Guianacara stergiosi und G. cuyunii

Neue Taxa bei Cichliden
Guianacara stergiosi und G. cuyunii
Uwe Werner
In der Nr. 3 der Copeia von 2006 beschreiben H.
López-Fernández, D. C. Taphorn Baechle und S.
O. Kullander zwei neue Guianacara-Arten aus
dem östlichen Venezuela.
Guianacara stergiosi, von Stawikowski & Werner
(2004) bislang als Guianacara sp. „Caroni“ bezeichnet, ist an folgenden Merkmalen zu erkennen:
Der rundliche Seitenfleck, dessen dunkelster Bereich in der mittleren Körperbinde liegt, befindet
sich fast völlig unter der oberen Seitenlinie. Bei
anderen Guianacara-Arten, die einen solchen
Fleck zeigen, ist er oval geformt und befindet sich
(bei G. sphenozona) auf oder oberhalb der
Seitenlinie bzw. (bei G. owroewefi) auf und unter
der Seitenlinie. Bei G. stergiosi reduziert sich die
Seitenbinde mit zunehmendem Alter allmählich zu
einem Seitenfleck, was die Art von G. geayi unter-
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scheidet, bei der die Seitenbinde in allen Altersstadien erhalten bleibt. Lediglich bei adulten G.
geayi kann die Seitenbinde vorübergehend zum
Seitenfleck verblassen, doch zeigt die Art nun
keine dunklen Häute an den ersten Rückenflossenstacheln. während die Schwarzfärbung der
vorderen Flossenstrahlen bei G. stergiosi in allen
Altersstadien erhalten bleibt.
Guianacara stergiosi besiedelt den Einzug des Rio
Caroni und des unteren Rio Aro und ist außerdem
von oberhalb der Para-Stromschnellen im Rio Caura
bekannt. Der Artname ehrt Dr. Basil Stergios, der
zahlreiche Expeditionen in entlegene Gebiete
Venezuelas unternommen und im oberen CauraEinzug die nach ihm benannte Guianacara-Art
gefunden hatte.
Auch ich selbst habe G. stergiosi schon gefangen,
Guianacara stergiosi
LÓPEZ-FERNÁNDEZ, TAPHORN BAECHLE & KULLANDER, 2006
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Guianacara stergiosi, wohl
ein Weibchen, am Fundort,
dem Guiri-See bei El
Manteco, fotografiert.
Seite 33:
G.-stergiosi-Weibchen mit
Jungfischen im Aquarium.
Unten:
Ein Guianacara-stergiosiPaar mit seinem
Kindersegen.
und zwar 1990 im Rio Caroni selbst bei Paso
Caruachi (östliches Ufer) und im Guri-See bei km
20 zwischen El Manteco und Utapa links der
Straße, wo die Art zahlreich an einem Uferstreifen
zu finden war, den man mit aufgeschütteten
Steinen befestigt hatte. Hier hielten die Höhlenbrüter zwischen den Felsen kleine Reviere besetzt.
Ebenso häufig fanden wir sie im flachen Wasser
(pH 5,2; 1 °KH; 1 °dGH; 29 °C) über Sandboden,
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wo sie im mit Detritus verbackenen Sand Laichhöhlen senkrecht in den Grund und dann zur Seite
gegraben, also Winkelröhren gebaut, wobei sie
wohl die „Decke“ im waagerechten Teil der Röhre
als Laichplatz nutzten. Diese Sandröhren lagen
zum Teil weniger als einen Meter voneinander entfernt.
Auch im Rio Aro fischten wir damals, und zwar an
der Straße nach Caicara. Aus dem Wasser (pH 7,5;
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Am Rio Aro fotografierter
Guianacara stergiosi (wohl
ein Männchen).
Unten: Paar der „Rotbäckchen“-Form von
Guianacara stergiosi bei
der Brutpflege im Aquarium. Die Fische wurden
vom Autor am Rio Aro, an
der Straße nach Caicara,
gefangen und deshalb in
der Aquaristik bisher als
Guianacara sp. „Rio Aro“
bezeichnet. Die Ausbildung
des Vertikalbinde reduziert
sich mit zunehmenden
Alter auf einen Seitenfleck.
Im Bild zeigt das (jüngere)
Weibchen noch eine Vertikalbinde.
1 °KH; 1-2 °dGH; 32 °C) ragten große glatte Felsen,
zwischen denen sich immer wieder Flächen aus
feinem Sand dehnten. Holzeinlagerungen gab es
nur wenige, das Wasser war bräunlich und nicht
ganz klar, doch konnten wir immerhin noch schnorcheln. Hier fingen wir jene Form von G. stergiosi,
die als „Rotbäckchen“ bekannt geworden ist, weil
die Kiemendeckel intensiv orange gefärbt sein können. Stawikowski & Werner (2004) bezeichneten
sie als Guianacara sp. „Rio Aro“.
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Guianacara cuyunii (Abbildung Seite 20) besitzt
im Gegensatz zu allen anderen Guianacara-Arten
eine ausgesprochen schmale Seitenbinde, die nur
drei oder vier Schuppen breit ist. Nur bei ganz
großen Exemplaren wird sie gelegentlich, ansonsten so gut wie nie auf einen Seitenfleck reduziert.
Außerdem sind die Brustflossen kurz - sie reichen
nicht bis zur Afterflosse - und die Branchiostegalmembran ist nicht grau, was bei allen anderen
Guianacara der Fall ist.
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Weibchen der „Rotbäcken“Form von Guianacara stergiosi. Der unter Aquarianern ehemals weit verbreitete Trivialname
beschreibt treffend ein
Kennzeichen dieser Form
aus dem Rio Aro.
Unten:
Bei dem gelben Exemplar
(links) dürfte es sich um
die neu beschriebene Art
Guianacara cuyunii LÓPEZFERNANDEZ, TAPHORN BAECHLE &
KULLANDER, 2006 handeln.
Die Kiemenhaut
(Branchiostegalmembran)
ist ungewöhnlich stark vorspreizbar.
Dieses Merkmal wies ein von mir schon Ende der
70er Jahre gepflegter, intensiv „gelb“ gefärbter
Guianacara auf, der seine Branchiostegalmembran
besonders stark vorspreizen konnte. Ich gehe davon aus, dass es sich um G. cuyunii handelte,
zumal auf diesen Fisch auch die oben beschriebenen Merkmale der Art zutreffen.
Guianacara cuyunii besiedelt den oberen RioCuyuní-Einzug in Venezuela, nach dem die Art
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auch benannt ist. Ob sie auch im unteren Cuyuni
und im Essequibo vorkommt, in den der Cuyuni
fließt, ist derzeit nicht bekannt.
Literatur
López-Fernández, H., D. C. Taphorn Baechle & S. O. Kullander
(2006): Two New Species of Guianacara from the Guiana Shield
of Eastern Venezuela (Perciformes: Cichlidae). Copeia 3, pp.
384–395.
Stawikowski, R. & U. Werner (2004): Die Buntbarsche Amerikas
3: Erdfresser, Hecht- und Kammbuntbarsche. Stuttgart, 478 S.
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