davon aus, dass Drohnen schon in naher Zukunft verschiekämpfung des Maiszünslers. Der reale Einsatzzeitpunkt erfolgt in einem spä- dene Aufgaben in der Landwirtschaft übernehmen und dabei weitgehend
selbstständig agieren.
teren Entwicklungsstadium der Pflanzen.
berecht, der den Einsatz als Ergänzung zur Fernerkundung via Satellit und Flugzeug sowie zu der weiterhin notwendigen Vor-Ort-Kontrolle betrachtet.
Dränagerohre wieder
aufspüren
Zu den Erkenntnissen, die sich
aus der Interpretation drohnengestützter Luftaufnahmen ableiten
lassen, gehört auch die Lage von
Dränagerohren. „Die Funktions-
fähigkeit von Dränagen hat hohe
Bedeutung für die Ertragssicherheit auf vernässungsgefährdeten
Flächen. Oft ist jedoch die genaue
Lage der Rohre nicht mehr bekannt, weil entsprechende Unterlagen verloren gingen“, weiß Mario Hehne von dem Startup-Unternehmen Apus Systems, das Dränagedetektionen als Dienstleistung
anbietet. In Luftbildern lassen sich
die Anlagen mit ihren regelmäßigen linearen Strukturen auf unbewachsenen Flächen durch Refle-
xionsunterschiede identifizieren.
Steht auf der untersuchten Fläche Getreide, hilft bei der Detektion der Umstand, dass die Pflanzen
über Dränagerohren bis zu 10 cm
höher wachsen. Ursache dafür sind
die bessere Durchlüftung und die
ausgeglichene Bodenfeuchte in
diesem Bereich.
„Wir wenden außerdem ein Verfahren an, bei dem die Lage von
Dränagerohren durch die Berechnung des Bodenfeuchteindex in
Verbindung mit einem hochge-
nauen 3-D-Geländemodell ermittelt wird“, informiert Hehne. Die
Datengrundlage dafür liefern unbemannte Fluggeräte mit speziellen Sensoren.
Bestände aus der Luft
bonitieren
„Mit ihrer guten räumlichen Auflösung und der schnellen Verfügbarkeit der gewonnenen Daten
sind fliegende Sensorplattformen
ein geradezu ideales Bonitur-Werk-
JETZT CHANCEN NUTZEN!
Valtra-Qualität zum besten Preis
100 PS KLASSE
150 PS KLASSE
• Kompakter Allrounder mit
110 PS (81 kW)
• TIER 4i (kein AdBlue)
• Super-Sicht & -Wendigkeit
• PowerShuttle, 24/24, 3-fach-LS
ab 39.500,- EURO UVP*
• AGCO Power 6 Zylinder
mit 170 PS (125 kW) max.
• TIER 4 Final!!!
• Kabinenfederung, Klima
• LS-Hydraulik
ab 69.500,- EURO UVP*
N103 HiTech
T144 Active
Fragen Sie Ihren Vertriebspartner!
Nur bei teilnehmenden Händlern. *Alle Preise zzgl. MwSt.
Abb. können abweichen. Gültig bis 31.08.2016
IS 31.08.2016
VERLANGERUNG B
UVP
ab 69.500,- EURO
*
AGCO Deutschland GmbH - Geschäftsbereich Valtra - 87616 Marktoberdorf · Tel. 08342 - 77 81-00 · www.valtra.de
38
Technik
BAUERNBLATT | 6. August 2016 ■
Dr. Axel Weckschmied von der Firma Hexapilots bekämpft seit zwei Jahren den Maiszünsler mit einem drohnengestützten biologischen Verfahren.
zeug, mit dem sich im landwirt- beim Vergleich mit dem tatsächlischaftlichen Versuchswesen ganz chen Ernteergebnis als richtig erneue Möglichkeiten eröffnen“, so wiesen“, verweist Perner auf die
das Fazit von Dr. Jörg Perner von Bedeutung der Technologie für
der U.A.S. Umwelt- und Agrarstu- belastbare landwirtschaftliche Erdien GmbH nach Tests auf mehre- tragsabschätzung.
ren Versuchsanlagen.
Der Wissenschaftler verdeutMulticopter bekämpft
licht die Vorteile der DrohnenbeMaiszünsler
fliegung in diesem Bereich am Beispiel einer Vitalitäts- und BiomasBeim Kampf gegen den Maisseabschätzung beim Weizenanbau. zünsler setzen mittlerweile mehDafür war das Versuchsareal in 16 rere Dienstleister in Deutschland
Feldbereiche unterteilt worden. Sie Drohnen ein. Einer von ihnen ist
unterschieden sich durch abgestuf- Dr. Axel Weckschmied von der Firte Düngungsgaben in Verbindung ma Hexapilots, der auf der Tagung
mit dem Einsatz unterschiedlicher über Erfahrungen beim gezielten
Bakterienpräparate,
die eine zusätzliche
Stickstoffbindung
bewirken. Die Versuchsfläche wurde
im Mai und Juni mit
einer Drohne beflogen, an der sich
eine Multisprektralkamera befand.
So konnte in jeder
Versuchsparzelle an
einer Vielzahl von
Punkten der Vegetationsindex (NDVI)
berechnet und grafisch
dargestellt
werden. „Dies ermöglichte bereits
zehn Wochen vor Die Trichogramma-Kapseln zur Bekämpfung des
der Ernte Aussa- Maiszünslers, hier aus wachsbeschichtetem Zellstoff
gen zu den Erträ- vom Anbieter Biocare, enthalten Schlupfwespengegen, die sich später lege in verschiedenen Entwicklungsstadien.
Abwurf von Trichogramma-Kapseln in Maisbeständen berichtete, unter anderem auf Flächen der
Agrargenossenschaft Niederpöllnitz in Thüringen. In den Kapseln
befinden sich Gelege mit verschiedenen Entwicklungsstadien der Trichogramma-Schlupfwespe, einem
natürlichen Gegenspieler des Zünslers. Die winzigen Hautflügler parasitieren die Eier des Schädlings.
Statt des Zünslers wächst eine neue
Generation der Nützlinge heran.
Für den Abwurf vom Multicopter,
der über den Mais so niedrig wie
möglich fliegt, baute der Dienstleister eine spezielle Vorrichtung
(Dispenser). „Im vergangenen Jahr
haben wir in verschiedenen Bundesländern auf insgesamt 1.400 ha
Mais Trichogramma-Kapseln abgeworfen, wobei teilweise bis zu drei
Teams mit ihrer Drohne zeitgleich
an verschiedenen Orten im Einsatz
waren“, berichtet Weckschmied.
Bei einer Fluggeschwindigkeit von
7 bis 8 m/s seien je nach Flugbedingungen und Entfernung zwischen
den einzelnen Schlägen Tagesleistungen zwischen 40 und 70 ha
machbar. Der Dienstleister berechnet pro beflogenem Hektar einen
Pauschalpreis von 20 €.
lingsbefall in Mitleidenschaft gezogen werden. Im Fall des Falles ist
es wichtig, den Umfang von Schäden quantitativ und qualitativ möglichst exakt zu bewerten, um den
Folgen künftig gezielt entgegenwirken zu können und nicht zuletzt, um Ansprüche gegenüber
der Versicherung oder dem Verursacher geltend zu machen. Die
Schadensbeurteilung durch Gutachter ist zeitaufwendig und – da
sie auf Stichproben basiert – wegen
Ungenauigkeiten anfechtbar.
In einem EU-geförderten Projekt hat die Firma Rucon Engineering ein softwarebasiertes Verfahren entwickelt, mit dem sich Schäden im Pflanzenbau anhand von
Luftbildern analysieren lassen. Die
Anwendung des Schadscan-Programms stellte Rucon-Softwareexperte Martin Faber auf der Tagung
in Jena vor. So lässt sich bei Wildaufenthalten in der Kultur nicht nur
das Ausmaß des Schadens flächendeckend ermitteln, sondern auch
das Laufverhalten der Tiere nachvollziehen. „Zu erkennen, wo das
Wild hinein geht und wo es das
Feld verlässt, ist hilfreich, wenn der
Schlag mehreren Jägern zugeteilt
ist“, sagt Faber. In einem anderen
Anwendungsbeispiel war auf der
Luftaufnahme die Wirksamkeit verSchadscan
schiedener Mäusebekämpfungsmit Weitblick
mittel erkennbar. Bei AuswintePflanzenbestände sind Wind rung liefert die Luftbildanalyse Fakund Wetter ausgesetzt und kön- ten für die Entscheidung, ob man
nen durch Wildtiere oder Schäd- den Bestand umbricht oder stehen
Technik 39
■ BAUERNBLATT | 6. August 2016
lässt. Durch die 3-D-Modelierung
einer fotografierten Erosionsrinne
nach einem Starkniederschlag berechnete die Software die Menge
und den Ablagerungsort der abgeschwemmten Erdmassen als Grundlage für die Schadensbeseitigung.
Retter der Rehkitze
im Gras
Jedes Jahr kommen allein in
Deutschland tausende Rehkitze
während der ersten Mahd in die
Mähwerke und verenden qualvoll.
Die Jungtiere fliehen nicht vor den
Maschinen, sondern ducken sich
instinktiv ins Gras. Im Auftrag der
örtlichen Jägerschaft setzt Thomas Kordes von der Firma Aerialis
seit zwei Jahren Drohnen zur Rehkitzsuche ein. Dabei überfliegt ein
mit Normal- und Wärmebildkamera ausgerüsteter Multikopter die
Fläche in etwa 30 m Höhe nach einem vorgegebenen Flugplan. Das
erleichtert das Auffinden der Tiere erheblich, da die Suchmannschaft nicht das ganze Gebiet ablaufen muss, sondern gezielt dorthin gehen kann, wo die Drohne
ein Tier detektiert hat. „Die Suche
sollte direkt nach Sonnenaufgang
beginnen, damit sich die warmen
Kitze vom noch kühlen Untergrund
deutlich absetzen“, empfiehlt Kordes. Er arbeitet gegenwärtig an einer Software zur automatischen
Erkennung von Borkenkäferbefall
bis zur Erfassung von Sturmschäden im Wald.
Birgit Keller, Thüringer Ministerin für Infrastruktur und Landwirtschaft, zeigte sich in ihrem
Grußwort auf der Tagung in Jena
vom atemberaubenden Entwicklungstempo der Drohnentechnologie von den ersten Gerätevorstellungen bis zu den heutigen
Sonderangeboten im Onlineshop
beeindruckt. Insofern seien auch
im professionellen Bereich schon
bald flächendeckend praxistaugliche Anwendungen als schwebende Helfer in der Land- und Forstwirtschaft zu erwarten.
Die Folien der auf der Tagung
gehaltenen Fachvorträge sind auf
dem Webportal der Thüringer
Da sich Rehkitze instinktiv ins Gras ducken, statt zu fliehen, werden jedes Landesanstalt für Landwirtschaft
Jahr tausende Tiere bei der Mahd getötet. Als Attrappe bei der Vorführung unter den Stichworten „Fachtagung Drohnen“ zu finden und
der Firma Rucon in Jena diente eine fellummantelte Wärmflasche.
können heruntergeladen werden.
Auswertung der Aufzeichnung der le Beurteilung des Waldzustands
Wärmebildkamera. Hotspots wer- bietet sich für autonome Flugde das System dann selbstständig systeme ein breites Betätigungserkennen und die entsprechenden feld. Schließlich werden in dieDrohnen können vielfältig in
Auffindungspunkte in einer Karte sem Sektor ebenfalls große Fläder land- und forstwirtschaftauf dem Smartphone oder Laptop chen bewirtschaftet. Die auf der
lichen Praxis eingesetzt werJenaer Tagung von Mitarbeitern
darstellen.
den. Allerdings sind rechtlides Forstlichen Forschungs- und
che Vorgaben und technische
Breites Einsatzspektrum Kompetenzzentrums Gotha vor- Umsetzung genau zu prüfen.
gestellten Lösungen reichten von
im Forst
der Ermittlung des Holzvorrats in
Auch zur Optimierung forstli- Waldbeständen über die VermesWolfgang Rudolph
cher Arbeiten und für die aktuel- sung von Holzpoltern, frühzeitige
freier Autor
FAZIT
Beim Überflug erkennt die Wärmebildkamera den … und zeigt die Fundstelle auf dem Bildschirm an (roter Kreis), da die Daten online übermittelt
Hotspot …
und von der Software interpretiert werden.